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Und alles erwacht zu neuem Leben

von

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1. September 1991

I-1
 

Professor Severus Snape tat einen tiefen Seufzer und wandte dann den Blick von dem eifrig essenden Schülermeer ab und widmete sich seinem eigenen Teller.

„Was ist, Severus?“, fragte ihn seine Kollegin Minerva MacGonagall. „Enttäuscht, dass Gryffindor und nicht Slytherin Harry Potter bekommen hat? Oder ist es die Aussicht auf einen weiteren Weasley in deinem Unterricht, das dir die Laune verdirbt?“

Professor Snape schnaubte ungehalten. Es war der erste September, der Tag, an dem die Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei alljährlich ihren Lehrbetrieb wieder aufnahm. In diesem Jahr hatte nun in der Person von Harry Potter der Junge, der überlebte und Held der Zaubererwelt seine magische Ausbildung begonnen. Noch jetzt glaubte Severus in seinen Ohren den übertriebenen Jubel der Gryffindorschüler nachklingen zu hören, den diese angestimmt hatten, als der Sprechende Hut bei der dem Essen vorangegangenen Auswahlzeremonie Harry Potter zu einem der ihren gemacht hatte. „Potter? Ich bitte dich, Minerva, was bitte sollte ich mit einem Potter in meinem Haus wollen? Es wird schon schlimm genug sein, ihn und sein arrogantes, aufmerksamkeitsheischendes Getue im Zaubertränkeunterricht ertragen zu müssen. Da nehme ich doch eher noch einen Weasley in Slytherin in Kauf.“ Die Weasleys mit ihrer vielköpfigen Kinderschar waren zwar in seinen Augen so etwas wie eine nie endende Plage oder auch vergleichbar mit einer Hydra, wo jedes Mal, wenn ein Weasley graduiert hatte, ein neuer als Erstklässler nachwuchs, aber bei der Raupensammlung, die der Sprechende Hut dieses Jahr seinem Haus, Slytherin, zugeteilt hatte, kam es auf einen Weasley mehr oder weniger auch nicht mehr an. Potter hingegen würde dieses inhomogene Gemisch an Neuzugängen endgültig spalten. Denn genau diese Uneinigkeit in den Charakteren seiner Erstklässler, hatte Snape zu seinem Stoßseufzer veranlasst. Jedes Jahr betonte der Sprechende Hut, dass Loyalität auch ein Wesenszug von Slytherins war, aber noch nie hatte Severus so große Bedenken gehabt, was den Zusammenhalt eines Jahrgangs betraf. Dabei war es an dieser Schule geradezu überlebenswichtig, dass die Slytherins einer Klasse zusammenhielten, dem Rest der Schule eine geschlossene Front präsentierten. Das hatte weniger damit zu tun, dass der derzeitige Schulleiter von Hogwarts ein ehemaliger Gryffindor war, sondern lag darin begründet, dass Slytherins historisch gesehen auch dazu neigten, die Vorteile der sonst so verurteilten Dunklen Künste zu sehen und damit auch mit den Ideen manch größenwahnsinniger Zauberer zu liebäugeln. Unter diesem Gesichtspunkt war es wenig verwunderlich, dass während des letzten Aufstiegs eines dunklen Zauberers, Lord Voldemort, dem Dunklen Lord, die meisten seiner Anhänger ehemalige Slytherins gewesen waren. Natürlich hatte dieser Umstand nach dem Fall des Dunklen Lords nicht gerade positiv zum Ansehen des Slytherin-Hauses beigetragen und so waren auch die sonst als friedfertig bezeichneten Hufflepuffs oder Ravenclaws nicht darüber erhaben, ihre Abscheu gegenüber dem Haus mit der Schlange als Wappentier an deren schwächsten Mitgliedern auszulassen. Stellten sich jedoch die Erstklässler jedem dieser Übergriffe als geeinte Front entgegen, lernten die anderen Häuser sehr schnell, dass es eher unklug war, sich mit den kleinen Schlangen anzulegen. Dies machte Severus den Neuzugängen jedes Jahr gleich am ersten Abend bei der Hausversammlung deutlich, wobei es ihm egal war, wie sie diese Einheit bildeten, ob mit einem oder zwei Anführern, denen sich die anderen unterordneten, oder als Team, in dem jeder gleichberechtigt war. Bislang hatte das auch immer geklappt. In diesem Jahr allerdings hatte er bei den Jungen einen verzogenen Prinzen mit Anführermentalität, zwei hirnlose Mitläufer, aber auch einen Unentschlossenen und einen Individualisten. Hier hätte sich noch so etwas wie eine Einheit auf Basis eines Waffenstillstandes schmieden lassen, aber bei den Mädchen sah es noch schlimmer aus. Zwei Prinzessinnen, wobei eine Anführermentalität zeigte, die zweite aber eher zu den Individualisten neigte und sich keineswegs der ersten unterordnen würde. Und dann gab es noch den potenziellen Fußabstreifer, der von den beiden Prinzessinnen immer dann ins Vertrauen gezogen würde, wenn es einer von ihnen passte, sonst aber ignoriert oder herablassend behandelt würde. Alles in allem eine reichlich explosive Mischung, die Severus noch einige schlaflose Nächte bereiten würde.
 

I-2
 

Aufgeregt stand Millicent Bulstrode zwischen den anderen Erstklässlern. Endlich war sie in Hogwarts. Endlich würde alles gut werden, denn sie war nicht mehr anders.

Millicents Grundschulzeit war alles andere als schön für das Mädchen gewesen. Ihr Vater, obgleich selbst ein reinblütiger Zauberer, hatte darauf bestanden, dass seine Tochter die örtliche Muggelschule besuchte, denn, so Herr Bulstrode: „Es schadet nichts, wenn sie schon in jungen Jahren lernt, wie die andere Hälfte der Menschheit lebt.“ Seine Frau hatte dem nicht widersprochen und so hatte sich Millicent mit 18 anderen Grundschülern in einer Klasse wiedergefunden. Kein einziges Kind außer ihr war magisch gewesen. Und da Kinder bekanntlich grausam sein können, wurde Millicent jedes Mal gnadenlos von ihren Mitschülern und Mitschülerinnen geärgert, wenn sie versehentlich zauberte. Wie etwa gleich in ihrer ersten Woche, als die Kinder ein Bild von ihrem Zuhause hatten malen sollen und Millicent einfach den gelben Buntstift zu sich herüberschweben ließ, weil sie diesen als nächstes brauchte. Danach hatten die anderen Kinder ihr kaum noch eine ruhige Minute gelassen.

Schließlich hielt Millicent die ständigen Hänseleien nicht mehr aus und beschloss ihre Magie gegen ihre Mitschüler einzusetzen. Ein übler Fehler, wie sie am gleichen Tag zu Hause feststellte, denn während sonst die Mutter für ihre Bestrafung zuständig war, war es diesmal ihr Vater, der Millicent eigenhändig und äußerst schmerzhaft, dafür aber umso einprägsamer maßregelte. Er sagte ihr, dass sie als Hexe besser sei als diese Muggelkinder und lernen müsste über solchen Kleinigkeiten zu stehen. Dass diese Kinder es nicht wert seien, dass sie ihretwegen Magie einsetzte.

Millicent lernte aus diesem Vorfall eine wichtige Lektion: Sie konnte sich nicht darauf verlassen, dass ihre Eltern ihr bei ihren Problemen helfen würden. Sie musste die Dinge alleine regeln.

