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Der letzte Wunsch

"The Hunger Games" aus Rue's Sicht.
von

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Spottölpel

Hallo.

Ich heiße Rue und lebe in Distrikt 11.

Ich habe eine große Familie die ich über alles Liebe.

Ich bin 12 Jahre alt als ich ermordet werde.

Und mein Mörder ist nicht der, der es im ersten Moment zu sein scheint.

Die Ernte und traurige Erkenntnisse

Kapitel 1 - Die Ernte und traurige Erkenntnisse
 

Der Tag der Ernte.

Es ist wieder soweit. Wie jedes Jahr. Seit 74 Jahren. Ich frage mich wer dieses Jahr in den Tod gehen muss. Würde es jemand sein, den ich kenne? Eine meiner Freunde? Oder gar ich selbst?

Dieses Jahr bin ich zum ersten mal bei der Verlosung dabei. Wie es bei jedem so ist, der das zwölfte Lebensjahr erreicht. Und mein Name ist gleich neunmal in der Kugel, anstatt nur einmal wie es eigentlich gewöhnlich bei zwölfjährigen ist.

Da ich die Chance dazu hatte, hab ich mich gleich für acht Tesserasteine eintragen lassen. Einen für jeden aus meiner Familie. Meine Mutter, mein Vater, meine fünf kleinen Geschwister und mich. Ich bin die älteste und somit auch die erste aus unserer Familie, deren Name in die Glaskugel kommt.

Die Tesserasteine garantieren uns für ein Jahr Getreide und Öl, und für jeden Stein kommt ein weiterer Zettel mit meinem Namen in die Kugel. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass mein Name gezogen werden könnte - für die Spiele - doch was bleibt mir denn anderes übrig? Meine Mutter wollte nicht dass ich das tue, doch wirklich davon abgehalten hat sie mich auch nicht. Sie weiß genau wie ich dass wir das brauchen, da das, was wir bei der Arbeit bekommen uns nicht zum Überleben reicht.

Wir leben in Distrikt 11, einem der ärmsten Distrikte in Panem. Panem ist aus den Trümmern Nordamerikas entstanden und wird nun vom Kapitol regiert. Und das auf eine sehr brutale Weise, was allein dadurch zu sehen ist, dass jährlich diese Spiele veranstaltet werden - die Hunger Spiele, bei dem das Kapitol uns zwingt Kinder in die Hauptstadt zu schicken und sie in der Arena gegeneinander antreten zu lassen. Und dabei sollen wir die Spiele auch noch als eine Art Fest feiern. Mit den Spielen möchte die Hauptstadt uns jährlich daran erinnern dass wir nichts gegen sie ausrichten können, dass sie die volle Macht über uns haben und alles mit uns machen können. Denn bei den Spielen, an denen 24 Tribute teilnehmen, darf am Ende nur einer überleben.

Nur einer. Jedes Jahr.

Das Ganze wird Live im Fernsehen übertragen. Und das ganze Land muss zusehen, ohne Ausnahme. Das nennt sich dann Pflichtfernsehen.

Aus allen Distrikten werden ein Junge und ein Mädchen zwischen zwölf und achtzehn Jahren ausgelost die dann ins Kapitol kommen und gefeiert werden, bis sie in die Arena kommen und die Spiele spielen müssen. Dem Sieger winken am Ende Ruhm, Berühmtheit und Reichtum zu. Doch so einfach sind die Spiele nicht zu gewinnen.

Heute müssen wir nicht arbeiten, wie sonst auf den Obstplantagen und Feldern. Landwirtschaft ist es worauf sich Distrikt 11 spezialisiert hat, wie sich alle 12 Distrikte auf irgendwas spezialisiert haben. Wir müssen von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang arbeiten und alles geht dann an das Kapitol, wir dürfen nichts für uns behalten, was auch sehr genau kontrolliert wird, damit dies auch so bleibt. Von den Friedenswächtern. Sie sind skrupellos und machen ihre Arbeit sehr gut, könnte man meinen. Sie verzeihen einem keine Fehler. Auch nur das kleinste Vergehen wird mit Peitschenhieben oder gar mit dem Tod bestraft. Sie schrecken nicht einmal davor zurück ein drei jähriges Kind zu erschießen, nur weil dieses eine Nachtbrille getragen hat und das verboten ist.

Obwohl ich so jung bin, bin ich gut indem was ich mache. Da ich eben klein und leicht bin kann ich ganz hoch auf die Bäume rauf und von einem zum anderen hüpfen. Auch meine dunkele Hautfarbe schützt mich vor der gleißenden Sonne.

Aber heute sind wir auf dem Weg zum Justizgebäude, auf dem großen Platz davor werden die diesjährigen Tribute aus Distrikt 11 gezogen.

Das ist wie immer ein großes Ereignis. Es kommen Kamerateams aus dem Kapitol um die Ernte zu filmen; und die Ziehung.

Es gibt viel zu Essen und der ganze Distrikt hat Anwesenheitspflicht. Nur wer wirklich krank ist darf fehlen. Und auch das wird gründlich von den Friedenswächtern kontrolliert. Denn wenn das Kapitol sagt, der ganze Distrikt muss Anwesend sein, dann müssen sie das auch. Und die, die aus gutem Grund zu Hause bleiben, müssen alles im Fernsehen mitverfolgen.

Die potenziellen Tribute müssen sich vor einem Podest versammeln, nach Geschlecht und Alter sortiert. Die Jüngsten, zu denen auch ich gehöre, kommen nach hinten und nach vorne hin werden die Tribute immer älter.

Auf der Bühne sind vier Stühle. Einer für den Bürgermeister Chieflain, der die Rede hält, den Betreuer Jashoa Todd aus dem Kapitol und den Mentoren der Tribute, Seeder und Chaff, die selbst mal die Hunger Spiele gewonnen haben, wobei Chaffs Sieg neunundzwanzig Jahre her ist – er muss in den vierziger Jahren sein –, und Seeders noch länger. Sie begleiten die gezogenen Tribute jedes Jahr zum Kapitol, unterstützen sie während der Spiele, beraten sie, besorgen für sie Sponsoren und regeln ihre Spenden. Sie sind sozusagen die einzige Verbindung zur Außenwelt, die Rettungsleine das zwischen Leben und Tod entscheidet.

