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Forgive me

Naruto & Sasuke [-neue Kapitel geplant-]
von

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Die folgenschwerste Entscheidung eines jungen Lebens


 

"Wer sichere Schritte tun will, muss sie langsam tun."
 

Johann Wolfgang von Goethe
 


 

In diesen wenigen Momenten, die mir zur Entscheidung blieben, als er mich mit seinen Händen zu sich zog, flog mein ganzes, bisheriges Leben noch einmal an mir vorbei. Die vielen Höhen und Tiefen.

Ich sah das, was mir wichtig war.

Und hörte die Worte, die mir meine Wahl erleichtern sollten.
 

"Ich will tanzen - breakdancen. Und damit will ich berühmt werden, richtig viel Geld verdienen und in allen Zeitschriften zu finden sein. Jeder soll meinen Namen kennen!"
 

Das hatte ich immer gewollt. Für dieses Ziel hatte ich gelebt, meinen Körper bis zum Exzess geschunden und diesen Wunsch niemals aus den Augen verloren. Bis heute hatte sich daran nichts geändert. Und jetzt bot sich mir die einmalige Chance all das auf einen Schlag zu erreichen.
 

"Wenn du wirklich erfolgreich werden willst, dann musst du alles aufgeben. Auch dich selbst, Sasuke."
 

Das hatte Itachi daraufhin zu mir gesagt. Damit wollte er mich auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Er wollte mich vor dem Showbusiness warnen. Zu dem Zeitpunkt tat ich seine Worte jedoch als sinnlose Predigt ab. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es einmal soweit kommen würde. Dass ich mich selbst aufgeben müsse, hielt ich für lächerlich. Weil ich mir die Bedeutung - ja die Tragweite dieser Worte nicht ausmalen konnte. Und jetzt saß ich hier. Hier vor diesem Mann, der mir meinen einzigen Traum erfüllen konnte.

Mit meiner Einwilligung würde ich mich tatsächlich aufgeben. Den alten Sasuke. Den, der nichts auf die Beine stellen konnte. Dann wäre der neue Sasuke da. Der Sasuke, zu dem die anderen aufsehen und den sie bewundern würden.

Der Sasuke, der sich alles leisten konnte. Der Sasuke, der seinem Vater, der nie viel von ihm gehalten hatte, zeigen würde, wozu er fähig war.

Dass er ein wertvolles Kind war, auf das man stolz sein konnte.

Dann wäre ich endlich der Sasuke, der ich mein ganzes Leben lang sein wollte.
 

Doch plötzlich erfasste mich neben allen Zusprüchen, dieses Opfer zu bringen und mich diesem Mann hinzugeben, auch ein anderer Gedankengang:
 

"Für mich dienten sie lediglich als Statussymbol. Repräsentierten unseren Wohlstand. Ich hasste diesen Prunk. Ich bevorzugte das Schlichte und Unauffällige."
 

Mit diesen Worten beschrieb ich noch vor wenigen Wochen mein Elternhaus, das voll teurer Gemälde und Ikonen war. Seit dieser Zeit hatte ich mich verändert. Gravierend verändert. Heute wollte ich nicht mehr unscheinbar sein. Das war nicht länger meine Vorstellung von Schönheit. Damals wäre ich manchmal am liebsten im Erdboden versunken und nicht mehr aufgetaucht. Zu der Zeit wollte ich mich vor mir und der Welt verstecken.

Doch die Welt drehte sich weiter.

Denn jetzt wollte ich Anerkennung.

Ruhm.

Und letztendlich auch Geld. Viel Geld, das ich hier bekommen könnte.
 

"Ein wahrer Tänzer überzeugt mit seiner Kunst, nicht mit seinem Körper!"
 

Dieser Satz rüttelte mich hingegen ein wenig wach. Denn mit diesem Satz war ich Naruto mehrmals gegenüber getreten. Weil ich wollte, dass unser Talent an erster Stelle stand. Nicht unser Aussehen. Doch was wurde jetzt aus meinem Talent?

Es tat nicht zur Sache. Nicht einmal annährend.

Vielleicht hatte es nie zur Sache getan. Auch schon bei diesem Wettbewerb nicht, den Naruto und ich gemeinsam bestritten hatten.

Was war schon Talent? Etwas, das neben mir noch etliche andere besaßen. Das sah ich nun endlich ein. Durch die Worte dieses Geschäftsmannes, der von mir das forderte, was man niemals von einem anderen Menschen fordern sollte. Aber mir gleichzeitig auch im Austausch das geben konnte, das nur in seiner Macht stand.

All die Zeit hatte ich mir etwas vorgemacht. In dieser Branche war ich nunmal nichts Besonderes. Nicht so besonders, wie ich es gerne sein wollte. Ich war bloß ein Mann und Tänzer wie tausend andere auch. Nichts Außergewöhnliches. Das war die Realität - eine bittere Pille.

Und doch bot sich mir die einmalige Chance, aus meinem Leben doch noch etwas Besonderes zu machen. Nur diese eine. Keine zweite.
 

"Du musst über deinen eigenen Schatten springen, unzählige Opfer bringen und manchmal sogar über Leichen gehen. Dich darf niemand interessieren, außer du selbst."
 

Auch das waren Itachis Worte gewesen. Und mein Blick wurde trüb, als ich Narutos Gesicht vor meinem geistigen Auge auftauchen sah. Für mich würde er alles tun. Deshalb durfte ich ihn auch nicht schon wieder enttäuschen. Zumindest glaubte ich, dass es ihn enttäuschen würde, sollte ich abermals unsere Chance vergeuden.

Aber vor allem wollte ich mich nicht schon wieder selbst enttäuschen. Ich wollte in den Spiegel sehen und sagen können: Das bin ich. Und ich habe das erreicht, wovon der Rest nur träumen kann.
 

"Überstürz' nichts, Sasuke. Du kannst nicht von heute auf morgen berühmt werden. Das sind Ausnahmen. Und auch die haben ihren Preis. Denk' immer daran, dass dir auf dieser gottverdammten Welt nichts geschenkt wird."
 

Wie recht du doch hast, Itachi. Aber was würdest du sagen, wenn ich plötzlich zu deinen genannten Ausnahmen zählen würde?

Wärst du dann neidisch? Wärst du endlich einmal eifersüchtig auf deinen kleinen Bruder, dem du sonst nur Predigten über gutes Benehmen und die Risiken des Showgeschäfts halten konntest? Das wärst du mit Sicherheit. Und deshalb wolltest du mich auch von diesem Weg abbringen.

Weil du genau weißt, dass du dann zum ersten Mal im Schatten stehen würdest. Und zwar in meinem Schatten.

Das ist dein Problem. Nicht deine beschissene Sorge um mich.
 

"Und wenn ich dafür über Leichen gehen musste. Wenn sich mir nur ein einziges Mal die Gelegenheit bieten würde, schlagartig berühmt zu werden, ich würde sie nutzen. Koste es, was es wolle. Das würde jeder tun."
 

Das war meine damalige Antwort auf alles gewesen, worauf Itachi mich hinweisen wollte. Und an dieser Einstellung hatte sich bis heute nichts geändert.

Der Körper war nunmal das Kapital eines Tänzers. Und das anscheinend in vielerlei Hinsicht.

Und ich wollte schließlich nicht wieder zurück.

Nicht wieder zurück in diese beschissene Unbedeutsamkeit.

Ich wollte endlich eine Zukunft.

Und zwar eine lebenswerte. Eine Zukunft, auf die man stolz sein kann.

Eine Zukunft, auf die andere stolz sein können.
 

Und deshalb fand ich mich zehn Minuten später im angrenzenden Badezimmer von Orochimarus Büro wieder und spülte mir bereits zum dritten Mal den Mund aus.

Das neue Leben beginnt


 

"Das Wort ist frei, die Tat ist stumm, Gehorsam blind."
 

Friedrich Schiller
 

Hier - in diesem kleinen Raum und unmittelbar vor meinen Augen - war nun also der Spiegel, in den ich sehen wollte. Doch das, was ich sah, entsprach bei Weitem nicht dem, was ich mir eigentlich mit Leib und Seele wünschte.

Denn es war noch immer mein gewöhnliches Gesicht, das sich mir mit düsteren Zügen bot. Aber ich erkannte darin nicht den erhofften Stolz. Nur leere, dunkle Augen, die mich vorwurfsvoll anstarrten und dazu einen leicht geöffneten Mund, der sowohl die schweren Atemzüge, als auch das geschmacklose Leitungswasser austreten ließ.

Meine Augen wanderten in den nächsten Sekunden ziellos umher, erblickten auf ihrem Weg meine zitternden Hände, die den Rand des Waschbeckens fest umklammert hielten, ein paar sorgfältig gefaltete Handtücher, sowie kitschige Dekoration und schließlich auch die bereitstehende Flüssigseife.

Starr betrachtete ich dieses Objekt, zögerte noch einen Moment, doch als ich im darauffolgenden Augenblick erneut diesen widerlichen Geschmack aufkommen spürte, hämmerte ich eilig - ja beinah unkontrolliert - mit der flachen, zittrigen Hand auf den Kopf des Seifenspenders und fing mit der anderen Handfläche die austretende Seife auf.

Großzügig tränkte ich meinen Finger in die Flüssigkeit und begann völlig übereilt meinen Mund damit zu säubern. Binnen weniger Sekunden wischte ich mir die komplette Mundhöhle aus, verschluckte mich fast dabei und wiederholte diesen Vorgang mehrere Male, bis der Geschmack fast völlständig abgeklungen war. Aber es war nicht irgendein gewöhnlicher Geschmack. Es war viel mehr ein Brechreiz erzeugender Geschmack, den ich nie wieder vergessen würde. Ganz gleich, wie oft ich mir den Mund ausspülte.

An diesen Moment würde ich mich wohl mein Lebtag erinnern.

Erneut floss reichlich kaltes Wasser durch meinen weit geöffneten Mund und ließ mich dabei leicht aufkeuchen. Anschließend stemmte ich mich erneut mit den Händen am Rand des Waschbeckens ab und betrachtete die weiße Prozellanschüssel, die nun auch den letzten Wassertropfen mit einem leisen Gurgeln in ihrem Abfluss verschluckte.

Noch einige Sekunden hielt ich so inne, dann hob ich erneut meinen Blick und sah direkt in mein Spiegelbild. Erkannte dabei, dass ich noch immer schwer atmete und auch das Wasser, das perlenweise mein Gesicht herablief. In jenem Moment fragte ich mich, ob es Tränen waren, die meine Wangen zierten.

Aber es waren keine. Es gab ohnehin keinen Grund zu weinen. Nicht einen einzigen.

Kopfschüttelnd griff ich nach dem weißen Handtuch zu meiner Rechten und rieb mir einmal durch mein feuchtes Gesicht.

Mit einem leichten Lächeln erkannte ich nun endlich, dass es vorbei war. Ich hatte meinen Teil der Abmachung erfüllt, nun würde ich also im Gegenzug das bekommen, was man mir versprach.

Bei diesem Gedanken entfloh mir ein erleichtertes Seufzen. Fest griffen meine Finger den weichen Stoff des Handtuchs und legten es vorsichtig beiseite.

So lange hatte ich auf diesen Moment warten müssen. Es wäre an Idiotie nicht zu übertreffen gewesen, hätte ich das letzte Hindernis nicht auch noch überwunden.

Es war die richtige Entscheidung gewesen.

Jeder hätte das getan. Wirklich jeder.

Jeder, der einen Traum hatte.

Einen Traum, für den es sich zu sterben lohnte.

Noch einmal riskierte ich einen Blick in den kleinen, hell erleuchteten Spiegel, warf mir dabei ein aufmunterndes, bestärkendes Lächeln zu und verließ mit sicheren Schritten das winzige Badezimmer, wodurch ich wieder direkt in das Büro dieses Mannes trat, der mein Vater hätte sein können.

Er saß abermals an seinem Schreibtisch, mit übereinander geschlagenen Beinen und ließ mir ein amüsiertes Grinsen zukommen, als er mich erblickte.

Für einen Moment durchzog ein merkwürdiges Gefühl meine Magengegend, doch ich zwang mich selbst dazu, nicht weiter darauf zu achten und es viel mehr aus meinem Bewusstsein zu verdrängen. Ein schlechtes Bauchgefühl war das Letzte, was mir jetzt noch im Weg stehen sollte.

"Sasuke", lächelte er mir vertraulich zu und hielt im selben Moment einen Scheck in die Luft, der mein Herz umgehend höher schlagen ließ. Er schwenkte dieses kleine Papier mit verlockend langsamen Bewegungen hin und her, um mich damit zu ködern.

Unruhig trat ich deshalb näher an ihn heran. Ich konnte es kaum noch erwarten. Endlich das viele Geld in meinen Händen zu halten und mein neues Leben zu beginnen.

Dafür hatte ich vieles aufgegeben. Aus diesem Grund gab es von hier aus keinen Weg mehr zurück. Nur noch den zielstrebigen Erfolgsweg nach vorne.

Doch als ich nach meinem Freifahrtschein in eine bessere Zukunft greifen wollte, entriss mir Orochimaru im selben Augenblick mit einem geschnalzten "Ah, ah, ah" wieder den Schein und packte mich stattdessen am Kinn, so dass meine gesamte Aufmerksamkeit wieder ihm allein und nicht diesem Stück Papier galt.

Erwartungsvoll blickte ich direkt in seine fesselnden, grünen Augen und als ich den Blick auch Sekunden später nicht von ihm abwandt, senkte er lächelnd seine Lider und tätschelte einmal mit der flachen Hand meine rechte Wange. Obwohl ich nicht wusste, was das Ganze bezweckte, war es mir ab jenem Moment auch einerlei, als er mir den Schein schließlich überreichte.

Mit regelrechtem Herzrasen überflog ich die Zahlen und Buchstaben, die dort geschrieben standen und mir stockte beinah der Atem, als ich die Summe in Höhe von fünftausend Euro las.

"Was...", begann ich völlig entgeistert und starrte weiterhin die schwarz gedruckte Zahl an, die sich auch bei mehrmaligem Hinsehen nicht in eine Hunderttausend verwandeln wollte.

"Leicht verdientes Geld, nicht wahr?", lachte er daraufhin und als ich infolge dieser Worte ratlos zu ihm aufblickte, sah ich direkt in seine leicht verengten, stechenden Iriden.

"Aber ich...ich dachte", würgte ich nur atemlos hervor und starrte zwischen ihm und diesem Scheck hin und her. Das konnte einfach nicht wahr sein.

"Nun ja, ich will doch nicht, dass unsere gemeinsame Zeit jetzt schon vorbei ist. Wir fangen doch gerade erst an uns näher kennen zu lernen", sprach er mit diesem übertrieben freundlichen Klang in seiner Stimme weiter und zog mir damit geradewegs den Boden unter den Füßen weg.

Hier stand ich nun also. Vor diesem Kerl, der sein Wort nicht hielt, das er mir gegeben hatte. Für mich war es wie eine Art Deal gewesen. Und ich hatte meinen Teil der Abmachung erfüllt. Dass er seinen nicht erfüllte, konnte ich beim besten Willen nicht akzeptieren.

"Aber Sie sagten doch...Ich meine, ich dachte...Das war's", presste ich die Worte aus meinem Mund heraus und wusste selbst nicht, wie ich dabei in seinen Ohren klingen musste. Ob nun vorwurfsvoll oder flehend. Ich wusste es nicht.

Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich mein beschissenes Geld und diesen Vertrag haben wollte. Das, was mir nun rechtmäßig zustand.

Doch mit der nächsten Reaktion war ich mir sicher, dass ich an diesem Abend nichts von alledem bekommen würde: Denn er packte mich mit einem Mal abermals am Kinn; dieses Mal jedoch grober und angsteinflößender. Mir schoss das Blut geradewegs in Aufwallung durch den Körper, als ich in sein plötzlich so finsteres Gesicht sah.

"Du scheinst das Prinzip nicht zu begreifen, Sasuke. Ich ganz allein bestimme, wann es vorbei ist und wann nicht. Und du kannst diese Tatsache entweder akzeptieren oder du gehst zurück in dein kümmerliches Leben. Das ist mir sowas von scheiß egal. Du bist mir scheiß egal. Für mich bist du nichts weiter, als einer von vielen. Vergiss das nicht. Nun ja, denn von deiner Sorte lungern genügend da draußen herum, die nur darauf warten eine solche Gelegenheit zu bekommen. Also sei verdammt nochmal froh, dass du derjenige bist, der diese Chance ergreifen kann. Das Glück hat nicht jeder."

Diese Worte waren vernichtend. Jede einzelne Silbe davon. Und seine Stimme klang dabei nicht mehr annährend freundlich. Sie war eindringlich und ebenso finster, wie sein plötzlicher Gesichtsausdruck.

"Überleg dir also gut, was du tust. Komm wieder oder lass es bleiben. Aber entscheide dich zügig. Ich hab weder Zeit noch Lust ewig zu warten. Also geh mir besser nicht auf die Nerven, sonst bist du schneller wieder draußen, als du gucken kannst. Halt dir bei deiner Entscheidung einfach immer wieder vor Augen, dass es genügend andere gibt, die deinen Job mit Kusshand entgegen nehmen und schneller deinen Platz einnehmen können, als dir lieb ist. Aber sei dir gleichzeitig auch gewiss, dass du mir beim nächsten Mal schon mehr bieten musst als heute, wenn du diesen Vertrag haben willst", grinste er mir hämisch entgegen und ließ dann ruckartig mein Kinn los.

Wie angewurzelt stand ich nun vor ihm, mit diesem Scheck in der Hand, während er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und in aller Seelenruhe eine Zigarette anzündete.

Das musste alles ein Traum sein. Ein verfluchter Alptraum konnte es nur sein. Das war nicht die Realität. So grausam ernüchternd und unfair konnte sie nicht sein. Nicht schon wieder.

"Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend, Herr Uchiha", murmelte Orochimaru nun mit dem Zigarettenstummel im Mund und wandt endgütlig den Blick von mir ab.

In den wenigen Sekunden, die ich noch an Ort und Stelle verharrte, fragte ich mich, worum es hierbei überhaupt ging. Und ich kam zu dem einzig logischen Schluss, dass es für ihn nichts weiter, als ein beschissenes Spiel war.

Und er allein war der Puppenmeister.

Ich konnte entweder nach seinen Regeln tanzen oder das Paradies für immer verlassen. Es gab keinen Mittelweg. Nur ein entweder oder.

Der eine Weg war, sich unterzuordnen und die Lage zu akzeptieren, im Gegenzug aber alles zu bekommen. Alles, wonach sich meine Seele seit Jahren sehnte.

Der andere Weg war es, Herr der Lage zu bleiben und als Konsequenz alles zu verlieren. Die einzige Chance zu verspielen und für immer unbedeutend zu bleiben.

Es stand außer Frage, welchen Weg ich wählen würde.

Schließlich hatte ich mich schon vor langer, langer Zeit selbst aufgegeben. Das hier war der einzige Weg, um meinem Leben noch einen Sinn zu geben. Eine Art Daseinsberechtigung.

Sonst hatte ich nichts vorzuweisen.

Dabei dachte ich immer, es wäre mein Talent, das mich besonders machte.

Aber auch das war nichts weiter, als reine Illusion.

Ich war nicht besonders.

Nicht außergewöhnlich.

Absolut unwichtig für diese Welt.

Ich war einfach nur...

Ganz normal.

Und diese Einsicht brach mir das Genick.
 

Mit langsamen Schritten durchstreifte ich nun die vielen Gassen und Straßen, die mich nach Hause führen sollten. Bei dem Gedanken, dass ich bald daheim wäre, schlug ich mehr motorisch eine andere Richtung ein und nahm den Umweg durch den Stadtpark.

Inzwischen war es schon fast zwanzig Uhr, dennoch war meine Umgebung hell erleuchtet. Es dämmerte noch nicht einmal.

Und das Wetter war schön. Angenehm mild und mit einem leichten Windstoß, der mir gelegentlich die Haare aus dem Gesicht wehte. Diese vorherrschende Idylle machte das Geschehene nur noch unwirklicher. Grübelnd und mit den Händen in den Hosentaschen versenkt, tappste ich über den Sandboden zu meinen Füßen hinweg.

Noch immer erschien mir das Ganze wie ein Traum. Einer von der besonders realistischen Sorte. Einer von der Sorte, wo man sich nach dem Aufwachen fragt, ob das Erlebte nicht wirklich geschehen ist.

Hier war es genauso. Nur mit dem Unterschied, dass es sich um die Realität handelte, die mir so unrealistisch, gleich einem Traum erschien. Und ich mich deshalb fragte, ob das Erlebte vielleicht überhaupt nicht geschehen, sondern nur meiner blühenden Fantasie entsprungen war.

Doch noch ehe ich weiter über diesen Umstand philosophieren konnte, schlug mit einem Mal mein Handy in der Hosentasche Alarm. Als ich es daraufhin herauszog und auf das Display starrte, las ich zunächst: 2 Anrufe in Abwesenheit. Im nächsten Moment blinkte auch schon Narutos Name auf.

Und obwohl es selbstverständlich war, dass er anrief, war ich im ersten Augenblick derart überrascht von dieser Tatsache, dass nur Sekunden später aus den zwei verpassten Anrufen, drei wurden.

Erst, als es kurz darauf wieder zu vibrieren begann, dachte ich ernsthaft darüber nach, ob ich abheben sollte oder nicht. Eigentlich war mir momentan nicht danach mit ihm zu sprechen.

Weil ich wusste, dass Naruto meinen Frust, der ihm völlig unberechtigt erscheinen musste, direkt bemerken würde. Genauso war ich mir sicher, dass er daraufhin Fragen stellen und versuchen würde, mich aufzumuntern. Bei diesem Gedanken bildete sich jedoch ein leichtes Lächeln auf meinen Lippen.

Vielleicht würde es mir momentan doch gut tun, seine Stimme zu hören. Und noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte ich auch schon auf den grünen Hörer gedrückt und hielt mir nun das Handy ans Ohr, aus dessen Lautsprecher direkt Narutos aufgekratzte Stimme ertönte.

"Sasuke? Bist du das??", brüllte er mir sofort entgegen und ich hielt den Hörer daraufhin kurzzeitig auf Abstand. Da waren sie auch schon - die unsinnigen Fragen.

"Ja, ich bin's", entgegnete ich jedoch ruhig auf diese überflüssige Frage und versuchte dabei völlig normal zu klingen. Nicht zu fröhlich, aber auch nicht zu bestürzt.

"Wie ist's gelaufen? Na los, erzähl schon!", drängelte er aufgeregt und mein Blick wanderte infolgedessen auf den sandigen Boden, der meinen Schatten zeigte.

"Ganz gut eigentlich. Er ist interessiert an uns und wir...Können den Vertrag demnächst unterzeichnen", erklärte ich kurzerhand und hielt nun an einer Bank inne, auf der ich mich durch den plötzlich aufkommenden Schwindel und die Übelkeit haltsuchend niederließ.

"Ja, aber das ist doch super geil! Aber versteh' schon, du bist jetzt angepisst, weil du heute noch nix unterzeichnen konntest, tehe", lachte Naruto voller Freude und ich wusste, dass er mit Sicherheit gerade bis über beide Ohren grinste.

"Na ja, dafür haben wir einen kleinen Vorschuss bekommen", murmelte ich mehr gezwungen weiter, weil ich nicht wollte, dass das Gespräch zu stocken begann.

"Wie viel?", fragte er gleich darauf, auch wenn ich an seinem Unterton das Desinteresse bemerkte, sobald es ums Geld ging. Naruto freute sich ganz einfach nur für uns. Vor allem vermutlich für mich.

"Fünftausend", würgte ich hervor und setzte ein erzwungenes Lächeln auf, das er eh nicht sehen konnte. Und vielleicht war das in jenem Moment auch besser so.

"Wow. Damit wir ihm nich abhauen oder so. Scheint wohl doch ein Auge auf uns geworfen zu haben, der alte Sack", amüsierte sich Naruto weiter und ich hörte sein ungehaltenes Lachen, das daraufhin an den Hörer drang. "Sieht ganz so aus", war alles, was mir dazu einfiel.

Es dauerte nur einen kurzen Moment, in dem Narutos Lachen allmählich verstummte, dann ergriff er erneut das Wort: "Wann kommst du denn nach Hause?"

Für einen kleinen Augenblick überlegte ich, bemerkte dabei das stärker werdende Unwohlsein in meiner Magengegend und sagte nur leise: "Weiß nich. Halbe Stunde oder so. Das Wetter ist so schön."

Das Wetter ist so schön, hörte ich mich wieder sagen und stellte fest, dass dies mit Abstand die schlechteste Ausrede war, die mir jemals in den Sinn gekommen war. Fakt bleibt jedoch, dass ich nicht nach Hause wollte. Nicht so. Nicht jetzt. Und nicht zu ihm.

Aber schlechte Ausrede hin oder her, denn sie erzielte immerhin den gewünschten Effekt: Naruto schluckte sie. Tatsächlich.

"Ah, ja. Da hast du recht! Und 'ne halbe Stunde? - Das schaff ich!", rief er freudig in den Telefonhörer und ich stutzte im selben Moment. Nicht nur, weil er mein Argument so einfach akzeptierte, sondern auch deshalb, weil es ihm entgegen meiner Erwartung ganz gelegen zu kommen schien.

"Was schaffst du?", hakte ich deshalb perplex nach und lehnte mich ein wenig nach vorne, in der Hoffnung die Übelkeit würde damit verstreichen.

"Nah, wirst du schon sehen. Ich bin wirklich stolz auf dich, Sasuke. Ehrlich. Und ich freu mich riesig auf dich. Bis gleich, aber lass dir ruhig Zeit und genieß das schöne Wetter. Du hast es dir verdient", säuselte seine Stimme und noch ehe ich irgendetwas erwidern konnte, war die Leitung auch schon tot.

Verdutzt nahm ich das Handy von meinem Ohr und begutachtete das dunkle Display mit verlorenen Blicken. Vorsichtig strich ich mit dem Daumen über den Bildschirm und dachte plötzlich nur noch an Naruto. Für einige Minuten schwelgten alle meine Gedanken um seine Gestalt. Ich dachte an sein goldblondes Haar und die gütigen blauen Augen.

An sein lachendes Gesicht, das man einfach nur lieben konnte.

Liebe, dachte ich noch für einen Sekundenbruchteil und im nächsten Moment hatte ich mich bereits schwerfällig zur Seite gelehnt und erbrach mich geradewegs auf das leicht vertrocknete Gras, das neben der Bank wucherte.

Ein wehleidiges Keuchen entfuhr meinem Hals, als dieser ekelhafte Geschmack wieder in mir aufstieg und dazu führte, dass ich mich abermals übergab. Krampfhaft versuchte ich die Kontrolle über meinen Körper zurückzuerlangen, doch spürte als Reaktion nur, wie sich dieser vor Ekel schüttelte und mein Herz vor Aufregung und Angst wie wild gegen meine Brust hämmerte.

Es war ein schreckliches Gefühl, das plötzlich durch meine Glieder fuhr. Ein Gefühl, das ich so und in dieser Intensität noch nie zuvor empfunden hatte. Eine Mischung aus riesiger Enttäuschung, purem Ekel und gigantischer Fassungslosigkeit. Und plötzlich hatte ich das arge Gefühl, dass ich nun den Punkt in meinem Leben erreicht hatte, an dem mein Dasein mit Abstand am unbedeutsamsten war.

Voller Schock durch diese Einsicht, sprang ich von der Bank auf und stürmte holprig den Weg entlang, wirbelte dabei mit den Füßen den trockenen Sand auf, der mir schmerzlich in den Augen brannte und meine Sicht verschleierte.

Ich wollte nicht mehr daran denken.

Schließlich gab es keinen Weg mehr zurück. Zumindest nicht für mich.

Denn das Gefühl, das mich dann ereilen würde, sollte ich mich gegen meinen Traum entscheiden, wäre mit dem Empfinden, das ich jetzt hatte, nicht einmal annährend zu vergleichen.

Das Gefühl würde mich innerlich zerreißen. Weil ich mir immer selbst im Weg stand. Mit meinen ganzen beschissenen Bedenken.

Mein ganzes Nachdenken hatte mich immer davon abgehalten Itachi zu überbieten. Ich dachte nur nach, versank in meinen Grübeleien und ließ niemals Taten folgen.

Wohin mich das führte, sah ich nun.

Ich musste anfangen, die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen. Den Vorteil zu erkennen und meine Chance zu nutzen.

Von meiner Moral konnte ich mir schließlich auch nichts kaufen. Sie machte mich weder satt, noch glücklich. Meinem Glück im Weg stehen - das konnte sie dagegen ziemlich gut.

Verärgert von mir selbst kniff ich die Augen fest zusammen und bemerkte gar nicht, wie die Zeit und auch der Weg verstrich, als ich mit berauschender Geschwindigkeit meinen Heimweg passierte.

Schließlich fand ich mich völlig außer Atem vor Narutos Wohnungstür wieder und stemmte für einen Moment die Hände in die Knie.

Noch für einige Minuten verharrte ich so nach vorne gebeugt, bis sich mein Puls vollständig reguliert und ich meine Gedanken neu geordnet hatte. Ich würde aufhören mich selbst mit zu vielen Fragen zu quälen.

Einfach die Situationen akzeptieren und versuchen, das Beste aus der jeweiligen Lage zu machen, war von nun an das, was ich wollte.

Mit diesem Gedanken steckte ich den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn ein paar Mal herum, bis ich die Tür knackend öffnen konnte.

Als ich den Blick daraufhin in den Flur richtete, musste ich feststellen, dass meine neue Lebenseinstellung bereits zum ersten Mal auf eine harte Probe gestellt wurde.

Denn die Wohnung war gefüllt mit mir bekannten Gesichtern. Die halbe Klasse stand hier in unseren Flur gequetscht und empfing mich mit Naruto an dessen Spitze und einem lauten, fröhlich herausposaunten: "ÜBERRASCHUNG!"

Die Welt dreht sich weiter


 

"Der beste Lügner ist der, der mit den wenigsten Lügen am längsten auskommt."
 

Samuel Butler d.J.
 


 

"Was...ist denn hier los?", stammelte er überrumpelt, als ich bereits den Arm lachend um seine Schulter gelegt hatte und ihm ein verschmitztes Zwinkern zuwarf. Mit einer ausschweifenden Handbewegung wies ich einmal in die ebenfalls grinsende Runde und verstärkte dann meinen Griff um ihn.

"Das hier ist dein persönlicher Fanclub, der heute dafür sorgen wird, dass es uns so richtig gut geht!", rief ich vorfreudig aus und war schon Feuer und Flamme für die bevorstehende Party.

Während ich kurzzeitig meinen Gedanken nachhing, stieg der Geräuschpegel in unserer kleinen Gruppe immer weiter an, wobei sich einige der Gestalten näher an uns heran drängelten und sich schließlich Kiba behaupten konnte, der nun mit einem breiten Grinsen direkt vor Sasuke stand.

"Alter, zur Feier des Tages lassen wir morgen alle die Schule sausen. Wir scheißen drauf. Sowas erlebt man schließlich nicht alle Tage. Deshalb lassen wir's heut Nacht so richtig krachen. Na, was sagste?"

Als ich daraufhin zu Sasuke sah, in dessen Augen ich nun das altbekannte Funkeln erwartete, war ich im ersten Moment überrascht, als eben jenes nicht folgte. Stattdessen wandt er nur genervt den Blick ab und stand allgemein gerademal wie ein Schluck Wasser in der Landschaft neben mir.

"Hey, freust du dich denn gar nicht?", fragte ich verwundert nach und rüttelte leicht an seiner Schulter, woraufhin er nun doch zu mir sah. Dann legte sich schließlich auch das erhoffte Lächeln auf seine Lippen.

"Doch, sicher. Das kam nur...so plötzlich", erklärte er und wandt sofort wieder den Blick von mir ab. Anscheinend war die ganze Situation doch noch zu viel für Sasuke. Er musste sich wohl erst daran gewöhnen, dass tatsächlich all seine Träume über Nacht in Erfüllung gegangen waren.

Einerseits musste das ein großartiges Gefühl sein. Andererseits war es sicherlich auch erdrückend, so urplötzlich sein Lebensziel zu verlieren. Vermutlich kam er sich in diesem Moment ziemlich überflüssig vor, weil er nun eben alles besaß, wonach sich sein Herz verzehrte.

Aber ich würde ihm den bevorstehenden Ruhm schon schmackhaft machen. Dann wäre er sicherlich glücklich und ich könnte öfters dieses bezaubernde Strahlen in seinem Blick sehen. Das war es nämlich, was ich brauchte, um selbst glücklich zu sein: Glückliche Menschen in meiner Umgebung. Allen voran natürlich die Person, die mir selbst auch am wichtigsten war.

"Na kommt, wir wollen los", riss mich Kiba entnervt aus meinen Überlegungen und als ich daraufhin zu ihm sah, bemerkte ich erst, dass Sasuke und ich geradewegs die Tür versperrten. Auflachend ließ ich nun meinen schwarzhaarigen Freund los und öffnete kurzerhand die Tür, so dass wir allesamt austreten konnten.

"Wohin gehen wir eigentlich?", wollte Sasuke neben mir wissen, als wir uns bereits in Bewegung gesetzt hatten und sich der Großteil in angeregte Gespräche vertiefte, die sich hauptsächlich um unsere Karriere drehten und wie stolz sie wären, dass sie uns kannten.

"Zu Sakura", erklärte ich kurz angebunden und warf ihm ein leichtes Lächeln zu.

Als ich Sasuke so neben mir gehen sah, mit dem Blick in Richtung Boden geneigt, die Hände in den Hosentaschen vergraben, da erinnerte ich mich urplötzlich wieder an die anfängliche Zeit, als wir nahezu jedes Mal so distanziert nebeneinander gegangen waren. Und ich dachte auch daran, was ich mir dann in jenem Moment gewünscht hatte: Ihn zu küssen.

Kurz begutachtete ich die Masse vor uns, die die beiden, um die sich die Gespräche hauptsächlich drehten, völlig vergessen zu haben schienen und wandt dann meinen Blick flüchtig zur Seite, wo ich eine angrenzende Gasse entdeckte, die mich schief grinsen ließ.

Nur zwei Sekunden später, in der ich Entfernung und Zeitaufwand abgeschätzt hatte, packte ich Sasuke stürmisch am Handgelenk und zog ihn direkt mit mir in die düstere Zuflucht, wo ich ihn umwegslos gegen die Wand des Gemäuers drückte, das uns außerdem vor den gierigen Blicken der anderen schützte.

Stürmisch verführte ich ihn zu einem leidenschaftlichen Kuss, durfte ihn für einen Moment schmecken, doch noch ehe wir unsere Intimitäten vertiefen konnten, wurde ich auch schon unmissverständlich von ihm gedrückt.

"Moment", keuchte er grummelnd dazu und noch bevor ich dazu kam, den Grund für jene Aussage zu hinterfragen, fügte er auch schon eilig an: "Mir ist etwas übel. Also keine so gute Idee."

Im ersten Moment verstand ich nicht ganz, was das Eine nun mit dem Anderen zu tun hatte, bis ich schließlich auf den Trichter kam, dass er sich erbrochen haben könnte. Etwas angeekelt, als mir auffiel, dass er tatsächlich bitterer, als sonst schmeckte, verzog ich daraufhin das Gesicht und nickte eilig mit dem Kopf. "Du hast recht. Keine so gute Idee", fügte ich murmelnd hinzu, als ich durch diesen Gedanken den neutralen Geschmack meines Speichels nur umso deutlicher ausmachte.

Dann trat er auch schon mit schnellen Schritten an mir vorbei, direkt aus der Gasse heraus und sah sich nach dem Rest der Gruppe um, während ich ihm folgte.

"Hättest aber nicht gleich so grob sein müssen", murrte ich beleidigt und spürte dabei den hauchzarten Schmerz an meiner Schulter.

"Tse, stell dich mal nicht so an", war alles, was ich daraufhin zu hören bekam, ehe sich Sasuke zielstrebig in Bewegung setzte und ich leichte Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Es folgte ab diesem Zeitpunkt weder ein Blick, noch eine andere Geste seinerseits.

In jenem Moment fühlte ich mich geradewegs in die Vergangenheit katapultiert. Sein Umgang war nie besonders herzlich gewesen, aber das erwartete ich auch gar nicht. Doch ich verstand den Unterschied von ernstgemeinter und gespielter Abneigung ziemlich genau.

Das hier war ernstgemeint. Er wollte nicht, dass ich ihm zu nahe kam. Und das aus so einem verhältnismäßig nichtigen Grund. Auch wenn er bei genauerer Betrachtung in einer gewissen Hinsicht auch fürsorglich war. Er wollte nur das Beste für mich und konnte die momentane Anspannung noch nicht ganz ablegen.

Das war einfach Sasuke.

Er hatte sich kein Stück verändert.

Und das ließ mich grinsen, während wir zum Rest der Gruppe allmählich wieder aufschlossen.

"Na, seid ihr wieder zurück von eurem Quickie? Oder meint ihr etwa, wir hätten nicht bemerkt, dass ihr plötzlich weg wart?", flötete uns Kiba zu und ich vernahm daraufhin Shikamarus entnervtes Seufzen, sowie Sakuras leises Kichern.

"Durch Sasukes Kotzanfall wurd leider nix draus", scherzte ich sogar wahrheitsgemäß und wider Erwarten ertönte nach diesen Worten Kibas hämisches Gelächter.

"Das kann ich mir nur zu gut vorstellen. Würd bei deinem Ding bestimmt auch abkotzen", lachte er und meine Gesichtsmuskulatur verspannte sich infolgedessen.

"Wie war das?", rief ich noch, stürmte dann auf ihn zu und zettelte von hinten eine Rangelei mit ihm an, die solange andauerte, bis wir erschöpft Sakuras Anwesen erreichten.
 

Plaudernd saßen wir nun in Sakuras Partyzelt, das den ganzen Sommer lang in ihrem Garten aufgebaut war, nahmen dabei ein paar Drinks zu uns und amüsierten uns allgemein ziemlich gut.

Sogar Hinata war ein wenig aufgetaut und hatte uns stolz die Aufzeichnungen von unseren Auftritten präsentiert, die Sasuke und ich auch behalten dürften.

Die Stimmung war insgesamt recht aufgelockert und es versprach eine schöne Nacht zu werden, wenn man einmal von Sasuke absah, der nur notgedrungen Worte aus seinem Mund sprudeln ließ. Hier und da lächelte er kurz, aber mir entging nicht, dass er unglücklich war.

Vielleicht war diese Party doch eine scheiß Idee meinerseits gewesen. Aber ich war wirklich fest davon überzeugt gewesen, dass er sich mächtig darüber freuen würde, diesen riesigen Erfolg direkt mit unseren Klassenkameraden zu teilen. In letzter Zeit hatte sich schließlich herausgestellt, dass ihm die Anerkennung und der Trubel von außen sehr zusagte.

"Aber dass ihr mal so weit nach oben kommt", begann nun Shikamaru nachdenklich, als er sein Glas an den Mund ansetzte. Ein schelmisches Grinsen umflog direkt meine Mundwinkel und ließ mich voller Stolz auflachen. Denn es war amtlich, dass noch vor wenigen Wochen wirklich niemand damit gerechnet hätte, dass wir - vor allem ich - es jemals zu etwas bringen könnten.

"Hat mich auch am Anfang verwundert. Und ich gönn' euch das zwar richtig, aber komisch ist das schon", lächelte Sakura nun und widmete sich ihrerseits einem Cocktail.

"Aber echt ey. Was haste dafür machen müssen, Naruto? Hast dich ein bisschen durch die Gegend geblasen oder was?", ging Kiba nun der Sache auf den Grund und bedachte mich mit stechenden Blicken, sowie einem verheißungsvollen Grinsen.

"Kannst mal sehen, wie talentiert und vielseitig ich bin", lachte ich und rieb mir einmal über den Hinterkopf. Daraufhin ertönte von allen Seiten angeheitertes Gelächter und Kiba erhob erneut das Wort: "Scheißkerl! Aber nee, mal im Ernst: Hätteste das getan, ey, dann hättet ihr jetzt höchstens 'ne Anzeige wegen Körperverletzung anner Backe", grinste er und das Gelächter wurde infolgedessen nur noch herzlicher.

"Ach, halt's Maul", entgegnete ich und verschränkte gespielt beleidigt die Arme vor der Brust.

"Ja, aber jetzt mal ernsthaft: Wie is das Ganze abgelaufen?", hakte nun Choji nach und versenkte seine Hand tiefer in der knisternden Chipstüte.

Gerade, als ich das Wort erheben wollte, um diese berechtigte Frage zu beantworten, kam mir in den Sinn, dass vielleicht lieber Sasuke diese Frage beantworten wolle, weshalb ich meinen Kopf zu ihm wandt und ihm auffordernd zulächelte.

Doch noch immer saß er mit abgewandtem Blick dort, schien gar nicht richtig am Geschehen teilzunehmen und nippte nur gedankenverloren an seinem Getränk.

"Hey, Sasuke. Magst du nicht davon erzählen? Ist ja irgendwie mehr deine Geschichte, als meine", grinste ich, weil ich diese teilnahmslose Situation noch nicht akzeptieren wollte und erntete zum Dank für meine Bemühen keinerlei Reaktion.

Ein resigniertes Seufzen entfuhr mir, dann entschloss ich mich, es doch besser darauf beruhen zu lassen und ihn zu unser aller Heil nicht weiter zu provozieren.

"Also das war eigentlich ziemlich geil: Beim ersten Vortanzen hat Sasuke ganz schön verkackt und diese dumme Transe von Geschäftsmann hat ihn daraufhin runtermachen wollen, aber er hat sich das keinesfalls gefallen lassen und mal so richtig auf den Tisch gehauen. Ich dacht erst so, dass wir jetzt vielleicht noch 'ne Klage am Hals haben, als paar Tage später ein Brief von denen in unserem Briefkasten lag, aber siehe da: Der steht wohl drauf, wenn man ihn fertig macht. Tjoa, und daraufhin durfte Sasuke dem nochmal zeigen, dass er's drauf hat und nun haben wir 'ne feste Zusage, können also bald den blöden Vertrag in unsere Zukunft unterzeichnen und dann heißt es: Ab in den Urlaub oder so."

Ein allgemeines Kichern und Lächeln ging durch die Runde, ehe Hinata leise das Wort erhob: "Das freut mich für euch, Naruto."

Daraufhin warf ich ihr ein danksagendes Lächeln zu und bekam bereits die nächste Frage um die Ohren geknallt: "Und wenn das alles so geil war, warum is' er dann so angepisst?"

Bei diesen Worten verwies Kiba mit dem Finger auf Sasuke, der uns alle noch immer keines müden Blickes würdigte und viel lieber seine gesamte Aufmerksamkeit seinem Getränk widmete.

"Na ja, das war schon immer sein Traum. Also bei der Agentur angenommen zu werden. Scheint er noch nich' so ganz glauben zu können", erklärte ich mit einem leichten Seufzen und sah dann, wie Sasukes Augen für einen Moment in meine Richtung huschten. Bei diesem Blick schlug mein Herz augenblicklich schneller. Weil er mich in meinen Augen verführerisch ansah. Mit diesem matten Glanz in seinen Pupillen.

Vielleicht hatte er sich gewünscht einen angenehmen Abend mit mir - und zwar nur mit mir - zu verbringen und war nun enttäuscht, weil ich ihn mit so vielen Menschen konfrontierte.

Aber das hatte ich nicht wissen können. Tut mir leid, Sasuke.

"Vielleicht kann ihn ja ein wenig Musik aufheitern", grinste Sakura, als sie sich erhob und auf die Musikanlage zusteuerte aus der nur wenige Sekunden später die ersten Töne von moderner Musik schallten.

Ein begeistertes Jubeln ging demzufolge durch die Gruppe und einige erhoben sich, um zu tanzen. Und obwohl Sasuke alles andere als begeistert zu sein schien und mir das vielleicht zu denken geben sollte, ließ ich mich viel lieber von Sakuras guter Laune anstecken und begann mit ihr zu tanzen.

Einige Lieder hielten wir durch, dann legten wir eine kurze Verschnaufpause ein, wobei wir uns gegen die Theke lehnten und zur Abkühlung ein paar erfrischende Getränke hinunter spülten.

"Oh Mann, das Lied hier. Das hab' ich früher immer gehört, wenn ich Liebeskummer hatte", lachte sie und sah mich aus ihren großen, grünen Augen direkt an.

"Liebeskummer?", fragte ich verwundert nach und stellte gleichzeitig mein Glas beiseite. "Seinetwegen", murmelte sie zur Antwort und richtete ihren Blick zu Sasuke hinüber. Ich betrachtete nun ebenfalls den Mann, den nicht nur ich aus tiefstem Herzen liebte.

"Aber das ist lange her. Damals hab' ich nächtelang davon geträumt, dass er mich nur ein einziges Mal küssen würde. Ganz schön blöd, oder? Zum Glück bin ich darüber weitestgehend hinweg. Eigentlich schon länger. Aber ich wollte ihn auch nicht an Ino verlieren, die noch immer total vernarrt in ihn ist", erzählte sie mit einem leisen Seufzen und sah wieder zu mir. Ein sanfter Blick traf auf meinen. In jenem Moment fragte ich mich, warum sie früher nicht so nett gewesen war. Damals, als sie noch das Mädchen meiner Träume gewesen war.

"War das dein größter Traum?", fragte ich interessiert nach und dachte daran, dass Sasuke seinen bereits erreicht hatte.

Daraufhin lachte sie unterdrückt.

"Was heißt größter. Mein größter Traum wäre es gewesen seine Freundin zu sein. Aber doch - ein Kuss von ihm wäre traumhaft gewesen. Aber ich denke, allmählich werde ich der Wahrheit ins Gesicht sehen müssen, dass meine Fantasien niemals zur Realität werden", sprach sie zunehmend leiser weiter und obwohl sie gesagt hatte, dass sie darüber hinweg war, konnte ich ihr nicht ganz glauben.

Und aus einem nicht erklärlichen Grund stimmte es mich traurig, dass sie seit Jahren so verliebt in ihn war und doch niemals gesehen wurde. Sie erinnerte mich schlichtweg...An mich selbst.

So wie ich damals um ihre Anerkennung gekämpft und sie doch niemals bekommen hatte. Dass ich dafür - in welcher Form auch immer - Sasukes bekam, war kaum zu glauben. Das ließ mein Herz wiederum höher schlagen.

Gleichzeitig wusste ich, dass Sakura niemals eine Chance bei ihm hätte.

"Weißt du, eigentlich müsste ich eifersüchtig auf dich sein", fuhr sie nun so leise fort, dass es wirklich nur für meine Ohren bestimmt war. "Aber ich...Na ja, irgendwie will ich ja auch, dass Sasuke glücklich ist. Und ich denke, dass du mit Abstand das Beste bist, was ihm geschehen konnte. In letzter Zeit hat er so oft gelacht, er war so fröhlich, dass es schon fast erschreckend war. Du scheinst ihm gut zu tun. Ich glaube sogar, dass er dich wirklich liebt", murmelte sie weiter und ich spürte, dass sich aufgrund dieser Worte ein leichter Rotschimmer auf meinen Wangen bildete.

"Danke, Sakura", lächelte ich und legte ihr schüchtern eine Hand auf die Schulter. Sie erwiderte mein Lächeln und führte erneut ihr Glas zum Mund, um daraus zu trinken.

Plötzlich erschien sie mir so anders, als früher. Sie war ein wirklich liebevolles Mädchen. Und wunderschön noch dazu. Es stimmte mich unendlich glücklich, dass sich unser gemeinsamer Umgang so positiv gewandelt hatte.

Aus diesem Grund wollte ich ihr einen Gefallen tun und ihr den größten Traum ihrer 'Jugend' erfüllen. So wie Sasuke und ich uns unseren erfüllt hatten, sollte auch sie glücklich sein können. Schließlich hatte sie uns auf unserem Weg zur Erfüllung unseres Traums tatkräftig geholfen. Dafür wollte ich mich erkenntlich zeigen.

Letztendlich würde ich damit auch Sasuke einen großen Gefallen tun, da er mit dieser Geste wieder allen beweisen könnte, dass er absolut hetero war. Dazu nutzte er schließlich jede erdenkliche Gelegenheit. Und bei Sakura machte es mich noch nicht einmal eifersüchtig. Weil ich wusste - so leid es mir auch tat - dass Sasuke niemals eine Liebesbeziehung mit ihr beginnen würde. Das sagte mir ganz einfach mein Bauchgefühl. Und bislang hatte mich das noch nie im Stich gelassen.

"Ist dein Traum noch gültig?", lächelte ich ihr deshalb vertraulich zu und ihre Augen wurden daraufhin beinah doppelt so groß. "Ich...Verstehe nicht", erwiderte sie und ich bemerkte unverzüglich den deutlichen Rotschimmer auf ihren Wangen, der für mich Bände sprach.

"Sasuke hat nichts dagegen. Glaub' mir", pflichtete ich ihr bei und machte mich nach diesem Satz auf den Weg zu Besagtem, der noch immer ungerührt an Ort und Stelle verharrte.

Erst als ich direkt vor ihm stand, sah er schließlich zu mir auf und blickte mich mit fragenden Augen an. "Komm mal mit", grinste ich und betrachtete ihn erwartungsvoll.

Zunächst regte er sich nicht, doch als ich auch zwei Minuten später weiterhin hartnäckig vor ihm stand, erhob er sich schließlich mit einem entnervten Seufzen. "Schon gut, ich komme ja", grummelte er dazu und ich packte ihn lachend am Handgelenk, zerrte ihn mit mir zu Sakura und positionierte ihn genau vor ihr.

Seine Augen schweiften nun erst zu mir, dann zu Sakura, während ich ihn am Arm festhielt und lächelnd das Geschehen verfolgte. Ich war überzeugt davon, hiermit eine gute Tat zu tun.

Langsam näherten sich nun auch - nachdem sie sichtlich mit sich selbst gerungen hatte - Sakuras Lippen denen von Sasuke und ich spürte gleichzeitig, wie mein Herzschlag schneller wurde. Ich konnte nicht leugnen, dass ich trotz aller guten Vorsätze ein wenig eifersüchtig war.

Doch plötzlich geschah das, womit ich am wenigsten gerechnet hätte: Sasuke riss sich wutentbrannt los, stieß uns beide zur Seite und erhob schreiend das Wort, während sich das momentane Lied ironischerweise im selben Moment dem Ende zuneigte.

"Was soll der Scheiß?", schrie er los, so dass es mir in den Ohren weh tat und ich mir sicher war, dass fortan alle anwesenden Blicke auf uns ruhten.

"Was glaubt ihr eigentlich wer ich bin, häh? Ein beschissenes Objekt, das ihr nach Belieben weiterreichen könnt, oder was?", brüllte er weiter und ich sah für einen Moment in sein wutentbranntes Gesicht, das er im nächsten Augenblick bereits wieder von mir abwandt und sich mit stampfenden Schritten von mir und dem Rest entfernte.

"Ich bin doch kein scheiß Spielzeug!", tobte er mit wütender Miene weiter und trat einmal vor lauter Zorn gegen einen der Stühle, der infolgedessen krachend zu Boden ging und einen weiteren mit sich riss.

"Fickt euch!", war das Letzte, was wir hörten, ehe er das Zelt verlassen hatte und somit in die eingetroffene Nacht verschwand.

Noch einen Augenblick war es vor lauter Schock ganz still in unserer Runde, während ich glaubte, dass Sakura kurz davor stand in Tränen auszubrechen und irgendjemand anscheinend die Musik ausgeschaltet hatte.

"Was war das denn?", fragte nun Choji völlig perplex und ich starrte dabei nur weiter auf den Ausgang, durch den Sasuke vor wenigen Sekunden getreten war.

"Sau der Spinner", murmelte Shikamaru und ich hörte das Knacken des Feuerzeugs, als er sich eine Zigarette anzündete. Dann wurde es allmählich lauter und ein wenig Getuschel brach zwischen den anderen aus.

Gleichzeitig war ich selbst nicht in der Lage mit dieser Situation klarzukommen. Ich begriff einfach nicht, was soeben geschehen war. Dass er derart ausgeflippt war. Dass er wütend war. Und zwar auf mich.

"Ich...red mit ihm", presste ich hervor, setzte meine plötzlich so schweren Beine in Bewegung und spürte dann augenblicklich die Sorge um ihn in mir aufkochen.

Deshalb wurden meine Schritte zunehmend schneller. Ich sorgte mich, dass er in seiner Wut das Grundstück verlassen und nun irgendwo in diesen gefährlichen Gassen herumlungern würde.

Als ich aus dem Zelt trat und vernahm, wie im Hintergrund die Musik wieder aufgedreht wurde, sah ich mich zunächst in der Umgebung um und machte schließlich eine düstere Gestalt an einem keine fünfzig Meter entfernten Gebüsch aus.

Mit vorsichtigen Schritten trat ich näher an diesen Schemen heran und wurde mir zunehmend sicherer, dass es tatsächlich Sasuke war, der dort saß.

"Sasuke", murmelte ich leise, um ihn nicht zu sehr zu erschrecken, als ich ihm darauffolgend bedächtig eine Hand auf die Schulter legte.

"Was ist los?", fragte ich mit gedämpfter Stimme und wartete geduldig auf eine Antwort. Doch zunächst erhob er sich lediglich von der Erde und wandt sich nun mit seinem Körper in meine Richtung, wobei er mir nicht ins Gesicht sah. Es war zwar schwierig ihn genau zu erkennen, da die spärliche Gartenbeleuchtung nicht genügte, doch ich war mir trotzdem sicher, dass er meinen Blick nicht erwiderte. Denn er hielt den Kopf leicht geneigt.

"Tut mir leid, okay? Weiß auch nich'. Das ist alles zu viel für mich. Der ganze Stress. Und dass es mir so mies geht, macht's auch nicht besser", erklärte er sein Verhalten und ich zögerte nicht lange, sondern zog ihn viel mehr direkt in meine Arme.

