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Ich wünschte, ich könnte noch einmal von vorne beginnen
von

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Misslunge Erziehung?

Misslunge Erziehung?
 

Ich frage mich heute noch wie ich das hier zustande gebracht habe… Na ja, im Endeffekt musste mir so etwas passieren… wahrscheinlich, weil ich nicht so chaotisch bin wie die da… mit denen ich immer an einem Tisch sitze und deren Ideen mich innerlich immer aufseufzen lassen. Man kennt ja den Spruch „Das Glück ist immer mit den Dummen…“ Da scheint also ein Fünkchen Wahrheit dran zu sein. Nun, genug geredet, ich werde alles der Reihe nach erzählen…
 

Mein Name ist Arthur Kirkland, ich bin auch als England bekannt und ein Mitglied der Allied Forces, wie man uns fünf immer gerne bezeichnet. Was unsere Aufgabe ist? Die Welt zu retten, alle Länder eins werden zu lassen und sie mit unglaublich leckerem Essen zu bereichern. Ähem. Das nur mal so grob, wenn man die Meinungen aller Länder zusammenfast. Denn dabei kann nichts Gutes rauskommen. Warum? Weil unser selbst ernannter Anführer so viele utopische Ideen hat, die nie und nimmer umgesetzt werden können. Ja, das ist eben Alfred F. Jones, der Held der ganzen Welt… ich habe es mitlerweile aufgegeben ihm Vernunft einzuimpfen, mit dem lässt sich nicht reden. Es sei denn Ivan erhebt mal das Wort, der gute Russe und er vertragen sich nicht besonders, sie sind wie Feuer und Eis, wobei die Rollen klar verteilt sind. Dann verwandelt sich unser verrückter, burgerliebender Amerikaner in ein beängstigendes Wesen, vor dem wir alle Angst haben. Ivan eingerechnet, auch wenn er es gut überspielen kann, durch sein kindliches Lächeln, das dann noch eisiger wirkt, sodass man sich am liebsten ins nächste Mauseloch verkriechen möchte. Dann ist mir immer zum Heulen zumute, wenn ich Alfred so sehe und ich frage mich immer wieder: was habe ich nur falsch gemacht???
 

Ein Pieksen in meiner Wange ließ mich aus meinen Gedanken schrecken. „Hey, England, du bist doch auch meiner Meinung, nicht wahr?“ Wie ich es hasse, wenn er das macht! Und dann grinst er mich noch so frech an. Aber es gehört einfach zu Alfreds Gewohnheiten, er muss mich irgendwie ärgern. Und das Schlimme daran ist: er schafft es auch noch. Ich sah zu ihm auf, während er noch sein dummes Grinsen auf den Lippen hatte. „Idiot! Wie kommst du eigentlich auf diese dämliche Idee Ludwig mit Burgern zu bombadieren? Glaubst du er wird dann dicker als du, weil er nichts anderes als ungesundes Essen hat?“ Und um meine Aussage besonders deutlich zu machen, kniff ich ihm frech in seinen Speck, „Mach erst mal ne Diät, bevor du auf solche Ideen kommst!“ „Hmpf, das sagst gerade du mit deinen Fish & Chips! Deine Scones zum Tee… das alles geht auch auf dein Hüftgold!“, entgegnete Alfred beleidigt. Das brachte mich dazu aufzuspringen und auf den Tisch zu schlagen. „Nichts gegen mein gutes Essen, ja? Du hast ja keine Ahnung, du hast es ja nie zu schätzen gewusst!“, tobte ich, während Francis mich einfach nur anstarrte, Ivan lächelte und Yao nur aufseufzte. Und schon war der Kleinkrieg, wie wir ihn nannten, eröffnet. Mal wieder waren Alfred und ich es, die sich wegen einer Kleinigkeit prügelten...
 

~
 

„Mon Dieu, Arthur… könnt ihr nicht auch mal vernünftig miteinander reden?“, meinte Francis, der mich, nachdem unser Kongress, wenn man ihn denn so nennen konnte, pausierte, notdürftig verarztete. „AU! Geht’s auch etwas sanfter?“, brummte ich. „Du hast es nicht anders verdient“, erwiderte er nur schlicht und ich schwieg. „Sag… was hab ich falsch gemacht?“, fragte ich leise, „Dass er so geworden ist…“ „Olàlà, das kann ich dir sagen, mon Ami, DU hast ihn erzogen und nicht moi! Das hätte sicher etwas an seiner seltsamen Persönlichkeit geändert, bien sûr!“, erwiderte Francis sofort. Normalerweise hätte ich angefangen mit ihm zu streiten, aber das machte mich wirklich nachdenklich. Hatte er wirklich alles von Anfang an falsch gemacht? War er wirklich Schuld, dass Alfred sich so entwickelt hatte? „Red keinen Unsinn!“, murrte ich nur mit finsterem Blick. Warum auch? Das einzige, was er von mir haben könnte, wäre sein Faible für ungesundes Essen… ja, ich gebs zu, es steckt nicht immer voller Vitamine. „… und du hast ihn nicht ausreichend lieb gehabt…“ Wie bitte? Was hatte dieser Weinfreak gerade gesagt? „Natürlich hab ich ihn lieb gehabt! Er war mein kleiner Bruder, den muss man lieb haben!“, fuhr ich ihn an, aber er grinste nur. „Und warum tust du es jetzt nicht mehr?“ Wunderbar, Francis, streu noch mehr Salz in die Wunde… darauf konnte ich nichts erwidern… warum musste dieser Idiot ausgerechnet das erwähnen? „Ich… Je suis désolé, Arthur…“, meinte er schließlich kleinlaut, ich musste wirklich niedergeschlagen aussehen, sonst würde er das nicht tun. Doch ich schwieg und stand auf, verließ diesen Raum.
 

Das war mitlerweile einen Tag her. Ich war wieder zu Hause… eigentlich sollte alles seinen gewohnte Gang einnehmen, aber irgendwie beschäftigten mich Francis‘ Worte immer noch sehr. Vielleicht hatte ich ihn ja nicht richtig erzogen… aber was sollte ich an diesem burgerfressenden Amerikaner noch ändern? Er war erwachsen, unabhängig und verdammt stur. Doch dann kam mir eine Idee. Warum hatte ich denn nicht schon früher daran gedacht? Schnell hatte ich den Keller meines Hauses auf den Kopf gestellt und das passende Buch gefunden. Schwarze Magie. Das half doch immer. Es sei denn man beschwört Ivan… dann heißt es: schlimmer geht immer. Aber das war nicht mein Ziel. Ich wollte etwas an Alfred ändern, ich wollte ihn etwas… pflegeleichter machen und hoffentlich etwas vernünftiger. Eigentlich wollte ich ihn wieder lieb haben wie damals, als er noch so klein, unschuldig, tollpatschig und niedlich war. Nachdenklich blätterte ich durch das kleine Buch und zeichnete ein Pentagramm mit weißer Kreide auf den Boden. Zufrieden mit dem Ergebnis ließ ich mich in der Mitte nieder und wollte den Zauberspruch vorlesen, aber hielt dann inne. Ich brauchte etwas von Alfred, um die Magie wirksam werden zu lassen. Na super, was hatte ich denn schon von ihm? Ich hockte bestimmt eine geschlagene Stunde dort, ehe mir etwas einfiel. Das Schleifenband als er ein neugeborenes Land war… tatsächlich hatte ich es noch. Zufrieden lächelnd fischte ich es aus einer kleinen Schachtel und legte es in das Pentagramm. Dann ließ ich mich dort auch nieder und begann mit meinem Singsang – in Latein. Zunächst passierte gar nichts und ich kam mir ziemlich dumm vor dort zu sitzen und vor mich hin zu murmeln. Doch dann zeichnete sich das Pentagramm in Streifen aus gleißendem Licht nach. An den fünf Spitzen zogen sich die Lichtstrahlen nach oben, ehe sie aufeinandertrafen und wie ein kleines Feuerwerk Funken auf mich und das Schleifenband hinab regnen ließen… beeindruckend, wirklich. Mit leuchtenden Augen betrachtete ich das Schauspiel, ehe ich leise meinen Wunsch aussprach. Erneut ein Regen aus Funken, doch diesmal in allen erdenklichen Farben und dann… dann erlosch das Licht. Ich erstarrte, ich hatte doch nichts falsch gemacht! Sonst nahm ich doch immer eine Veränderung wahr, wenn ich einen Zauber aussprach, warum jetzt nicht? Ich konnte nur auflachen. Wahrscheinlich war bei Alfred schon Hopfen und Malz verloren, man konnte nichts ändern! Und das machte mich traurig. Ich hatte versagt, bei seiner Erziehung, im Unabhängigkeitskrieg… ich konnte nicht mehr! Die Tränen kullerten nur so über meine Wangen, es war zum Verzweifeln…
 

Ich weiß nicht wie lange ich noch dort gesessen habe, in Selbstmitleid versunken. Irgendwann habe ich es geschafft mich in mein Bett zu legen, um wenigstens etwas Ruhe zu finden. Dort lag ich nun, die Augen geschlossen und hoffte, dass der nächste Tag besser sein würde… weiter kam ich nicht mehr, ich war endlich in einen erlösenden, traumlosen Schlaf geglitten.
 

~
 

„England, England!“ Etwas, nein jemand piekte mir in die Wange und das am frühen Morgen. Diese nervige Stimme… Ich blinzelte. „Kannst du mich nicht ein Mal in… Ruhe…?“ Ich starrte mein Gegenüber mit großen Augen an, es verschlug mir die Sprache, was ich da sah…

Startschwierigkeiten

Startschwierigkeiten
 

Warum? Warum immer ich? Es ist zum Heulen, wisst ihr das? Immer passieren mir solche Dinge, es ist zum Verzweifeln. Vielleicht hätte ich es mir doch anders überlegen sollen und Francis und Amerika einen bitterbösen Fluch auferlegen sollen. Nein, was macht der dumme Iggy? Richtig, macht sich selbst das Leben zur Hölle… mehr oder weniger… ich weiß es nicht wirklich. Verdammt! Dabei hätte es so ein schöner Tag werden können…
 

Aber erst einmal back to the Rules… back to Life, back to Reality:
 

Ich habe seit Monaten nicht mehr so gut geschlafen wie heute. Keine Albträume, kein plötzliches Aufschrecken… Ich wachte erst auf, als mir die Morgensonne sanft ins Gesicht schien. Warm und angenehm, viel zu schön zum Aufstehen. Also entschloss ich mich kurzerhand diesen Moment noch etwas zu genießen und schloss die Augen. Heute würde sicher ein schöner Tag werden! Da war ich mir so sicher!
 

~
 

„..land… England! England!“ Damn! Ich war anscheinend wieder etwas weggedöst. Wer störte mich denn so früh am Morgen? Meine gute Laune war schlagartig weg, als diese Stimme an mein Ohr drang, die immer wieder meinen Namen nannte und gleichzeitig das Pieken in meiner Wange… das konnte nur einer sein, leider… innerlich zuckte ich mit den Schultern und drehte meinem Störenfried frech den Rücken zu, in der Hoffnung, er würde mich in Ruhe lassen. Aber Pustekuchen. „England, ich weiß, dass du wach bist, steh auf!“ Er war noch nie geduldig gewesen. Und damit ging er mir immer wieder auf die Nerven, er war in manchen Dingen wirklich noch wie ein Kind.
 

„Ich habe deine Teevorräte verbrannt!“, versuchte er es nun.

„Ich habe keine mehr…“, brummte ich.

„Deine Feen sind allesamt geflohen!“

„Du siehst sie doch eh nicht, Idiot…“

„Ich habe mit Ivan geschlafen…“

„WAS?“
 

Nun hatte er es geschafft ich war hellwach und saß kerzengerade in meinem Bett. Doch er grinste mich nur frech an. „Du fällst immer wieder darauf rein!“, meinte er nur, dann erstarb sein Lächeln. Und mein vor Wut verzerrtes Gesicht entspannte sich ebenso. Warum? Ich blinzelte. Einmal. Zweimal. Dreimal. Musterte mein Gegenüber ausgiebig. Kein Zweifel, das war Amerika, aber…
 

„England, wie konnte das nur passieren? Ich bin in der Badewanne eingeschlafen!“ Er klang wirklich verzweifelt, doch ich verstand den Zusammenhang nicht wirklich. „Ja und?“, war das erste, was mir dazu einfiel. „Ja und sagst du?“, brauste Amerika auf, „Schau mich an! Ich bin eingelaufen! Als ich morgens aufgewacht bin, sah ich so aus!“ Eingelaufen, schon klar. Der hat echt merkwürdige Ideen. Ich hatte mir wirklich alles Erdenkliche vorgestellt, als ich den Zauber ausgesprochen habe, aber ich hatte Amerika doch nicht wieder zu einem Kind machen wollen! Da stand er nun, als achtjähriger Junge vor mir mit finsterem Blick, als hätte ich seinen letzten Burger aufgegessen. Vielleicht hätte ich das mit der Erziehung anders formulieren sollen. Vor allem: wie sollte ich das wieder rückgängig machen? Beim nächsten Mal merke: lese dir den gesamten Zauber durch, ehe du ihn aussprichst…
 

„Erde an England!“ Ich blinzelte. „Hm? Was hast du gesagt?“, fragte ich. Amerika blies seine Wangen auf, manchmal konnte er wirklich schnell beleidigt sein und ich wartete, dass er nun anfing mich anzufauchen, wie immer, wenn ihm etwas nicht passte. Doch es kam nun noch schlimmer…
 

„Wuääääääääh! Niiiiieeeee hörst du mir zuuuuuuuuuuu!“ Er fing doch tatsächlich an zu weinen wie ein Kind… Alarmstufe Rot! Er weinte nie! Nie! Seit er erwachsen war, hatte er das nie getan! Etwas hilflos sah ich zu wie Tränen über seine Wangen kullerten und er unentwegt schluchzte. Und dann handelte ich ohne nachzudenken… aus reinem Instinkt. Ich schloss den Kleinen einfach in meine Arme und strich sanft durch sein Haar. Immerhin, er war jetzt ein Kind… zumindest körperlich, da musste man doch auf solche Dinge zurückgreifen, oder? „Shhhh~, beruhige dich erst einmal…“, flüsterte ich sanft in sein Ohr, „Entschuldige, ich war gerade in Gedanken… bitte nicht mehr weinen… ich höre dir jetzt zu, ja?“ Er schniefte, doch er wurde ein wenig ruhiger zu meinem Erstaunen. „Ich… ich bin ein kleiner Junge!“, murmelte er leise, „Wie… wie… soll ich denn dann der Hero sein? Ich bin doch der große Held, der die ganze Welt rettet!“ Nein, bitte nicht wieder weinen! Das kann ich überhaupt nicht haben, der Teufel weiß warum. Vielleicht bin ich doch mit dem falschen Fuß aufgestanden und deswegen reagierte ich so. Ja, das musste wohl so sein! Ganz klar! Ich legte eine Hand auf seinen Haarschopf und lächelte ihn an. „Du musst nicht immer der große Held sein, manchmal reicht es auch, wenn du für bestimmte Leute, die dich gern haben ein großer Held bist.“ Bildete ich mir das ein oder lag nun ein kleiner Rosaschimmer auf Amerikas Wangen? Irgendwie niedlich… „Mhm…“ Er nuschelte etwas Unverständliches vor sich hin und befreite sich aus meiner Umarmung. „Was soll ich denn jetzt machen?“, fragte er und sah mich schon fast Hilfe suchend an. Er sah wirklich merkwürdig aus so mit übergroßen Klamotten an. Ich nahm ihm erst einmal die Brille ab. „Besser so?“ Angesprochener blinzelte verwundert, anscheinend brauchte er sie nun nicht mehr, immerhin… als Kind hatte er immer noch gut ohne sie sehen können. „Und bezüglich deines anderen Problems…“, begann ich und schnappte ihn einfach, trug den zappelnden und schreienden Jungen in mein altes Zimmer, was nun nur noch eine Rumpelkammer war…
 

~
 

„So, fertig!“

„England, das ist voll peinlich!“

„Na und? Das passt doch wie angegossen!“

„Ich will meine Fliegerjacke wieder!“

„Vergiss es… du musst noch wachsen, Kleiner.“

„Nenn mich nicht immer ‚Kleiner‘! Ich bin erwachsen!“
 

Dort stand er nun vor meinem Spiegel und betrachtete sich. Ein Glück, dass ich seine Kleidung aus Kindertagen noch aufbewahrt hatte. Sie kamen mir da gerade gelegen, auch wenn Amerika damit nicht ganz einverstanden war. Vielleicht sollte ich demnächst mit ihm einkaufen gehen, wenn er sich weiterhin so beschwerte. Obwohl ich ihn so eigentlich ganz niedlich fand, irgendwie war es wie damals… Moment! Sollte ich etwa in frühere Gewohnheiten zurückfallen? Nie. Im. Leben. Der Kleine da war immer noch das freche, nervige Amerika, nur in einem Kinderkörper. Als ob mich das etwas kümmern würde…
 

„Nun hör mir mal gut zu: du bist jetzt ein Kind…“

„Gar nicht!“

„Aber du siehst aus wie eines. Deshalb hast du mir gar nichts mehr zu sagen…“, meinte ich mit einem überlegenem Grinsen auf den Lippen. Mann, das fühlte sich doch mal richtig gut an. Endlich hatte ich ihn mal zum Schweigen gebracht. Wahrscheinlich überlegte er auch nur, was er darauf erwidern sollte, denn im nächsten Augenblick zog sich wieder ein Lächeln auf seine Lippen.