Der Platz füllt sich immer mehr und die Tribute versammeln sich in den jeweiligen Bereichen, wo sie hingehören, welche mit Seilen abgetrennt sind.

Ich stehe da, zwischen all den anderen zwölfjährigen und wünsche mir, dass das alles so schnell wie möglich zu Ende geht. Ich zupfe nervös an meinem himmelblauen Kleid herum. Das beste Kleid das ich besitze, denn heute müssen alle hübsch aussehen. Es ist schließlich ein Feiertag.

Die Angehörigen stehen überall außen rum. Es wird immer enger und klaustrophobischer auf dem kleinen Platz. Sie halten sich an den Händen und machen sich gegenseitig Mut. In der Menge finde ich meine Mutter und meine fünf kleinen Geschwister. Sie starren mich alle an, voller Angst. Ich lächele ihnen zu, sagen ihnen mit den Augen, dass es kein Grund zur Sorge gibt, dass es Kinder gibt die weit aus mehr Namen im Los haben, dass es überhaupt tausende Namen in dem Glaskugel sind. Da ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass mein Name gezogen wird. Zumindest hoffe ich das.

Dann geht es los. Alle sehen zu der kleinen Bühne auf dem Bürgermeister Chieflain, ein großer schlanker Mann mit braunen Haaren und einzelnen grauen Strähnen, vor dem Mikrofon steht und mit der Rede beginnt. Es ist jedes Jahr dieselbe Rede. Darüber wie Panem entstand, warum die Spiele stattfinden, wie großzügig und Machtvoll das Kapitol ist. Ja, großzügig, von wegen!, denke ich mir.

So was würde aber natürlich keiner laut sagen. Keiner der an seinem Leben hängt.

Dann setzt sich der Bürgermeister und Jashoa tritt vor. Er ist sehr jung, hat weiße lockige Haare und lila Strähnen drin. Seine Haut ist komplett Flieder gefärbt und er hat ein Silbernes Tattoo an der Schläfe, welches sich runter zur Wange schlängelt. Ein schönes Muster, doch in meinen Augen sieht das einfach nur komisch aus. Wieso die Leute aus der Hauptstadt wohl immer so anders aussehen, frage ich mich? Sie denken wohl, dass das gut aussieht – falsch gedacht. Es sieht lächerlich aus. Aber im Kapitol ist das wahrscheinlich der letzte Schrei.

»Fröhliche Hungerspiele! Und möge das Glück stets mit euch sein!« ist der Satz, den die Betreuer immer loslassen, bevor sie die Namen ziehen.

Jashoa geht jetzt zur Glaskugel mit den Jungennamen. Er steckt seine Hand rein und zieht den ersten Zettel, den er in die Finger bekommt, raus. Jetzt ist es auf dem ganzen Platz still. So still, dass man wahrscheinlich eine Fliege aus 10 Kilometer Entfernung fliegen hören könnte. Er geht zurück zum Mikrofon, faltet den Zettel auseinander, streicht es glatt und liest den Namen vor: »Thresh Gibber.«

Thresh ist achtzehn Jahre alt, groß und sehr muskulös. Er hat bestimmt gute Chancen, schießt es mir durch den Kopf. Und wenn nicht? Tribute aus Distrikt 11 gehören meistens zu denen, die gleich am Anfang sterben, oder zu denen gehören, die früh sterben. Aber für ihn sieht es gut aus.

Er geht durch die Menge der anderen achtzähnjährigen Richtung Bühne, alle machen ihm Platz. In der Menschenmenge erhasche ich einen Blick auf seine Familie. Er hat eine Großmutter und eine ebenso muskulöse Schwester. Ich kenne sie von der Arbeit, doch hatte nie groß mit ihnen zu tun. Sie sehen sehr schockiert aus, obwohl seine Schwester versucht sich nichts anmerken zu lassen.

Auf der Bühne angekommen legt Jashoa eine Hand auf Thresh´s Schulter und beglückwünscht ihn mit einem strahlenden Lächeln. Als ob es eine Ehre wäre. Thresh sieht unbeteiligt aus, als wäre ihm das alles egal. Aber das kaufe ich ihm nicht ab.

Jetzt geht er zum Glaskugel mit den Mädchennamen. Und wieder wird es ganz still. Ich hoffe, dass es nicht mein Name ist, obwohl mir in diesem Moment nichts ferner erscheint. Es fühlt sich so unecht an, der Gedanke, mein Name könnte gezogen werden. Ich, ein zwölfjähriges kleines Mädchen, für die Hunger Spiele gezogen. Mir tut schon diejenige Leid, deren Name gleich vorgelesen wird. Ich rechne erst gar nicht damit, dass es mein Name sein könnte, wieso auch?

Irgendwie bin ich zum ersten Mal wirklich froh darüber, keine beste Freundin zu haben; oder überhaupt gute Freundinnen. Oder das meine Geschwister alle noch zu jung sind.

Jashoa Todd geht mit der Hand in die Kugel, zieht aber nicht sofort ein Zettel wie eben, sondern mischt etwas. Dann schnappt er sich einen, - Was wenn es doch jemand ist den ich kenne? - geht zurück zum Mikrofon, - Wenn auch nicht sehr gut, sind mir doch viele bekannt. - faltet den Zettel auseinander, - Was, wenn es einer Thresh´s Freunde ist? - streicht ihn glatt – Und wenn es so ist? Ändern kann es sowieso keiner. - und liest den Namen laut und für alle gut hörbar vor: »Rue Banner.«

Und schon wieder ist es ganz still. Einige aus dem Publikum schnappen nach Luft, einige flüstern empört. Ich bin noch immer in meine Gedanken vertieft, dass ich es erst gar nicht registriere. Was hat er gesagt? Rue Banner? Kenn ich den Namen nicht? Das ist doch mein Name. Hab ich mich vielleicht verhört?

Doch dann starren alle zu mir herüber. Augen voller Angst, Blicke die das alles Missbilligen, Mitleid volle Gesichter. Und da erst wird mir bewusst, dass tatsächlich ich gemeint bin.