Das nächste Mal nutzte Millicent dann einfach den Umstand, dass sie von Natur aus kräftiger und stämmiger war als ihre Klassenkameraden und ließ sich kurzerhand mit dem Rädelsführer auf eine Pausenhofprügelei ein, aus der sie siegreich hervorging. Das brachte ihr zwar eine Menge Ärger mit dem Lehrer ein, aber da der Vater sie für dieses Verhalten nicht wieder strafte, wusste sie nun, dass Gewalt auch einen Weg darstellte. Fortan sorgte sie dafür, dass niemand es mehr wagte, sie zu ärgern. Freunde allerdings fand sie auf diese Weise auch keine. Und so hatte über Jahre hinweg die Aussicht, mit elf Jahren nach Hogwarts zu kommen und dort als Gleiche unter Gleichen endlich Anerkennung und Freunde zu finden, den einzigen Lichtblick in ihrem Leben dargestellt.

Die ganze Fahrt mit dem Hogwartsexpress über hatte Millicent regelrecht in dem freudigen Gefühl gebadet, dass alle Kinder um sie herum auch Hexen und Zauberer waren. Nun aber, da Professor McGonagall sie in die Große Halle geführt hatte und einen alten, oft geflickten Hut nach vorne brachte, wurde sie ein wenig nervös. Sie wusste nicht genau, was auf sie zukam, aber sie ahnte, dass, was auch immer nun folgte, vermutlich in alphabetischer Reihenfolge stattfand und in ihrer alten Klasse war sie somit immer die Erste gewesen, die aufgerufen wurde.

Zu ihrer großen Erleichterung gab es aber noch ein paar Mädchen, die vor ihr aufgerufen wurden, so dass sie, als die Reihe schließlich an ihr war, sich entschlossen den Weg durch die anderen bahnte. Immerhin konnte es ja nicht allzu schlimm sein, diesen alten Hut aufzusetzen.

„Hm, ich sehe, dass du dich nach guten Freunden sehnst. Das spräche für Hufflepuff, aber da dir List auch nicht ganz fremd ist, denke ich, dass du besser aufgehoben bist in SLYTHERIN!“

Millicent war zufrieden mit der Wahl des Hutes. Sie hatte dessen Lied aufmerksam zugehört und Slytherin stand sowohl für loyale Freunde als auch dem Willen, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, ein Ziel zu erreichen. Sie würde gewiss in Slytherin glücklich werden.
 

I-3
 

Blaise Zabini wartete eher gelangweilt darauf, dass die Reihe an ihm war, den Sprechenden Hut aufzusetzen. Nervös war er nicht, kannte er doch bereits das Ergebnis. In dem Moment, als er mit den anderen Erstklässlern die Große Halle betreten hatte und sein Blick auf die Lehrer gefallen war, die an der Stirnseite der Halle an einem etwas erhöhten Tisch saßen, hatte er eine Vision über den recht mürrisch dreinblickenden, ganz in Schwarz gekleideten Mann gehabt, der neben einem kleineren Mann mit Turban saß. Es war nur ein kurzes Bild gewesen, in dem der mürrische Lehrer mit ernster Miene einer Gruppe Schüler einen Vortrag gehalten hatte, begleitet von einem Gefühl der Sicherheit. Blaise hatte gewusst, dass er zu dieser Gruppe Schüler gehört hatte, woraus er geschlussfolgert hatte, dass der grimmige Lehrer sein Vertrauens-, beziehungsweise Hauslehrer, wie es hier hieß, würde. Und anhand dessen Reaktion auf die anderen Schüler und deren Häuser, lernte Blaise, dass der Sprechende Hut ihn zu einem Slytherin machen würde.

Blaise hatte innerlich bei dieser Erkenntnis gestöhnt, bedeutete das doch, dass er dem gleichen Haus angehören würde wie Draco Malfoy. Der blonde Junge war ihm schon während der Fahrt mit dem Hogwartsexpress unangenehm aufgefallen, weil er mit seinen beiden dümmlichen Kameraden von Abteil zu Abteil gewandert war, auf der Suche nach anderen Erstklässlern oder Slytherinschülern. Dort hatte er dann sich und die beiden anderen großspurig vorgestellt und ungefragt davon zu erzählen begonnen, wie vermögend und einflussreich seine Familie doch war, seit wie vielen Generationen sie als reinblütig galt und man ihm am besten jetzt schon die Huldigung eines gottgleichen Königs entgegenbrachte, da es höchstens noch eine Frage der Zeit war, bis er Zaubereiminister oder dessen Graue Eminenz würde. Gut, letzteres hatte Malfoy zwar nicht so direkt gesagt, aber seine ganze Haltung hatte deutlich gemacht, dass er sich als einzig legitimen Anführer der Erstklässler sah und ihm auch die älteren Jahrgänge ob seines Namens Respekt schuldeten. Blaise war davon wenig beeindruckt gewesen, berief sich der andere doch allenfalls auf ererbtes Ansehen und ererbten Status. Und das zählte in Blaises Augen gar nichts, verriet es doch nichts über den Menschen vor ihm. Er zog es vor, seine Mitmenschen nach ihren eigenen Leistungen zu beurteilen, denn letztlich war das das Einzige, worauf man sich sein Leben lang verlassen konnte. Ansehen, Macht und Reichtum der Vorväter konnten einem unter den Fingern zerrinnen, wie seine Mutter ihm mit jedem neuen Stiefvater wieder erklärt hatte, oder sich gar ins Negative verkehren.

Die Aussicht, die nächsten sieben Jahre Malfoy nicht nur täglich im Unterricht ertragen zu müssen, sondern auch noch mit diesem den Schlafsaal zu teilen, ließ Blaise zum ersten Mal wünschen, seine Visionen wären nicht so unumstößlich zutreffend. Doch da diese immer nur auftraten, um ihm etwas Wichtiges über seine nahe Zukunft oder die nahe Zukunft von Menschen, die ihm wirklich nahe standen, mitzuteilen, und alle bisherigen, dergestalt angekündigten Ereignisse eingetreten waren, hatte er keinen Grund an dem Bild, das ihn als Slytherinschüler gezeigt hatte, zu zweifeln.

17. Dezember 1992

II-1
 

Professor Snape hatte sich gerade einen Feuerwhiskey eingegossen, um wenigsten in Ruhe diesen ansonsten fürchterlichen Abend ausklingen zu lassen, als der Alarm in seinem Quartier losging. Frustriert stöhnte er auf.

Erst diese hirnlose Veranstaltung unter Lockharts Regie, die sich Duellierclub schimpfte und wie erwartet in einem zwangsläufigen Desaster geendet hatte. Dann eine schier nicht enden wollende Lehrerkonferenz, bei der die Geschehnisse des Clubs in epischer Länge diskutiert worden waren. Gut, immerhin hatte die Konferenz ein Gutes gehabt: Der Schulleiter hatte seine Genehmigung für den Duellierclub zurückgezogen. Und jetzt das hier... Nahm dieser Tag denn gar kein Ende?