"Ist schon okay. Willst du nach Hause, Sasuke?", fragte ich leise nach und strich vorsichtig mit der Hand über seinen Rücken, wobei er meine Umarmung mehr erzwungen erwiderte.

"Das wäre wohl das Beste", sagte er nur darauf und löste meinen Griff von sich. "Soll ich mitkommen? Wir könnten uns zusammen ins Bett legen oder noch einen Film gucken. Ganz wie du magst", lächelte ich aufmunternd und fügte noch ein: "Ich kann dir auch einen Kräutertee kochen. Der hat ja damals auch geholfen, als es dir nicht so gut ging", an.

Es dauerte einen Moment bis er darauf meinte: "Nein, ist schon gut. Bleib' du ruhig hier. Die anderen geben sich ja Mühe. Und ich will sowieso lieber meine Ruhe haben."

Eigentlich wollte ich ihm widersprechen und sagen, dass ich bei ihm bleiben wollte, doch ich erkannte an seiner Stimmlage, dass eine Diskussion zwecklos war. Vielleicht war es momentan auch für alle Beteiligten am besten ihn allein zu lassen.

"Na gut, aber...Nimm dir ein Taxi, okay?", bat ich mit nervösem Unterton und wollte mir gar nicht ausmalen wie er allein durch die Dunkelheit schritt und in seinem Wahn vermutlich auch wieder die altbewährten Abkürzungen durch irgendwelche Gassen einschlagen würde. Weil er meinte, dass er mit seinem Taschenmesser in der Hose sicher sei. Das war wirklich der größte Bullshit, den ich jemals gehört hatte und eigentlich sah diese herausragende Naivität Sasuke auch nicht ähnlich.

"Das ist gerade mal ein Kilometer, Naruto", wandt er ein und wollte sich schon auf den Weg machen, doch ich packte ihn direkt am Handgelenk.

"Trotzdem. Entweder das oder ich komm' mit", meinte ich entschlossen und sah, dass er abermals den Kopf von mir abwandt.

"Ja, meinetwegen", seufzte er entnervt und befreite sich aus meinem Griff.

"Versprich es mir", forderte ich weiter und erntete auf meine Besorgnis nur ein herausgepresstes: "Jetzt lass den Scheiß. Bis nachher und viel Spaß noch."

Damit entfernte er sich weiter von mir und ich ahnte, dass er auf meine Bitte keine Rücksicht nehmen würde. Weil es ihm scheißegal war, ob ich mir Sorgen machte oder nicht.

"Verdammter Mistkerl", dachte ich noch und wandt mich daraufhin um, damit ich endlich mal wieder meinen Spaß haben konnte.

Als ich einige Sekunden später leicht verärgert wieder das Zelt betrat, stürmte direkt Sakura auf mich zu und blieb völlig aufgelöst vor mir stehen.

"Ich dachte mir doch, dass das keine gute Idee ist. Was hat er denn nun gesagt?", fragte sie hektisch und packte mich nur zwei Sekunden später an der Hand, um mich zu den Stühlen zu zerren und mich dort zu zwingen, Platz zu nehmen, während sich auch der Großteil der anderen Gäste um mich versammelte.

"Er kommt mit dem Druck nicht klar. Ist deshalb ziemlich gereizt und na ja...Ihm geht's wohl auch wirklich nicht so gut", erklärte ich und wusste selbst nicht ganz genau, ob das Grund genug für einen derartigen Ausraster war.

Aber Sasukes Verhalten konnte man nunmal nicht immer mit dem von anderen Menschen vergleichen. In vielen Hinsichten war er einfach anders, als andere. Und schließlich steckte keiner von uns in seiner Haut. Keiner wusste, wie er sich momentan fühlte. Ob nun berechtigt oder unberechtigt.

"Oh Mann und dann belästige ich ihn auch noch", seufzte Sakura und als ich ihr ins Gesicht sah, bemerkte ich, dass sie sich offensichtlich wirklich schlecht aufgrund der Aktion fühlte.

Deshalb streichelte ich vorsichtig ihren Handrücken, der zitternd auf dem kleinen Tisch ruhte und lächelte ihr entgegen. "Dich trifft keine Schuld. Es war meine beschissene Idee", versuchte ich sie aufzuheitern und Kiba quängelte nur: "Hört mal auf, hier so rumzuschleimen und rumzuturteln. Da könnt ich mich direkt Sasuke anschließen und loskotzen."

Aufgrund seiner Bemerkung konnte ich mir ein leichtes Grinsen nicht verkneifen, wohingegen Shikamaru nur murmelte: "Kann der nicht einfach mal den Rand halten?"

"Sprichst du mit mir?", funkelte ihm Kiba daraufhin entgegen und Shikamaru entfuhr als Antwort nur ein entnervtes Seufzen. "Das ist mir echt zu blöd. Wär' ich doch bloß nicht mitgekommen. Hatte eh keinen Bock auf den Scheiß. Jetzt weiß ich auch, warum."

Nach diesen Worten bahnte sich eine leichte Diskussion an, die hauptsächlich von den Jungs gehalten wurde, während Sakura nur weiter nachdenklich auf ihrem Platz ruhte und Hinata nun an mich heran trat. Schüchtern hielt sie mir die DVD's entgegen, auf denen unsere Auftritte und auch einige Aufzeichnungen der Proben zu finden waren und legte noch ein paar Fotos bei, die sie von uns geschossen hatte.

"Vielleicht heitert ihn das ja auf, wenn er sieht...Wie gut ihr wart", lächelte sie und senkte kurz den Blick. Dankbar erwiderte ich ihr Lächeln, bis sie ebenso schüchtern anfügte: "Vielleicht solltest du nach Hause gehen und ihm die Bilder in Ruhe zeigen...Vielleicht...Geht's ihm dann besser."

Mein Blick schweifte zunächst über die verschiedenen Bilder, auf denen wir lachend und herumalbernd vorzufinden waren. Teilweise war der Sasuke, den man darauf sah, überhaupt nicht der, den man kannte. Das war nicht der selbe Sasuke, der heute wiedermal zum Vorschein gekommen war.

In jenem Moment wusste ich nicht mehr recht, ob das Showgeschäft nun gut oder schlecht für ihn war. Einerseits hatte es dazu geführt, dass diese positiven Eigenschaften so deutlich zum Vorschein kamen, andererseits war es auch auf das Showgeschäft in erster Linie zurückzuführen, dass nun die Kehrseite der Medaille dominierte. Ich konnte nur darauf hoffen, dass es sich dabei lediglich um eine Art Phase handelte, die mit der Zeit verstreichen würde.

"Danke, das werde ich", knüpfte ich nun an Hinatas Aufforderung an und ließ ein gelächeltes: "Aber vorher würde ich noch gerne mit meinen Freunden auf eine bessere Zukunft anstoßen", folgen.
 

Eine gute Stunde später kam ich schließlich zuhause an und hatte selbst kein Taxi genommen, sondern war entgegen meiner eigenen Forderung auch zu Fuß gegangen. Aber ich war mir beinah sicher, dass ihn diese Tatsache nicht annährend so sehr kümmerte, wie mich.

Als ich in den Flur trat, bemerkte ich zunächst, dass ausschließlich in der Küche Licht brannte. Das ließ mich darauf schließen, dass er noch wach war. Weil Sasuke nicht der Typ war, der das Licht brennen ließ.

"Bin wieder da", rief ich einmal in Richtung Küche, doch es kam - wie erwartet - keine Rückmeldung. Seufzend streifte ich mir die Schuhe ab, hing meine Jacke an der Garderobe auf und schlurfte in den Raum, in dem ich Sasuke erwartete.

Und wie angenommen, saß er auch dort am Küchentisch. Vor sich stand zu meiner Erschütterung eine große, halb geleerte Flasche Wodka und er schien mich zudem gar nicht mehr richtig wahrzunehmen.

Langsam und mit trübem Blick, weil mich sein Anblick schmerzte, trat ich an ihn heran, roch die deutliche Fahne und als ich nach seinem Glas griff, schien er meine Anwesenheit plötzlich zu bemerken.

"Da bisschu..jah...", murmelte er und grinste mit glasigem Blick in meine Richtung. Ich nahm nun ebenfalls die Flasche in die Hand und stellte beides auf die Küchentheke, damit es aus seiner Reichweite war.

"Du trinkst zu viel", murmelte ich und ging wieder zu ihm, ließ mich nun ihm gegenüber auf den Stuhl plumpsen und sah in seine ausdruckslosen, schwarzen Augen.

"Wasch laabbers du...füa ein Kagge", stammelte er und fasste sich mit der Hand an die Stirn. "Isch binn nisch...", begann er, ließ den Satz jedoch unvollendet im Raum stehen, weil er anscheinend vergaß, dass er überhaupt begonnen hatte, zu sprechen. In jenem Moment dachte ich an die Fotos in meiner Jackentasche, die ich ihm eigentlich zur Aufheiterung zeigen wollte. Das konnte ich in seinem jetzigen Zustand wohl vollkommen vergessen.

Mit einem genuschelten: "Komm, ich bring dich ins Bett", erhob ich mich schließlich von meinem Stuhl und packte Sasuke direkt unter den Achseln, um ihn nach oben zu ziehen. Bereitwillig ließ er sich von mir stützen und ich hatte Schwierigkeiten, nicht mit ihm umzukippen - er war wirklich komplett dichtgesoffen. Ich wollte gar nicht wissen, wie zügig er sich das Zeug in den Kopf gekippt hatte.

Erst als wir im Schlafzimmer vor meinem Bett ankamen, regte er sich plötzlich und ließ sich mit mir aufs Bett fallen, wobei er unsanft auf mich gleitete.

"Fick...mich...", brabbelte er direkt und wollte mich küssen, doch ich wandt rechtzeitig das Gesicht zur Seite. Ich hatte zwar schon oft mit ihm geschlafen, wenn er angetrunken war, aber nicht, wenn er wirklich komplett breit war. Das war Neuland für mich. Und ich wollte ihm jetzt nicht näher kommen.

"Morgen, Sasuke. Heute nicht mehr", versuchte ich zu schlichten und ihn von mir zu drücken, aber er ließ nicht locker.

"Liebsch...su mich?", wollte er wissen und als ich daraufhin einen Blick in seine Richtung riskierte, sah ich die Trauer in seinen Augen. Als glaube er nicht mehr daran, nur weil ich ihn im besoffenen Zustand abwies. Und auch, wenn das absurd sein mag, fühlte ich mich plötzlich schuldig. Es war sicherlich auch meine Schuld, dass er sich betrunken hatte. Hätte ich doch nur diese beschissene Party nicht ins Leben gerufen.

"Natürlich liebe ich dich", versuchte ich zu lächeln und legte meine Hand trotz leichten Unbehagens an seine Wange. "Ega wasch pasiert...?", fragte er weiter und schmiegte sich an meine Handfläche.

Mein Blick wurde bei seinem Anblick zunehmend trüber. Es tat mir weh ihn so zu sehen. So völlig fertig und kaputt. Ich wollte, dass er glücklich sein konnte und erreichte doch immer nur das Gegenteil.

"Egal, was passiert. Ich gehöre dir", versuchte ich ihn zu beruhigen und vor allem aufzuheitern, auch wenn die Annahme, dass meine Worte ihn jetzt noch erreichen würden, ziemlich bescheuert war.

"Da...Bsorg's...mi...", säuselte er weiter und näherte sich mir abermals. Dieses Mal erwiderte ich seinen Kuss, schmeckte diesen widerlichen Alkohol heraus und fühlte mich absolut nicht wohl dabei, als ich ihm schließlich widerstrebend das gab, was er wollte.

Die Wahrheit wird mit der Zeit nicht erträglicher

Mit einem schmerzlich dröhnenden Kopf schlug ich an diesem Morgen die Augen auf und stellte nach wenigen Sekunden fest, dass ich mit Naruto in einem Bett lag, auch wenn ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, wie ich hierher gelangt war.

Das Letzte, an das ich mich entsinnte, war, dass ich auf meinem Rückweg einen Umweg zur Tankstelle eingeschlagen und mich dort mit Alkohol eingedeckt hatte. Und dass ich diesen letztlich auch getrunken haben muss, verrieten mir meine deutlichen Kopfschmerzen.

Nur warum ich mich betrunken hatte, wollte mir in diesem Moment nicht wieder einfallen.

Erst, als ich neben mir ein unruhiges Geräusch vernahm, huschten meine Augen überrascht zur Seite und bemerkten Narutos leicht verspanntes, aber schlafendes Gesicht und ich stellte zudem fest, dass ich nah an ihn geschmiegt und zudem nackt war.

Aus irgendeinem Grund stimmte mich die Erkenntnis, dass wir miteinander geschlafen hatten, jedoch ziemlich trübselig. Dabei war diese Tatsache doch ganz normal. Schließlich liebten wir uns.

Doch als ich dieses Wort Liebe durch meine Gedanken jagte, flog plötzlich der gestrige Tagesablauf wieder an mir vorbei. Ich sah mich bei Orochimaru, sah mich mich danach im Park übergeben und schließlich auch auf dieser Party ausrasten, die Naruto organisiert hatte.

Der gestrige Tag war einer der wenigen gewesen, die das komplette Leben neu aufrollen. Es war wie der Beginn einer anderen Geschichte. Ich konnte nur hoffen, dass sie ein glückliches Ende nehmen würde.

Unbemerkt hatte ich mich bei meinen Gedanken näher an Naruto geschmiegt und strich nun vorsichtig mit den Fingern über seine nackte Brust.

Ich spürte seine prickelnde Wärme an meinem Körper.

Spürte, dass er atmete.

Spürte seinen Herzschlag.

Und wusste dabei, dass er mich liebte. Weil er immer bei mir war, wenn ich ihn brauchte. Einfach immer. Egal, was ich verbrochen hatte.

Es war nicht fair.

Plötzlich ruckelte es einmal, dann hatte sich Naruto auch schon im Schlaf zu mir gedreht und presste mich nun fest an sich, so dass ich kaum mehr Luft bekam. Aber auf eine wunderschöne Art und Weise.

"Naruto", murmelte ich leise und erwiderte seinen Griff im nächsten Moment genauso intensiv. Für die nächsten zwanzig Minuten ließ ich ihn nicht mehr los.

Ich verharrte genau in dieser Position und regte mich keinen einzigen Millimeter.

Als habe ich Angst davor, ihn nie wieder halten zu können.
 

Schließlich fand ich mich in Unterhose und Shirt in der Küche wieder, trank gedankenversunken mein stilles Wasser und dachte darüber nach, ob es gut war die Schule zu schwänzen. Aber ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass diese Sorge reichlich zu spät kam. Es war inzwischen fast Mittag und in etwa einer Stunde hätte ich regulär sowieso Schulschluss gehabt.

Außerdem - wenn ich recht darüber nachdachte - würde die Schule in nächster Zeit ohnehin nur noch die zweite Geige in meinem Leben spielen. Ganz anders, als früher. Meine Noten waren immer das Wichtigste für mich gewesen.

Einerseits, weil ich Vaters Gunst für mich gewinnen und nicht hinter Itachi zurückstehen wollte, andererseits aber auch deshalb, weil ich mir unbedingt alle Türen für meine Zukunft öffnen wollte. Doch was kümmerten mich meine Noten noch, wenn ich erst einmal reich und berühmt war?

Dann brachte mir ein Einserabitur auch nichts. Um genauer zu sein, warf mich das Lernen und allgemein die Schule viel mehr in meinem Zeitplan zurück. So konnte ich mich nicht komplett auf das Tanzen konzentrieren. Das Lernen stand mir auf meinem Pfad des Lebens im Weg. So einfach war das.

Dies stellte ich mit einem tiefen Grummeln fest, wollte gerade vor Wut mein Glas mit einem Knall auf dem Tisch abstellen, da ertönte plötzlich ein lautes Piepen im Hintergrund und brachte mich vollends aus dem Konzept, so dass ich vergaß, was ich eigentlich tun wollte.

Murrend erhob ich mich mit meinem Glas in der Hand von meinem Platz und ging auf das Objekt zu, das mich zu ärgern versuchte. Mit einem schnellen Griff nahm ich das Telefon zur Hand, drückte auf den grünen Hörer und schnaubte ein: "Ja?", hinein. Gewöhnlich meldete ich mich beim Namen, wenn ich nicht wusste, mit wem ich sprach. Doch jetzt scherte ich mich nicht um diese Höflichkeit.

Es war mir egal.

So wie mir alles egal wurde.

"Hallo, mein Liebling", erklang die herzliche Stimme meiner Mutter am anderen Ende der Leitung und ließ meine Augen postwendend vor Überraschung größer werden.

"Mum?", stammelte ich ungläubig hinein und konnte es noch nicht ganz fassen: Ich hatte seit geschätzten Ewigkeiten nichts mehr von ihr gehört. Nicht mehr, seit ich vor über einer Woche von Zuhause ausgezogen war. Erst jetzt fiel mir auf, wie sehr ich ihre Stimme eigentlich vermisst hatte.

Ich freute mich über ihren Anruf. So sehr, dass ich sogar leicht lächeln musste, obwohl mir nicht danach zumute war.

"Ja, ganz recht. Wie geht es dir, Sasuke?", lachte sie in den Hörer und der Klang ihres wunderschönen Lachens beruhigte mich zunehmend. Gedankenversunken schritt ich wieder auf den Tisch zu, dachte an das liebliche Gesicht meiner Mutter und ließ mich dabei sanft auf den Stuhl gleiten.

"Ganz gut und dir?", erwiderte ich mehr instinktiv, auch wenn es nicht der Wahrheit entsprach. Aber was hätte ich ihr schon erzählen sollen? Ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Und außerdem hatte ich nicht das Bedürfnis darüber zu sprechen. Mit niemandem.

Das war ganz allein meine Angelegenheit.

"Einer stolzen Mutter geht es immer gut, mein Liebling. Und ich bin wirklich wahnsinnig stolz auf dich und Naruto!", feierte sie voller Freude und ich wusste, dass auch sie mir nicht die ganze Wahrheit erzählte. Aber auch sie tat es nur, um mich nicht zu beunruhigen. Sie wollte mich beschützen. Dabei wusste ich ganz genau, dass ihr die momentane Situation zu schaffen machte. Die Tatsache, dass ihr letztes Kind von Zuhause ausgezogen war, weil es keinen anderen Ausweg mehr gab, als diesen entscheidenden Schritt zu tun.

"Und Vater ist auch stolz auf dich, Sasuke. Wirklich. Auch wenn er es nicht offensichtlich zeigen kann, aber er spricht in letzter Zeit immer häufiger von dir", sprach sie weiter, noch ehe ich in der Lage war etwas zu entgegnen und ich konnte mir denken, dass sie auch dies nur sagte, um die ohnehin schon zerstörte Familie zu retten. Vermutlich war es ihr letzter kläglicher Versuch uns alle wieder zusammen zu führen.

Aber es ging einfach nicht mehr. Auch wenn ich sie stolz machen wollte. Vater könnte im Gegensatz zu ihr niemals stolz auf mich sein. Nicht, wenn ich nur Zweiter war. Naruto und ich hatten nunmal nicht gesiegt. Wir hatten verloren. Nichts anderes. Da gab es nichts, worauf man stolz sein konnte.

"Ah, das freut mich", murmelte ich trotzdem und fixierte die Tischplatte mit meinen müden Augen. Schließlich wollte ich ihr ihre Hoffnung nicht nehmen. Das war das Letzte, was ich wollte. Vor allem, weil meine Mutter nunmal an leichten Depressionen litt. Da waren zusätzliche Probleme nicht förderlich. Ich wollte das alles auf ein Minimum reduzieren.

"Wie geht es denn nun weiter mit euch, Sasuke? Habt ihr Pläne für die Zukunft?", fragte sie munter weiter und meine Antwort kam unerwarteterweise wie aus der Pistole geschossen: "Vermutlich können wir bald einen Vertrag bei SNAKE unterzeichnen."

Für einen Moment war ich voller Euphorie, doch diese schwand genauso abrupt wie sie gekommen war und hinterließ nichts weiter, als einen geknickten Ausdruck auf meinem ohnehin so traurigen Gesicht.

"Ach wirklich? Das ist doch die Agentur von der du immer geschwärmt hast, nicht wahr?", hinterfragte Mikoto meine Antwort und ich entgegnete deutlich leiser: "Ja, genau."

Die Freude war in dem Moment vollends verpufft, als diese Bilder des vergangenen Tages wieder durch meinen Kopf schossen.

"Schatz, das ist ja unglaublich! Ich freue mich so für dich. Ehrlich. Dann darf ich dich demnächst im Fernsehen bewundern, nicht wahr?", lachte sie und fügte direkt an: "Aber vergiss deine alte Mutter bitte nicht, wenn du erstmal reich und berühmt bist. Und achte um Himmels willen auf eine ausgewogene Ernährung, damit du nicht krank wirst! Du weißt, wie viel mir daran liegt. Und Finger weg von den Drogen! Oh, mein kleiner Sasuke wird ein Star. Ich kann das kaum glauben, mein Liebling. Vater wird platzen vor Stolz."

Die Worte sprudelten förmlich aus ihrem Mund heraus, doch meine Ohren nahmen jene mit einem zwiespältigen Empfinden auf. Einerseits ehrte mich ihre Freude für mich, doch andererseits empfand ich das, was sie sagte, auch als eine Art Drohung. Ein Zwang, der auf mich ausgeübt wurde.

So wie in meiner Kindheit an jedem einzelnen Tag. Es hatte sich nichts geändert. Und ich wusste das. Aber ich konnte mich meiner Verpflichtung auch nicht so einfach entziehen. Ja, für mich war es wie eine Verpflichtung meinen Eltern gegenüber, dass ich sie stolz machen musste.

Mit dieser Einstellung war ich schließlich aufgewachsen.

"Drück mir die Daumen, Mum. Dass alles klappt. Ich muss jetzt auflegen. Ich erwarte noch einen Anruf", log ich dreist, weil ich dieses Gespräch nicht mehr ertragen konnte und wartete voller Ungeduld auf eine baldige - hoffentlich kurze - Antwort.

"Oh, ich verstehe. Lass dich von mir nicht stören, mein Liebling. Aber meld' dich doch bitte des Öfteren. Du bist doch mein Kind. Und grüß Naruto schön von mir. Ich liebe dich", säuselte sie zum Abschied und ich drückte sie einfach nur noch weg, ohne mich anständig von ihr zu verabschieden.

Für einen Moment starrte ich noch auf das dunkle Display des Telefons, dann legte ich jenes beiseite und ließ meinen Kopf schwerfällig auf meine Arme sinken, die verschränkt auf dem Tisch ruhten.

Das alles war so schrecklich unwirklich. Alles, was geschah.

Meine Gedanken schweiften nun abermals zu Naruto ab, der vermutlich noch immer seelenruhig in unserem Bett lag und schlief. Ich liebte ihn so sehr.

Er war der Einzige mit dem ich zusammen sein wollte.

Der Einzige.

Meine einzige Liebe.

Er war alles für mich. Nur er. Kein anderer.

Als ich dies dachte, brannte plötzlich eine einzelne, zunächst unbemerkte Träne in meinem Augenwinkel.

Völlig schockiert riss ich den Kopf daraufhin nach oben und wischte mir eilig mit dem Handrücken über die betroffene, feuchte Stelle.

Wachrüttelnd schüttelte ich einmal den Kopf, setzte mich dann gerade auf meinen Stuhl und dachte an etwas anderes. Ich dachte daran, dass wir fünftausend Euro hatten, die wir ausgeben konnten. Damit könnte ich Naruto vielleicht etwas Gutes tun.

Ich könnte ihn lachen sehen.

"Naruto...", murmelte ich leise für mich und spürte im nächsten Moment zwei Arme, die sich von hinten um meinen Hals schlangen.

"Hast du mich vermisst?", hauchte mir seine Stimme plötzlich ins rechte Ohr hinein und mir lief augenblicklich ein Schauer den Rücken hinab.

"Ich...", begann ich verwirrt und brach dann sofort ab. Die Situation war mir bereits zu unangenehm. "Ich wusste gar nicht, dass du so oft an mich denkst, mein Liebling", lachte er, ließ nun von mir ab, so dass ich Sekunden später das Wasser laufen hörte und Naruto kurz darauf mir gegenüber und mit einem Glas Wasser bewaffnet, Platz nahm.

"Wie hast du geschlafen?", fragte er, nachdem ich selbst nicht das Wort ergriff und brachte mich somit dazu, langsam den Blick zu heben und in sein schönes Gesicht zu sehen. Von der Nacht waren seine Haare noch leicht zerzaust, sein Oberkörper nackt und die Wangen leicht gerötet. Sein Anblick raubte mir schlichtweg den Atem. Seit wann war das so?

"Gut und selbst?", antwortete ich eine Spur zu unfreundlich und räusperte mich gleich darauf. Ich wusste selbst nicht, warum ich in letzter Zeit so harsch reagierte.

Und eigentlich wusste ich es doch.

"Hm, na ja. Du hast mich ganz schön ausgelaugt", grinste er mir mit einem Zwinkern entgegen und nippte an seinem Wasser.

"Mag sein. Aber du, Naruto? Hast du nicht auch Lust heute unser Geld auszugeben? Das haben wir uns doch redlich verdient nach dieser harten Zeit, meinst du nicht?", wechselte ich eilig das Thema und versuchte ihm dabei so zuversichtlich zuzulächeln, wie es mir möglich war.

Für einen Moment beäugte er mich misstrauisch, doch dann erhellte sich seine Miene und er lächelte: "Sehr gerne sogar."
 

Zwei Stunden später waren wir auch schon in einem Einkaufscenter in der Innenstadt angekommen und pokerten einfach ein bisschen darauf, dass dort an diesem Tag kein Lehrer aufkreuzen würde.

Mit dem Gedanken, dass wir ganze fünftausend Euro für Klamotten ausgeben konnten, fand ich so allerlei Sachen, die mir gefielen, während Sasuke eher stillschweigend daneben her schritt. Dabei war es doch seine Idee gewesen, das ganze Geld auszugeben. Eine Idee, von der ich zugegeben ziemlich angetan war, obwohl ein solcher Vorschlag Sasuke nicht unbedingt ähnlich sah.

Er war zwar nicht unbedingt der sparsamste Mensch, aber alles auf einmal auszugeben, das erinnerte auch nicht wirklich an ihn.

"Nah, Sasuke. Wie findest du das hier?", grinste ich und hielt ihm ein enges Netzhemd entgegen. Mit großen Augen sah er nun zu mir und murrte: "Wenn du sowas unbedingt anziehen willst, Usuratonkachi."

Mein Grinsen wurde daraufhin nur umso breiter. "Nicht ich, Sasuke. Sondern du! Dir steht sowas doch viel besser."

Schockiert, als habe ich soeben von ihm verlangt Strapsen anzuziehen, starrte er mich nun aus seinen finsteren Augen an und ließ mich vor Angst beinahe erschaudern.

"Bitte?", lächelte ich ihm vorsichtig entgegen und hielt das Kleidungsstück in die Luft. Stampfend schritt er auf mich zu, riss mir den Stofffetzen aus der Hand und ging mit einem lauten: "Tse!", auf die Umkleide zu, in der er auch sogleich verschwand.

Vorfreudig ging ich nun ebenfalls zu jener Kabine, in der sich Sasuke befand und wartete geduldig, dass er das gute Stück anprobieren würde. Es dauerte einige Minuten, in denen ich den Rest der Kundschaft kritisch beäugte und immer wieder feststellte, dass Sasuke mit Abstand der schönste Mann in diesem Geschäft war, bis seine Stimme mich plötzlich grob dazu anwies, dass ich ihm kurz helfen solle.

Stutzig blinzelnd betrachtete ich kurzzeitig den zugezogenen Vorhang, überlegte jedoch nicht lange und schlich mich unauffällig in die Kabine hinein.

"Was ist?", fragte ich nach, als ich meinen Freund betrachtete, der von dem Netzhemd bekleidet vor mir stand und mich aus seinen pechschwarzen Augen ansah.

Zur Antwort drückte er mir einfach seine Lippen auf den Mund und presste meinen Körper nah an die stabile Wand der Umkleidekabine. Es geschah genau das, womit ich am wenigsten gerechnet hätte. Sasuke war eigentlich überhaupt nicht der Typ für Derartiges. In der Vergangenheit hatte ich mich zwar immer wieder bemüht, solche Situationen mit ihm zu ergattern, doch er war dafür schlichtweg zu schüchtern. Ihm war die Möglichkeit, gesehen zu werden, einfach zu unangenehm.

Aber jetzt, jetzt standen wir hier in einer öffentlichen Umkleide und küssten uns innig. Zudem ging diese Handlung auch noch von ihm aus.

Es war plötzlich alles so anders.

Seine Hand wanderte nun meinen Körper entlang, glitt schließlich in meine Hose und kurz darauf lösten sich auch seine Lippen von mir, die nun ebenfalls zur Mitte meines Körpers schlichen.

Erregt sah ich an mir herab, beobachtete Sasuke dabei, wie er mein Glied aus meiner Hose nahm und legte meine Hand sachte an seinen Kopf, um meine Erregung in seinem bereits geöffneten Mund zu versenken. Doch noch ehe es dazu kommen konnte, richtete er sich langsam, aber bestimmt wieder auf, so dass er letztlich wieder mit mir auf Augenhöhe war.

Für einen Moment sah er mir tief in die Augen. Ich sah in seine schwarzen Seelenspiegel, die mich qualvoll entschuldigend betrachteten und konnte nicht anders, als lächelnd eine Hand an seine Wange zu legen, ehe er seine Lider senkte.

"Ist schon okay, Sasuke. Ich weiß, dass dir das zu unangenehm ist. Aber danke, dass du es immerhin versucht hast", flüsterte ich ihm entgegen, als ich ihn zärtlich in meine Arme zog und seinen Hals zu küssen begann. Ihm entfuhr dabei ein leises Seufzen, dann löste er sich bereits wieder vorsichtig aus meinem Griff.

Mit noch immer geschlossenen Augen, zog er nun auch den Reißverschluss meiner Hose zu und murmelte dann leise: "Lass uns die ganzen Klamotten kaufen, die du gefunden hast und dann nach Hause gehen. Okay, Naruto?"

Natürlich war ich mit seinem Vorschlag einverstanden.

An der Kasse legte ich nun die vielen zerrissenen Jeans, die Pullover und Shirts, sowie Sasukes Netzhemd auf die Theke und kam mir dabei ein wenig egoistisch vor. Schließlich war ich von uns beiden der Einzige, der sich etwas gekauft hatte. Und zwar für knappe zweitausend Euro. Obwohl ich ansonsten mehr der sparsame Typ war, hatte mich an diesem Tag ganz einfach der Kaufrausch gepackt. Ich kam mir schon fast vor wie eine Frau. Aber vielleicht lag das auch daran, dass ich so etwas noch nie zuvor hatte tun können. Nie zuvor hatte ich so viel Geld ausgeben können wie ich wollte.

Nie. Das war tatsächlich die Premiere.

Und um ehrlich zu sein war es ein schönes Gefühl so viel Geld zu besitzen und ausgeben zu können. Es war irgendwie befreiend. Aber alleine war es nur halb so schön. Ich wollte, dass Sasuke ebenfalls in den Genuss käme.

"Nah, Sasuke", begann ich, nachdem wir bezahlt hatten und das Geschäft nun wieder verließen, während wir beide die schweren Einkaufstüten schleppten.

"Gibt es nicht auch etwas, das du schon immer mal haben wolltest?", fragte ich nach und lächelte ihm entgegen. Er konnte gerne den kompletten Rest ausgeben. Vielleicht würde er dann wieder lächeln.

Schließlich liebte ich sein Lächeln.

"Nicht wirklich", murmelte er jedoch und richtete seinen Blick stur geradeaus. Verwundert blinzelnd starrte ich ihn auch weiterhin an. "Nah, was ist denn das für eine Einstellung, Sasuke? Jetzt haben wir endlich mal das Geld und jetzt willst du plötzlich nichts mehr? Das ist doch blöd", lachte ich und rempelte ihn einmal herzlich von der Seite an.

Er kam daraufhin ins Taumeln, stolperte sogar fast. Das tat er sonst nicht. Ich verstand einfach nicht, was ihn so sehr ablenkte und beschäftigte, dass er derart unkonzentriert durch die Gegend lief.

"Du hast recht. Das ist blöd", erwiderte er einige Sekunden später mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen und setzte seinen Weg dabei zügig fort.

"Dann lass uns zusammen kochen, Naruto. Damit ich nicht immer diese schrecklichen Ravioli essen muss", schlug er nun vor und zauberte mir damit ein breites Grinsen auf die Lippen. Sasuke war ein guter Koch, soweit ich wusste. Und wir könnten etwas zusammen machen. Auch wenn ich ihm dabei womöglich nur im Weg stehen würde. Trotzdem freute ich mich wahnsinnig darauf.

"Das machen wir!", rief ich vorfreudig und machte direkt den nächsten Supermarkt aus, wo wir die entsprechenden Zutaten ergattern könnten.

"Hast du schon eine Idee, was wir kochen wollen?", fragte ich nun, als ich in knapper Entfernung das erste Lebensmittelgeschäft ausmachte.

"Wir könnten einen griechischen Kartoffeleintopf kochen. Das ist gesund und meine Mutter hat das auch oft gemacht", erzählte Sasuke und ich war direkt Feuer und Flamme für dieses Gericht. So wie ich auch für jedes andere Feuer und Flamme gewesen wäre. Hauptsache der Vorschlag kam von ihm. Von Sasuke.

"Gut, dann mal los!", brüllte ich, packte ihm mit meinem einzigen freien Finger am Shirt und zerrte ihn in das Geschäft hinein, das wir nun gemeinsam halb leer kauften.
 

"Boah, Sasuke. Das ist echt langweilig", quängelte ich, als ich nun bereits die dritte Paprikaschote zerkleinerte und in den Topf gab.

"Hör' doch endlich mal auf dich zu beschweren, Usuratonkachi", grummelte er mit einem Lächeln auf den Lippen und schob sich nun schon das zweite Stück Tomate in den Mund.

"Du frisst die ganzen Tomaten auf, Sasuke!", murrte ich nun zurück und guckte in den Topf, der wirklich nur eine von drei vorgeschriebenen Tomaten beinhaltete.

"Ich hab' ja nicht umsonst direkt fünf gekauft", entgegnete er und machte sich daran die nächste Tomate zu schneiden.

"Du bist echt ein Tomatensuchti", stichelte ich und widmete mich wieder meinen Paprikaschoten. "Immer noch besser, als so ein hoffnungsloser Raviolisuchti wie du", bekam ich als Antwort und als ich daraufhin zur Seite blickte, bemerkte ich Sasukes schief grinsendes Gesicht und schnitt mir vor aufkochendem Zorn geradewegs in den Finger. Kurz verzog ich das Gesicht, dann hob ich auch schon meinen Finger und begutachtete die entstandene Wunde.

"Was ist denn jetzt passiert?", fragte Sasuke leicht besorgt nach und lehnte sich zu mir herüber.

"Weg da! Alles deine Schuld, wenn ich mir den Finger abhacke", murrte ich ironisch und schob sein Gesicht im selben Moment beiseite.

"Krieg' dich ein, Naruto. Aber wie sieht's aus: Brauchst du ein Pflaster?", hakte er nach und meine Augen huschten aufgrund seiner Frage erneut in seine Richtung, machten dabei sein leicht besorgtes Gesicht aus.

"Geht schon. Machen wir lieber weiter. Ich hab' Hunger", erwiderte ich und machte mich wieder daran die letzte Paprikaschote zu zerkleinern. Ich wartete nun darauf, dass auch Sasuke seine Tätigkeit fortsetzen und wieder die Hälfte der Tomaten aufessen würde, doch es folgten keinerlei Geräusche, die darauf schließen ließen, weshalb ich abermals in seine Richtung sah.

Dort bot sich mir nun ein Bild, das ich beim besten Willen nicht verstand: Sasuke hielt das Messer schwach in der Hand, den Kopf geneigt und starrte gedankenversunken auf die Arbeitsplatte nieder.

"Was hast du denn?", fragte ich verwundert nach und legte ihm gleichzeitig eine Hand auf die Schulter. "Ach, gar nichts", entgegnete er jedoch schroff und begann nun doch wieder die Tomaten zu schneiden.

Einige Minuten sah ich ihm einfach nur dabei zu, dann beschloss ich für mich, dass es so einfach nicht mehr weitergehen konnte. Ich musste wenigstens versuchen etwas an der Situation zu verändern.

"Irgendwie bist du komisch in letzter Zeit", wagte ich nun zu sagen und sah ihm dabei besser nicht mehr ins Gesicht. Für einige Sekunden war es darauffolgend ganz ruhig zwischen uns, wobei nur das Geräusch meiner Klinge, die immer wieder auf die Holzplatte schlug, diese Stille unterbrach. Doch dann erhob er schließlich bestimmt das Wort und sagte: "So ein Quatsch. Das bildest du dir bloß ein, Usuratonkachi. Du nervst mich im Moment einfach noch mehr als sonst."

Diese Antwort war so typisch für ihn. Was hatte ich auch anderes erwartet?

Egal, was es war. Ob das, was er sagte nun der Wahrheit ensprach oder nicht - er würde doch nicht das Gespräch mit mir suchen. Sasuke fraß lieber alles in sich hinein, was ihn beschäftigte und machte dann andere dafür verantwortlich, wenn es ihm deshalb schlecht ging.

Mein Gesicht verspannte sich in jenem Moment, als ich darüber nachdachte, was er doch manchmal für ein hoffnungslos egoistisches Arschloch war.

Und auch wenn das Essen später gut schmeckte; auch wenn der restliche Abend unnachahmlich schön verlief, so verblieb doch der bittere Nachgeschmack.

Der bittere Nachgeschmack, dass irgendetwas nicht stimmen konnte.

Ich wusste das.

Aber aus irgendeinem Grund hatte ich Angst vor der Wahrheit.

Unsere Beziehung war mir immer so unwirklich erschienen.

Vielleicht war sie für ihn längst vorbei.

Vielleicht blieb er bislang nur aus Mitleid bei mir.

Ich wollte das nicht hören.

Ich würde es nicht ertragen, ihn zu verlieren.

Lieber wollte ich auch weiterhin in meiner Traumwelt leben, in der Sasuke nur mir gehörte. In der Traumwelt, in der er mich wirklich liebte.

Schließlich hatte ich nie wirklich glauben können, dass er es aus tiefstem Herzen tat. Dass er mich so sehr liebte, wie ich ihn.

Aber ich hatte Angst.

Angst davor, wieder allein zu sein.

Einfach nur Angst.

Deshalb verschloss ich lieber meine Augen vor der Realität, anstatt der Wahrheit ins Gesicht zu sehen.

Weil mich diese Wahrheit umbringen würde.

Die Wahrheit lässt Liebe zu Krieg werden

Die Tage verstrichen wie im Fluge. Heute war bereits wieder Freitag und somit das wirklich wohlverdiente Wochenende eingeleitet.

Die vergangenen Tage hatten wir eigentlich zum Großteil damit verbracht für die Schule zu lernen, ausgiebig für unsere kommende Karriere zu trainieren und letztlich hatte ich auch das ein oder andere Mal dieses aufreizende Netzhemd von Sasukes Körper streifen dürfen.

In manchen Momenten hatte mich sogar kurzzeitig wieder das Gefühl umgeben, als sei alles so wie früher. Als habe sich nicht das Geringste zwischen uns verändert. Doch im darauffolgenden Augenblick wurde mir schließlich bewusst, dass diese Annahme lediglich meinem Wunschdenken entsprach.

Eigentlich war alles anders.

Die Art und Weise wie wir miteinander kommunizierten.

Die Art und Weise wie wir uns berührten.

Selbst die Art und Weise wie wir miteinander schliefen.

Unser ganzes Leben hatte sich im Prinzip verändert. Einfach so. Völlig unvorhergesehen.

Allmählich umgab mich das ungute Gefühl, dass sich Sasuke zunehmend von mir distanzierte. Egal bei was. Man möchte meinen, er sei nun wieder ganz der Alte. Ein distanzierter und von allem desinteressierter junger Mann, der er auch noch bis vor wenigen Wochen gewesen war.

Aber so war es eben nicht. Er verhielt sich nicht wie früher. Nicht mal im Ansatz.

Ich konnte es mir ja bislang auch nicht erklären. Doch ihn danach zu fragen, schien mir auch nahezu unmöglich. Schließlich wusste ich, dass er sich mir momentan nicht anvertrauen würde. Sonst hätte er es vermutlich schon längst getan.

Seufzend spülte ich nun meine Cola hinunter und sah aus dem Fenster hinaus. Es war ein wunderschöner Sommertag und ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es noch nicht allzu spät war, um etwas zu unternehmen. Denn die Uhr zeigte gerade einmal kurz vor Acht.

Man könnte also noch ins Kino gehen. Vielleicht gemeinsam einen Trinken. Oder einfach nur das schöne Wetter in Zweisamkeit bei einem Spaziergang genießen.

Vielleicht wäre dies eine gute Gelegenheit, um einander wieder näher zu kommen. Vielleicht erwartete Sasuke sogar von mir, dass ich ihn ein zweites Mal eroberte.

"Verdient hätte er es", stellte ich in Gedanken und zudem mit einem Lächeln fest.

Vielleicht sollte ich mich nach allem, was er in all den Jahren Zuhause hatte durchmachen müssen - diese ganze Ablehnung und den Drill - mehr um ihn bemühen. Vielleicht sah ich unsere Beziehung schon als reine Normalität an. Das wollte ich nicht.

Sasuke war für mich etwas ganz Besonderes. Und so wollte ich ihn auch behandeln.

Sobald er aus der Dusche käme, würde ich ihm meine Vorschläge für diesen Abend unterbreiten und auf seine Zustimmung hoffen. Dann könnten wir in gewisser Weise nochmal von vorne anfangen.

Möglicherweise würde das an der jetzigen Situation etwas verändern.

Für einen Moment schlangen sich meine Finger bei diesem Gedanken an unsere momentane Beziehung, fester um das Glas. Zumindest hoffte ich mit Leib und Seele darauf, dass es etwas bewirken könne. Irgendetwas.

Plötzlich vernahm ich das Geräusch von einer Tür, die geöffnet wurde mit darauffolgenden, leisen Schritten, die langsam in meine Richtung wanderten.

"Ich geh' jetzt", hörte ich nur aus dem Flur und bei diesem Satz begann mein Herz augenblicklich schneller zu schlagen. Postwendend sprang ich von meinem Stuhl auf, hielt jedoch bereits im Türrahmen wieder inne und betrachtete Sasukes Erscheinungsbild mit undefinierbaren Blicken: Er trug seine beste Jeans, die schwarze Lederjacke in Kombination mit den schwarzen Turnschuhen und sah allgemein ziemlich ausgehfähig aus.

"Du gehst weg?", stammelte ich deshalb überrumpelt von seinem Anblick und stützte mich haltsuchend am Türrahmen ab.

"Ich treff' mich mit 'nem alten Freund. Ist mal wieder in der Stadt und fragte, ob wir was unternehmen könnten", erklärte er und richtete seine Jacke, ohne mich dabei eines Blickes zu würdigen.

"Kann ich denn nicht mitkommen?", fragte ich freundlich nach und konnte mich, aufgrund seiner Aussage, allmählich ein wenig mehr entspannen.

"Ach, du würdest dich nur langweilen. Wir reden über Rock, Metal und Mathematik. Das interessiert dich doch gar nicht. Ich bleib' eh nicht lange weg", murmelte er, sah dann zu mir und schenkte mir eines von diesen Lächeln, die ich so sehr an ihm liebte.

"Na gut, also dann...Dann wünsch ich dir viel Spaß", erwiderte ich ebenfalls mit einem Lächeln auf den Lippen, auf die ich noch einen kurzen Kuss gedrückt bekam, dann wandt er sich auch schon ab, um die Wohnung zu verlassen. Doch ich hinderte ihn instinktiv daran, zog ihn noch einmal zu mir zurück, sah in seine schwarzen Augen, nahm den süß-herben Geruch seines Aftershaves in mir auf und verwickelte ihn für einige Sekunden in einen leidenschaftlichen Kuss.

Als wir uns schließlich voneinander lösten, sah er mir noch einmal tief in die Augen, dann flüsterte er vorsichtig: "Ich bin spät dran."

Direkt ließ ich ihn lachend los und sah ihm lächelnd nach, bis er die Tür verlassen und leise hinter sich zugezogen hatte.

Auf einmal war es wieder ganz still innerhalb meiner vier Wände. Aber ich wusste, dass Sasuke diese Stille wieder füllen würde, wenn er in wenigen Stunden zurückkäme.

In der Zeit könnte ich mir Gedanken darüber machen, wie ich ihn am späten Abend verwöhnen könnte. Ob nun mit einer Massage, einem guten Essen oder vielleicht einem netten Film, den wir gemeinsam sehen könnten.

Da gab es unendlich viele Möglichkeiten.

Deshalb beschloss ich nun ebenfalls duschen zu gehen und unter dem kalten Wasserstrahl eine Entscheidung zu fällen, die uns beiden gefallen würde.

Also tappste ich zunächst vorfreudig in unser gemeinsames Schlafzimmer und nahm kurzerhand frische Unterwäsche und eine Jogginghose aus dem Schrank heraus. Seit Sasuke hier wohnte, waren meine Klamotten wenigstens immer gewaschen. Zuvor hatte ich den typischen Männerstapel besessen: Sauber, nicht so sauber, geht noch gerade und dreckig.

Mit einem Grinsen stellte ich fest, dass Sasuke tatsächlich neben all der Wärme, die er mir gab, auch noch obendrein Ordnung in das blanke Chaos meiner Wohnung gebracht hatte.

Als ich mich nun umdrehte, um einen kurzen Blick auf das Bild meiner Eltern, das noch immer auf meinem Nachtschrank ruhte, zu riskieren, bemerkte ich mit einem verwunderten Augenschlag, dass Sasuke sein Handy vergessen hatte.

Das sah ihm eigentlich nicht ähnlich. Aber er hatte auf mich - vermutlich durch seinen Zeitdruck - sowieso einen ziemlich aufgescheuchten Eindruck gemacht.

Trotzdem gefiel es mir nicht, dass er ohne sein Mobiltelefon unterwegs war. Das führte nämlich unweigerlich dazu, dass die Sorge um ihn nur noch mehr in mir aufkochte. Dabei war er ein erwachsener Mann und kein kleines Kind mehr. Ich sollte mich nicht so lächerlich aufführen.

Mit einem leisen Seufzen griff ich nun nach seinem Handy, legte meine Klamotten beiseite und setzte mich nachdenklich auf mein Bett. Einige Sekunden betrachtete ich das schwarze Display des Geräts und begann allmählich mit mir selbst zu ringen. Ich konnte nicht leugnen, dass ich neugierig war. Dieser Kerl, mit dem Sasuke heute unterwegs war, hatte doch sicher eine Nachricht hinterlassen. Ich wollte schließlich wissen, mit was für einem Typ Sasuke auf Tour ging. Ob derjenige auch auf ihn Acht geben konnte. Auch darauf, dass er sich nicht wieder komplett dichtlaufen ließ.

Nebenbei lag es ja auch im Bereich des Möglichen, dass ich diese Person ebenfalls kannte.

Außerdem verspürte ich selbst ohne Berücksichtigung der genannten Gründe den Drang in seinen SMS zu lesen. Ich wusste zwar, dass das nicht richtig und letztlich sogar ein Vertrauensmissbrauch war, aber ich machte mir einfach Sorgen. Ich hoffte, darin wenigstens einen Anhaltspunkt zu finden, was in letzter Zeit mit Sasuke los war. Vielleicht ging es einem seiner beiden Elternteile nicht gut? Wahrscheinlich dann seiner Mutter, wenn es ihn so sehr mitnahm. Bei seinem Vater würde er sich vermutlich noch eher freuen.

Und vielleicht gab er sich für die Beschwerden seiner Mutter die Schuld, weil er sie allein gelassen hatte. Das würde einen Sinn ergeben. Und ein derartiges Verhalten sah Sasuke auch ganz ähnlich. Schließlich hatte seine Veränderung kurz nachdem begonnen, als er von Zuhause ausgezogen und zu mir gekommen war.

Mit einem dennoch mulmigen Gefühl öffnete ich nun sein Postfach, klickte einmal kurz die verschiedenen Namen durch und entschied mich letztlich, zunächst die neuste SMS zu lesen, die von einem unbekannten Absender verschickt worden war.
 

Meine Geduld ist allmählich am Ende.

Entweder du kommst heute Abend vorbei

oder die Sache ist gelaufen.

Dann ist der Deal geplatzt.

Und zieh dir was Hübsches an.

Nun, ich will schließlich was zum Auspacken haben.
 

Ungläubig überflogen meine Augen immer wieder den Text, der dort geschrieben stand. Erst glaubte ich, dass die SMS gar nicht für Sasuke bestimmt war. Einfach ein blöder, peinlicher Fehler. Aber je länger ich den Text betrachtete und über den heutigen Abend nachdachte, desto sicherer wurde ich mir, dass es eben doch kein Missverständnis war.

Mein Blick schweifte nun durch das leere Zimmer, während mein Herzschlag plötzlich immer schneller ging. Ich spürte, dass ich zu schwitzen begann, als ich mich abrupt von meinem Bett erhob, das Handy beiseite legte und ruckartig die Schublade von unserem Schrank aufriss.

Was Hübsches anziehen, schoss es mir durch den Kopf und ich begann immer unruhiger in meinen und seinen Sachen zu wühlen.

"Wo ist es? Verdammt, wo ist es?!", sprach ich in Gedanken versunken mit mir selbst, wurde immer stürmischer in meinem Vorgehen und taumelte schließlich langsam zurück, als ich begriff, dass es nicht mehr da war. Das Netzhemd war weg. Das einzige erotische Kleidungsstück, das Sasuke besaß.

"Sowas zieht man doch nicht an, um sich mit einem alten Freund zu treffen", murmelte ich leise und nahm mit wackligen Beinen auf meiner Bettkante Platz.

Die Worte aus dieser SMS hallten nun erneut in meinem Kopf wider.

Was hieß das nun?

Völlig verstört bedeckte ich mein Gesicht mit beiden Händen.

Ich wusste doch ganz genau, was das bedeutete.
 

Seit gut zwanzig Minuten saß ich nun schon in der Küche, hielt ein Glas Wasser fest umklammert, das ich nicht anrührte und biss mir nachdenklich auf die Unterlippe. Ganz still ruhte ich auf meinem Stuhl und regte mich seit mehreren Minuten keinen einzigen Millimeter. Ich war nahezu wie gelähmt.

Denn diese SMS war definitiv kein Missverständnis. Ganz bestimmt nicht.

In dieser Nachricht war von Sex die Rede. Kein Zweifel.

Sex mit jemand anderem.

Mit einer Frau? Oder einem Mann?

Auf jeden Fall betrog er mich.

Egal mit wem.

Kein Zweifel.

Schmerzlich zitternd bemerkte ich, dass mein Biss auf die Unterlippe zu fest wurde. Ich musste ruhig bleiben. Irgendwie.

Ich wollte wissen, wer es war. Warum. Und seit wann.

Also atmete ich ein paar Mal tief durch, sah plötzlich wieder Sasukes lächelndes Gesicht vor meinem geistigen Auge auftauchen und schlug augenblicklich die Hände über dem Kopf zusammen.

Es dauerte ein paar Minuten, bis ich schließlich wieder vollständig meine Fassung zurückerlangt hatte, nun mit trübem Blick die Tischplatte betrachtete und in meinen Erinnerungen nach Anhaltspunkten kramte.

Denn es war von einem Deal die Rede. Und ich wollte wissen, von was für einem.

Ich wollte alles wissen.

Die ganze schmutzige Wahrheit, die ich eigentlich niemals wissen wollte. Weil ich bis heute noch die Hoffnung verspürt hatte, dass es gar kein dreckiges Geheimnis gab vor dem ich mich in meinem Unterbewusstsein stets gefürchtet hatte.

Ich war so naiv.

So blind.

So dumm.

Mit schweren Atemzügen versuchte ich mich zu konzentrieren und ließ die Zeit Revue passieren, seit der ich glaubte, dass Sasuke sich veränderte.

Es begann also alles nach dieser Vertragsgeschichte, bei der er plötzlich nicht mehr so euphorisch reagiert hatte, wie die etlichen Male zuvor. Ich erinnerte mich an das Geld, das er komischerweise als Bonus bekommen hatte.

Und an seine distanzierte Art, die sich insofern äußerte, als dass er mich nicht mehr berühren, aber jede erdenkliche Möglichkeit nutzen wollte, um mit mir zu schlafen. Auch das war mir komisch vorgekommen.

Dann der Ausraster auf der Party, nachdem er Sakura küssen sollte.

Erneut las ich in Gedanken den Text aus dieser SMS und verglich jenen mit meinen Erinnerungen. Angsterfüllt griff ich abermals nach meinem Wasserglas, um an etwas Halt zu finden.

Auch wenn mir in jenem Moment der Boden unter den Füßen entrissen wurde.

Zum wiederholten Mal ging ich meine Erinnerungen durch und stockte plötzlich, als mir der entscheidende Gedanke kam: Betrog er mich für Geld?

Für ein paar miese, lausige Kröten?

Meine Hände begannen zu zittern, als ich daran dachte, wie sehr Sasuke immer von Ruhm und Reichtum geschwärmt hatte. Wie sehr ihm der Trubel um seine Person gefiel. Wie wichtig es ihm war, im Rampenlicht zu stehen.

Hatte er ein unmoralisches Angebot bekommen? Von diesem widerlichen Kerl? Von dem Leiter der Agentur? Erneut sah ich Sasuke wieder herausgeputzt das Haus verlassen.

Aufgrund dieser Nachricht.

Er tat es.

Ich spürte erneut, wie er mich küsste. Sogar mit dem Wissen, dass er mich betrügen würde, näherte er sich mir an. Dieser Gedanke war so ekelhaft, dass mir mit einem Mal bittere Tränen in den Augenwinkeln brannten, während sich mein Magen schmerzlich verkrampfte.