Ich gehe langsam zur Bühne, mit kleinen, mechanischen Schritten, ein Fuß nachdem anderen. Erst Rechts, dann Links. Rechts, Links. Ohne, dass es mein Kopf befehlen muss gehe ich die Treppen hinauf und geselle mich zu Jashoa Todd. Er lächelt jetzt nicht mehr so breit wie vorhin, oder wie sonst immer. Hatte ich ihn eigentlich schon mal ohne ein Lächeln gesehen? Ich glaube nicht. Mit einem Halbherzigen »Glückwunsch.« heißt er auch mich Willkommen.

Dann fragt er im Publikum nach Freiwilligen. Die, die gezogen wurden, müssen nämlich nicht zwangsläufig in die Arena. Es können sich auch Freiwillige melden, die aus freien Stücken gehen. Doch solche gab es lange nicht mehr in Distrikt 11, wenn überhaupt. Ich kann mich an keine erinnern.

Es meldet sich keiner, wie erwartet. Egal wie sehr die Leute es ablehnen, dass eine zwölfjährige bei den Spielen mitmachen muss, Freiwillig will da trotzdem keiner hin. Wie wäre es wohl wenn ich nicht die Älteste wäre? Wenn ich noch ältere Geschwister hätte? Würden die sich für mich opfern und in die Arena gehen? Würde ich es für meine jüngeren Geschwister tun?

Was danach geschieht bekomme ich nicht ganz mit. Ich höre noch dass die Hymne gespielt wird, aber es kommt mir so weit entfernt vor. Wir, also Thresh und ich, werden ins Justizgebäude gebracht und in einzelne Zimmer gesteckt. Jetzt haben wir Zeit, uns von Familie und Freunde zu verabschieden.

Während ich da in dem schön eingerichtetem Zimmer, auf der offensichtlich teuren Couch sitze, kommt mir das alles unrealistisch vor. Ich kann das ganze nicht begreifen. Muss ich jetzt ins Kapitol?

Dann geht die Tür auf und meine Familie kommt herein. In dem Moment weiß ich bescheid. Ich brauche nur ihre Gesichter zu sehen. Meine Mutter voller Trauer und Tränen in den Augen, meine Geschwister die das alles nicht wahrhaben wollen, und sogar in den Augen meines Vaters glitzert es sehr verdächtig.

Das, was die ganze Zeit so unecht schien, das, was ich nicht wahrhaben wollte, oder konnte, das, was ich mir nicht in meinen schlimmsten Albträumen vorstellen könnte, das alles hätte in diesem Moment nicht Realer sein können. Warum mein Name? Mein Name war doch nur neunmal in der Kugel. Es gab Kinder, die vielleicht über dreißig oder fünfzig Zetteln im Los hatten. Schließlich kommt mit jedem Jahr Automatisch ein weiterer Zettel ins Los und die Tesserasteine brauchen die meisten für ihre großen Familien. Es gab Tausende Zettel in der Glaskugel. Distrikt 11 ist vielleicht eine der ärmsten Distrikte Panems, gehörte aber zugleich auch zu den größten. Und ausgerechnet mein Name musste gezogen werden. Ich habe heute oft darüber nachgedacht, dass mein Name gezogen werden könnte, doch es erschien mir eher wie ein Witz als Wahrheit. Ich muss nervös kichern.

Meine Mutter umarmt mich und küsst mich. Sie braucht in diesem Moment nichts zu sagen, ich sehe es ihr an, dass sie mich aufgegeben hat. Wer würde es in diesem Moment nicht tun? Ich war verloren. Wahrscheinlich die jüngste bei den diesjährigen Spielen. Und es würde ganz sicher keiner Mitleid zeigen, ganz im Gegenteil würden sie sich eher freuen, darüber, ein Gegner zu haben, die wahrscheinlich leicht zu erledigen ist. Aber so einfach würde ich es ihnen ganz sicher nicht machen.

Ich gebe mir große mühe, nicht zu weinen, stark zu sein. Draußen warten schließlich die Kameras auf uns, auf die Tribute. Sie werden uns filmen, dann werden wir für alle in ganz Panem zu sehen sein, auch für unsere zukünftigen Gegner. Da wäre es ein fataler Fehler, Schwäche zu zeigen.

Es gab vor einigen Jahren ein Mädchen, die vor der Kamera sehr zerbrechlich und angreifbar gewirkt hat. Alle hielten sie sie für eine leichte Beute. Doch dann kam heraus dass sie skrupellos töten konnte. Sie hatte alle getäuscht. Bei mir würde das aber nicht viel bringen. Ich musste jetzt stark sein.

»Passt gut auf euch auf.« sage ich sehr gefasst. Komischerweise wirke ich dabei kein wenig ängstlich.

Meine Mutter bekommt noch mehr Tränen. »Wir lieben dich Rue. Vergiss das nicht. Niemals.«

In ihrem Gesicht sehe ich Reue. Was sie wohl bereut? Das sie mich nicht davon abgehalten hat, mich für Tesserasteine einzutragen? Ob mein Name auch dann gezogen würde, wäre mein Name nur einmal im Los gewesen? Irgendwie ist mir das jetzt auch egal. Es hat kein Sinn darüber nachzudenken oder irgendetwas zu bereuen.

»Du musst kämpfen, hörst du? Gib bloß nicht auf. Du hast gute Chancen!«, kommt von meinem Bruder. Nett gemeint, doch er glaubt es wahrscheinlich selber nicht.

So geht es weiter. Sie sprechen mir Mut zu, und umarmen mich.

Dann kommen die Friedenswächter rein, die Zeit ist um. Meine Familie muss raus, und ich werde sie nie wieder sehen.

Ich überlege was ich ihnen noch sagen kann, doch das einzige was mir einfällt ist »Vergesst mich nicht.«

Es kommt mir vor, als würde sich der Schmerz im Gesicht meiner Mutter vertiefen, nachdem ich diese Worte ausspreche. Aber sicher bin ich mir nicht.

Sonst kommt keiner, um sich von mir zu verabschieden. Wahrscheinlich möchte keiner einer zwölfjährigen in die Augen sehen, indem wissen, dass sie sterben wird, dass sie nie wieder nach Haus zurückkehren wird.

Auch wenn es hart ist, ist es so besser.