Als er auf dem Weg zu seinem privaten Labor, wo er den Notfallkasten mit den höchstpotenten Heiltränken verwahrte, sein Büro durchquerte, stockte ihm der Atem und der Ausdruck auf seinem Gesicht schlug in Besorgnis um. Deutlich sichtbar auf seinem Schreibtisch lag ein Zauberstab. Es war also einer seiner Schüler, der den Alarm ausgelöst hatte. Und als Severus den Stab in die Hand nahm, schloss er für einen Moment gepeinigt die Augen. Er konnte nicht leugnen, dass er insgeheim damit gerechnet hatte, dass früher oder später ein Schüler dieses besonderen Jahrgangs einen derart drastischen Schritt tat, aber er hatte gehofft, dass es nicht so früh sein würde. Nun, er würde ausreichend Zeit haben, herauszufinden, was das Mädchen so weit getrieben hatte, und wie er ihr helfen konnte, um eine Wiederholung der Tat zu vermeiden. Jetzt aber galt es erst einmal den Körper zu heilen.

Den Zauberstab auf den Schreibtisch zurücklegend, hastete Snape weiter auf seinem Weg zum Sicheren Raum.
 

II-2
 

Duellieren war wie kämpfen, nur halt nach Regeln, richtig? Und bei einem Kampf war alles erlaubt, was von den Regeln nicht im Vorfeld ausgeschlossen worden war, oder? Wenn Gryffindor also zu blöd war, das zu erkennen, dann war das nicht Slytherins Problem.

Millicent grinste zufrieden, als sie an das schockierte Gesicht von Granger zurückdachte, als diese erkannt hatte, dass man sich nicht nur mit Zaubersprüchen duellieren konnte. Aber hätte sie sich auf einen reinen Kampf mit Flüchen und Verteidigungszaubern eingelassen, wäre sie der Gryffindormusterschülerin mit Sicherheit unterlegen gewesen. Und gegen Granger zu verlieren, hätte ihr nur Spott und Häme von ihren Hauskameraden eingebracht, wobei ihre eigenen Schlafsaalsgenossinnen Pansy Parkinson und Daphne Greengrass an vorderster Front mitgemacht hätten, statt sie zu verteidigen.

Millicents Hoffnungen der ersten Wochen waren einer ernüchternden Realität gewichen. Keine ihrer beiden Klassenkameradinnen war ernsthaft an einer Freundschaft interessiert. Meist duldeten sie Millicent bloß. Gut, Pansy zog häufig ihre Gesellschaft der Daphnes vor, aber das lag daran, dass Daphne hübscher war als Pansy, wohingegen Pansy in Millicents Begleitung die Hübschere war. Millicent wusste dies zwar eigentlich, zog diesen Status aber der Option ganz allein dazustehen vor. Auch hatte sie schnell eine einfach Reaktionskette erkannt:

Draco Malfoy wollte Gryffindor, allen voran Potter, Weasley und Granger, möglichst häufig unterlegen sehen.

Pansy wollte Dracos Aufmerksamkeit.

Sie, Millicent, wollte Pansys Freundschaft oder zumindest deren Anerkennung.

Wenn sie also als Pansys Verbündete (das klang eindeutig besser als bloß Helferin) der Bücher versessenen, vorlauten Gryffindor eins auf die Mütze gab, stand Pansy vor Draco gut dar und als Dank bezog Pansy Millicent dann in so Dinge wie gemeinsames Hausaufgabenmachen oder mitternächtliches Lästern mit ein, ganz so, wie es Freunde eben machten.

Entsprechend erfreut war sie also gewesen, als Professor Snape im Duellierclub darauf bestanden hatte, dass nicht nur Draco gegen Potter antrat, sondern auch sie, Millicent, gegen Granger. Zugegeben, Granger hatte nach dem ersten Schock darüber, dass Millicent sie statt mit einem Zauber mit den Fäusten angriff, sich nicht gerade als zimperlich erwiesen und auch ganz schön ausgeteilt, aber am Ende hätte Millicent sicher gewonnen, hätte Professor Snape nicht eingegriffen. Dennoch war wohl für jeden, der anwesend gewesen war, zu dem Zeitpunkt klar gewesen, dass sie eindeutig die Überlegene gewesen war. Trotz des blauen Auges, das Granger ihr verpasst hatte und wegen dessen Professor Snape sie auch erst in den Krankenflügel zu Madame Pomfrey geschickt hatte, statt wie die übrigen Slytherinschüler gleich in den Gemeinschaftraum.

Die Medihexe hatte sie zwar alles andere als wohlwollend betrachtet – Madame Pomfrey verachtete Prügeleien unter Schülern und normalerweise weigerte sie sich auch, die daraus resultierenden Blessuren mittels Magie zu heilen, sofern sie nicht lebensbedrohlich waren oder die Gesundheit des betreffenden Schülers deutlich beeinträchtigten – ihr aber letztlich doch geglaubt, dass es sich dabei um einen Unfall im Duellierclub gehandelt hatte. In Millicents Augen war es tatsächlich ein Unfall gewesen, denn sie hatte keineswegs vorgehabt, Granger einen derartigen Treffer landen zu lassen.

Jetzt befand sie sich auf dem Weg zurück zum Slytherinkerker, voller Vorfreude über die Kompliment, die Pansy ihr sicher machen würde, weil sie es Gryffindor wieder einmal gezeigt hatten.

Als sie im Gemeinschaftsraum weder Pansy noch Daphne entdeckte, stieg sie lächelnd die Treppe zu den Mädchenschlafsälen empor. Sie wollte gerade die Tür zu dem Zimmer öffnen, das sie mit den anderen beiden Mädchen teilte, als Pansys Stimme sie innehalten ließ. Es war jener gehässige Tonfall, der sonst Kommentaren über Gryffindor vorbehalten war.

„Millicent ist so ein Troll! Total unterbelichtet! Kein Wunder, dass sie wie ein Urzeitmuggel auf Granger losgegangen ist. Ugga, ugga! Milli Fäuste nutzt, um Gryff zu schlagen! Ugga!“

Das glockenhelle Lachen, das darauf folgte und kein Ende zu nehmen schien, gehörte Daphne, die sich offenbar köstlich amüsierte. Bald darauf mischte sich auch Pansys meckernde Lache darunter.

Millicent stand da wie angewurzelt. Sie hatte gewusst, dass keine von beiden ihre Freundin war, aber zu hören, wie sie wirklich von ihr dachten, tat unbeschreiblich weh.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen, ehe sich die beiden Mädchen hinter der Tür wieder beruhigten. „Sicher erwartet sie nachher wieder, dass wir sie für ihr peinliches Verhalten loben“, meinte Daphne angewidert.

„Ehrlich, wenn ihre Gegenwart meine kleinen Fehler nicht so herrlich kaschieren würde, so dass diese Draco nicht auffallen, würde ich mich erst gar nicht mit ihr abgeben“, erwiderte Pansy geringschätzig. „Ugga!“

Wieder brachen beide Mädchen in hilfloses Gekicher aus.

Heiße Tränen stiegen in Millicent auf und rannen ihr über die Wangen. Umsonst! Es war alles umsonst gewesen. Ihr Hoffen, ihr Bemühen.

Die Wut, die sie zuerst bei den Worten ihrer Klassenkameradinnen verspürt hatte, schlug in Verzweiflung um, der Impuls, in den Schlafsaal zu stürmen und Pansy und Daphne zu verprügeln, erstarb. Denn was würde sie damit gewinnen? Damit würde sie doch allenfalls deren Meinung über sie bestätigen!

Alles umsonst! Alles falsch! Und nichts würde daran etwas ändern! Gar nichts! Und besser würde auch nichts werden! Nie! Wieso es also noch weiter versuchen? Es weiter erdulden? Alles umsonst! Alles sinnlos! Sinnlos! Sinnlos!