"Du mieses Arschloch", presste ich hervor und hörte im nächsten Moment ein Klirren, als ich das Glas an die Wand mir gegenüber geknallt hatte. Es zersprang in tausend Splitter, machte einen schrecklichen Lärm, aber ich nahm dieses Geräusch, das mich eigentlich wachrütteln sollte, gar nicht mehr bewusst wahr.

"Du mieses, hinterhältiges Arschloch", schrie ich nun unter Tränen auf, wollte aufstehen und das Zimmer verlassen, wurde jedoch von meinen Beinen, die direkt unter mir nachgaben, an meinem Vorhaben gehindert.

Keuchend sank ich auf den Boden nieder, stemmte mich mit den Händen ab und sah die Tropfen meiner Tränen den Untergrund verfärben.

"Tu mir das nicht an", flehte ich ins Nichts hinaus und ballte meine Hände schmerzhaft zu Fäusten, als ich mir vorstellte, wie er bei ihm war.

Dass ihn dieser Mann berühren durfte.

"Tu mir das nicht an...", flüsterte ich ein letztes Mal mit erstickenden Lauten und brach dann vollends in mir zusammen. Schäbig kam ich mir vor, als ich mich so auf dem Boden zusammen kauerte.

Irgendwie hilflos.

Und allein.

Was ich letztendlich auch war.

Ich war dumm und naiv.

Dumm und naiv genug, um zu denken, dass mich Sasuke jemals aufrichtig lieben könnte. Für ihn war ich nicht das, was er für mich war. Ich war nicht alles für ihn. Ihm war das Geld wichtiger, als ich.

Eine unglaublich schmerzhafte Erkenntnis, die ich doch eigentlich schon vor langer Zeit hätte haben können. Nur, weil ich der Wahrheit nicht frühzeitig ins Gesicht sehen wollte, tat es jetzt so sehr weh.

Nein, es hätte immer weh getan.

Zu wissen, dass man betrogen wird, ist schrecklich.

Aber zu wissen, dass man überhaupt nicht geliebt wird, ist noch um einiges unerträglicher.

Dass alles, woran man glaubte, nichts weiter, als eine miese Lüge war.
 

Zwei Stunden später, hatte ich mich schließlich ansatzweise beruhigt und lag nun mit dem letzten Funken Hoffnung zugedeckt in meinem Bett.

Eigentlich wusste ich nicht, worauf ich hoffte. Es war alles viel zu eindeutig. Trotzdem wollte ich es nicht richtig wahr haben. Dass auf einmal alles vorbei sein sollte.

Dass er mich benutzt, schoss es mir durch den Kopf und verleitete mich dazu, die Decke noch ein ganzes Stück höher zu ziehen, um mich vor meinen Gedanken zu verstecken.

Ich wollte darüber nachdenken, wie ich mich ihm gegenüber nun am besten verhalten sollte, doch ich kam nicht mehr dazu, denn plötzlich hörte ich das Klacken der Eingangstür, die geöffnet wurde.

Sofort wurde ich hellhörig, mein Herz schlug fast doppelt so schnell und ich wartete irgendwie auf ein Wunder. Dass er zu mir kommen und glaubwürdig erklären würde, dass das alles nur ein blödes Missverständnis sei. Dass er mich danach umarmen, küssen und mir sagen würde, dass er mich liebt und niemals - für nichts auf der Welt - hintergehen würde.

Doch als nur wenige Sekunden später die Tür zum Badezimmer knallte und kurz darauf das Wasser aufgedreht wurde, war das für mich der letzte Beweis, um zu wissen, dass Wunder nunmal Wunder blieben und die Realität die Realität.

Es würde kein Wunder geschehen.

Ich musste mich jetzt wohl oder übel der Realität stellen.
 

Kaltes Wasser lief nun meinen erhitzten Körper hinab. Kaltes Wasser, das meinen Kopf abkühlen sollte. Kaltes Wasser, das mich die letzten Stunden vergessen lassen sollte.

Aber egal, wie eiskalt das Wasser auch war und völlig egal, wie oft ich mich wusch, ich vergaß nicht. Ich vergaß einfach nicht.

Mit geschlossenen Augen umklammerte ich meinen nackten, bebenden Oberkörper und spürte just in diesem Moment meine eigenen wieder als seine Hände. Als die Hände dieses Mannes, der mich niemals hätte berühren dürfen.

Wehmütig schüttelte ich den Kopf, dann nahm ich das Stück Seife von der Ablage und begann, mich damit einzuseifen. Immer und immer wieder.

Vermutlich war ich in meinem Leben noch nie zuvor so sauber und gleichzeitig so unendlich beschmutzt gewesen. Es war ein schlimmes Gefühl.

Und zwar auf meinem gesamten Körper verteilt. Ein Gefühl und ein Moment, den ich niemals wieder vergessen könnte. Diese Tat war fortan ein Teil von mir. Und von meinem Leben.

Ich hatte mich selbst dazu entschieden diesen Weg zu gehen, um eine bessere Zukunft zu bekommen.

Ich hatte mich freiwillig vergewaltigen lassen, wie ich mit einem bitteren Lächeln feststellte, als ich das Wasser abstellte und zudem den Unterschied zwischen Liebe und blankem Sex in meinem Unterleib pulsieren spürte.

Kurzerhand zog ich das Handtuch hervor, trocknete meine Haare und band es mir schließlich locker um die Hüfte.

Mit vorsichtigen, ja fast ängstlichen Schritten, stellte ich mich letztlich vor den Spiegel und betrachtete mein Gesicht. Das Gesicht eines Mannes, der tatsächlich über Leichen ging, um seine Ziele zu erreichen.

Ich musste so sein, wenn ich im Showgeschäft bestehen wollte.

Ich musste über meine eigene Leiche gehen. Es half nichts.

Schnell griff ich nach meiner Zahnbürste, putzte mir zweimal gut die Zähne, kämmte anschließend meine zerzausten Haare und streifte mir zum Abschluss frische Unterwäsche, sowie ein sauberes Shirt und eine lange, luftige Hose über.

Dann blieb ich jedoch an Ort und Stelle verharren, anstatt das Badezimmer zu verlassen. Weil ich danach direkt zu Naruto gehen würde. Ich würde neben ihm schlafen.

Und davor hatte ich Angst.

Angst, dass er bemerken würde, wie schmutzig ich war. Angst davor, dass ich mich nicht mehr normal verhalten könnte.

Und um ehrlich zu sein hatte ich vor allem große Angst davor, dass er mit mir schlafen wollen würde. Das konnte ich momentan nicht. Weder emotional noch körperlich war ich dazu in der Lage.

Aber ich wusste, dass kein Weg daran vorbeiführte, jetzt zu ihm zu gehen und mir nichts anmerken zu lassen. Und ich wusste ebenfalls, dass ich Naruto jetzt brauchte.

So sehr, dass es mir den Hals zuschnürte.

Ich brauchte seine Nähe. Ich wollte, dass er mich in den Arm nimmt und einfach nur festhält. Damit ich vergessen kann, was ich getan habe. Was passiert ist. Das, was ich doch eigentlich gar nicht wollte. Nicht so. Nicht mit diesem Menschen. Und nicht so lang.

Es war ein naiver Irrglaube gewesen, zu denken, dass ich nach zehn Minuten wieder hätte gehen können. Aber ganz gleich, wie schlimm es gewesen war, denn jetzt war es vorbei.

Wir hatten eine Zukunft. Und zwar eine gemeinsame.

Auch wenn sie auf einer derartigen Tat aufbaute.
 

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Gomen, dass ich im Moment so selten auf Kommis antworte D: Ich gelobe Besserung!!

Angriff ist die beste Verteidigung

An meine Ohren drangen nun die leisen Schritte seiner Füße, die über den Dielenboden direkt zu mir ins Schlafzimmer schlichen. Diese sanften Geräusche erinnerten daran, als würde er über die Erde schweben.

Als wäre er beflügelt.

Aber was für ihn beflügelnd sein mochte, war für mich nichts anderes, als eine tiefsitzende, seelische Qual.

Schließlich hörte ich neben mir wie gewohnt das Bett knarren, spürte wie die Bettdecke zurückgeschoben wurde und regte mich trotzdem - ganz entgegen der Gewohnheit - noch immer keinen Zentimeter. Ich blieb ganz still.

Völlig ungerührt. Wie ein Felsen.

Ein Felsen.

Ich war stark.

Absolut stark.

Normalerweise war das Bett dazu da, um zur Ruhe zu kommen. Um sich zu erholen. Um zu schlafen. Um sich zu lieben. Doch jetzt assoziierte ich mit diesem Gegenstand nichts, mit Ausnahme der fremden Liebe und fragte mich unweigerlich, ob er diesen Mann auch in einem Bett wie diesem geliebt hatte.

Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Mein Gehirn war unmittelbar frei von allem anderen. Nur noch diese Gedanken quälten mich: Wo? Wie lang? Wie intensiv? Mit wie viel Gefühl? Und mit wie vielen Gedanken an mich?

Langsam näherte er sich mir nun an, so dass ich seinen Atem in meinen Ohren widerhallen hörte. So dass ich mir seinen Atem unweigerlich keuchend vorstellte. Dieses Geräusch, das ich selbst doch nur allzu gut von ihm kannte. Doch nun war es nicht durch meine, sondern durch die schmierigen Berührungen von diesem Typen ausgelöst worden. Sasuke zwang mich durch seine bloße Präsenz, mich mit diesen Bildern in meinem Kopf auseinanderzusetzen.

Dadurch, dass er sich anmaßte, sich wieder neben mich zu legen und mir nahe zu kommen.

Er zwang mich, ihn bei einem anderen zu sehen.

Er zwang mich, das alles zu erleben, als sei ich hautnah dabei gewesen.

Er zwang mich, durch die Hölle zu gehen.

Er zwang mich, daraufhin zu schlucken und mir fest auf die Zähne zu beißen, um meine Tränen zu unterdrücken. Ich würde keine einzige Träne vergießen. Keine einzige. Nicht seinetwegen. Ich würde ihm nicht zeigen, wie sehr es mich verletzte. Wie sehr er mir das Herz brach mit dem, was er tat und was er nicht tat.

Dass er jetzt hier neben mir lag.

So, als sei nichts gewesen.

Das war noch das Schlimmste. Dass er ungeniert den Unschuldigen spielte.

Meine Augen begannen feucht zu flattern, als er sich nun an mich drückte und mir zuflüsterte: "Ich hab' dich vermisst."

Lüge.

Du elender Lügner.

Seine Hände wanderten daraufhin meinen Oberkörper entlang, wollten mich umarmen und an diesen Körper ziehen, der mich so schmerzlich betrogen hatte. Der sich mit anderen vergnügte, während er mich ahnungslos zu Hause auf ihn warten ließ. Mich, der ihn aus tiefstem Herzen liebte.

In diesem Moment war mir plötzlich alles egal. Ich sah einfach nur noch rot. Ich konnte das nicht. Um nichts auf der Welt könnte ich das ertragen. So zu tun, als wüsse ich von nichts. Mich ihm anzunähern und gleichzeitig seine Berührungen zu erdulden.

Verdammt, ich konnte das einfach nicht.

Deshalb schlug ich ihn augenblicklich grob von mir, sprang angewidert aus dem Bett auf und schrie holprig in die schwärzliche Dunkelheit: "Fass mich nicht an!"

Dann polterte ich auch schon den Boden entlang, tastete ungeduldig nach dem Lichtschalter, wollte anschließend das Zimmer verlassen, um nach der 'Belohnung' für seine Dienste zu suchen, doch nach einer kurzen Pause brüllte mir Sasuke auch schon mit seinem lauten, aufgebrachten Organ hinterher: "Was soll der Scheiß, Naruto? Du beschissener Idiot!"

Plötzlich war er völlig außer sich. Genauso wie ich.

Aber er hatte keinen Grund, sich aufzuregen.

Trotzdem - entgegen jeglichem Recht und Sinn - war er derjenige, der mich einen Idiot nannte. Er! Er, der mich hinterging, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken und kurz darauf von mir erwartete, dass ich ihn zärtlich in meine Arme schloss.

Und er war es auch, der mir nach allem dreist ins Gesicht log, dass er mich vermisst habe! Was für ein durchtriebenes Arschloch war er eigentlich? Er verspürte keinerlei Reue mir gegenüber. Nicht die Geringste. Machte er sich heimlich lustig über mich? Was war das hier für ein mieses Spiel?

Und welche Rolle spielte ich darin? War ich der unwichtige Bauer auf seinem Schachbrett, auf den man getrost verzichten konnte? Den man opfern durfte? Und er war der König?

Ja, verdammt! Er war immer der König. Es ging immer nur um ihn. Nur um Sasuke. Nur um seine Gefühle. Nur um sein Wohl! Wenn ich dabei auf der Strecke blieb, dann interessierte ihn das nicht die Bohne.

Dieses miese Schwein.

Dieses miese, verlogene, rumhurende Schwein.

Die Wut kochte nun zunehmend in mir auf. Alles, was ich versuchte zu unterdrücken, brodelte hemmungslos nach oben und machte sich inform folgender Worte breit: "Mag sein, dass ich ein Idiot bin. Aber wenigstens bin ich nicht so eine beschissene, geldgeile Schlampe, wie du es bist, Sasuke!"

Dieser Satz hallte nahezu innerhalb der dünnen Wände hin und her. Staute sich auf, wie dicke, schwüle Luft.

Doch es folgte nicht die zu erwartende Stille. Nein, Sasuke antwortetete direkt, so, als habe er längst damit gerechnet, dass dieser Vorwurf irgendwann kommen würde. "Was laberst du da für eine Scheiße?!", schrie er mir völlig außer sich entgegen und als ich mich daraufhin mit vor Wut aufblitzenden Augen ruckartig zu ihm kehrte, stellte ich fest, dass er sich ebenfalls aus dem Bett erhoben hatte und mich vorwurfsvoll musterte.

Verdammter Mistkerl.

Verdammter Lügner.

Verdammte Schlampe!

"Hör' auf damit! Hör' auf mich zu verarschen. Hör' auf, Sasuke! Ich weiß alles! Diese ganze Scheiße, ich weiß sie!", brüllte ich ihm ins Gesicht, spürte dabei, dass mir vor Wut die blanke Röte ins Gesicht stieg, und die Tatsache, dass er nicht einmal im Ansatz schockiert reagierte; dass er keinerlei Einsicht zeigte für seine Tat, ließ mich fuchsteufelswild werden. Meine Adern begannen zu pulsieren. Ich war in meinem Leben noch nie so wütend gewesen.

Noch nie so verletzt.

Noch nie so enttäuscht.

"Ich hab' das verdammt nochmal für uns getan, ja!", rechtfertigte er sich nun, wies dabei mit dem Finger auf mich und brachte damit das Fass endgültig zum Überlaufen. Mit stampfenden Schritten kam ich auf ihn zu, fixierte sein unberührtes Gesicht, das mich nur weiterhin mit kalten, dunklen Augen betrachtete und machte meinem aufgestauten Frust Platz, indem ich ihm mit geballter Faust einen ordentlichen Kinnhaken verpasste.

"Als ob! Das hast du einzig und allein für dich getan, du gottverdammte Hure!", schrie ich hinterher und starrte ihn mit weit aufgerissenen Pupillen an.

Dann war es plötzlich totenstill zwischen uns. Als wäre die Zeit stehen geblieben, betrachtete ich Sasukes Gesicht, das nun leicht zur Seite geneigt war und mir den Anblick seiner Augen verweigerte. Währenddessen hörte ich meinen eigenen, lauten Atem in meinen Ohren widerhallen, spürte meine schmerzende Faust und auch die wackligen Beine auf denen ich stand.

Die Situation war eskaliert. Aber das, was ich getan hatte, tat mir nicht leid. Tat es nicht. Genauso wenig wie es ihm leid tat, dass er mich betrog.

"Wer gibt dir das Recht mich zu schlagen? Wer gibt dir das Recht dazu?", murmelte er nüchtern und hielt sich nun die betroffene Stelle mit einer Hand fest.

Gerade, als ich ebenfalls das Wort erheben wollte, unterbrach er mich bereits: "Du warst doch derjenige, der mir immer gesagt hat, ich solle mehr zeigen und mich mehr zur Schau stellen! Mehr Sexappeal zeigen! Also was beschwerst du dich jetzt im Nachhinein über das Ergebnis, du elender Vollidiot?", schrie er mir mit finsterer Miene entgegen und ich konnte nicht glauben, dass er von dem, was er da von sich gab, tatsächlich selbst überzeugt war.

Dass er auch noch mir die Schuld an allem gab!

"Aber doch nicht, dass du deinen beschissenen Hintern herhalten sollst!", warf ich augenblicklich zornig ein und hätte ihm am liebsten wieder eine reingehauen. Für jedes einzelne, verletzende Wort, das seine Lippen verließ. Diese Lippen, die an Körperstellen gewesen sein mussten, von denen ich lieber nicht wissen wollte.

Noch nie zuvor hatte ich ein deratiges Bedürfnis verspürt jemanden zu verprügeln, wie in diesem Moment. Niemals zuvor hätte ich es für möglich gehalten, dass ich Sasuke überhaupt schlagen würde. Niemals. Alles war anders. Alles im wahrsten Sinne mit einem Schlag vorbei. Endgültig.

"Wenigstens ist mein beschissener Arsch 100.000 Euro wert", murrte er bissig und wandt auf eine derart hochnäsige Art den Blick von mir ab, dass es mir sofort eiskalt den Rücken hinunter lief.

Bei diesem Satz schockweiteten sich meine Augen. Ich hörte diesen Satz immer wieder. Und seinen Klang dabei. Dieser Klang. Dieser Klang war schrecklich. Entschlossen. Ernüchternd. Kränkend.

Mein Körper suchte Halt. Fand ihn schließlich auf dem Bett und verlor postwendend an Anspannung.

"Du bist auch noch stolz drauf...?", fragte ich nun ganz leise, fast benommen nach und konnte ihn gar nicht mehr ansehen. Auf einmal war alles noch viel schlimmer. Das war nicht Sasuke.

Nicht mein Sasuke. Nicht der, den ich so sehr liebte.

Das hier war alles, nur nicht Sasuke.

Das durfte er nicht sein.

Nicht dieses rücksichtslose Monstrum.

Was war nur aus ihm geworden?

Und was war gleichzeitig aus mir geworden?

"Natürlich nicht! Aber ich hab' auch keinen Bock hier mit dir in diesem beschissenen Loch zu vergammeln", schmiss er mir kaltblütig um die Ohren und ich hörte die Abneigung aus seiner Tonlage heraus.

Beschissenes Loch, wiederholte ich gedanklich seine Worte und erinnerte mich daran, dass ich schon vor langer Zeit begriffen hatte, dass ich Sasuke nicht genug bieten konnte.

So dachte er also wirklich über all das hier. Über das Leben mit mir.

Er vergammelte hier. In diesem beschissenen Loch. Das hatte er gesagt. Mit mir. Genauso beschissen.

Als ich darüber nachdachte, schnürte sich plötzlich mein Brustkorb zu. Ich bekam kaum noch Luft. Das tat weh. Es tat verdammt weh, die Wahrheit zu kennen.

Hätte ich ihm mehr bieten können, dann wäre das nicht passiert. Das dachte ich jetzt. Vielleicht war es doch meine Schuld. So wie immer. Nicht gut genug. Sondern zu schlecht. Das war ich immer gewesen.

"Sasuke...Hast du...Hast du, als du dich entschieden hast, auch nur einmal an mich gedacht? Wie ich mich dabei fühle, dass du mich betrügst? Oder hast du mich komplett vergessen?", quälte ich mich selbst zu fragen und traute mich nicht mehr, den Blick zu heben.

Ich wollte sein Gesicht jetzt nicht sehen. Nicht wieder dieses düstere, teilnahmslose Gesicht, das eine Antwort fast überflüssig machte. Denn die Antwort war glasklar.

Und trotzdem hoffte ich wieder.

Weil ich mir damals selbst geschworen hatte, niemals die Hoffnung aufzugeben und an meinem Optimismus festzuhalten. Weil ich sonst nichts hatte. Nichts, außer meine Träume und Wünsche. Doch jetzt half mir mein grenzenloser Optimismus auch nicht mehr weiter. Hier gab es nichts, das man optimistisch betrachten konnte. Gar nichts.

Außer vielleicht die Tatsache, dass ich nicht länger mit einer Lüge leben müsste.

Dabei war es eine so schöne Lüge gewesen. Glauben und hoffen zu können, dass die eigenen Gefühle erwidert werden.

Aber letztendlich blieb es eben doch nicht mehr, als eine Lüge. Das konnte man drehen und wenden wie man will, am Ende kam man doch immer wieder zu dem gleichen Schluss. Mochte jener Glaube an die Liebe in der Vergangenheit auch noch so schön gewesen sein.

Denn davon war nichts geblieben.

Nichts außer Wut, Verzweiflung, Schmerz und vernichtenden Worten.

Es dauerte ein paar Minuten. Ein paar qualvoll lange Minuten, ehe ich mir absolut sicher war, dass wie erwartet keine Antwort mehr folgen würde. Dass die ohnehin überflüssige Bestätigung, wie unwichtig ich ihm war, ausbleiben würde.

"Schon gut, ich versteh' schon", murmelte ich nun ganz leise, fast kleinlaut, erhob mich von meinem Bett, zog lustlos meine Jeans, sowie ein Shirt über und torkelte langsam Richtung Flur. Als wäre ich ein Mann, dem man soeben alles genommen hatte. Alles, wofür es sich lohnte zu existieren. Im Türrahmen hielt ich jedoch noch einmal kurz inne und sagte: "Du bist..."

Das Letzte.

Widerlich.

Schäbig.

Durchtrieben.

Ein durch und durch verlogenes Arschloch.

Aber gleichzeitig auch das Arschloch, das ich so sehr liebe und niemals vergessen könnte. Ich hänge an dir. Und an deinen schmutzigen Gefühlen, wenn du überhaupt jemals welche für mich gehegt hast. Sonst wäre ich doch niemals so ausgerastet.

Dir gehört nunmal mein Herz. Ich gehöre dir mit Leib und Seele und dennoch schmeißt du meine Gefühle für dich einfach in den Dreck. Du behandelst mich, die Person, die dich so viel mehr liebt, als sich selbst, wie Dreck.

Das tut weh, Sasuke. Schrecklich weh.

Aber das weißt du nicht. Und wenn du es weißt, dann ist es dir egal.

Eigentlich war ich dir immer egal, nicht wahr? Hast' dich doch nur aus Mitleid oder Egoismus nicht allein sein zu wollen, mit mir abgegeben.

Mit dem dummen, naiven Naruto kann man's ja machen. Der hat keine Gefühle. Zumindest keine, auf denen man nicht herumtrampeln dürfte.

Dabei hatte ich gedacht, du seist doch anders, als der Rest. Stimmt wohl nicht.

Selbst schuld.

Selbst schuld.

Bist selbst schuld, Naruto.

Ausgelaugt von den ganzen Eindrücken dieses Tages, nahm ich nun meine Jacke von der Garderobe, zog meine Turnschuhe über, warf noch einen letzten Blick auf seine Jacke, in der ich das Geld für seine Dienste vermutete und verließ diese Wohnung, als würde ich nie wieder zurückkehren.

Aber es war auch so. Ich würde niemals wieder so zurückkehren wie zuvor. Denn jetzt wusste ich mir nicht mehr anders zu helfen, als tatsächlich wegzulaufen. Wegzulaufen vor dem Menschen, dem ich noch bis vor ein paar Stunden bis ans Ende der Welt gefolgt wäre.

Mehrere Gassen durchstreifte ich nun auf meinem Weg durch die Dunkelheit, ehe ich an einer beliebigen inne hielt und mich keuchend gegen die Wand lehnte.

Alles, was ich in den letzten Stunden gefühlt und gedacht hatte, schlug plötzlich mit der Wucht eines Platzregens auf mich ein. Ich fühlte mich, als würde mich diese Last erdrücken. Als würde mich das alles, was ich erlebte, langsam aber sicher in den Boden rammen, bis ich irgendwann gänzlich verschwunden wäre.

Bis ich mich selbst verloren hätte.

"Warum hast du das getan, Sasuke?", stammelte ich nun und versank allmählich in blankem Selbstmitleid. "Bin ich dir nicht gut genug?", war das Nächste, was meine zittrigen, trockenen Lippen verließ. Meine Stirn lehnte nun an dieser kalten Mauer, als meine Lider abermals zu flattern begannen, während sein schönes Gesicht vor meinem geistigen Auge auftauchte.

"Du fühlst dich ja noch nicht einmal schlecht dabei, dass du mir das angetan hast", lächelte ich trocken und versuchte die kalte Abendluft tief in meine Lungen zu ziehen, weil mich das ungute Gefühl umgab, als könne ich jeden Moment ganz urplötzlich ersticken.

Haltsuchend stemmte ich meine Hände nun gegen das eiskalte Gemäuer, stützte mich daran ab und wünschte mir, diese Wand könne mich umarmen. Dass sie mich festhalten und davor bewahren könne, durch die Gedanken an meine einzige Liebe auseinander zu brechen.

"Bin ich dir so gleichgültig? Bin ich das? Warum ist das bloß so? Und warum kannst du mir nicht auch so egal sein, wie ich es dir bin? Sag's mir. Du beschissene Hure. Sag's mir", weinte ich nun bittere Tränen und sank langsam an dem Gemäuer herab, bis ich schließlich auf meinen Knien hockte und immer wieder auf diese Wand einschlug, die mir den einzigen Halt gab.

"Das ist doch alles nicht wahr...Ich liebe dich doch...Du...Du...Du mieses...", presste ich weiter hervor und machte mir keinerlei Gedanken mehr darüber, ob mich jemand hörte oder nicht. Ich wollte nur noch, dass dieser Schmerz nachließ. Dieser schreckliche Schmerz, der sich in meiner Brust breitmachte, wie ein Geschwür.

"Ich würd' dir doch alles geben, wenn ich könnte...Aber ich hab' nichts, Sasuke...Ich hab' doch nichts...Gar nichts..."

Völlig verheult drehte ich mich nun langsam auf dem schmutzigen Untergrund, blinzelte ein paar Mal in den Nachthimmel hinein und lehnte meinen Rücken erschöpft gegen die Wand.

"Warum...Warum liebst du mich denn nicht? Warum nicht?", wiederholte ich mit leiser, verlorener Stimme und wünschte mir in jenem Moment einfach nur noch erlöst zu werden.

Jetzt auf der Stelle tot umzufallen. Wenn sich so wahre Liebe anfühlte, wenn sie so schrecklich wehtat, dass man lieber sterben wollte, als weiter diesen Schmerz in der Brust zu ertragen, dann hätte ich mich besser niemals verliebt.

Weil das hier, das war noch viel schlimmer, als allein zu sein.

Das Wichtigste in seinem Leben zu verlieren, fühlte sich tatsächlich an, als würde man geradewegs das Herz aus der Brust gerissen bekommen.

Schwerfällig und mit zusammen gebissenen Zähnen erhob ich mich nun vom Untergrund, wischte mir die heißen Tränen aus dem Gesicht und setzte meinen Körper wieder in Bewegung.

Das war alles ein elender Alptraum. Ein gottverdammter, beschissener Alptraum.

Mit unsicheren Schritten und einem selbstironischen, geschwächten Lächeln auf den Lippen, das mein Gesicht, welches von trüben, tränenüberfluteten Augen und geröteten Wangen, gezeichnet war, in ein seltsam unheimliches Licht stellte.

Wie von Zauberhand wanderten meine Füße nun in Richtung der nächstbesten Kneipe. Trugen mich zu dem einzigen Ort, zu dem ich jetzt noch wollte. Nahezu wie ein Magnet zog mich dieses Gebäude an. Dieses Gebäude, das mir meine Erlösung versprach.

Es heißt doch, dass Liebe wie Krieg ist. Und wenn dem so ist, dann muss ich gestehen, dass du mich erfolgreich zerstört hast, Sasuke.

Und wenn man zerstört ist, dann hat man auch eigentlich nichts mehr zu verlieren.

Man sollte den Moment erkennen, in dem es sich einfach nicht mehr lohnt, zu kämpfen.

Ich hab' immer um dich gekämpft.

Aber allmählich fehlt mir die Kraft.

Ich kann nicht mehr.

Tut mir leid.

Es tut mir leid, Sasuke.

Tut mir leid, dass ich nichts Besseres bin.

Tut mir leid, dass ich nicht mehr Geld habe.

Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr bieten kann.

Tut mir leid, dass ich nicht so wundervoll bin, wie du es bist.

Tut mir leid...Ja, es tut mir ganz einfach leid, dass ich ich bin.

Bitte verzeih' mir.
 

Seit einigen Minuten musterte ich nun schon mein trostloses Spiegelbild und berührte schließlich mit flacher Hand das Glas, das mein Gesicht zeigte.

Während dieser Zeit spürte ich noch immer diesen unangenehmen Schmerz durch meinen Unterleib jagen, wobei mir der in meiner Brust jedoch noch um einiges intensiver erschien.

"Schlampe und Hure hast du mich genannt", sprach ich nun zu mir selbst, als meine Finger allmählich zu wanken begannen. Ich zitterte.

"Schlampe und Hure", wiederholte ich und verschloss nun die Augen vor meinem eigenen Antlitz. Wie konnte er mir so etwas nur sagen? So etwas Vernichtendes.

"Du liebst doch auch nur das, was du siehst", presste ich zähneknirschend hervor, ließ meine Hand wieder sinken und richtete meinen Blick starr geradeaus, um in meine eigenen, schwarzen Augen zu sehen.

"Sonst hättest du mich nicht allein gelassen!", schrie ich von plötzlicher Wut ergriffen auf und spürte einen kalten Schauer durch meinen Körper zucken.

Es war ganz still hier vor lauter Einsamkeit. Nur meine eigene, krächzende Stimme erfüllte diesen Ort mit Leben.

Eine Einsamkeit, die ich momentan nicht ertragen konnte.

Welches Recht hatte er denn, mich zu verurteilen? Er kannte doch meine Beweggründe überhaupt nicht. "Ich hab' das alles nur für dich getan!", tobte ich weiter, rüttelte mit beiden Händen jähzornig am Rand des Wachsbeckens, das trotz meiner Wut nicht nachgab.

"Elender Scheißkerl!", rief ich hinterher und schimpfte mich in Ekstase.

Er hatte kein Recht mich Schlampe zu nennen. Kein Recht! Kein Recht dieser Welt!

Aber ich brauchte ihn eh nicht. Mich hatte es nie gestört allein zu sein. Es war mir egal. Sowas von scheiß egal, was aus ihm wurde. Sollte er doch glücklich werden.

Ich brauchte ihn nicht.

"Du machst mir meinen Traum nicht kaputt", drückte ich nun hervor und starrte die Porzellanschüssel an, an die sich meine Finger klammerten.

"Du nicht!", schrie ich hysterisch hinunter, als könne mich Naruto von dort aus beobachten.

Es war ganz allein seine Schuld, dass ich zu solch einem Menschen geworden war. Es war alles seine Schuld. Er hatte mich zu dem hier gemacht.

Er hatte es so gewollt!

Es war seine Schuld.

Nicht meine.

"Deine Schuld, hörst du?", brüllte ich und fing an zu weinen.
 

Mit einem Ruck kippte ich auch das nächste alkoholische Getränk runter, von dem ich längst wieder vergessen hatte, was es überhaupt war. Aber es war egal, was ich trank.

Vollkommen egal.

Sowas von scheiß egal.

Hauptsache ich trank.

Ich tat es, um zu vergessen, dass es Sasuke überhaupt gab. Oder wenigstens, dass ich Gefühle für ihn hegte. Aber es war zwecklos. Ich konnte meine Liebe zu ihm nicht mit Alkohol abtöten.

Dafür eröffnete mir der Alkoholgehalt allerdings ganz neue, abstruse Gedankengänge.

"Dieser scheiß Orochimaru", dachte ich nun und umfasste mein Glas stärker, als im Hintergrund die Musik lauter aufgedreht wurde, Gelache und Gekreische ertönte, das mich heute nicht mehr mitreißen könnte.

"Den mach' ich fertig. Scheiß Arschloch. Scheiß Wichser. Scheiß Transe", grübelte ich weiter und versuchte Pläne zu schmieden, wie ich mich dafür an ihm rächen könnte, dass er mir Sasuke weggenommen hatte. Aber mir wollte beim besten Willen nichts mehr einfallen. Ich bekam - ganz gleich wie sehr ich mich bemühte - meine Überlegungen einfach nicht zuende gesponnen.

"So ein Mist", murrte ich nun laut, hielt mir die bereits dröhnende Stirn fest und rutschte auf meinem Barhocker leicht unruhig hin und her. Sobald ich wieder nüchtern war, würde ich mir etwas einfallen lassen. Da konnte dieser Kerl Gift drauf nehmen. Ungestraft würde ich ihn sicher nicht davonkommen lassen!

Ich würde ihm zur Not auch seine beschissenen Hände abhacken, damit er Sasuke nicht mehr anpacken konnte! Ein Grinsen folgte, dann wurde ich plötzlich von der Seite angetippt.

Meine Augen wanderten langsam in die Richtung, aus der das Gefühl kam, dann blinzelte ich ein paar Mal für ein klares Sichtfeld und erkannte schließlich eine hübsche Brünette, die neben mir mit einem bezaubernden Lächeln Platz genommen hatte.

"Hey, Süßer", flirtete sie mich mit einem Augenzwinkern an und nippte damenhaft an ihrem Getränk. "Was ziehst du denn für ein Gesicht?", fragte sie weiter, doch ich wandt zunächst wieder den Blick von ihr ab und fragte mich lieber, was Sasuke wohl davon halten würde, wenn ich mit einer anderen Person - noch dazu einer Frau - zu flirten begann.

Meine Hand verkrampfte sich, als ich mir in Erinnerung rief, dass es ihm vermutlich getrost am Arsch vorbei gehen würde, was ich mit wem trieb.

Schließlich war ihm meine ganze Person total egal.

"Na komm: Wollen wir zwei uns nicht gemeinsam ein wenig entspannen?", fuhr sie nun mit ihrem - selbst in meinem Zustand - durchschaubaren Gespräch fort und als ich darauffolgend wieder zu ihr sah, war sie mir noch ein ganzes Stück näher gerückt.

Ich wollte doch einfach nur vergessen. Alles, was heute geschehen war. Wenigstens für ein paar lausige Minuten. Und ich wollte es ihm heimzahlen. Auch wenn es ihn nicht interessierte, wollte ich ihm wenigstens in meinen eigenen Gedanken weh tun. Schließlich blieb Angriff immer noch die beste Verteidigung.

Die Tatsache, dass ich den Namen der Frau nicht kannte, sollte letztlich keine Rolle spielen, denn ich schlief trotz allem in dieser Nacht nicht mit ihr, sondern wie gewohnt mit Sasuke.
 

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Das Kapitel hat mich so einiges an Nerven gekostet xD

Ich hoffe, ihr versteht den letzten Satz korrekt. Aber ich wollt's nicht noch offensichtlicher schreiben^^

Wenn der Traum zum Alptraum wird

Heute war bereits mein erster Tag in dieser Weltagentur, bei der ich gestern einen Vertrag über zwei Jahre unterzeichnet hatte. An diesem Samstagmorgen stand ich mit meiner geschulterten Trainingstasche vor diesem riesigen Gebäude und war schon Feuer und Flamme für diese neue Herausforderung.

Nach einigen Übungsstunden, die ich mit dem Rest der Gruppe verbringen sollte, wäre ich bereit, um bei den ersten Choreos für Musikvideos als Backgroundtänzer eingesetzt zu werden. Das hatte mein Chef zumindest gemeint.

Meine Lippen begannen vor blanker Vorfreude wild zu prickeln, ich griff den Gurt etwas fester und setzte meinen Körper zielstrebig und mit großen Schritten in Richtung Eingangstür in Bewegung.

Als ich diese hell erleuchtete Eingangshalle dieser Agentur betrat, die von nun an mein zweites Zuhause sein würde, war ich voller guter Laune, als ich höflich von meinen Kollegen gegrüßt wurde, die mir zahlreich entgegen kamen. Noch kannte ich keinen von ihnen genauer, aber das würde sich im Laufe der Zeit mit Sicherheit ändern. Ich würde hier neue Freunde finden. Freunde, die meine Interessen vollständig teilten, dabei auf einem Niveau mit mir waren und sich deshalb vom Rest meiner bisherigen Bekanntschaften klar abgrenzten. Die, die hier arbeiteten, waren so etwas wie Seelenverwandte für mich.

Ganz im Gegensatz zu Leuten wie Sakura, Hinata, Kiba oder auch Naruto, die sich bislang meine 'Freunde' schimpften. Dabei verstanden sie mich nicht einmal.

"Guten Morgen", grüßte ich nun förmlich die Dame an der Rezeption, die daraufhin ihren Blick von einigen Unterlagen hob und mir freundlich zulächelte.

"Guten Morgen, Herr Uchiha", erwiderte sie mit einem Nicken und es freute mich, dass sie bereits meinen Namen kannte. Das musste ein gutes Zeichen sein.

Wieder flogen ihre Augen über einige beschriebene Zettel, auf denen vermutlich allerlei Termine standen, und ich wollte gerade fragen, wo es denn hier zu den Umkleidekabinen ginge, da unterbrach sie mich schon: "Herr Orochimaru hat mich gebeten, Ihnen mitzuteilen, dass Sie vor der Probe bitte noch für einen Moment sein Büro aufsuchen mögen. Es geht noch um ein paar Formaliäten."

Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln, da sie meinen Unmut anscheinend deutlich bemerkte, doch es half alles nichts: Allein bei dem Gedanken lief es mir eiskalt den Rücken hinunter. Diesem Mann nach dem, was gestern alles passiert war, hier und jetzt ins Gesicht zu sehen, das ging mir derart gegen den Strich, dass ich augenblicklich hart schlucken musste und das Gefühl hatte, als herrsche in meinem Mund schlagartig eine eiserne Dürre vor.

"Sie werden erwartet, Herr Uchiha", drängte nun die Frau mit einem immer noch freundlichen Klang in der Stimme, entriss mich ganz meinen Gedanken und ich versuchte nur zu lächeln: "Ja, dankeschön."

Dann wandte ich mich auch schon auf der Stelle um, ging ein paar Schritte, direkt in diesen langen Flur, auf dessen Holzboden ich meine Schritte deutlich hören konnte, genauso wie gestern Nacht in der Dunkelheit, als ich mit der Letzte war, der dieses Gebäude verlassen hatte, und hielt einfach die Luft an, als ich am Ende des Ganges schließlich diese verheißungsvolle Tür entdeckte, die mich abermals in sein Zimmer führen sollte.

In dem Moment, als ich anklopfen wollte, schaltete ich meinen Kopf einfach komplett aus. Ich versuchte alles hinter mir zu lassen und ließ keinen einzigen Gedankengang mehr an die gestrigen Ereignisse zu. Vergangenheit war Vergangenheit. Ich wollte meinen Blick in die Zukunft richten.

Doch noch ehe meine Hand auch nur in die Nähe dieser riesigen Holztür kam, zog ich sie auch schon wieder zurück, als ich aus dem Raum Gekicher und Gelache vernahm, das eindeutig zu einer Frau gehörte.

Meine Augen fixierten nun diesen Wegversperrer, dann machte ich auch schon einen Schritt zurück und lehnte mich stützend gegen die Wand, während ich versuchte, nicht auf das Gespräch zu achten.

Ich dachte einfach daran, wie wohl ich mich gleich auf dieser großen Bühne mit den zahlreichen neuen Gesichtern fühlen und dass ich alles geben würde, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Ein vages Lächeln schlich sich nun auf meine Lippen. Mir standen schließlich alle Türen dieser Welt offen und die musste ich bloß entsprechend zu nutzen wissen.

Ein paar Minuten später wurden die Geräusche plötzlich lauter, die Tür vor mir geöffnet und eine sehr glücklich wirkende Frau, die sich gerade ihren Rock glatt strich, kam mit ihren hohen Schuhen aus dem Zimmer geklackert, warf noch eine Kusshand zurück, zog dann die Tür hinter sich zu und ging mit einem anzüglichen Lächeln an mir vorbei.

Mir blieb beinah das Herz stehen, als ich ihr nachsah und beobachtete, wie sie sich voller guter Laune die langen, schwarzen Haare zurückwarf. Egal wie viel Sauerstoff ich darauffolgend in meine Lungen pumpte, ich kam einfach nicht auf den Trichter, warum sie so gut gelaunt war. Es war nicht zu übersehen, dass das kein normales Gespräch von einem Angestellten zu seinem Chef gewesen sein konnte und trotzdem schien diese Frau das nicht einmal im Ansatz zu stören. Warum nicht?

Wieder suchten mich meine eigenen Erfahrungen heim und ließen die ganze Situation nur noch paradoxer für mich erscheinen. Darüber konnte man sich einfach nicht freuen. Das ging nicht. Das ging doch nicht.

Schwerfällig klammerten sich meine Finger nun an dem Gurt der Tasche fest, ich schüttelte einmal kräftig den Kopf, dann stürmte ich los und knallte die Tür auf, ohne mich vorher anzukündigen.

Mit schweren Atemzügen stand ich nun innerhalb dieses Türrahmens und hätte mich am liebsten noch im selben Moment wieder umgedreht, als ich direkt in die stechend grünen Augen dieses Mannes sah, der nur wenige Meter entfernt von mir an seinem Tisch saß und wie gewohnt die Beine übereinander schlug.

"Da sind Sie ja, Herr Uchiha", murmelte Orochimaru, der sich weniger daran zu stören schien, dass ich einfach ungebeten hereinplatzte, während mich diese gespielte Förmlichkeit, die doch nichts, aber auch rein gar nichts mehr zu bedeuten hatte, zur blanken Weißglut trieb.

Dieser Mistkerl siezte und duzte mich ganz nach Belieben. Wie es ihm gerade passte. Wie es die Situation anbot. Meine Augenbrauen zogen sich langsam zusammen, als ich den Kopf leicht neigte, dann seine Bitte empfing, dass ich mich setzen sollte, ließ deshalb die Tür ins Schloss fallen und schritt geneigten Hauptes direkt auf ihn zu, nahm Platz und spürte wieder diesen - seinen - Geruch in meine Nase aufsteigen.

"Was hast du denn mit deinem Gesicht gemacht?", fragte er nun mit dieser übertriebenen Besorgnis nach und hob schamlos mein Kinn an, damit ich in sein schief grinsendes Gesicht sehen musste. "Hast du dich etwa geprügelt? Das schickt sich aber nicht für eine angehende Berühmtheit. Sei froh, dass du kein Model bist. Sonst wäre das ein Kündigungsgrund", lächelte er ironisch und nahm seine Hand wieder von meinem Gesicht.

In diesem Moment erinnerte ich mich wieder an den Augenblick, als mir Naruto eine runtergehauen hatte und spürte postwendend den Schmerz durch die betroffene Stelle pulsieren. Als wolle sie nicht, dass ich den Menschen vergessen konnte, der mich geschlagen hatte.

"Du bist wirklich nicht sehr gesprächig, Sasuke", lachte er einige Sekunden darauf und fuhr direkt fort: "Nun, dann kommen wir sofort wieder zum Geschäftlichen: Du wirst von nun an jeden Tag - außer Sonntags - von 17-20 Uhr an den Proben teilnehmen. Samstags erscheinst du spätestens um 12 Uhr und trainierst mit den anderen bis ungefähr 18 Uhr. In vier Wochen werden wir sehen, wie du dich weiterentwickelt hast und für was wir dich einsetzen können. Diese vier Wochen sind für mich viel mehr eine Probezeit, in der ich dich jeder Zeit entlassen kann. Für dich ist der Vertrag jedoch verbindlich. Aber das hast du ja sicherlich alles gestern schon gelesen, nicht wahr?"

Ich nickte einmal kurz, dann sprach er weiter: "Na, bitte. Dann wäre das ja schon mal geklärt. Aber was schleppst du da eigentlich für eine Tasche mit dir herum?"

Daraufhin hob ich meinen Blick, sah, dass er sich eine Zigarette anzündete und erhob kurz das Wort: "Da ist meine Sportkleidung drin."

Nach diesem Satz zog er einmal kräftig an seinem Zigarettenstengel, blies die Luft zur Seite hinaus und musterte mich dann erneut mit diesem stechenden Blick. "Nun ja, die wirst du hier nicht brauchen. Unsere Tänzer tragen Einheitskleidung", sprach er und öffnete anschließend eine der Schubladen von seinem Schreibtisch, in der er sogleich zu wühlen begann.

In diesen Sekunden, die er brauchte, um die Tüte herauszunehmen und sie mir auf den Tisch zu legen, wanderten meine Augen in diesem Zimmer umher und betrachteten für einen deutlich längeren Augenblick die schwarze Ledercouchgarnitur, die an der linken Wand neben einer Reihe an Bücherregalen mit darin befindlichen Akten stand, weshalb mich urplötzlich wieder das dringende Bedürfnis ereilte jetzt auf der Stelle zu duschen.

"Das wirst zu tragen", meldete sich Orochimaru schließlich wieder zu Wort und ich richtete direkt meinen Blick auf die Tüte, die vor meinen Augen lag, nahm sie zur Hand und stellte nun die Frage, die mir schon seit dem Betreten der Agentur auf den Lippen lag: "Wo geht es denn zu den Umkleiden?"

Als keine Antwort folgte, sah ich noch einmal auf und erblickte dieses schelmisch grinsende Gesicht, das leicht von der rechten Hand gestützt wurde, während der Qualm von der Zigarette aufstieg und eine kleine Rauchwolke über diesem Mann bildete, der für mich dadurch zu einer Art Geist mutierte.

"Schon gut. Du kannst dich hier umziehen."
 

Zwanzig Minuten später befand ich mich in einem großen Trainingsraum, mit einem Spiegel vor mir, der die komplette Wand bedeckte und versuchte mich auf die Worte meines neuen Tanzlehrers zu konzentrieren, der mir gerade den Rest der Gruppe vorstellte und mir die ersten Schritte beizubringen versuchte. Schritte, die mit meinem geliebten Break Dance relativ wenig gemein hatten. Aber das hatte ich auch schon vorher gewusst, dass ich mir die Art zu tanzen nicht mehr aussuchen könnte.

Obwohl ich mich wirklich auf mein erstes Training freute und noch immer das Ziel verfolgte, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen, war ich mit meinen Gedanken gerade völlig woanders.

Sie kreisten immer noch um diese kürzlich vorgefallene Situation. Allein darüber nachzudenken brachte mich schon dazu, mit der rechten Hand eine schmerzende Faust zu ballen.

Dieses elende Drecksschwein.

Die ganze Zeit, während ich mich umzog, hatte ich in jeder Sekunde damit gerechnet, dass er im nächsten Moment neben mir stehen und seine dreckigen Hände an mich legen würde. Jede Sekunde hatte ich gezittert, dass ich alles noch einmal erleben müsste. Und als ob er meine Angst und Qual, nicht zu wissen, was geschehen würde, gespürt hätte, hatte er nichts dergleichen getan. Er hatte einfach nur dagesessen und mich beobachtet.

Dieses widerliche Drecksschwein.

"Hörst du mir überhaupt zu, Sasuke?", hakte nun mein Tanzlehrer Kabuto mit erhobener Stimme nach und hatte - wie ich beim Aufsehen bemerkte - beide Hände angesäuert in die Hüfte gestemmt.

"Ich kann das gar nicht ab, wenn ich alles doppelt und dreifach erzählen muss", grummelte er und der Rest der Gruppe lachte kurz auf, so, als sei es nicht das erste Mal, dass man seinen Worten kein Gehör schenkte.

"Ja, tut mir leid. Bin noch nervös", entschuldigte ich mich halbherzig und begann nun die verschiedenen Gesichter zu mustern, die ebenfalls alle in meine Richtung schielten. Innerhalb der Gruppe herrschte eine gute Mischung zwischen Männern und Frauen vor. Wobei alle die gleiche Kleidung trugen: knielange Hosen, Turnschuhe und eng anliegende Shirts, wobei die der Frauen bauchfrei waren. Alles in einem schlichten schwarz gehalten.

Dabei fiel mir allerdings auf, dass nur eine Hand voll Männer die Beine rasiert hatten und der Rest nicht. Mein Tanzlehrer gehörte zum Beispiel zu den Unrasierten, wobei ein junger Mann neben mir spiegelglatte Beine besaß. Ich verstand das nicht. Hier herrschte keine Einheit vor. Und von einem neuen Trend, dass man sich als Mann neuerdings die Beine rasierte, hatte ich auch noch nicht gehört. Zumindest kannte ich keinen Typ, der das tat. Und hier fanden sich direkt mehrere ein.

Ein wirklich merkwürdiger Anblick.

Ein theatralisches Seufzen entfuhr Kabuto nun, als er merkte, dass meine Aufmerksamkeit abermals nicht ihm galt, dann meinte er: "Wie auch immer. Versuch' einfach meinen Bewegungen zu folgen und streng' dich ein bisschen an. Der Chef will die Ergebnisse später sehen. Und glaub' mir, du willst nicht, dass er unzufrieden ist, sonst sitzen wir zur Not auch noch bis in die späte Nacht hier."

Ein leises Gackern ging durch die Runde, dann klatschte Kabuto einmal in die Hände, was mich irgendwie an meine Zeit bei Kakashi erinnerte, dann ging der Unterricht auch schon mit erbarmungslosem Tempo los und sollte mir für die nächsten drei Stunden keine einzige Pause gönnen.

Trotzdem machte mir das nichts aus. Endlich konnte ich wieder ganz in meinem Element sein. Das Tanzen ließ mich alles vergessen. Es ging mir einfach gut dabei. Völlig egal, was ich tanzte. Es kam nur darauf an, dass ich meinen Körper bewegte. Und zwar rhythmisch, mit schwierigen Bewegungsabfolgen und zu passender Musik.

In dieser Zeit bemerkte ich überhaupt nicht, dass uns schließlich ein weiterer Gast beiwohnte, der uns alle mit kritischen Blicken musterte.

Dann stoppte plötzlich die Musik, weshalb ich abrupt inne hielt, meinen schweren Atemzügen lauschte, den Schweiß von meiner Haut perlen spürte und mich dabei einfach nur wohl fühlte. Dieses Gefühl nach getaner Arbeit war jedes Mal atemberaubend.

"Sehr gut. Ganz ausgezeichnet", ertönte nun die altbekannte Stimme und ließ mit ihrem Klang augenblicklich meine gute Laune verpuffen. "Besonders du, Emily, du machst ganz besonders große Fortschritte", lobte er eines der Mädchen und durch einen kurzen Blick in die Runde, erkannte ich, dass es sich bei Besagter nur um das Mädchen mit dem braunen Pferdeschwanz handeln konnte, dem bei diesen Worten geradewegs die Schamesröte ins Gesicht stieg. Sie schien ganz verlegen zu sein, wobei ihr das blonde Mädchen zu ihrer Rechten anerkennend eine Hand auf die Schulter legte.

"Dann wünsche ich euch einen angenehmen Feierabend. Für heute ist Schluss", verkündete nun Kabuto feierlich, der sich von allen am meisten zu freuen schien und gerade, als ich ebenfalls mein Handtuch nehmen wollte, um den anderen in die Dusche zu folgen, ermahnte mich plötzlich wieder diese Stimme, die ich so sehr hasste: "Augenblick, Herr Uchiha. Hätten Sie noch einen Moment?"

Abrupt stellte ich alles, was ich tun wollte, ein und wandte mich zu diesem Menschen, der dort auf der Bank saß und mich beobachtete, während der Rest allmählich den Raum verließ.

"Der Chef ist bei Neulingen immer besonders fürsorglich", tuschelten nun die Mädchen miteinander, kicherten und warfen mir ein paar Blicke zu, die mir eine Gänsehaut bereiteten. Als ob sie genau wüssten, was hier hinter verschlossenen Türen vor sich ging.

"Gut gemacht, Sasuke. Für das erste Mal war das wirklich beeindruckend, wie du dem ganzen Geschehen folgen konntest", klopfte mir nun noch einmal kurz Kabuto auf die Schulter, dann hörte ich abermals die Tür klacken, als auch er schließlich das Trainingszimmer verlassen hatte und mich allein mit diesem Monstrum zurückließ.

"Für den Anfang war das wirklich nicht schlecht", griff Orochimaru nun Kabutos Lob auf und lehnte sich lässig mit dem Rücken gegen die Wand.

"Hat sich also doch gelohnt, dir eine zweite Chance zu geben, wie du verlangt hast. Aber dir passieren trotzdem immer wieder kleine Patzer. Zeig' mir nochmal den ersten Teil der Choreographie, dann kann ich dir sagen, worauf du demnächst genauer achten solltest", murmelte er, gestikulierte ein wenig mit seiner linken Hand und wartete nun geduldig darauf, dass ich zu tanzen beginnen würde.

Normalerweise war das üblich und besonders hilfreich, wenn der Experte - und Orochimaru war definitiv einer - den Schülern Tipps gab. Aber das hier, das erinnerte mich viel mehr an eine Vorstellung, die ich ganz zu seiner Freude geben musste. Dass ich alleine für ihn tanzen sollte, kotzte mich an.

Es kotzte mich so sehr an.

Trotzdem - und was blieb mir auch anderes übrig - tat ich wie mir geheißen und vollführte die Schritte, die ich mir von diesem Tag gemerkt hatte. Ich zeigte alle sauber hintereinander weg und konzentrierte mich dabei vollkommen auf die Bewegungen meines Körpers.

"Stop", unterbrach Orochimaru nun und ich brach die Bewegung abrupt ab. "Nochmal", wies er an und ich folgte auch diesem Befehl, ehe er kurze Zeit später wieder: "Stop", sagte und sich mit diesem Wort auch von der Bank erhob.

Langsam kam er mir näher und mit jedem Schritt pulsierte mein Herz heftiger in meiner Brust. Als trage er ein Messer bei sich, das er mir zuversichtlich direkt in die Magengegend rammen würde, sobald er mich erreiche.