Die Friedenswächter kommen wieder rein. Diesmal um mich zu holen. Ich werde raus gebracht, wo ich auf Thresh, Seeder und Chaff zutreffe. Thresh sieht wieder einmal desinteressiert aus, doch ich sehe dass er drinnen geweint haben muss. Ob das für alle zu sehen ist?

Wir steigen in einem Wagen ein und werden zum Bahnhof gefahren. Das ist das erste Mal, dass ich in einem Auto sitze. Fühlt sich angenehm an.

Während der Fahrt spricht keiner ein Wort. Ich spüre nur Chaffs Augen auf uns beide ruhen. Er scheint uns zu beobachten, ganz genau. Ich traue mich aber nicht hochzusehen.

Nach einer kurzen fahrt hält der Wagen an. Wir sind auf dem Bahnhof angelangt. Als wir aussteigen sind auch hier Kameras, die auf uns warten. Auch Jashoa Todd ist da. Er wird mit uns im Zug fahren, zurück zum Kapitol.

Als wir den Zug betreten habe ich ein komisches Gefühl im Bauch. Nachdem ich meine Familie gesehen hatte wusste ich bescheid, mir wurde alles bewusst, doch trotzdem kam mir alles immer noch wie ein Witz vor. Ein Witz. Doch dann fährt der Zug los. Ich sehe aus dem Fenster. Sehe wie die Häuser sich langsam entfernen und die Menschen kleiner werden. Wie die Felder und Bäume an uns vorbeirasen. Und dann kommt das Große Tor. Das Tor, das Distrikt 11 von der Außenwelt abgrenzt.

Und genau in dem Moment, als wir das Tor durchqueren und Distrikt 11 für immer hinter uns lassen weiß ich es Endgültig.

In wenigen Tagen bin ich tot.
 

Kapitel 1 - Die Ernte und traurige Erkenntnisse - Ende

Die Zugfahrt und mutige Rebellen

Kapitel 2 - Die Zugfahrt und mutige Rebellen
 

In wenigen Tagen bin ich tot.

Dieser Satz hallt mir die ganze Zeit durch den Kopf, während ich wie betäubt zum Speisewagon laufe, wo Jashoa uns alle hinbestellt hat. Das laufen im Zug stellt sich als schwierig heraus. Das ist auch das erste Mal, dass ich in einem Zug bin. Reisen ist nämlich verboten, außer zu offiziell genehmigten Arbeiten.

Als ich den Wagon betrete kann ich nicht anders als zu staunen. Sogar in Zügen sieht es besser aus als bei uns zu Hause. Es ist super eingerichtet mit teuren und hübschen Möbeln und seltenen Pflanzen, die ich vorher noch nie gesehen habe. In der Mitte steht ein Runder Tisch, wo bereits Jashoa, Seeder, Chaff und Thresh Platz genommne haben. Ich setze mich auf den freien Stuhl.

In wenigen Tagen bin ich tot.

»So, das wäre dann soweit geschafft.«, sagt Jashoa wieder mit einem breiten lächeln. Ja, er singt sogar beinahe. Was wohl geschafft ist? »Das war wohl ein langer Tag für euch. Ihr müsst müde sein. Ihr habt jetzt etwas zeit für euch. Geht in eure Zimmer, ruht euch etwas aus und zieht euch was Schickes an. Ich will euch pünktlich zum Abendessen hier haben, dann sehen wir uns auch die Zusammenfassung der Ernte an.«, wie kann man beim reden nur so breit grinsen?

In wenigen Tagen bin ich tot.

Was Schickes anziehen? Wir haben doch nichts mitgenommen. Durften wir ja auch nicht. Aber dann denke ich, dass unser Zimmer wahrscheinlich voll mit neuer Kleidung sein muss. Ob alles auch in meiner Größe ist?

In wenigen Tagen bin ich tot.

Ich stehe auf, ohne etwas zu sagen, gehe aus dem Wagon. Ein Diener aus dem Kapitol zeigt mir mein Zimmer, wünscht mir noch einen schönen Abend und erinnert mich daran, das Abendessen nicht zu vergessen. Das zu verpassen wäre wirklich ein Fehler.

In wenigen Tagen bin ich tot.

Ich schließe die Tür ab und begebe mich an meinem Schrank. Tatsächlich, alles Kleidung in meiner Größe. Wirklich Mysteriös. Aber dem Kapitol ist das wohl zuzutrauen, so was in kürzester Zeit zu beschaffen.

In wenigen Tagen bin ich tot.

Jetzt visiere ich mein Bett an und trete näher heran, immer dazu bedacht den Satz, der nicht aus meinem Kopf gehen will, geschickt zu ignorieren. Wirklich ein tolles und großes Bett. So eins habe ich noch nie in meinem Leben gesehen.

Ich springe drauf. Irgendwie ein tolles Gefühl. Das Bett ist so weich und bequem. Ich kann zwar im ersten Moment den Zusammenhang nicht erkennen, doch es erinnert mich plötzlich an meine Mutter. Was sie wohl gerade macht? Ich hoffe, sie weint mir nicht lange nach. Sie muss sich doch noch um meine 5 Geschwister kümmern. Und was machen die wohl gerade? Und mein Vater?

In wenigen Tagen bin ich tot.

Jetzt, da ich alleine bin, an meine Familie denke, müde und geschafft von der ganzen Aufregung und den Satz in meinem Kopf nicht mehr ignorieren kann, geschieht es.

»In wenigen Tagen bin ich tot.«, mehr als ein flüstern bekomme ich nicht raus.

Dann fange ich an zu weinen. Ich kann es nicht verhindern, die Tränen sprießen mir geradezu aus den Augen und fließen meine Wangen hinunter. Ich kann mich nicht daran erinnern jemals so geweint zu haben. Wir hatten es zwar nicht leicht, doch ich war glücklich, weil ich eine Familie, Arbeit und genug zu essen hatte. Keine Selbstverständlichkeit in Distrikt 11. Ich hätte mein Leben niemals gegen ein anderes getauscht. Ich hatte nie wirklich Grund zum Weinen gehabt. Außer wenn mich mal eine Wespe gestochen hatte als ich noch jünger war oder ich vom Baum gefallen bin, was aber wirklich nur sehr selten vorkam.