Wie einem Mantra gleich, wiederholte sich dieses Wort in ihrem Kopf immer und immer wieder, während Millicent wie in Trance die Treppen hinunterstieg, den Gemeinschaftsraum durchquerte und den Weg zum Astronomieturm einschlug. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein wusste sie, dass sie dort um diese Zeit allein wäre, war es doch noch zu früh für den nächtlichen Unterricht von Professor Sinistra.

Der Klassenraum im obersten Stock war zwar abgeschlossen, aber im Vorraum, wo die Schüler für gewöhnlich auf die Lehrerin warteten, befand sich ein Fenster, welches groß genug war und sich zudem leicht öffnen ließ.

Tief atmete Millicent die kühle Nachtluft ein, die sie einladen umfing. Sie schwang sich auf den Fenstersims, stellte sich aufrecht hin und tat dann einen Schritt nach vorn...
 

II-3
 

Blaise genoss die Ruhe, die ausnahmsweise einmal im Slytheringemeinschaftsraum herrschte. Fast das ganze Haus war geschlossen zu dem Treffen des neugegründeten Duellierclubs gegangen. Wie üblich hatte Draco versucht, zu bestimmen, dass sie all gemeinsam dorthin gingen, aber während Theodore sich hatte schließlich breitschlagen lassen, war Blaise standhaft geblieben. Nicht, dass ihn Duellieren generell nicht interessiert hätte. Das war es nicht. Er hatte nur früher am Tag zufällig gehört, wie Professor Lockhart Professor Snape versucht hatte, zu überzeugen, ihm bei dem Duellierclub zu assistieren, und Blaise war sich sicher, dass ein Club unter der Regie von Lockhart, der sich nicht mit dem richtigen Posieren für wirkungsvolle Photos beschäftigte, nur im Chaos enden konnte. Aber das behielt er für sich, kannte er doch seine Klassenkameraden mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass diese bei der Aussicht auf ein Lockhart-Tohuwabohu erst recht hingehen würden. Stattdessen gab er vor, den Abend nutzen zu wollen, noch einmal Verwandlung zu üben. In der Tat war Verwandlung sein schwächstes Fach und etwas freie Zeit, wo er nicht Dracos Angebereien ausgesetzt war, die durch den Umstand, dass dieser es geschafft hatte, in das Quidditch-Team aufgenommen zu werden, neue Höhen erreicht hatten, tat ihm da sicher gut.

Früher als er erwartet hatte, hörte er seine Hauskameraden den Kerkergang entlangkommen. Offenkundig war das Chaos noch größer gewesen, als Blaise vermutet hatte, konnte er doch bereits durch die geschlossene Tür die aufgeregten Stimmen der anderen Slytherinschüler hören, die etwas von einer Riesenschlange erzählten, und dass Potter wohl ein Parselmund war. Blaise stöhnte leise. Wenn Potter im Gespräch war, dann war leider die Wahrscheinlichkeit, dass Malfoy mit was für einer Aktion auch immer damit in Zusammenhang stand etwas zu tun hatte, enorm groß. Und egal wie miserabel der blonde Junge im Vergleich zu dem Gryffindor in Wirklichkeit abgeschnitten hatte, Draco schaffte es immer wieder, alles so zu drehen, dass er in seiner persönlichen Darstellung als unangefochtener Sieger da stand.

Rasch warf Blaise einen Blick auf die Uhr. Es war noch nicht einmal neun Uhr, aber die Aussicht auf Dracos Prahlerei ließ ein frühes Zubettgehen richtig verlockend erscheinen. Und so raffte er hastig seine halbfertigen Verwandlungshausaufgaben und die übrigen Schulbücher zusammen und eilte hinauf in den Schlafsaal.

2. Oktober 1993

2. Oktober 1993
 

III-1
 

Zaubertränke unterrichten, sein Haus betreuen, allerlei Heiltränke brauen, Helfen, das Schloss gegen ein erneutes Eindringen von Black zu sichern, die Dementoren im Schach halten und jetzt auch noch Vertretungslehrer spielen? Was zum Henker sollte er denn bitte schön noch alles machen?

Professor Severus Snape trug einen so mürrischen Gesichtsausdruck zur Schau, als er das Büro des Schulleiters verließ – weit mürrischer als es sonst der Fall war -, dass alle Schüler, die ihn auf seinem Weg in den Kerker von Weitem kommen sahen, spontan und überaus freiwillig einen anderen Weg einschlugen. Auch wenn das eventuell einen Umweg über diverse Stockwerke und Nebenkorridore bedeuteten, ehe sie an ihr ursprüngliches Ziel gelangten. Doch sogar die Slytherinschüler wussten, dass nicht gut Kirschen essen war, wenn ihr Hauslehrer so finster dreinblickte und seine Robe sich geradezu infernalisch beim Gehen bauschte.

Unter normalen Umständen hätte Professor Snape vermutlich mit Freuden das Angebot von Professor Dumbledore angenommen, Verteidigung gegen die Dunklen Künste zu unterrichten. Aber erstens war es nur vertretungsweise – der Schulleiter hatte es zu Beginn des Schuljahrs einmal mehr abgelehnt, ihm den Posten dauerhaft zu übertragen – und zweitens sollte er ausgerechnet Lupin vertreten, weil der mit seinem haarigen Problem nicht in der Lage war, zu unterrichten. Allein schon die Widersinnigkeit, ausgerechnet einen Werwolf, eine Kreatur, die selbst Bestandteil des Unterrichts war, Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichten zu lassen, war für Severus Grund genug, seinem diesjährigen Kollegen für dieses Fach ablehnend gegenüber zu stehen. Aber im diesem Fall kam noch hinzu, dass Remus Lupin früher eng mit dem flüchtigen Massenmörder Sirius Black befreundet gewesen war und Snape nicht ausschließen konnte und wollte, dass Lupin Black kürzlich nicht doch geholfen hatte, in das Schloss einzudringen. Schließlich war Black Lupins letzter noch lebender Freund aus der gemeinsamen Rumtreiberzeit. Die Rumtreiber waren ein weiterer Grund, warum Severus Lupin ein Dorn im Auge war, handelte es sich doch bei diesen um ein Gryffindorquartett, dass Snape während seiner Schulzeit wieder und wieder drangsaliert hatte. Der Gipfel dessen, was er durch die Rumtreiber hatte erleiden müssen, war gewesen, als Black ihn seinerzeit in einen Geheimgang hatte locken wollen, in dem Lupin in Werwolfgestalt ihm dann aufgelauert hätte. Gut, vielleicht hatte Lupin nichts von der Absicht seines Freundes gewusst, aber alles in allem hatte Severus Snape keinen Grund, seinen neusten Kollegen zu mögen. Weshalb er nun etwas von einem ‚räudigen, nichtsnutzigen Flohpelz’ murmelnd wütend zu seinem Büro stapfte.

Dabei hätte er beinahe eine etwas nervös dreinblickende Slytherinschülerin über den Haufen gerannt. Das Mädchen quiekte erschrocken auf, ein Laut, der eigentlich nicht recht zu ihrer sonst eher robusten Statur passen wollte, und wandte sich eilig zum Gehen.