„Gut, dann wohne ich jetzt hier“, meinte er.

„Bitte?“

„Du hast es doch selbst gesagt: du bist erwachsen und ich ein Kind. Also hast du die Verantwortung für mich und musst auf mich aufpassen, bis ich wieder groß bin!“
 

Perplex starrte ich ihn an. Wie hatte der denn so schnell ein paar vernünftige Sätze zustande bekommen? Vor allem hatte er auch noch Recht! Und ich hasste es, wenn er Recht hatte. Also musste er wohl oder übel bei mir wohnen… allerdings mit dem ein oder anderen Problem…
 

„Du bekommst ja nicht immer die Gelegenheit mit dem großen Hero zusammen zu wohnen!“
 

Ich nehme alles zurück… der braucht wirklich eine Rundumerziehung. Und die wird er nun bekommen. Vielleicht war es doch ganz gut, dass Amerika wieder zu einem Kind geworden ist… denn im Kindesalter ist man ja am lernfähigsten…
 

„Hmpf, du bist nicht mal halb so groß wie ich.“

„Dann bin ich eben dein kleiner Hero!“

Erste Begegnung (Russland)

Erste Begegnung (Russland)
 

„England, ich habe Hunger!“
 

Kaum bin ich mal fünf Minuten weg, hat er schon meinen Kühlschrank in Augenschein genommen und ihn eingehend inspiziert. Doch anscheinend schien er nicht das geeignete gefunden zu haben, denn sonst würde er nicht am Küchentisch sitzen und rumjammern, dass sein Magen doch so knurrte, dass er seit ein paar Stunden keinen Burger mehr gegessen hatte und er jetzt unbedingt einen brauchte. Am besten jetzt sofort. Vielleicht tat ihm so ein Entzug ganz gut, immerhin wusste sogar ich, dass Fast Food nicht besonders gut für den Körper war… es sei denn man stand nicht mit den Kalorien auf Kriegsfuß…
 

„Gut, dann koche ich dir etwas, einverstanden?“

„Ich will aber Burger!“, kam es protestierend von ihm, doch diesmal gab ich nicht so schnell nach, immerhin war ich jetzt für ihn verantwortlich, hatte er es doch selbst gesagt. Oh, wie sehr er diese Worte bereuen wird… „Hör mal, du wohnst jetzt bei MIR, also wird auch gegessen, was auf MEINEN Tisch kommt. Damit musst du dich jetzt wohl oder übel abfinden, auch wenn es dir nicht passt, ja?“ Damit hatte er wohl nicht gerechnet, er sah mich erstaunt an. Vielleicht hatte ich ihn auch etwas zu heftig angefahren, weil es immer noch weh tat, dass er mein Essen, das ich ihm als Kind vorgesetzt hatte, immer mit einem fröhlichen Lächeln gegessen hatte… und dieses Lächeln letztendlich nur eine Fassade war, um mich zu täuschen… Aber jetzt gab er endlich Ruhe und ich entschloss mich Fish & Chips für ihn zu machen. Immerhin war Fisch ja gesund…
 

„England, was ist das?“ Ich musterte ihn, wie er in seinem Essen stocherte und ziemlich skeptisch wirkte. „Das ist Salat… das grüne Zeug, das du immer auf deine Burger packst“, antwortete ich und setzte mich zu ihm. Noch einmal ein Blick zu mir, ehe er zu meinem Erstaunen doch tatsächlich davon kostete. Er schloss seine Augen und schien abzuwägen, was er nun von diesem merkwürdig grünen Zeug halten sollte. „Mhm… kann man wohl essen…“, meinte er schließlich. Das war ein gutes Zeichen, denn immer, wenn er das sagte, mochte er es. Und dann noch Salat. Na ja… vielleicht war er ja doch noch erziehungsfähig… immerhin ließ er sich mein selbst gekochtes Essen schmecken.
 

~
 

„Und was machen wir jetzt, England?“

„Wie wärs mit Spielen?“

„Was denn?“

„Schlag was vor!“

„Okay, ich wüsste da etwas.“
 

Nun standen wir in meinem Garten, ich mit einem Baseball in der Hand und er mit einem Handschuh bewaffnet. Eigentlich hätte ich mir das ja denken können. Baseball… hier kennt man diesen Sport doch kaum… warum konnten wir nicht einfach Fußball spielen? Dann hätte ich ihm wenigstens etwas beibringen können. Immerhin habe ich doch Talent darin! Aber nein, ich musste es ja unbedingt ihm überlassen.
 

„Los, England, wirf so weit du kannst! Ich will eine Herausforderung!“
 

Na schön, wie er wollte. Ich holte aus und warf den Ball mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte und tatsächlich: der Ball flog hoch und weit! Und zwar in ein kleines Wäldchen… das hatte ich zwar nicht geplant und ich wollte schon losgehen und ihn aufholen, doch Amerika war schon losgeprescht, um ihn aufzufangen. Was für ein kleines Energiebündel… war er früher als Kind auch schon so? Eher nicht… oder doch? Na ja… da war er noch lieb zu mir…
 

Plötzlich schrecke mich etwas bzw. jemand aus meinen Gedanken: Amerika war so schnell wieder da und umarmte mich, das ich vor Schreck zusammenzuckte. Er drückte sich an mich und er… zitterte. Hatte ihn etwas erschreckt? Die Antwort kam prompt.

„Kolkolkolkol…“

Das Lachen und die Silhouette Ivans kam aus dem Wald zum Vorschein. Auch das noch! Was hatte der denn hier zu suchen? Kurzerhand nahm ich den Kleinen auf den Arm.

„Ivan, was machst du hier?“, fragte ich und wunderte mich gleichzeitig, warum ich ihm gegenüber so ruhig war. Ja, ich gebs zu, auch ich habe Angst vor ihm… Aber wenn ich ihm auf unseren Treffen begegne, schwindet sie… weil Amerika da ist… er gibt mir immer eine gewisse Sicherheit. Aber war ich allein auf mich gestellt. Der Russe lächelte mich fröhlich an. „Ich gehe meine Grenzen ab…“, antwortete er, woraufhin ich die Stirn kraus zog, „Wenn du eins mit mir geworden bist, Arthur… dann reichen meine Grenzen bis hier.“ Seine violetten Augen ruhten auf mir, glitten dann aber neugierig zu dem Kleinen in meinen Armen. „Oh, wer ist denn das? Etwa ein neues Land?“, fragte er etwas erstaunt und machte einen Schritt auf mich zu, „Gib es mir, ich werde mich gut um ihn kümmern…“ Pff, von wegen. Ich mochte mir nicht ausmalen, was er und seine eifersüchtige Schwester mit dem Kleinen anstellen würden. Allerdings fiel mir in diesem Moment auch ein kleiner Stein vom Herzen. Wenn Ivan wüsste, dass das Kind in meinen Armen Amerika war, hätte er sicherlich einen großen Vorteil und ich wollte auch nicht wissen, was für Maßnahmen er dann ergreifen würde… Ich drückte den kleinen, zitternden Körper an mich.

„Nimm deine Finger von ihm. Das ist MEIN kleiner Bruder und ich kümmere mich schon um ihn!“, fuhr ich ihn an, doch er lächelte immer noch. „Ach ja? Ich dachte du hast keine Geschwister… es ist nicht nett andere anzulügen, Arthur, da?“, meinte er lachend. Verdammt! Ich war im Lügen noch nie gut gewesen. Doch da kam mir die rettende Idee. „Du kennst mich eben zu wenig. Ich HABE Geschwister, nämlich Schottland, Nordirland und Wales. Und der kleine Wales wollte mich einfach mal besuchen kommen“, konterte ich und Ivan musterte den Kleinen skeptisch. Immerhin hatte ich vorgesorgt und Amerika trug typisch englische Kleidung. Ich strich ihm nun beruhigend durchs Haar und tatsächlich glaubte ich, dass sein Zittern etwas nachließ. Dafür krallte er sich umso mehr in meine Kleidung. Ivan sah uns eine Weile schweigend an. „Liebst du ihn?“, fragte er mich plötzlich. In diesem Moment machte es in meinem Kopf ‚klick‘ und ich funkelte mein Gegenüber wütend an. „Das fragst gerade du? Du weißt doch nicht einmal, was Liebe bedeutet! Aber zu deiner Information: ja, ich liebe meinen kleinen Bruder sehr, ich bin jeden Tag, den er an meiner Seite verweilt, glücklich! Ich werde ihn beschützen mit allem, was ich habe, bis er auf eigenen Beinen steht. Und wenn er Sorgen hat, kann er jederzeit zu mir kommen, ich werde ihn trösten, ihn unterstützen, für ihn da sein! Anders als du, der seinen Kindern eine grausame Kindheit voller Leid und Not beschert!“

Stille.

Ich weiß auch nicht, was mich da gerade geritten hat, vielleicht war es der fürsogliche, große Bruder von damals, der mir aus der Seele gesprochen hatte. Mit einschlagender Wirkung: Amerika und Ivan starrten mich beide mit großen Augen an. Letzterer wirkte zu meinem Erstaunen vielleicht ein wenig verletzt. „Tse, du hast doch keine Ahnung, kleiner Arthur… pass bloß auf, dass sich dein kleines Wales nicht nach Sibirien verirrt, da?“ Und mit diesen Worten ging er an mir vorbei, nicht ohne ein leises „Kolkolkol“ in mein Ohr zu hauchen, was mich kurz erschaudern ließ. Ich sah ihm nach, bis er wieder im Wald verschwunden war, ehe ich den Kleinen wieder absetzte.

„England, du…“, begann er leise, doch ich drehte ihm den Rücken zu. Mir klangen noch meine eigenen Worte in den Ohren und ich spürte wie mir das Blut in den Kopf schoss. Was hatte ich da nur gesagt? Was würde er denn jetzt denken? „Ich… ich hatte gerade wirklich Angst“, sagte ich leise, „Dass Ivan dir etwas antut, so wie er dich angesehen hat. Ich konnte nicht anders, wirklich...“ Ich konnte ihn nicht ansehen, es war so… so peinlich. Vor allem, weil ich in ihm nicht mehr das starke, selbstbewusste Amerika sah, sondern den kleinen, süßen, hilflosen Alfred. Und dann noch die Tatsache, dass er bei mir Hilfe gesucht, sich an mich gekuschelt hatte.
 

„Komm, lass uns nach Hause gehen…“ Ich reichte ihm die Hand und er lächelte kurz und nahm sie ohne zu zögern.
 

~
 

Endlich… ich war noch nie so froh in meinem Bett zu liegen wie heute… Was für ein Tag… so etwas möchte ich nicht noch einmal erleben. Ich bin innerlich mindestens dreimal gestorben, als Ivan vor mir stand und doch… konnte ich mich gegen ihn behaupten, was ich nie von mir gedacht hatte. Vielleicht war die Angst um Alfred so groß, dass meine eigene Angst in den Hintergrund gerückt ist. Ja, ich konnte es einfach nicht leugnen, er war immer noch mein kleiner Bruder, den ich so liebte, den ich immer beschützen wollte… vielleicht war dieses Gefühl einfach so stark, dass ich nicht anders konnte. Dass ich immer wieder so reagieren würde…
 

„Eng… Arthur?“
 

Ich blinzelte. So hatte er mich ewig nicht mehr genannt. Da stand er, in der Tür, ein Kissen umklammert und sah mich aus seinen blauen Augen unsicher an. „D-darf ich bei dir schlafen? Ich… kann nicht einschlafen…“, begann er leise und ich merkte sofort wie unangenehm es ihm war. „Na klar, komm her!“, antwortete ich und hob die Bettdecke an. Alfred folgte der Einladung sofort und kroch zu mir ins Bett. „Besser?“, fragte ich ihn, worauf er kurz nickte und seine Augen schloss. „Schlaf schön“, sagte ich dann und kuschelte mich in die Decke, um mir nun den wohlverdienten Schlaf zu holen. Eine Weile war es ganz still im Zimmer.
 

„Arthur?“

„Ja?“

„War das… vorhin wirklich ernst gemeint? Hast du mich lieb?“

Eine berechtigte Frage… immerhin hatte ich ja auch teilweise gelogen, um ihn zu schützen…

„… ja. Das war die Wahrheit. Aber frag mich nicht warum. Ich verstehe mich selbst nicht mehr…“

„Danke, Arthur. Ich hatte wirklich große Angst…“

Endlich… endlich waren wir mal wieder ehrlich zueinander.

„Na komm her, kuscheln wir ein wenig, ja?“

Ich brauchte das jetzt einfach. Und tatsächlich rückte er zu mir und schmiegte seinen kleinen, warmen Körper an meinen, woraufhin ich ihn in die Arme schloss.

„Ich… hab dich auch lieb, Arthur.“

Erste Begegnung (Frankreich)

Dieses Kapitel ist eine kleine Hommage an die Fußball-WM, ein kleiner Beitrag muss sein, habe mich vom Fußballfieber anstecken lassen XD

Hoffe, es gefällt euch trotzdem.

LG, Drachenengelchen
 

Erste Begegnung (Frankreich)
 

Ich glaube mich tritt ein Pferd. Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, als ich am nächsten Morgen erwachte. Was hatte mich denn nur geritten, dass ich vor Amerika so etwas in den Mund nahm? Wie peinlich… Am liebsten wollte ich hier und jetzt im Boden versinken… Doch dann hielt ich in meinem Gedankengang inne, als ich den Kleinen erblickte. Er hatte sich an mich gekuschelt und hielt mich fest. Ich lauschte seinen leisen, regelmäßigen Atemzügen. Verdammt, warum sah er immer so unschuldig und lieb aus, wenn er schlief? Dann konnte ich einfach nicht anders als ihm sanft durchs Haar zu streichen, ihn mit liebevollen Blicken zu betrachten, aber auch mit einem gewissen Stolz. Woher letzterer kam, fragt mich nicht, es war einfach so.
 