Aber natürlich war das kompletter Schwachsinn.

Die Realität war noch viel schlimmer.

Mein Chef stand nun direkt hinter mir. Zumindest glaubte ich das, denn seine Bewegungen hatte ich nicht beobachtet. Ich erblickte ihn lediglich nicht mehr und hörte auch nicht mehr dieses Geräusch von Schritten, die immer näher kamen.

"Du musst mehr auf deine Körperspannung achten. Du hängst durch", tadelte er mich nun und im nächsten Moment lag seine rechte Hand auch schon auf meinem Bauch, während seine linke gegen meine Schulter drückte und mich so in eine andere Position manövrierte. Jetzt stand ich vollkommen gerade, spannte meine Muskulatur an und hatte das Gefühl, dass mir vor Angst und Aufregung das Herz in der Brust zerreißen würde.

"Genau so", pflichtete mir Orochimaru nun bei und ließ seine linke Hand meinen Körper entlangwandern, bis sie schließlich an meinem Bein inne hielt, mich näher an ihn presste und leicht meinen Oberschenkel streichelte.

In dem Moment, als das geschah, wollte ich mich umdrehen und ihm mitten ins Gesicht schlagen. Ich wollte ihm mit voller Wucht zwischen die Beine treten. Ich wollte schreien. Ich wollte weglaufen und nie wieder kommen. Aber alles was ich tat, war, die Zähne zusammenzubeißen, die Augen zu schließen und zu hoffen, dass es schnell wieder vorbei wäre. Dass ich alles ausblenden könnte, was abermals mit mir geschehen würde.

"Ich würde sagen, du gehst jetzt duschen und anschließend kommst du in mein Büro, um mir für meine Tipps zu danken. Was hältst du davon?", fragte er rhetorisch und nahm seine Hände vorerst wieder von meinem Körper.

Wieder hörte ich Schritte, die über den Boden schleiften und sich langsam von mir entfernten. "Ich warte auf dich, Sasuke", meinte er noch, dann fiel die Tür abermals ins Schloss und ich bemerkte, dass meine Unterlippe vor lauter Angst erzitterte.

Schwerfällig keuchend rang ich nach Luft.

Es war überhaupt nichts vorbei.

Das hier war fortan ein Teil meines Jobs.
 

Stunden nachdem ich in einer fremden Wohnung, einem fremden Bett und neben einer fremden Frau aufgewacht war, stand ich schließlich vor diesem riesigen Gebäude, das zum Großteil aus Glas bestand und nicht zum Ort all meiner Träume, sondern all meiner Alpträume geworden war.

Mit zu Schlitzen verengten Augen blinzelte ich der Sonne entgegen, versuchte das Ende dieses Hauses auszumachen und fragte mich plötzlich, was wohl im Verborgenen in all diesen Räumen vor sich ging, von dem kein Außenstehender etwas wusste.

Eigentlich hatte ich überhaupt keinen Plan, was ich sagen oder diesem Mann überhaupt vorwerfen wollte, sobald ich vor ihm in seinem großen, teuren Büro stünde.

Einfach meiner Wut Platz machen und ihm alles Mögliche an den Kopf knallen - das war mein Plan. Für andere Überlegungen war überhaupt keine Zeit gewesen. Schließlich war ich direkt nach dem Aufwachen wie von der Tarantel gestochen hierher marschiert und stand nun schon seit geschlagenen zehn Minuten vor dieser Eingangstür und hoffte anscheinend auf eine Art Eingebung, wie ich diesem Kerl so richtig die Leviten lesen könnte.

"Scheiß drauf", grummelte ich der Tür entgegen und setzte meine Beine wutentbrannt in Bewegung, als wäre diese Tür mein einziger Gegner, den ich bezwingen musste, um alles was passiert war wieder ungeschehen zu machen.

Schnaubend stand ich nun in der Eingangshalle, machte die ganzen fröhlichen Gesichter zu meiner Linken und Rechten aus, wurde durch ihre aufgesetzte Freude nur noch rasender vor Wut und fokussierte die Rezeption, die ich sofort umwegslos mit großen Schritten ansteuerte.

"Guten Tag. Kann ich Ihnen behilflich-", begann diese ahnungslose Frau freundlich mit ihrem falschen Lächeln auf den Lippen und brachte das Fass beinahe zum Überkochen. "Wo geht's hier zum Büro des Chefs?", unterbrach ich sie mit erhobener Stimme und konnte mich gerade noch zügeln mit der flachen Hand auf den Tresen zu schlagen.

"Sie müssen einfach nur dem Gang dort links folgen. Die letzte Tür ist das Büro von Herrn Orochimaru, aber Sie brauchen zunächst einen-", begann sie, doch ich hatte mich bereits von ihr abgewandt und stürmte im Schnellschritt in Richtung Büro von diesem Ekelpaket.

"Moment! Sie können da nicht einfach so rein!", schrie mir die Frau hilflos hinterher, weshalb um mich herum das Gemurmel lauter wurde, das ich eh nur noch mit einem Ohr wahr nahm. In diesem Moment war mir einfach alles egal. Ich stampfte den langen Flur entlang, nahm die letzte Tür ins Visier und öffnete sie mit einem lauten Knall.

Das Erste, was ich darauffolgend erblickte, war dieser Mann, der dort an seinem Schreibtisch lungerte, genüsslich an seiner Zigarette zog und von meinem Auftritt gänzlich unbeeindruckt zu sein schien.

"Ach, ja sieh' mal einer an: Sie kenne ich doch! Naruto Uzumaki, nicht wahr? Sind Sie hier um endlich den Vertrag zu unterschreiben oder was führt Sie in mein Büro?", lächelte er mir kackendreist zwischen seinem Zigarettenqualm entgegen und schlug der Ruhe selbst die Beine übereinander, während ich vor kochender Wut und mit zusammengebissenen Zähnen im Türrahmen stand, hinter mir das Gepolter von Schritten, sowie laute Männerstimmen vernahm, aber einfach nur noch Augen für dieses widerliche Gesicht hatte, das sich mir mit einem breiten, selbstgefälligen Grinsen präsentierte.

"Oder sind Sie etwa hier, um mir ein äußerst verlockendes Angebot zu unterbreiten?", lachte er nun, schien den Braten für mein Auftreten also längst gerochen zu haben, und schürte meinen Zorn nur weiter bis ins Unermessliche.

"Mieses Drecksschwein!", schrie ich lauthals, preschte über den Boden hinweg, holte mit voller Wucht aus, um diesem Mistkerl sein Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen, doch noch ehe ich ihn erreichen konnte, wurde ich plötzlich von hinten festgehalten und rücksichtslos zurückgezogen.

"Aber, aber. Was regst du dich denn so auf?", fing er nun im freundschaftlichen Plauderton an und lehnte sich zu allem Überdruss auch noch gemütlich in seinem Sessel zurück, während mir die zwei Männer beinah die Arme brochen, als sie mich umklammert hielten.

"Lasst mich los!", schrie ich fuchsteufelswild, strampelte umher, versuchte mich vergeblich aus dem festen Griff zu befreien und wollte in jenem Moment diesen Kerl mir gegenüber am liebsten totschlagen, damit ihm endlich sein mieses, selbstsicheres Lachen verginge.

"Mieser Scheißkerl! Lass gefälligst deine Finger von Sasuke!", tobte ich weiter, holte aus und trat mit voller Wucht mit meinen freien Beinen den Stuhl vor mir zur Seite, so dass jener krachend zu Boden ging.

"Beruhig' dich doch erstmal. Meine Güte, wir sind doch beide erwachsene Männer, oder nicht?", schmunzelte er, machte einen Wink mit der Hand, dann stellte einer der beiden Männer auch schon den Stuhl auf, den ich soeben niedergekickt hatte, während mich der andere an den Schultern nach unten drückte, so dass ich gezwungen war, mich zu setzen.

Erst jetzt, wo ich allmählich ein wenig zur Ruhe kam, wurde mir wirklich bewusst, wie viel Adrenalin mein Körper ausgeschüttet hatte: Ich zitterte vor blanker Wut am ganzen Leib, mein Gesicht brannte vor lauter Hitze, während mir der Schweiß den Nacken hinab lief und ich meine Zähne zusammenbeißen musste, damit meine Unterlippe nicht zu beben begann.

"Nun, ich dachte mir schon, dass du seinetwegen hier bist. Aber dass du gleich derart die Fassung verlierst, das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Ich meine, für einen guten Freund. Geht dich ja eigentlich nichts an, was er macht. Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Also ist da mehr zwischen euch? Das würde zumindest erklären, warum dein Name das Einzige war, was über seine Lippen kam", analysierte er mit gespieltem Interesse die Situation und zog noch einmal kräftig an seiner Zigarette.

Neben mir begannen die Männer nun zu husten und mir ihre Präsenz in Erinnerung zu rufen. Ich kam mir hier, auf diesen Stuhl gepresst, während ich den Worten dieses Mannes lauschen musste, plötzlich so klein vor, so dass ich ihm gar nicht mehr richtig zuhörte. Ich nahm dieses Gespräch nur noch mit einem Ohr wahr und versuchte mich auf eine regelmäßige Atmung zu konzentrieren, damit ich nicht Gefahr lief auf einmal das Bewusstsein zu verlieren.

"Oder bist du etwa sogar eifersüchtig, dass Sasuke jetzt auf der Überholspur an dir vorbeizieht und bist deshalb gekommen, um mir ein ebenso verlockendes Angebot zu machen, wie er es getan hat?", fragte er nun nach und im Laufe dieses Satzes wurden meine Augen ganz plötzlich mindestens doppelt so groß.

Ohne darauf vorbereitet gewesen zu sein, wurde mein anfänglicher Glauben über Bord geworfen: Dieses Angebot war von Sasuke ausgegangen?

Das konnte nicht sein. Das konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen.

So etwas würde er nicht tun.

Würde er doch nicht, oder?

Als ich genauer darüber nachdachte, wurde mein Blick allmählich von einer leichten Trübe erfasst und ich kam mir nur noch bescheuerter in meiner momentanen Situation vor. Darüber, dass er dieses Angebot gemacht und nicht bekommen haben könnte, hatte ich bislang überhaupt noch nicht nachgedacht.

"So ein Quatsch. Sie haben ihn dazu gezwungen. Mit dem ganzen Geld", sagte ich ziemlich unsicher und konnte dabei meinen eigenen Worten kaum noch Glauben schenken. Die Annahme, dass ich mich lächerlich machte, bestätigte sich mir nun ein weiteres Mal, als Orochimaru plötzlich ungehalten anfing zu lachen.

"Warum sollte ich das bitte tun? Glaub' mir, ich hab' genug Geld, um mir Besseres zu leisten. Eigentlich hatte ich nur Mileid mit dem Jungen, weil er auf mich so verzweifelt wirkte. Aber ich bin natürlich auch kein Samariter, der alles völlig uneigennützig tun kann. Und ich kann auch nicht bestreiten, dass Sasuke eine gewisse Attraktivität besitzt. Das verstehst du doch, oder?", lächelte er mir entgegen und ich fragte mich, was dieser Mann für einen Grund haben sollte, mich zu belügen. Für ihn war es doch völlig irrelevant, ob das Angebot von ihm oder von Sasuke ausging.

Nur für mich nicht.

Für mich war die Tatsache, dass Sasuke diesen Vorschlag gemacht hatte, noch um Meilen schlimmer. So schlimm, dass ich den Rest seiner Worte einfach verdrängte.

Nach diesen - für mich so vernichtenden - Worten, fühlte ich mich postwendend wie ausgelaugt. Mein Körper war mit einem Mal völlig kraftlos und ich wollte einfach nur noch weg.

Ich ertrug das alles nicht mehr.

"Wie auch immer. Dieses Gespräch bleibt innerhalb dieser vier Wände. Hast du verstanden? Ansonsten hast du morgen eine Klage wegen Belästigung und versuchter körperlicher Nötigung am Hals. Und glaub' mir, das willst du alles nicht. Außer du hast vor, das Schmerzensgeld noch in zehn Jahren an mich abzubezahlen. Meine Möglichkeiten sind da grenzenlos, lass dir das gesagt sein. Und ich mache keine Witze. Guten Tag", murmelte dieser Mann nun zum Abschied, drehte sich mit seinem Stuhl von mir weg und sah aus seinem Fenster heraus, während mich diese Männer erneut packten und mich wie einen räudigen Hund aus seinem Büro herausschleiften.

Alle Blicke ruhten tuschelnd auf mir, als ich von diesen Schränken, die direkt aus einem Film entnommen sein könnten, schließlich vor die Tür geworfen wurde.

Draußen nahm ich, nachdem ich einige Sekunden nur reglos in der Gegend herumgestanden hatte, letztlich mit schlurfenden, kraftlosen Schritten auf der nächsten Bank Platz und ließ den Kopf hängen. Meine anfängliche Wut und mein Euphorismus, diesen Kerl fertig zu machen, war plötzlich wie verflogen.

Nur mein Groll gegen Sasuke, an dem hatte sich nichts geändert. Wenn überhaupt war er mit dieser Aktion nur noch weiter gewachsen.

"Ich hasse dich", murmelte ich nun leise vor mich hin und versuchte mich wieder an die Worte dieses Geschäftsmannes zu erinneren. "Wenigstens verschwendest du noch einen einzigen Gedanken an mich, während du mit einem anderen Mann schläfst", flüsterte ich zu mir selbst mit einem vagen, bröckelnden Lächeln auf den Lippen und hielt mir die Haare aus dem Gesicht.

War diese Tatsache überhaupt gut oder schlecht? Eigentlich machte er sich damit doch nur noch mehr lustig über mich. Das machte er doch immer.

Wieder spürte ich diesen ziehenden Schmerz in meiner Brust und ich war mir sicher, dass das alles so nicht weitergehen konnte. Ich musste mit jemandem sprechen. Und vor allem wollte ich jetzt nicht wieder nach Hause. Weil ich schon ahnte, wer dort mit noch mehr blöden Sprüchen und Beleidigungen auf mich warten würde. Und dieses Mal - sollte es wieder so sein - könnte ich für nichts mehr garantieren.

Vielleicht würde ich ihn dieses Mal sogar richtig zusammenschlagen. Wenn die Wut durch seine vernichtenden Worte erst einmal wieder in mir aufstieg.

Ich wollte es nicht drauf ankommen lassen. Dafür kannte ich Sasuke zu gut. Ich wusste, wie verletzend er sein konnte. Daran fand er einfach Gefallen.

Nur mit dem Unterschied, dass ich dieses Mal anders reagieren würde, als sonst.

Seufzend zog ich nun mein Handy aus der Hosentasche und ging die verschiedenen Nummern durch. Eigentlich standen nur drei Personen zur Auswahl mit denen ich über dieses Problem sprechen konnte: Itachi - da könnte ich mir auch gleich die Kugel geben -, Hinata - die ich eigentlich nicht mit meinen Beziehungsproblemen belästigen wollte - und Sakura. Sakura wäre mit ihrer lebhaften und aufbrausenden Art vielleicht gerade genau das Richtige. Sie hätte bestimmt Verständnis und würde meine Wut teilen, so dass ich so richtig in Fahrt käme und den ganzen Scheiß endlich einmal rauslassen könnte. Ihr würde bestimmt etwas Gutes einfallen, um mich von allem abzulenken.

Kaum gedacht, hatte ich auch schon ihre Nummer gewählt und wartete darauf, dass sie endlich den Hörer abhob. Es klingelte und klingelte, doch nach rund dreißig Sekunden ging lediglich die Mailbox ran, die ich auch sogleich wieder wegdrückte.

War ja klar. Warum sollte ich auch bloß ein einziges Mal in meinem Leben Glück haben?

Dann blieb also doch nur Hinata als Alternative. Ich wusste, dass das absolut egoistisch war und sie, weil ich von ihren Gefühlen für mich ja wusste, sicher nicht der beste Ansprechpartner war, um über meine Gefühle für Sasuke zu sprechen, aber momentan fiel mir einfach nichts anderes ein. Ich wollte nur einfach nicht mehr allein mit meinem Schmerz sein. Ich ertrug das einfach nicht mehr länger.

"Ja?", kam es auch schon schüchtern wie eh und je aus dem Hörer, als ich unterbewusst bereits ihre Nummer eingetippt hatte und ich brabbelte nur verlegen: "Ähm, hallo Hinata. Naruto hier. Hast du...Hast du eventuell Zeit für ein...Gespräch?"

Als ich davon zu sprechen begann, spürte ich selbst, wie die Gefühle in mir wieder aufschäumten, weshalb meine Tonlage gegen Ende immer brüchiger und leiser wurde. Zurecht animiert fragte Hinata deshalb nach: "Ist etwas passiert, Naruto?"

Einen Moment holte ich tief Luft, versuchte die aufkommenden Tränen aus den Augenwinkeln zu blinzeln und meine Beherrschung zurückzuerlangen.

"Ich...Ja...Aber ich kann das nicht am Telefon erklären", stammelte ich in den Hörer hinein und kam mir vor, wie ein kleines, weinerliches Kind.

Ich wollte doch stark sein. Aber ich konnte einfach nicht. Dafür tat es viel zu sehr weh.

"Dann komm' einfach vorbei. Ich hab' ganz viel Zeit für dich", schlug Hinata vor und ich erkannte anhand von ihrer Stimmlage, dass sie dabei sanft lächelte. Und ich wusste, dass dieses Lächeln ernst gemeint war und zudem mir galt. Ganz im Gegensatz zu diesen zahlreichen falschen Lächeln in der Agentur, die mich beinah um den Verstand gebracht hatten.

Hinata gab mir Kraft.

"Ich...Vielen Dank. Bis gleich", sagte ich dankbar, lächelte einmal kurz und legte dann den Hörer auf. Als ich mich nun schwerfällig auf den Weg zu ihr machte, hoffte ich inständig, dass sie mir immerhin ein Stück weit den Ballast von den Schultern nehmen könnte.

Damit ich endlich wieder frei atmen könnte und nicht mehr dauerhaft das Gefühl haben müsste, an meinem Schmerz zu ersticken.

Ein Lichtblick am Horizont

Ungewohnte Stille umgab meine Ohren, als ich in unsere gemeinsame Wohnung trat. Wie üblich hing ich zunächst meine Jacke auf, streifte meine Schuhe ab und ging mitsamt meiner Tasche in Richtung Küche, wo meistens Naruto bereits sehnsüchtig auf mich wartete, wenn ich unterwegs gewesen war.

Doch alles, was ich heute sah, war unsere saubere, aufgeräumte, aber dennoch leere Küche. Das, was wir kurz nachdem ich hier eingezogen war, angegangen waren. Wir hatten gemeinsam geputzt und anschließend zusammen gekocht. Doch jetzt ging jeder seiner eigenen Wege.

Mein Blick schweifte über die beiden unbesetzten Stühle, die sich gegenüber standen. In meinen Gedanken sah ich uns wieder gemeinsam dort sitzen. Ich sah ihn lächeln und mit seinem Essen kleckern. Ich sah, wie ich daraufhin zunächst wütend wurde und anschließend doch in sein sorgenloses Lachen einstimmte.

"Arschloch", drückte ich hervor und wandte meinen Kopf ab von diesem Schauplatz, der mich schon jetzt in Erinnerungen schwelgen ließ.

Knarrende Geräusche gab der Boden von sich, als ich über ihn hinweg schritt und direkt ins Badezimmer steuerte, wo ich meine geschulterte Tasche ablegte und schwerfällig auf dem Rand der Badewanne Platz nahm.

Ich streckte meine Beine und betrachtete meine geschundenen Füße, die unter den neuen Herausforderungen ganz schön zu leiden hatten.

Ein Kribbeln durchzog meinen Körper und mein Blick schweifte durch das sterile Zimmer. Irgendwie war diese Umgebung erdrückend für mich. Es war ein Gefühl, als wäre ich hier überhaupt nicht mehr zuhause.

Seufzend legte ich für einen Moment den Kopf in den Nacken und schloss jene Augen, die Dinge sehen mussten, denen ich bisher nicht einmal in meinen Alpträumen begegnet war.

"Vielleicht sollte ich ausziehen?", schallte es in meinen Gedanken und ich schlug meine Lider vorsichtig blinzelnd wieder auf, während sich meine Brust zusammen zog. Dann wäre es immer so wie jetzt. Einsam und still.

Wollte ich das?

Das Gewicht meiner zahlreichen, schwerwiegenden Gedanken zog meinen Kopf nach unten. Eigentlich wusste ich überhaupt nicht mehr, was ich wollte oder nicht wollte.

"Er schmeißt mich sowieso bald raus", knirschte ich hervor und dachte wieder an den Naruto, der mich einfach im Stich ließ. Das war seine wahre Natur. Er war schon immer ein Feigling gewesen. Ein Feigling, der sein Wort nicht hielt.

Mit zusammen gebissenen Zähnen öffnete ich nun den Reißverschluss meiner Trainingstasche und zog das hervor, was Orochimaru mir noch mitgegeben hatte: Einen Rasierer.

"Was ist das hier für eine kranke Scheiße?", zischte ich zwischen meinen Zähnen hindurch und umklammerte dieses kleine Teil mit zitternden Fingern. Bilder von spiegelglatten Beinen der anderen Männer tauchten plötzlich in meinem Kopf auf.

"Markierst du uns?", fragte ich mit einem wankenden Lächeln an den imaginären Mann in meinen Gedanken, wobei ich mehr ruckartig und grob mein Hosenbein übers Knie krempelte.

Mit einem trüben Blick und einem immer lauter werdenden Glucksen, das stockend meine Kehle verließ, betrachtete ich meine dunklen Haare, die mein Bein umgaben.

"Tschüss", sagte ich zunächst sanft und endete dann mit einem dumpfen Lachen, um zitternd die Klinge anzusetzen.

"Tschüss, Sasuke."
 

Mit einem dennoch unguten Gefühl in der Magengegend stand ich schließlich vor Hinatas Haustür und holte noch einmal tief Luft. Ich dachte darüber nach, ob es gut und fair war, jemandem davon zu erzählen, was momentan geschah.

Aber andererseits: War es fair, dass er mich hinterging und mir keinerlei Vertrauen mehr entgegen brachte? Allein, wenn ich darüber nachdachte, musste ich angesäuert auf meiner Unterlippe herum kauen, spürte wieder Tränen brennen und ballte zwei Fäuste.

Diese ganze Scheiße - ich wollte sie nicht noch länger in mich hinein fressen, also drückte ich kurzerhand auf die Klingel, hörte es im Inneren des Hauses schellen und wartete mit Herzklopfen darauf, dass mir jemand die Tür öffnen möge.

Nach einigen Sekunden, die mir merkwürdigerweise wie eine Ewigkeit erschienen, hörte ich ein leises Klacken und als ich darauffolgend den Blick hob, streifte jener das Muster eines blumigen Sommerkleides und blickte schließlich in helle, ehrliche Augen.

"Hallo Naruto", lächelte sie, schien sich aber unsicher zu sein, ob ihre Begrüßung angemessen war, doch ich erwiderte ihr Lächeln nur. Auch wenn es mir schwer fiel in meiner momentanen Lage ein so fröhliches Gesicht aufzusetzen.

"Hallo Hinata", schmunzelte ich und sie bat mich gleich darauf mit einem Nicken in ihre Wohnung hinein. Kurz schweifte mein Blick durch die hellen Zimmer, auf der Suche nach Hinatas Eltern, um sie förmlich zu begrüßen. Doch außer uns beiden schien momentan niemand im Haus zu sein.

Noch immer leicht abwesend, stieg ich mit ihr die Treppenstufen hinauf und folgte ihr in ein Zimmer, das ich bislang so gut wie noch nie betreten hatte: Hinatas Zimmer.

"Nimm doch Platz", bat sie mich direkt, als ich auch schon den Raum mit den farbenfroh tapezierten Wänden begutachtete. Viele warme Rot- und Gelbtöne fanden sich hierin wieder und man fühlte sich direkt wohl. Es war irgendwie gemütlich.

Stillschweigend setzte ich mich auf die rote Couch, die vor dem gekippten Fenster stand und blickte einmal hinaus auf den Hof. Als ich nach ein paar Sekunden wieder meiner Gastgeberin die Aufmerksamkeit zukommen ließ, hatte Hinata bereits lächelnd eine Flasche Wasser und eine mit Cola vor mir abgestellt.

"Du trinkst doch gar keine Cola?", fragte ich nach, da ich sie wirklich noch nie mit diesem Getränk gesehen hatte. Und wenn ich mich recht erinnerte, dann hatte sie bislang auch immer Cola verweigert - so wie Sasuke. Doch der war ja schließlich auf den Geschmack gekommen.

"Ich...Na ja, das haben wir im Haus, weil mein Vater das gerne trinkt", sagte sie mit geröteten Wangen und ich nickte ihr verstehend zu.

"Aber was viel wichtiger ist: Was ist denn los mit dir, Naruto? Und wie geht es dir? Du klangst furchtbar. Ich...Hab mir ehrlich Sorgen gemacht", begann sie leise und schien sich noch immer unsicher zu sein, ob sie das Richtige sagte und fragte.

Eine kurze Zeit ließ ich verstreichen, ehe ich in die Stille sprach: "Das ist ein bisschen komplizierter." Für einen Moment senkte ich den Blick, doch dann schenkte ich mir ein Glas Cola ein und trank einen kräftigen Schluck. Es erinnerte mich an ihn. Alles erinnerte mich an ihn.

"Er betrügt mich", platzte es aus mir heraus, noch bevor Hinata weitere Nachfragen anstellen konnte. Allein von meinen eigenen Worten erschüttert, bedeckte ich meine Stirn und hätte direkt wieder heulen können. Ich könnte den ganzen Tag heulen. Ununterbrochen. Aber es half alles nichts: Das änderte auch nichts.

Genauso wie dieses Gespräch nichts ändern würde.

Aber das bemerkte ich erst jetzt.

Hinata schien nicht zu wissen, was sie darauf sagen sollte, deshalb musterte ich sie für einen Augenblick und stellte fest, dass sie von dem, was ich sagte, wirklich getroffen zu sein schien.

Es verging eine ganze Zeit und ich wusste, dass sie überlegte, wie sie dieses Gespräch beginnen könnte. "Und...Mit wem?", fragte sie vorsichtig nach und ich überlegte nicht lange, sondern antwortete regelrecht nüchtern: "Mit seinem Chef. Für Geld."

Danach hob sie schlagartig den Kopf und starrte mich an. "Das kann ich mir nicht vorstellen", warf sie ein und musterte mich eindringlich. "So ist Sasuke nicht", verteidigte sie ihn und biss sich gleich darauf auf die Unterlippe. Anscheinend schien sie ihren eigenen Worten keinen Glauben zu schenken oder zu bemerken, dass sie mir damit vorwarf, ein Lügner zu sein.

Selbst sie traute es ihm also zu. Es erschien logisch, dass er es tat, nicht wahr? Ich war so ein Narr.

"Doch", widersprach ich automatisch. "Weil er ein mieses, rumhurendes, verlogenes, ekelhaftes und geldgeiles Schwein ist, das sich einen Dreck darum schert, wie es mir dabei geht", presste ich hervor und spürte die negativen Emotionen wiedermal explodieren. Meine Finger begannen vor Wut und Trauer zu zittern, meine Unterlippe bebte und mein Kopf fühlte sich heiß an. Auch meine Magengegend sollte nicht verschont bleiben. Sie ekelte sich genauso vor diesem Mann, dem mein Herz gehörte, wie mein Kopf es von meinem Körper verlangte.

Als ich allmählich wieder zur Besinnung kam, bemerkte ich erst, dass Hinata mich umarmte. Sie hielt mich ganz fest und drückte meinen pochenden Kopf vorsichtig gegen ihre Schulter. Wie ein Schiffbrüchiger klammerte ich mich haltsuchend an ihr fest. "Lass mich nicht fallen", schallte es durch meine Gedanken und meine Tränen liefen nur weiter in einer ernüchternden Geschwindigkeit meine Wangen hinab, um schließlich ihr schönes Kleid zu beflecken.

"Ich hasse ihn", presste ich unter mehreren Atemzügen hervor und sprach die Wahrheit, während ich mich gleichzeitig aufs Äußerste belog.

"Verstehe ich, Naruto", hauchte sie leise an mein Ohr und drückte mich noch einmal. Dieser zarte Körper musste mich festhalten. Dabei sollte ich doch stark sein. Ich wollte stark sein. Ich wollte darüber lachen und Sasuke mit einem Augenzwinkern vergessen. Und konnte es dennoch nicht.

"Ich will das nicht", heulte ich weiter und hatte Angst davor, dass meine Tränen wirklich nicht mehr stoppen würden. Beruhigend fuhr sie daraufhin mit den Fingerspitzen durch mein Haar und pflichtete mir bei: "Ich weiß, Naruto."

Hinata war so eine starke Persönlichkeit. Das war sie, nicht wahr? Sie war stark. Im Gegensatz zu mir.

"Ich liebe ihn doch", widersprach ich mir selbst und schluchzte noch heftiger. "Ich weiß", erwiderte sie wieder leise und drückte unsere Körper aneinander.

Erst als ich mich ganz allmählich beruhigte, löste sie sich von mir und schenkte mir das schönste Lächeln, das sie mir momentan geben konnte. Zaghaft hob sie ihre Hand und hielt noch einen Moment inne, ehe sie mir die heißen Tränen aus den Augen wischte. Kurz wandte Hinata sich von mir ab und reichte mir dann ein Taschentuch, das genauso blumig wie ihr Kleid war, nach dem ich sogleich beschämt griff. Ich flennte wie ein Mädchen. Eigentlich noch viel schlimmer. Hinata würde sich bestimmt niemals eine solche Blöße geben.

"Danke", presste ich hervor und wischte großzügig über meine Augen und Wangen hinweg, um diese störende, erniedrigende Flüssigkeit zu beseitigen.

Seufzend nahm Hinata nun wieder mir gegenüber Platz und musterte mich mit trauriger Miene. "Ach, Naruto. Eigentlich hatte ich mich wirklich für euch gefreut, auch wenn du das vielleicht nicht glaubst. Aber wenn ich das jetzt so höre, dann...Dann macht mich das wirklich fertig", murmelte sie und senkte den Blick dabei auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoß vergrub.

Da ich aufgrund meiner derzeitigen Verfassung keine gute Antwort parat hatte, schwieg ich zunächst und wartete darauf, dass Hinata fort fuhr. "Du hast es nicht verdient so behandelt zu werden", gab sie noch von sich und wandte dann komplett den Kopf von mir ab.

"Du hast verdient, dass Sasuke dich mindestens genauso sehr liebt wie du ihn", fügte sie hinzu und schwieg anschließend für eine Weile. Ihr Mitgefühl rührte mich tatsächlich zutiefst, so dass sie mir sogar in meiner momentanen Verfassung ein ehrliches Lächeln entlocken konnte.

Dennoch war ich momentan völlig unregsam und ließ meinen Blick einfach nur ziellos durch dieses hübsch eingerichtete Mädchenzimmer schweifen. Sogar einige Stofftiere waren hierin noch zu finden. Und das, obwohl Hinata doch längst erwachsen war. Aber irgendwie passte dieses Kindliche zu ihr, wie ich mit einem anhaltenden Lächeln feststellte.

"Danke für deine Sorge um mich", nuschelte ich aufrichtig und fühlte mich zumindest ein bisschen wohler in meiner Haut bei dem Gedanken, dass ich nicht jedem so egal war wie Sasuke.

"Naruto", drückte sie im Flüsterton hervor und ich glaubte zunächst, dass ich mir den Klang ihrer Stimme bloß eingebildet hatte. Doch als ich zur Vergewisserung zu ihr sah, bemerkte ich ihren ernsten, aber doch von Trübsal geprägten Blick auf mir. "Findest du nicht, dass ihr getrennter Wege gehen solltet? Ich meine, ich will dich zu nichts überreden oder zwingen, aber...Ich habe dich noch nie so gesehen wie heute", schluchzte sie nun und meine Augen wurden größer, als ich feststellte, dass sie tatsächlich ein paar Tränen meinetwegen vergoss. Aufgrund meines momentanen Gefühlszustands.

"Und ich will das auch nie wieder sehen müssen", sagte sie nun lauter und rieb sich mit dem Handrücken über ihre tränenden Augen. "Mir tut das weh, dich so unglücklich zu sehen", hauchte sie und mir tat es zugleich im Herzen weh, sie so unglücklich zu sehen. So aufgelöst. Und das alles nur meinetwegen. Vielleicht war es doch die falsche Idee gewesen, sie mit meinen Problemen zu belasten. Es setzte ihr doch mehr zu, als ich gedacht hätte.

"Es tut mir leid, Hinata", entschuldigte ich mich betroffen und senkte schuldbewusst mein Haupt. Doch aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass sie nur heftig mit dem Kopf schüttelte. "Nein, mir tut es leid", widersprach sie mir und ich wunderte mich über ihre Reaktion.

"Ich bin dir überhaupt keine Hilfe", murmelte sie und in dem Moment war ich endlich in der Lage, mich zu erheben und mich vor ihr hinzuknien, damit ich ihre Hand in meine schließen konnte. "Das stimmt nicht. Du hast mir sehr geholfen, Hinata. Aber ich kann Sasuke einfach nicht verlassen", sprudelte es unüberlegt aus mir heraus und ich erkannte, dass ich es wirklich nicht konnte. Dafür hing ich einfach viel zu sehr an ihm. An dem ersten Menschen, von dem ich so etwas wie Liebe erfahren hatte. Der Mensch, den ich mit meinen Gefühlen überschütten konnte. Vielleicht war es ihm zu viel geworden? Diese ganze Schnulzerei meinerseits.

Mit etwas gebrochenerer Stimme erklärte ich nun: "Wenn er erst einmal weg ist, dann war's das. Wir würden uns niemals wiedersehen. Ich habe einfach Angst davor, ihn zu verlieren." Nach meinen Worten vernahm ich plötzlich gestammelte Worte aus Hinatas Mund, die ich niemals erwartet hätte: "Als ob du ihn jemals besessen hättest." Überrascht von ihrer Aussage betrachtete ich sie einen Moment mit blinzelnden Augen, stellte dann aber fest, dass sie womöglich recht hatte. Vielleicht hatte ich ihn nie besessen. Und vielleicht war es unsinnig zu glauben, dass ich noch etwas daran ändern konnte.

Aber aufgeben gehörte einfach nicht zu dem, was ich gerne tat. Auch wenn die Situation nahezu aussichtslos erschien. Und das mit Sasuke war ganz offensichtlich so eine Situation.

"Das wollte ich nicht sagen, Naruto", entschuldigte sie sich nun, als sie vermutlich meinen geknickten Gesichtsausdruck bemerkte. "Schon gut. Du hast vermutlich sogar recht", lehnte ich ihre Entschuldgung mit einem vagen Lächeln ab und setzte dann noch einmal zu einer besseren Erklärung an: "Aber trotzdem. Auch wenn man es nicht begreift, ich will ihn nicht verlieren. Das könnte ich einfach nicht ertragen. Ich habe mich so sehr an ihn gewöhnt, ich habe das Gefühl, dass ich ihn zumindest ein Stück weit kenne, auch wenn mir momentan das Gegenteil gezeigt wird. Im Moment kenne ich ihn überhaupt nicht mehr. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, jemals mit einem anderen Menschen zusammen zu sein."

Einen Augenblick schwieg sie daraufhin und ich hörte den Wind durch ihr Fenster zischen. Heute war ein recht turbulenter Sommertag. Schon beinah wie im Herbst.

"So sehr liebst du ihn", stellte sie fest und ich war mir sicher, dass ihre Tonlage etwas gefasster war, als zuvor. "So sehr liebe ich ihn", stimmte ich zu, obwohl ich wusste, dass es die falsche Entscheidung war, an dieser Liebe festzuhalten. Jeder normale Mensch hätte sich nicht weiter benutzen lassen. Zumindest nicht wissentlich. Aber selbst das nahm ich inkauf. Irgendwie würde ich ihn zurückerobern. Irgendwie würde er von seinen wahnwitzigen Vorstellungen, um jeden Preis ein Star zu werden, abkommen und alles würde so sein, wie noch bis vor ein paar Tagen. Nein, es sollte besser werden. Alles sollte perfekt sein. Mit allen Mitteln würde ich ihm den Himmel auf Erden bereiten.

Oder war gerade dieses Vorhaben mein eigentlicher Fehler?

"Dann...Bleib wenigstens heute Nacht hier. Ich kann auch Sakura anrufen. Die wird bestimmt was mit uns unternehmen und...", begann sie viel zu schnell und brach dann ab, als sich ihre Wangen plötzlich rot färbten. Leise lachend musterte ich ihr Gesicht und erwiderte mit einem Nicken: "Vielleicht ist das gar keine so schlechte Idee. Ein wenig Ablenkung und Abstand würde mir mit Sicherheit ganz gut tun."

Daraufhin betrachtete sie mich überrascht. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich ihr zustimmen würde. Doch als sie meine Reaktion vollkommen begriffen hatte, lächelte sie mir augenblicklich freudig und auch ziemlich erleichtert entgegen. Sanft löste sie sich aus meinem Griff und nahm das Handy von dem kleinen Tisch, um vermutlich Sakuras Nummer einzutippen.

Nach wenigen Minuten war alles geklärt und es war beschlossene Sache, dass wir an diesem Abend in einen Club gehen würden. Allerdings war ich zunächst nicht überzeugt gewesen, da ich mich in dem momentanen Aufzug weiß Gott nicht in einer Disco blicken lassen konnte. Doch Sakura hatte vorgeschlagen, dass sie mir zur Not neue Klamotten bezahlen würde, weil Hinata es strikt ablehnte, mich noch einmal nach Hause zu schicken, um mich anders zu kleiden. In dem Moment war Sakura der Grund für ihr Verhalten zwar noch schleierhaft, aber sie nahm Hinatas Ablehnung einfach als gegeben hin. Schließlich fehlte es ihr nicht sonderlich am Geld. Sie konnte mir locker meine ganze Garderobe bezahlen, wenn sie wollte. Und zwar problemlos. Für mich war sie schon immer das Kind von reichen Eltern gewesen.

"Sakura holt uns in einer halben Stunde ab", lächelte mir Hinata nun zufrieden zu, nachdem sie das Handy wieder auf dem Tisch abgelegt hatte.

Ich erwiderte ihr Lächeln und hoffte inständig, dass mich die beiden zumindest ein wenig von den ganzen Erlebnissen ablenken könnten. Oder Sakura ein paar gute Ratschläge für mich übrig hatte. Aber jetzt wieder nach Hause zu gehen, wo Sasuke auf mich wartete, war etwas, das ich mir einerseits so sehnlichst wünschte und gleichzeitig so sehr die Kehle zuschnürte, wie nichts anderes. Vor allem die Angst, dass ich irgendwann meine Wohnung betreten und einen Zettel vorfinden würde, der mir bestätigte, dass er niemals wieder zurückkehren würde. Davor fürchtete ich mich am meisten.
 

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Ja, ich bin von den Toten wiederauferstanden :D

An dieser Stelle möchte ich euch noch, obwohl ich den Großteil ja eh schon gestalked habe, einmal meine neue Fanfiction nahe legen:
 

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/275520/
 

Dort werde ich so einiges an Hirnschmalz lassen und auch, wenn ihr den Manga nicht kennt, werde ich mich bemühen, alles so gut wie möglich zu erläutern ^^ Weil DGM ist einfach nur wundervoll. Vielleicht wird euch die FF ja sogar motivieren, einmal den Manga zu lesen. Ich kann ihn wirklich nur empfehlen.

Und hoffe natürlich, dass ihr mal vorbeischaut und mir vllt Bescheid sagt, wenn ihr irgendetwas noch nicht versteht :-)

Bis dahin,
 

Liebe Grüße
 

Eure TDR

Der schmale Grat

Liebe Leser,
 

es geht tatsächlich weiter! Aber nur aufgrund eines Liedes, das ich gehört habe und mich unglaublich zum Schreiben dieser FF motivierte. Einfach aufgrund des Texts und auch...Tja, weil's einfach geil ist. Natürlich wurde das in der Endlosschleife beim Schreiben gehört.

Gut, so viel zum Thema: 'Wissen, das die Welt nicht braucht.'

Hier einfach der Link: http://www.youtube.com/watch?v=zMmQSEaS-w0&list=FLFKDFHEPBii8&index=3

Flashed glaube ich ganz gut, wenn man das ebenfalls mit repeat beim Lesen hört :-)
 

liebe Grüße,
 

TDR <3
 

Nachdem Sakura uns mit dem BMW abgeholt hatte, standen wir auch schon knappe dreißig Minuten später in einem riesigen Einkaufcenter und die Rosahaarige schleppte mich wüst durch alle erdenklichen Läden, immer auf der Suche nach dem perfekten Outfit. Mädchen waren wirklich ein Rätsel für sich.

Als ich nun zum geschätzten hundertsten Mal an diesem Tag die Umkleide verließ, hob sich plötzlich Sakuras Daumen und auch Hinata nickte mir freudig zu. Bei dieser Reaktion machte sich in mir die Hoffnung breit, dass das Suchen endlich ein Ende gefunden haben könnte.

"Das sieht spitze aus", strahlte mir die Bezahlende entgegen und in ihrem Tonfall schwang auch ein wenig Eigenlob mit, da sie schließlich die Klamotten ausgesucht hatte. Eine enge Jeans, ein grünes Shirt mit Aufdruck und dazu eine schwarze Lederjacke in Kombination mit ebenso schwarzen Schuhen. Außerdem mit einem nicht erwähnenswerten Gesamtwert von knapp fünfhundert Euro.

In dem Aufzug kam ich mir sogar richtig wichtig vor. Und man glaubte es kaum - aber kaufen war wirklich eine Art Balsam für die Seele.

Schnell war alles bezahlt und während ich mir im Rückspiegel noch die Haare richtete, quatschte unsere Fahrerin auch schon auf mich ein: "So kann ich dich doch glatt als meinen Freund vorstellen."

Das waren Worte aus Sakuras Mund, die ich so niemals erwartet hätte. Während ich mir allerdings vor ein paar Wochen für jenen Satz noch alle Gliedmaßen ausgerissen hätte, konnte mich jener heute kaum noch berühren. Es schmeichelte mir zwar, da es ein Kompliment war. Aber es brachte mein Herz nicht mehr in die damalige Aufruhr.

"Aber du bist ja leider schon vergeben", schmunzelte sie nun und als ich daraufhin zu ihr blickte, sah ich in diese warmen, grünen Augen, die leicht zu mir herüber schielten und mich trotz aller Vorsätze minimal aus dem Konzept brachten, so dass ich nur hilflos mit den Schultern zuckte.

Sakura fasste meine Reaktion natürlich anders auf, als beabsichtigt, während Hinata sich auf dem Rücksitz nur leise räusperte, als wolle sie ihre Freundin mit jenem Verhalten davon abbringen, jetzt das Wort zu ergreifen. Doch die Rosahaarige, die sich nebenbei noch auf den Verkehr konzentrieren musste, nahm ihre Mitfahrerin gar nicht mehr richtig wahr.

"Was soll 'n das heißen? Doch nicht mehr die große Liebe?", grinste sie ironisch und wollte mich anscheinend damit necken, ohne zu wissen, dass mir jene Worte gehörig auf den Magen schlugen. Es war zwar noch die große Liebe, aber anscheinend nur noch für mich.

"Einseitige Liebe ist scheiße", sprach ich meine Gedanken laut aus und spürte direkt, dass meine Ohren heiß wurden. Das hätte mir nicht rausrutschen dürfen. Natürlich wollte sie jetzt wissen, was das bedeutete. Und Sakura war hartnäckig. Und neugierig. Genauso wie ich. Erst jetzt fiel mir auf, was für teilweise unpassende und in Verlegenheit bringende Eigenschaften das überhaupt waren.

"Hä?", brachte sie nur überrascht hervor und im nächsten Moment legte sie auch schon eine scharfe Bremsung hin, so dass ich mich kurzzeitig festhalten musste, während Hinata nur schockiert einwarf: "Konzentrier' dich bitte auf den Verkehr, Sakura!"

Doch die Angesprochene ging auf diesen Hilfeschrei gar nicht ein, sondern musterte mich nur weiterhin erwartungsvoll aus dem Augenwinkel.

"Das ist etwas schwierig zu erklären. Dafür müsste ich ein wenig ausholen", versuchte ich mich aus der Affäre zu ziehen, doch Sakura winkte bloß kurz ab. "Die Ampel ist rot, Naruto."

Geschlagen wanderte mein Blick auf das Amaturenbrett und ich dachte darüber nach, ob ich auch immer in den unpassendsten Momenten blöde Witze riss. Schließlich war ich ihr ja ansonsten auch recht ähnlich.

"Schieß einfach los", drängte sie weiter und ich ordnete einen Moment meine Gedanken, um im nächsten noch einmal tief Luft zu holen, ehe ich begann: "Na ja, weißt du...Sasuke tja, äh..." Schnell räusperte ich mich, da meine Stimme stockte und sagte dann gerade heraus, als würde es mich gar nicht kümmern: "Er hat mich betrogen."

Darauffolgend war es plötzlich still. Hinata hatte den Kopf betroffen geneigt, wie ich im Rückspiegel erkannte, während ich mich gar nicht traute nachzusehen, wie Sakuras Gesichtsausdruck ausfiel. Denn sie war wirklich ungewöhnlich still.

"Das ist ja wohl ein Scherz, oder?", meinte sie nun mit deutlich gedämpfter Stimme und ich glaubte, sogar ein wenig Ärgernis aus jener herauszuhören.

"Das kann der nicht ernsthaft gebracht haben. Ich meine, für dich ist er doch wirklich alles, oder nicht? Ich dachte, du seist Sasuke auch wichtig", redete sie weiter, ehe ich etwas erwidern konnte und ich zuckte nur abermals ratlos mit den Schultern.

"Anscheinend nicht wichtig genug", fügte ich monoton hinzu, obwohl mir allein die Erinnerung einen dicken Kloß im Hals bereitete. Dabei hatte ich gehofft, mit den beiden Mädels Ablenkung zu finden. Doch stattdessen musste ich mich wieder damit herumschlagen, worüber ich eigentlich nicht mehr nachdenken wollte. Aber diese Situation war ganz allein meine Schuld. Ich hatte mich selbst hier reinmanövriert.

"Und du hast aber noch nicht damit abgeschlossen?", fragte sie weiter und spielte damit eindeutig auf meine Äußerung bezüglich der einseitigen Liebe an.

Verneinend schüttelte ich bloß leicht den Kopf und untermalte jene Gestik mit folgenden Worten: "Ich will ihn unbedingt zurück. Aber im Moment macht er einfach komplett dicht."

Nach meiner Satzvollendung fuhr Sakura auch schon auf den Parkplatz der kleinen Gaststätte und stellte umgehend den Motor aus, um sich dann zu mir zu drehen, während mir erst jetzt so richtig bewusst wurde, dass draußen allmählich die Dämmerung einsetzte.

Nebenbei vernahm ich das Geräusch von Gurten, die gelöst wurden, wobei mich das Gefühl einer Hand, die sich auf meine Schulter legte, ganz abrupt hochschrecken ließ. Wieder blickte ich in Sakuras lächelndes Gesicht, die mir sanft Mut zuklopfte.

"Du schaffst das. Daran glaube ich ganz fest. Aber vorerst solltest du mal an dich denken und dich ein wenig mit deinen Freundinnen von dem ganzen Scheiß, den du mit Sicherheit in letzter Zeit erlebt hast, ablenken", sprach sie mit überzeugender, aufbauender Miene und wanderte mit ihren Augen kurz in Hinatas Richtung, die daraufhin auch nur sanft lächelnd nickte.

Von dieser ganzen Fürsorge beinah erschlagen, legte sich nun auch unweigerlich ein Lächeln auf meine Lippen. Es war wirklich unglaublich. Innerhalb kürzester Zeit hatte ich so viele gute und nette Freunde finden können. Weil sie mir endlich eine Chance gegeben hatten. Einerseits durch meinen eigenen Erfolg, andererseits aber auch aufgrund von Sasukes Präsenz.

"Lass uns erstmal reingehen", meinte sie noch, wobei sie bereits die Tür öffnete und aus dem Wagen ausstieg, was Hinata und ich ihr gleich taten. Schnurstracks bewegten wir uns in Richtung der gemütlichen Kneipe, die ich in der Vergangenheit schon ein paar Mal besucht hatte und auf dem Weg dorthin, wobei unsere Füße klackernd über die Pflasterung traten, fragte ich ganz beschämt nach: "Und das Geld für die Klamotten soll ich dir echt nicht zurückgeben? Ich meine, das geht doch nicht. Das macht man einfach nicht als Kerl."

Man ließ eine Frau nicht bezahlen. Das waren ungeschriebene Gesetze, die selbst ich kannte. Doch Sakura schüttelte nur den Kopf und verpasste mir einen freundschaftlichen Hieb gegen die Schulter. "Sieh es als eine Art Gratulation für deinen Erfolg im Showbusiness an. Und außerdem zahlst du den Alk. Das wird nicht unbedingt billiger", lachte sie und zauberte damit ein leichtes Schmunzeln auf meine Lippen. Je näher ich die echte Sakura kennen lernte, desto besser gefiel sie mir auch. Damals hatte ich nur einer Vorstellung hinterher gejagt, dabei hatte ich sie überhaupt nicht gekannt.

Wie war es jetzt bei Sasuke? Kannte ich ihn oder klammerte ich mich bloß an ein Trugbild, das niemals existieren würde und auch niemals existierte? Hatte ich aus Sasuke etwa bloß das gemacht, wonach ich mich zu jener Zeit sehnte?

Meinen Gedanken nachhängend, betraten wir schließlich gemeinsam die gut besuchte Gaststätte und nahmen auch sogleich vorne an der Theke Platz, während im Hintergrund laute Männergespräche und Gegröhle ertönten. Dazwischen vernahm man ein paar Töne von Musik, die jedoch in der Stimmgewalt förmlich unterging.

Kurzerhand bestellte ich drei Bier für uns und wir verfielen für eine geraume Zeit in ein leichtes Schweigen, wobei nur selten und dann auch nur für einen belanglosen Satz das Wort erhoben wurde. Bis zu dem Moment, wo Sakura ein interessantes Thema anschnitt: "Sag mal, Naruto. Wie geht's jetzt eigentlich mit dem Tanzen weiter? Du bist doch da bei dieser SNAKE-Corporation, oder?"

Grübelnd stellte ich mein Glas ab und dachte über eine angemessene Formulierung nach. "Nein, ich werde den Vertrag nicht unterzeichnen. Einerseits wäre diese tägliche Konfrontation mit Sasuke wohl eher weniger wünschenswert und außerdem ist das auch der Ort, wo er mich betrogen hat. Deshalb möchte ich dort nicht unbedingt weitermachen. Tja und allgemein...Muss ich sagen, dass ich erstmal die Schnauze voll vom Tanzen habe. Weil ich jetzt sehe, in welche Richtung das geht. Das ist ein verdammt mieses Geschäft", schmunzelte ich leicht, weil mir meine Situation irgendwie so dämlich erschien und nahm dann wieder einen Schluck von meinem Bier, um jene erdrückenden Gedanken einfach herunterzuspülen.

"Ich versteh' dich, Naruto", wandte nun Hinata ein, die bereits nach dem zweiten Bier schon etwas gerötet um die Nase herum war. Sie war wirklich süß.

"Ja, das tue ich auch", stimmte Sakura zunächst zu, fragte aber direkt hinterher: "Aber was meinst du genau damit? Hat er dich mit einem anderen Tänzer oder einer Tänzerin betrogen?"

Das war die Frage, die mein Herz vor Aufregung schneller pulsieren ließ. Innerlich hatte ich das Gefühl stark zu zittern, aber ein Blick auf meine Hände verriet mir, dass dem nicht so war.

"Nee, mit seinem Chef", prustete ich beinahe heraus. Ich fand es nicht witzig. Aber irgendwie musste ich damit umgehen. Man sollte mir nicht deutlich ansehen, dass es mich fertig machte. Doch vielleicht zeugte auch genau jenes Verhalten davon, dass es mir an die Materie ging.

Ein Blick zur Seite zeigte mir, dass sich Sakura bei meiner Antwort an ihrem Getränk verschluckt hatte. "Aber das ist doch der alte komische Freak da...", erklärte sie sich selbst und verzog dann angewidert das Gesicht. "Das ist ja sowas von ekelhaft. Dass Sasuke das macht. Kann ich mir nicht vorstellen", versuchte sie es abzustreiten, als würde das etwas an den Tatsachen ändern.

"Wirklich, ich hätte so einiges von ihm erwartet, aber nicht so etwas", seufzte sie resigniert und schwenkte ihr Glas dabei leicht hin und her, was ich aus dem Augenwinkel beobachtete.

"Ich hab' da wohl am wenigsten mit gerechnet", murmelte ich daraufhin und die Thematik des Tanzens, die wohl eigentlich als Auflockerung dienen sollte, brachte uns unbeabsichtigt wieder genau auf das ungeliebte Thema zurück.

"Am besten ich mache mich bald mal auf den Heimweg. Ist schon spät", meinte ich mit einem Blick auf meine Armbanduhr und erhob mich dann bereits. Kurz tauschte ich noch einen Blick mit Hinata aus, wobei meiner meine Dankbarkeit für ihren Einsatz zum Ausdruck bringen sollte.

"Schönen Abend noch, Naruto. Komm gut nach Hause", sagte sie so leise, dass ich es beinah von ihren Lippen ablesen musste und ich nickte, nachdem ich glaubte es verstanden zu haben, einmal lächelnd zu ihrem Sitzplatz.

Doch als ich mich nun in Bewegung setzte, eilte mir sofort Sakura hinterher. Kurz nachdem wir außerhalb von Hinatas Blickfeld waren, hielt sie mich auch schon fest und umklammerte entschlossen mein Handgelenk, um mir zu signalisieren, dass ich mich jetzt nicht losreißen durfte, obwohl mir die Situation unangenehm war.