Der Professor, durch diesen Beinahezusammenprall aus seinen finsteren Gedanken gerissen, hielt sie zurück und fragte mit seiner ruhigen, präzisen Stimme: „Und wo bitte wollen Sie hin, Miss Bulstrode?“

„Ich... ich dachte... vielleicht hätten Sie es sich anders überlegt und wollten das Treffen verschieben...“

Snape unterdrückte den Impuls, mit den Augen zu rollen, zwang sich einmal tief durchzuatmen – schließlich konnte die Schülerin nichts für seine schlechte Laune – und sagte dann: „Nein, ich habe nicht vor, unser Treffen zu vereinbaren. Im Gegenteil. Denn es wäre äußerst schwierig, einen neuen Termin mit St. Mungos zu vereinbaren.“
 

III-2
 

Millicent wusste nicht, was sie davon halten sollte, als sie an der Seite ihres Hauslehrers das magische Hospital im Herzen Londons betrat. Weshalb waren sie hier? War der Professor mit ihren Fortschritten nicht zufrieden und wollte sie daher mit einem professionellen Seelenheiler zusammenbringen?

Seit ihrem Selbstmordversuch im vergangenen Jahr hatte Millicent das manchmal durchaus zweifelhafte Vergnügen gehabt, jede Woche einmal eine Stunde mit Professor Snape zu verbringen, um darüber zu reden, was sie dazu gebracht hatte, die Ursachen und die tieferen Hintergründe zu erforschen und andere Wege zu finden, mit ihren Ängsten und ihrer Unsicherheit klarzukommen. Und auch wenn die Zweifel und die Traurigkeit nicht gewichen waren, hatte sie es zumindest geschafft, die Trostlosigkeit zu besiegen.

„Ah, Professor Snape, schön zu sehen, dass Sie wie immer pünktlich sind.“ Ein Heiler, etwas jünger dem Aussehen nach als der Slytherinlehrer, begrüßte sie, als sie in den ersten Stock gestiegen waren. „Und das ist wohl die junge Dame, wegen der Sie um diesen Termin gebeten haben?“

Die ehrlich freundliche Art, mit der der Lehrer den Heiler begrüßte, ließ Millicent ein wenig aufatmen, bedeutete sein Verhalten zumindest, dass die schlechte Laune, die er beim Verlassen von Hogwarts gehabt hatte, nichts mit ihr oder diesem ominösen Termin zu tun zu haben schien. Dennoch minderte dies nichts an ihrer Nervosität, da sie keine Ahnung hatte, was heute auf sie zukam.

Der Termin entpuppte sich als ein verhältnismäßig kleiner Raum, der jedoch über und über mit Büchern gesäumt war.

„Das ist unser Raum des Lernens“, erklärte Heiler Bell. „Eigentlich ist es eine Forschungseinrichtung für die Heiler des Krankenhauses, aber für gute Freunde machen wir gerne mal eine Ausnahme.“ Der Heiler zwinkerte dem Professor zu, doch dieser ging nicht auf die vertrauliche Geste ein, sondern wandte sich beruhigend an Millicent.

„Keine Angst, Miss Bulstrode. Gehen Sie einfach in den Raum und denken Sie klar und deutlich an das, was Sie sich wirklich zu lernen wünschen. Es gibt dabei keine falschen Lernwünsche, der Raum urteilt nicht.“

„Sie können den Wunsch auch laut aussprechen, wenn Sie sich damit wohler fühlen“, warf der Heiler ein.

Erst da ging Millicent auf, dass sie diesen sonderbaren Raum alleine betreten sollte. Sie hatte schon längst gelernt, dass es so etwas wie Kneifen bei Professor Snape nicht gab und auch wenn sie ihn am Anfang manchmal gehasst hatte, wenn er sie gezwungen hatte, ihre Gedanken ehrlich auszusprechen, hatte sie recht schnell erkannt, dass er sie nie für ihre Ansichten verurteilte. Das Vertrauen, das daraus entstanden war, sorgte jetzt dafür, dass sie lediglich noch einmal tief durchatmete und dann durch die Tür trat.

Zunächst schien der Raum einzig von Stille erfüllt zu sein, doch dann begannen verschiedene Bücher in den Regalen zu vibrieren. Ein Flimmern ging durch die Reihen, Titel und Einbände flackerten auf, verschwanden und wurden durch andere Bände ersetzt.

Nicht ganz sicher, wie sie sich verhalten sollte, beschloss Millicent schließlich, ihren innersten Wunsch auszusprechen: „Ich möchte lernen, aus mir selbst Kraft zu schöpfen, damit mich die Meinung anderer nicht mehr angreifen kann.“

Eines der wichtigsten Dinge, die der Professor ihr beizubringen versuchte, war, sich nicht länger über andere zu definieren. Es sei ihr Leben und deshalb sollte sie auch niemand anderem die Macht darüber überlassen. Mit Rachegedanken oder dem Wunsch nach Beliebtheit räumte sie aber eben diese Macht anderen ein.

Die Bücher waren zum Stillstand gekommen. Nur ein einziger Band glühte in einem leicht grünlichen Schimmer. Neugierig machte Millicent einen Schritt auf das Buch zu, doch da kam es schon aus dem Regal zu ihr hinüber geschwebt. ‚Plantimagi’ stand in altmodischen Lettern auf dem schon leicht rissigen, braunen Leder des Einbands.

Als Millicent es vorsichtig an sich nahm und aufschlug, verschlug es ihr förmlich den Atem. Das Werk stammte aus der Feder von niemand geringerem als Merlin persönlich und handelte von der Kunst sich in eine Pflanze zu verwandeln.
 

III-3
 

Verwandlung! Immer wieder war es Verwandlung, womit Blaise sehr zu seinem Leidwesen die Aufmerksamkeit und den Spott seiner Kameraden auf sich zog. Insbesondere Draco Malfoy ging ihm diesbezüglich gehörig auf den Geist, nicht selten so sehr, dass Blaise sich wünschte, ihn einfach in etwas Nützliches verwandeln zu können wie etwa einen Schuhlöffel. Aber angesichts seiner Defizite in diesem Fach würde jeder Versuch kläglich scheitern, weshalb Blaise schweren Herzens davon absah.

„Und in Alte Runen hat er dann wieder total freundlich getan, als wären wir die besten Freunde. Bloß weil ich neben ihm der einzige Slytherin bin, der das Fach belegt hat, und er weiß, dass er es sich nicht leisten kann, alleine dazustehen. Dafür hat er sich mit seinem Benehmen zu viele Feinde unter den anderen Schülern gemacht. Gut nur, dass es unter der Würde eines Malfoys ist, Muggelkunde zu belegen. Immerhin in dem Fach habe ich meine Ruhe vor ihm.“

„Möiip?“

„Theodore? Keine Ahnung, wie er es schafft, dass Malfoy ihn meist links liegen lässt. Wenn ich es wüsste, könnte ich vielleicht das Gleiche tun und hoffen, dass es das gleiche Ergebnis bewirkt. Aber vermutlich liegt das eher daran, dass Teds Vater in der gleichen politischen Arena gespielt hat wie Dracos Vater. Und da die Zabinis es vorgezogen haben, neutral zu bleiben, muss ich wohl mit der Situation leben.“

„Miep mijöb.“

„Du hast Recht. Ich könnte schlimmer dran sein. Ich könnte ein Mädchen und somit gezwungen sein, drüben im Klapperschlangennest zu schlafen. Aber jetzt muss ich dich rasch wegpacken. Ich höre die unverkennbaren Schritte von Crabbe und Goyle draußen auf der Treppe. Ich hoffe, es stört dich nicht, in der Nachttischschublade zu wohnen.“

Damit verstaute Blaise die Porzellantasse mit dem Goldrand und dem purpurnen Dekor am Fuß behutsam in der Schublade, aus der noch ein leises „Mieb“ zu hören war.