„Mhnh… England?“
 

Ah! Bitte nicht, ich war schon wieder ins Träumen und vielleicht sogar etwas ins Schwärmen geraten. Zwar nur gedanklich, aber nun hatte ich mich dabei kalt erwischt! Vor allem, weil Amerika nun aufgewacht war und mich fragend und mit Schlafzimmerblick musterte.
 

„Was ist?“

„Hast du Drogen genommen? Du grinst so dämlich! Und warum wirst du so rot?“
 

Grr, solche Fragen konnte auch nur er stellen… dieser Idiot! „Ich geb dir gleich Drogen!“, fuhr ich ihn an und schon war er auf den Beinen, jagte durch das Zimmer auf den Weg zum Bad, ich ihm auf den Fersen, doch ich erwischte ihn nicht, denn er hatte schon die Badezimmertür versperrt. „Yeah! 1:0 für den Hero!“, freute er sich. Hmm… das ließ mich nun doch grinsen. Wenn er nachher ein 1:0 haben wollte, sollte er auch eins kriegen. Also verschwand ich in die Küche, um Frühstück für uns beide herzurichten.
 

~
 

„England?“

„Hm?“

„Spielst du mit mir?“
 

Ich sah von meiner Teetasse auf und musterte ihn. Er sah mich mit himmelblauen Augenaufschlag an, wie es nur Kinder konnten, er wusste genau, dass ich ihm keine Bitte abschlagen konnte, wenn er mich so ansah…
 

„Nun gut, aber diesmal bestimme ich, was wir spielen…“
 

~
 

„England, das ist doof!“
 

Ich musste schmunzeln, denn ich wusste, dass er Fußball nicht so gerne mochte wie ich. Ich hatte in meinem Garten ein Tor aufgebaut und da er unbedingt Torwart sein wollte, hatte ich ihm diesen Wunsch gewährt. Eigentlich hätte ich gedacht, dass er im Fangen gut war, allerdings rollte der Ball, den ich nicht besonders sanft gekickt hatte, über die Linie. Inzwischen stand es 5:0 für mich im Elfmeterschießen. Tja, ich hatte so wie er auch einen Dickkopf. Immerhin wohnte er ja bei mir und er musste lernen sich anzupassen, da er ja schon selten genug in Europa war. Immerhin war er ja in dieser Kindergestalt wirklich noch lernfähig. Ich meine Fußball ist ein Weltsport und sehr beliebt, nicht nur in Europa!
 

„Du musst den Ball stärker kicken… und nicht immer in meine Richtung, sondern ins Tor, verstehst du?“, versuchte ich zu erklären, doch er zog nur einen Schmollmund und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich nahm den Ball und legte ihn wieder auf den Elfmeterpunkt. „Schau mal, so!“ Ich ging ein paar Schritte rückwärts, nahm Anlauf und kickte den Ball in Richtung Tor, doch bevor ich mich lachend zu Amerika drehen konnte, hatte jemand einen Hechtsprung gemacht und so mein Tor verhindert.
 

„Oh non, was für ein schwacher Schuss, mon ami!“
 

Warum legte er immer so einen Auftritt hin wie in diesen Hollywood-Filmen? Im Wind wallendes, blondes Haar, blaue Augen, ein freches Lächeln auf den Lippen… fehlte nur noch ein bisschen mehr Glitzer-Glitzer und es war perfekt. Francis. Der hatte mir gerade noch gefehlt. Mit seinem Look-at-me-I’m-so-pretty-Image… mir wurde fast schlecht. Und er stand nun vor uns, hielt den Ball in den Händen.
 

„Bonjour, Arthur!“, grüßte er mich fröhlich lächelnd, während ich innerlich brodelte. Ich stritt ja häufig mit ihm, keine Frage, aber in Sachen Fußball verstand ich da keinen Spaß. Und ich glaube das wusste er auch. „Versuchst du mal wieder kläglich einem Kind das Fußballspielen beizubringen? Wie amüsant!“, lachte er, doch dann wanderte sein Blick zu Alfred, sein Lachen erstarb, seine Augen weiteten sich.
 

„MON DIEU, ARTHUR!!! WAS `AST DU NUR GETAN????“
 

Ich verdrehte die Augen.
 

„Klären wir das später, Francis!“

„Non, non, non, non! Arthur, das ist unverantwortlich!”

„Ich passe auf ihn auf, bis er wieder normal ist!“

„Bei dir ist `opfen und Malz verloren!“

„BITTE???“
 

„Isch zeigs dir, Cherie!“ Er ließ den Ball fallen und lief los, spielte ihn geschickt vorwärts. Immerhin war er ziemlich berühmt für sein Talent, aber ich war genau so gut, dem würde ich schon Paroli bieten. Es würde ihm noch Leid tun mich herausgefordert zu haben. Also jagte ich ihm hinterher, wollte mit allen Mitteln verhindern, dass er mich blamierte und ein Tor schoss…
 

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Ich wusste ja schon immer, dass England und Frankreich so wie Feuer und Wasser waren. Grundverschieden und sie konnten nicht zusammen leben, ohne jedes Mal zu streiten. Ich war es gewohnt, in jedem Treffen gerieten die beiden aneinander, immer wieder. Manchmal waren es auch nur Kinkerlitzchen… Aber jetzt… irgendetwas war anders an ihnen. Als hätte man ihren Stolz verletzt. Vor allem den von England… das war unglaublich…
 

Ich konnte nur fasziniert verfolgen, wie die beiden über den Rasen jagten, den Ball führten, versuchten sich ihn gegenseitig abzuluchsen, um dann wieder in Richtung Tor zu jagen. Ich sah England zum ersten Mal so. Er war so anders, er steckte seine Kraft, seine Konzentration, seine Leidenschaft in dieses Spiel. Ich starrte ihn wie hypnotisiert an, als ein kurzer Seitenblick zu mir wanderte und ich wusste: er tat das für mich. Er wollte mir jetzt nichts mehr beibringen. Warum er das tat, wusste mit Sicherheit nicht einmal er, ich auch nicht, ich würde ihn auch nicht danach fragen. Stumm sah ich zu, wie Arthur nun in Richtung Tor lief, den Ball zwischen seinen Beinen hin und her balancierte, den Blick auf das Ziel gerichtet, fest entschlossen dieses Spiel, nein, diesen Kampf zu beenden.
 

„DAMN!“
 

Innerhalb von Sekunden hatte Francis in einem unaufmerksamen Moment den Ball weggekickt und Arthur stolperte, fiel hin, richtete sich sofort wieder auf, das Gesicht schmerzverzerrt. Doch das Spiel ging weiter, Francis steuerte nun seinerseits auf das Tor zu, aber mein Blick blieb auf Arthur hängen. Er sah dem Franzosen hinterher und lächelte. In diesem Moment durchzuckte es mich wie ein Blitz.
 

~Ich wusste es… ich wusste es…~
 

Nein… dieser Blick… die Tränen in seinen Augen…
 

„TOR!“
 

„NEIN!“
 

Einen Moment blieb die Zeit stehen…
 

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Ich hatte die Augen zugekniffen, als ich den Schrei hörte, ich wusste, dass dieser Kampf verloren war und ich war diesmal der Verlierer, das war doch klar. Mein rechter Unterschenkel schmerzte heftig, ich konnte nicht mehr aufstehen, Francis hatte freie Bahn… wieso jubelte er nicht? Wieso lachte dieser Idiot denn nicht? Mich hatte nun doch die Neugier gepackt und ich öffnete langsam meine Augen, gleichzeitig fiel mir die Kinnlade runter:
 

Francis stand wie paralysiert vor dem Tor und Amerika lag im Dreck, den Ball fest in den Händen… Er war instinktiv auf das Feld gerannt und hatte ihn gefangen. Unglaublich… wie hatte er das nur auf einmal zustande gebracht?
 

„Unentschieden, Francis…“, meinte er lächelnd, den Ball fest umklammernd. Ich wusste nicht warum, aber ich war ihm in diesem Moment wirklich dankbar, dass ich Tränen unterdrücken musste.
 

„Anscheinend… konnte er dir doch noch etwas beibringen…“, meinte Francis schließlich und lächelte wieder, ehe er dann kehrt machte und zu mir kam, um mir aufzuhelfen. Ich konnte nicht richtig stehen, er musste mich bis in mein Wohnzimmer stützen, bis ich mich endlich in meinen Lieblingssessel sinken lassen konnte. „Je suis desolé…“, meinte er schließlich leise, doch ich winkte ab. So war das nun einmal beim Fußball, dieses Risiko musste man auf sich nehmen.
 

„Lass uns morgen reden… bitte…“, sagte ich leise, denn heute hatte ich wirklich keine Lust auf Erklärungen. Und Francis nickte, er schien verstanden zu haben. „Nun… bien… reden wir morgen…“ Ich sah ihm an, dass das nicht besonders leicht für ihn war, denn immerhin hatte er sicherlich massig Fragen bezüglich meiner Situation… Doch er nahm es hin und verließ mein Haus. Daraufhin atmete ich tief durch, ehe ich fragend blinzelte, als Amerika vor mir stand, eine Tasse in den Händen. „Ich habe Tee für dich!“, sagte er und ich nahm sie entgegen. Ein kurzer Schluck, ich war beeindruckt: mein Lieblingstee: Schwarz – English Breakfast Broken, mit etwas Zucker – köstlich. Der Kleine überraschte mich immer wieder. Gerade, als ich mich bedanken wollte, war er schon wieder verschwunden und kehrte mit einem in ein Tuch gewickeltes Kühlpack zurück, welches er vorsichtig auf mein schmerzendes Bein legte. Was für eine Wohltat!
 

„Danke… Alfred…“

„Ruh dich aus… heute werde ich mich um dich kümmern, ja?“

„Ist schon gut… ach… Alfred?“

„Ja?“

„Danke.“

„Das sagtest du bereits.“

„Nicht für den Tee oder das Kühlpack.“

„Was denn?“
 

Ich antwortete nicht, lächelte ihn nur dankbar an…

Bruderliebe?

~
 

„Arthur… Arthur… wach auf!“
 

Eine sanfte Stimme war da, ganz nahe an meinem Ohr. Ein Schauer kroch meinen Rücken hinunter, ich habe es noch nie gemocht, wenn mir jemand so ins Ohr haucht. Ich blinzelte und sah in die unschuldigen blauen Augen des kleinen Alfred… Er lächelte, aber irgendetwas gefiel mir an ihm nicht, obwohl er so wie immer wirkte.
 

„Spielst du mit mir?“
 

Das war mittlerweile wohl sein Standardspruch geworden, seit ich ihn in ein Kind verwandelt hatte. Na ja, aber auch als Erwachsener war er noch ein großes Kind, zumindest in manchen Dingen. Ich frage mich wirklich, ob ich ihm das noch austreiben kann…
 

„Was möchtest du denn spielen?“
 

Er lächelte mich nur an, erntete darauf einen skeptischen Blick meinerseits, wobei sein Lächeln nur noch breiter wurde. Nein. Ich korrigiere: er grinste mich an. Das verhieß bei ihm nichts Gutes. Mir wurde nun nur noch unwohler bei der ganzen Sache. Was heckte der Kleine nun wieder aus?
 

„Pizza backen!“

„Das ist doch kein Spiel!“

„Doch, ist es wohl! Dreh dich mal auf den Bauch!“
 

Ich gehorchte, jedoch behielt ich ihn weiterhin im Auge, man konnte ja nie wissen.

„Also, ich backe jetzt eine Pizza. Jetzt knete ich den Teig durch…“, sagte er und begann mit einer Massage. Hm, dieses Spiel gefiel mir, ich war immer schon etwas verspannt, es war wirklich eine Wohltat für mich und ich schloss meine Augen.
 

„Jetzt wird der Teig ausgerollt… und verteilt…“
 

Hmmm… es war einfach wunderbar wie er so über meinen Rücken fuhr, er könnte noch weiter fortfahren…
 

„Und jetzt kommt die Soße!“
 

Er fuhr mit der flachen Hand über meinen Rücken, verteilte die imaginäre Soße überall auf meinem Rücken, sogar bis zu den Hüften, er strich hauchzart über meine Seiten und ich erschauderte erneut. Was zur Hölle tat er da auf einmal? Und warum hatte er auf einmal so große Hände? Hatte er die schon immer?
 

„Magst du Pizza Magharita, Arthur?“, hauchte er in mein Ohr, doch ich konnte ihm nicht antworten, denn ich spürte im selben Moment wie mir das Blut in den Kopf schoss… „Du willst noch mehr Soße? Die kannst du haben…“ Und wieder fuhr er über meinen Rücken, über meine Seiten… wieder diese wohlig warmen Schauer, die meinen Körper erzittern ließen. „Warte… es fehlt noch der Käse!“ Er tippelte mit seinen Fingern über meinen Rücken und ich atmete innerlich auf. Jetzt war er endlich fertig mit dieser dummen Pizza und ich konnte noch ein wenig dösen. „Jetzt muss die Pizza in den Ofen… sie soll schön heiß werden~!“ Wie bitte? Er grinste mich Unheil verkündend an. Nein, er war doch nur ein Kind, er konnte doch nicht… Und ob er konnte. Ehe ich mich versah, hatte er mich mit unglaublicher Kraft auf den Rücken gedreht und er streichelte sanft meinen Bauch, während er mit der anderen Hand meine beiden Arme festhielt... Nein, er war kein Kind mehr… er hatte sich wieder zum Erwachsenen gewandelt, seine blauen Augen musterten mich interessiert, sie stachen jetzt besonders heraus, da er keine Brille trug. „Alfred, hör auf damit!!!“, fuhr ich ihn an, doch er griff als Antwort frech in meinen Schritt und meine Forderung ging in einem Stöhnen unter. Ich wollte mich ihm doch nicht unterwerfen, ich war hier der Ältere, der Erwachsenere! Doch sein Griff war eisern und ich konnte mich nicht befreien, verdammt! Seine Hand schlüpfte in meine Hose und grinsend betrachtete er mich, während ich mich unter ihm räkelte.
 

„Das gefällt dir, was, Arthur?“, hauchte er mit seiner erwachsenen Stimme in mein Ohr, „Was für ein perverser, notgeiler großer Bruder du doch bist~“
 

~
 

„WAAAAAH!“

„Huh? Was ist denn los, England? Hattest du einen Albtraum?“
 

Ich musste wohl eingeschlafen sein. Man hatte mich zugedeckt, an meiner Seite kauerte Alfred und sah mich besorgt an. Was für ein Traum! Ich konnte es immer noch nicht fassen. Wieso träumte ich nur so einen Mist? Das war doch nicht normal!
 

„Nhn… ja… ich habe schlecht geträumt… geht schon wieder…“

„Mach dir keine Sorgen mehr! Ich bin doch dein Held und beschütze dich!“
 

Eigentlich hätte ich bei diesem Satz aufschnauben sollen. Er und mich beschützen? Tse… er hatte es doch nie getan, auch, wenn er es mir immer wieder oft genug als Kind versichert hatte: „Mach dir keine Sorgen, Arthur! Ich passe auf mich auf und wenn du wieder zurück kommst, dann bin ich groß und stark, dann werde ich dich beschützen!“ Das waren o-Ton seine Worte. Aber hatte er mich jemals beschützt, wie er es versprochen hatte? Natürlich nicht. Warum auch?

Aber dennoch konnte ich nicht anders als sanft lächelnd durch sein Haar zu streichen wie jedes andere Mal auch… irgendwie berührten mich diese einfachen Worte ja doch schon…

Doch mein Gedankengang wurde von einem leisen Brummeln unterbrochen, Alfreds Magen knurrte und er sah mich mit großen Augen an. Das war ihm doch ein wenig peinlich, was ich an dem leichten Rotschimmer auf seinen Wangen erkannte.
 