Doch jetzt bin ich unglücklich. Todunglücklich. Ich musste bei den Spielen mein Leben lassen. Vielleicht würde ich verhungern? Vergiftet? Verbluten? Brutal ermordet durch einen der anderen Tribute? Oder zerfleischt und gefressen durch irgendwelche Wesen, die sie im Kapitol gezüchtet haben. Die Arena ist voller gefahren, und wer weiß wie es aussehen wird. Vielleicht wird es zu kalt sein und ich erfriere. Oder es ist eine Wüste und ich verdurste.

Ich schluchze. Es gibt so viele Möglichkeiten, in der Arena sein Leben zu verlieren. Und eine ist brutaler als der andere. Nein, so wollte ich bestimmt nicht sterben.

Ich weine immer weiter, kann nicht aufhören. Und so falle ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.

Ich wache auf, als ich das Klopfen an der Tür höre. Ich habe einen sehr leichten Schlaf.

»Miss Rue? Sie werden in zehn Minuten zum Abendessen erwartet.« Der Diener aus dem Kapitol.

Ich rappele mich auf und gehe ins Bad. Im Spiegel sehe ich, dass mein Gesicht nass ist. Ich kann mich nicht daran erinnern, vor dem Schlafen mit dem weinen aufgehört zu haben. Habe ich im Schlaf weitergeweint?

Ich wasche mir Gründlich das Gesicht, damit keiner mitkriegt das ich geweint habe. Aber wahrscheinlich werden sie es doch sehen.

Dann hole ich eine schlichte blauen Jeans und ein schwarzes Shirt aus dem Schrank und möchte es anziehen, als ich mich daran erinnere, dass es Schick sein muss. Aber ist das nicht Ansichts-Sache?

Aber dann überlege ich es mir doch anders und hole ein rotes kurzes Kleid heraus. Es ist Ärmellos. Ich muss das machen, was Jashoa verlangt. Wenn ich einen guten Draht zu ihm habe, wird er uns wohl eher Sponsoren besorgen.

Anschließend stecke ich meine Haare noch hoch und verlasse mein Zimmer. Ich muss mich kurz orientieren um herauszufinden wo es zum Speisewagon geht, doch schon erscheint der Diener und bittet mich, ihm zu folgen.

Ich hatte ihn mir vorhin gar nicht richtig angesehen. Er ist blond, hat leuchtend grüne Augen und ist noch recht jung. Und nebenbei sieht er auch noch sehr gut aus. Was er wohl verbrochen hat?

Im Speisewagon angelangt muss ich feststellen, dass ich erneut die letzte bin, die eintrifft. Kann mir eigentlich egal sein.

Ich nehme Platz und werde von Jashoa herzlich Begrüßt. Irgendwie sieht er anders aus? Schnell merke ich, dass er seine Lippen Silber angemalt hat. Und wieder finde ich das einfach nur komisch und lächerlich.

Derweilen wird das Essen serviert. Und wieder einmal komme ich nicht aus dem Staunen heraus. Ich staune über die Vielfalt und Menge des Mahls – nein, des Festmahls -, und denke mir, dass wir wahrscheinlich nicht mal in einer Woche soviel zu essen haben. Hier ist es einfach nur das Abendessen, bestehend aus mehreren Gängen.

Der Fernseher ist an. Ein Riesen großer, wohlgemerkt. Es läuft die Zusammenfassung der Ernte aus allen Distrikten. In Distrikt 1, 2 und 4 sehe ich, wie sich Freiwillige melden. Das ist so typisch. Allesamt gut ernährte, muskulöse Jugendliche, die wahrscheinlich ihr ganzes Leben lang darauf hingearbeitet haben. Das sind die Tribute, die aus gier zu Macht und Ruhm freiwillig in die Arena gehen und an den Spielen teilnehmen. Diese Karriere orientierte Tribute werden von uns liebevoll Karrieros genannt. Von den anderen Distrikten werden sie gehasst und verachtet, weil es meistens auch einer dieser Tribute ist, die die Spiele gewinnen und als Sieger nach Haus zurückkehren dürfen. Diese Tribute bilden anfangs immer eine Allianz. Das ist wie ein ungeschriebenes Gesetz. Sie verbünden sich, schalten alle anderen aus, und bringen sich am Ende gegenseitig um. Diese Distrikte gehören auch zu den Wohlhabenden Distrikten und haben gute Beziehungen zum Kapitol.

In Distrikt 5 fällt mir das Mädchen auf, dass aus dem Glaskugel gezogen wird. Sie hat seidige rote Haare und ein stechenden und wilden Blick. Sie macht mir angst.

So bekommen wir die Ernte aller Distrikte vom heutigen Tag zu sehen. Die ganzen Kinder, die gezogen und von ihren Familien und Freunden weggebracht werden.

Dann ist Distrikt 11 an der Reihe. Man könnte meinen, es würde Déja-vu Gefühle auslösen, die Ernte im Fernsehen zu sehen. Dem ist aber nicht so. Es kommt mir alles völlig fremd und neu vor. Ich sehe wie Thresh’ Name gezogen wird. Daran kann ich mich noch halbwegs erinnern. Aber dann wird mein Name bekannt gegeben. Es sieht und fühlt sich alles unrealistisch an, mich selbst im Fernsehen zu sehen und zu beobachtet, wie ich nach der Ankündigung meines Namen auf die Bühne gehe. Ich kann mich daran bewusst gar nicht mehr erinnern. Ein erschreckender Gedanke. Aber komischerweise sehe ich gelassen und neutral aus. Das ist immer noch besser als verheult auf die Bühne zu gehen. Jetzt bin ich froh, dass ich das zuerst nicht wahrhaben und kapieren wollte.

Jetzt wird die Ernte in Distrikt 12 gezeigt. Distrikt 12 gehört ebenfalls zu den ärmeren Distrikten in Panem. Noch dazu ist es recht klein. Sie haben sich dort auf Kohleabbau spezialisiert. Auch die Tribute aus diesem Distrikt gehören zu den schwächeren und sterben recht schnell. Meistens sind es sowieso halb verhungerte Kinder. Während wir aus den anderen Distrikten den Vorteil haben, schon früh arbeiten zu gehen, arbeiten in Distrikt 12 nur die Jungen die 18 geworden sind in den Bergwerken. Und die sind dann wiederum zu alt um noch bei den Spielen mitzumachen, um von den Erfahrungen und Wissen aus dem Gebiet nutzen zu ziehen.