29. März 1996

IV-1
 

Das Klopfen an der Bürotür gehörte mehr und mehr zu jenen Geräuschen, die es im Bruchteil einer Sekunde schafften, seine Laune noch unter Kerkerniveau zu bringen. Besonders in diesem Schuljahr, war doch stets damit zu rechnen, dass der Grund für diesen besuch in irgendeiner Weise mit seiner verhassten Kollegin Dolores Umbridge zu tun hatte, sofern sie es nicht sogar selbst war, die ihn mit einem weiteren, hirnrissigen Ministeriumserlass konfrontierte. Inständig hoffend, dass die Person vor seiner Tür nicht die diesjährige Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste war, rief Severus Snape ein angesichts seiner eher ungnädigen Laune erstaunlich neutral klingendes „Herein“.

Wie so oft in seinem Leben war das Glück nicht auf seiner Seite und Dolores Umbridge in vollem Staat, einschließlich dieser lächerlichen, überdimensionalen Haarschleife, betrat sein Büro. Severus unterdrückte ein Stöhnen und fragte mit frostiger Höflichkeit, welchem Umstand er diesen Besuch verdankte.

„Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, hat das Ministerium in seiner unendlichen Weisheit und seiner ebenso unendlichen Besorgnis um das Wohl der Schüler dieser Institution mir als Großinquisitorin das Recht eingeräumt, an der Wahrheit interessierte Schüler unter meine Fittiche zu nehmen und mit ein paar Privilegien auszustatten, so dass sie mich in meinem Bemühen um den Erhalt unserer Werte und Traditionen unterstützen können. Da ich aber natürlich keineswegs so etwas über die Köpfe meiner geschätzten Kollegen einführen möchte, allen voran Hauslehrern wie Ihnen, Severus, dachte ich mir, ich zeige Ihnen die Liste der Schüler Ihres Hauses, die sich hierfür qualifiziert und auch Interesse an einer solchen Position bekundet haben, in dem Vertrauen darauf, dass Sie mich darauf hinweisen, falls die Gesinnung des einen oder anderen Schülers unseren Bemühungen zuwider läuft.“

Die mädchenhaft hohe Stimme, mit der Professor Umbridge sprach und die Severus schon bi den Erst- und Zweitklässlerinnen höchst nervtötend fand, schien sich direkt in sein zentrales Nervensystem zu bohren und jagte ihm Schauder der Abscheu über den Rücken. Dazu noch der anmaßend vertrauliche Gebrauch seines Vornamens... Severus musste an sich halten, Umbridge nicht frei heraus seine Meinung zu sagen, sondern mit einem falschen Dank auf den Lippen die hingehaltene Liste entgegenzunehmen.

Rasch erfassten seine Augen die Namen. Die wenigsten überraschten ihn, erlagen doch mehr als genug seiner Slytherins der Versuchung der Macht und nichts anderes wurde ihnen hier angeboten. Über den Preis, den sie dafür würden letztlich zahlen müssen, dachten die wenigsten dabei nach. Dann aber entdeckte Severus einen Namen, der ihn stutzen ließ. Was zum Henker...?

In diesem Moment aber wurde er sich des lauernden Blickes von Dolores Umbridge bewusst. Brüsk gab er die Liste zurück. „Ich habe keinerlei Einwände!“

Dann wartete er voller Ungeduld, bis die verhasste Großinquisitorin das Büro und den Kerkerbereich verlassen hatte, ehe er hinter seinem Schreibtisch aufstand und raschen Schrittes und mit wehenden Roben zum Slytherinhaus hinüberging.

„Wo ist Miss Bulstrode?“
 

IV-2
 

Auf der Rückseite des altehrwürdigen Schlosses von Hogwarts gab es eine Reihe abgeschiedener Gärten, die von halbhohen Steinmauern umgeben waren. Einst hatten sie dem Unterricht in Kräuterkunde gedient, doch boten die modernen magischen Gewächshäuser weit stabilere klimatische Bedingungen für die Pflanzen, so dass diese Gärten weitestgehend von den Bewohnern des Schlosses nicht länger genutzt wurden und in Vergessenheit gerieten. Einzig der jeweilige Zaubertrankmeister hielt einen Teil der Kräuterbeete instand, denn nicht alle Zaubertrankzutaten entwickelten in der künstlichen Atmosphäre der Gewächshäuser ihr volles Potenzial.

Doch nur so ließ sich erklären, warum es niemandem auffiel, dass manchmal in einem der Gärten ein stattlicher Lindenbaum stand. Aber eben nur manchmal, dabei erscheint es höchst unwahrscheinlich, dass ein Baum plötzlich beschließt den Standort zu wechseln. Andererseits war Hogwarts seit seiner Gründung ein Ort voller Magie, so dass wohl letztlich nichts unmöglich war.

Auf jeden Fall war es dieser Lindenbaum, der seine noch recht kahlen Äste den ersten frühlingswarmen Sonnenstrahlen entgegenstreckte, den der kleine, schwarze Vogel in schnellem Flug ansteuerte.

„Was haben Sie sich dabei gedacht?“, zwitscherte die Amsel ärgerlich, kaum dass sie sich auf einem der Zweige niedergelassen hatte.

„Was meinen Sie, Professor?“, raschelte der Baum überrascht zurück.

„Das Inquisitionskommando!“, herrschte der Vogel zurück. „Umbridge war vorhin bei mir und ich war höchst erstaunt, Ihren Namen auf der Liste der Kandidaten zu lesen, Miss Bulstrode! Ich dachte, wir wären über das Stadium hinaus, in dem Sie nach Anerkennung von außerhalb suchten... Das war schließlich mit einer der Gründe, weshalb ich Sie in Ihrem Plantimagustraining unterstützt habe!“

Das leichte Rütteln der Zweige zeigte, wie belustigt der Baum über den Ausbruch der Amsel war. „Professor Snape, denken Sie wirklich, dass ich der Anerkennung wegen bei Umbridge einen auf lieb Kind mache?“ Wieder ging ein Lachen durch die Linde. „Umbridge steht für das Ministerium, das Ministerium wiederum in seiner Beharrlichkeit die Rückkehr des Dunklen Lords zu leugnen für die Gefahr, der die Bevölkerung durch bewusst herbeigeführte Unwissenheit ausgesetzt wird. Um den Feind in Form des Dunklen Lords zu bekämpfen, muss erst einmal ein Bewusstsein für die Gefahr geschaffen werden. Das kann aber nicht geschehen, solange das Ministerium diesen Feind wie ein Bollwerk der Verleugnung schützt. Will man also etwas an dieser Situation ändern, muss man die Schwächen dieses Bollwerks finden, um so die Festung zum Einsturz zu bringen. Und im Inquisitionskommando bietet sich mir eine geradezu einmalige Gelegenheit, dieses Bollwerk und seine schärfste Verfechterin zu studieren.“

„Ich bin beeindruckt, Miss Bulstrode. Überaus Slytherin dieser Gedanke. Ich...“ Abrupt brach die Amsel in ihrem Gezwitscher ab, da jemand den Garten betrat und man in einer derartigen magischen Umgebung nie sicher sein konnte, ob es nicht jemand war, der gerade mit Übersetzungszaubern experimentierte und so unwissentlich einen unregistrierten Animagus sowie einen nicht minder registrierten Plantimagus enttarnte.