„Ich habe Hunger, Arthur.“

„Ich hab nichts mehr… du musst dann schon einkaufen gehen, aber mir kommen keine Burger auf den Tisch!“

„Och Mann… hmm… wie wärs mit einer Pizza zu Selbstbelegen?“

„NEIN!“
 

~
 

„Und jetzt wohnt er wieder bei dir?“

Ich hatte mich nun doch dazu durchgerungen Francis anzurufen, um ihm meine jetzige Situation zu schildern. Auch wenn wir uns nicht mochten, muss ich doch zugeben, dass er ein guter Zuhörer ist, er ließ mich ausreden und hatte das ein oder andere Mal einen guten Rat für mich, wenn es um die Lösung von Problemen ging. Wir saßen nun alleine in meinem Wohnzimmer, Alfred war einkaufen gegangen, nachdem wir uns nach langem Hin und Her auf Kartoffelecken geeinigt hatten.

„Was `ast du nur getan, Arthur?“ Ich bin mir sicher, dass er mir die haarsträubende Geschichte von meinem ausgesprochenen „Fluch“ nicht abnahm. Er sah mich lange nachdenklich an. Warum sagte er nichts? Ich hasste diese angespannte Stille!
 

„Liebst du ihn?“

„Was?“

Nun war es an mir ihn anzustarren. Warum diese Frage? War ja irgendwie klar, dass er so etwas fragen würde.
 

„Arthur, beantworte meine Frage: liebst du ihn?“

„Ist das nicht offensichtlich?“

„Umgeh nicht meine Frage, England!“

„Stell du nicht so intime Fragen, Frankreich!“

„Sag einfach die Wahrheit! Oui ou non, das ist doch nicht schwer!“

„Nein!“

„Also nein?“

„Nein, ich will nicht antworten!“

„Mon Dieu, Arthur, sei doch endlisch mal ehrlisch su dir selbst!“
 

Diese Worte trafen mich hart. Ich wusste, dass ich manche Dinge niemals anderen gegenüber zugeben würde, aber… mir selbst gegenüber konnte ich diese Frage doch beantworten, oder? Was war daran denn so schwer? Ich sah Francis an, der mich skeptisch musterte als könnte er nicht verstehen, warum ich so lange zum Antworten brauchte.
 

„Arthur…“

„Ruhe, ich denke gerade nach!“

„Aber…“

„Nein, ich will das jetzt nicht hören!“

„Du verstehst das alles völlig falsch!“

„Häh?“
 

Francis seufzte, da ich immer noch nicht begriff, worauf er hinaus wollte.
 

„Liebst du Alfred als Bruder?“, fragte er mich nun.

„Natürlich! Ich wird immer mein kleiner Bruder sein!“, kam es von mir wie aus der Pistole geschossen, da brauchte ich gar nicht zu überlegen. Nun lächelte er mich zufrieden an und erhob sich.

„Dann brauchst du dir keine Sorgen machen, Arthur… bei dir ist er bestens aufgehoben!“

„Francis…“ Ich war wirklich erleichtert, dass gerade er das zu mir sagte, ich lächelte ihn nun wirklich dankbar an.
 

„Aber eins verstehe ich nicht, warum ´ast du für deine Antwort so lange gebraucht!“

„Idiot!“
 

Lachend verließ er das Wohnzimmer, ehe ich mit einem Schuh nach ihm werfen konnte, ich glaube sogar, dass ich ein bisschen rot geworden bin. Ich musste ihm, gerade ihm nicht unbedingt von meinem Traum erzählen, der mich immer noch sehr beschäftigte…

Blick in die Vergangenheit

Blick in die Vergangenheit
 

Ich frage mich wirklich, ob das alles ein Zufall war, dass Amerika sich wieder in ein kleines Kind verwandelt hatte… ich meine… mal abgesehen davon, dass er in dieser Zeit wieder bei mir wohnte, hatte sich doch nichts geändert. Wenn sich der Zauber oder Fluch sich wieder aufheben würde, dann würde er mich doch wieder alleine lassen. Es würde sich nichts, rein gar nichts an unserer „Beziehung“ ändern!
 

„Arthur?“
 

Ich sah auf. Gerade hatte ich mich so schön in mein Bett gekuschelt und hing meinen Gedanken nach, da stand der Kleine in der Tür, ein Kissen fest umklammert, den Blick gesenkt, als hätte er etwas Schlimmes angestellt.

„Kann ich… bei dir… schlafen?“, fragte er mich schließlich nach einigem Zögern und ich meinte einen kleinen Hauch Rosa auf seinen Wangen gesehen zu haben. Ich musste bei dem Anblick schmunzeln. „Hast du etwa eines meiner Bücher gelesen?“, fragte ich ihn, weil ich eine leise Ahnung hatte, so wie er zitterte. Er nickte nur kurz. Die Angst vor Geistern konnte ihm wohl niemand austreiben. „Na komm her…“ Ich hob meine Bettdecke an. Keine zwei Sekunden später war er an meiner Seite und hatte sich an mich gekuschelt. Das Zittern ließ etwas nach. „N-nicht e-einschlafen!“ Er wirkte wirklich etwas verängstigt.,. als ich nur einen kleinen Moment die Augen geschlossen hatte. „Schon gut. Ich warte bis du eingeschlafen bist, ja? Solange passe ich auf dich auf“, versicherte ich ihm und strich sanft durch sein Haar. Doch anscheinend war das nicht genug. Immer wieder blinzelte er, um sich zu vergewissern, dass ich auch wirklich noch nicht eingeschlafen war. Schließlich seufzte ich ergeben und begann leise ein Lied zu singen…
 

~You would not believe your eyes

If ten million fireflies

Lit up the world as I fell asleep

Cause they fill the open air

And leave teardrops everywhere

You think me rude, but I would just stand and stare
 

I'd like to make myself believe

That planet earth turns slowly

It's hard to say that I'd rather stay awake when I'm asleep

Cause everything is never as it seems~
 

Komisch, dass er nicht protestierte. Sonst sagte er doch immer zu mir, dass er kein kleines Kind mehr sei und ich das gefälligst sein lassen sollte. Verwundert sah ich zu ihm und stellte fest, dass er doch tatsächlich eingeschlafen war. Ich lauschte seinen regelmäßigen, leisen Atemzügen und betrachtete ihn. Er sah so unschuldig aus… nein, ich korrigiere, er war unschuldig. Nun ja… ich war nicht ganz unschuldig daran. Denn ich war schon das ein oder andere Mal in Erklärungsnot geraten, wenn Amerika Francis erzählte, dass er schon oft mit mir geschlafen hatte, vor allem als Kind, wo er doch eigentlich nur meinte, dass wir zusammen in einem Bett geschlafen hatten... Wisst ihr wie das ist? Ich hätte im Boden versinken können. Aber… vielleicht konnte ich das noch nachholen.
 

~Flashback~
 

„England~!!!!“
 

Genervt verdrehte ich die Augen, als ich seine Stimme hörte. Was wollte er denn jetzt noch bei mir? Er hatte sich von mir losgesagt, mich verraten, kaltblütig hintergangen und verletzt. Diese Wunden waren immer noch frisch, er sollte endlich verschwinden!

„Was ist?“, keifte ich ihn verärgert an. Oh ja, sollte er doch spüren, dass ich seine Anwesenheit nicht ausstehen konnte. Aber ihn scheint es ja nicht zu stören, natürlich nicht! Kein bisschen sensibel… nun gut, bringen wir es hinter uns…
 

„Francis hat mir gerade etwas gesagt, was ich nicht verstehe und ich wollte ihn nicht fragen…“

„Komm endlich zum Punkt, Amerika!“, brummte ich.

„Was sind erogene Zonen?“
 

Ich wäre fast von meinem Stuhl gefallen. Nein, das hatte er mich jetzt nicht wirklich gefragt. Und dazu kam, dass er, ein erwachsener Mann, mich mit seinen blauen Augen anstarrte wie ein neugieriges Kind, das mehr als bereit war etwas Neues, Wichtiges fürs Leben zu lernen. Ich konnte nicht anders als ihn ungläubig anzustarren.
 

„Worüber habt ihr euch denn unterhalten?“

„Über Sternzeichen!“

„Häh????“
 

„Na ja… er meinte ich wäre ja Jungfrau, dabei bin ich doch im Juli geboren und deshalb Krebs, stimmt doch, oder?“

Innerlich klatschte ich mir mit der Hand an die Stirn. Wie naiv. Mir kam nun gleich der Gedanke, dass er in diesem Punkt noch ein Kind war. Warum hatte ich ihn eigentlich nicht aufgeklärt? Ach ja, ich hatte mich einfach nicht getraut, da er bei meinen seltenen Besuchen noch so klein war und ich es immer wieder aufgeschoben habe. Und später, als er mir dann die Unabhängigkeit erklärt hatte und der Krieg verloren war, das habe ich es ihm überlassen sich selbst aufzuklären. Man sagt ja „Learning by Doing“, nicht wahr? Und jetzt stellte er mich vor unvollendete Tatsachen.

„Also, was sind erogene Zonen? Wo liegen Sie? Hast du welche? Und warum sind sie da?“

Er war schon immer so neugierig und ungeduldig, wollte immer alles sofort wissen und stellte mir meist nicht nur eine, sondern gleich einen ganzen Berg von Fragen, sodass ich gar nicht so schnell antworten konnte.

„Halt mal die Luft an, Idiot!“, fuhr ich ihn an und legte eine Hand auf seinen Mund, „Ich werds dir erklären.“ Oder zumindest versuchen, ich war nicht besonders gut in solchen Dingen, Francis konnte das mit Sicherheit viel besser… aber… nein, gut, dass Amerika mich gefragt hatte. Wer weiß, was dieser Weinfreak mit ihm gemacht hätte? Aber ich wollte ihm doch nicht jetzt die ganze Geschichte mit den Bienen und den Blumen auf die Nase binden. Also… wie sollte ich denn am besten anfangen? Hm… ganz schön schwierige Sache so etwas…

„Nun, das sind ganz bestimmte Bereiche am Körper, auf die du besonders empfindlich reagierst, wenn du dort berührt wirst…“ So, das klang doch ganz plausibel. Ich hatte wirklich zehn Minuten gebraucht, um diesen Satz zustande zu bringen.
 

„Hm… dann hab ich wohl keine…“

„Sei mal nicht so überzeugt davon, du musst dich nicht selbst berühren, sondern jemand anderes!“

„Dann mach doch!“

„Wieso ich?“

„Weil du gerade angefangen hast zu erklären und ich das jetzt wissen möchte!“

„Das geht nicht!“

„Warum nicht?

„Weil das jemand sein muss, dem du vertraust und den du gerne hast!“

„Na, los, mach schon, England!“
 

Entweder hatte er meinem kleinen Vortrag nicht zugehört, oder er bestätigte durch sein Schweigen, dass er mir doch noch ein wenig vertraute… beziehungsweise gern hatte. Ich glaube, als ich das realisierte, bin ich etwas rot geworden, zumindest habe ich mich von ihm abgewandt.
 

„Hast du welche, England?“

„Nein.“

„Warum nicht?“

„Weil ich als Kind nicht geliebt wurde… meine Kindheit war keine besonders schöne Bilderbuchgeschichte… wie auch immer… es heißt, wenn man in seiner Kindheit viel Liebe erfahren hat, hat man ganz sicher welche.“

„Also habe ich welche?“
 

Grr, Idiot! Warum fragte er das auch noch? Hatte ich ihn denn nicht lieb gehabt? Dachte er das wirklich von mir? Wie deprimierend… Wahrscheinlich hatte er es verdrängt, alles, was ich für ihn getan habe, ihm beigebracht habe… so hatte ich ihn nicht erzogen!
 

„Ich werde dir zeigen, dass du welche hast!“, knurrte ich ihn an und deutete auf mein Sofa. Es war etwas ganz besonderes, ich nannte es Kuschelsofa*, da das eine Ende etwas breiter war, sodass man bequem zu zweit dort sitzen und die Beine hochlegen konnte, ideal zum Kuscheln. Na ja, eigentlich hatte ich es dazu nie benutzt, aber es war ein schönes Plätzchen, um sich dort an Regentagen niederzulassen, ein gutes Buch und eine Tasse Tee und schon war der Tag gerettet. Amerika gehorchte sogar und ich musterte ihn nachdenklich.
 

„Zieh das aus!“

„Bitte?“

„Du sollst dein Oberteil ausziehen, verstanden? Ich guck dir schon nichts weg!“
 

Pff, jetzt zierte er sich noch, dabei hatten wir in seinen Kindertagen noch zusammen gebadet… Jedenfalls zog er nur widerwillig sein Hemd aus und starrte mich abwartend an.
 

„Und? Wo liegen meine erogenen Zonen?“

„Das ist unterschiedlich, ich werde einfach experimentieren. Und wehe du beschwerst dich!“
 

Ich setzte mich nun zu ihm und legte meine Hand in seinen Nacken, um ihn dort zu kraulen. Man konnte ja nie wissen, wo sich empfindliche Stellen befanden… Zu meinem Erstaunen sagte er nichts dazu, als ich den Blick hob, hatte er die Augen geschlossen, er war doch nicht eingeschlafen, oder? Ich hielt in meiner Berührung inne, da blinzelte er und starrte mich fragend an. Nun, empfindlich war er da ja schon, aber für eine erogene Zone reichte das wohl eher nicht. Aber ich würde das im Hinterkopf behalten, vielleicht konnte ich ihn ja so zum Schweigen bringen, wenn er mir auf die Nerven ging.

„Nhn… England…“ Ich blinzelte, als er zusammenzuckte. Ich war gerade dabei seine Wirbelsäule entlangzufahren, als er plötzlich im Bereich der Lendenwirbel auf etwas reagierte. „Was ist denn?“, fragte ich leise, „Soll ich das lassen?“ „Ich… ich weiß nicht…“ Es klang verwirrt, also setzte ich meine Berührungen fort, immer wieder zuckte er leicht zusammen und gab einen Laut von sich, der sich irgendwann in ein zufriedenes Seufzen wandelte. „Was ist das, England? Mir wird ganz warm…“, versuchte er das Gefühl zu beschreiben und ich lächelte. Volltreffer. „DAS ist eine erogene Zone…“ Ich wusste nicht warum, aber es gefiel mir, wie er es genoss sich von mir berühren zu lassen. Schließlich hatte er sich so nahe an mich gedrängt, dass ich eine ziemlich eindeutige Beule an meinem Oberschenkel spüren konnte. Doch ehe ich mich versah lag er plötzlich auf mir und hielt mich fest. Die blauen Augen waren glasig, als er sich immer weiter über mich beugte, er wollte doch nicht… er kam immer näher… bis er schließlich… in meine Unterlippe biss. „Autsch!“, fuhr ich ihn verärgert an. „Ist es das, was du wolltest, England?“, fragte er mich grinsend.