"Warte mal, Naruto", redete sie auf mich ein und ihr stand dabei die Sorge ins Gesicht geschrieben. "Wenn du das echt durchziehen willst, dann lass mich dir noch einen gut gemeinten Ratschlag geben", begann sie, doch ehe ich nachhaken konnte, fuhr sie auch schon fort: "Du liebst ihn, nicht wahr? Ich weiß, dass du dich sofort freuen würdest, wenn er zu dir zurückkäme. Ich hab' euch nicht oft zusammen erlebt. Aber doch oft genug, um beurteilen zu können, wie viel er dir bedeutet. Man sieht es an deinem Blick, an deiner Wortwahl, an deiner Fürsorge, die immer nur Sasuke zukommt. Zumindest eine ganz besondere, na ja..." Sie räusperte sich einmal und ich bemerkte, dass sich ihre Wangen leicht rot färbten, da sie etwas abschweifte.

"Was ich eigentlich sagen wollte: Gesetz dem Falle - und ich wünsche es dir wirklich - dass Sasuke sich dir gegenüber wieder öffnet, dann darfst du ihn einfach nicht mit offenen Armen empfangen", riet sie mir mit ernstem Blick und ich musterte sie nur fassungslos. Was war das für eine Idiotie?

"Hä?", stammelte ich bloß. "Das wäre doch total unlogisch", presste ich voller Verwunderung hervor, doch sie schüttelte verneinend den Kopf, während es um uns herum immer lauter wurde. Deshalb zog sie mich weiter von dem eigentlichen Geschehen weg, bis hin zu den Toiletten, wo es im Verhältnis angenehm ruhig war. "Pass auf, ich weiß nicht genau, was vorgefallen ist. Ich will auch nicht rumbohren, ich kann nur beurteilen, was du mir erzählt hast. Aber ich kenne Sasuke ja auch ein Stück weit. Ich war schließlich jahrelang in ihn verknallt und habe ihm regelrecht an den Fersen geklebt. Und auch die letzten Wochen habe ich mehr Zeit mit ihm verbracht, aber darum geht es ja jetzt gar nicht", holte sie etwas aus und starrte mir eindringlich in die Augen, so dass ich dazu geneigt war, mein Unwohlsein einmal herunterzuschlucken.

"Ihr wohnt noch zusammen, oder?", stellte sie eine entscheidende Frage und ich nickte daraufhin bloß. Natürlich wusste Sakura, dass es nicht seine, sondern meine Wohnung war.

"Bei dir...Na ja, nimm mir das nicht übel, Naruto, aber du bist einfach zu inkonsequent. Bei dir scheint sich Sasuke ja wirklich alles erlauben zu können. Vielleicht bist du ja schon zufrieden, dass er überhaupt mit dir zusammen ist und vermutlich wäre ich das an deiner Stelle genauso, aber...Tja, da kannst du auf Dauer doch keine Beziehung drauf aufbauen, wenn es keinerlei Grenzen gibt", sprach sie und ich verinnerlichte ihre Worte, da sie mir einleuchtend erschienen, wenn ich ehrlich zu mir selbst blieb. Es war eigentlich genauso, wie Sakura spekulierte.

"Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wo Sasuke zurückkommt. Er ist auch nur ein Mensch. Irgendwann wird er Probleme haben, mit denen er zu dir rennen kann. Das ist jedenfalls meine Prognose. Weil er ja weiß, dass er dir viel bedeutet. Das würden doch viele Menschen so machen. Ich vermutlich auch. Und wenn du dann alles hinnimmst und glaubst, dass du ihn zurückgewinnst, dann wirst du mit Sicherheit tief fallen, Naruto. Meiner Meinung nach ist Sasuke ein sehr berechnender Mensch. Keine Ahnung wieso, aber er hat immer nur viel Wert darauf gelegt, wie es ihm geht und nicht, wie die anderen dabei wegkommen. Vermutlich macht er das noch nicht einmal bewusst. Aber er wird dich wieder verletzen. Weil er sich doch alles rausnehmen kann. Wenn du es soweit kommen lässt, dann hat eure Beziehung mit Sicherheit keine Chance. Ich hatte mal eine ähnliche Situation. Nicht so krass wie bei dir, aber annährend vergleichbar. Ich würde heute, wo ich das Ganze neutral betrachten kann, sagen, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Selbstläufer war. Da gab es kein Zurück mehr. Also solltest du Sasuke seine Grenzen zeigen, wenn er dir wirklich so viel bedeutet und du eine Zukunft mit ihm willst", schlug mir Sakura vor und ich konnte dem, was sie mir erzählte, kaum folgen. Es war einfach zu viel auf einmal. Noch dazu so viel Wahres auf einmal.

Es war erschreckend. Vor allem ihre ausgeprägte Kombinationsgabe war erschreckend.

"Meinst du, dass das gut geht? Wird er mich dann nicht hassen?", fragte ich tonlos und ließ meinen leeren Blick dabei an Sakura vorbeischweifen. Direkt zurück in den gefüllten, von Rauch umgebenen Raum, aus dem noch immer lautes Gelächter und klirrende Gläser ertönten.

"Dann hat eure Beziehung doch ohnehin keine Zukunft mehr, wenn er nicht verstehen kann, dass er dich mit seinem Betrug verletzt hat. Naruto, wenn er selbst das nicht einsieht, dann kann man aus Sasukes Sicht nicht von Liebe sprechen. Er mag auf sich selbst fixiert und sich teilweise auch nicht bewusst sein, wie verletzend sein Handeln ist, dennoch ist Sasuke nicht dumm oder absolut gefühlskalt. Aber das wirst du sicher besser wissen, als ich. Ich wollte damit nur sagen, dass man ein solches Verhältnis dann nicht mehr zu schützen braucht, wenn man nicht selbst daran zerbrechen will."

Solche verheerenden Äußerungen waren für mich nicht leicht zu akzeptieren und das schien meiner Freundin nicht ganz zu entgehen, weshalb sie mir aufbauend ihre Hand auf die Schulter legte. An diesem Abend nun also bereits zum zweiten Mal. Neben mir ging geradewegs die Tür auf und ein größerer Mann verließ die Toilette, der uns im Vorbeigehen nur ungläubig musterte. Wir mussten ein merkwürdiges Bild bieten. Allein die Vorstellung, dass wir derartige Gespräche vor der Herrentoilette führten, brachte mich beinahe zum Lachen.

"Denk' in Ruhe darüber nach, Naruto. Tu' dir einfach selbst den Gefallen, okay? Weißt du, du bist so unheimlich süß und du hast immer so gestrahlt, dass man förmlich mitleidet, wenn es dir nicht gut geht", murmelte sie und ein Blick in ihre Richtung bestätigte mir, dass sie es ernst meinte. Ihre Züge waren so fein, ihre Lippen dabei von einem sanften, aber doch traurigen Lächeln gezeichnet.

Aus diesem Grund legte ich aus einem Impuls heraus meine Arme um sie und zog sie in eine feste Umarmung, um ihr zu zeigen, dass es mir inzwischen sehr wohl besser ging. "Es ist alles in Ordnung. Mach' dir nicht so viele Sorgen, Sakura", erwiderte ich mit einem leichten Schmunzeln und spürte dabei, wie sie ihre Hände auf meinem Rücken ablegte.

"Doch...Es...Es tut mir einfach leid. Auch wegen damals. Ich fühle mich richtig schlecht, weil ich dich immer so mies behandelt habe, obwohl du so eine wundervolle Person bist", seufzte sie und meine Finger wanderten deshalb wie von selbst ihr Rückgrat auf und ab.

Nach ein paar weiteren Sekunden, die wir still verbrachten, wenn man einmal von den Hintergrundgeräuschen absah, lösten wir uns wieder voneinander. Es folgte ein kurzer Blickwechsel, ehe ich mich von ihr abwandte und nun in Richtung Ausgang steuerte.

"Soll ich dich nicht fahren? Hinata wartet hier sicher auf mich", schlug sie vor, doch ich blickte nur ungläubig über meine Schulter zu ihr.

"Nein, kein Problem. Ich fahre mit dem Bus. Die Haltestelle ist ja nicht weit von hier. Und außerdem hast du doch längst was getrunken, Sakura", grinste ich leicht, obwohl mir die Vorstellung nicht gefiel, dass sie betrunken am Steuer saß. Doch an diesem Abend fehlte mir die Motivation und auch der Elan, um eine Diskussion diesbezüglich zu starten.

"Gut, dann..Tja", begann sie unbeholfen und lehnte sich leicht gegen den Türrahmen, der den Raum zum etwas längeren Gang abgrenzte. Sie wirkte beinahe so, wie ich zu Beginn unserer Unterhaltung.

"Pass einfach auf dich auf", bat sie und ich nickte daraufhin. "Viel Spaß noch", erwiderte ich, ging ein paar Schritte und sah dann aber doch noch einmal zurück, ehe ich die Gaststätte verließ. "Und vielen Dank nochmal. Für alles."
 

Der Heimweg dauerte eine beachtliche Weile und konnte mir dennoch nicht lange genug dauern. Noch vor kurzem hatte ich mich bemüht, immer so schnell wie möglich Zuhause zu sein, doch dieser Drang war nun vollends vergangen. Einen Moment lang dachte ich sogar daran, in ein Hotel zu gehen. Aber ich wollte nicht weglaufen. Ich wollte mich der Situation stellen. Sonst könnte Sasuke noch meinen, ich würde ihn im Stich lassen. Doch ganz so einfach sollte die Angelegenheit für ihn nicht werden.

Deshalb blieb ich aufrecht und mit erstem Blick in dem nahezu leeren Bus sitzen und ließ meine Augen über die beleuchteten Häuser und Straßen schweifen, während im Hintergrund ein paar vereinzelte Gespräche über das verstreichende Wochenende zu hören waren.

"Übermorgen muss ich wieder zur Arbeit, verdammt. Dabei wollte ich noch so viel Zeit mit dir verbringen", seufzte ein Mann, der gerade den Arm um seine Freundin gelegt hatte und sie aufgrund der Worte etwas näher an sich drückte.

"Das macht nichts. Wir haben alle Zeit der Welt. Und die können wir auch trotz der Arbeit gemeinsam verbringen", war ihre freudige Antwort darauf, woraufhin ich meine Augen leicht verengte.

Was für ein ätzendes Gespräch.

Schließlich hielt der Bus an und ich war froh, dass ich dieses Transportmittel endlich verlassen konnte, in dem es ohnehin viel zu stickig war. Beim Aussteigen schweifte mein Blick jedoch noch einmal auf das Liebespaar zurück, ehe ich mich komplett abwandte und meinen Heimweg ansetzte.

Während ich stillschweigend durch die Straßen schritt und auch ansonsten nur von Stille empfangen wurde, kickte ich einige leere Dosen, die vereinzelt auf dem Boden lagen, wild und ziellos durch die Gegend.

"So eine Scheiße", grummelte ich, als mir bewusst wurde, dass ich die Einsamkeit momentan absolut nicht vertrug.

Doch noch bevor ich weitere Gedanken daran verschwenden konnte, stand ich auch schon vor meiner Haustür und hielt den allzeit griffbereiten Schlüssel in der rechten Hand.

Einen Moment zögerte ich, doch dann steckte ich den Schlüssel einfach in die passende Öffnung und drehte ihn ein paar Mal leise herum, wodurch sich die Tür mit einem klackenden Geräusch aufdrücken ließ. Drinnen war es jedoch auch nicht anders als draußen: Genauso still.

Dennoch oder gerade deshalb streifte ich mir nahezu tonlos die Schuhe ab, zog die Jacke aus und schloss die Tür noch eilig hinter mir zu, ehe ich mich mit langsamen Schritten in Richtung Schlafzimmer bewegte. Unterwegs wurde mein Herzschlag allerdings immer schneller. Ich hatte Angst.

Doch dort angekommen, konnte ich direkt aufatmen: Er war noch da.

Zum Glück.

"Sasuke", murmelte ich ganz leise, als ich bereits neben dem Bett stand und auf sein schlafendes Gesicht blickte. In dem Moment konnte ich gar nicht beurteilen, ob er ruhig oder unruhig wirkte. Alles was zählte, war, dass er noch hier bei mir und in meiner Wohnung war.

Vorsichtig streckte ich meine Finger aus und strich ganz zaghaft eine seiner Haarsträhnen zurück, wobei meine Unterlippe zu zittern begann. Sofort hielt ich die Luft an und bemühte mich, zur Ruhe zu kommen, indem ich meine Hand zurückzog und mit ihr eine leichte Faust ballte.

Es tat so weh.

Hier neben ihm zu sein und dennoch zu wissen, dass wir uns nicht mehr so nahe standen, wie ich es mir wünschte.

Die Alternative wäre, getrennter Wege zu gehen. Aber ich vermochte nicht zu beurteilen, was schmerzhafter war: Sasuke immerhin zu sehen, aber mit dem Schmerz leben zu müssen, dass wir uns in einem grausamen Dilemma befanden oder aber Sasuke überhaupt nicht mehr zu sehen, aber gleichzeitig auch jenem einhergehenden Schmerz entgehen zu können.

Völlig überfordert griff ich einfach nach meinem Bettzeug und transportierte es zu der nahestehenden Couch. Warum musste alles so fürchterlich kompliziert sein? Warum war die Zukunft unserer Liebe tatsächlich von oberflächlichen Dingen wie Ruhm und Geld auf die Probe gestellt worden? Und noch dazu kläglich gescheitert. Was war das zwischen uns?

Doch nicht mehr als eine einmalige Affäre?

Sollte es etwa doch keine echte Liebe zwischen zwei Männern geben?

Gab es überhaupt echte, aufrichtige und bedingungslose Liebe?

Mir schien das alles, mein ganzes bisheriges Weltbild, bloß meiner naiven und von Angst geprägten Einstellung entsprungen zu sein.

Das erkannte ich jetzt.

Und warum?

Weil ich jetzt den Schmerz kannte. Echten Schmerz, der nicht wie eine normale Wunde verheilt. Es heißt, die Zeit heilt alle Wunden, doch allmählich war ich auch von jener Weisheit nicht mehr überzeugt.

Ich begann zu zweifeln. An allem und an jedem. Vor allem und mit Abstand aber an mir selbst.
 

Heiß.

Mir ist so heiß. So schrecklich heiß. Hände beginnen mich zu berühren. Überall auf meinem Körper. Lustverzerrte Schreie erreichen mich. Überall in meinen Ohren. Schweißbenetzte, goldbraune Haut, leicht funkelnd im Schein des Lichts, erblicke ich. Überall vor meinen Augen.

Überall diese Hitze. Überall dieses Brennen. Überall dieses Ziehen.

Mein Körper nah an seinem. Mein Körper - über ihm. Endlich erreicht mich seine Hitze. Mein Keuchen lauter, meine Bewegungen wilder. Ich starre in dieses - in sein Blau.

Ein vertrautes Gefühl. Und doch so unbekannt.

Himmelhoch jauchzend.

"Sasuke."

Die vertraute Stimme.

"Egal, was du tust."

Klang der geliebten Stimme. Schwerer Atem verlässt meine Lungen. Mein Mund trocken. Mein Herz setzt beinah aus. Nicht in der Lage zu stoppen. Einhalt unmöglich.

"Ganz egal was. All deine Taten kann man mit zwei Worten beschreiben."

Seine einladenden Lippen. Verziehen sich zu einem sanften Lächeln.

"Gier und Egoismus."

Die Zeit bleibt stehen.

Die Worte hallen wider. Wieder und wieder. Verschwinden nicht. Setzen sich fest. Verankern sich.

Tief fallend.

Die Welt dreht sich.

Hände, die mich festhalten. Von Zärtlichkeit keine Spur.

"Sobald man dir die Führung überlässt; die Fäden in deine Hand legt. Sobald man das tut, liebst du nur noch dich selbst. Erbarmungslos."

Mein Atem geht stoßweise.

Wieder ein vertrautes Gefühl.

Verlorene Macht.

Gewonnene Liebe.

"Und sobald ich die Führung übernehme, wirst du ebenfalls geliebt. Egal wie man es dreht, du gehst niemals leer aus. Du bist der Mittelpunkt der Welt. Für dich und für mich."

Das Bild wandelt sich.

"Es ist nicht fair."

Die Stimme überschlägt sich.

"Nicht fair."

Der Mensch verändert sich.

Dieses stechende Grün[1]. Bekannt. Gefürchtet. Das Licht erlischt. Stille kehrt ein.

Das Blut wallt auf. Die Angst wächst.

Schreie und Tränen. Jetzt ganz nah.

"Sasuke."

Wieder die vertraute Stimme.

Der Raum bleibt schwarz.

"Du liebst mich nicht."

Es hallt wider.

Kontinuierlich.

Unaufhörlich.

Die Stimme überschlägt sich.

"Du liebst mich nicht?"

Dasselbe Spiel von vorne.

Erbarmungslos.

Die Stimme überschlägt sich.

"Dann verreck' doch."

Vertrauter Klang. Gefürchtetes Grün.

"Verreck' doch einfach, Sasuke."

Plötzliche Schritte. Hallender Klang. Leichter Windstoß.

Das Bild bleibt schwarz. Kontrastreiches Grün. Allzeit präsent.

"Verreck'."

Undefinierbares Geräusch.

Beängstigend.

Beruhigend.

"Bitte?"

Flehender Klang.

Drohender Klang.

Die Klinge glänzt.
 

Schweißgebadet und mit einem lauten Aufschrei schreckte ich in dieser Nacht aus einem Alptraum auf, der mir in jenem Augenblick so furchtbar real erschien.

Verzweifelt schweiften meine Augen durch die bedrohliche Dunkelheit, die mich vor wenigen Sekunden nahezu verschlungen hatte und ich rechnete jeden Moment damit, vor mir diese stechend grellen Augen auftauchen zu sehen.

Mein Atem stockte. Immer wieder verschluckte ich mich, während meine Hand zitternd nach dem Lichtschalter tastete. Gleichzeitig schwabbten die ganzen Erinnerungen durch mein Gedächtnis, weshalb mich plötzlich eine unbändige Wut ergriff.

Eine Wut, die sich aufgestaut hatte.

Dem Licht entgegen blinzelnd wandte ich meinen Kopf ruckartig zur Seite, um Naruto zu sehen. Doch er war nicht zu sehen.

Dieser widerliche Bastard.

Dieser widerliche, gottverdammte Bastard.

Die Adern an meinen Schläfen begannen vor Aufregung zu pulsieren, ich spürte das Blut in Aufwallung durch meinen Körper pumpen und meine Hände ballten sich dabei wie von selbst zu bedrohlichen Fäusten.

Knurrend schweiften meine Augen hektisch umher, suchten etwas, das sie zerstören konnten und wurden schließlich fündig: Auf dem Nachtschrank thronte noch immer dieses beschissene Bild von Naruto. Wenn ich ihm schon nicht persönlich in die Fresse schlagen konnte, so wollte ich wenigstens sein Bild zerstören und ihn dort in seine Einzelteile zerreißen.

Schnell richtete ich mich im Bett auf, stand kurz darauf auf beiden Beinen, griff ruckartig nach dem Rahmen und schmiss ihn mit voller Wucht und einem zischenden Geräusch, als es für eine Sekunde durch die Luft raste, zu Boden. Es klirrte und schepperte, als das Glas zerbrach. Und es löste ein wohliges Gefühl in meinem Inneren aus.

Ein gehässiges Grinsen zierte meine Lippen, als ich kopflos, aber mit ganzer Kraft in die Scherben, direkt auf Narutos Gesicht, trat und meinen Hacken darauf herumdrückte, als wolle ich den Blonden in den Boden rammen.

"Na, wie gefällt dir das?", lachte ich meinen Füßen entgegen, wovon der eine allmählich von einer rötlichen Färbung gekennzeichnet war und auch den Untergrund nicht unbefleckt ließ. "Fühlt sich scheiße an, wenn auf einem rumgetrampelt wird, hä?"

Abermals entfuhr mir ein heiseres Glucksen und als ich meinen Kopf nun wieder hob, erblickte ich auch direkt die blauen Augen, die mich schockgeweitet musterten. Reglos stand er da und beobachtete mich wie eine unbewegliche Statue.

Ein paar Sekunden war es nun ganz still. Wir starrten uns beide an, während mein Fuß noch immer in den Glasscherben ruhte. Erstmalig bewegte sich Naruto nun, indem er seinen Blick langsam, aber dennoch stetig zu Boden schweifen ließ. Direkt auf das Bild, das er früher immer weggedreht hatte und erst seit kurzem häufig betrachten konnte.

Ab diesem Moment ging alles ganz schnell. Abermals knallte es, als seine Faust nach einer kurzen Distanzüberbrückung schmetternd auf mein Gesicht traf. Wieder musste ich schief grinsen, obwohl mein Kopf von der Wucht seines Hiebs zur Seite geschleudert worden war.

Doch das war mir egal. Kurz hörte ich noch auf seine unregelmäßige Atmung, dann richtete ich meinen starren Blick wieder auf ihn, holte ebenfalls aus und schlug ihn - das Objekt, welches ich von Anfang an hatte zu Fall bringen wollen - endlich nieder.

Genugtuung.

Anschließend, nachdem er mit den Knien nun ebenfalls in den blutigen Scherben hockte, ging ich an ihm vorbei, ignorierte dabei den Schmerz, der durch meinen Fuß zuckte und warf ihm noch einen letzten eiskalten Blick zu, ehe ich ihn dort zurückließ.

Doch noch bevor ich das Schlafzimmer verlassen konnte, vernahm ich abschließend ein paar leise, verzweifelte, aber doch von so viel Verbitterung gezeichnete Worte, die sich auf alle Zeit in meinem Gedächtnis einbrannten, obwohl ich ihn in jenem Moment kaum verstehen konnte. Denn seine Stimme wurde von dem Pulsieren meines eigenen Herzens nahezu übertönt. Aber ich glaube dennoch, dass er sagte: "Ich hasse dich."
 

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[1] Vermutlich weiß eh jeder, wer gemeint ist. Also das wollte ich eh nochmal erwähnen: Natürlich weiß ich, dass Oro gelbe Augen hat, aber na ja...Echte Menschen haben eben keine und "bernsteinfarbene" passen nicht zu seinem Charakter. Deshalb die OOC-grünen Augen :D

Der Schein kann trügen

Viele Stunden waren seit dieser einschneidenden Zeit vergangen und die Sonne suchte sich längst wieder unbeirrt ihren Weg durch die Wipfel der Bäume, wie ich an diesem Morgen mit einem einzigen Blick aus dem Küchenfenster heraus erkannte.

Der Anblick bestätigte mir, dass das Ungewöhnliche dennoch niemals das Gewöhnliche verändern konnte. Für die Welt blieb trotz dieses Ereignisses alles beim Alten.

Meine Hände ruhten dagegen starr auf dem Tisch, versuchten mich noch immer zur Ruhe zu bringen. Die eigene Ausstrahlung mochte das genaue Gegenteil zur Anmut der einzelnen Sonnenstrahlen sein, die wie Federn über den Tau der Blätter tanzten und damit ein leichtes Funkeln erzeugten. Ich dagegen saß schwer wie ein Stein auf meinem Stuhl, unfähig mich zu regen und spürte lediglich die aufkeimenden Schmerzen meiner verkrampften Muskeln. Ein Kontrast wie Tag und Nacht.

Nach den Geschehnissen des vergangenen Abends, war ich zunächst geflohen. Hatte dabei dieses Brennen in meiner Sohle ignoriert und unter dem klaren Sternenhimmel Zuflucht gesucht.

Es bildete einen weiteren Kontrast und es war kaum zu glauben, wie diese beiden auf mich wirkten. Draußen war es so ruhig gewesen. So ruhig, dass ich meinem eigenen Atem hatte lauschen können. Dort hatte eine Atmosphäre vorgeherrscht, als sei niemals etwas passiert. Als sei niemals dieses Bild zerbrochen, niemals dieser Faustwechsel geschehen und niemals diese Worte gefallen.

Doch das Schlimmste der Nacht hatte ich erst bei meiner Heimkehr versorgt: Den aufgeschnittenen Fuß. Lediglich mit Desinfektionsmittel, einem großen Pflaster und ein paar halbherzig gewickelten Bandagen. Dabei wusste ich, dass es eine Wunde war, die mit Sicherheit genäht werden müsste. Zumindest ein Arztbesuch wäre von Nöten gewesen. Denn ich hatte noch nicht einmal eine Ahnung, ob sich innerhalb der Verletzung Glassplitter verbargen.

Aber letzten Endes war es mir auch egal gewesen. Ich hatte diesen Tag Zeit, um mich zu erholen und eine große Ration Schmerztabletten würde mir dabei helfen, auch die nächsten Tage zu überstehen.

Alles überhaupt kein Problem.

Ich hatte die Situation im Griff.

Mein Blick schweifte nun durch das leere Zimmer, als ich das Klingeln des Telefons vernahm, das auf der Küchentheke ruhte. Eigentlich hatte ich keine Lust aufzustehen und erwartete ohnehin, dass Naruto jeden Moment abheben würde. Doch irgendetwas ließ mich erahnen, dass ich vergebens wartete. Deshalb erhob ich mich mit aller Kraft und war überrascht, wie gut ich trotz der Verletzung noch auftreten konnte. Ein leichtes, zufriedenes Grinsen zierte dabei meine Lippen, als ich nun das Telefon zu meinem Ohr führte und mit der gewohnten Klangfarbe hineinbrummelte: "Uchiha?"

In den nächsten Sekunden, als sich am anderen Ende eine junge Dame vorstellte, stockte mir doch wahrhaftig der Atem. Sie war von der Agentur und wollte hinterfragen, ob es mir kurzfristig möglich sei, an der Galaveranstaltung heute Abend teilzunehmen.

Natürlich bejahte ich, ohne auch nur ein einziges Mal mit der Wimper zu zucken. Sie nannte mir noch den Ort der Veranstaltung, die Uhrzeit und verabschiedete sich dann mit ihrer freundlichen Stimme von mir. Der Tag war eindeutig gerettet. Mit Sicherheit würde ich dort auf ein paar weitere Produzenten treffen. Viele Leute würden dort sein. Das war meine Chance mich zu beweisen.

Kurz nachdem ich in Gedanken versunken war, begann erneut dieses penetrante Klingeln und ließ mich verwundert mit dem Kopf nach oben fahren. Es vibrierte leicht in meiner Hand, weshalb ich bloß auf den Hörer drückte und das Telefon erneut an mein Ohr hielt, ohne mich jedoch abermals zu melden.

"Sasuke?", ertönte es und mein Herz machte einen Aussetzer. Der vertraute Klang dieser Stimme ließ mich nahezu nach Luft ringen. Lange Zeit hatte ich damit gerechnet und auch darauf gehofft, dass sich die besagte Person bei mir melden würde. Doch jetzt war es für mich wie eine unschöne Überraschung. Etwas, das man lieber nicht geschenkt bekam.

"Sasuke, bist du das? Sag' doch mal was", forderte die Stimme wieder, wurde dabei in ihrem Klang allmählich nervöser. Zwar war mein Kopf in der Lage, auf die Frage hin zu nicken, doch meine Stimme schwieg auch weiterhin. Für ein paar Sekunden nahm ich mir deshalb nun die Zeit, um ruhig ein- und auszuatmen, dann startete ich einen neuen Versuch: "Itachi."

Das war alles, was über meine Lippen kam. Und in jenem Moment verstand ich nicht, warum mich sein Anruf derart aus dem Konzept brachte. Meine ungewohnte Reaktion war mir fast unheimlich.

"Mensch, warum sagst du denn nichts? Da kriegt man ja Angst", warf er mir vor, setzte aber gleich neu an: "Wie auch immer. Schön deine Stimme zu hören. Tut mir leid, dass ich mich länger nicht gemeldet habe, aber mir fehlte einfach die Zeit. Aber in ein paar Wochen werde ich ohnehin wieder in der Stadt sein, momentan bin ich noch unterwegs. So viel zu meiner Erklärung. Wie geht's dir denn, Brüderchen?"

Seine Stimmlage war sanft. Er erwartete gute Neuigkeiten. Natürlich, das tat ja jeder. Man rief nirgends an, um hören zu wollen, dass gerade die Welt unterging. Glaubte ich zumindest.

"Alles super. Ich erklimme gerade die Karriereleiter", versuchte ich seine Neugierde zu beschwichtigen, doch Itachi ließ längst nicht locker. Und das hätte ich eigentlich wissen müssen.

"Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Aber wie läuft's mit Naruto? Geht es ihm gut?", hinterfragte er und ich entnahm seinem Ton, dass er nur meinetwegen dieses Thema anschnitt.

"Bei uns ist auch alles super", murmelte ich tonlos. In diesem Moment konnte ich nicht beschreiben, was mich dazu ritt, ihn anzulügen. Ich hätte alles auspacken können. Ich hätte meinem Bruder berichten können, was für ein mieses Arschloch er war, aber irgendetwas hinderte mich daran.

Und das mochte meine eigene Scham vor der Wahrheit sein.

"Klingt ja nicht gerade überzeugend", erwiderte er und ich hörte nahezu, dass er am anderen Ende gerade schmunzelte.

"Deine Meinung", grummelte ich bloß und blinzelte der Sonne entgegen, als ich abermals aus dem Fenster heraussah. "Heute bin ich zu einer Gala eingeladen", erzählte ich gedankenversunken und beobachtete dabei dieses Windspiel, das sich durch die Blätter der Bäume zog.

Es war beruhigend und wunderschön zugleich.

"Das freut mich, Sasuke. Dann drücke ich dir auf jeden Fall die Daumen", meinte er ehrlich und ich hörte, wie gleichzeitig die Hintergrundgeräusche zunehmend lauter wurden. Es hörte sich an wie das anfängliche Donnern eines nahenden Gewitters.

"Pass auf, ich muss erstmal auflegen. Wir reden demnächst weiter. Ich melde mich", erklärte Itachi noch kurz angebunden und während die Stimmen im Hintergrund allmählich lauter wurden, war die Leitung mit einem Mal tot.

Es war ganz still.

Mein Blick schweifte nun über das Display des Telefons und als ich die letzten Anrufe durchging, stellte ich fest, dass Itachi nicht von seinem Handy aus angerufen hatte. Denn jene Nummer wäre mir angezeigt worden. Stattdessen musste er ein Münztelefon oder Ähnliches benutzt haben.

Eigentlich war es ein merkwürdiger Umstand, über den es sich gelohnt hätte nachzudenken oder Nachfragen zu stellen.

Aber wenn ich ehrlich blieb, dann war es mir ziemlich egal, was mein Bruder so trieb. Momentan hatte ich ohnehin Wichtigeres zu tun, als Babysitter zu spielen.

Schnaufend hob ich meinen kaputten Fuß an, der sich vom Stehen schon ganz taub anfühlte und setzte mich langsam wieder in Bewegung. Dieses Mal steuerte ich das Schlafzimmer an, um mir für den kommenden Abend passende Kleidung herauszusuchen.

Eigentlich hätte ich mir auch hierzu Gedanken machen müssen, aber jene Möglichkeit, dass sich Naruto in diesem Zimmer aufhalten könnte, war mir ebenso egal wie das Verbleiben meines Bruders.

Also betrat ich unbeirrt den Raum, sah mich kurz um und musste feststellen, dass der Blonde nicht anwesend war. Doch auch die Spuren der letzten Nacht waren beseitigt worden. Weder Scherben, noch Blut konnte ich auf dem Dielenboden erkennen, der unentwegt unter meinen Füßen knatschte, als ich mich über jenen hinweg bewegte.

Es war, als wäre gar nichts passiert. Nichts erinnerte an diese Situation zwischen mir und ihm.

Lediglich das Ticken der Uhr, die in Form eines Weckers auf dem Nachtschrank stand, erfüllte diesen Raum mit Geräuschen, sobald ich inne hielt.

Während ich mich nun daran machte, dem Anlass entsprechende Klamotten herauszusuchen, brannte sich in meinen Ohren dieses stetige Klacken ein, das von den Zeigern ausging.

Es setzte sich nahezu fest und ließ mich bei meinen Bewegungen unruhiger werden. Schnell zog ich einen Stapel Kleidung heraus und klemmte ihn mir unter den Arm, wobei ich bereits wieder aus dem Zimmer flüchtete. Unterwegs verlor ich zwar einige Socken oder andere Kleidungsstücke, aber in jenem Moment war es für mich absolut irrelevant. Ich wollte einfach nur noch weg.
 

Ein paar Stunden später, nachdem ich mich in extra weite Sneaker hineingezwängt und eine schwarze Hose, sowie ein weißes Hemd mit lockerer Krawatte angezogen hatte, stiefelte ich bereits durch die Straßen und wartete darauf, dass ich endlich bei der Gala erscheinen dürfte, die in etwa einer halben Stunde eröffnet wurde.

Zwei meiner Schmerztabletten fanden für den Fall der Fälle obendrein in meiner Hosentasche Platz und ich ließ mich vorerst auf einer der Bänke im Stadtpark niedersinken.

Erst nach ein paar Minuten wurde mir bewusst, dass mir die Ironie wieder einmal Streiche spielte: Es war dieselbe Bank, wo ich mich noch vor kurzem übergeben hatte. Seitdem war in Tagen gerechnet nicht viel Zeit vergangen, aber in meinem Kopf führte ich jetzt nahezu ein neues Leben.

Während ich dort saß und meinen Blick stur zu Boden richtete, wunderte ich mich darüber, wie ruhig ich Zuhause geblieben war. Zumindest nach den vorigen Ereignissen. Vielleicht lag meine Ruhe ganz einfach daran, dass ich Naruto aus dem Weg gehen konnte.

In den nächsten Tagen würde ich mich auf jeden Fall um eine neue Wohnung bemühen. Die Zeit, in der sich seine Gegenwart beruhigend auf mich auswirkte, war einfach vorbei. Heute war er der Grund für meine Aggressionen. Das könnte sich wiederum negativ auf meine berufliche Zukunft auswirken.

Etwas, das ich auf keinen Fall zulassen konnte. Um keinen Preis.

Seufzend erhob ich mich nun von der Bank und setzte meinen Weg fort. Mit großen Schritten bewegte ich mich zur Haltestelle und fuhr mit dem Bus weiter in die Innenstadt, wo ich schließlich nach dem Anwesen von meinem Chef Ausschau hielt, bei dem die Gala selbstredend veranstaltet wurde.

Eine regelrechte Villa tat sich vor meinen Augen auf und rief mir noch einmal das Vermögen dieses Mannes in Erinnerung. Ein Vermögen, das auch ich irgendwann besitzen könnte, wenn ich mich nur nicht zierte auch mal die Drecksarbeit zu erledigen.

Ehrfürchtig schritt ich auf dem langen Weg aus Kopfsteinpflaster entlang und musterte dabei den riesigen Garten, mit den vielen Blumen, den zurechtgestutzten Buchsbäumen und dem kleinen, antiken Springbrunnen, der die Mitte der Gartenhälfte zierte.

Bestimmt drei oder vier Minuten war ich gelaufen, ehe ich bei den zahlreichen, parkenden Autos, sowie der Haustür angelangte. Von innen vernahm ich bereits Stimmen, die in rege Unterhaltungen vertieft waren. Tief einatmend drückte ich auf die Klingel, die ebenso verschnörkelt wie der Rest des Gebäudes war und es dauerte nur ein paar Sekunden, bis die Tür geöffnet wurde und ich in die dunklen Augen eines jungen Mannes blickte, der mich nach meinem Namen fragte und anschließend hereinbat.

Meine Jacke durfte oder sollte ich sogar bei ihm abgeben und nachdem ich diesem Ritual Folge geleistet hatte, erkundete ich auch schon meine Umgebung, die von Statuen und großen, sowie kleinen Bildern oder anderen geschmackvollen Dekorationen geschmückt wurde.

Schließlich trat ich in eine Art Saal, wo sich auch der Großteil der annährend zweihundert Gäste aufhielt und sich mit Sektgläsern an den Stehtischen aufhielt. Gleichzeitig liefen einige Frauen und Männer mit Tabletts durch den Raum und versorgten die Menschen mit den besagten Aperitifs.

Ganz am Ende des Saals machte ich sogar eine Art Bühne aus, wo vermutlich später eine Band oder Ähnliches für Unterhaltung sorgen würde.

Ansonsten war es wirklich genauso wie man es sich vorstellte: Alle waren in Abendgarderobe zu bestaunen, wobei die Jüngeren natürlich etwas légerer gekleidet waren.

Schließlich vernahm ich neben mir ein paar lautere Geräusche und als ich daraufhin zur Seite blickte, fiel ich beinahe um, als ich in diese stechenden Augen sah. Für einen Moment setzte mein Herzschlag aus, doch ich fand meine Contenance recht schnell wieder und konnte zu meinem eigenen Erstaunen sogar ein leichtes Lächeln aufsetzen, das die Freude über das Zusammentreffen widerspiegeln sollte. Das war das erste Mal, dass ich die kurze Zeit des Schauspielunterrichts nicht mehr als durchweg sinnlos empfand.

"Sehr erfreut, Herr Uchiha", meinte er freundlich und reichte mir die Hand, welche ich auch sogleich schüttelte.

"Ganz meinerseits", entgegnete ich förmlich und mein Magen zog sich entweder vor Schmerz oder hämischem Lachen zusammen, wenn ich daran dachte, wie der sonstige Umgang ausfiel.

Neben Orochimaru erblickte ich schließlich eine ebenso schwarzhaarige Frau, wie er es war und sie schien auch in etwa seiner Altersgruppe anzugehören.

Die Schlussfolgerung traf mich wie ein Schlag: Das war doch unmöglich seine Frau. Die logische Konsequenz dieses Erscheinungsbildes, aber ich wollte daran nicht glauben. Sie konnte auch genauso gut seine Schwester sein.

"Darf ich vorstellen, das ist meine Frau Ai. Ai, das ist Sasuke Uchiha, einer meiner Tänzer", verkündete er voller Stolz und legte dabei eine Hand um ihre Hüfte.

Ein tiefsitzender Faustschlag.

Etwas, das mich Galle spucken lassen könnte.

Ein unbeschreibliches Gefühl.

Obwohl ich es nicht beabsichtigte, wandte ich dennoch reflexartig den Blick beschämt zu Boden, nachdem ich für ein paar Sekunden in ihre blauen Augen gesehen hatte. Warme Augen, die eigentlich ihre Zufriedenheit ausstrahlten, während ihr Mann unbeirrt...

Innerlich hielt ich mir die Hand vor den Mund.

Ruhe bewahren.

"Denk' an deine Contenance. Denk' an dein Ziel. An deinen Traum", schallte es durch meine Gedanken und dennoch wusste ich nicht, wie ich mich fühlen sollte. Einerseits konnte es mir egal sein, ob sie von ihrem Ehegatten betrogen wurde, aber andererseits war es auch unmöglich darüber hinwegzusehen. Sie schien wirklich von nichts eine Ahnung zu haben.

Und für mich war diese Situation, dass ich derart verlogen vor ihr stehen musste, nahezu erschlagend. Als würde die Welt mitsamt dem jüngsten Gericht über mir zusammenbrechen.

"Sehr erfreut", meinte ich nun mit einem Lächeln, sah sie dabei wieder an und schüttelte auch ihre Hand. Anschließend nickte sie mir zu, drückte ihrem Mann einen Kuss auf die Wange und verabschiedete sich, um mit ihren Freundinnen etwas Zeit zu verbringen.

In diesem Moment trat mein Chef einen Schritt näher auf mich zu. "Pass auf, wir haben nachher noch hohen Besuch, die für ein neues Projekt den richtigen Tänzer suchen. Dafür wurde auch diese Gala ins Leben gerufen. Und ich dachte, du könntest hier dein Talent beweisen. Also vermassel es nicht", riet er mir und wandte sich dann ohne eine Antwort abzuwarten von mir ab und folgte seiner Frau, die lachend bei ein paar anderen Personen stand.

Nach diesen psychischen Grausamkeiten, machte ich mich, nachdem ich einige Sekunden reglos an Ort und Stelle verharrt hatte, auf den Weg zu den Toiletten, die ich allerdings nur mit Hilfe vieler Nachfragen finden konnte.

Dennoch befand ich mich schließlich innerhalb des von mir verschlossenen Badezimmers und ruhte auf dem Toilettendeckel, wobei mein Blick einfach nur in die Leere glitt.

Niemals hätte ich auch nur erahnt, dass dieser Mann verheiratet war. Der Mann, der diese unmöglichen Dinge forderte. Er hatte nicht nur eine Affäre. Nicht nur diese ungewollte, einseitige mit mir. Er hatte viele. Und ich vermochte nicht zu sagen, wie viele es genau waren.

Wieder ließ ich diese Szenerie ohne meinen Willen revue passieren. Alle Bilder der letzten Tage schwabbten in mir hoch und ich drehte mich dabei augenblicklich, klappte den Deckel hoch und übergab mich geradewegs in die Toilette hinein. Mein Atem ging schwer, wieder zitterte meine Unterlippe und mit dem Handballen wischte ich mir über die Augen, die hoffentlich nicht tränen würden.

Diese Schwäche, sie kotzte mich so an. Warum konnte ich nicht einfach alles Unerhebliche ausblenden? Was kümmerte mich das Schicksal dieser Frau?

Es war ihre eigene Schuld, wenn sie so blind war, es nicht zu bemerken. Dafür konnte ich doch nichts. Ich hatte mir das Ganze schließlich nicht ausgesucht. Kopfschüttelnd betätigte ich die Spülung und stellte mich nun vor den großen, beleuchteten Spiegel.

Vorsichtig strich ich mir die Haare aus dem Gesicht und blinzelte einmal meinem Spiegelbild entgegen. Es war, als würde er mich angrinsen.

"Hör' auf zu lachen", grinste ich zurück und zog eine Tablette aus meiner Tasche heraus, die ich sofort mit ein wenig Leitungswasser herunterspülte, von dem ich mir anschließend noch reichlich ins Gesicht kippte. Tief ein- und ausatmend stand ich nun dort und versuchte ganz ruhig zu werden. Zum wiederholten Mal an diesem Tag gelang es mir jedoch nur mäßig.

Wieder schweifte mein Blick über mein Gesicht und ich sah die leichten Augenringe, die im Kontrast zu meinem fahlen Hautton standen.

"So viele Kontraste", nuschelte ich und strich einmal über meine eigene Wange. Eigentlich nur, um diese Haut zu fühlen, die so blass war, doch ich genoss dieses Gefühl, als meine warme Hand auf ihr ruhte. Wann war ich das letzte Mal so berührt worden?

Nahezu gleichzeitig wanderte meine Hand auch schon meinen Körper herab, strich über meinen Schritt und ließ mich endlich wirklich entspannen. Meine Finger glitten über den Stoff meiner Hose, während ich meine Augen schloss und weiterhin meine andere Hand an der linken Wange ruhen ließ. Ein leiser Ton der Zufriedenheit verließ meinen Mund, wobei sich ein Bild in meinem Kopf zu formen begann. Doch noch ehe ich es vollenden konnte, klopfte es auch schon aufgebracht an der Tür.

"Du bist jetzt schon seit über zehn Minuten da drin, du Penner! Hier gibt es auch noch andere Menschen, denen die Blase drückt, also mach' mal hinne!", brüllte mir jetzt ein offensichtlich jüngerer Mann entgegen und sorgte sofort dafür, dass ich wieder in der Realität landete.

Blinzelnd ließ ich von mir ab, drehte noch einmal kurz das Wasser auf, um mir die Hände zu waschen und verließ dann mit zügigen Schritten das Badezimmer, wobei ich dem Typ, der noch immer vor sich hin grummelte, ein leises: "Sorry", zukommen ließ.

"Idiot", erwiderte er daraufhin bloß und knallte die Tür mit einem beachtlichen Rumms zu, wobei ich bereits wieder den Weg zurück zum Saal suchte.

Unterwegs war es angenehm still, als ich durch die unterschiedlichen Gänge schritt und ich fand die Zeit, um über das nachzudenken, was ich beinahe getan hätte. Seit wann verspürte ich den Wunsch nach Selbstbefriedigung? Das letzte Mal war eigentlich bereits drei Jahre her.

Mein Verhalten war einfach nur absurd. Total lächerlich.

Auf dem Weg nach unten begegnete ich lediglich einer jungen Frau, die mir beim stillen Vorbeigehen zuzwinkerte und mich dazu animierte, ihr nachzusehen. Ich musterte ihre gute Figur, die von einem engen Kleid besonders betont wurde und ihre schulterlangen, braunen Haare, die einen Blick auf ihren Rücken gewährten.

Und für einen Moment war ich geneigt, ihr zu folgen und endlich wieder Sex mit einer schönen Frau zu haben. So wie es früher die Norm gewesen war.

Das, was mich an meinem Vorhaben hinderte, war die Angst, dass ich durch mein Verlangen diesen wichtigen Auftritt verpassen könnte. Niemals würde ich mir das verzeihen. Niemals.

Deshalb setzte ich meinen Weg fort und fand schon bald zu den anderen Gästen zurück. Vorne ertönte nun erstmalig seit meiner Ankunft das Mikrofon und kündigte den Manager einer Band an, der für das neue Video noch einen Hauptdarsteller suchte, der sowohl tanzen als auch schauspielern konnte. Und etwas Besonderes sollte er natürlich sein.

Die Rolle war wie für mich geschaffen.

Einzelnd traten nun in den folgenden Minuten meine Kollegen auf die Bühne und performten zu dem Lied, das vorgespielt wurde. Insgesamt befand sich nichts Schlechtes, aber auch nichts Herausragendes darunter. Schließlich wurde auch mein Name erwähnt, weshalb ich mich zur Bühne vorkämpfte und ebenfalls meine Interpretation vorstellte.

Erst jetzt merkte ich mein Handicap ganz deutlich: Ich versteifte mich, da es trotz der Verarztung und den Tabletten unangenehm war, den Fuß zu belasten.

Entsprechend schlecht musste auch meine Vorführung verlaufen und als ich nach getaner Sache die Bühne verließ, fühlte ich mich unwohl in meiner Haut. Ganz offensichtlich hatte ich abermals versagt. Und ich wusste genau, wessen Schuld das war.

"Herr Uchiha", ertönte eine Stimme hinter mir und als ich mich herumwandte, stand dort der Mann, vor dem ich soeben getanzt hatte.

"Es hat mich gewundert", bemerkte er, als er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt stand und ich nickte schuldbewusst.

"Tut mir leid. Ich dachte nicht, dass meine Fußverletzung derart gravierend ist", rechtfertigte ich mein Versagen und er nickte ebenfalls.

"Nun ja, Ihre Ausstrahlung hat mir eigentlich für das Video zugesagt, aber Sie werden sicherlich verstehen, dass wir unter starkem Zeitdruck stehen, weshalb wir einfach nicht warten können, bis Ihre Kräfte zurückkehren. Der Grund, warum ich nochmal das Gespräch mit Ihnen suche, ist einfach der, dass ich Sie als Ersatz vorsehe, sollten wir ansonsten nichts Gescheites finden. Was halten Sie davon?", fragte er und lächelte mir entgegen, wobei er mir seine Rechte für einen Händedruck reichte.

"Einverstanden", lächelte ich zurück, obwohl es mich innerlich zur Weißglut trieb. Ich saß tatsächlich auf der Ersatzbank. Nachdem wir diese Zusage mit einem Händedruck besiegelt hatten, meinte er noch: "Ich werde mich mit Ihnen in Verbindung setzen, Herr Uchiha."

Anschließend entfernte er sich mit zügigen Schritten von mir und auch ich machte mich auf den Weg, um nach der Bar zu suchen. Schließlich wusste ich genau, was ich nach einer derartigen Enttäuschung dringend benötigte.

Die folgenden zwei Stunden verbrachte ich unentwegt auf dem Barhocker und vernichtete einen Drink nach dem anderen, wobei ich immer wieder das Geschehen beobachtete. Vor allem zu dieser Ai schweiften meine Augen zunehmend häufiger.

Mit steigender Promille, brach ich auch zunehmend häufiger in ungerechtfertigtem Gelächter aus, sobald mich jemand ansprach.

Ich wusste nicht mehr, wer oder was ich eigentlich war.

Und wenn ich darüber nachdenke, dann war das zu jenem Zeitpunkt auch verdammt gut so.
 

Blinzelnd schlug ich meine Augen auf, ließ sie aber vorerst doch geschlossen, als ich in dieses gleißende Licht der Deckenbeleuchtung blickte.

Stöhnend bemerkte ich, dass ich mich auf einem Bett befand und keine Ahnung hatte, wie oder warum ich eigentlich hierher gelangt war. Alles, was ich wollte, war, nicht allein zu sein.

Plötzlich vernahm ich eine warme Hand an meiner Wange, die mir signalisierte, dass eine andere Person bei mir war und mich vor der Einsamkeit bewahrte. Ihre Hand war so warm, dass sie mir sogar die Tränen in die Augen trieb.

Naruto war hier. Er war da. Selbst jetzt noch.

Mein Herz schlug auf einmal so wild, wie schon lange nicht mehr und während diese stummen Tränen meine Wangen herabliefen, bewegte ich mich zu folgenden Worten, die mehr gestammelt und leise meinen Mund verließen: "Es tut mir leid...Ich liebe dich. Es tut mir so leid."

Ich wusste nicht, wie es klang. Ich wusste nur, dass ich seine Vergebung wollte. In diesem Moment wünschte ich mir nichts mehr als das. Einfach die Zeit zurückdrehen. Noch einmal von vorne beginnen.

Ich würde alles hinter mir lassen. Wenn er mich nur noch wollte.

"Was redest du denn da?", erwiderte eine Stimme, die mir plötzlich so fremd erschien. In einem Tonfall, der mich den Schock, aber auch die Wut erahnen ließ.

Meine Lippen blieben geschlossen, während ich ihn innerlich anflehte, mir zu verzeihen. Ich wusste doch, was mir fehlte. Die warmen Hände, die schönen Augen und das gütige Lächeln. Dieses unvergleichliche Gefühl, wenn er mich in seine Arme schloss und damit jegliches Unbehagen von mir nahm.

Er sollte es jetzt wieder tun. Mich einfach nur in seine Arme schließen. Mein erbärmlicher Anblick wäre mir dabei egal.

Ich brauchte Hilfe.

"Du weißt doch genau, dass es darum nie ging. Es war von Anfang an lediglich eine sexuelle Beziehung geplant. Seit du hier bist. Ich dachte, das wüsstest du. Sasuke", erwiderte er und ich wusste nicht genau, was in jenem Augenblick in mir zerbrach.

Aber irgendetwas zerfiel ganz eindeutig in seine Einzelteile.

Denn Naruto wollte mich nicht mehr. Das war die bittere Wahrheit mit der ich leben musste. Und das war es wohl auch, wovor ich so viel Angst hatte. Zumindest glaubte ich das, während ich in diesem Bett lag und spürte, wie seine Hände meinen Körper weiter erkundeten.

Wie hatte ich bloß jemals an mehr glauben können?

Des einen Traum; des anderen Realität

Hey Leute :-)

Es folgt nun eine ganz andere Perspektive, die aber nicht grundlos gewählt wurde. Ich denke, dass ihr den Sinn und Zweck des Ganzen im Laufe des Lesens heraufinden werdet.
 

LG

TDR
 

PS: Danke für all die tollen Kommentare, ab jetzt werde ich auch wieder strukturiert antworten :D In letzter Zeit war echt viel zu tun, nochmal sorry!
 

An diesem Montagmorgen wurde mit einem Mal zu einem deutlich verspäteten Zeitpunkt die Tür aufgeschlagen. Seit knapp zehn Minuten sprach unser Lehrer in Hülle und Fülle, schwärmte von dem neuen Thema und alle - einschließlich Naruto - waren verwundert, dass eine ganz bestimmte Person seit geraumer Zeit das erste Mal zu spät kam.

Meine Augen folgten der Person, die gerade an uns allen wortlos vorbeischritt, bis sie sich schließlich an ihrem Platz niederließ und lediglich mit ihren leisen Schritten, die innerhalb des Raumes widerhallten, die plötzlich eingebrochene Stille unterbrach.

Selbst Herr Umino brachte in jenem Moment kein einziges Wort über die Lippen, sondern verfolgte nur ebenfalls den wandelnden Körper des eigentlichen Musterschülers Sasuke Uchiha, der eine Entschuldigung für sein Zuspätkommen anscheinend für überflüssig hielt.

In dem Augenblick, als er, ohne von mir Kenntnis zu nehmen, an mir vorbeischritt, erhaschte ich ein genaueres Bild von ihm: Er sah verschlafen aus. Aber auch verärgert und irgendwie eine Spur melancholisch, wie ich fand. Er befand sich in einer Stimmlage, in der man das Gespräch mit ihm eindeutig und zu seiner eigenen Sicherheit meiden sollte, soweit dies möglich war.

Und dieser Fakt entging auch unserem verdutzten Lehrer nicht, weshalb auch er, entgegen seiner Norm, ohne jegliche Belehrung mit seinem Unterricht fortfuhr.

Dennoch herrschte ab diesem Zeitpunkt eine erdrückende Atmosphäre in unserer Klasse. Alle schienen neugierig auf Sasukes Verhalten zu sein, hatten vermutlich auf die Nachfragen des Lehrers gehofft, weil sie sich trotz ihrer Neugier nicht trauten den Schwarzhaarigen direkt anzusprechen.

Nicht einmal Naruto, der bekanntlich den innigsten Umgang mit dem Uchiha pflegte - worüber Hinata und ich jedoch besser informiert waren, als der Rest - ignorierte jenen gekonnt, obwohl er neben ihm saß. Sie sahen sich nicht einmal an.

Früher waren immer wieder Blicke oder kurzweilige Gespräche ausgetauscht worden, heute herrschte eine eisige Stimmung zwischen den beiden. Als wären sie beiderseits bemüht, den anderen bestmöglich auszublenden.

Es kam an diesem Tag kein einziges Mal zur Konfrontation. Das mochte zwar für Sasuke nicht ungewöhnlich sein, für Naruto allerdings schon. Er war im Gegensatz zu dem Uchiha nicht der Typ, alles in sich hineinzufressen. Lieber reagierte er direkt und schaffte auf diese, zugegeben oftmals nervige, aber auch hilfreiche Art und Weise, die Probleme zügig aus der Weltgeschichte.