Die Betreuerin, eine Frau mit rosa Haaren, die auf Anhieb unsympathisch auf mich wirkt, sagt »Ladies First!« und geht zu der Kugel mit den Mädchen Namen und zieht ein Zettel heraus. Als sie den Namen vorliest, und das blonde Mädchen im Publikum gezeigt wird, empfinde ich plötzlich Freude. Ich weiß, dass ist unfair und fies von mir, doch auch sie, die den Namen Primrose Everdeen trägt, ist recht jung. Wahrscheinlich genau wie ich, zwölf Jahre alt. Sie sieht sogar jünger und schwächer aus, doch sie muss 12 sein. Ich bin froh nicht als einzige so jung bei den Spielen zu sein. Eigentlich müsste sie mir Leid tun, doch ich bin froh darüber. Macht mich dieser Gedanke zu einem schlechten Menschen?

Doch dann, bevor Primrose, die total geschockt und blass aussieht, die Bühne erreicht, schreit ein anderes Mädchen im Publikum ihren Namen: »Prim!«

Dieser Schrei ist so sehr mit schmerz erfüllt, dass ich mich für meine Gedanken von vorhin schäme. Ist das jemand aus ihrer Familie?

»Prim!« Alle machen ihr Platz und sie eilt auf die Bühne, noch bevor Primrose die Stufen erreicht.

»Ich gehe freiwillig!«, keucht sie. »Ich gehe freiwillig als Tribut!«

Das ist wie ein Schlag ins Gesicht.

Dann gibt es ein durcheinander auf der Bühne. Auch Jashoa entgleitet ein »Oh!« und Thresh und Chaff können ein erstaunten laut nicht zurück halten. Seeder scheint eingenickt zu sein.

Auch für mich kommt das sehr überraschend. Eine Freiwillige aus Distrikt 12? Das war unwahrscheinlicher als das sich jemand aus Distrikt 11 freiwillig meldet.

Und jetzt empfinde ich Primrose gegenüber Neid. Eben noch hatte ich mich gefreut, dass sie gezogen wurde, und jetzt hasse ich sie. Ich hasse sie dafür, dass sie jemanden hat der sie so sehr liebt, um an ihrer stelle freiwillig in den Tod zu gehen. Dass sie, wie ich, nicht so jung an den Spielen teilnehmen und in den Tod gehen muss. Ich hasse sie aus Gründen, für die sie gar nichts kann.

Doch gegenüber dem Mädchen, welches sich freiwillig meldet, empfinde ich Ehrfurcht. Ich respektiere sie dafür, dass sie einen Menschen so sehr lieben kann, um sich für sie in den Tod zu stürzen. Dafür, dass sie keine Angst zu haben scheint. Dafür, dass sie mit dieser Akt, sich anstelle einer 12-jähriegen zu melden, dem Kapitol die Stirn bietet. Dafür, dass sie allen klar macht, dass sie das nicht OK findet.

»Herrlich!«, sagt die rosa-haarige, die ich jetzt noch unsympathischer finde als vorher. Wahrscheinlich freut sie sich, dass in ihrem Distrikt endlich was los ist. »Aber ich glaube, eigentlich müssten wir erst den Erntegewinner präsentieren und dann nach Freiwilligen fragen, und wenn sich einer meldet, dann … äh«, sagt sie unsicher und verstummt.

»Was spielt das für eine Rolle?«, wirft ein Mann ein, der der Bürgermeister zu sein scheint. Er sieht sehr gequält aus. Ob sie die Mädchen persönlich kennt? Vielleicht kennen sie sich alle gegenseitig in einem kleinen Distrikt.

»Was spielt das für eine Rolle?«, wiederholt er schroff. »Lasst sie heraufkommen.«

Primrose fängt an zu schreien, will das Mädchen nicht gehen lassen. Doch sie weist sie gemein zurück. Wahrscheinlich kämpft sie gerade darum, nicht in Tränen auszubrechen, denn sie klingt verzweifelt.

Ein Junge erscheint und trägt Primrose weg.

»Nun denn, bravo! Das ist der Geist der Spiele!« Sie scheint sich sehr zu freuen. »Wie heißt du?«

»Katniss Everdeen« Also doch, der gleiche Nachname.

»Ich wette, das war deine Schwester. Wolltest dir von ihr nicht die ganze Schau stehlen lassen, was? Los, Leute! Einen Riesenapplaus für unseren neuesten Tribut!«, trällert sie vergnügt. Jetzt widert sie mich nur noch an.

Doch keiner klatscht. Niemand. Sie schweigen alle und sehen überrascht, geschockt, enttäuscht oder gequält aus. Auch das kommt unerwartet. Die Leute aus Distrikt 12 scheinen alle sehr mutig zu sein, dass sie so öffentlich ihren Widerspruch äußern, indem sie schweigen. Das hätte sich in Distrikt 11 niemand getraut.

Dann legen alle die 3 mittleren Finger der linken Hand an die Lippen und strecken sie anschließend Katniss entgegen hoch. Wenn ich mich nicht irre, ist das in Distrikt 12 ein Zeichen für Dank, Bewunderung und Abschied. Diese Geste der Menge rührt mich fast zu tränen.

Doch ein Mann steht auf – er muss der Mentor der Tribute sein – und schwankt zu Katniss. »Seht sie an. Seht euch die hier an!«, brüllt er und legt ihr einen Arm um die Schultern. Ist er betrunken? »Die gefällt mir! Viel …« Er sucht eine Zeit lang nach dem richtigen Wort. »… Mumm!«, sagt er triumphierend und lässt Katniss los. »Mehr als ihr!«, fügt er hinzu und tapst nach vorn an den Bühnenrand. »Mehr als ihr!«, schreit er jetzt direkt in die Kamera.

Und wieder etwas, dass ich niemals erwartet hätte. Wahrscheinlich werden alle denken, dass er die Zuschauer und die anderen Tribute meint, doch für mich ist es ganz deutlich – er meint das Kapitol. Wieder ein rebellischer Akt. Ich denke aber, dass er einfach zu betrunken ist um klar zu denken, und schreibe diese Tat nicht seinem Mut zu.