Auch der Baum verharrte still, ließ sich nur von dem leichten Wind im Einklang mit der Natur wiegen. Trotzdem konnte die Linde ein kurzes „Blaise!“ nicht verhindern, als sie erkannte, wer da den ummauerten Garten betreten hatte.

Neugierig beobachteten Lehrer und Schülerin wie Blaise Zabini über den Rasen schritt und sich dann ausgerechnet zwischen den Wurzeln der Linde einen Platz suchte, sich mit dem Rücken an den breiten Stamm lehnte und aus einer der Taschen seiner Robe ausgerechnet eine Porzellantasse hervorzog.

„Jimmy... nach dem Brief von heute... Ich kann das nicht! Ich will das nicht! Ich...“ Seufzend lehnte Blaise sich an den Stamm und blickte die Fassade des Schlosses empor. „Was meinst du, Jimmy, wie hoch ist wohl der höchste Turm?“

„Mieb?“ Dieser Klang schien zur Verblüffung von Baum und Vogel von der Tasse zu kommen.

„Wieso ich das frage? Es bringt schließlich nichts, wenn ich mich von einem Turm stürze, nur um zwei Meter tiefer auf einem Vorsprung aufzukommen und mir lediglich ein Bein zu brechen.“

Ein Knarzen ging durch den Baum und die Amsel in seinem Geäst fing das Zwitschern an.

„Miss Bulstrode? Wie ernst, denken Sie, meint Mr. Zabini diese Äußerung?“

„Ich denke, Professor, dass Sie zum Schloss zurückfliegen sollten, damit Sie in Ihrem Büro sind, wenn Blaise Sie, nachdem ich mit ihm geredet habe, dort finden kann. Es muss ja schließlich nicht erst so weit kommen, dass Sie einen weiteren Slytherin aus dem Sicheren Raum holen müssen. Es gibt immer einen anderen Weg. Das waren Ihre Worte, Sir. Wir müssen nur herausfinden, was Blaise soweit getrieben hat, dass er derartige Gedanken hegt.“
 

IV-3
 

Mein geliebter Sohn,

ich habe wunderbare Neuigkeiten! Sicher erinnerst Du Dich an Cliff, ich habe ihn Dir während der Weihnachtsferien vorgestellt. Nun, er und ich haben gestern geheiratet!

Ich bin ja so glücklich! Dieses Mal ist es etwas Besonderes, das spüre ich. Dieses Mal wird alles gut gehen und wir werden glücklich bis an unser Lebensende! Oh Blaise, Du ahnst ja nicht, wie wunderbar er ist. Es ist als hätte ich meinen Seelenpartner gefunden. Aber Du brauchst nicht zu befürchten, ich würde Dich darüber vergessen. Im Gegenteil, endlich wirst Du kennenlernen wie es ist, eine richtige Familie zu sein.

Ich gebe es ja nicht gerne zu, aber nicht alle meine vorherigen Ehemänner waren sonderlich angetan von der Idee, dass ich bereits ein Kind mit in die Ehe brachte, auch wenn sie sich Dir gegenüber um meinetwillen immer höflich verhalten haben. Bei Cliff ist es anders. Er freut sich schon darauf, wenn Du im Sommer heim kommst, und man spürt dabei, wie aufrichtig seine Worte sind, wenn er von Dir spricht.

Blaise, das wird ein wundervoller Sommer!

Bis dahin,

Deine Dich liebende

Mutter.
 

Die Worte verschwammen vor Blaises Augen, als ein anderes Bild sich ihm aufdrängte und die Zeilen seiner Mutter überlagerte. Es waren zum einen die Erinnerungen an das vergangene Silvester, die er tief in sich verschlossen hatte, um sie zu vergessen, zum anderen Bilder der Vorsehung, die ihn mit einer unangenehmen Deutlichkeit vor dem warnten, was ihn im Sommer erwarten würde.

Oh ja, die Beziehung seiner Mutter zu Cliff war tatsächlich etwas Besonderes. Und Blaise hatte keinerlei Zweifel daran, dass sich der neue Gatte seiner Mutter darauf freute, wenn deren Sohn für die Ferien heim kam. Denn im Gegensatz zu all den anderen Ehemännern, die seine Mutter bislang verschlissen hatte, galt Cliffs Interesse nicht der Frau an seiner Seite sondern Blaise. Und um dieses Ziel zu erreichen, zog dieser Mann alle Register. Er war aufmerksam, höflich, hatte ein exzellentes Gedächtnis und überraschte mit kleinen, romantischen Gesten im Alltag, die nicht als das auffielen, was sie waren: Schauspielerei. Nur wenn er mit Blaise alleine war, zeigte er sein wahres Gesicht. Dann fing er an, Blaise wie zufällig zu berühren, während er über belanglose Dinge mit ihm sprach, von denen er annahm, dass sie einen Jungen in seinem Alter interessierten. Dann wanderte seine Hand bald weiter, wurde aus den zufälligen Berührungen gezieltes Streicheln, der Abstand zwischen ihnen geringer. Und wenn Blaise dem ausweichen wollte, rückte Cliff einfach nach, so lange, bis er Blaise in die Ecke gedrängt hatte.

Einmal hatte er Blaise in der Küche überrascht, als dieser sich etwas zu Trinken hatte holen wollen, während die Mutter gerade beim Bäcker Brot für das Abendessen holte. Cliff hatte die Tür mit einem Zauber verschlossen und Blaise hatte in der Falle gesessen.

Seinen ersten Zungenkuss hatte er sich immer anders vorgestellt.

Als er sich dagegen gewehrt hatte, als er Cliff nicht nur bei dem ungebetenen Kuss so kräftig er konnte auf die Zunge gebissen hatte und dem Mann gedroht hatte, ihm zu zeigen, dass er nicht umsonst ein Slytherin sei, hatte dieser nur eiskalt gelächelt. Dann hatte er einen Ausweis hervorgezogen und Blaise gefragt, ob er wüsste, was dies sei. Auf den ersten Blick hatte es wie ein gewöhnlicher Ausweis eines Heilers auf dem St Mungo’s ausgesehen. Dann aber hatte Blaise die Zusätze gesehen und erkannt, was sie bedeuteten. Denn es war ein Ausweis für einen Heiler siebten Grades für die Notfallabteilung. Und als solcher war Cliff berechtigt in Situationen, die seines medizinischen Urteils nach ein solches Handeln erforderten, den Imperiusfluch anzuwenden.

Man brauchte kein Genie sein, um zu erkennen, was Cliff mit dem Zeigen seines Ausweises zum Ausdruck bringen wollte. Und die Bilder, die Blaise dank seiner Gabe nun für den Sommer zuteil wurden, zeigten genau diese Konsequenz.

Unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, öffnete Blaise seine Nachttischschublade und zog seinen einzigen Vertrauten hervor: Jimmy, die sprechende Tasse aus der dritten Klasse.

1./2. Mai 1998

V-1
 

Vogelgezwitscher. Er hörte ganz weit entfernt leises Vogelgezwitscher. Es klang so friedlich. Und doch wusste er, woher auch immer, dass dies ein trügerischer Frieden war. Dass dies nicht die Realität sein konnte.

„Hallo Professor, willkommen zurück unter den Lebenden!“

Die Stimme kam ihm irgendwie bekannt vor, doch er konnte sie nicht recht zuordnen. Mühsam versuchte er, die Augen aufzuschlagen. Doch das Gesicht, das er schließlich verschwommen erblickte, passte nicht zu der Stimme.