Das was zu viel. Nun war ich an der Reihe, ich hatte ihn geschnappt und so schnell es ging in mein Bad befördert. „Hey, was wird das?“, fragte er, als ich ihn in der Badewanne absetzte. „Dein Gemüt ist doch aufgeheizt, nicht wahr?“, fragte ich ihn, während ich mit einer Hand nach der Duschbrause angelte. Sein Blick wanderte nun in Richtung seines Schritts und er machte große Augen. „Aaah! Was ist das? Mach das weg!!!“ Ich grinste ihn frech an. „Wie du es wünschst…“ Ich drehte das Wasser an, es war eiskalt und ich hatte Mühe, das zappelnde Amerika festzuhalten. Schließlich drehte ich es zufrieden wieder aus. „Warum so böse? Ich habe dein Problem doch behoben…“, meinte ich unschuldig, „Oh, eines noch… wenn du nochmals solche Fragen hast, dann lies es dir entweder durch und geh gleich zu Francis, Idiot!“ Dann verließ ich ihn mit Wut im Bauch…
 

~Flashback Ende~
 

Ich glaube nicht, dass er versucht hat, solche Begriffe nachzuschlagen. Und Francis wollte ich dazu nicht fragen. Aber wenn er selbst schon meinte, dass das Aufklären meine Aufgabe sei, ja dann… dann musste ich das ja noch nachholen…
 

„Arthur?“

Ich blinzelte, der Kleine sah zerknirscht zu mir auf. „Oh, habe ich dich geweckt?“ Er schüttelte den Kopf und kuschelte sich an mich. Ja, ich sollte auch etwas ruhen, ich hatte mir schon so viele Gedanken gemacht, das war nicht immer gut für mich. Ich zog ihn zu mir und begann ihn sanft im Nacken zu kraulen. Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf die Lippen des Kleinen. „Niisan…“, murmelte er und ich machte große Augen. War ich wirklich… für ihn…? Mir kamen nun wirklich fast die Tränen. Wie lange hatte er mich nicht mehr so genannt? Und dieses Gefühl, das jetzt in mir aufkam… seit langem war ich wieder richtig glücklich, während ich den kleinen Alfred in meinen Armen hielt, ihn weiterhin kraulte, bis wir beide langsam ins Land der Träume glitten.
 

*Kuschelsofa: dieses Ding heißt wirklich so, es steht bei meinen Eltern zu Hause im Wohnzimmer und ist sehr gemütlich XD

4. Juli

4. Juli
 

Es war eine schöne Nacht gewesen, denn ich hatte endlich mal wieder durchschlafen können. Seit ich zu einem Kind geworden bin, hatte sich mein Schlaf-Wach-Rhythmus komplett verändert. Ich war abends früher müde, nahm um mich herum viel mehr Geräusche wahr, schreckte mitten in der Nacht aus meinen Träumen und konnte danach nicht mehr schlafen. Besonders jetzt hatte ich gedacht, dass ich diese Nacht kaum Schlaf finden würde. Immerhin war heute der schönste Tag in meinem Leben – mein Geburtstag. Als ich die Augen aufschlug, saß ich im nächsten Moment halb auf der Bettkante, mein Herz klopfte vor Aufregung. Ja, ich gebe es zu, ich fühlte momentan wirklich wie ein Kind… Aber seltsam… irgendetwas fehlte doch… ich ließ meinen Blick schweifen und dachte nach. Na klar, wie könnte ich das vergessen: mein Geburtstagsburger zum Frühstück! Und wenn ich ihn mir selber machen musste, der durfte auf keinen Fall fehlen!
 

Schnell war ich auf den Beinen, ab ins Bad, die morgendliche Katzenwäsche, ehe mich nachher eine ausgiebige Dusche erwartete. Und nun hieß es: ab in die Küche! Arthurs Küche war wie immer ordentlich, alles stand an seinem angestammten Platz und doch wirkte sie einladend sich hinzusetzen und sich sofort wohl zu fühlen. Aber heute war es irgendwie anders. Alles sah aus wie immer, doch irgendwie wirkte dieser Ort doch so kalt und leer. Stimmt, vorhin hatte ich alleine in seinem Bett gelegen… War er schon aufgestanden? Hatte er vielleicht eine kleine Überraschung für mich geplant?

Dann entdeckte ich etwas auf dem Küchentisch, welchem ich meine volle Aufmerksamkeit schenkte: ein selbstgebackener Schokoladenkuchen in der Mitte ein Stern aus weißer Schokolade, daneben mein Gesicht mit weißer Deko-Creme aufgemalt. Ich gewann mein strahlendes Lächeln zurück, ich liebte Schokoladenkuchen! Daneben lag ein Geschenk mit einer Geburtstagskarte. Ich erkannte diese Schrift sofort, sie kam von Arthur. Also hatte er doch dran gedacht! Wieso kam er denn jetzt nicht aus seinem Versteck, um mir zu gratulieren? Ich habe doch damit gerechnet, dass er mich überraschen wollte. Doch alles blieb still. Sonst verabschiedete er sich doch auf irgendeine Art und Weise, wenn er sein Haus verließ… Kein Zettel, keine Nachricht, er musste also zu Hause sein! Dann war es also für mich Zeit auszupacken! Ich zerriss vor Aufregung das Geschenkpapier, warf es beiseite und machte große Augen. Meine Fliegerjacke… zumindest sah sie meiner alten sehr ähnlich. Dieselbe Farbe, nur die 50 auf ihrer Rückseite fehlte. Stattdessen prangte auf der Brusttasche meine Flagge. Und sie passte mir wie angegossen! Nun hatte ich meine heldenhafte Erscheinung zurück erlangt, so konnte ich mich wieder unter die Menschen mischen. Immerhin repräsentierte ich einen Traum von Freiheit, einer besseren Zukunft. Ich war ihre Hoffnung… schade, dass ich diesen Tag nicht bei mir zu Hause feiern konnte. Dort tobte bestimmt schon die Party, nur ich fehlte… Plötzlich schreckte ich aus meinen Gedanken, als etwas zu Boden fiel. Ich bückte mich und hob eine Fliegerbrille auf, passend zu meiner Jacke. So eine hatte ich mir schon immer gewünscht. Nicht, dass ich kein Geld hatte, aber mein Boss brauchte es mehr als ich und es wäre doch egoistisch, wenn ich es für eine solche Kleinigkeit ausgegeben hätte. Nur… woher wusste Arthur davon? Ich hatte ihm gegenüber nie so etwas erwähnt… Nachdenklich griff ich nach der Geburtstagskarte, öffnete den Umschlag und begann zu lesen:
 

„Guten Morgen, kleiner Alfred.

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, ich hoffe meine Geschenke gefallen dir. Bitte entschuldige meine Abwesenheit, mein Chef hat mich zu sich gerufen, es ist wirklich sehr wichtig, dass ich zu ihm gehe. Ich kann dir leider nicht sagen, wie lange es dauert, aber ich werde versuchen so bald wie möglich wieder zurück zu sein, mach dir also keine Sorgen um mich.
 

Arthur“
 

Warum musste er ausgerechnet heute weggehen? Auch wenn ich nicht zu Hause war, ich brauchte jemanden, mit dem ich feiern konnte, selbst, wenn es nur Arthur war… Seit wann hatte ich eigentlich aufgehört ihn England zu nennen? War ich wirklich doch noch ein Kind? Diese ganze Situation schien mich verändert zu haben… ich machte Rückschritte, ich würde doch nicht… NEIN! Ich war nicht mehr dieser kleine Junge, der auf Hilfe angewiesen war: ich bin Amerika, eines der größten Länder der Welt! Und mit solch einer Situation würde ich doch spielend fertig werden! Arthur konnte ruhig noch länger fort bleiben, so konnte ich mich – sogar an meinem Geburtstag – als großartiger Held beweisen!
 

~
 

Was zu Hölle machte der mit Arthur?

Mittlerweile war es schon Spätnachmittag und er war immer noch nicht zurück! Er hatte doch versprochen, dass er so bald wie möglich wieder zurück kommen würde! Ich meine… solche Versammlungen konnten doch nicht ewig dauern, oder? Verdammt, wo blieb dieser Freak nur? Ich war so wütend, ich war kurz davor auf den Tisch zu schlagen, aber bevor ich das tun konnte, hörte ich ein Klirren, als würde etwas zerbrechen. Das Geräusch kam von oben… Moment, ich war doch alleine… Arthur hatte keine Haustiere, nur seine dämlichen Illusionen. Das konnte doch nur eines bedeuten!!! GEISTER!!!!!!!!

Erschrocken verkroch ich mich unter dem Tisch. Gegen diese unförmigen Wesen aus dem Jenseits konnte selbst ich nichts unternehmen! Wie konnte ich nur vergessen, dass England berühmt für diese Erscheinungen war? Und ich war ganz alleine mit diesen… diesen gruseligen Dingern… Oh nein! Sie konnten sicher meine Angst spüren und würden nun erst recht zu mir kommen! Was sollte ich nur tun? Zitternd klammerte ich mich an das Tischbein…

Moment mal! Es war hellichter Tag, das konnten keine Geister sein! Hmpf, wenn er wirklich glaubte mir solch einen Schrecken einzujagen, dann hatte er sich aber geschnitten! Ich kroch unter dem Tisch hervor, schnappte mir Arthurs Nudelholz und machte mich für einen Gegenangriff bereit. Diese unheimliche Überraschung würde ich ihm schön versalzen! Nicht, dass ich Angst gehabt habe… nein, ich war der Held und diesem Geist würde ich es zeigen! So leise wie es nur ging, verließ ich die Küche und schlich nach oben. Verdammt, dachte ich, jedes Mal, wenn eine Treppenstufe verdächtig knarrte. Doch das wurde auf ein plötzliches Aufheulen übertönt. Pff… versuchte er es doch wieder… und verriet sich damit. Klar, er war auf dem Boden! Der Ort, den ich nie betreten durfte… doch jetzt war es mir egal… ich wollte endlich diese Farce beenden. Leise stieg ich die Treppen hoch…
 

„Nein, nein!“
 

„Erwischt!“

Grinsend stand ich nun auf dem Boden und sah den „Geist“, der sich tatsächlich als Arthur herausstellte, triumphierend an. Er lag auf einem alten Bett, mir den Rücken zugedreht, ein Kissen umklammert.
 

„Verschwinde von hier, Amerika!“, fauchte er mich an, ohne mich anzusehen.

„Nein, du hast versprochen mit mir zu feiern!“
 

Habe ich mir das eingebildet oder hat er gerade aufgelacht.
 

„Als ob ich jemals mit dir deinen Geburtstag feiern würde! Eher würde ich mit Ivan feiern und Wodka trinken!“
 

Das… konnte nicht sein… wieso sagte er nur so etwas? Und warum taten seine Worte so weh? Warum war er so gemein zu mir?
 

„Nun geh… geh und iss deinen Kuchen! Ich komme nicht mit dir!“ Jetzt sah er mich richtig an und ich erschrak. Tränen kullerten über seine Wangen, seine Augen waren ganz gerötet. Er krallte sich richtig in das Kissen… und… ich konnte nur da stehen, es war wie ein Déjà-vu… als er nach meinem gewonnenen Krieg im Matsch hockte und bitterlich weinte… war die Zeit für ihn stehen geblieben? Trauerte er mir immer noch nach? Konnte er einfach nicht realisieren, dass er mich verloren hatte?
 

„Arthur…“
 

Jetzt wurde es mir klar. Er hatte sich damals so liebevoll um mich gekümmert. Er hatte mir immer wieder erzählt, dass ihn keiner so lieb hatte wie ich es tat. Dass ich der einzige war, der ihn so mochte, wie er war… und ich hatte ihn nach all den Jahren alleine gelassen… Was hatte ich nur getan? Ich wollte doch nicht, dass er weinte, nein, ich mochte es schon früher nicht, wenn er Tränen in den Augen hatte…

Und trotz allem hatte er mir einen Kuchen gebacken, mir ein tolles Geschenk besorgt und eine Karte geschrieben.
 

„Was stehst du da noch so rum? Lass mich alleine!“, fuhr er mich erneut unter Tränen an, aber es klang nun so verzweifelt. Dann wandte er sich von mir ab. Ich konnte nicht. Ich konnte ihn nicht einfach alleine lassen. Ich würde ihm nur noch mehr weh tun, wenn ich jetzt ging.
 

„Nein.“
 

Er hielt in seinen Schluchzern inne, während ich zu ihm kroch und mich etwas zögerlich an ihn kuschelte. „Diesmal nicht, Arthur.“ Er zitterte, ließ es aber zu, dennoch sah er mich nicht an.
 

„Ich… ich habe gelogen. Ich war… die ganze Zeit… hier und… dabei… ist doch dein… Geburtstag… und du sollst… glücklich sein. Ich… ich wollte dir… so… nicht unter die Augen treten!“
 

„Aber ich wollte bei dir sein!“, konterte ich, „Ich habe die ganze Zeit gewartet, ich habe mir Sorgen gemacht. Ich war wütend, dass du so lange fort warst. Dabei… wollte ich doch nur… einen schönen Tag mit dir verbringen!“
 

Nun war ich es, der anfing zu weinen. Ich konnte es nicht ertragen, diese gespannte Stimmung zwischen uns, wo er mich doch vorher so fürsorglich behandelt hatte… Nun drehte er sich langsam zu mir, um mich anzusehen.

„Alfred… an seinem Geburtstag wird doch nicht geweint…“

„Aber… es geht dir doch schlecht…“

„Jetzt… jetzt, nicht mehr…“

Er zog mich zu sich, an seinen warmen Körper, der hin und wieder von leisen Schluchzern erbebte. Es fühlte sich trotzdem gut an, so warm und herzlich.

„Ich brauche dich, kleiner Alfred… bitte… bleib heute bei mir…“

„Keine Sorge, ich bin doch dein kleiner Held… aber nur unter einer Bedingung!“

„Die da wäre?“

„Bitte weine nicht mehr…“

„Ich weine nicht… schau doch!“

Er lächelte mich warm an, doch immer noch standen Tränen in seinen Augen. Also gab ich ihm einen Kuss auf die Wange, wie er es früher immer bei mir getan hatte, wenn ich geweint habe.

„Und jetzt bist du nicht mehr traurig, ja?“

Er musste schmunzeln.

„Versprochen.“

Nicht verzagen, Big Brother Francis fragen

Nicht verzagen, Big Brother Francis fragen!
 

„Vee, Doitsu!“ Eine fröhliche Stimme erklang vor Deutschlands Haus. Italien stand davor und schien sehr aufgeregt. „Was machst du denn hier?“, fragte der Größere erstaunt, „Du hast doch gesagt, dass du jemanden besuchen wolltest…“ „Ja schon!“ Feliciano, der sonst so fröhliche Italiener wirkte nun etwas niedergeschlagen. „Ich wollte Francis Niisan besuchen, aber er hat mir gesagt, dass England und er einen wichtigen Krisengipfel halten und er heute keine Zeit für mich hat…“ Ludwig, auch als Deutschland bekannt, zog die Augenbrauen hoch und sah den Kleineren zweifelnd an. „Ach so…Krisengipfel… schon klar…“
 

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„Ah Bienvenue, Arthür… in ma Maison… Es ist lange `er, seit du das letzte Mal `ier bei mir warst, non?“, begrüßte Francis mich fröhlich lächelnd. Mit dem kleinen Alfred an der Hand und einem theatralischen Seufzen, das ich mir nie verkneifen konnte, wenn ich ihn besuchte, betrat ich sein Haus. Ich sage es nicht gerne, aber dieser Weinfreak war wirklich meine letzte Hoffnung. Ich hatte heute Morgen mein Buch der schwarzen Magie aus meinem Regal geholt, um nach einem Gegenfluch zu suchen. Ich hatte keine andere Wahl, ich musste ihn zurück verwandeln.