Ich wundere mich, dass sie das überhaupt bei der Zusammenfassung zeigen.

Dann plumpst er von der Bühne.

Jetzt wird noch der männliche Tribut gezogen, doch darauf achte ich nicht mehr. Ich denke nach. Denke über Katniss. Denke wie sehr ich sie mag, obwohl ich sie nicht kenne. Denke wie viel rebellisches ich heute gesehen habe.

Dann schweift mein Blick rüber zu Chaff und auf seine Hand. Besser gesagt auf das, wo früher seine Hand war. Ihm fehlt nämlich eine. Verloren bei den Spielen, die er gewonnen hat. Normalerweise werden die Gewinner der Spiele Optisch komplett erneuert und operativ werden alle Körperfunktione wiederhergestellt. Doch mein Vater erzählte mir, das Chaff sich damals die Hand nicht erneuern lassen wollte. Er hat sich dagegen gesträubt, etwas, das er während der Hungerspiele verloren hat, vom Kapitol, die dafür ja verantwortlichen war, durch eine künstliche Hand ersetzen zu lassen. Auch das war damals direkt gegen das Kapitol, ein rebellischer Akt. Deshalb hatte ich all die Jahre, die ich ihn im Fernsehen und auf der Ernte sah, Respekt vor ihm. Das er sich so was getraut hatte, getraut, dem Kapitol Nein! zu sagen.

Nach diesen Szenen sagt keiner mehr etwas. Jashoa versucht einige male, so naiv wie er ist, ein Gespräch anzufangen, doch keiner geht darauf ein.

Seeder ist inzwischen wieder wach, beschäftigt sich aber mit ihrem Essen. Sie scheint die Aufgabe als Mentor nicht ganz ernst zu nehmen. Chaff dagegen sieht sich die ganze Zeit lang Thresh an. In mich setzt er allen Anschein nach keine Hoffnungen. Er sagt aber trotzdem auch nichts. Ich frage mich, wann er denn endlich mit uns unsere Strategien besprechen möchte.

Ich kriege nichts mehr runter. Viel kann ich sowieso nicht essen. Ich bin auf wenig Essen gewohnt. Kenne es von zu Hause nicht anders. Ist auch normal, wenn man in ärmlichen Verhältnissen lebt und 5 Geschwister hat. Könnte bei den Spielen zum Vorteil werden, wenn ich nicht dauernd Hunger bekomme.

Nach dem das Essen beendet ist wünscht Jashoa uns allen einen guten Abend, dann werde ich wieder in mein Abteil begleitet.

Im Zimmer angekommen ziehe ich das schicke rote Kleid aus und werfe es achtlos auf den Boden. Dann gehe ich ins Bad und unter die Dusche. Das ist das erste Mal, dass ich dusche. Und das erste mal, dass ich kaltes und warmes Wasser fließen sehe. Es ist so angenehm unter der Dusche zu stehen und wie das warme Wasser auf mich nieder prasselt.

Als ich fertig bin hole ich ein langes Nachthemd aus einen der Schubladen und krieche unter die Decke.

Ich vertiefe mich in meine Gedanken und denke nach. Über den Tag, die Ernte, das Festmahl und die Zusammenfassung im Fernsehen. Ich kann kaum glauben, dass das alles an einem Tag passiert ist, es kommt mir viel länger vor. Dann fällt mir wieder Katniss ein, das Mädchen, das sich für ihre kleine Schwester geopfert hat. Was sie jetzt wohl gerade macht? Worüber denkt sie nach? Und wenn sie schon schläft, was träumt sie? Ich würde sie so gerne kennen lernen, aber offiziell ist sie eine meiner Gegner, eine meiner Feinde, die ich in der Arena töten muss, um selbst zu überleben. Ein Kichern rutscht mir raus. Als ob ich überleben könnte. Ich grinse.

Als ich einschlafe träume ich. Ich träume von einer anderen Welt, einer Welt, wo es keine Hungerspiele gibt. Einer Welt, in der Katniss Everdeen meine mich über alles liebende Schwester ist. In einer Welt in der sie mich so sehr liebt, das sie ihr Leben für mich riskieren würde.
 