Doch in Gegenwart des anderen schien er mit einem Mal ein völlig anderer zu sein. Viel distanzierter, als man es von dem quirligen Blondschopf gewohnt war und erwartete.

"Sakura", ertönte nun hinter mir die Stimme des Besagten und ich wandte mich gleich darauf zu ihm herum, sah in seine ausdrucksstarken blauen Augen und das freundliche Gesicht, wobei mir auffiel, dass ich den Schulschluss offensichtlich etwas verpasst hatte. Denn auch die letzten Schüler waren gerade dabei das Klassenzimmer zügig zu verlassen.

"Was ist?", fragte ich sofort und setzte gleich darauf ein ebenfalls liebevolles Lächeln auf. Narutos Miene stimmte mich einfach freudig. Jedes Mal. Auch wenn ich nie mit Sicherheit sagen konnte, ob er sich wirklich gerade so fühlte, wie er sich präsentierte.

"Magst du noch mit zu mir kommen?", hakte er nach, wandte aber gleichzeitig den Blick von mir ab. Anscheinend war ihm jene Frage trotz unserer Freundschaft unangenehm.

"Meinst du, das geht in Ordnung?", konterte ich jedoch vorerst mit einer Gegenfrage, da ich nicht wusste, wie Sasuke darauf reagieren würde, der ja voraussichtlich noch immer bei Naruto wohnte.

Doch der Blonde winkte beruhigend ab.

"Keine Sorge. Sasuke ist sowieso nicht Zuhause. Der trainiert", erklärte er kurz und knapp und bedeutete mir danach mit einem Nicken, dass ich mich erheben sollte. Ebenfalls nickend kam ich seiner Bitte nach und schulterte direkt meine Tasche, um nun neben ihm herschreitend das Klassenzimmer zu verlassen.

Zwar hatte ich keinerlei Auskunft bekommen, warum er mich einlud, doch eigentlich konnte ich mir den Grund dafür auch schon denken: Vermutlich wollte er die Zeit einfach nicht alleine verbringen. Seine Einstellung konnte ich sogar nur zu gut nachvollziehen. Denn als ich vor ein paar Jahren meine aussichtslose Liebe zu Sasuke verarbeitet hatte, da war ich, sobald ich alleine war, immer wieder in Gedanken versunken; hatte mir Vorwürfe gemacht und mich selbst in den Abgrund namens Selbstmitleid gestoßen.

Das war wohl auch einer der Gründe dafür, weshalb mir für eine lange Zeit der Umgang mit Jungs recht schwer gefallen war.

"Wenn du magst, kann ich dir gleich was kochen. Oder ich mache dir einen Salat. Ganz wie du willst", bot Naruto zuvorkommend an und ich nahm sein Angebot lächelnd entgegen.

"Klingt gut. Aber vorher muss ich noch Zuhause Bescheid sagen, dass ich später komme", erklärte ich und zog kurzerhand mein Handy aus der Tasche heraus. Schnell tippte ich unsere Telefonnummer ein und schilderte meiner Mutter zügig die Situation, dass ich noch mit zu einem Freund gehen wollte. Wie immer wies sie mich darauf hin, dass ich vorsichtig sein und um Himmels willen bloß verhüten sollte. Ich stempelte ihr Verhalten jedes Mal wohlwollend als die Wahnvorstellungen einer liebenden Mutter ab, die dennoch ganz schön meine Nerven strapazierten.

"Alles klar, Mum. Ja, ich liebe dich auch. Bis heute Abend", säuselte ich noch ins Telefon, um sie ruhig zu stimmen und legte dann als Letztes auf. Kurz seufzte ich entnervt in Richtung Himmel und verstaute dabei wieder mein Handy in der Schultasche.

"Warum so gestresst? Sei doch froh, dass sich deine Mutter sorgt", hörte ich Narutos Stimme neben mir und meinte nur unüberlegt: "Wenn man das jeden Tag hört, dann nervt das irgendwann. Da hätte ich es lieber, würde sie sich überhaupt nicht mehr sorgen. Dann hätte ich zumindest mal meine Ruhe."

Kurz lachte mein blonder Freund auf, weshalb ich einen Moment zu ihm schielte, jedoch schnell wieder beschämt den Blick abwandte, als ich seine dennoch traurige Miene bemerkte. Das war eindeutig das falsche Thema.

"Ich nehme dann gleich einen Salat, wenn's recht ist", lenkte ich ab und Naruto versicherte mir, dass er mir einen besonders leckeren zubereiten würde. Das habe er in den vergangenen Woche oft genug machen müssen.

Nachdem wir unser Ziel erreicht hatten, begaben wir uns umweglos in die Küche und ich nahm dort auf einem der wenigen Stühle Platz, wobei ich Naruto bei seiner Arbeit beobachtete.

"Und ich soll dir wirklich nicht helfen?", fragte ich noch einmal nach, doch ich erkannte von hinten, wie er seinen Kopf schüttelte, während er bereits den Salatkopf unter den Wasserstrahl hielt.

"Nicht nötig. Du bist schließlich mein Gast", entgegnete er und begann den Salat nun in mundgerechte Stücke zu schneiden. Er wirkte dabei so besonnen und auf die Perfektion seiner Arbeit konzentriert, als würde er jene gar nicht für mich machen.

Alles, was er tat und sagte; seine ganzen Handlungen und sein Sein drehten sich immer nur um dasselbe.

Immer. So schien es mir jedenfalls.

Wann tat er überhaupt einmal etwas nur für sich selbst?

Mein Blick wanderte über den Küchentisch, musterte die Maserung und mir wurde selbst gar nicht wirklich bewusst, wie trüb mein Augenausdruck dabei wurde, bis Naruto mich schließlich mit seinem herzlichen Lachen und dieser unverwechselbar neckischen Art darauf hinwies.

Inzwischen schlug mir mein Herz bis zum Hals.

Mit einer knappen Handbewegung stellte er die Salatschüssel, sowie ein Glas Wasser und Besteck vor mir ab, ehe er selbst mit einem Glas Cola vor mir Platz nahm und daran nippte.

Er wirkte so abwesend. Dennoch vernachlässigte er mich eigentlich in keinster Weise. Naruto war wirklich ein einzigartiger Mensch. In allem. Es war nahezu bewundernswert.

Vermutlich würde ich das, was er durchstand, niemals ertragen. Damals hatte ich so oft um Sasuke getrauert, teilweise in meinem kranken Liebeswahn an Selbstmord gedacht. Natürlich niemals ernsthaft. Heute glaube ich, dass es immer nur ein verzweifelter Schrei nach seiner Aufmerksamkeit war. Ein Hilferuf, der zu aller Zeit nur in meinem Innersten stattfand.

Dabei hatte ich Sasuke niemals gekannt. Nur blind einem schönen Bild vor meinen Augen nachgejagt. Ich hatte niemals erfahren, wie es sich anfühlt, wenn Sasuke die eigenen Gefühle zumindest ein Stück weit erwidert. Deshalb fragte ich mich, was momentan in Naruto vorgehen musste. Vor allem da ich glaubte, dass Naruto eine andere Liebe für Sasuke empfand, als ich damals.

Bei meiner Liebe war es oftmals nur um mich gegangen. Ich hätte ihn gerne besessen. Um mit ihm zu prahlen oder einfach um einen schönen, begehrten Menschen um mich herum zu haben. Damit konnte Naruto nicht angeben. Niemand wusste von ihrer Beziehung und würde es die Klasse doch irgendwann erfahren, dann wäre es wohl auch kein Anlass zum Prahlen. Viel mehr würde es ein Spießrutenlauf werden.

Aber all das akzeptierte Naruto.

Diese Liebe schien so einfach und war gleichzeitig so unendlich kompliziert, dass es mir die Kehle zuschnürte. Mir wäre eine solche Liebe zu unhandlich. Vielleicht auch zu anstrengend.

Ob Sasuke wohl ähnlich dachte?

Kurz erinnerte ich mich an Narutos Erklärung. Sasuke hatte ihn mit einem anderen Mann betrogen. Zudem mit seinem Chef. Das hatte wohl weniger damit gemein, dass ihm die Art von Beziehung zu kompliziert war. Es war ganz einfach ein Betrug.

"Was ist eigentlich genau passiert?", hakte ich nun gedankenversunken, aber mit ehrlichem Interesse nach, womit ich zudem endlich diese eingekehrte Stille durchbrach.

Im ersten Moment blinzelte Naruto überrascht, doch schnell fing er sich wieder und grinste ein Grinsen, das eine Mischung aus Erheiterung und Hohn darstellte.

"Kann ich dir sagen", leitete er ein und nahm noch einen kräftigen Schluck von seiner Cola, woraufhin er sein Glas mit einem Knall auf dem Tisch abstellte. Als wolle er mich damit vorwarnen, dass das Kommende kein Zuckerschlecken war.

"Sasuke ist ein Mann, der mehr Wert auf seinen beruflichen Erfolg als auf alles andere legt. Ich denke, das liegt einfach daran, dass sein Vater ihn nicht wirklich leiden kann und er ihm trotzdem oder gerade deshalb beweisen möchte, dass er eben doch ein richtig Toller ist", grinste er hämisch und verschränkte die Arme abweisend vor der Brust.

Ihm fiel das Gespräch wohl doch schwerer, als er zugeben wollte.

"Er hat Probleme in seinem Elternhaus?", fragte ich nach und konnte mir das fast gar nicht vorstellen. Sasuke machte immer einen so makellosen Eindruck. Und jener übertrug sich selbstverständlich auch auf das Bild seiner Familie.

"Ziemliche sogar. Sein Bruder wird hochgelobt, während er immer getadelt wird, er solle sich ein Beispiel nehmen. Egal, wie sehr er sich bemüht. Das spielt keine Rolle. Damals..." Für einen Moment hielt Naruto bei diesem Wort inne und schnaubte einmal abfällig über seine eigene Formulierung.

"Von wegen damals. Das klingt ja, als ständen wir uns schon eine Ewigkeit nahe. Vor ein paar Wochen hat sein Vater uns mehr oder weniger in flagranti erwischt", erklärte er ganz offen und ich lief bei jenen Worten vor Scham etwas rot an. Klar, eigentlich wusste ich, dass sie intim miteinander wurden, aber es aus seinem Mund zu hören, war doch etwas anderes. Es war irgendwie so absolut.

Es war kein Spekulieren mehr, sondern ab dem Moment eine Tatsache.

"Deshalb ist Sasuke auch ausgezogen", fuhr er fort und ließ mich damit wieder aufsehen. "Er hat sein Elternhaus für mich verlassen. Glaubte ich zumindest immer. Ich dachte, das sei sowas wie ein Liebesbeweis. Tja, bin ich ganz schön auf die Schnauze gefallen", lachte er nun gedämpft und weckte in mir das Bedürfnis, ihn einfach nur zu umarmen.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Naruto so etwas fehlte. Beim besten Willen konnte ich mir nicht vorstellen, dass er diese Art von Zuneigung häufig von Sasuke erhalten hatte. Diese Nähe, die nicht auf sexueller Basis beruhte.

"Trost spenden", dachte ich bei mir und stellte mir vor, dass Naruto sehr wahrscheinlich immer der Trostspendende in der Beziehung gewesen war.

Aus diesem Grund erhob ich mich von meinem Stuhl und überbrückte rasch die Distanz zwischen uns, um ganz unverbindlich meine Arme um diesen Körper zu legen, der diese Art von Fürsorge dringend nötig hatte.

"Sakura?", fragte Naruto nahezu tonlos, erwiderte meine Umarmung jedoch zügig. Nahezu sehnsüchtig. Nicht nach mir. Sondern nach dieser Geste.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass er seinen Gefühlen so freien Lauf lassen konnte, doch Naruto blieb völlig gefasst.

Er erzählte sogar lieber weiter, anstatt zu weinen.

"Sasuke hatte immer den Traum, bei dieser großen Agentur zu arbeiten. Und nach unserem minimalen Erfolg im Showbusiness wurden wir tatsächlich zu einem Vortanzen eingeladen und letztlich sogar angenommen. Aber zu einem anderen Preis, als ich dachte. Er hat sich für seinen Traum prostituiert. Anders kann man das nicht sagen. Das war wohl der Deal für unsere Aufnahme. Irgendwann gab es keinen Zweifel mehr. Er hat es sogar zugegeben. Er merkt gar nicht, wie schlimm das ist, was er tut. Nicht nur für mich, sondern auch für sich selbst. Sasuke verliert die Kontrolle über die Situation", redete Naruto vor sich hin und hielt einen Moment inne.

"Als ob er sie jemals gehabt hätte", meinte er mehr an sich selbst gerichtet und verstärlte minimal den Griff um meinen Oberkörper. Ich wollte noch etwas erwidern, doch mit einem Mal schreckte ich hoch, als im Hintergrund das Telefon klingelte.

Träge erhob auch Naruto sich schließlich von seinem Sitzplatz, nachdem er ein paar Sekunden offensichtlich damit gerungen hatte, ob er überhaupt abnehmen sollte. Doch ein gewisses Interesse schien er an dem Anruf zu haben, obwohl er keinen zu erwarten schien.

"Uzumaki?", rief er in den Hörer und lehnte sich dabei gegen die Küchentheke. Doch nach ein paar Sekunden, in denen er aufmerksam lauschte, wandelte sich mit einem Mal sein Gesichtsausdruck: Ihm entgleisten nahezu die Züge.

"Nein, tut mir leid. Ich tanze nicht mehr", erwiderte er trotzdem energisch und wollte anscheinend seinen Gesprächspartner wegdrücken, hielt dann aber doch noch einmal aus mir unbekannten Gründen inne und hörte abermals zu. Plötzlich weiteten sich seine Augen und ich glaubte, seinen Puls bis zu mir an den Küchentisch schlagen zu hören.

"Alles klar. Ja, in einer Stunde", murmelte Naruto nun bedeutend ruhiger und legte endgültig den Hörer beiseite.

Mit fragendem Blick musterte ich seine trübe Miene und räusperte mich sogar einmal, um seine Aufmerksamkeit zu ergattern. Tatsächlich huschten seine Augen wachsam in meine Richtung und entlockten mir sogleich folgende Worte: "Wer war das?"

Eine Frage, die mir gar nicht wirklich zustand, aber das schien Naruto nicht zu kümmern. Denn er erwiderte monoton: "Jiraiya. Ich soll zu so einem komischen Vortanzen erscheinen."

Kurz zuckte er gleichgültig mit seinen Schultern, dann nahm er wieder seine Ausgangsposition ein, indem er sich vor mir niederließ.

"Warum hast du erst abgelehnt und dann doch zugestimmt?", hakte ich interssiert nach und betrachtete sein grübelndes Gesicht dabei eindringlich. Ganz aus seinen Gedanken gerissen, starrte er mich schließlich an, ließ aber nur Sekunden später sein allzeit präsentes Lächeln folgen.

"Es geht um ein neues Projekt. Eigentlich habe ich keine Lust, aber er meinte, dass ansonsten wohl ohnehin Sasuke den Auftrag bekäme. Er meinte wohl, das würde mich zufrieden stimmen, aber ganz im Gegenteil: Das will ich nicht."

Blinzelnd schweiften meine Augen über sein Gesicht, während ich bemüht war, seine Argumentation zu begreifen. "Warum nicht?", hinterfragte ich, da mir der Grund einfach schleierhaft erschien.

"Darum nicht", grinste er zurück und fügte dann hinzu: "Wir sollten uns auf den Weg machen. Sofern du mit willst. Ich muss mich noch kurz umziehen."

Nur einen Augenblick später knarrte bereits der Stuhl und seine Füße schlurften trotz dieser offensichtlich hervorragenden Chance lustlos über den Boden.

Dabei war das Tanzen immer sein Traum gewesen. Nun war er soweit gekommen und dennoch benahm er sich wie ein Mann, der einen Job ausführen musste, der ihm überhaupt nicht schmeckte. Wie jemand, der täglich dem gleichen Trott folgte und schon morgens den Feierabend herbeisehnte.

Es war kurios.

Nachdenklich blieb ich auf dem Stuhl sitzen und grübelte über das, was ich an diesem Tag erlebt hatte, bis mich letztlich Narutos laute Schritte wieder unsanft aus meinen Überlegungen rissen.

Gekleidet in eine schwarze Trainingshose, schwarze Schuhe und ein schwarzes Shirt auf dem in Neonschrift "Virgin" geschrieben stand, lehnte er im Türrahmen und grinste mir entgegen.

Warum grinste er bloß immer dieses Grinsen?

Langsam erhob ich mich also, damit wir starten konnten und als ich neben ihm ging, konnte ich die folgende Frage nicht länger unterdrücken: "Geht's dir gut?"

Bis zu seiner Antwort vergingen für mich Stunden, in denen mir der Wind bereits rücksichtslos ins Gesicht peitschte und meine Frisur vollends zunichte machte. Für diese sonnigen Sommertage war es wirklich ungewöhnlich stürmisch.

"Fabelhaft", erwiderte er jedoch, nachdem gerade einmal ein paar Sekunden vergangen waren. "Du siehst aber aus, als würdest du auf eine Beerdigung gehen", warf ich ihm dennoch vor und schielte einmal in seine Richtung, in der ich nur diese schwarze Farbe ausmachte, die gar nicht zu Naruto passte.

Es war sein helles, glockenklangartiges Lachen, das mich meine Vorwürfe und Bedenken vergessen ließ. Jedes Mal stand es im direkten Kontrast zu seinem sonstigen Auftreten. Sei es seine momentane Kleidung oder seine allgemeine Haltung.

"Wo müssen wir überhaupt hin?", stellte ich die nächste Frage, als wir in den Bus einstiegen und kam mir mit meiner ganzen Fragerei allmählich etwas lästig vor. Normalerweise musste man in Narutos Gegenwart nicht viele Fragen stellen, da er ohnehin alles direkt ausplauderte. Aber diese - seine gewohnte Art schien der Vergangenheit anzugehören.

Meine Gedanken waren haarsträuberisch. Eigentlich war er noch immer der wundervolle Naruto Uzumaki. Ein Mann, der mir zunehmend besser gefiel. Ein Mann, der zunehmend reifer wurde.

Mochte das etwa seine Wandlung sein?

"Zur SNAKE-Corporation", prustete Naruto nun haltlos heraus und ein weiterer Blick in seine Richtung verriet mir, dass er völlig abwesend war.

"Da findet das Vortanzen statt. Witzig, oder?", grinste er mir nun entgegen und forderte mich mit seinen blauen Augen zur uneingeschränkten Zustimmung auf.

"Ja, witzig", murmelte ich halbherzig und umfasste die Halterung etwas inniger. Naruto musste so unendlich schnell erwachsen werden. Sasuke nahm ihm dieses Kindliche, das dem Blonden über Jahre verblieben war. Zumindest im Moment.

Ich wusste nicht, wie Naruto mit der Zeit damit umgehen würde. Mit diesem Verlust, der ihn zur Zeit so sehr veränderte.

Nachdem wir nun auch einen kurzweiligen Fußmarsch hinter uns gebracht hatten, befanden wir uns vor diesem riesigen Glasgebäude, das Naruto mit einem abfälligen Schnauben begrüßte. Ich staunte wirklich nicht schlecht über die Größe dieser Agentur. Aber auch die schicke Inneneinrichtung ließ meine Kinnlade innerlich herunterklappen. Es sah alles so perfekt aus.

Der piekfeine Boden, die große Lounge und die wunderschöne Empfangsdame ließen mich schlucken. Kein Wunder, dass Sasuke hier arbeiten wollte.

"Guten Tag", begrüßte uns die Frau mit den schwarzen, schulterlangen Haaren und verzog ihre rot geschminkten Lippen zu einem ansprechenden Lächeln.

"Moin", erwiderte Naruto ganz gelassen und erkundigte sich anschließend, wo das Vortanzen stattfand. Für ein oder zwei Minuten blätterte die Dame in ihren Unterlagen, da der Raum wohl kürzlich verlegt worden war und während dieser Zeit schweifte Narutos Blick langsam aber sicher zur Seite ab.

Stillschweigend beobachteten ihn meine Augen dabei, wie sein Blick plötzlich trüber wurde und seine Lippen sich zu einem stummen Schrei verzogen. Es war ein Anflug von Sehnsucht, der nur dieser einen Person galt, die gerade durch den Gang schritt. Den Rücken hielt er zu uns gewandt, aber Sasukes Frisur war unverkennlich. Dieses Mal vollführte er seine Schritte allerdings nicht so anmutig wie gewöhnlich. Er wirkte viel mehr leicht beeinträchtigt. So wie auch schon heute Morgen. Für ein paar Sekunden beobachteten wir beide ihn, bis er schließlich in einer Tür verschwand und zudem die Empfangsdame wieder ihre Stimme erhob: "Einfach den Gang entlang und dann die Dritte rechts."

Sofort umspielte wieder dieses wunderschöne Lächeln Narutos Mundwinkel und er bedankte sich noch einmal bei ihr, ehe er sich in Bewegung setzte, um zum besagten Raum zu gelangen.

"Warum verstellst du dich so sehr?", wollte ich fragen, aber mir blieben die Worte im Hals stecken. Es war erdrückend zu sehen, wie Naruto bemüht war, sich selbst zu belügen.

Wie er versuchte, seine eigenen Gefühle zu unterdrücken, sie zu überspielen und zu verleugnen. Und das Schlimmste war wohl, dass er das einzig Richtige tat. An allem anderen würde er zerbrechen.

Weil er für derartige Probleme nicht geschaffen war. Für meine Begriffe besaß Naruto zwar einen starken und belastbaren Charakter, aber alles hat nunmal seine Grenzen.

Und seine begannen, sobald sich die Probleme um Sasuke drehten. Früher hatte Naruto immer nur herumposaunt, dass er irgendwann berühmt sein und uns alle seine Füße lecken lassen würde. Das hatte er oftmals mit genau diesem Wortlaut betont.

Heute glaube ich, dass ihn das alles nicht mehr besonders kümmerte. Er hatte etwas gefunden, das ihm wichtiger war, als es der Erfolg jemals sein konnte. Doch ich war mir nahezu sicher, dass ihm diese Tatsache selbst gar nicht so stark auffiel.

Nun betraten wir schließlich den Raum, der leicht abgedunkelt war und in dem sich mit Ausnahme von einer kleinen Bühne und ein paar Sitzplätzen nicht viel befand. Auf einem der Stühle saß ein Mann, der erst als wir nur noch wenige Meter von ihm entfernt waren, teilnahmslos zu uns aufblickte.

"Du bist der, den Jiraiya schickt, ja?", fragte er ohne jegliche Begrüßung nach und Naruto nickte daraufhin. "Fein, dann hör' dir das Lied an und stell' mir anschließend deine Interpretation vor", wies er an und obwohl er unfreundlich wirkte, konnte ich mir gut denken, dass seine momentane Stimmung nicht viel über seinen Charakter aussagte. Vermutlich hatte er in den letzten Tagen oder sogar Wochen viel sehen müssen und war es einfach satt, nicht das Richtige zu finden.

"Klar", meinte mein blonder Freund und ließ mich nun einfach stehen, um sich auf die Bühne zu bewegen. Gespannt nahm ich während das Lied anspielte auf einem der Stühle Platz und musterte Naruto aufmerksam. Mit geschlossenen Augen stand er dort und konzentrierte sich auf Rhythmus und Text des Liedes. Es handelte sich dabei um ein Partylied. Zudem noch eines von der Sorte, die mir gefiel. Und obendrein war es auch noch ein verdammt bekannter Interpret. Es war kaum zu glauben, dass Naruto möglicherweise für das Musikvideo performen würde, wie er mir auf dem Hinweg noch in zwei Sätzen erklärt hatte.

Dann, nach einer dreißigsekündigen Pause, wurde das Lied zum zweiten Mal angespielt und Naruto begann sich ganz ungezwungen auf der Bühne zu bewegen. Dabei sah er stets diesen Bewerter oder auch mich an. Mit diesen schönen blauen Augen, die das Scheinwerferlicht leicht reflektierten.

Seine Darbietung war an Faszination nicht zu überbieten. Dieses perfekt inszenierte Lächeln dabei. Wenn Naruto tanzte; wenn er tanzte, wie er in diesem Moment tanzte, dann war man dazu geneigt, sich abrupt und unsterblich in ihn zu verlieben.

Denn er tanzte wirklich in Perfektion. Teilweise erotisch, aber auch immer wieder mit einer gewissen Portion Humor, die wohl jedem zumindest ein leichtes Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Außerdem tanzte er mit einer unvergleichlichen Leidenschaft, die von seinen Bewegungen ausging. Alles in allem war es ein regelrechtes Geschenk ihm zusehen zu dürfen.

Am besten, er würde jedes Mal alleine auf der Bühne stehen. Aber ihm konnte ohnehin niemand die Show stehlen. Denn heute bewegte er sich noch anders, als vor kurzem bei diesem Wettbewerb. Denn heute fand der eigentliche Wettbewerb statt.

Nachdem das Lied ausgeklungen war, vernahm ich neben mir ein leises, aber doch stetiges Händeklatschen, in das ich natürlich umgehend, aber um einiges euphorischer einstimmte. Ein breites Grinsen zierte nun meine Lippen, als Naruto leicht verschwitzt von der Bühne stieg.

Wenn ich ihn jetzt so betrachtete, dann war er in meinen Augen schöner, als es Sasuke jemals sein konnte. Früher war ich von Sasukes Unnahbarkeit fasziniert gewesen. Heute wusste ich, dass Naruto vermutlich noch um einiges unnahbarer war. Aber auf eine ganz andere Art und Weise. Niemals würde man von dem Blonden verstoßen werden, aber genauso wenig würde man jemals mehr als Freundschaft von ihm bekommen. Niemand, mit Ausnahme dieser einen Person, die in seinem Herzen war.

Sasuke war beneidenswert. Dass ausgerechnet er die Gunst dieses Mannes erlangt hatte. Dieses Mannes, den er mit Füßen trat.

Mein Klatschen ebbte langsam ab.

Warum war er genauso blind wie der Rest?

Eilig erhob ich mich nun von meinem Sitzplatz und umarmte Naruto zum zweiten Mal an diesem Tag. "Das hast du toll gemacht", lobte ich ihn und klammerte mich ganz fest an diesen Menschen, der so viel mehr verdient hatte, als das, was er all die Jahre bekommen hatte.

"Wirklich toll, Naruto", wiederholte ich, obwohl ich genau wusste, dass meine Anerkennung nicht zählte. Er wollte nur das Lob dieses einen Menschen. Nur Sasukes Lob.

Ich begann ihn dafür zu hassen, dass er Naruto nichts gab. Nichts, außer Vorwürfe und Probleme.

"Herr Uzumaki, ich bin begeistert", sprach dieser Mann nun meinen Freund beim Namen an und stand auf einmal derart breit grinsend neben ihm, als habe er soeben den Jackpot gewonnen.

"Wirklich, Ihre Art zu tanzen hat mich überzeugt. Nein, umgehauen möchte ich sagen!", lachte er zufrieden, wobei ich meine Umklammerung langsam löste und dennoch spürte, wie Naruto weiterhin einen Arm um meine Schultern legte. Seine Berührungen hinterließen ein angenehmes Gefühl. Obwohl es keinen Zweifel gab, dass es nichts zu bedeuten hatte. Rein gar nichts.

"Ich will Sie unbedingt für das Video. Sie sind perfekt. Dieses Natürliche und Unbeschwerte, das Sie beim Tanzen vermitteln, ist unnachahmlich. Sie sind einzigartig, nicht wie diese ganze Massenware. Jeden Tag sehe ich das Gleiche. Nirgends finde ich etwas Außergewöhnliches, aber Sie, Sie haben dieses gewisse Etwas, mein Freund!", plapperte er voller Erleichterung weiter, doch Naruto unterbrach ihn zügig und sorgte dafür, dass er urplötzlich verstummte: "Hunderttausend."

Es war nicht annährend eine Frage, sondern eine eindeutige Forderung. Überrascht blinzelnd sah ich zu ihm auf und blickte in dieses ernste Gesicht, das keineswegs zu scherzen pflegte.

"Ich will hunderttausend Euro für meine Arbeit", wiederholte er ruhig und verfolgte die Reaktion des anderen Mannes. Dieser schien das Gesagte zunächst verarbeiten zu müssen. Ein derart hoher Betrag schien nicht geplant zu sein, doch Naruto wirkte auch nicht, als würde er mit sich verhandeln lassen.

"Natürlich. Das war eh vorgesehen", erwiderte der Mann deshalb lächelnd, obwohl ihm der Schweiß von der Stirn perlte und bat uns, noch einmal zu ihm zu kommen.

"Also ich werde den Vertrag morgen aufsetzen und würde Sie deshalb bitten zur Unterzeichnung noch einmal zu mir zu kommen, damit wir das schnell abhandeln und mit den Aufnahmen beginnen können. Am besten Sie sind morgen zur selben Zeit wieder hier", schlug er vor und Naruto nickte zustimmend. Wieder folgte ein vages, zuversichtliches Lächeln des Geschäftmannes, der nun einmal Narutos und meine Hand schüttelte, um sich anschließend zügig von uns zu verabschieden. Anscheinend musste er noch telefonieren.

Für einen Moment blieben wir also alleine in diesem Raum zurück und mir schlug das Herz abermals bis zum Hals.

"Das lass uns feiern gehen", meinte Naruto nun, durchbrach damit die eingetroffene Stille und zauberte ein Grinsen auf meine Lippen, ehe ich heftig mit dem Kopf nickte.

"Ich ruf' direkt Hinata an!", stimmte ich zu und er nahm mich noch einmal hoch, um mich freudig durch die Luft zu wirbeln.
 

Stunden später befanden wir uns bereits mitten in Partystimmung und dachten überhaupt nicht mehr an den kommenden Schultag. Es war uns schlichtweg egal. Momentan gab es andere, wichtigere Dinge.

"Unglaublich, dass er tatsächlich darauf eingegangen ist", schmunzelte die angetrunkene Hinata nun schon zum dritten Mal in Folge und Naruto strich ihr daraufhin lachend durch das schwarze Haar.

"Als obsch misch mit so paa Kröten zufridden gebn würd", lallte nun der Blonde, den ich heute zum ersten Mal wirklich betrunken erlebte. Aber er hatte es sich auch verdient nach all den Strapazen.

"Isch binn dea König dea Weldd!", lachte er weiter und hob einmal wie zum Anstoßen sein Bier in die Höhe, was uns beiden ein Kichern entlockte. Irgendwie hatte Naruto etwas Süßes an sich, wenn er betrunken war. Auch er sah nun in unsere Richtung und stimmte in unser Gelächter ein.

"Mädelz, isch geh kurtsch vor de Tür, also laufta mir nescht weg!", zwinkerte er uns zu und erhob sich torkelnd von seinem Barhocker. Wir beide beobachteten ihn und mussten erneut lachen, als er einen anderen Gast plötzlich ungewollt anrempelte und diesen zu beruhigen versuchte.

Kopfschüttelnd wandte ich mich nun wieder zu Hinata, die ganz verträumt auf ihren Cocktail starrte. "Er hat mich heute öfters berührt als sonst, findest du nicht auch?", murmelte sie mit einem vagen Lächeln und fuhr mit dem Zeigefinger schüchtern an ihrem Glas auf und ab.

Sofort dachte ich über meine Wortwahl nach, dachte gleichzeitig aber auch an meine eigenen Erlebnisse und daran, dass das alles nichts zu bedeuten hatte. Naruto würde uns vermutlich nie so betrachten, wie er Sasuke sah. Momentan zumindest nicht.

"Er könnte heute Nacht bei mir bleiben", träumte Hinata vor sich hin und nippte anschließend an ihrem Getränk. Besser sie schlug sich diese Flausen zügig wieder aus ihrem hübschen Kopf heraus.

"Wir haben morgen Schule. Also sollten wir besser demnächst schlafen gehen", appellierte ich nun doch an die Vernunft und nahm ebenfalls einen Schluck von meinem Caipirinha.

"Hast ja recht. Hast ja recht", schmunzelte Hinata vor sich hin, als sei ich ihre besorgte Mutter und ich wunderte mich immer wieder darüber, wie sehr sie für ihre Begriffe aus sich herauskam, wenn sie etwas getrunken hatte. Auch wenn das, woran sie dann dachte, nicht immer positiv war.

Kurz schwieg ich nun, doch nach ein paar weiteren Minuten verzog ich leicht genervt den Mund und grummelte nur: "Ist der Kerl ins Klo gefallen oder wie, ey?"

Sofort grinste Hinata und meinte: "Vielleicht prügelt er sich auch mit dem Nächsten, den er angerempelt hat?"

Schnaufend, da ich mir diesen Umstand nur zu gut vorstellen konnte, erhob ich mich kurzerhand von meinem Hocker und winkte ab, als Hinata mich überrascht musterte.

"Ich guck', was der Idiot treibt. Warte hier einen Moment", murmelte ich und ließ Hinata zurück, indem ich mich mit zügigen Schritten von der Lärmquelle entfernte. Bei den Herrentoiletten angekommen, hielt ich schließlich inne und stemmte beide Hände in die Hüfte.

Ich beschloss noch, für die nächsten dreißig Sekunden ausschließlich durch den Mund zu atmen, dann öffnete ich die Tür und hielt nach dem Blonden Ausschau. Nirgends war er zu sehen und die Toiletten nicht verschlossen. Nur ein Mann mittleren Alters, der sich gerade tatsächlich die Hände wusch, musterte mich verdutzt und kassierte dafür meinen ausgestreckten Mittelfinger, ehe ich die Tür wieder hinter mir zuschlug und einmal tief einatmete.

"Wo steckst du bloß?", murmelte ich leise für mich und begann mir allmählich Sorgen zu machen. Wer wusste schon, wo Naruto in seinem Zustand alles hingetorkelt war und auf was für Ideen er womöglich kam.

Seufzend schritt ich den Gang weiter entlang, bis ich an einer Tür ankam, die nach draußen führte. Kurzerhand öffnete ich auch diese und trat in die kalte Abendluft hinaus. Wie ich feststellte war der Himmel klar und präsentierte mir stolz den heutigen Vollmond, während ich meinen Oberkörper leicht umklammern musste. Gerade als ich mich wieder in das warme Gebäude zurückbegeben wollte, verharrte ich in meiner Bewegung und spitzte die Ohren, als ich neben mir ein paar leise Geräusche vernahm. Es hatte etwas von einem Pfeifen und ging in den Lauten des Windes, der durch meine Ohren blies, nahezu unter.

"Naruto?", rief ich einmal und wagte mich dann, ein paar Schritte weiterzugehen. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich bei dem, was ich tat, nicht sonderlich wohl in meiner Haut. Schließlich wusste ich nicht, wer oder was dort in der Dunkelheit auf mich wartete.

Doch zu meinem Glück war die Hauswand beleuchtet und so erblickte ich relativ schnell die blonde Quelle der beängstigenden Geräusche, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Mit angezogenen Knien ruhte er an der Wand, bettete seinen Kopf darauf und schlang die Arme um seine Unterschenkel, während seiner Kehle diese bebenden Laute entglitten. Dieser Anblick, den ich zuvor noch nie bei ihm gesehen hatte, entriss mir alle Gefühle.

Lediglich meinen Herzschlag hörte ich laut pulsieren und die stärkere Kälte auf meiner feuchten Haut wüten. Schnell blinzelte ich die Tränen davon, wischte einmal mit dem Handrücken darüber hinweg und sprach zu mir selbst, dass ich jetzt für ihn stark sein musste. Dennoch war Narutos Weinen nicht minder ansteckend, als sein sonstiges Lachen.

Unermüdlich strich der Wind durch sein Haar und verschluckte immer wieder diese Töne, die aus seiner heiseren Kehle stammten. Seine Stimme schwankte unruhig hin und her, wurde mal laut, mal leise. Solange, bis ich mich durchgerungen hatte, an ihn heranzutreten und sein Gesicht in meine Hände zu nehmen.

Als ich darauffolgend in diese verweinten Augen blickte, zitterten zum ersten Mal meine Mundwinkel und raubten mir schlichtweg den Atem.

Normalerweise war ich nicht derart anfällig für die Gefühle anderer Menschen, aber der Hintergrund für Narutos riss selbst bei mir Wunden auf. Und wieder wurde mir bewusst, dass er lediglich seine wahren Gefühle überspielte. Der Alkohol brachte die Wahrheit jetzt ans Licht. So hatte er zumindest eine gute Funktion.

"Ist schon gut", versuchte ich zu beruhigen und streichelte dabei vorsichtig seine kalte Wange.

Wieder folgte zur Antwort dieses Lächeln. Dieses Mal jedoch ebenfalls zitternd. Er war nicht im Stande, es aufrecht zu erhalten. Seine ansonsten so makellose Maskerade zerbröckelte in diesem Moment direkt vor meinen Augen.

Ganz fest zog ich ihn deshalb schützend in meine Arme und spürte, dass er sich zum ersten Mal mit aller Kraft an mich drückte. Er schnürte mir beinah die Luft ab. Es tat weh. Aber vermutlich nicht annährend so sehr, wie es Naruto schmerzte.

Wenn du das hier sehen könntest, Sasuke.

Was würdest du sagen? Wäre es dir egal? Würdest du womöglich sogar gehen?

Ich weiß es nicht.

Aber ich will, dass du es weißt. Ich will, dass du weißt, was du zerstörst.

Und deshalb werde ich es dir bei Gelegenheit erzählen.

Eskalation

Huhu :D
 

So, ich hoffe, dass alle Fehler raus sind (ansonsten melden, bitte :D) und warne euch vor, dass nochmal, aber sehr wahrscheinlich zum letzten Mal, Sakura die Situation schildert.
 

Ganz liebe Grüße,
 

TDR <3
 

Etwas über eine Woche war seit diesem Ereignis vergangen, das für Naruto einiges veränderte. Sein Zeitplan wurde straffer, aber das schien der Person, die es vermutlich bemerken sollte, gar nicht aufzufallen. Schließlich war besagter Jemand auch nie Zuhause.

Beide lebten aneinander vorbei und mit der Zeit kehrte für meinen Geschmack auch in Narutos Gefühlswelt ein wenig Ruhe ein. Seine Abstürze wurden von Tag zu Tag kürzer. Es gab nur noch wenige Momente, in denen er gedankenversunken aus dem Fenster sah oder ganz allgemein in einer anderen Welt zu sein schien.

Nicht zuletzt trug Sasuke maßgeblich zu dieser Entwicklung bei. Er scherte sich nicht um Naruto und zum Dank scherte sich jener auch nicht um ihn. Genauso war es umgekehrt. Es war ein elender Teufelskreis, in dem sich die beiden befanden, doch keiner von ihnen schien mehr bereit zu sein, den ersten Schritt zu machen.

Der Blonde vermutlich aus jenem Grund, weil er sich ohnehin sicher war, dass er bei Sasuke auf Granit traf und bei dem Schwarzhaarigen schien es einfach mangelndes Interesse an seinem ehemaligen Seelenverwandten zu sein.

Nur schwer konnte ich mir vorstellen, dass diese beiden Gegensätze nachts noch immer dasselbe Zimmer teilten. Allerdings hatte ich bei einem kurzen Besuch festgestellt, dass eine Bettdecke auf der Couch ruhte. Es ließ mich aufatmen. Wahrhaftig.

Im Gegensatz zu den Nächten, waren die Tage mit Arbeit nur so überhäuft, der Hinata und ich zum Teil beiwohnten, um Naruto zu unterstützen. Es bereitete mir Freude ihm zuzusehen und es machte mich glücklich, dass er mich sogar dabei haben wollte. Eigentlich hätte ich es ihm sogar nicht verübeln können, wenn er mich aufgrund meines damaligen Verhaltens darum gebeten hätte, den Kontakt abzubrechen. Aber Naruto blieb nunmal Naruto.

Das sah man noch immer am besten an seiner Art zu tanzen. Er bewegte sich mit Liebe und Hingebung, brachte aber auch wiederholt gewagte Improvisationen ein, die nicht immer auf Zustimmung trafen. Manchmal kam es deshalb sogar zu Diskussionen mit dem Manager.

Aber ich glaube, dass Naruto gerade durch seine ungeheuer dreiste Art so gute Chancen in diesem Business besaß. Er ließ sich nicht unterbuttern. Es schien ihm sogar schlichtweg egal zu sein, ob sie ihn rausschmissen oder nicht. Doch selbstverständlich taten sie es nicht.

Denn in dem Blonden hatten sie ganz offensichtlich das gefunden, wonach seit geraumer Zeit gesucht wurde. Eben etwas Einzigartiges und Frisches.

Zur Krönung behielt Naruto auch bei den endgültigen Aufnahmen dieses Shirt mit der Aufschrift 'Virgin' an. Einerseits wollte er das so, aber andererseits wurde es auch von einigen Personen empfohlen, die diesen Dreharbeiten beiwohnten, auch wenn ich sie nicht immer einer bestimmten Funktion zuordnen konnte.

Das gesamte Projekt verlief eigentlich durchweg zur Zufriedenheit aller und soweit ich wusste, hatte Naruto auch recht schnell das Geld auf dem Konto. Anscheinend versprach man sich mehr von dieser Zusammenarbeit, als wir zu glauben vermochten. Andernfalls wären diese eigentlichen Experten auf ihrem Gebiet doch niemals diesen wahnsinnigen Deal eingegangen. Schließlich war dies sozusagen Narutos Entdeckung. Noch nie zuvor hatte er für eine Agentur gearbeitet und dennoch startete er damit, dass er die Forderungen stellte und nicht umgekehrt.

Als ich ihn vor wenigen Tagen auf dieses Thema ansprach, meinte er dazu, dass es ein regelrechtes Pokern gewesen war. Eine so genannte 50/50 Chance. Aber für ihn hatte nie viel an diesem Auftrag gehangen. Und deshalb riskierte er einfach alles. Und zwar - wie man unschwer erkennen konnte - mit beneidenswertem Erfolg.

Für Naruto ging also gerade ein Traum in Erfüllung, den er gar nicht träumte.

"Hey Sakura", quatschte mich der Blonde nun wieder nuschelnd von der Seite an und ich wusste, dass er dabei seine Unterlippe provokant nach oben schob, als würde ich ihm absichtlich nicht zuhören. Dabei war ich nur den Gedanken nachgehangen, die allesamt um ihn kreisten.

"Hm?", machte ich einfach nur und ließ meine Augen zur Seite huschen, damit er die Aufmerksamkeit bekam, die er in jenem Moment verlangte. Freudig verschränkte er nun seine Arme hinter dem Kopf und lächelte mir entgegen. Noch leicht feuchte Strähnen hingen dabei in seinem Gesicht und die dunkle Sportjacke stand wie immer im Kontrast zu seiner hellen Haarfarbe.

"Endlich geschafft, was?", grinste er mir zu und meinte damit seine vollbrachte Arbeit. Nach tatsächlich bloß einer Woche waren sie fertig gewesen. Gut, es war nur ein Video mit einer Länge von knapp über drei Minuten, dennoch hätte ich nie für möglich gehalten, dass es so schnell ging. Aber das hatte man wohl letztendlich auch Naruto zu verdanken, der mit viel Schweiß für das zügige Erreichen eines Ziels, das er gar nicht anstrebte, gekämpft hatte.

Obwohl ich mittlerweile gar nicht mehr wirklich beurteilen konnte, was er anstrebte und was nicht. Inzwischen wirkte er auf mich viel mehr wie ein Buch mit sieben Siegeln. Dabei war er schon immer so gewesen, wie jetzt. Nur damals hatte ich mich nie darum gekümmert, wie es ihm eigentlich ging. Und ich fragte mich, ob es auch früher nicht mehr als Fassade gewesen war, was er uns täglich ins Gesicht gelacht hatte.

Mein Schlucken wurde härter, meine Schritte dabei polternder. Ich stolperte nahezu über den Gehweg, der uns direkt zur Bushaltestelle führte und zwang mich, einmal kurz zu nicken, damit mein Freund keine weiteren Fragen stellte.

Dieses typische: "Was hast du denn?" oder "Was ist denn bloß los? Geht es dir nicht gut?", hing mir zum Hals raus. Eigentlich interessierte es ihn doch überhaupt nicht. Es interessierte ihn genauso wenig, wie er mich die letzten vergangenen Jahre interessiert hatte.

Aber jetzt empfand ich so etwas wie ehrliche Zuneigung und Freundschaft für ihn. Doch im Gegenzug glaubte ich nicht mehr, als Heuchelei zu empfangen. Man konnte einfach nicht durch Naruto hindurch sehen. Wenn er es nicht wollte, dann bemerkte man nicht, was er wirklich von einem hielt.

Wenn er wollte, dann konnte er mich oder auch andere, nach Strich und Faden bescheißen. Und zwar ohne, dass man auch nur das Geringste bemerken würde. Außer man zweifelte dauerhaft an der Echtheit seiner Worte. Eben so, wie ich es tat.

Und es war eine schlechte Eigenschaft, von der ich nicht genau wusste, woher sie eigentlich rührte.

Mit einem leisen Schnauben ging nun die Tür hinter uns zu und wir nahmen für die nächsten zwei oder drei Stationen - ich hatte nie darauf geachtet - auf den Sitzen Platz. Dabei drängelte ich mich zum Fenstersitz durch und starrte fasziniert auf die Häuser, die allmählich von der Dämmerung erfasst wurden. Nebenbei sah ich auch mein Gesicht, das im Fenster leicht reflektiert wurde und daneben natürlich Narutos. Seine hübsche, fröhliche Visage, die nichts über sein Gemüt aussagte.

Es stimmte mich traurig.

Es stimmte mich traurig, dass Sasuke vermutlich der einzige Mensch auf diesem Planeten war, der Naruto Uzumaki echte Gefühle entlockte. Nicht diese gespielten, sondern ganz natürliche, die einfach herausplatzen. Wie ein Gewitter, das seinen Groll ablegen will und von niemandem mehr zurückgehalten werden kann.

"Du Sakura", begann Naruto etwas leiser als die Male zuvor, "ich muss noch etwas einkaufen, also fahr du schonmal weiter, ich steig' hier aus."

Kaum hatte er dies ausgesprochen, saß er auch schon nicht mehr neben mir, sondern stand wie auf dem Sprung vor der Tür, auf dass sie sich öffnen möge, damit er endlich flüchten konnte.

Etwa vor mir?

"Ist gut", erwiderte ich still für mich und sah nur weiter aus dem Fenster heraus, in dem ich seine Spiegelung beobachtete. Seine Hände verschwanden langsam in seinen Hosentaschen, dann trat er mit großen Schritten auf den Bürgersteig hinaus. Er drehte sich kein einziges Mal mehr um. Nur zielstrebig voran. Ohne zurückzublicken.

Und während er sich von mir entfernte, keimte in mir bereits eine Sehnsucht auf, die ich nicht zuordnen konnte. Vielleicht war es diese egoistische Sehnsucht nach dem, was man nicht besitzen konnte. Diese Sucht, das Unerreichbare doch erreichen zu wollen. Es besitzen zu wollen. Auch wenn man es gar nicht brauchte. Gar nicht liebte. Letzten Endes nicht einmal wollte.

Eine Anspannung zog sich durch meinen gesamten Körper, als ich an eine weitere Erklärung für meine Empfindungen dachte.

Vielleicht war es nicht die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren, sondern ganz einfach die Sehnsucht nach dem Echten. Denn wenn ich ehrlich blieb, dann war es jedes Mal Narutos falsches Lächeln, das mich traurig stimmte. Weil es so sehr von fehlendem Vertrauen zeugte.

Nein, er vertraute mir nicht. Er wollte mir nicht zeigen, wie es wirklich in ihm aussah. Das war einfach nicht für meine Augen bestimmt. Wenn ich mich damals anders verhalten hätte, dann würde er sich mir vielleicht offenbaren.

Aber ich war oberflächlich gewesen. Ich hatte kein Recht, sein Vertrauen zu erwarten. Entweder es kam von alleine oder es kam eben nicht.

Ich wünschte, ich könnte etwas tun, um Naruto ein ehrliches Gefühl zu entlocken. Etwas, das ihn entweder fröhlich oder wütend stimmte. Etwas, das ihm dieses Stoische nahm.

Natürlich wanderten meine Gedanken unweigerlich zu Sasuke. Ganz langsam gruben sich meine Finger tiefer in meine Handflächen und ich biss mir kaum merklich auf die Unterlippe. Er war schon immer ein Egoist gewesen. Seitdem ich ihn kenne, ist er so. Vermutlich wird er sich auch nie verändern. Aber wenn man verliebt ist, dann merkt man das nicht. Es fällt nicht auf. Es wird verdrängt. Aus eigener Erfahrung kann ich dies mit Bestimmtheit behaupten.

Und ohne weiter darauf zu achten, stieg ich auch heute an dieser Haltestelle aus, die ich häufig gemeinsam mit Naruto und Hinata aufgesucht hatte. Mit Hinata, die einfach hin und weg von Narutos Künsten war, aber oftmals früher gehen musste, um ihr eigenes Training nicht zu verpassen.

Und mit Naruto, den das alles nicht die Bohne interessierte. Er wusste doch, dass sie ihn liebte. Ja, er wusste es. Aber verstand er es auch? Vermutlich verstand er es nicht. Sonst würde er wissen, dass sich ihre Liebe nicht sonderlich von der unterschied, die er für Sasuke hegte. Oder was für ein verdammtes Scheißgefühl es eigentlich für Hinata sein muss, dass er sie mit dieser vorgegaukelten Freundlichkeit straft und versucht, ihre Gefühle zu vergessen. Oder noch schlimmer: Er versucht sie auch zu ignorieren. Als wären sie gar nicht da.

Während meines Fußmarschs wuchs selbst der Groll auf Naruto um ein beachtliches Maß. Doch in dem Moment als ich vor seiner Haustür stand und in einigen Zimmern Licht brennen sah, war meine Wut auf ihn mit einem Mal verflogen.

Denn unmittelbar in diesem Augenblick sah ich ihn wieder weinen. Sah den Schmerz in seinen Augen und dieser Anblick, der sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt hatte, sprach für mich Bände. Er sprach für mich von Narutos Hilflosigkeit und von Sasukes Schuld.

Jemand musste Naruto helfen und Sasuke, der ganz offensichtlich an seinem Streben nach Ruhm zu erblinden drohte, endlich die Augen öffnen. Auch wenn ich dieser Jemand sein musste. Irgendeiner musste es schließlich tun und den Stein ins Rollen bringen.

Ansonsten würde sich nie etwas verändern.

Entschlossen drückte ich nun also auf die Klingel und wartete ein paar Sekunden. Während dieser Sekunden schlug mir der Puls auf einmal bis in den Hals. Ich spürte es vibrieren, spürte mein Adrenalin und meine Unruhe. Aber ich wusste nicht woher sie rührte.

Und deshalb drückte ich abermals auf die Klingel und vernahm nun erstmals Geräusche im Flur, die eindeutig von langsamen, ungleichmäßigen Schritten erzeugt wurden. Für einen Augenblick war es nun wieder still und ich war schon gewillt nochmals auf die Türklingel zu drücken, da wurde mit einem Mal der Schlüssel im Schloss herumgedreht.

Allmählich stand mir der Schweiß auf der Stirn geschrieben. Ich wusste weder, was ich sagen, noch wie ich mich eigentlich präsentieren wollte. Sollte ich wütend sein? An die Vernunft appellieren? Auf Mitleid pochen? Die Wahrheit sagen? Oder übertreiben?

Während ich über mein Verhalten nachdachte, verstrich auch meine letzte Möglichkeit, die Flucht zu ergreifen und vor mir tat sich ein dunkles Augenpaar auf, das mich ausdruckslos musterte.

Er schien nicht wütend zu sein, dass ich hier aufkreuzte. Natürlich freute er sich auch nicht. Viel mehr schien es ihm schlichtweg egal zu sein. Und in diesem einen Moment glaubte ich, dass sich Naruto und Sasuke um ein beachtliches Maß ähnlicher waren, als man auf den ersten Blick vermuten mochte.

Doch entgegen der Vermutung, dass Sasuke zuerst das Wort ergreifen würde, breitete sich nun eine unangenehme Stille zwischen uns aus, die ich irgendwie zu durchbrechen versuchte, ehe er mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde: "Ähm...Hey, Sasuke. Kann ich vielleicht reinkommen? Ich hab' da...Ein paar Fragen und tja.."

Mir stieg eine leichte Schamesröte ins Gesicht und mein Blick schweifte unsicher zu Boden. Wieder schlug mein Herz ziemlich schnell. Immer schneller und schneller.

Meine Erwartung, dass im nächsten Moment die Tür wieder ins Schloss fallen würde, bestätigte sich zu meiner Überraschung nicht. Stattdessen hörte ich ein leises Knacken, das mich wieder aufsehen ließ.

Er hielt mir die Tür auf.

Völlig irritiert versuchte ich dennoch zu lächeln und tappste schnellen Schrittes in die Wohnung herein, ehe er sich die Sache anders überlegte. Doch nachdem ich wusste, dass die Tür geschlossen war, fühlte ich mich mit einem Mal ganz unwohl.

In diesem Augenblick erkannte ich, dass ich hier nichts zu suchen hatte. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Ich würde nun einfach das ansprechen, was mir seit einer Woche auf dem Herzen lag. Denn jetzt - und vermutlich nur jetzt - hatte ich endlich einmal die Gelegenheit dazu.

Also wandte ich mich auf der Stelle herum und bemerkte sogleich, dass Sasuke mich gar nicht musterte. Stattdessen schweifte sein Blick leicht abgelenkt zur Seite und ich erkannte, dass er in Richtung Schlafzimmer blickte.

"Sasuke", begann ich nun versucht energisch, doch meine Stimme überschlug sich noch leicht von der Aufregung. Dennoch erzielte mein Ruf den gewünschten Effekt, indem er zu mir sah und mir ganz offensichtlich seine Aufmerksamkeit schenkte.