Seit der Sache gestern… hatte sich dieser Entschluss in mir gefestigt. Nicht etwa, weil ich so schwach war, meinen Gefühlen freien Lauf gelassen habe, so lange geweint habe bis ich vor Erschöpfung mit Alfred im Arm eingeschlafen bin, nein. Auch wenn es mich erst sehr gestört hatte, dass ich dem Kleinen die Tortur, die mir dieser Tag jedes Jahr brachte, offenbart hatte, so denke ich nun ganz anders. Es ist menschlich so zu fühlen, es gehörte zum Leben dazu, auch wenn es kein schönes Gefühl war…

Nein, der wahre Grund für meine Entscheidung war, dass ich wieder viel zu viel für Alfred empfand. Ich sah mich wieder in der Rolle des großen Bruders, ich liebte ihn wie viele Jahre zuvor auch. Ich wollte nicht mehr egoistisch sein, ich hatte seine Nähe schon zu lange genossen. Und dann… wenn er irgendwann plötzlich wieder erwachsen war, würde er fort gehen… und ein zweiter Abschied würde noch mehr schmerzen als im Unabhängigkeitskrieg. Auch wenn jede Faser meines Körpers schrie, dass ich das nicht tun sollte, dass es mir erneut das Herz brechen würde. Es war besser – besser spät als nie.
 

Warum ich jetzt deswegen zu Francis gehe? Ich habe ein Problem. Denn als ich mein Buch aufgeschlagen habe und den Fluch nachschlagen wollte, wurden wie von Zauberhand die Buchstaben blasser, bis sie ganz verschwunden waren. Ich hatte noch versucht etwas zu lesen, doch alles ging so schnell und ich saß nur mit geweiteten Augen vor dem aufgeschlagenen Buch, starrte ins Leere. Ich habe es sicher schon einmal erwähnt, aber Francis hatte in solchen Situationen manchmal doch gute Ideen. Und mir ist sonst niemand eingefallen, der mir helfen könnte. Die anderen Alliierten wollte ich nicht fragen, denn ich kannte ihre „Ratschläge“:
 

Ivan: „Arthur… das ist doch ganz einfach, da? Ich kenne die Lösung: trink mit mir ein wenig Wodka und dann werde eins mit mir, da? Es wird dir sicher helfen… kolkolkol…“
 

Yao: „Huh? Du hast Probleme? Glaubst du ich habe keine, aru? Setz dich und iss erst einmal etwas, das bringt dich auf andere Gedanken, aru!“
 

Na ja… als ich in Francis strahlendes Gesicht und die voller Tatendrang glänzenden Augen sah, da war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob er mir wirklich bei meinem Problem behilflich sein könnte.

„Setzt euch, mes amis, setzt euch. Arthür, du möchtest doch sicher eine Tee, non?“ Und schon war Mr I’m-so-beautiful in „la cuisine“ verschwunden, um mir in ein paar Minuten einen seiner besten Tees in seinem Haus zuzubereiten. Alfred selbst wusste nicht genau, warum wir hier waren, aber er hatte mich auch nicht gefragt. Doch zu meiner Verwunderung verhielt er sich sehr ruhig, saß brav neben mir, schaute aber besorgt drein. Als ob er spürte, dass ich mich nicht gut fühlte. Kinder konnten das manchmal besser als so mancher Erwachsene… doch ich schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln, er machte sich momentan schon viel zu viele Gedanken, da wollte ich ihn nicht noch mehr belasten.
 

„So, mon Chér, ´ier ist dein Tee…“ Francis stellte die Tasse vor mir ab und ich musterte ihn. Es war gar nicht gut, wenn er so bester Laune war… fast schon beängstigend. „Alors… worüber wolltest du reden?“, fragte er mich und setzte sich mir gegenüber. Ich sah kurz zur Seite, da ich mich immer noch fragte, ob das, was ich tat, richtig war. Schließlich atmete ich tief durch.
 

„Ich brauche deine Hilfe.“

„Ah… merveilleux! Da fragst du wirklisch den Richtigen, Arthür!“, meinte er und klatschte in die Hände, „Du musst wissen mit solchen Dingen kenne isch misch bestens aus, non?“

Aha? Ich starrte ihn an, als hätte er mir gerade erzählt, dass Ivan sich entschieden hatte in Sibirien Urlaub zu machen. Er kannte sich also mit schwarzer Magie aus? Irgendwie konnte ich ihm das noch nicht so ganz glauben. Aber vielleicht entdeckte ich nun eine ganz neue Seite an ihm.

„Also… als erstes machen wir eine Trockenübung, Arthür, darf isch disch als Demonstrationsobjekt verwenden?“, fragte er mich lächelnd.

Na ja, warum nicht… was sollte dabei denn schief gehen?

„Alors, auf geht’s! Petit Alfred, regade, das ist auch für disch wichtisch!“

„Hey, was…?“

„Nun ´alt doch still!“

„Lass mich los! Was soll denn das, Brat?“

„Lass misch nur machen!“

„Nein! Bist du wahnsinnig, Wino?“

„Au! ´ör auf zu beißen!“

„Was bitte schön soll das hier werden, du Freak?“
 

Ich hätte es wissen müssen, dieser Idiot lag nun auf mir, hatte mein Hemd aufgeknöpft und mich ins Sofa gedrückt. Doch bevor er mit seinen Händen an meiner Hose rumfingern konnte, hatte ich ihm einfach in den Hals gebissen. Was bildete der sich denn ein, was ich war? Sein Lustobjekt? In seinen Träumen vielleicht!

„Mon Dieu, bist du prüde!“

„Was denkst du eigentlich, was du da tust?“

„Isch dachte du wolltest den Kleinen endlisch mal aufklären!“
 

Ich hätte es mir denken können, warum war ich nur in diesem Punkt so naiv? Es war eine Ausnahmesituation, seit der Zauberspruch vor meinen Augen verblasst war, spürte ich die pure Verzweiflung. Wahrscheinlich klammerte ich mich deswegen an jeden Strohhalm, den man mir anbot, selbst wenn es so offensichtlich war. Ich könnte mich selbst für meine Dummheit ohrfeigen, verdammt!
 

„Hab ich das je gesagt?“

„Quoi? Aber… du wolltest doch…“

„Eben nicht, im Gegensatz zu dir bin ich nicht so versaut wie du…“

„Du bist ja auch noch Jungfrau!“

„WIE BITTE?“

„Non? Dabei bist du so empfindlisch wie eine…“
 

Doch diesmal brachte ich ihn mit einem finsteren Blick zum Schweigen und er seufzte ergeben. Na bitte… ging doch. Warum nicht gleich so?

„Alors… wobei kann isch dir ´elfen?“

Ich sah kurz zu Alfred, dann zu ihm. „Ich weiß nicht mehr weiter… mein Zauberbuch hat sich gegen mich aufgelehnt, ich finde keinen Gegenfluch mehr…“, begann ich leise und diesmal war es mir egal, dass er merkte wie verzweifelt ich gerade war. Doch die aufkommenden Tränen schluckte ich tapfer runter. Ich wollte mir nicht noch einmal die Blöße geben vor dem kleinen Alfred zu weinen. Jetzt wurde Francis auch ruhiger, er merkte wie ernst es mir war.

„Arthür, du weißt, dass isch nischt besonders bewandert bin, oui?“

Ich nickte. „Ja schon, aber vielleicht hast du ja die ein oder andere Idee… ich will nicht mehr tatenlos rumsitzen. Bitte.“ Ich glaube das ist das erste und letzte Mal, dass ich ihn so anflehe mir zu helfen...

„Nun gut… isch ´abe da tatsächlisch eine Idee…“, begann er nach einer langen Schweigeminute. Gerade hatte ich mir einen Schluck Tee genehmigt, da sah ich auf. „Ich höre…“ „Nun… ein Baiser de l‘amour!“ Bitte? Wieder dieser ungläubige Blick von mir. „‘ör mal zu, Arthür! Vielleischt ist es ein komplizierter Fluch… und des’alb musst du disch zu etwas überwinden, was du normalerweise nie tun würdest!“ Hm… das klang plausibel. Komplizierte Flüche konnte man wirklich nur schwer lösen, da hatte er Recht. Aber ein Kuss… das hörte sich an wie ein Märchen. Oder Francis wollte mich einfach nur foppen.

„Na los… versuch‘s doch!“, meinte er herausfordernd.

„Ich würde ja gerne… aber zuerst… geh. Von. Mir. RUNTER!“

„Schon gut…“ Tatsächlich erhob er sich, nicht ohne einen lüsternden Blick auf meinen entblößten Oberkörper zu werfen. Ich ignorierte das gekonnt und wandte mich Alfred zu, der mich mit großen blauen Augen anstarrte.

„Arthur…“

„Alfred, bitte… lass es uns versuchen.“

Der Kleine sah mir tief in die Augen, schien mich zu durchleuchten, nach Zweifeln, nach Angst. Ich erwartete gerade sehr viel von ihm. Doch er machte keinen Rückzieher und ich glaubte ein kurzes Nicken wahrgenommen zu haben. Mit zitternden Händen nahm ich sein Gesicht in meine Hände. Ein Kuss der Liebe… so absurd, dass es vielleicht klappen konnte. Aber… liebte ich ihn wirklich so sehr? Er war mir ans Herz gewachsen, ja, aber… ob es über Bruderliebe hinaus reichte, das konnte ich nicht sagen. Ich sah in die klaren blauen Augen Alfreds, in sein Gesicht… in sein Kindergesicht, das immer näher kam… nein. Ich konnte nicht. Ich konnte ein Kind nicht küssen wie sich Erwachsene küssten. Es widerte mich an. Was war ich nur für ein krankes Land, dass ich überhaupt den Gedanken fasste eine unschuldige Kinderseele so zu beschmutzen? Ich ließ ihn los, wandte mich von ihm ab. Mir war schlecht, wie konnte ich nur?

Doch plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinem Gesicht und warme, weiche Lippen auf meinen… Alfred… bitte tu das nicht… warum tust du mir das an? Bitte… lass mich aus diesem Albtraum endlich aufwachen! Und tatsächlich… scheint jemand meinen Wunsch erhört zu haben… Alles um mich herum erstrahlt in gleißendem Licht, der Raum verblasst… ich schließe meine Augen…

Nachhilfestunde in Sachen Liebeszauber

Nachhilfestunde in Sachen Liebeszauber
 

„Arthur?“
 

Jemand rief nach mir… ich kannte diese Stimme, doch ich wollte meine Augen nicht öffnen. Ein unglaublich warmes Gefühl durchströmte mich, was ich seit Jahren, nein Jahrhunderten nicht mehr empfunden hatte. Und gleichzeitig spürte ich Tränen, die meine Wangen herunter kullerten. Doch eine warme Hand strich sie sachte weg. Langsam öffnete ich dann doch meine Augen und ein Paar blaue musterten mich besorgt. Alfred… Hastig wandte ich mich von ihm ab, wie peinlich. Ich hatte ihn angestarrt. Zwar verhielt ich mich nun wie ein schüchternes Mädchen, aber ich konnte ihm jetzt nicht in die Augen sehen. Denn ich hatte es geschafft: Alfred hatte sich wieder zu einem erwachsenen Mann gewandelt, seine Kleidung war seltsamerweise wieder seine übliche, doch irgendetwas an ihm war anders.
 

„Arthur… geht es dir gut?“, fragte er mich leise.

Doch ich konnte ihm nicht antworten. Es war so weit, es war alles wieder beim Alten. Mir versagte die Stimme. Ich wollte ihm so einiges sagen, wollte, dass er ging, mich wieder in Ruhe ließ… ich wollte ihn mit Worten verletzen, damit er verschwand, aber ich konnte es nicht. Ich schüttelte den Kopf gegen meinen Willen. Er zog mich in seine Arme und selbst wenn ich es gewollt hätte, hätte ich mich nicht befreien können, er war einfach zu stark. Doch sein Griff war ungewöhnlich sanft, zwar fest und bestimmt, aber nicht so eisern wie sonst.
 

„Arthur… bitte sag doch was!“, flehte er mich an.

„Alfred…“ Ich hatte meine Stimme wieder gefunden, diese traurigen Augen voller Sorge konnte ich nicht länger ertragen. „Warum hast du das getan?“ Doch statt mir zu antworten, lächelte er wie schon lange nicht mehr. Er nahm meine Hand und drückte sie fest. „Du kennst die Antwort…“, meinte er mit einem geheimnisvollen Lächeln auf den Lippen und ich spürte plötzlich etwas Kühles zwischen unseren Händen. Wie auf Kommando lösten wir diese kleine Berührung auf und in meiner Hand lag eine Kette, ein silberner Weißkopfseeadler, der seine Flügel weit ausgebreitet hatte. Was wollte er mir damit nun sagen? Als könnte Alfred Gedanken lesen, nahm er sie mir aus der Hand und legte sie um meinen Hals. „Es ist ein Zeichen…“ Grr… war er jetzt Spezialist für Rätsel geworden? Warum sagte er nichts? Er hatte seinen Satz noch nicht vollendet. Dann wandte er sich von mir ab und ging fort… immer mehr entfernte er sich von mir.

„Alfred! Bleib hier! Lass mich nicht schon wieder alleine!“ Ich schrie ihm das hinterher, doch meine Worte schienen ihn nicht mehr zu erreichen. Das weiße, warme Licht erlosch, es wurde kalt… die Kälte kroch in mir hoch, ich hatte ihn verloren… schon wieder… warum war das Leben nur so ungerecht?
 

„Arthür! Wach endlisch auf!“

Erschrocken blinzelte ich, als mir jemand fast ins Ohr schrie.

„Sag mal, hast du sie noch alle?“, fauchte ich Francis verärgert an.

„Na ‘ör mal, Arthür! Isch ‘abe mir ernst’aft Sorgen gemacht, als du plötzlisch so umgekippt bist!“, entgegnete er und verschränkte die Arme vor der Brust, „Dass disch ein einfacher Kuss so um’aut, ‘ätte isch nischt gedacht…“ Er grinste mich frech an. „Petit Alfred muss ja wirklisch gut küssen können…“ Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden.

„Arthur? Geht es dir gut?“

Als diese Stimme erklang, spürte ich, wie mir ein Stein vom Herzen fiel. Es war nur ein dummer Traum gewesen, Alfred war noch ein Kind und er war bei mir. Ich konnte nicht anders als ihn in die Arme zu schließen und erneut kullerten Tränen über meine Wangen. Dieser Traum hatte sich so real angefühlt… und jetzt brachen alle damit verbundenen Emotionen aus mir heraus. „Ja… ja… es geht mir gut… mach dir keine Sorgen… bitte…“ Der Kleine klammerte sich an mich, er spürte wie sehr ich ihn bei mir haben wollte…

„Du… gerade eben… da ist dein Blick, als ich dich geküsst habe… so leer geworden… und du bist einfach so… umgekippt… ich hatte wirklich Angst…“ Auch er klang verzweifelt. „Bin ich so schlecht im Küssen?“ Warum muss er gerade diese Frage stellen? Und warum muss er mich dabei mit einem himmelblauen Augenaufschlag anschauen? Und warum muss Francis gerade dabei sein? Aus den Augenwinkeln sehe ich wie er sich ziemlich schwer tut nicht in schallendes Gelächter auszubrechen… einerseits, weil Alfred mich so unschuldig ansah, andererseits, weil ich bestimmt rot wie eine Tomate war. Zumindest fühlten sich meine Wangen so heiß an… „N-nein…“ Verdammt, warum fing meine Stimme jetzt an zu zittern? „Das war schon in Ordnung, Alfred, du hast es doch gut gemeint…“ Ich strich ihm lächelnd durch sein Haar. „Wirklich?“ Ich nickte. „Es geht mir wieder gut, glaub mir.“
 

„Was du brauchst ist Tee…“, meinte Francis und wandte sich Alfred zu. „‘olst du mir die Kanne aus la cuisine, s’il vous plaît?“ Der Kleine nickte und löste sich von mir. Schnell sprang er auf und verließ das Zimmer.