Kapitel 2 - Die Zugfahrt und mutige Rebellen - Ende



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Kommentare zu dieser Fanfic (20)
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Von:  HyakuyaMikaela
2015-05-02T06:46:50+00:00 02.05.2015 08:46
Nachdem ich einmal mit dem Lesen angefangen habe, konnte ich gar nicht mehr aufhören. :-)
Es sind zwar einige Fehlerchen vorhanden, über die bei Bedarf vllt. mal ein Beta schauen könnte, aber dein Schreibstil an sich ist echt wundertoll und passend; er liest sich locker und doch nicht 08/15. Auf Details und Innenleben wird sehr schön eingegangen - und sofern man die kleine Rue nicht schon seit dem Film/Buch ins Herz geschlossen hat, tut man es spätestes bei deiner Fanfiction. Fallls du irgendwann mal weiterschreiben magst, diese Geschichte hat auf jeden Fall das Potenzial zu einem Werk, an das man sich gerne positiv erinnert! Abbrechen wäre wirklich da ziemlich schade. ;-) <3
Von:  sandy01
2014-09-13T09:30:10+00:00 13.09.2014 11:30
Ich finde deine Schreibweise sehr angenehm und hoffe das du irgendwann weiterschreibst. Deine Geschichte ist sehr mitreißend und bringt die Gefühle der hauptperson sehr schön zum Ausdruck. Ich freue mich auf weitere Kapitel und wünsche dir beim schreiben viel Freude
Von:  LucifersBraut
2012-05-21T21:25:15+00:00 21.05.2012 23:25
Auch das Kapitel finde ich gut, du beschreibst sehr schön die neuen Eindrücke die sie hat. Auch ihre Empfindungen gegenüber Primrose sind verständlich, erst macht sie sich Hoffnung, noch eine so junge, ich bin nicht allein, wie schön und dann sowas! In ihrer Situation ist es nur natürlich da auf die gleichalte Mitstreiterin neidisch zu sein, hatte sie sich ja selbst irgendwie gewünscht jemand würde sich freiwillig melden damit sie nicht gehen muss und das andere Mädchen hat das Glück das jemand sagt ich lass nicht zu das meine Schwester hingeht und sich umbringen lässt.
Mir sind auch ein paar Rechtschreibfehler aufgefallen, aber ich bin auch nicht fehlerfrei und verschreibe mich mitunter. Eigentlich Schade das du nicht weiter geschrieben hast, vielleicht hast du ja irgendwann einmal die Lust dazu und machst doch noch weiter =)
Von:  LucifersBraut
2012-05-21T20:35:49+00:00 21.05.2012 22:35
Ich will auhc was zu sagen ^^ Ich kenne die Tribute von Panem nur aus den aktuellen Kinowerbungen und find die schon sehr interessant.
Das Kapitel find ich sehr gut geschrieben, ich als Laie glaube zu wissen worum es sich handelt und verstehe soweit alles ganz gut auch finde ich das die Gefühle deiner Hauptperson gut beschrieben sind, das sie nicht so richtig glaubt das sie gezogen wird, das sie es zuerst auch nicht richtig begreift, so im Kopf ist zwar angekommen aber noch nicht richtig im Bewusstsein.
Von:  YuMorino
2012-04-30T21:19:24+00:00 30.04.2012 23:19
Hallo
wow <3
Das ist wirklich wunderschön geschrieben ich bin fasziniert. Ich selbst habe die Bücher noch nicht gelesen nur den Film gesehen, weil ich total neugierig war wie der Film ist.
Das Buch liegt jetzt bei mir zu Hause und ich werde es noch lesen aber Rue war im Film mein Lieblingschara und ich habe furchtbar geheult als sie ums Leben kam, aber das ist wirklich wunderschön geschrieben und ich bin gespannt wie du weiter schreibst
LG
Yu
Von: abgemeldet
2012-03-12T12:24:09+00:00 12.03.2012 13:24
Es ist wirklih eine sehr schöne Idee die Hunger-Spiele aus Rue's Sicht zu erzählen. Inhaltlich hast die ihren Charakter so getroffen, wie ich ihn mir vorstelle, sehr nah am Buch :) Ab und zu schleichen sich ein zwei Fehler ein (Groß- und Kleinschreibung), aber stilistisch passt die Ff eigentlich wirklich gut zum Stiel von S.C. *fav*
(ich hoffe du schreibst irgendwann weiter)
Von:  SlytherinPrincess
2011-06-14T17:57:43+00:00 14.06.2011 19:57
Hey,
Also sehen wir jetzt erstmal davon ab, dass Rue sowieso eine meiner Lieblingscharas ist^^
Ich finde es eine schöne Idee, die Spiele aus Rues Sicht zu beschreiben und dass dein Schreibstil in manchen Bereichen Ähnlichkeit mit Suzanne Collins aufweist, finde ich auch ziemlich gut.
Auch wie du ihre Gedanken und Gefühle rüber bringst, finde ich gut gelungen.
Ich freue mich jedenfalls schon sehr auf das nächste Kapitel
Lg DesmondAlucard
✖✐✖
Von: abgemeldet
2011-05-20T20:49:09+00:00 20.05.2011 22:49
Oh Gott,

und du machst es immer schlimmer! *schnüff*
Ich muss sagen, dass das Ende des Kapitels wirklich schön war - auch wenn es ein "Schreckliches Schön" ist! ;________________;

Ich mochte Rues Empfindungen bei der Ernte in Distrikt 12 - wie sie Katniss das erste Mal sieht. Man kann richtig spüren, wie sehr sie sich damals schon von ihr hat anstecken lassen.
Und dass sie Prim so hasste, Schadenfreude empfand und wegen Katniss neidisch wurde ist vollkommen zu verstehen, finde ich. Das war eine absolut menschliche Reaktion und nicht so scheinheilig heldenhaft! Kompliment! ;D

Ich glaube auch nicht, dass Chaff große Hoffnungen in sie setzt - Tresh sieht da auf den ersten Blick viel eindrucksvoller aus. Aber wie wir wissen, hat auch Rue so ihre Vorzüge! ♥

Ich hoffe, du schreibst bald weiter - würde mich zumindest sehr sehr freuen. Magst du mir nicht bescheid geben, wann und ob du überhaupt was neues hochlädst, bitte, bitte? =D

Allerliebste Grüße,
deine Heaven. ♥♥♥
Von: abgemeldet
2011-05-20T20:30:12+00:00 20.05.2011 22:30
Ich wusste es!

Ich hätte es nicht lesen dürfen! ;_____________; Mist!
... Nun, aber es hat sich gelohnt - auch wenn ich jetzt Mascaralos und um 2 Taschentücher ärmer bin! ;D

Ich finde, dass du dich gut an den Schreibstill von Suzanne Collins anpasst, auch wenn ich mir sehr wünsche würde, dass du mehr Rues Gefühle ausschreiben würdest. Du machst das schon echt gut, aber im Moment bräuchte sie einfach noch ein wenig Tiefe ... verstehst du, was ich meine? xD
Aber nicht falsch verstehen! Es ist ja auch das erste Kapitel, vielelicht bin ich auch einfach nur zu ungeduldig und es kommt noch! ;D

Na, da bin ich mal gespannt, wie es weiter geht. Ich mochte Chaff irgendwie sehr gerne in den Büchern, auch wenn er gerade recht grummelig rüberkam! xD
Tresh fand ich auch sooo~ toll! UNd dass er geweint hat ... *schnüff* Siehst du, ich fang schon wieder an! ;___________;

Allerliebste Grüße,
deine Heaven. ♥♥♥
Von: abgemeldet
2011-05-20T20:10:45+00:00 20.05.2011 22:10
Oh je! ;________________;

Da dachte ich mir: Komm, Heaven. Lies dir Rues Geschichte durch - du mochtest sie doch so! ♥
--- Aber jetzt bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich das hinbekomme! xD Ich hab schon geweint, als sie starb. Aus ihrer Sicht ist das bestimmt noch viel schrecklicher...

Aber ich versuche, stark zu sein.
Ich hab ja schon einmal angefangen --- und ja, ich gebe es zu: ich bin neugierig. Schon immer gewesen. Und wie. xD
Heißt: Ab zum nächsten Kapitel!

Allerliebste Grüße,
deine Heaven. ♥♥♥


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