Ein zweites Gesicht schob das erste beiseite und hielt eine Phiole an seinen Mund. Instinktiv wollte er sich dagegen wehren, doch er war zu schwach, um die Hand wegzustoßen, die ihn zum Schlucken zwang. Das Gebräu, das seine Kehle hinabrann, schmeckte scheußlich, schien jedoch augenblicklich zu wirken. Sein Geist klärte sich. Und in dem Maße, wie sich der Nebel, der ihn zuvor eisern umschlungen gehalten hatte, sich auflöste, stürzten die Erinnerungen auf Severus Snape ein: Die Ankunft von Potter und seinen Freunden und das Duell mit McGonagall. Die Erkenntnis, dass er aus Hogwarts fort musste, wollte er die Chance haben, Potter die Wahrheit über den überzähligen Horcrux zukommen zu lassen und seine Flucht durch das offene Fenster, wobei er seine Animagusgestalt preis gab. Voldemort, der ihn über das Dunkle Mal gerufen hatte und Nagini auf ihn gehetzt hatte, weil er in ihm den wahren Meister des Elder-Stabes vor sich zu haben glaubte. Potter und die Übergabe der Erinnerungen. Und dann... Schwarz. Der Tod. Er sollte tot sein.

„Ich sollte tot sein.“ Krächzend kamen die Worte über seine trockenen Lippen.

„Sollten Sie das wirklich, Sir? Ich dachte, Slytherins überleben. Sie passen aufeinander auf und überleben. Zugegeben, es war ziemlich knapp, aber schließlich wussten wir ja schon immer, dass Harry Potter nicht gerade die hellste Leuchte ist und außerhalb des Quidditchfeldes eher langsam reagiert.“ Der leicht beißende Spott in der Stimme brachte die zweite Person im Raum zum Lachen. Und jetzt wusste Professor Snape auch, wer ihm da geholfen hatte.
 

V-2
 

„Blaise, wo ist der Professor?“, fragte Millicent leise wispernd, während sie ihren Slytherinkameraden zum Raum der Wünsche folgte. „Sollten wir nicht lieber hierbleiben und mit den anderen gegen Voldemort kämpfen?“ Irgendwie behagte ihr der Gedanke nicht, sich wie ein Feigling mit den Minderjährigen aus dem Schloss zu stehlen. Sie war nicht wie die anderen Slytherins, die sich stets auf die Seite des Siegers schlugen. Sie stand für ihre Meinung ein. Und ihrer Meinung nach gehörte Voldemort ausgelöscht!

„Wir haben Wichtigeres zu tun, als Todesser mit Kinderflüchen zu attackieren“, raunte der junge Mann neben ihr.

Fragend sah Millicent ihn an. Seit jenem Tag vor gut zwei Jahren hatte sich zwischen ihnen eine enge, wenngleich nach außen hin geheime Freundschaft entwickelt, zu der der Professor nicht wenig beigetragen hatte.

„Vom Eberkopf aus erreichen wir die Heulende Hütte schneller.“

„Die Heulende Hütte?“ Noch immer verstand Millicent nicht, worauf Blaise hinaus wollte.

„Wo Professor Snape in etwa sechs Stunden an einem Schlangenbiss stirbt, wenn wir nichts dagegen unternehmen“, erwiderte Blaise knapp.

Jetzt endlich sah sie klarer. Sie wusste um die seltene Gabe des Freundes, genau wie dieser von ihren Plantimagusfähigkeiten und der Animagusgestalt des Professors wusste. Und augenblicklich begann ihr Gehirn auf Hochtouren zu arbeiten. Blaise hatte einen Schlangenbiss erwähnt. Es war nur logisch, anzunehmen, dass es sich bei der Schlange um Nagini, Voldemorts Haustier, handelte. Den Gerüchten nach eine riesige Giftschlange. „Wir brauchen einen Bezoar. Und blutbildenden Trank. Ein Stärkungselixier vermutlich auch. Magische Wundgaze. Denn ich schätze mal, dass wir nicht einfach Madame Pomfrey mitnehmen können?“

„Schön wär’s.“

Ein Blick in Blaises besorgtes Gesicht, sagte Millicent, dass es verdammt knapp werden würde. Dass keineswegs sicher war, dass sie den Professor würden retten können. Doch anstatt sich von diesen niederschmetternden Aussichten unterkriegen zu lassen, machte sich Trotz in ihr breit. Sie würden nicht aufgeben!

„Ich lenke Slughorn ab, damit du an den Bezoar kommst, den er immer mit sich rumschleppt, seit er Weasley einmal fast vergiftet hätte, und du lenkst dafür im Gegenzug Pomfrey ab, damit ich mir ihren Medikoffer schnappen kann.“
 

V-3
 

„Meine Güte! Und das will der jüngste Sucher des Jahrhunderts sein, Hogwarts bester Quidditchspieler?“ Ungeduldig trat Blaise von einem Bein auf das andere. Er hatte gewusst, dass sie warten mussten, bis das Goldene Trio wieder verschwunden war, ehe sie sich um den Professor kümmern konnten, aber dass diese verflixten Gryffindors derartig langsam waren, hätte er nicht gedacht. Selbst nachdem Granger Potter eine Phiole für die Erinnerungsfäden in die Hand gedrückt hatte, schien der Held der Zaubererwelt nicht recht zu verstehen, dass die Zeit drängte.

„Vielleicht hätte der Professor seine Erinnerungen so verzaubern sollen, dass sie die Form eines Schnatzes annehmen“, lästerte Millicent neben ihm und Blaise musste unwillkürlich grinsen. Er wusste, dass keinem von ihnen eigentlich nach Scherzen zumute war, doch es half ihnen, die innere Anspannung ein wenig zu bekämpfen, damit sie im entscheidenden Augenblick keinen Fehler machten.

Endlich hatte der Professor die Augen, wie es schien zum letzten Mal, geschlossen und das Trio wandte sich wieder dem geheimen Gang, aus dem sie gekommen waren, zu. Einer nach dem anderen verschwanden sie außer Sicht. Und dann, endlich, war der Raum bis auf den Professor leer.

„Wurde ja auch langsam mal Zeit“, murmelte Millicent und eilte zu dem leblosen Körper ihres Hauslehrers.

Blaise wollte ihr folgen, wurde aber in diesem Moment von einem neuerlichen Bild der Vorsehung zurückgehalten. Doch was er sah, ließ ihn lächeln: Es war der Professor, quicklebendig, wie er auf der Terrasse eines weißgestrichenen Holzhauses saß, von dem Blaise wusste, dass es in Neuseeland stand. Denn es war Blaises eigenes Haus, das er von seiner Mutter zur Volljährigkeit hatte überschrieben bekommen. Und er ahnte, dass Millicent in diesem Bild nicht weit weg war.

Irgendwie passend, dachte er. Erst verhilft der Professor Millicent zu einem neuen Leben, dann verhelfen beide mir zu einem neuen Leben und nun verhelfen Millicent und ich dem Professor zu einem neuen Leben. Ein hoffentlich besseres Leben für uns alle...



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  Tonja
2010-11-29T16:04:15+00:00 29.11.2010 17:04
Hi,
deine FF gefällt mir sehr gut.
Besonders die Momentaufnahmen und die "Beziehung" zwischen Snape, Milli und Blaise.
Du hast nicht zufällig Lust noch mehr davon zu schreiben? *lieb guck*
lg Tonja


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