Er wollte keine Nachfragen anstellen, wie ich seinem Blick entnahm, weshalb ich wohl dazu gezwungen war, das Gespräch zu führen.

"Es geht um Naruto", setzte ich vielsagend an, aber der Audruck in seinen Augen wandelte sich kein Stück. Jener blieb genauso kalt wie eh und je, doch mit einem Mal setzte er sich in Bewegung und ging geradewegs an mir vorbei, um in die Küche zu gelangen.

Mein Blick folgte ihm, einen Moment sah ich ihm sogar baff dabei zu, wie er sich ein Glas Wasser nahm. Allerdings setzte er nun erstmals zu einem Satz an, ehe ich wieder das Wort ergreifen konnte.

"Ach, darum geht's also", murmelte er und ich hörte das Schlucken seiner Kehle, gefolgt von einem leisen Klirren, als er das Glas wieder auf der Küchenspüle abstellte.

"Wenn das so ist, dann kannst du gleich wieder gehen", meinte er barsch, nachdem ich ihm bereits ein paar Schritte in die Küche gefolgt war und deshalb auf der Stelle inne hielt.

Wieder schritt er an mir vorbei und wollte mich anscheinend tatsächlich so stehen lassen. Plötzliche Wut kochte, aufgrund seines unmöglichen Umgangs, in mir hoch und ich ballte angestrengt zwei Fäuste, ehe ich ihm nachrief: "Interessiert dich wohl nicht, was mit anderen ist, oder wie?!"

Meine Stimme war einschneidend und aggressiv. Ja, ich war in jenem Moment aggressiv, weil wieder Bilder in mir hochsprudelten und es für mich so war, als wäre Sasuke all das gleichgültig. Obwohl er es nie gesehen hatte.

"Naruto geht es deinetwegen schlecht, Sasuke! Er ist völlig am Ende. Verflucht, ihr seid doch beide erwachsene Männer, aber du und deine beschissene Sturheit! Das kann doch...", setzte ich an, aber mit einem Mal vernahm ich ein gegrummeltes: "Halt dein Maul", das mich kurz verstummen ließ. Allerdings bewies es mir nur, dass ihm das Angesprochene doch nicht so gleichgültig sein konnte, wie er immer meinte. Vielleicht musste ihm lediglich einmal jemand die Levithen lesen. Damit er seine eigenen Fehler erkannte. Ich konnte mir nicht denken, dass Naruto das jemals tun würde. Dafür himmelte er ihn einfach zu sehr an.

"Er weint deinetwegen! Aber er liebt dich, Sasuke! Er liebt dich!", schrie ich beinahe und wandte mich nun wieder zu ihm, bereit, noch mehr zu brüllen.

Doch mit einem Mal kam ein Echo zurück: "Halt endlich dein verfluchtes Maul, hab'ich gesagt! Komm' mir jetzt nicht mit dieser Scheiße daher, du beschissene Schlampe. Als ob das der Grund für dein Auftauchen war." Seine Stimme war fuchsteufelswild und er setzte sich gerade - rasend vor Wut - wieder in Bewegung, um den Flur zu durchqueren und dem Konflikt zu entgehen. Lebhaft konnte ich mir vorstellen, wie rot gefärbt vor blankem Zorn Sasukes Gesicht in diesem Moment sein musste. Aber es interessierte mich nicht.

Nur dieses eine Wort, das er zu mir sagte, hallte in meinen Gedanken immer und immer wider: Schlampe.

"Wer von uns beiden ist hier die Schlampe", verließ es unbedacht meine Lippen, gedämpfter, aber ich konnte es dennoch nicht unterdrücken. Ich war kein Mädchen, das sich so etwas unterstellen ließ. Aber eigentlich war ich auch nicht so blöd, dass ich die Situation nicht einschätzen konnte.

Und dann geschah etwas, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: Mit einem Mal blieb er ganz abrupt stehen und drehte nur einen Moment später seinen Kopf über die Schulter hinweg, um mich anzustarren. Seine Augen waren weit geöffnet, wütend; nein, rasend vor Zorn und sie funkelten mir derart bedrohlich entgegen, dass ich plötzlich selbst das Atmen vergaß.

"Sag' das nochmal", verließ es dumpf seine Kehle, doch noch ehe ich überhaupt reagieren konnte, hatte er schon auf der Stelle kehrt gemacht und kam mit polternden Schritten über den knarrenden Dielenboden auf mich zugestürmt. "Sag' das nochmal!", schallte es durch die Wohnung und vor nackter Angst, als er mich mit einem Mal am Oberarm packte, glaubte ich im ersten Wimpernschlag, das Bewusstsein zu verlieren. Er schrie und tobte mit seiner Stimme auf mich ein, zerrte an meinem Oberarm und sorgte dafür, dass sich mein Zustand von schockgelähmt zu hysterisch wandelte.

"Was weißt du denn schon?!", brüllte er und bei diesem Ausruf begann ich mich loszureißen. Eine Reaktion, die ihn nur noch wütender werden ließ.

"Sasuke!", kreischte ich mit erhobener Stimme, in der Hoffnung, dass es etwas bezwecken würde. "Sasuke!", brüllte ich wieder, bemerkte meinen trockenen Mund, hörte aber nicht auf zu schreien. "Lass mich los! Du bist wahnsinnig!"

"Du bist wahnsinnig!", schrie ich immer wieder, bemerkte die erhobene Faust und spürte dann plötzlich nur noch wie er im letzten Augenblick grob von mir gerissen wurde. Als würde man ihn mit einem Brecheisen von mir lösen. Es ging alles unglaublich schnell. Ich hörte ein paar Stimmen. Laute, bekannte Stimmen. Ich wusste nicht, wie viele es waren. Vielleicht mehrere. Vielleicht auch nur einer. Alles überschlug sich in diesem Augenblick und ich hatte nur noch einen einzigen Gedanken: Flucht.

Mit rasendem Herzen und stockendem, hastigem Atem verließ ich dieses Gebäude, das mir den größten Schock meines Lebens bereitet hatte.

Auf alle Zeit.

Und während meine holprigen Schritte mich tiefer in die Dunkelheit trieben, glaubte ich, im Hintergrund Sasukes grelles, aufgebrachtes Lachen zu hören. Als würde es mich verfolgen, mich fangen und genüsslich auseinanderreißen. Als wäre dies die ersehnte Genugtuung, nach der er verlangte. Genauso furchteinflößend wie diese undefinierbaren Töne, die nebenher erklangen. Dieses Knacken, Rattern und Poltern, das plötzlich aus Narutos Wohnung schallte verfolgte mich noch bis spät in die Nacht.

Schlafe nicht, sondern wache

Huhu :-)
 

Ich beginne mal fleißig, auf eure Kommis zu antworten :D

Danke für jeden einzelnen!
 

LG
 

TDR <3
 


 

Nach diesem Wochenende, das Naruto aus mir unbekannten Gründen komplett in meinem Elternhaus verbrachte, standen wir uns um ein beachtliches Maß näher als jemals zuvor. Zwar ahnte ich, dass sein plötzliches Auftauchen irgendetwas mit Sasuke zu tun haben musste, allerdings wollte ich die genauen Ereignisse auch gar nicht erst hinterfragen.

Das aus zweierlei Gründen: Einerseits, weil ich Naruto nicht zwangsweise damit konfrontieren wollte. Wenn, dann sollte er es mir aus freien Stücken erzählen und nicht aufgrund meines neugierigen Hinterfragens. Andererseits war ich aber auch bestrebt, die wohlige Atmosphäre, die momentan zwischen uns vorherrschte, nicht zu strapazieren oder gar zu zerstören.

Denn diese zwei Tage waren bis dato mitunter die schönsten meines Lebens. Narutos Lachen, sein Strahlen; ja, seine ganze Art - ich liebte es, diesen Menschen um mich zu haben. Denn ich liebte nun einmal diesen Mann. Deshalb wollte ich ihm in dieser schweren Zeit natürlich eine Stütze sein.

Die Stütze, die er von Sasuke nicht bekam. Dabei konnte er sich so unendlich glücklich schätzen von Naruto geliebt zu werden. Gott, für sein Glück würden manche Menschen töten.

Aber auch diese Liebe schien nun, gelinde gesagt, zu verfliegen. Sie flaute aus vielerlei Gründen immer mehr ab und äußerte sich schließlich in Narutos Anhänglichkeit, welche ich nur zu gern tolerierte.

Und nebenbei brauchte Naruto Sasuke auch gar nicht mehr.

Schließlich hatte er jetzt mich.

Meine Liebe war ehrlicher und stärker, als es Sasukes jemals sein konnte. Schon bald würde auch Naruto das erkennen. Ich würde ihm die Augen öffnen.

Denn Sasuke ist seit jeher ein Mensch, der sogar seine eigenen Freunde hintergeht. Etwas, das ich zu meinem Pech am eigenen Leib erfahren musste.

Diese Erfahrung war grässlich. Eine widerliche Eigenschaft, die er inne hat.

Schon damals hatte er um meine Gefühle für Naruto gewusst, hatte mir in diesem Zuge sogar seine Hilfe angeboten, die ich zu jenem Zeitpunkt, ob meiner Unwissenheit - man möge es auch Naivität nennen - dankend annahm.

Und ich, ich dummes Mädchen, hatte ihm doch tatsächlich vertraut. Ganze Abende deshalb in meinem Bett gesessen und auf die versprochene Nachricht gewartet, dass er ihm endlich von meiner Liebe berichtete. Jeden Tag war ich ganz aufgeregt, wann immer mein Handy klingelte oder vibrierte.

Doch ich wartete vergebens.

Heute glaube ich, dass Sasuke niemals vorhatte, mit Naruto über meine Gefühle zu sprechen. Schon vom ersten Augenblick an nicht.

Denn anstatt mir zu helfen, nutzte er lieber selbst die Gunst der Stunde und köderte sich so Naruto mit Mitteln, die ich mir gar nicht in den Kopf rufen möchte.

Aber was ich niemals und zu keinem Zeitpunkt begriff, ist, wozu er ihn mir entriss, obwohl er ihn doch allem Anschein nach überhaupt nicht liebt?

War das etwa Rache?

Oder Prinzip?

Vielleicht sollte es eine Art Botschaft sein. Frei nach dem Motto: Das was du willst, bekomme ich zuerst.

Ganz wie in einem ewigen Wettstreit, den Sasuke gegen jedermann führte.

Er musste immer der Beste und der Erste sein.

Doch an diesem Schulmorgen drehte sich die Welt einmal nicht ausnahmslos um Sasuke Uchiha, sondern ausnahmsweise einmal um Naruto Uzumaki, der gerade geschätzt von der halben Schule umkreist wurde. Unglaublich schnell hatte dieses Video, das am Freitag der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, mehrere millionen Klicks im Internet erreicht. Es kursierte herum wie eine Krankheit.

Denn dieses Konzept, ein Musikvideo zu produzieren, ohne auch nur ein einziges Mal den eigentlichen Künstler zu zeigen, war ein völlig neues. Etwas Unbekanntes, das vom Rest voller Neugier erforscht wurde. Ich konnte nur dunkel erahnen, wie viele Anrufe am vergangenen Wochenende auf Narutos Telefon eingegangen waren, nachdem man ihn mit Gewissheit als den quirligen Blondschopf dieser Schule identifiziert hatte.

Jetzt standen sie alle um ihn herum, redeten hemmungslos und mit dreitausend Fragen auf einmal auf ihn ein, sodass er nicht dazu kam, auch nur eine einzige zu beantworten. Stattdessen saß er dort, mit einem Kakao in der Hand, welchen er durch den Strohhalm in seinen Mund transportierte.

Allgemein wirkte Naruto eher abwesend. Zwar lächelte er zwischendurch ein paar besonders aufdringlichen Klassenkameraden entgegen, doch wenn man ihn genau beobachtete, bemerkte man, dass er in Gedanken versunken war.

Auf einigen Handys wurde nun, wie ich aus dem Augenwinkel erkannte, dieses Video immer und immer wieder abgespielt. Einige schüttelten ungläubig den Kopf, andere schwankten mit ihrem Blick alle zwei Sekunden zwischen Naruto und dem Display hin und her, als wollten sie noch einmal vergleichen, ob es sich auch tatsächlich um dieselbe Person handelte.

Blinzelnd schaute ich nun Kiba über die Schulter, der ebenfalls sein Handy gezückt hatte, und verfolgte mit einem Lächeln dieses Video, das Naruto mit viel Schweiß und noch mehr Fleiß so gut gelungen war. Sogar einige seiner Ideen - die zugegeben nicht die schlechtesten waren - hatte man umgesetzt.

Da es sich um ein Partylied drehte, das natürlich Liebe und vor allem Sex thematisierte, hatte der Blonde vorgeschlagen, auf eine ganz andere Weise heranzugehen: Mit Humor. Das, was gesungen wurde, passte zwar immer zu dem, was man sah, aber dennoch war es nicht das, woran man im ersten Moment dachte. Wurde zum Beispiel vom Interpret gesungen, dass er die Frau heute Abend verwöhnen würde, sah man Naruto in dem Video bloß, wie er hinter der Tänzerin saß und ihre Schultern hingebungsvoll massierte.

Eben solche Kleinigkeiten. Es machte Spaß, dem Video zu folgen, weil man jedes Mal aufs Neue überrascht wurde. Zum Teil folgten natürlich aber auch ganz gewöhnliche Tanzeinlagen. Das schließt allerdings nicht aus, dass Narutos Art zu tanzen, eine einzigartige ist.

Und während ich so fasziniert von dem Anblick meines Geliebten war, aber gleichzeitig auch beinah vom Rest der Schüler erdrückt wurde, bemerkte ich zunächst gar nicht, dass eine ganz bestimmte Person noch immer fehlte.
 

Nach dieser Eskalation am vergangenen Freitag, war ich nicht mehr in meine Wohnung zurückgekehrt. Sasuke und ich hatten uns gestritten. Schlimm gestritten. Das, war er tat oder tun wollte, konnte ich nicht mehr dulden. Es gab Grenzen. Auch für ihn. Trotzdem hielt er sie nicht ein; nein, er lachte mich stattdessen einfach aus.

Ausgelacht hat er mich. Und dann zerschellte an der Wand, direkt neben seinem Kopf, das erste Glas. Mit voller, ungezügelter Wucht. In dieser Nacht ging viel zu Bruch. Aber nicht nur Materielles.

Wenn ich mich recht entsinne, dann war ich noch nie so wütend gewesen. Noch nie so sehr von reiner Wut gelenkt worden.

Irgendwann war ich dann abgehauen und einfach nur gelaufen. Bis mich meine Beine schließlich voller Erschöpfung bis vor Hinatas Haustür trugen. Vermutlich war das das Beste, was mir in jener Situation hatte passieren können.

Mit halb geschlossenen Augen starrte ich abwesend auf das Arbeitsblatt vor mir, trank von meinem Kakao und blendete die gesamte Geräuschkulisse einfach so gut wie möglich aus.

Inzwischen war es bereits kurz vor Stundenbeginn. Doch die Person auf die ich wartete, hatte sich noch immer nicht blicken lassen.

Aber zumindest bei Sasuke war ich mir nahezu sicher, dass er aufkreuzen würde. Aus demselben Grund, weshalb auch der Rest bei mir stand, nur mit einer deutlich anderen Reaktion. Jedenfalls war es das, was ich erwartete.

Und gerade, als ich den Blick kurz hob, sah ich auch schon pechschwarze Haarsträhnen, die wild durch die Luft flatterten, da er mit einer berauschenden Geschwindigkeit den Raum betrat. Abrupt hielt ich mit dem Trinken inne und grinste innerlich.

Seit wann bist du so berechenbar, Sasuke?

Aufgewühlt schweifte sein Blick durch den Raum, machte aber mich - den zentralen Punkt - dieser Menschenmenge, die sich ringsherum versammelte, unmittelbar aus und präsentierte mir direkt seine vor Wut angehobenen Mundwinkel. Als würde er jeden Moment zubeißen.

"Ein tollwütiger Hund bist du", grinste ich in Gedanken, doch je länger ich ihn betrachtete, desto mehr verging es mir. Obwohl ich äußerlich ja ohnehin keine nennenswerte Gefühlsregung zeigte.

Sasuke polterte nun über den Boden hinweg und ich glaubte allmählich nicht mehr, dass die Stille daran lag, dass ich die Geräusche auszublenden versuchte. Nein, alle waren ruhig.

Sie warteten.

Auf den Sturm?

"Was soll der Scheiß, Naruto?!", brüllte er mir entgegen, schien nur mich wahrzunehmen, doch ich erkannte, wie sofort ein paar meiner Mitschüler einen kleinen Schritt zurück machten.

Ich jedoch war ungewöhnlich ruhig. Vielleicht, weil es nichts Neues war, dass er mich anschrie. Vielleicht auch deshalb, weil es mich nicht mehr richtig kümmerte. Sollte er doch schreien, wenn es ihm dadurch besser ging.

Was würde ich dafür geben, wenn es ihm tatsächlich besser ginge.

Inzwischen war mir mein inneres Grinsen vollends vergangen. Es gab nichts zu lachen.

"Du verdammter Mistkerl! Du verdammtes, mieses, dreckiges Arschloch! Du machst alles kaputt, wofür ich mir beide Beine ausreiße. Du kotzt mich an! Verdammter Dreckskerl!", tobte er weiter und der Farbton in seinem Gesicht erinnerte mich dabei an feurig rote Lava. Ein ausbrechender Vulkan, das war er.

Am Ende. Das war er.

Kurz hörte ich wieder diese bahnbrechende Stille heraus. Ja, ich hörte die Stille. Kein Einziger, dieser mindestens vierzig Anwesenden traute sich, das Wort zu erheben.

"Du...", setzte ich nun an, um aus dem Rahmen zu fallen, doch Sasuke unterbrach mich direkt mit seiner tiefen Stimme, die in ihrer Klangfarbe wirklich bedrohlich war: "Halt's Maul!"

"Du bist e...", versuchte ich es unbeirrt erneut, wurde aber erneut mitten im Satz von ihm abgewürgt: "Ich sagte, du sollst dein gottverdammtes Maul halten!" Anschließend schlug er einmal mit geballter Faust auf meinen Tisch ein und erzeugte so ein leichtes Vibrieren. Neben mir zuckten einige zusammen, die sich in einer ähnlichen Situation anscheinend noch nie befunden hatten.

"Steck' dir deine Lügengeschichten..."

"Mädchenschläger", fiel ich nun taktlos mit der Tür ins Haus und als habe man einen Hebel umgelegt, vernahm ich ganz leises Getuschel, bemerkte auch Blicke die ausgetauscht wurden. Aber nicht von allen. Manche verweilten trotz dieser Aussage noch immer stillschweigend und reglos an Ort und Stelle.

Eine Person, die dicht bei mir stand, nahm ich in dem Augenblick ganz besonders wahr: Hinata. Denn sie wurde mit einem Mal kreidebleich im Gesicht, als sie offensichtlich für sich feststellte, um wen es sich dabei nur handeln konnte. Bisher war Sakura Haruno nämlich an diesem Morgen noch nicht aufgetaucht. Und das war für die gute Schülerin wirklich ungewöhnlich.

Zwischen Sasuke und mir herrschte nun eine kurze Stille, in der ich jedoch nicht den Blick von ihm abwandt. Ich wusste zwar nicht, was in diesem Moment durch seinen Kopf ging, aber er schien nicht darüber zu grübeln, was er nun erwidern sollte. Nein, das schien er viel mehr ganz genau zu wissen.

"Ich sagte doch bereits, du sollst deine Lü...", begann er mit der gleichen Leier wie zuvor, weshalb ich nur verärgert den Kopf schüttelte.

"Jetzt hörst du mir mal zu, Sasuke", bestimmte ich und funkelte ihn mit meinen Augen an. Es war wie ein verbaler Krieg zwischen uns.

"Pass mal...", setzte er betont laut an, als könne er dadurch die Führung des Gesprächs zurückerlangen, doch darauf ließ ich mich nicht mehr ein. Denn aus seiner Tonlage konnte ich durchaus die Unsicherheit heraushören. Vermutlich war es mein plötzlich so selbstsicheres Auftreten, was ihn überrumpelte.

"Nein. Du hörst mir jetzt zu", meinte ich gebieterisch, als dulde ich keine weiteren Widerrede.

In den letzten Tagen hatte ich nun einmal viel Zeit gehabt, um mir über eine Sache ganz klar zu werden: "Das Maß ist voll, Sasuke. Und zwar endgültig."

Endgültig. Wenn ich jetzte nichts unternahm, dann würde er, aufgrund seiner Aggressivität, womöglich noch im Gefängnis landen. Zumindest solange er seinen Hass nicht bloß auf eine Person projizierte. Und ich hatte einen Plan. Auch wenn ich wusste, dass ich damit das Objekt seiner Wut sein würde.

"Du musst lernen mit Konsequenzen zu leben", tadelte ich und nahm ganz lässig einen Schluck von meinem Getränk. Ich versuchte ein Gespräch zu führen, das nicht erahnen ließ, wie viel hiervon abhing. Doch Sasukes Blick in jenem Moment war einmalig. Er war eisig und vorwurfsvoll, als sei es eine unverschämte Unterstellung, dass er noch nie Konsequenzen erfahren habe.

"Und genau aus diesem Grund", begann ich bedeutungsschwer, da er zum Glück noch immer keine Anstalten machte, etwas zu erwidern und zog dabei das hervor, was ich für heute präpariert hatte: Einen fünfhundert Euro Schein. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass nicht nur Sasukes, sondern auch der Blick des kompletten Rests an diesem Stück Papier haftete. Und während ich das kleine Feuerzeug klackend zum Flammen speien brachte, die ich an der Ecke des Scheins ihren Weg gehen ließ, beendete ich meinen Satz: "...werde ich dich mit deinen eigenen Waffen schlagen."

Ein fassungsloses Schweigen breitete sich innerhalb des Klassenraums aus, während jener zumindest in meinem nahen Umkreis leicht verbrannt roch.

"Keine Sorge. Das hier ist mein Lohn. Und auch von dem habe ich natürlich nicht alles verbrannt", lächelte ich zufrieden, als ich die Reaktion der anderen und vor allem Sasukes schockierte Visage richtig verinnerlichte. Ein Anblick, der für mich so genussvoll, wie der leckerste und schmackhafteste Schokoriegel war. Schokolade löst bekanntlich Glücksgefühle aus - Schadenfreude oder das Gefühl von Macht manchmal auch. In diesem Augenblick sogar ein um Längen intensiveres.

"Eigentlich hatte ich das vor, aber...Tja." Ich zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Man kann sinnvolleres mit Geld tun. Ich selbst brauche eben bloß fünftausend Euro, um für die nächste Zeit gut durchzukommen, deshalb habe ich den Rest an Hilfsbedürftige gespendet."

Ein Murmeln der Anerkennung ging durch den Raum. Aber jene war nicht mein eigentliches Ziel. Ich tat es schließlich nicht ob der Selbstlosigkeit oder weil ich ein fälschlich gefeierter Held sein wollte, sondern einfach aus dem Grund, weil ich ansonsten keinerlei Verwendung für das Geld hatte.

Mein Lebensstandard war nie besonders hoch gewesen, also benötigte ich auch jetzt nicht mehr als üblich. Zumindest nicht, solange ich allein war. Zusammen mit Sasuke hätte ich die hundertausend Euro vermutlich binnen weniger Tage auf den Kopf gehauen. Für eine schöne gemeinsame Zeit. Für dieses unvergleichliche Glücksgefühl - weder mit Schokolade, noch mit Macht oder Schadensfreude zu erreichen.

Ganz einfach für Sasukes Strahlen und sein bezauberndes Lachen.

Doch daran war momentan nicht einmal im Traum zu denken. Die kalte Schulter und der Versuch, Sasuke etwas entgegenzusetzen, war meine letzte Chance. Die letzte Chance überhaupt noch etwas zu retten. Etwas von dem, was mir einst einen so ruhigen Schlaf bereitet hatte, wie ich ihn nie wieder haben würde. Ein ruhiger, schöner Schlaf, der mir von der Person bereitet wurde, die nachts ihre Arme um mich legte. Heute würde er allenfalls noch seine Hände um meinen Hals legen.

"Aber weißt du, was der Unterschied zwischen uns beiden ist?", setzte ich nun erneut an, erwartete aber erst gar keine Antwort von ihm. Es war lediglich eine rhetorische Frage, die ich auch sofort ins Licht rückte: "Ich bin ein Meister auf dem Gebiet, welches du nur so halbherzig ausübst."

Bei diesem Satz lächelte ich und sog unmissverständlich für alle Wissenden mit einem Zug die Kakaopackung komplett leer. Wie um ihm zu beweisen, dass ich der Bessere; der Geübtere war.

"Du solltest dich also besser nicht mit mir anlegen. Also beobachte mich bei den nächsten Auftritten genau. Sei immer wachsam, dann wird dir mein Tanzen die Augen öffnen", lächelte ich vage und glaubte, damit diese Diskussion - wenn man es denn entfernt noch so nennen konnte - für mich entschieden zu haben. Denn Sasuke blieb still. Doch manchmal trügt der Schein, denn ein einziger Blick nach oben versicherte mir, dass noch ein riesiger Knall auf mich wartete.

Seine schwarzen, dennoch vor Zorn lodernden Iriden versprachen mir das. Für einen Moment betrachtete ich sein Gesicht wieder genauer, als ich es beabsichtigte und stellte fest, dass dieser ganze Stress nicht spurlos an ihm vorüberstrich. Er sah müde aus. Und plötzlich um einiges älter, als noch vor ein paar Wochen. Zumindest wiesen seine Augenringe, die leicht geröteten Augen und die strapazierte Haut schmerzlich darauf hin.

"Das müsste alles nicht sein, Sasuke. Es müsste alles nicht sein. Wenn du dir doch nur einmal einen Fehler ehrlich eingestehen würdest. Wenn du dich entschuldigen könntest. Aber das musst du wohl noch lernen. Ich weißt nicht, was ich sonst tun könnte. Ich bin eben weder so schlau, noch so stark, wie ich es vielleicht sein müsste, um dir richtig helfen zu können. Das hier ist das Letzte und Einzige, was ich tun kann", sprach ich tonlos und prägte mir dieses Gesicht ein, von dem ich glaubte, dass es jetzt noch schön sei. Aber dass diese Schönheit mit der Zeit ebenso verblassen würde wie diese Gefühle, die mal irgendwo zwischen uns gewesen waren, dessen war ich mir sicher.

Alles ist eben nur eine Erscheinung, die vergehen kann.

Eine Frage der Zeit.

Irgendwann verwelkt selbst die schönste Blume.

Irgendwann ist der schönste Traum zu Ende geträumt.

Und genauso wird auch irgendwann die größte Liebe in den Fehlern der Menschen, die sie pflegten, begraben werden.

"Und du solltest dich besser nicht über mich lustig machen", zischte er nun gedämpft, als müsse er sich mit aller Macht kontrollieren, jetzt nicht die Beherrschung zu verlieren und mich für all das, was ich sagte, einfach zu erdolchen.

"Jetzt darf ich dir mal zur Abwechslung einen Ratschlag erteilen", begann er in erhobenem Tonfall. Seine Stimme wies darauf hin, dass nun etwas folgen würde, das ich besser für den Rest meines Lebens niemals vergessen sollte.

Und diese Ahnung bewahrheitete sich: "Sei du lieber wachsam und halt immer ein Auge offen, wenn du nachts zu Bett gehst, Naruto Uzumaki."

Nach dieser Drohung, die allen den Atem raubte, machte er auf der Stelle kehrt und trampelte genauso laut aus dem Klassenzimmer heraus, wie er es auch zuvor betreten hatte. Nachdem die Tür wenige Sekunden später, gelinde gesagt, ins Schloss geknallt war, hob sich augenblicklich die Lautstärke in meinem Umfeld um ein beachtliches Maß an. Alle schienen darüber zu diskutieren, was das alles zu bedeuten hatte, was passiert war und vor allem, was von all dem wahr sein konnte.

Um ehrlich zu sein, kümmerte mich das alles herzlich wenig.

Denn ich war davon überzeugt, dass Sasukes Worte nicht mehr waren, als ein Ausdruck seiner Hilflosigkeit. Er wollte partout das letzte Wort behalten. Das durfte ihm keiner nehmen.

Genau kann ich heute nicht mehr sagen, ob meine Einstellung zu jenem Zeitpunkt ein entscheidender Fehler war.

Lebe nicht in Erinnerungen, sondern in der Gegenwart

Hey :D
 

Danke erstmal für die Kommentare, ich werde sie an diesem Wochenende hoffentlich alle beanworten können ;-)
 

LG
 

TDR
 

"Du Virgin", gluckste mir Kiba nun auf dem Schulhof entgegen und ließ direkt einen herzlichen Hieb gegen die Schulter folgen. "Dass ich nicht lache", grunzte er mit erheiterter Stimme und auch meine Lippen zierte allmählich ein belustigtes Grinsen.

In den vergangenen Stunden waren immer wieder Mädchen auf mich zugetänzelt, die mit einem Lächeln meinten, dass sie mir gerne meine Unschuld nehmen würden. Sicherlich war es hauptsächlich scherzhaft gemeint, aber wäre ich darauf angesprungen...Wer hätte die Reaktion schon absehen können?

Selbst jetzt ruhten noch die Blicke der meisten auf mir und musterten mich teils ehrfürchtig, teils kritisch, ja nahezu skeptisch. Wieder anderen konnte man ansehen, dass sie gerne mit mir befreundet wären. Noch vor ein paar Tagen hätte man mich einfach ansprechen können, heute schien das nahezu unmöglich zu sein. Als sei ich nun ein völlig anderer Mensch.

Ungelogen empfand ich mein neues Dasein wirklich als ein schönes Übel. Zwar hatte ich viel um die Ohren, musste mich diesen ständigen Blicken und dem Gekreische aussetzen, wovon ich früher nicht einmal zu träumen gewagt hätte, aber genau diese Tatsache mochte auch genau der Grund dafür sein, dass es mich heute nicht störte.

Es war schön zu wissen, dass andere von mir Kenntnis nahmen. Ich wurde nicht nur beachtet, sondern regelrecht bewundert und beneidet. Nur hoffte ich schon in diesem Moment, dass dieser Neid nicht irgendwann in eine falsche Richtung ausschlagen würde.

Etwa so wie Sasukes Neid auf erfolgreiche Menschen. Mit Sicherheit wäre er ihnen zunächst freundlich und anerkennend gegenüber getreten, doch mit der Zeit hätte sich das Blatt sicherlich gewendet. So wie ich es nun am eigenen Leib erfahren hatte.

Mein Blick schweifte langsam zu Boden und ich wusste, dass Kiba, der momentan neben mir auf der Bank saß, weiterhin auf mich einquatschte und in Kürze beleidigt wäre, dass ich ihm nicht zuhörte.

Dennoch konnte ich meine Gedanken nicht verdrängen: Hatte ich das, was ich vor ein paar Stunden gesagt hatte, auch wirklich sagen wollen? Und hatte ich es so gemeint, wie ich es sagte?

Spielte das jetzt überhaupt noch eine Rolle? Schließlich hatte ich es gesagt. Zweifellos. Der Grundstein für etwas Großes war nun gelegt und der Bau konnte einfach nicht mehr eingestellt werden. Denn der Preis dafür war längst gezahlt.

An meiner Glaubwürdigkeit durfte nicht gezweifelt werden, deshalb musste ich es eisern durchziehen. Das würde schon alles klappen.

"Ey Naruto, hörst du zu?", grummelte mir der Braunhaarige ins Ohr und sorgte somit dafür, dass nicht nur seine Worte, sondern auch sein heißer Atem bei mir angelangten. Da es mich kitzelte, schüttelte ich augenblicklich den Kopf und schlug einmal mit der Hand nach ihm, als wolle ich ein nerviges Insekt vertreiben.

"Lass das, Kiba. Du weißt, dass ich das hasse!", zischte ich zurück und bemerkte nur, wie er die Arme vor der Brust verschränkte, während er eine Augenbraue skeptisch nach oben zog.

"Dann hör' mir demnächst einfach zu", riet er mir bissig und strafte mich, indem er den Blick angesäuert von mir abwandte.

"Da kommt eh dein Fanclub. Denen hörst du sicher lieber zu als mir. Bis dann", grummelte er noch und erhob sich dann von seinem Platz, um sich von mir zu entfernen. Er meinte damit die Mädchen, die kichernd auf uns zukamen, doch ich erhob mich nur seufzend von der Bank und versuchte, ihn einzuholen.

"Warte doch mal", rief ich ihm nach, aber er machte keinerlei Anstalten stehen zu bleiben, weshalb ich ihn energisch am Arm packte und somit zum Anhalten zwang. "Tut mir leid, okay? Meine Gedanken kreisen einfach noch um die Situation mit Sasuke", erklärte ich ehrlich und hoffte, dass es etwas bewirken würde. Zum ersten Mal stellte ich an diesem Tag fest, was für einen ausdrucksstarken Blick Kiba eigentlich besaß. Seine Augen starrten in meine. Für mehrere Sekunden führten wir einen regelrechten Kampf gegeneinander, dann schloss er ergebens seine Lider und grinste einmal - offensichtlich zufrieden.

"Weißt du, was ich gedacht habe, als ich das zwischen euch heute beobachtet habe?", murmelte er und ich bemerkte direkt, dass es eine rein rhetorische Frage war, denn er fuhr unmittelbar fort: "Ich habe gedacht: Hey, wie kann das sein, dass zwei, die doch immer wie die Kletten aneinander klebten, einander plötzlich so fertigmachen? Ich hab' mich gefragt, was da vorgefallen ist. Aber weißt du was? Ich kann Sasuke irgendwie verstehen."

Mit diesem Satz ließ er mir innerlich die Kinnlade herunterklappen. Er konnte ihn verstehen? Kiba verstand überhaupt gar nichts. Schließlich hatte er überhaupt keinen Schimmer von dem, was alles vorgefallen war.

"Ich meine, klar, Sasuke ist in einer großen Agentur. Aber es ist schon scheiße von dir, dass du den Vertrag nicht unterzeichnet hast, um dein eigenes Ding durchzuziehen. Soweit ich weiß, sollst du ihm sogar den Auftrag weggeschnappt haben. Toller Freund, echt mal. Ich wäre auch sauer gewesen", erklärte er seine Position und innerlich kochte ich in jenem Moment.

"Du weißt nichts", zischte ich aufgebracht und musste meine Wut eindeutig zügeln, um ihm meine Meinung zu dem Thema nicht ins Gesicht zu schlagen. "Du weißt gar nicht, was alles passiert ist", grummelte ich hinterher, doch Kiba schien sichtlich unbeeindruckt. Lediglich seine Augen starrten mich in jenem Moment wieder eindringlich an.

"Wie sollte ich auch? Ihr kümmert euch doch schon seit Ewigkeiten einen Scheißdreck um eure Freunde. Das bei dem Wettbewerb habt ihr auch alleine durchgezogen. Ich dachte, dass danach genug sei; dass man mal wieder etwas mit euch unternehmen könnte. So wie früher. Aber ihr lebt mittlerweile in einer ganz anderen Welt. Ihr macht euch gegenseitig fertig, obwohl ihr zusammenhalten solltet. Immerhin wart ihr mal ein Team. Für mich seid ihr beide besessen. Nur weiß ich nicht so ganz wovon", murmelte Kiba und ich hörte im Hintergrund, wie in jenem Moment die Schulglocke den Stundenbeginn ankündigte.

"Erklär's mir doch einfach mal. Erzähl' mir das, was ich nicht weiß. Vielleicht kann man ja dann verstehen, was ihr da beide für eine bekloppte Scheiße abzieht", forderte er, doch ich hatte noch immer Probleme damit, überhaupt ruhig zu atmen. Mein Anblick schien Kiba in seiner Meinung zu bestärken, denn plötzlich zierte ein hämisches Grinsen seine Lippen.

"Weißt du, vorhin, da habe ich dich die ganze Zeit gefragt, wann du mal wieder zum Training kommst. Zwar war das immer echt stressig mit dir und diesem ewigen Gezanke mit Sasuke, aber es hat zumindest Leben in die Bude gebracht. Jetzt seid ihr ein paar Wochen nicht mehr dabei und es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Aber na ja, das ist wohl nicht so wichtig, was? Hast sicher genügend neue Freunde. Kannst dir jetzt auch welche kaufen, wenn du magst. Oder könntest du, wenn du nicht so dämlich wärst, das ganze Geld zu spenden. Echt mal, ich weiß nicht, was du damit bezwecken willst, aber meine Anerkennung bekommst du durch solche Aktionen sicher nicht", ließ Kiba noch folgen und es führte letzten Endes dazu, dass mein Blick abermals zu Boden wanderte. Trotz meiner Wut hatte ich auch das Gefühl, dass er mit vielem recht hatte, was er sagte.

Vernachlässigte ich etwa alle? Wenn ich darüber nachdachte, dann hatte ich die letzten Wochen, ja Monate, nur noch und ausschließlich mit Sasuke verbracht. Mal abgesehen von ein paar Feiern.

War das die Besessenheit, von der Kiba sprach?

Wenn ja, sollte ich ihm dann etwas von Sasukes Besessenheit nach Ruhm und Geld erzählen? Ein Blick in seine Richtung versicherte mir, dass er genau das wollte. Er wollte die Wahrheit hören. Aber ich wusste nicht, ob ich sie noch einmal wiederholen wollte.

Auf eine merkwürdige Art und Weise war es mir sogar peinlich meinem ehemals recht guten Kumpel davon zu berichten. Obwohl gut auch eher relativ ist. Aber für die damaligen Verhältnisse war er wohl einer meiner besten Freunde.

"Sorry", murmelte ich nur schuldbewusst und hob dann langsam wieder meinen Kopf an, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Sofort wanderten Kibas Augen zur Seite und er verfluchte mich direkt mit folgenden Worten: "Guck' mich nicht mit diesem Hundeblick an! Das ist ja ätzend. Du cheatest."

Daraufhin musste ich einfach vage grinsen, weshalb Kiba auch sogleich wieder abwinkend das Wort ergriff: "Jedenfalls hat für mich eine gute Freundschaft immer noch höchste Priorität." Mit diesem Satz wollte er seine eigentliche Aussage wohl noch einmal herausstellen, wobei mir jedoch nur folgendes durch die Gedanken kroch: "Das sagt sich so leicht, wenn man nicht vor die Wahl gestellt wird."

Aussprechen wollte ich es natürlich dennoch nicht, um unsinnigen Diskussionen klug aus dem Weg zu gehen. "Da magst du recht haben, Kiba", stimmte ich ihm stattdessen gespielt nachdenklich zu und richtete meinen Blick kurz schuldbewusst zu Boden. In all der Zeit hatte ich gelernt, gut - nein, ausgezeichnet zu schauspielern. Zumindest dann, wenn mir die Person, die mir gegenüber stand, nicht sonderlich am Herzen lag.

"Im Moment sind die Fronten trotzdem festgefahren. Und Feuer bekämpft man nun mal am besten mit Feuer", versuchte ich achselzuckend auszuweichen und blickte dann wieder direkt in seine aufgeweckten Iriden, die mich kritisch beäugten.

"Dann geht aber bis zur Rettung erst einmal viel zu Bruch", prophezeite er und ich wusste nicht recht, ob sich bei jenen Worten ein kalter Angst- oder ein heißer Wutschauer meinen Rücken entlangschlich. Tatsache war, dass mich seine Warnung durchaus berührte.

"Man muss Opfer bringen. Wie du bereits sagtest: Freundschaft besitzt die höchste Priorität. Dafür kämpfe ich momentan", wich ich dennoch erneut und zwar mit betonter Objektivität aus und blickte einmal über die Schulter hinweg zum Schulgebäude. Der Unterricht hatte mit Sicherheit schon begonnen.

Als ich meine Aufmerksamkeit wieder Kiba schenkte, bemerkte ich anhand seines Blicks, dass er mir nicht mehr ganz folgen konnte. Trotzdem oder gerade deshalb, schlich sich ein unruhiges Lächeln auf seine Lippen. "Achte nur immer darauf, dass du nicht zu wenig Wald mit zu viel Feuer in Berührung bringst", riet er mir und fixierte mich im selben Moment mit diesem starren Blick, der mir nicht gestattete, einfach zur Seite zu sehen.

Einige Sekunden guckten wir einander an, dann durfte ich mich endlich von ihm lösen und tat die Situation mit einem lächelnden Kopfschütteln ab, wobei ich die Hände in die Hüfte stemmte.

"Besser wir bewegen uns allmählich in Richtung Klassenzimmer, sonst droht uns dort der erste Feuersturm", ulkste ich und Kiba erwiderte mein breites Grinsen. In jenem Augenblick war ich mir aber nahezu sicher, dass er mich belächelte.

Eigentlich hätte ich in Kiba niemals eine derart rechtschaffene Persönlichkeit vermutet. Früher hatte er doch auch immer mit mir über alles und jeden gewitzelt.

Ja, früher...

Da war alles besser, nicht wahr?

Gut, vielleicht nicht alles. Aber vieles. Vieles, vieles.
 

Nach der Schule, wo ich zu einigen verschiedenen Parties eingeladen wurde, fanden auch wieder die zahlreichen Mädchen Zeit, um mich zu umschwärmen. Ganz genau konnte ich noch nicht beurteilen, ob es mir nun nachdem es nichts Neues mehr war, noch immer zusagte oder mir allmählich auf die Nerven ging.

Vielleicht auch eine Spur von beidem.

Es war zwar nett, aber nach fünf Minuten hatte man definitiv auch wieder genug von der übertriebenen Anerkennung.

Nachdem ich mich bereits auf meinem Heimweg befand und die meisten anderen auch ihrer eigenen Wege gegangen waren, verfolgte mich dennoch auch weiterhin ein einzelnes Mädchen mit braunen, schulterlangen Haaren und einem langen, luftigen Rock, der zwischendurch ihre leicht gebräunten Beine entblößte. Insgesamt verfügte sie über ein recht selbstsicheres Auftreten.

Das war ganz einfach daran zu erkennen, dass sie betont aufrecht ging, zielstrebig in meine Richtung schritt und den Blick stets erhoben hielt.

Lächelnd blieb ich mit einem Mal abrupt stehen und machte auf der Stelle kehrt, wobei ich eine Hand in meiner Hosentasche versinken ließ. "Was ist? Warum verfolgst du mich? Willst du mir etwa auch die Unschuld nehmen?", grinste ich, da dies wirklich zum Gesprächsthema Nummer eins geworden war. Dieser blöde T-Shirtaufdruck ließ mich tatsächlich zur frischgebackenen Jungfrau werden.

Natürlich erwartete ich, dass sie jetzt - trotz ihrer Selbstsicherheit - wie der Rest rot anlaufen und dann gehen würde, doch ich sollte eines Besseren belehrt werden: "Falsch." Das entgegnete sie zunächst derart laut, dass es theoretisch die gesamte Nachbarschaft hören konnte.

Ungewollt entglitten mir die Gesichtszüge und bei ihrer forschen Art zu sprechen, legte sich doch tatsächlich die erwartete Röte nicht auf ihre, sondern auf meine Wangen.

"Ich werde sie dir nehmen. Das ist ein Unterschied", betonte sie nun und kam ein paar Schritte näher an mich heran. Aus ihrem Mund klang es so, wie ein Gesetz, das sie beschlossen hatte. Nahezu ein Urteil, das gefällt wurde und an dem es nichts mehr zu rütteln gab. Allerlei Widersprüche schienen plötzlich so sinnlos.

Ihre rapiade Art und das bestimmende Wesen gefielen mir. Es erinnerte mich an die Vergangenheit. An einen Menschen, den ich um jeden Preis wieder an mich binden wollte.

Um jeden Preis.
 

In den darauffolgenden zwanzig Minuten, die wir nun doch noch einmal in der Schule - genauer genommen in der Toilette verbrachten - nahm sie mir, im weitesten Sinne, tatsächlich zum zweiten Mal meine kostbare Unschuld. Hätte ich zu dem Zeitpunkt bereits geahnt, was mein plötzlicher Erfolg neben der Anerkennung vieler Mädchen noch mit sich brachte, so wäre mir vielleicht meine gute Laune reichlich schnell vergangen.
 

Zur selben Zeit gelangte ich gerade mit hochrotem Kopf und pochenden Schläfen in der Wohnung an, die diesem abartigen Kerl gehörte. Zielstrebig eilte ich Richtung Küche und fluchte auf dem kurzen Weg lauthals vor mich hin: "Dreckssack! Abgefuckter Wichser!"

Mit vor Zorn auffunkelnden Iriden, schlug ich mit bebender Faust gegen die Kühlschranktür, die daraufhin zwar erzitterte, aber dennoch nicht einen Millimeter nachgab, nur um sie gleich darauf schwungvoll aufzureißen. Ich war buchstäblich auf Hundertachtzig. Hätte mich in jenem Moment - und sei es auch ein Wildfremder - bloß nach der verdammten Uhrzeit gefragt, ich hätte ihn vermutlich auf direktem Wege ins Krankenhaus befördert.

Unruhig durchwühlte ich die verschiedenen Flaschen, die in dem seitlichen Kühlfach Platz fanden, packte schließlich eine mit zitternden Fingern und schlug die quietschende Tür wieder wutentbrannt zu. Doch dieses Knallen wirkte sich - wenn auch nur geringfügig - beruhigend auf mich aus. Dieses Scheppern und Krachen, das zumindest nichts zu Bruch gehen ließ. Auch wenn die darin befindlichen Glasflaschen bedrohlich zu klirren begannen, als warteten sie nur auf den richtigen Augenblick um endlich in Scherben auseinanderzubrechen.

Mit einem flüchtigen Blick auf die Küchenuhr vergewisserte ich mich, dass es gerade erst früher Nachmittag war. Klackend öffnete ich in dem darauffolgenden Moment die Bierflasche und führte sie sogleich an meine Kehle, die auf einmal wie ausgetrocknet schien. Viele kräftige Schlucke nahm ich zu mir, ehe ich sie mit einem lauten Rölpsen von mir löste und meinen Rücken dabei gegen die Küchentheke lehnte. Deutlich spürte ich, wie mein Pulsschlag allmählich ruhiger wurde. Dennoch konnte man nicht davon sprechen, dass ich mich abreagierte. Ganz und gar nicht.

"Ich mach' dich fertig. Du weißt gar nicht wie fertig ich dich mache, Naruto Uzumaki", verließ es beinah unbewusst meine Lippen, wobei mein Blick in tiefreichende Leere glitt. Ganz in meinen Gedanken vertieft, sprach ich auch noch folgende Worte: "Dir gönne ich keine einzige ruhige Minute mehr. Keine einzige. Jeden beschissenen deiner Schritte werde ich verfolgen und dir dabei immer um einen Schritt voraus sein."

Weiterhin fixierte ich einen ganz beliebigen Punkt an der mir gegenüber liegenden Wand, dann blinzelte ich einmal und holte tief Luft, als würde ich gerade eine endlose Rede halten.

"Das verspreche - nein, das schwöre ich dir sogar!", verkündete ich wie bei einem Wahlkampf und hatte damit eindeutig meine eigene Stimme gewonnen. In meinen Ohren zeugten diese Worte von tiefer Entschlossenheit. Allerdings weiß jeder, dass auch oder gerade Politiker ihre Versprechen und Einstellungen wie Unterhosen wechseln. Damit würde ich also der Erste sein, der sein Wort auch hielt.

Wie zum Toast hob ich deshalb meine Flasche erneut an und trank auf mich selbst und meine Entscheidungen. Abermals schweiften meine Gedanken ab und machten mir klar, dass ich defintiv der Begabtere von uns beiden war. Wenn ich es wirklich wollte, dann hatte Naruto einfach keine Chance. Das Tanzen lag mir nun einmal in den Genen, da konnte er sagen, was er wollte.

"Und genau heute werde ich anfangen dir zu zeigen, wer von und der ist, der es weit bringen wird", sprach ich meine Schlussfolgerung sogleich laut aus und beschloss, dass ich endlich etwas verändern musste. Angefangen bei meinem Arbeitsplatz.

Nur so vor Tatendrang strotzend, rappelte ich mich deshalb aus meiner leicht eingeknickten Haltung auf, stellte die Flasche beiseite, steckte noch mein Portemonnaie ein und verließ dann mit zügigen Schritten wieder die Wohnung. Genauso aufgescheucht, wie ich gekommen war, eilte ich nun wieder zur Bushaltestelle zurück, um etwas zu klären. Etwas ganz Entscheidendes: Meine Zukunft.

Nach einigen Minuten, die mir wie eine endlose Ewigkeit erschienen, kam ich zunächst im Hort allen Übels und aller Freuden an, um meine Karten endlich neu zu legen.

Sofort hastete ich den langen Flur entlang, ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken, mich zunächst an der Rezeption anzumelden. Meine Schritte polterten derart, als wären sie an eine Art Verstärker angeschlossen. Näher und näher kam ich der verfluchten, verhassten Tür und drückte mit dem Erreichen auch sogleich die Klinke herunter, um unangekündigt hereinzuplatzen.

Natürlich bot sich mir unmittelbar kein unbekanntes Bild: Orochimaru ruhte wie immer an seinem Schreibtisch, während einer meiner Kollegen neben ihm stand. Selbstverständlich lagen die Hände meines Chefs dabei auf den athletischen Beinen des Tänzers. Ich hatte auch rein gar nichts anderes erwartet. Trotzdem sorgte jener Anblick dafür, dass meine zurückgedrängte Wut allmählich wieder hervorquoll.

Im Türrahmen blieb ich stehen und räusperte mich betont laut, um zu verstehen zu geben, dass ich darauf wartete, den anderen abziehen zu sehen. Jener wechselte deshalb noch ein paar kurze Blicke mit unserem Chef und seinem Liebhaber, um nach einem knappen Nicken gehorsam seine Beine in Bewegung zu setzen. Der Blick, den er mir zukommen ließ, als er an mir vorbeischritt und die Tür hinter sich zuzog, sprach für mich mehrere Bände. Innerlich schnaufte ich, setzte mich dann aber ebenfalls wieder in Bewegung, damit ich in betont aufrechtem Gang zum Tisch gehen konnte, an dem ich auch sogleich Platz nahm, während mir die grünen Augen forschend folgten. Trotz all meiner guten Vorsätze, musste ich meinen Blick vorzeitig von ihm abwenden.

Dafür waren mit diesen Augen einfach zu viele unangenehme Erinnerungen verbunden.

"Was willst du? Dein Training beginnt erst in ein paar Stunden", begann er nüchtern ein Gespräch, nachdem für ein paar Sekunden die Stille vorgeherrscht hatte. Es regte mich tierisch auf. Dieser ganze pseudo freundliche Umgang, der regte mich so dermaßen auf, dass ich jedes Mal auf der Stelle kotzen könnte.

"Weiß ich", meinte ich deshalb schnippisch, wurde aber gleich darauf etwas ruhiger, da mir mein eigener Tonfall zu Ohren kam. "Aber ich wollte nun einmal mit Ihnen über meine Leistung sprechen."

"Deine Leistung?"

Seine Betonung klang beinahe zynisch. Als könne er nicht recht glauben, was ich da für einen Unsinn von mir gab. Doch zunächst ließ ich mich von seiner ohnehin gewohnt ignoranten Art nicht irritieren. "Genau. Ich finde, es wäre an der Zeit mir größere Aufträge zuzusprechen", erklärte ich mit sanfter, aber dennoch ernster Miene und beobachtete, wie Orochimarus Iriden mich deshalb forschend musterten, als müsse er einem Scherz auf die Schliche kommen, den er bisher nicht verstanden hatte. Dann grinste er plötzlich in sich hinein und ließ mir mit jener Geste das Blut in den Adern gefrieren.

"Bravo, Herr Uchiha. Welch ein Auftritt." Für den Moment klatschte er mir halbherzigen Beifall und schlug die Beine übereinander, damit er in gewohnter Pose vor mir ruhte. Seine ganze Mimik und Gestik sprach dafür, dass ihn das, was ich sagte, nicht die Bohne interessierte.

Viel mehr machte er sich sogar lustig über mich. Diese Erkenntnis ließ mich blitzartig die Augenbrauen scharf zusammen ziehen und mit einem Satz aufspringen, um die Hände flach, aber dennoch tonlos auf den Tisch zu schlagen.

"Hören Sie mir zu!", befahl ich in gebieterischem Ton und fuhr direkt ohne zu atmen fort: "Ich mein's ernst! Ich will endlich etwas aus meinem Talent machen. Dafür bin ich hier. Das ganze Training schön und gu..."

Während ich mich in Rage sprach, schüttelte Orochimaru nur mit jedem Wort energisch den Kopf, um offensichtlich seine aufkochende Wut zu unterdrücken. Doch jener Versuch scheiterte kläglich, als er mir in schneidendem Tonfall ins Wort fiel: "Jetzt pass' mal auf: So läuft das hier nicht."

Trotz dieser Mahnung holte ich direkt wieder Luft, um zu kontern: "Sie wollen mich überhaupt nicht fördern, hä?!" Noch immer stand ich in aufrechter Position und starrte ihn feindselig an. Die Tatsache, dass ich allmählich pampig wurde, schien meinem Gegenüber, wie zu erwarten, absolut nicht zu schmecken.

"Schluss jetzt! Ich bin dir keine Rechenschaft für meine Entscheidungen schuldig! Außerdem hattest du deine Chance, aber hast es eben vergeigt. Also such' die Fehler gefälligst bei dir und deiner miserablen Disziplin", drohte er und begann dabei wie wild in seiner Schublade herumzukramen, was kurz darauf Feuerzeug und Zigarette zum Vorschein brachte.

Während er dieser Tätigkeit - die Zigarette langsam mit Feuer zu entzünden - nachging, begannen meine Hände vor Wut über seine Worte fürchterlich zu zittern.

"Meine Herren, du bist doch erst seit ein paar Wochen hier", kommentierte er das Ganze noch ab, allerdings war mir jene Aussage völlig egal.