„Du hast versagt!“, murrte er und sah mich strafend an. Na danke, Vorwürfe konnte ich jetzt erst recht nicht gebrauchen! „Was ‘at disch daran ge’indert? Du wolltest ihn von dir stoßen, dein Blick ‘at alles gesagt!“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Hey, im Gegensatz zu dir habe ich meine Prinzipien! Ich verführe keine Kinder!“, meinte ich mit finsterem Blick. „Er ist kein Kind, er sieht nur so aus… eine erwachsene Seele in einem Kinderkörper!“

„Das weiß ich doch, aber… es war einfach falsch, verstehst du nicht? Außerdem…“ Mich durchzuckte ein Gedanke, der mich bis ins Mark erschütterte. Wenn es ein Kuss der Liebe sein sollte, dann musste er auch von beiden Seiten kommen, von mir… und ihm… er musste also auch etwas für mich empfinden… Ich senkte meinen Blick. Alfred hatte sich verändert seit er bei mir wohnte: er sorgte sich um mich, suchte meine Nähe… es war, als hätte jemand die Zeit zurück gedreht. Mein Fluch hatte ihm nicht nur einen Kinderkörper gegeben, nein, er wurde auch langsam wieder zu diesem Jungen, den ich so sehr geliebt hatte, er war wieder mein kleiner Bruder. Das konnte ich nicht länger leugnen. Das, was er für mich empfand, war Bruderliebe, nicht mehr und nicht weniger. Und das war auch der Grund, warum diese Idee von Francis ein totaler Reinfall war.
 

„‘allo? Erde an Arthür!“

Erschrocken blinzelte ich. „Bist du endlisch wieder ‘ier? ‘ör mal, es ist un’öflisch, nischt susu’ören, wenn jemand mit dir spricht!“, meinte er und sah mich beleidigt an. „Was ist passiert, als du umgekippt bist?“ Ich dachte kurz nach. Stimmt, ich hatte geträumt… nur was? Ich hatte es doch gerade durchlebt und schon war alles wieder weg… „Du ‘ast im Schlaf geredet… und kurz eine ‘and vor die Brust ge’alten…“ Reflexartig tat ich das erneut und spürte etwas Kühles… Ich griff unter mein Hemd und eine Kette mit einem silbernen Adler als Anhänger kam zum Vorschein. Jetzt erinnerte ich mich wieder! Ich hatte sie im Traum geschenkt bekommen! Aber… wie konnte das denn sein? Ja, ich weiß, normalerweise nahm ich solche Dinge hin… Ich weiß auch nicht, warum mich das so aufwühlte. Seufzend ließ ich die Kette wieder verschwinden und wandte mich Francis wieder zu. „Habe ich noch irgendetwas gemacht oder getan?“, fragte ich ihn schließlich, bereute es allerdings sofort so wie der grinste. „Ooh, du warst su niedlisch, Arthür! Du ‘ast die ‘and von Alfred ge’alten und ihn angefleht ihn nischt alleine su lassen! Du wolltest ihn gar nischt mehr loslassen…“ Wie peinlich! Warum passierten solche Dinge immer nur, wenn er dabei war? Und wieder spürte ich wie mir das Blut in den Kopf schoss. „Vielleischt solltest du dir eine andere Situasion aussuchen und ihn dann nochmals küssen!“, meinte er schließlich. Als ich ihm wiedersprechen wollte, schnitt er mir sofort das Wort ab. „Arthür, du willst doch, dass er wieder erwachsen wird, non? Also musst du disch dasu überwinden, auch wenn es dir schwer fällt! Sei nischt immer so verkrampft und öffne disch ihm. Nur so kannst du alles wieder in seine alten Bahnen lenken!“ Ich starrte ihn an. Er hatte mal endlich etwas Vernünftiges gesagt. Und ich konnte einfach nur dasitzen und nicken. Ja, vielleicht sollte ich das tun, vielleicht musste ich erst einmal mein Gefühlschaos, das in mir tobte, in Ordnung bringen. Ich wollte es versuchen.

„Alors… dann lass isch eusch mal alleine…“ Er zwinkerte mir frech zu, als er sich erhob und zur Tür ging. Komisch… mir war immer noch so warm… war ich denn schon wieder rot geworden? Und warum war alles so verschwommen. Ich hörte nur noch, wie jemand meinen Namen rief und im nächsten Moment etwas zerbrach. Dann wurde alles schwarz…

Herzklopfen

Herzklopfen
 

„Arthur! ARTHUR!“

Wie lange kniete ich schon neben ihm und rief, nein schrie verzweifelt seinen Namen? Ich konnte es noch so oft tun, ich würde keine Antwort erhalten, das wusste ich. Dennoch hörte ich nicht auf, hockte an seiner Seite und weinte. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm… sonst kippte der doch auch nicht so schnell aus den Latschen… auch sein Atem ging schwerer als sonst.
 

„Mon Dieu, er ‘at ‘o’es Fieber!“ Francis sah mich kurz an. „Er ist krank?“ Ein kurzes Nicken zu Seiten des Franzosen. Nein, Arthur durfte nicht krank sein! Warum gerade jetzt? „Er braucht jetzt viel Schlaf, petit Alfred.“ Mit diesen Worten nahm er Arthur hoch und lächelte. „Isch ‘abe ein schönes Simmer für ihn… allez…“, meinte er gut gelaunt, anscheinend freute er sich, dass wir noch etwas länger blieben. Ich folgte ihm hoch in eines seiner Gästezimmer, wo er Arthur behutsam auf dem Bett ablegte und ihn zudeckte.

„Kleiner…“ Eine schwache, erschöpfte Stimme erklang, Arthur war anscheinend wieder aufgewacht. Sofort war ich an seiner Seite. „Arthur… wie geht es dir?“ Tse… eigentlich eine überflüssige Frage, wenn man in seine fiebrigen grünen Augen blickte. „Es… es…“, begann ich, doch er legte einen Finger auf meine Lippen und ich verstummte. Ein kurzes Kopfschütteln seinerseits. „Nein, mir tut es leid, Alfred…“ Es tat weh ihn so sprechen zu hören, nein, eigentlich flüsterte er vielmehr. Warum war er so schwach? Warum wirkte er jetzt so… menschlich? Ja… wenn Länder krank wurden, dann wirkten sie schwach, zerbrechlich, sterblich. Das war ein seltener Anblick und es war ausgerechnet Arthur, den ich so sah… Ich hatte gar nicht gemerkt, dass er meine Hand genommen hatte und mich anlächelte. „Bleibst du bei mir?“, fragte er leise. Wenn er mich so ansah, konnte ich einfach nicht nein sagen. Ein kurzer Blick galt Francis. Der lächelte nur und drehte mir den Rücken zu. „Lass aber noch was von dem Kleinen übrig, non, Arthür?“, meinte er und ich bin mir sicher, dass er grinste. „You brat! Get out!“, fauchte Arthur und bekam dann einen Hustenanfall. Lachend verschwand der Franzose aus dem Zimmer. Erst jetzt traute ich mich zu ihm unter die Decke zu kriechen. „Arthur?“ Fragend blinzelte er, als sich der Husten gelegt hatte. „Bist du mir böse?“ Er hob seine Hand und ich zuckte erschrocken zurück. Doch dann spürte ich wie er mir durch die Haare strich. Das hatte er schon ewig nicht mehr getan. Na ja… eigentlich hatte er das nur getan, als ich noch ein Kind war… Aber Moment… war ich für ihn denn wirklich wieder ein Kind? Klar, jetzt war ich äußerlich wieder eines, aber… gerade das störte mich. Hatte sich Arthur diese Zeit zurück gewünscht? Weil er mich nur als Kind liebte und als Erwachsenen verachtete? Ich spürte seinen warmen, erhitzten Körper an meinem. Arthur, brauchst du mich jetzt wirklich? Oder brauchst du nur den kleinen Alfred, der vor langer Zeit mit dir gestorben ist? Ich betrachtete ihn noch lange, bis er schließlich eingeschlafen war.
 

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Ich erinnere mich… vor vielen Jahren… kurz bevor der Unabhängigkeitskrieg begann, befand ich mich in einer ähnlichen Situation. Arthur und ich lebten damals in einem Haus. Immerhin war er mein großer Bruder und musste auf mich aufpassen. Aber damals störte mich das noch nicht, immerhin hatte ich ihn sehr lieb gewonnen und er mich auch. Er war stolz auf mich, das ließ er mich jeden Tag, den wir zusammen verbrachten, spüren. Denn mittlerweile war ich schon erwachsen, sichtlich stark und sehr glücklich. Mein Haus war so groß, es machte mir Angst, wenn ich alleine war, aber wenn Arthur bei mir war, war es genau richtig. Ich fand es zwar schade, dass er nicht so oft zu mir kommen konnte, aber seitdem ich erwachsen war, störte es mich nicht mehr so sehr, immerhin konnte ich gute selber auf mich aufpassen. Dennoch freute ich mich sehr wenn Arthur zu Besuch kam – wie ein Kind. Ich war ja noch jung, also durfte ich das. Vor allem, weil ich abends mit ihm in meinem großen Bett schlafen durfte. Francis hatte es mir geschenkt mit den Worten „Falls du mal etwas MEHR Platz brauchst, Chérie…“ und einem frechen Zwinkern. Ich habe zwar nicht genau verstanden, was er genau damit gemeint hatte, aber es sollte wohl seine Richtigkeit haben.

Schließlich lagen wir zu zweit in meinem großen Bett und da Arthur die Gabe hatte immer und überall gut zu schlafen, war er auch schnell weggedämmert. Man konnte wirklich bis zehn zählen, dann war er schon im Land der Träume. So etwas hätte ich auch gern… Ich hatte mich auf die Seite gedreht und die Augen geschlossen, als er seine Hand in meinem Hemd vergrub und sich an mich kuschelte. Eigentlich nichts ungewöhnliches, das tat er öfter. Aber an dem Tag war es irgendwie anders. Mein Herzschlag beschleunigte, ich weitete meine Augen. Was sollte das? Er war mein Bruder, also warum reagierte ich auf einmal so. Sein Atem in meinem Nacken kitzelte und ich bekam eine Gänsehaut. Mir war noch nie so richtig aufgefallen, dass er so warme, weiche Hände hatte. Und dass er so niedlich lächeln konnte. Es war ansteckend und ich spürte wie sich meine Mundwinkel leicht nach oben bewegten, wie automatisch… Und er hatte so volle Lippen… Vorsichtig beugte ich mich zu ihm runter… kam ihm immer näher. Moment mal… was tat ich da eigentlich? Meine Lippen berührten seine nur hauchzart und ich erstarrte. Wieder dieses aufgeregte Herzklopfen. Erschrocken zuckte ich zurück und legte mich wieder hin. Meine Wangen waren ganz warm, wie kam das nur? Das gehörte bestimmt dazu, wenn man erwachsen wurde, Arthur hatte doch selbst gesagt, dass sich in dieser Zeit der Körper veränderte.

Ja, und jetzt kuschelte er sich wieder an mich, als ob er spürte, dass ich von ihm weggerückt war, suchte weiterhin meine Nähe. Mein Herz klopfte so stark, dass ich Angst hatte, dass Arthur es hörte und davon aufwachte. War ich etwa krank? Unmöglich, Arthur passte auf mich auf und meinem Land ging es auch gut… also musste es etwas anderes sein. Ich würde Arthur fragen, er wusste doch sicherlich, was mit mir los war.
 

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Um ehrlich zu sein… habe ich mich damals nicht getraut ihn zu fragen. Zumindest habe ich es versucht, aber dieser Versuch endete in einem Stammeln und Stottern meinerseits. Wie peinlich! Das war mir noch nie passiert. Es war doch eine so einfache Frage, warum hatte es mir so plötzlich die Sprache verschlagen? Jetzt wusste ich die Antwort: es lag wirklich an meiner Entwicklung. Denn ich hatte so etwas nie wieder empfunden…

„Alfred…“

Ich blinzelte und sah zu Arthur. Nein, er schlief noch tief und fest. Und er redete im Schlaf, irgendwie schon niedlich. „Kleiner… Alfred…“ Seine Worte klangen mir in den Ohren, und sein Atem streifte meinen Nacken, es kitzelte und ich erschauderte. Was für ein Gefühl! Ich kannte es, es brachte mein Herz zum Hüpfen. Hatte ich nicht auch deswegen wie aus dem Instinkt Arthur geküsst? Irgendetwas in mir hat gesagt, dass ich das Richtige tue… warum und wieso, das wusste ich nicht. Doch eines war mir in diesem Moment klar geworden: ich hing immer noch an ihm… zwar nicht wie damals als ich klein war, irgendwie halt, ich kann es auch nicht erklären… auch ein Held gerät manchmal eben in Erklärungsnot! Aber… als ich ihn geküsst habe… das fühlte sich schön an, warm, richtig. Es war so schnell vorbei… aber… wer weiß? Vielleicht würde ich es ja wieder versuchen…

Frühstück bei Francis

Frühstück bei Francis
 

Es war schrecklich. Schon im Morgengrauen saß ich auf der Bettkante, den Kopf auf meine Hände gestützt und grübelte. Ich hatte kein Auge zugetan, weil ich viel zu viel mit diesem komischen Gefühl beschäftigt war. Nicht, dass es unangenehm war, aber ich kannte es einfach nicht. Ich konnte das nicht so einfach hinnehmen! Irgendwie musste ich doch herausfinden, was mit mir los war! Aber wen sollte ich fragen? Arthur kam nicht in Frage, er fieberte immer noch und ich wollte ihn jetzt nicht noch mit meinen Sorgen belasten. Also blieb mir nur eine Möglichkeit: ich musste Francis fragen. Ich weiß gar nicht, was Arthur immer mit ihm hatte, immerhin war Francis doch älter als er und bestimmt auch erfahrener. Er wusste bestimmt, was zu tun war. Ich wandte mich noch einmal Arthur zu, der immer noch friedlich schlummerte, strich ihm durchs Haar, bevor ich so leise wie möglich aufstand, um nach dem Franzosen zu suchen. Er war sicher schon wach, zumindest meinte ich etwas gehört zu haben. Vorsichtig öffnete ich die Tür und stahl mich aus dem Zimmer. Vielleicht war es ja ganz gut, dass Arthur ein wenig alleine war. Außerdem hatte ich Hunger, mein Magen knurrte ganz schön und ich hoffte, dass Francis schon Frühstück gemacht hatte.
 