"Miserable Disziplin?", verließ es knirschend meinen Mund und ich sah ihm dabei zu, wie er den Rauch aus seiner Lunge blies, um zur Ruhe zu kommen.

"Miserable Disziplin?", wiederholte ich ungläubig, woraufhin seine grünen Augen mich wieder musterten. "Dabei müssten Sie doch am besten wissen, was ich für meinen Traum alles auf mich nehme", zwang ich mich vor Bestürzung zu sagen und ließ meinen Blick nun über die Tischplatte wandern, auf der sich unzählige lose Blätter, sowie Akten befanden.

Einige Sekunden war es ganz still. In dieser Zeit lauschte ich lediglich meinem eigenen Herzschlag, der für mein momentanes Empfinden noch viel zu ruhig war.

"Ich gebe dir einen Tipp, Sasuke: Wenn du wirklich so erfolgreich werden willst, dann hör' verdammt nochmal auf, dich immer für etwas Besonderes zu halten. Das bist du nämlich ganz einfach nicht. Du machst deinen Job auch nicht herausragend besser, als der Rest meiner Leute. Find' dich damit ab, ansonsten sehe ich für dich und deine ach so wichtige Zukunft wirklich schwarz. Schließlich bist du derjenige, der etwas von mir will und nicht umgekehrt, oder?"

"Oder?", wiederholte er eindringlich, da ich mich nicht regte. Ein stummes Kopfnicken war die einzige Reaktion zu der ich nach dieser vernichtenden Aussage überhaupt noch fähig war. Stellte er mir etwa ein Ultimatum?

Stillschweigend wandte ich mich nun von dem Schreibtisch ab und beschloss bereits in jenem Augenblick, dass ich heute Abend nicht zum Training erscheinen würde. Ich wusste nicht warum, aber plötzlich spukten mehr als wirre Gedanken durch meinen Kopf, die ich in dieser Nacht in die Tat umsetzen würde.

"Mann, Mann, Mann", hörte ich ihn hinter mir noch fluchen, als ich die Tür hinter mir zuzog und bereits wieder dem Flur in Richtung Ausgang folgte. In jenen Minuten wusste ich nicht recht, wie ich mich fühlen sollte. Ob nun niedergeschlagen, zutiefst enttäuscht oder gar wütend. Fakt blieb, dass mir zu der Zeit die Fassung für jede beliebige Emotion fehlte.

Ich marschierte einfach nur.

Starr und geplättet.

Es war ein Ultimatum.

Zielstrebig trugen mich meine Beine bis zur nächsten Bank, während ich motorisch bereits mein Portemonnaie aus der Hosentasche zog und am Geldautomaten stolze tausend Euro abhob. Mit meinem ohnehin noch vorhanden Bargeld, verfügte ich also über ein gutes Sümmchen für einen etwas anderen Abend als üblich.
 

Seit ungefähr einer Stunde ruhte ich nun schon auf dieser Bank im Stadtpark, sah die Wolken an mir vorbeiziehen und spürte den leicht kühlen Wind in meinem Gesicht, während ich die kürzliche Situation mit dieser Frau reflektierte. Nun schon zum dritten Mal in Folge.

Bei diesem dritten Mal driftete ich jedoch, im Vergleich zu den vergangenen Malen, in Erinnerungen ab, mit denen ich dieses Ereignis merkwürdigerweise verband.

Ich wusste nicht, warum ich ausgerechnet jetzt an diesen Moment denken musste. An meinen Geburtstag vor ungefähr zweieinhalb Wochen, den ich während des Sportunterrichts ausgiebig gefeiert hatte. Erst heute bemerkte ich, wie kurios das Damalige eigentlich gewesen war.
 

In dem Raum mit den Sportutensilien angekommen, sah ich auch schon gleich das Volleyball-Netz, welches wir für den Sportunterricht besorgen sollten, bückte mich, um es aufzuheben, doch Sasuke hinderte mich daran, indem er von hinten die Arme um mich schlang und meine Hände von dem Netz löste.

Bestimmt fuhr er meine Brust entlang, schob mein Shirt hoch und raunte ein "Happy-Birthday" in mein Ohr. Gleich darauf begann er meinen Hals entlangzulecken.

Hatte er das vor, was ich glaubte? Wollte er es hier mit mir tun? Hier, wo uns theoretisch jeder erwischen konnte? Ja, das sollte wohl sein Geburtstagsgeschenk sein.

Als seine Finger zu meiner Hose glitten, zwischen meine Beine fuhren, ich dabei sein leises Aufstöhnen hinter mir hörte, ergriff auch mich eine unglaubliche Lust.

Schnell drehte ich mich herum, packte ihn unvorhersehbar und drückte ihn zu Boden, hielt ihn dabei an den Handgelenken fest und grinste ihn wolllustig an, während ich meinen Unterleib fest gegen seinen presste.

Wieder stöhnte er auf, leckte verlangend über meine Lippen.

"Nimm mich...", keuchte er, als ich ihn in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelte. Er sprach Worte aus, die ihm ansonsten vermutlich nicht einmal in den Sinn kamen. Es war wundervoll. Unheimlich erotisch. Unsere Zungen spielten wild miteinander, wollten tief in die Mundhöhle des anderen gleiten.

Und ich wollte bereits in jenem Augenblick noch etwas ganz anderes tief in ihn gleiten lassen.

"Die warten alle auf uns", stöhnte ich an die Vernunft appellierend in den Kuss, fuhr durch sein schwarzes Haar, spürte seinen heißen Atem, als ich schließlich den Kuss löste und sein Lächeln betrachtete.

"Dann musst du wohl Gas geben."

Mit diesem Satz zog er mir einfach die Hose runter. Hier zwischen all den Kisten und Geräten würden wir es miteinander tun. Das war der letzte Kick, den ich brauchte, um unseren Sex perfekt werden zu lassen.

Ich wollte Sasuke so sehr. So wie immer. Jedes Mal. Mein Verlangen nach ihm ließ nicht nach. Nie.

Der Gedanke daran, dass es möglich war, ihn irgendwann nicht mehr auf diese Weise halten zu dürfen, war nahezu unerträglich.

Und um ihn zu verdrängen, zog ich einfach die Sporthose meines Geliebten hinunter, streifte sie ihm sogar ab und ließ sie zur Seite fallen.

Sein verführerischer Blick, seine geröteten Wangen, sein leicht geöffneter Mund, als ich sein Glied mit der Hand umfasste, machte mich fast wahnsinnig. Er raubte mir den Verstand.

Mit schnellen und flinken Handbewegungen begann ich ihn zu bearbeiten, weckte die Lust nur noch mehr in ihm, sodass er sich einmal ruckartig aufbäumte, dann wieder zurücksank, während sein Glied bemerkenswert schnell hart wurde.

Ein zufriedenes Grinsen umspielte dabei meine Mundwinkel. Es ging selten so flink bei ihm. Ihm musste diese Situation auch gefallen. Ich wollte ihn. So unglaublich dringend.

Also drückte ich seine Beine weiter auseinander, hob sein Gesäß ein Stück weit an und begann ihn zunächst mit einem Finger vorzudehnen.

Ich spürte die Hitze, dieses berauschende Gefühl, als ich mich in ihm bewegte - obwohl es bislang nur mein Finger war, der ihn von innen erkundete.

Aber allein durch das Wissen, wie es sich anfühlte, in ihn einzudringen, in ihn zu stoßen, in ihm zu kommen, bekam ich nicht nur eine Gänsehaut, sondern auch unmittelbar eine starke Erregung, die schmerzlich zwischen meinen Lenden pochte.

Drängend schob ich noch einen Finger in ihn hinein, unter dem Sasuke wieder begann aufzustöhnen, drehte ihn, beobachtete das gerötete Gesicht unter mir und war mir sicher, dass der Sex dieses Mal anders sein würde, als bisher. Nicht nur, weil wir es in der Schule miteinander trieben, sondern auch aus dem Grund, weil wir es das erste Mal ohne Gleitmittel taten.

Mich persönlich reizte das nur noch mehr. Es würde sich anders in ihm anfühlen. Vielleicht sogar besser? Ich wollte es wissen.

Also entfernte ich - etwas ruppig - meine Finger aus seinem Unterleib, winkelte kurzerhand seine Beine an und führte mein Glied langsam und mit einem wohligen Aufseufzen in ihn ein.

"Na...ru...to", keuchte er und seine Stimme bewegte mich dazu, mit den Bewegungen, langsamen Stößen, zu beginnen, aber wir hatten nun einmal nicht viel Zeit für solche Zärtlichkeiten.

Schweiß bildete sich auf meinem Körper, als ich mein Tempo mehr und mehr beschleunigte, tiefer und härter in ihn eindrang und sein Körper sich demzufolge aus verschiedenen Gründen unter mir wandt.

Ein gequälter Ton entfloh plötzlich seinem Mund, den er gleich darauf mit seiner Hand verschloss.

"Alles okay?", hauchte ich, hörte aber nicht auf mich zu bewegen. Es fühlte sich einfach zu gut an. Er hatte mich verführt. Also hatte er nicht das Recht, einen Rückzieher zu machen.

Er nickte eilig, doch ich sah, wie etwas in seinen Augenwinkeln glitzerte.

"Es ist anders...ohne die Creme", presste er hervor, schlang dann plötzlich die Arme um meinen Hals und zog mich zu sich herunter.

"Aber mach' weiter", keuchte er und ich küsste ihn. Für ein paar Sekunden erinnerte mich diese Situation an das erste Mal als Sasuke diesen Part übernommen hatte. Es erinnerte mich daran, wie schmerzhaft es gewesen war. Denn selbst bei meinem ersten Mal in dieser Position hatte er keinerlei Rücksicht genommen. Der Teufel weiß, warum.

Aber Fakt bleibt, dass ich ihm aus diesem Grund keine Zärtlichkeit schuldig war. Zwar mochte ich gerne die romantische Art mit ihm zu schlafen, aber heute; hier und jetzt, war es etwas anderes. Heute war es harter und verbotener Sex, den ich wollte.

Und er gab ihn mir freiwillig.

Dankbarkeit spiegelte sich auf meinem Gesicht wider, die Sasuke jedoch nicht zu bemerken schien. Jener hatte nun auch leicht die Beine angewinkelt, um es mir einfacher zu machen. Seine Züge, die ich in dem schummrigen Lichtschein nur vage erkannte, zeigten so viele Emotionen. Zum ersten Mal andere als sonst und ich wollte mehr davon sehen. Einfach immer mehr.

Deshalb drückte ich seinen Oberkörper betont stark gegen den Boden und versiegelte mit meiner Hand für den Moment seinen Mund, wobei ich begann, meine Stöße derart energisch werden zu lassen, dass es selbst für mich zu einer ungewohnten Anstrengung wurde. Dabei schlug sein heißer Atem gegen meine Handfläche, seine Augen wanderten ziellos auf meinem Gesicht hin und her, bis er den Blick schließlich Richtung Zimmerdecke schweifen ließ.

Ganz allmählich wurde ich wieder ruhiger, löste dabei auch meine Hand und ließ sie zu seinem Glied wandern, um es rhythmisch zu pumpen. Auf sanfte Weise strichen seine Füße nun meine Seiten entlang, ehe er seinen Oberkörper leicht aufrichtete, damit er seine Arme abermals haltsuchend um meine Schultern schlingen konnte. "Der beste Sex", stöhnte ich nur und leckte intensiv über seine Lippen, bevor ich jene für die nächsten dreißig Sekunden wieder in Beschlag nahm.

Dabei achtete ich darauf, ganz behutsam mit meinen Bewegungen fortzufahren, damit er sich unter mir entspannen konnte. Endlich fand ich Zeit, mich auf dieses Geräusch zu konzentrieren, das unentwegt ertönte, sobald ich in ihn stieß. Im Hintergrund erklang sein lüsternes Stöhnen nach mehr. Dann wieder dieses Geräusch. Erst jetzt bemerkte ich so richtig, dass ich bereits zum Orgasmus gekommen war. In voller Ekstase war es unglaublicherweise untergegangen. Das war mir bisher noch nie passiert, dass ich meinen eigenen Höhepunkt verpasste.

Ein erheitertes Grinsen zierte meine Lippen, dann griff ich Sasukes Schenkel wieder etwas fester und just in dem Moment, als ich fortfahren und mich zu meinem zweiten Orgasmus treiben wollte, erkannte ich mit einem Mal einen Lichtstrahl, der über die Kisten und Geräte hinweg verlief, hinter denen wir uns verbargen. Zweifellos hatte jemand die Tür geöffnet.

Noch bevor ich aus meiner Starre erwacht war, spürte ich auch schon dieses beunruhigende Gefühl von Sasukes Gesicht, das tief in meiner Halsbeuge vergraben lag, sowie seine Arme und Beine, die sich klammerartig um meinen Körper versteiften.

Mit schwerem Atem und mehreren Schweißperlen, die meine Stirn zeichneten, wandte ich mutig den Kopf über die Schulter hinweg, um das zu sehen, wovor Sasuke sich offensichtlich beschämt zu verstecken suchte.

Dort in dem wenigen Licht machte ich eine zierliche Gestalt aus, mit langen schwarzen Haaren und weit geöffneten Augen, die uns mit einer derartigen Reglosigkeit musterte, dass ich beinah glaubte, sie sei nicht mehr als ein Trugbild oder eine steinerne Statue.

Doch entgegen meiner Hoffnungen, stand dort tatsächlich Hinata, die plötzlich wie wild zu blinzeln begann und ihren Blick anscheinend nicht von dem Geschehen abwenden konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich zwar bereits um ihre Gefühle zu mir gwusst, dennoch vergaß ich jene in diesem Augenblick völlig. Skeptisch, mit einem unbeabsichtigt verscheuchenden Ausdruck in den Augen, starrte ich sie an, weshalb sie schließlich doch den Blick ein wenig neigte.

Sie senkte ihr Blickfeld von diesem Bild, das sich ihr bot: Sasuke, dessen Schenkel von mir auseinander gehalten wurden, während ich zwischen ihnen ruhte und mich noch immer in ihm befand. Dabei hing meine Hose halb in den Kniekehlen, Sasukes Hemd entblößte fast den kompletten Bauch und zudem waren wir beide stark am schwitzen. Normalerweise hätte man vielleicht von Scham sprechen müssen, doch ich konnte keine empfinden. Es freute mich viel mehr, dass endlich einmal jemand sehen konnte wie nahe wir uns standen. Dass wir Lust füreinander empfanden und Sex hatten. Wie ein ganz gewöhnliches Paar eben.

"Hast du das Netz, Hinata?", ertönte im Hintergrund plötzlich Kibas Stimme, die mich dagegen ein wenig mehr aufhorchen ließ. Sofort wandte Hinata sich von uns ab und ging zielstrebig zum Ausgang zurück. "Hier ist keins", murmelte sie mit ihrer üblichen Stimmlage und Kiba schnaufte nur genervt. "Ich hasse diese Schule. Hier ist nichts an seinem Platz", grummelte er und ich hörte, wie Hinata unterdrückt kicherte und sich anschließend kontinuierlich Schritte von uns entfernten.

Langsam richtete ich meinen Blick wieder in Sasukes Richtung, der sich jedoch noch immer völlig ungerührt an mich presste.

"Sasuke?", fragte ich leise nach und strich einmal mit den Fingern seinen Nacken entlang, wobei ich nun bemerkte, dass meine Erregung fast vollständig verpufft war. Als nach einigen Sekunden noch immer keine Antwort folgte, wiederholte ich seinen Namen. Dieses Mal allerdings eindringlicher als zuvor.

"Das hat sie nicht verdient", flüsterte er leise und das war das Letzte und Einzige, was er zu dieser Situation jemals sagte. Für mich klang es sogar nach einer Art Reue, auch wenn ich nicht ganz den Grund dafür verstand.
 

Mit langsamen Schritten wanderte ich durch einen Stadtteil, den ich zuvor nicht einmal in meinen Träumen besucht hatte. Obwohl das hier ohnehin kein Ort zum Träumen war. Alles wirkte finster, nur vereinzelt erkannte ich diese schaurigen Lichter und hörte das Gelächter beider Geschlechter.

Auf meinem Weg betrachtete ich viele junge Frauen, die in knapper Kleidung am Straßenrand standen und mich zu sich winkten oder mir verschmitzt zuzwinkerten. Aber mein Ziel innerhalb dieser Vergnügungsmeile war noch ein etwas anderes: Nicht irgendein Straßenstrich, sondern das Bordell.

Nur dafür hatte ich so viel Geld eingepackt und obwohl ich wusste, dass ich auch ohne Geld von anderen Menschen Sex bekäme, wollte ich dennoch hierher, da ich in dieser Nacht nicht die Lust nach gewöhnlichem Geschlechtsverkehr verspürte.

Dieses Mal würde es für mich - und nur für mich - zu einem Highlight werden. Da ich nicht wusste, wie viel meine Wünsche mich kosten würden, hatte ich vorsorglich lieber etwas mehr Geld eingepackt.

Zügig gelangte ich zu einem dieser Etablissements und fand auch recht schnell die Gesellschaft nach der ich mich verzehrte. Hier wirkte alles so einfach. Schneller als ich gucken konnte, befand ich mich mit einer Frau auch schon in einem separaten Raum und war ihren verführerischen Aktionen hoffnungslos ausgeliefert. Mit viel Freude umschwärmte mich diese Prostituierte, machte mir schöne Augen und ich glaubte ernsthaft, dass sie eine von der Sorte war, die es aus Leidenschaft tat. Vielleicht aus Leidenschaft zu schönen Männern, sofern sie sich ihre Freier denn aussuchen konnte oder einfach aus Verlangen nach Sex an sich.

"Komm her", wies sie mich an und meine Augenbrauen zogen sich augenblicklich zusammen. Indem ich sie ruppig auf das unschöne Bett drückte, gab ich ihr zu verstehen, dass ich hier das Sagen hatte. Sie sollte sich bloß zurückhalten, ansonsten sah ich für uns beide kein morgen mehr.

Diese Berührungen, die sie voller Wollust auf mich ausübte, schnürten mir mit der Zeit immer mehr die Kehle zu, ließen meinen Hass allmählich herausplatzen. Viele Fragen strömten in diesen Minuten durch meinen Kopf. Die Frage, wann Naruto das letzte Mal so wie sie unter mir gelegen hatte, war dabei eine der wichtigsten.

Doch bei der Antwort wich mir auch das letzte bisschen Farbe aus dem Gesicht: Die wenigen Male konnte ich an einer kümmerlichen Hand abzählen. Ich dagegen, ich hatte oft in dieser Position unter ihm gelegen.

Es machte mich rasend. Diese Gewissheit, dass er mich zu seinem Unterlegenen degradierte. Und indem ich diese Frau nun meine Schmerzen erleiden ließ, konnte ich mich besser fühlen. Nahezu erleichtert. Mit der Sicherheit, dass ich dieses Leid nicht alleine ertragen musste.

Obwohl ich tief in meinem Inneren dennoch genau wusste, dass ich mich in letzter Instanz doch nur selbst verletzte. Mit allem, was ich hier tat.

Vielleicht war dies auch einer der vielen Gründe für den Umstand, dass ich das erste Mal nach vollzogenem Geschlechtsverkehr am liebsten in Tränen ausgebrochen wäre.

Dabei hatte es auch schon zuvor so viele Gründe für derartige Gefühle gegeben. Seien es die Frauen, mit denen ich in der Vergangenheit geschlafen hatte, obwohl ich sie nicht liebte. Sei es Naruto, der beim Sex aus egoistischen Beweggründen lieber selbst die Führung übernahm und mich nun, als es Probleme gab, wie ein kaputtes Utensil wegwarf oder sei es auch Orochimaru, der mich während der ganzen Zeit des Geschlechtsverkehrs noch kein einziges Mal geküsst hatte. Nicht ein einziges. Nicht einmal versucht! Selbstredend hätte ich jegliche Versuche unterbunden, aber wer hätte damit gerechnet, dass es nicht einmal zu derartigen Versuchen kommen würde?

Doch so wurde mir meine Position - meine verdammt beschissene, erniedrigende Position, die ich innerhalb der Agentur, aber auch meinem Chef gegenüber bekleidete, nur noch einmal mit entschiedener Brutalität vergegenwärtigt.

No risk, no fun

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

No risk, no fun (light)

Nach diesem durchaus ungewöhnlichen Nachmittag kehrte ich in meine Wohnung zurück, die wie zu erwarten menschenleer war.

Mein Blick schweifte innerhalb der Wände hin und her. Es war hell in meinem Zuhause. Und warm. Absolut angenehm. Fast fielen mir die Augen zu.

Zügig verstaute ich meine schwere Schultasche an der Seite und trottete in Richtung Küche.

Zielstrebig ging ich auf den Kühlschrank zu und nahm eine Flasche Cola heraus. Bevor ich mich setzte, hielt ich noch einmal inne. Mein Blick wanderte zurück zum Kühlschrank. Mit zwei großen Schritten stellte ich mich wieder davor und überlegte noch einen Moment. Dann riss ich die Tür abermals auf.

Wieder schweifte mein Blick umher. Allgemein war hierin nicht mehr allzu viel zu finden. Nur Joghurt, Brotaufstrich und Sasukes Grünzeug. Meine Augen blieben daran kleben.

Mit einem Ruck packte ich das rote Gemüse und zog meine Augenbrauen nach oben. In der rechten Hand hielt ich nun meine Cola, in der linken die Tomaten und steuerte damit direkt auf den Mülleimer zu. Voller Wucht trat ich mit dem Fuß auf den Hebel, damit der Deckel nach oben schnellte. Ich streckte meinen Arm aus und meine Mundwinkel zogen sich ganz abrupt nach oben.

Das zerstörte Bild meiner Eltern tauchte wieder vor meinen Augen auf. Dazu sah ich Sasuke, der nicht den Hauch von Reue verspürte. Dabei wusste er, wie wichtig mir dieses Bild war. Er hatte gewusst, was er mir damit antat. Trotzdem hatte er es in den Boden gerammt und mit seinem Blut fast unkenntlich gemacht.

Ich zog meine Hand wieder zurück.

Das, was ich hier tat, war dagegen nicht mehr als alberner Kinderkram. Mehr war das echt nicht. Mit einem leisen Seufzen legte ich das Gemüse wieder an seinen Platz zurück und setzte mich mit einem Glas an den Küchentisch.

Er hatte so viel Entscheidenderes zerstört. Nicht nur dieses Bild. Verdammt, was war das zerstörte Bild schon gegen unsere kaputte Beziehung? Oder gegen Sasukes neue Persönlichkeit. Gegen seinen Wahnsinn.

Ich nahm einen kräftigen Schluck Zuckerwasser zu mir und schüttelte den Kopf. Mein Blick wanderte auf die Tischplatte.

“Das, was du tust, ist kein alberner Kinderkram mehr”, grummelte ich und verließ die Küche mit betont ruhigen Schritten. Ich hatte noch einen Termin, der sicher nicht warten würde.
 

Naruto hatte mich kurzfristig darum gebeten, mit ihm zu seinem heutigen Termin zu gehen. Das Gespräch sollte sich dabei um seinen nächsten Auftrag drehen.

Herr Tagami, irgendein hohes Tier dieser Agentur, musterte meinen Freund schon eine ganze Weile. Er betrachtete ihn eindringlich. Sie kamen einfach nicht auf einen Nenner.

"Hören Sie zu, Herr Uzumaki", begann er noch einmal in bewusst ruhigem Tonfall. "Am besten ich gebe Ihnen die Lieder, für die uns noch die passende Choreo fehlt, einfach mit und Sie überlegen sich das Ganze in aller Ruhe zuhause. Vielleicht kann Ihre Freundin Sie bei Ihrer Auswahl ein wenig unterstützen", sagte er unmd beobachtete Narutos Gesichtsregung. Der schien mit der Idee einverstanden zu sein.

"Melden Sie sich einfach bei mir", schloss er ab und zauberte aus seinem Schreibtisch ein paar CD's heraus, die er seinem Gegenüber in die Hand drückte.

Ich würde sagen, dass Herr Tagami ganz gehörig die Schnauze voll hatte. Immerhin saßen wir seit gut anderthalb Stunden hier. Ein Ende war längst nicht in Sicht. Wäre Naruto nicht so eine Art "Newcomer des Jahres", hätte er sicher niemals so viel Zeit und Energie hierein investiert. Er schien wirklich interessiert zu sein.

"Vielen Dank", lächelte Naruto und verabschiedete sich mit einem freundlichen Händedruck von dem Mann mittleren Alters. Ich tat es ihm gleich.

"Seit wann bist du so wählerisch?", hakte ich auf dem Heimweg nach und schenkte ihm ein erheitertes Lächeln.

"Wenn man es sich leisten kann, sollte man sich immer interessanter machen, als man eigentlich ist", erwiderte er mit seinem typischen Grinsen.

"Hauptsache, du pokerst nicht zu hoch, Naruto. Endlos ist deren Geduld bestimmt auch nicht", sagte ich. Ein kleiner Appell an seine Vernunft konnte nicht schaden.

Naruto zuckte nur mit den Achseln.

"Entweder es klappt so wie ich es mir vorstelle oder eben gar nicht."

Das waren ja ganz neue Töne aus seinem Mund.

"Hinata meinte, du willst Sasuke die Stirn bieten", sagte ich und allein bei dem Klang dieses Namens wurde mir mit einem Schlag unwohl in der Magengegend. Sofort musste ich daran denken wie er völlig die Beherrschung verlor und mich um ein Haar niederschlug. Ich hätte Sasuke so einiges zugetraut, aber das ging selbst über meine Vorstellungskraft hinaus. Er hatte mich eines Besseren belehrt. Heute war Sasuke unberechenbar.

"Das werde ich auch tun", antwortete Naruto auf meine Aussage und entriss mich meinen Gedanken.

"Aber entweder es klappt so wie ich es mir vorstelle oder eben gar nicht", wiederholte er seine eigenen Worte und richtete seinen Blick dabei starr geradeaus.

Mit diesem Satz waren wir an der letzten Bushaltestelle vorbei gelaufen. Wir gingen die paar Kilometer zu Fuß. Die frische Luft tat uns beiden gut und wir hatten genügend Zeit um über einiges zu sprechen. Themen, die man in der Gegenwart von anderen Menschen vielleicht niemals angeschnitten hätte. Dafür wusste ich selbst zu gut, wie viel Spaß es machte, Fremden bei ihren Unterhaltungen zuzuhören.

"Was machen wir denn heute noch schönes?", fragte ich nach einer Weile des Schweigens und voller guter Laune. Das Wetter war herrlich. Ich könnte mir gut vorstellen, jetzt mit Naruto baden zu gehen und dabei von seinem sorgenlosen Lachen angesteckt zu werden. Mit einem Schmunzeln malte ich mir aus, wie er mich ins Wasser schmeißen und anschließend wieder herausziehen würde.

Allerdings war ein einziger Blick in seine Richtung mehr als ernüchternd. Er brachte mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Denn mein Freund starrte noch immer mit unverändertem Gesichtsausdruck die leere Straße entlang.

"Wenn du mir helfen willst, sollten wir uns langsam an die Auswahl des Liedes machen. Ich will mir dann schon mal eine ungefähre Choreo überlegen. Sonst krieg ich so eine beschissene von den Wannabe-Profis angedreht", sagte er und mir verging mit einem Schlag meine gute Laune.

Das war das Einzige, was er für so einen schönen Tag plante? Er schien wie besessen zu sein. Von diesen ganzen risikoreichen Ideen.
 

"Das ist doch alles Müll", beschwerte sich Naruto zum dritten Mal in Folge und kreuzte die Arme vor der Brust. Seine Stirn legte sich in Falten.

Ich lag neben ihm auf dem Bett und starrte die Decke an. Korrekt, es war wirklich alles Müll. Müll, auf den ich mich nicht richtig konzentrieren konnte, weil mein Herz schon die ganze Zeit mit erhöhtem Tempo gegen meine Brust trommelte.

Vor meinem inneren Auge sah ich Sasuke das Schlafzimmer betreten und wieder ausflippen. Diese Vorstellung machte mich nervös. Nur die Tatsache, dass Naruto neben mir saß, konnte mich davon abhalten, sofort aus diesem Haus zu flüchten.

Er beruhigte mich. In seiner Gegenwart war es unnötig abzuhauen. Langsam drehte ich meinen Kopf wieder in seine Richtung und sah zu ihm hoch. Er wirkte konzentriert. Kein Wunder, schließlich hörte er sich jedes Lied mindestens bis zur Hälfte an und drückte es dann erst mit einem Kopfschütteln weg. Denn – wie er richtig feststellte – war wirklich nur Müll darunter.

Jedenfalls dann, wenn man versuchte, sich Naruto dazu vorzustellen. Wenn man begann, sich auszumalen, wie er seinen Körper rhythmisch zu den Liedern bewegte und jedem den Atem raubte. Das war mit dem Großteil dieser Lieder nicht möglich.

Mit einem Seufzen drückte Naruto weiter und wartete auf den Einsatz der Musik. Bei dem Songtext des deutschen Liedes kräuselte sich meine Stirn. Auch mein Freund guckte irritiert. Dennoch hielt er sich an seine Norm und hörte brav zu. Solange, bis sich mit einem Mal ein verheißungsvolles Grinsen auf seine Lippen legte.

"Das ist perfekt", gluckste er und sprang mit einem Satz von dem Bett auf. Er machte ein paar Drehungen zur Musik und lachte plötzlich wie er es immer getan hatte.

Mein Herz schlug von Sekunde zu Sekunde schneller.

"Nein", warf ich ein und wieder huschten Bilder durch meinen Kopf. Naruto pokerte zu hoch. Viel zu hoch.

"Warum nicht? Das bringt es doch mehr als auf den Punkt", lachte er und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Die Musik stoppte.

Tatsächlich brachte es dieses Lied auf den Punkt. Kein Zweifel, Sasuke würde den Appell verstehen. Und nicht nur das.

"Er wird ausrasten", sagte ich und verflocht nervös die Finger miteinander.

"Dann lass ihn doch ausrasten, Sakura."

Naruto wandte mir den Rücken zu und streckte sich.

"Wir fangen noch heute an. Nächste Woche muss das Ding im Kasten sein."

Mein Freund erzählte danach noch so einiges, doch es fiel mehr schwer, ihm zuzuhören. Alle meine Gedanken kreisten um den Sasuke, der aufgrund eines einzigen Wortes völlig die Beherrschung verlor. Der deshalb gewalttätig wurde.

Du schaufelst dir dein eigenes Grab und merkst es noch nicht einmal, Naruto.
 

Es vergingen ein paar Tage, die ich zum Großteil in der Agentur verbrachte. Ich trainierte wie ein Irrer. Verausgabte mich bis zum Exzess und fiel abends völlig erschöpft in mein Bett.

Auch an diesem Freitagabend lag ich allein in meiner Wohnung. Ich dachte an meinen Aufenthalt im Bordell zurück. Knapp fünfhundert Euro hatte ich dort gelassen. Abgesehen davon, dass die Preise eine Frechheit waren, war auch das Etablissement insgesamt nichts für mich. Es war eine Erfahrung wert, ja. Das war's aber auch.

Mein Atem ging schwer. Ich fokussierte meine Konzentration auf das Heben und Senken meiner Brust. Ganz regelmäßig.

Gelangweilt schlug ich die Augen auf und zog mein Notebook vom Nachttisch. Ich checkte meine e-Mails, die größtenteils aus Werbung bestanden und guckte auf Facebook, ob es irgendetwas neues gab. Nichts. Tote Hose.

Ein Stöhnen entwich mir. Zum Schlafen war es noch zu früh. Gerade einmal kurz nach acht. Das konnte nicht das Ende dieses Abends sein.

Auf der Seite blinkte Werbung auf. So eine scheiß Singlebörse. Richtig ätzend. Nur für einen Moment betrachtete ich das glitzernde Scheißding. Dann kam mir eine Idee.

"He", machte ich grinsend und klickte auf den Link.

"Heiße Flirts und wilde Abenteuer, soso", wiederholte ich den Werbeslogan der Seite und gab ein paar Daten von mir an, um nach passenden Angeboten zu suchen.

Lässig legte ich ein Bein über das andere und machte es mir allgemein ein bisschen gemütlich. Ich wählte zunächst aus, dass ich an beiden Geschlechtern interessiert sei. Doch nach kurzem Überlegen beschränkte ich meine Suche allein auf Männer.

Interessiert begutachtete ich die ganzen Grazien.

"Mal sehen, wer heute Nacht geknallt wird", grinste ich schief und klickte die verschiedenen Profilbilder durch.

"Fett. Hässlich. Und nochmal hässlich", waren meine einzigen Kommentare. Meine Augen blieben schließlich an einem jungen Mann mit blonden Haaren und blauen Augen kleben. Nach dem Bild zu urteilen, war er eine halbe Portion. Zwanzig Jahre alt. Und wohnte ganz in der Nähe. Perfekt.

Ich öffnete ein neues Fenster und begann ein Gespräch mit dem Typ. Zu meiner Überraschung fand er mich sofort sympathisch und wollte direkt ein Treffen vereinbaren. Entweder er war ein naiver Trottel oder nicht das, was er vorgab zu sein.

Eigentlich war es mir auch egal, was dort auf mich wartete. Bei diesem Zusammentreffen müsste ich meine Emotionen nicht zügeln. Auch nicht meine Aggressionen. Sollte dort ein dicker, alter Sack auf mich warten, würde er sein blaues Wunder erleben. Da konnte er Gift drauf nehmen.

Der Typ mit dem Namen Alan, gab mir seine Adresse und wir verabredeten uns für halb elf bei ihm zuhause. Worauf das Ganze hinauslaufen sollte war längst klar.

Vor dem Spiegel betrachtete ich mich. Für das Treffen wählte ich eine braune Hose, braune Ledersneaker und ein schwarzes Shirt. Kurz richtete ich meine Haare und fuhr mit der Hand über meine Wangen, als ich die dunklen Augenringe bemerkte.

"Fuck", stöhnte ich und strich mit Daumen und Zeigefinger einmal über meine geschlossenen Lider.

Mit beiden Händen stemmte ich mich am Waschbeckenrand ab und versuchte zu lächeln. Ich sollte mehr schlafen. Doch meine unruhigen Träume ließen das sowieso nicht zu. Allein den Versuch konnte ich mir sparen. Ich hatte es oft genug probiert.

Rasch griff ich nach der kleinen Flasche, die auf der Ablage stand und legte ein wenig Aftershave auf. Der Duft von Parfum erinnerte mich daran, wie verpestet unsere Bude seit ein paar Tagen war. Es stank kotzerbärmlich nach Mädchenparfum. Vor allem im Schlafzimmer.

Ich biss die Zähne zusammen.

Beruhigend glitten meine Finger durch mein gestyltes Haar. "Scheiß drauf", flüsterte ich. "Heute wird gefickt."

Im Spiegelbild erkannte ich mein breites Grinsen. "Und wie. Da kannst du dich drauf verlassen."

Auf der Stelle machte ich kehrt und warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Den nächsten Zug musste ich erwischen.

Im Flur zog ich mein Portemonnaie aus der Jacke. Kurz kontrollierte ich, ob noch Gummis vorhanden waren, dann ließ ich es in meiner Hosentasche verschwinden. Schon im nächsten Augenblick fiel die Tür hinter mir ins Schloss und eröffnete mir den Weg in mein neues Abendprogramm.

Mit jedem Meter, den ich meinem Flirt näher kam, besserte sich meine Laune. Alles andere, was im Laufe der Woche geschehen war, ließ ich einfach hinter mir.

Im Zug ließ ich meinen Kopf gegen die Lehne sinken und genoss die Lichter, die in der leichten Dämmerung an Geltung gewannen. Ein buntes Farbspiel zischte an mir vorbei. Ich blinzelte. Dieser Anblick stimmte mich melancholisch.

Ich lauschte dem Geräusch, wie der Zug über die Gleise hinweg preschte. Mit atemberaubender Geschwindigkeit. Einfach weg. Heute Abend war ich weg.

Mir gegenüber saß eine Frau, die auf mich den Eindruck machte, als wolle sie ebenfalls weg. Sie sah aus dem Fenster hinaus und verengte ihre Augen zu Schlitzen. Sie saß derart nah an das Fenster gepresst, dass es den Eindruck machte, als wolle sie durch es hindurch. Ihre Hand drückte sie fest gegen ihren Oberschenkel.

Oder war das ein Ausdruck von Sehnsucht?

Je länger ich sie betrachtete, desto unsicherer wurde ich mir. Es ist kein Geheimnis, dass ich nicht unbedingt der Geübteste darin bin, was das Deuten von Körpersprache angeht. Mit Ausnahme der offensichtlichen Dinge vielleicht.

Ob sie bereit wäre es mir zu erzählen, würde ich sie danach fragen? Die Antwort lag auf der Hand. Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Stattdessen würde sie mich wohl für ein respektloses, ignorantes Arschloch halten, das sie auf so eine lächerliche Weise angraben wollte.

Wie würde ich wohl reagieren, wenn sie mich nach dem Grund für meine Augenringe fragte? Vermutlich mit einem ernsten, abweisenden Blick, der unmissvertsänlich zum Ausdruck bringt: Das geht dich nichts an. Kümmere dich um deinen eigenen Kram.

Ein Seufzen entfuhr mir. Dann wies mich eine penetrante Stimme darauf hin, dass ich an der nächsten Haltestelle aussteigen müsste.

Allmählich machte sich die Neugier in mir breit. Ich war gespannt, ob wirklich der abgebildete Mann auf mich wartete. Wenn ja, würde diese Nacht ein Spaß für mich werden.

Wenn es stattdessen ein hässlicher Typ, aber zumindest einer in meinem Alter, war, würde ich ihn auch knallen. Heute ging es nur um den Sex. Nicht um das Aussehen.

Die Adresse hatte ich genau im Kopf. Auf meinem Weg durch Straßen, die ich vorher noch nie gesehen hatte, hielt ich die ganze Zeit nach dem Straßennamen "Tenderallee" Ausschau. Nebenbei schaltete ich meinen Mp3-Player ein und hörte Musik, die mich in Stimmung bringen sollte, ein Liebhaber der besonderen Art zu sein.

An der Hausnummer 13a in der Tenderalle blieb ich schließlich vor der Tür stehen. Ich sah hinauf. Offensichtlich wohnte er in einer dieser Wohnungen. Hoffentlich war das Gebäude gut isoliert.

Breit grinsend drückte ich auf die Türklingel auf der sein Name geschrieben stand. Mein Herz machte einen Satz als eine tiefe Stimme fragte, wer dort sei.

"Sasuke", sagte ich dumpf. Neben mir ertönte nun das Geräusch, welches mir versicherte, dass die Tür entsperrt war.

"Zweiter Stock. Rechte Tür", rief er mir hinterher.

Vielleicht wäre es schlau gewesen an dieser Stelle die Beine in die Hand zu nehmen und zu verschwinden. Doch dafür hatte ich einen viel zu weiten Weg auf mich genommen. Deshalb trat ich stolzen Schrittes in den dunklen Flur und löste damit den Bewegungsmelder aus.

Das Licht ging an und wies mir den Weg zu Alans Haustür. Vor dieser lag eine Fußmatte, auf der eine Katze abgebildet war. So schlimm konnte er also nicht sein.

Auch mein letztes Unbehagen schüttelte ich von mir ab und klopfte an der Tür. Das hier war immer noch besser als eine Schwulenbar. Viel besser. Nicht annährend so erniedrigend.

Dennoch – als der Schlüssel herumgedreht wurde, hielt ich mit einem Mal die Luft an. Erst als ich dieses Gesicht sah, traute ich mich wieder zu atmen. Tatsächlich stand der vor mir, den ich erwartet hatte.

Er musterte mich mit großen Augen. Ich wollte gerade etwas sagen, da schrie er auch schon los. "Du bist doch der aus dem Fernsehen!!!!!"

Mir blieben die Worte im Hals stecken. So überrascht und gleichzeitig schockiert war ich schon lange nicht mehr gewesen. Jedenfalls nicht von einem völlig Fremden.

Mit einem Ruck zerrte mich der Blonde in seine Wohnung hinein und sperrte direkt hinter mir die Tür ab. Diese Geste hinterließ nicht unbedingt ein beruhigendes Gefühl.

"Also doch allen Ernstes der Sasuke. Sasuke Uchiha!", rief er und trieb mich wie Vieh ins Wohnzimmer hinein. Ohne Aufforderung nahm ich auf der Couch Platz.

Er musterte mich mit einem breiten Grinsen. "Die Gerüchte sind also doch wahr." Meine Augenbrauen zogen sich sofort zusammen. Daran störte er sich nicht weiter.

"Du stehst auf Männer", sprach er es aus und ich wandte den Blick ab. Das Ganze trieb mir um ein Haar die Schamesröte ins Gesicht. Ich war ein Idiot. So ein verfluchter Idiot.

Plötzlich spürte ich seine Hand an meiner Wange, die mein Gesicht in seine Richtung drehte. "Kaum zu glauben. Du bist auch in echt so hübsch", schmunzelte er und ließ mich wieder los. Seine Hand war warm. Angenehm.

"Du auch", sagte ich und schaute in seine blauen Augen. Es schnürte mir die Kehle zu. In diesem Moment wäre ich am liebsten abgehauen. Doch sein Blick hielt mich fest.

Er lächelte aufgrund meines Kompliments. Vermutlich hörte er das eh andauernd.

"Erzähl mir was von dir", sagte er und lehnte sich dabei in seiner Couch zurück. Einen Augenblick lang musterte ich ihn genauer und stellte fest, dass auch er sich nicht zu schick gemacht hatte. Nur schick genug, um attraktiv zu wirken.

"Was willst du denn wissen?", fragte ich und versuchte mich ebenfalls etwas zu entspannen. Man musste mir ansehen, dass ich mich nicht wohl fühlte.

Alan zuckte mit den Achseln. "Erzähl einfach."

Ich wandte den Blick wieder ab. Was sollte der Scheiß denn überhaupt? Zum Plaudern war ich nicht hergekommen.

"Sasuke Uchiha, 18 Jahre alt und von Beruf Tänzer. Es gibt weniges, das ich mag und vieles, das ich nicht mag", erzählte ich nüchtern und sah ihn kühl an.

Alan hob eine Augenbraue.

"Zum Beispiel?", hakte er nach.

"Ich mag Tomaten und Cola. Und ich hasse Leute, die mir zu viele Fragen stellen", sagte ich schnippisch. Der Blonde schien unbeeindruckt.

"Tomaten und Cola? Merkwürdige Kombi."

Meine Augen verengten sich. Ich war nicht zum Streiten hier. Ich wollte ficken. Und wer ficken will, muss bekanntlich lieb sein. Oder genug Geld haben.

"Wayne interessiert's?", murmelte ich mehr zu mir selbst und presste meinen Rücken gegen die Ledergarnitur.

"Du bist witzig", lachte er und klopfte mir einmal auf den Oberschenkel.

Ich und witzig? Wollte mich der Kerl für blöd verkaufen?

"Vor allem bin ich durstig. Hol mir mal ein Bier oder so", sagte ich und musterte sein breites Grinsen.

"Hm, ich hab nur harte Sachen hier", war seine Antwort. Ein schiefes Grinsen legte sich auf meine Lippen. "Bestens."

Für ein paar Minuten verschwand Alan daraufhin in der Küche und bereitete zwei Drinks für uns vor. "Bring direkt die ganze Flasche mit", rief ich ihm nach, als ich seine Schritte hörte.

Kurz darauf wurde vor mir ein halb gefülltes Glas und eine Flasche Whiskey abgestellt. So konnte ich es mir gut gehen lassen. Zwar brauchte man sich Alan nicht schön zu saufen, aber sein permanent brabbelndes Mundwerk musste man irgendwie erträglich bekommen. Ein heroisches Ziel.

"Dann werd ich dir jetzt was von mir erzählen, Sasu-chan", säuselte er und nippte an seinem Getränk. Ich dagegen kippte den Drink in eins runter und versuchte noch im selben Moment auf Durchzug zu schalten.

Sasu-chan. Mich hatte noch nie jemand Sasu-chan genannt. Und das aus gutem Grund. Dieser Penner.

In der darauffolgenden Stunde erzählte mir Alan seine ganze Lebensgeschichte. Angefangen bei seinem kleinen Hund, der irgendwann mal verreckt war, bis hin zu seiner Selbstfindungsphase und dass seine Gayness ein echter Verlust für die Frauenwelt gewesen sei.

Armer Alan. Seine Probleme möchte ich echt nicht haben. Dieser Wichser. Heult mich mit so einem Nonsense zu.

Meine Augen schweiften über die Whiskeyflasche: Knapp über die Hälfte geleert. Und zwar fast allein.

"Keh", machte ich und war richtig stolz auf meinen ausschweifenden Alkoholkonsum. Dann wanderte mein Blick zu Alan und folgte seinen Lippen, die keine einzige Sekunde zum Stillstand kamen. Er erzählte und erzählte und erzählte.

Hoffentlich war er auch in der Lage, etwas interessantere Töne von sich zu geben. Um das herauszufinden, stand ich mit einem Satz von der Couch auf und positionierte mich direkt vor ihm. Ich ging in die Hocke.

Sein Blick ruhte dabei gespannt auf mir. Zielstrebig fanden meine Finger ihren Weg zu seinem Reißverschluss und zogen schließlich die komplette Hose herunter. Alan verstummte. Endlich.

Ich begutachtete seine leicht gebräunten Beine, die in ihrer Form ein bisschen was von weiblichen Oberschenkeln hatten. So schlank und fast ohne Muskeln.

Für seine Unterlegenheit drückte ich ihm einen Kuss auf die Unterhose. Grinsend spielte ich an ihr herum und öffnete dabei meine eigene Hose.

Als seine Unterhose mehr und mehr an Volumen gewann, entfernte ich sie ebenfalls und entblößte sein halb eregiertes Glied. Ein kurzer Blick zu Alan zeigte mir, dass er sich komplett meinen Berührungen hingab. Er lag dort mit geschlossenen Augen und kaute auf seiner Unterlippe herum.

Fordernd drückte er mir sein Becken entgegen.

Ganz langsam begann ich ihn mit der Zunge zu stimulieren. Ich hielt immer wieder inne, um ihn zu beobachten. Vor allem die Zuckungen seines Unterleibs.

"Das ist geil", keuchte er und stieß dann in meinen Mund vor. Nur für wenige Sekunden ließ ich diese Art der Befriedigung zu. Er sollte nicht zu früh kommen. Ich erhob mich und entledigte mich kurzerhand meiner Kleidungsstücke. Alan musterte mich dabei mit begierigen Blicken. Besonders meine Körpermitte. Es war ein gutes Gefühl. Ein verdammt gutes sogar.

"Komm her", raunte er und ich nahm auf seinem Schoß Platz, damit er meine Muskeln fühlen konnte. Seine Hände glitten meinen Oberkörper entlang, reizten meine Brustwarzen und fanden ihren Weg zu meinen Oberschenkeln. Er fühlte meinen Hintern. Versetzte mir einen Klaps. Wenn er jetzt...Ich würde ihn totschlagen.

Dennoch entfuhr mir ein eindeutiges Keuchen. Seine Berührungen erregten mich.

Er begann meine Vorderseite spielerisch abzutasten. Nutzte erst seine Fingerspitzen, dann endlich seine komplette Hand und fand mit ihr einen einzigartigen Rhythmus.

Meine Reaktion war ein lautes Stöhnen und ein leidenschaftlicher Kuss, in den ich ihn verwickelte.

Während ich Alan in eine liegende Position drückte, knöpfte ich gleichzeitig sein störendes Hemd auf. Mit beiden Händen fuhr ich seinen Oberkörper entlang.

Diese unbändige Lust, die allmählich von seinen Augen ausging, machte mich wahnsinnig. Er heizte mir ganz schön ein.

"Sasuke", stöhnte er und mein Blick wurde wild, als ich sein Bein darauffolgend anhob.

In dieser Nacht hätte es nichts geben können, was mich von einem hemmungslosen Fick wie diesem abhalten konnte.

Nichts und niemand.

Und als unser Liebesspiel zunehmend härter wurde, spürte ich förmlich die Wut durch meine Adern pulsieren.

"Das findest du geil, wenn du so richtig durchgefickt wirst, hä?"

Ich war grob, von Sanftheit keine Spur.

"Du kleine Schlampe."

Meine Mundwinkel verzogen sich zu einer fiesen Grimasse.

"Du kleine Schlampe", wiederholte ich.

Immer und immer wieder.



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Von:  Angel_of_sorrow
2018-11-13T15:11:19+00:00 13.11.2018 16:11
hey, ich finde deine ff wirklich mega <3 würde mich freuen, wenn du weiter schreiben würdest! bitte bitte bitte<33
Von:  IrishKadda
2014-08-07T07:04:59+00:00 07.08.2014 09:04
Oh maaaaannn... Die Geschichte macht mich fertig! So richtig! Hoffentlich geht's bald weiter! Mein Herz wünscht sich eine Versöhnung herbei :-( aber das scheint noch richtig lange zu dauern (wenn überhaupt) :-(
Antwort von:  sissyphos
07.08.2014 19:47
Huhu Irish^^

Mahhh, danke für dein Review x3 Es wundert mich immer wieder, dass hier noch welche dazu kommen, dabei ist das Zeug so uuuuuralt^^
Alsooo.... Ob das hier jemals weiter geschrieben wird, steht in den Sternen... Die Tendenz geht eher Richtung nein. Naruto ist für mich leider nicht mehr das, was es mal war und die Originalstory von Kishi hat mich ziemlich von meinem Fandasein abgebracht... Dann kann ich da leider auch nur noch schlecht Fanfics zu schreiben - zumindest nicht so harte und endlose Kost wie das hier.

Dafür bin ich jetzt bei Shingeki aktiv x3

LG Sharix
Von:  fribourg
2013-07-03T19:56:36+00:00 03.07.2013 21:56
oh nee, du hast schon länger nicht mehr an der Geschichte geschrieben, bitte schreibe sie doch zu Ende. Sie ist zu gut, um sie unvollständig zu lassen.
Bitte wieder weiterschreiben...
Von:  sasunarufangirl1990
2013-01-12T14:42:55+00:00 12.01.2013 15:42
Die Geschichte is einfach nur der Hammer
Bin ja mal gespannt wies zwischen den beiden weitergeht ich hoffe es gibt doch noch ein HAPPY END ich liebe das Pairing ;)

ich freu mich schon aufs nächste Kapi
mach auf jeden Fall weiter so
kannst du mir nen ENS schicken wenns weiergeht wär lieb von dir

bis zum nächsten Kapi lg sasunarufangirl

Von:  FreakyFrosch1000
2012-10-01T15:22:35+00:00 01.10.2012 17:22
ohh man -.-
Sasuke hat echt ein Rad ab >.<
das gibts nicht

und was hat Naru vor??? :D

lg freakyfrosch
Von:  jenny
2012-08-25T12:15:41+00:00 25.08.2012 14:15
okaaayyy..Sasuke ist Wahnsinnig geworden -.- ganz Klar nicht ganz dicht
Gott, ich finde ihn grade so lächerlich und fast bemitleidenswert. Er hat wohl klare Problme die er lieber schnell aufarbeiten sollte und ich bezweifle das Naruto noch mit ihm Klar kommt.
Aber hübsches Kapitel *_* gefällt mir das du weitermachst
Von:  Kruemel_x3
2012-08-07T17:38:39+00:00 07.08.2012 19:38
hey, endlich ein neues Kapitel!
ich habe mich so gefreut!! *_*
*dich knuddel* jaja man merkt ich bin immernoch süchtig nach der FF.
Klasse Kapitel!
Was hat Naruto nur vor? ich will es wissen! Spann uns doch nicht so auf die Folter!
Bitte!! *flehend schau*
Ich hoffe Sasuke weiß was er da tut ((naja tut er ja eh, ich dummkopf)).
Ich hoffe Naruto und Sasuke kommen wieder zusammen! Ich liebe sie einfach so sehr! *_*

OK ich fange wieder an Unsinn zu labern, gomen.
*knuddel dich*
Bis zum nächsten Kapitel
Von: abgemeldet
2012-06-06T13:49:59+00:00 06.06.2012 15:49
Ich will dich ja nicht niemals kritisieren, aber da deine Wenigkeit derartig lange zum Posten braucht musste ich die ganze FF nochmals lesen, weil ich mich beim besten Willen an fast überhaupt nichts mehr an dieser FF erinnern konnte. Herzlichen Dank für die doppelte Arbeit.!  x'DDDD
Nühja, wenigstenz bin ich wieder voll im Bild.! So... ehm...zurück zum Wesentlichen. Wie immer grandios verfasst. Ich liebe es Storyz von dir zu lesen - du zieht den Leser immer geschickt in die Story, ohne dabei allzu schwülstig, oder übertrieben geschwollen zu klingen, jedoch alles gekonnt in Szene zu setzen. 
Ich persönlich warte ja langsam drauf, dass Sasuke einen völligen Nervenzusammenbruch erleidet. Derartig viel Stress - sowohl psychisch, als auch physisch - hält ja niemand lange durch. Bin bespannt was sich dein doch etwas merkwürdig gepoltes Hirn für das nächste Kapitel ausgedacht hat.


Hope you make it this time a bit faster. :p
Nee Quatsch, lass dir so viel Zeit wie du brauchst. Unter Zeitdruck kann keine wahres Kunstwerk entstehen.♫
Von: abgemeldet
2012-05-16T07:39:39+00:00 16.05.2012 09:39
Super du schreibst endlich weiter, ich wusste es!
Dein Kapitel ist noch immer toll, auch wenn es
Sasuke von einer schlimmen Seite zeigt!
Ich hoffe dein Schreibschub hält lange an!
Von:  SchwarzflammeDethora
2012-05-14T18:54:56+00:00 14.05.2012 20:54
Yay du schreibst wieder. *megafreu*
Ich war so verwundert, da sich zum Anfang dachte,
"Wo waren wir noch gleich?".
Aber das hat sich sehr schnell gelegt.
Ich finde es einfach wahnsinn wie du schreibst.
Mega Lob.
Schon eine Idee, wie es weiter geht?


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