„Bonjour, Chérie!“, wurde ich mit einem strahlenden Lächeln von Francis und einem riesigen Frühstück auf dem Tisch begrüßt, als ich die Küche betrat. Wow, das übertraf Arthurs englisches Breakfast bei Weitem. Croissants, Baguettescheiben, sogar Crêpes bereitete er für mich vor. Wahnsinn, Francis schien zu wissen wie hungrig ich war. Klar, da ich mir so viele Sorgen und Gedanken gemacht hatte, hatte ich ganz vergessen, dass ich in letzter Zeit nicht besonders viel zu mir genommen hatte. „Na, nur su, iss disch satt, Petit!“ Das ließ ich mir doch nicht zweimal sagen! Insgesamt waren es zwei Croissants mit Marmelade, vier Baguettescheiben und drei Crêpes mit Schokoladensoße. Und ich war richtig satt. Es ging zwar nichts über meine heißgeliebten Burger, aber mit so einem Frühstück gab ich mich auch gerne zufrieden. „Danke, Francis… das war wirklich lecker!“, meinte ich lächelnd. „Oui, du bist ja rischtisch flegeleischt. Arthür meckert immer nur rum… deine Croissants sind doch nur ein Fäik… und so… ganz schön unsensibel… aber für disch koche isch doch gerne!“ Er wuschelte mir lachend durchs Haar. Aber irgendwie fühlte sich diese Berührung bei Arthur ganz anders an…

„Ouh, Chérie, sieh doch nischt so ein Gesischt, das gibt nur ‘ässlische Falten…“, meinte er, als er mich ansah, „Oder ‘ast du etwas auf dem ‘erzen?“ Volltreffer, Francis! Aber woher wusste er das nur? Erschrocken zuckte ich zusammen, als er mich auf den Arm nahm und mich auf seinen Schoß setzte. „Alors… isch ‘öre dir gerne su…“

„Ähm… also…“ Verdammt, warum fing ich damit schon wieder an? Das war doch eine ganz normale Sache, über die ich da reden wollte. Also sollte ich mich gefälligst zusammenreißen. Ich atmete einmal tief durch, bevor ich dann zu erzählen begann. „Also… weißt du Francis… ich habe da ein kleines Problem… und ich weiß einfach nicht weiter… und ich hoffe, dass du mir da weiterhelfen kannst…“ Er nickte kurz. „Worum geht es denn konkret?“, fragte er. Ich machte eine kurze Pause. „Ich… ich glaube ich bin krank… oder ich werde es!“ Hey, Francis nahm mich ernst! Erschrocken starrte er mich an. „Mon Dieu! ‘ast du disch etwa angesteckt?“ Sofort fühlte er meine Stirn. „Mhm… Fieber ‘ast du aber keines…“ Ich schüttelte vehement den Kopf. „Nein, nicht so!“ Nun sah er mich schief an. „Gestern Abend… als ich bei Arthur im Bett lag, hatte ich plötzlich so… Herzrasen… als wäre ich einen Marathon gelaufen, aber ich war nicht außer Atem oder so… es fühlte sich… komisch an.“ Francis sah mich nachdenklich an. „Inwiefern komisch? Versuch es genau su beschreiben!“, forderte ich mich auf. „Na ja… irgendwie… hat es auch ein wenig gekitzelt… und mir ist ganz warm geworden… und… auf einmal… ist mir so viel aufgefallen…“ Anscheinend schien der Franzose etwas zu wissen, doch er war sich noch nicht ganz sicher, denn er fragte einfach weiter. „Was ist dir denn so aufgefallen, Chérie?“ Gute Frage… ich konnte mich nicht ganz genau erinnern, doch dann fiel mir etwas ein. „Also… das ist, als ob ich irgendwie auf einmal Superheldenkräfte bekommen hätte. Ich habe Arthurs Duft intensiver wahrgenommen, dass er ganz lange Wimpern hat…“ Cool, ein Held mit besonderen Kräften! Warum war ich nicht schon eher auf die Idee gekommen? Wieder strich Francis mir liebevoll durchs Haar und grinste breit. Was hatte das denn zu bedeuten. „Oui… mon ami, isch weiß, was mit dir los ist!“, verkündete er stolz, „Alfred… du bist verliebt!“ Bitte? Ich? Verliebt? Das konnte doch nicht sein! Ich wusste doch nicht einmal, was es heißt verliebt zu sein. „Aaah, l’amour ist ein wunderschönes Gefühl…“, meinte er, „Isch ‘ätte nischt gedacht, dass du disch einmal verlieben wirst… und dann noch in Arthür…“ „Hey!“ Ich fand das gar nicht so witzig, meine Wangen fühlten sich schon wieder so warm an. „Mach dich darüber nicht lustig!“, fuhr ich ihn an. Doch er lächelte immer noch. „Bon, dann würde isch sagen, geh su ihm und finde es ‘eraus…“ Und wie sollte das gehen?
 

„Hey! Wo willst du hin?“ Er hatte mich abgesetzt und ging mit einem Teller Brühe zur Treppe. „Oh, Arthür muss doch auch etwas essen. Er ist bestimmt auch sehr ‘ungrisch!“, meinte er lächelnd und machte sich auf den Weg nach oben. Irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl und ich folgte ihm leise. Arthurs Zimmertür war geschlossen, aber ich hörte Francis reden. „‘ier, mon chére… deine Suppe… isch bin mir sischer, dass sie dir schmeckt… sie ist mit Liebe gemacht!“ Er stellte den Teller auf dem Nachtschränkchen ab, zumindest hörte sich das so an. „Mon Dieu… bist du süß, wenn du so friedlisch schläfst…“ Okay… was sollte denn das auf einmal werden? Leise öffnete ich die Tür und spähte in das Zimmer. Arthur lag immer noch in seinem Bett und Francis saß bei ihm auf der Bettkante. Er strich ihm fast liebevoll durchs Haar und beugte sich über ihn. Hey, was machte der da? Ich weitete meine Augen, der wollte doch nicht etwa…?
 

„Wääääääääääh! Onkel Francis hat mich alleine gelassen! Er ist soooooo gemeiiiiiiiiin!“ Ich fing einfach so an zu weinen und es war mir im Moment total egal, dass ich Arthur damit wecken würde. Erschrocken richtete Francis sich auf und linste zu mir. „Shhh, Chérie… du weckst ihn noch auf!“ Doch zu spät. „Hey. Wieso bringst du Alfred zum Weinen?“ Arthur hatte sich aufgesetzt und musterte den Franzosen mit einem strafenden Blick. „Ouh… Arthür… isch ‘abe nischts gemacht, wirklisch!“, versicherte er ihm, doch Arthur sah mich an, während ich weiter schluchzte. „Er wollte nicht mit mir spielen!“, meinte ich leise und setzte eine Leidensmiene auf. „Francis… vielleicht solltest du noch etwas mehr über Kindererziehung lernen, bevor ich dich mit ihm alleine lasse…“, meinte Arthur verärgert. „Oui, mon ami… isch ge’e ja schon…“ Geknickt lief er an mir vorbei, nicht ohne mir ein „Eifersüchtig, Chérie?“ zuzuflüstern. „Das hättest du wohl gerne!“, brummte ich.
 

„Hey, Alfred…“ Sofort widmete ich meine ganze Aufmerksamkeit wieder Arthur. „Wie geht es dir?“, fragte ich besorgt. Er hustete, lächelte mich aber aufmunternd an. „Es geht… ich habe immer noch Fieber… und Kopfschmerzen…“ Schuldbewusst senkte ich meinen Blick. „Es… tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe…“, murmelte ich, „Hast du mich dennoch lieb?“ Da fing er plötzlich an zu lachen und ich erschrak. „Hey, nur, weil du mich geweckt hast, bin ich doch nicht gleich böse mit dir… na komm her…“ Er hob seine Decke an und ich ging zu ihm. Sofort wuschelte er durch mein Haar und ich kicherte. „Wie könnte ich denn so jemanden wie dich nicht lieb haben?“ Er zog mich in eine herzliche Umarmung und drückte mich an sich. Mein Herz machte einen Hüpfer, verdammt nochmal, fühlte sich das gut an! Francis musste sich irren, wie sollte ich mich denn in meinen großen Bruder verlieben? Ich hatte ihn einfach nur sehr gerne, das war alles… Oder?

Die Wahrheit

Die Wahrheit
 

Es ist schon seltsam… normalerweise bin ich nie krank, aber wenn ich es bin, fühlt es sich immer so an, als könnte ich gar nichts mehr außer schlafen und reden… wobei Schlaf doch die beste Medizin für mich ist. Sagt man zumindest. Dazu kommt noch, dass ich dem Kleinen so viele Sorgen bereite… selbst wenn ich schlafe, dringen manchmal seine leisen Schluchzer zu mir durch und das will was heißen. Denn ich habe einen gesunden, tiefen Schlaf. Alfred hatte schon früher immer Angst, wenn ich langsam wegdämmerte, weil ich ihn nicht mehr vor Geistern beschützen konnte… Ja, ich kann es nicht haben wenn er weint, das habe ich noch nie gemocht. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, habe ich ihn noch nie als Erwachsenen weinen sehen… ob er es je getan hat? Irgendwie passte das nicht so recht in mein Bild von ihm…

Wie lange hatte ich eigentlich geschlafen? War es Morgen? Mittag? Abend? Mitten in der Nacht? Ich hatte kein Zeitgefühl mehr… und dazu brummte mir noch der Schädel… doch ein vertrauter Geruch drang zu mir durch… jemand war bei mir… aber meine Augenlider waren so schwer wie Blei… ich hatte Mühe sie zu öffnen…

„Ah… Arthür… bist du endlisch wach?“ Ich hätte es wissen müssen… dieser Rosenduft konnte nur Francis gehören… „Was… willst du?“, brummte ich heiser. „Chérie… sei doch nischt so garstig…“, meinte er lächelnd, „Wie geht es dir?“ Was für eine Frage… Tse… so etwas konnte auch nur er fragen… Idiot… Aber… Moment mal… „Wo ist Alfred?“ Der Kleine war nicht hier, normalerweise war er doch sofort zur Stelle, wenn es mir schlecht ging, mein kleiner Held… suchend sah ich mich nach ihm um. „Oh, keine Sorge… der ist momentan beschäftigt… mit einer ziemlich schwierigen Sache…“ „Die da wäre?“ „Aah, er versucht eine Kerze mit Streichhölzern anzuzünden*…“ Erschrocken riss ich meine Augen auf. Kinder ließ man doch nicht mit so etwas alleine! „Arthür!“, fuhr er mich an und packte mich an den Schultern, „Er ist kein Kind! Er ist nur in einem Kinderkörper, versteh das doch endlisch mal!“ Aber er benahm sich mehr und mehr wie ein Kind… auch wenn er das als Erwachsener zu Genüge tat… „Allerdings… gib es da etwas, was mir Sorgen macht, Arthür… und das betrifft petit Alfred…“ Sofort war ich aufmerksam, denn wenn er Alfred erwähnte und noch dazu ein Grinsen aufsetzte, das mir gar nicht geheuer war, jagte es mir Schauer über den Rücken. Aber ich musste ruhig bleiben, denn er sollte ja nicht gleich merken, dass mich das etwas aufwühlte. „Was ist mit ihm?“, fragte ich ernst. „Ouh, der Kleine ist ja so süß… und so naiv, Arthür… er sagte mir, dass etwas mit ihm nischt in Ordnung ist…“ Was? War er etwa krank? Hatte mein Zauber etwa Nebenwirkungen? Sofort fühlte ich mich schuldig, doch als Francis anfing zu lachen, starrte ich ihn böse an. „Dein Gesischt, Arthür… ein Bild für die Götter…“ Er strich sich durchs Haar, ehe er fortfuhr. „Nun, dein Kleiner ‘at Herzklopfen, bekommt Gänse’aut, er nimmt seine ganse Umgebung anders wahr…“ Häh? Und was sollte das jetzt heißen? „Mon Dieu, Arthür, er ist verliebt! Hah… l’amour ist der schönste Sauber von allen…“ Mein kleiner Alfred? Verliebt? Unmöglich, das sollte wohl ein schlechter Scherz sein! „Haha, Wino, fast hättest du mich gehabt…“, brummte ich und bemühte mich gar nicht mal überzeugt zu klingen. Vor allen Dingen… in wen sollte er denn verliebt sein? In Francis? Never ever! Wenn dem so wäre, würde ich mich selbst in der Themse ertränken, denn ich hatte noch dieses kleine bisschen Hoffnung, dass Alfred sich jemand vernünftigen als Partner auswählen würde, falls er es überhaupt tun würde. Aber Moment… Francis hatte ja Ahnung, wenn es um dieses Thema ging. Vielleicht hatte er ja Recht… aber… vielleicht wollte er mich nur in die Irre führen… Grr… das war nicht mehr auszuhalten! Von diesem ganzen Nachdenken bekam ich Kopfschmerzen!

„Wie naiv… er meinte er ‘ätte Superkräfte bekommen… wie ein kleiner ‘eld in seinen Comics… Arthür, das ist die Chance… jetzt kannst du ihm alles beibringen!“ Ich hörte schon gar nicht mehr, was Francis da sagte. Verliebt… Alfred war verliebt… das musste erst einmal in meinen Kopf rein. Eigentlich könnte man es vorhersehen… aber… ich wollte es einfach nicht wahr haben! Warum? Weil ich in diesen Idioten verliebt war, verdammt! Seit Jahren empfand ich dieses leichte Kribbeln, wenn er in meiner Nähe war, diesen süßen Schmerz, wenn wir stritten, diese unglaubliche Wärme, wenn er mich umarmte… und jetzt traf mich diese Erkenntnis wie eine Abrissbirne, wie ein Rammbock. Erschlagend. Fast kamen mir die Tränen. Doch ich riss mich zusammen, nein, ich musste stark bleiben! Tief durchatmen… und dann die Frage stellen, die mir schon die ganze Zeit auf der Zunge brannte. „Wer… ist es? In wen ist er verliebt?“ Meine Stimme zitterte, eigentlich wollte ich diese Frage gar nicht wirklich stellen. Doch ich zuckte zusammen, als Francis in mädchenhaftes Gekicher ausbrach, machte er sich jetzt wieder über mich lustig? „Hah, Chérie, du bist ja so naiv… es macht rischtisch Spaß… mais… wenn du wirklisch wissen willst, wer Alfreds Auserwählter ist… musst du ihn selber fragen… bien sûr!“ Ich war mir sicher, dass Francis genau wusste, in wen Alfred verliebt war. Er wollte mich leiden sehen, dieser Sadist… Und wenn der Kleine mir erneut das Herz gebrochen hatte, würde er mir sicherlich mit „Rat und Tat zur Seite stehen“, um meine aufgerissenen Wunden zu heilen… und mich endlich zu ihm ins Bett zu kriegen… was er schon seit einer Ewigkeit versuchte, aber noch nie geschafft hatte. Um ehrlich zu sein war ich sogar ein kleines bisschen stolz darauf, denn dieser verdammte Franzose bekam fast immer das, was er wollte.

Aber zurück zu Alfred… in welchen Idioten sollte der sich bitteschön verlieben? Es gab keinen, der mir gleich in den Sinn kam… vielleicht auch deswegen, weil ich ihn viel zu wenig kannte. Ich meine, wann haben wir denn einmal vernünftig miteinander geredet? Wir haben immer, seit ich denken kann, gestritten. Und das war der Grund, warum mir der Kleine sicher nicht auf die Nase binden würde, wer seine Geliebte war…

„Alors… wenn man vom Teufel sprischst…“, meinte Francis und stand auf. „Bon, isch werde eine schöne Tee für disch kochen, Chérie!“ Lächelnd verschwand er, nicht ohne mir zuzuzwinkern. Der kleine Alfred stand da in der Tür, den Blick gesenkt, als hätte er eine Vase zerbrochen. Fragend sah ich ihn an. „Hey… was ist denn los?“, fragte ich. Bei diesem verdammt süßen Blick konnte ich nur weich werden… Alfred zögerte kurz. Ich hatte schon Angst, dass er gleich in Tränen ausbrechen würde… aber dann hielt er mir die Streichhölzer kommentarlos entgegen. Alle zerbrochen. Ich nahm ihm die Schachtel ab. „Komm her… ich zeig dir, wie das geht, ja?“, fragte ich ihn und er nickte kurz. Das war ihm sehr unangenehm, denn sonst bekam er doch auch alles auf die Reihe… Ich zog ihn auf meinen Schoß, soweit es mir möglich war und nahm ihm die Streichholzschachtel ab. Vorsichtig nahm ich eines der verbliebenen Hölzer heraus und gab es Alfred. „Sei nicht so verkrampft… du musst es vorsichtig festhalten.“ Ich legte meine Hand auf seine, die das Holz hielt und führte sie zur Schachtel, die ich mit der anderen Hand festhielt. „So, und jetzt… mit Gefühl…“ Alfred hielt plötzlich in seiner Bewegung inne. Bildete ich mir das etwa ein oder zitterte er? „Mit Gefühl~“, hörte ich ihn dann leise sagen. Schließlich streifte er den Rand der Schachtel und entzündete die Flamme. „Ich… habs geschafft!“ Alfred schien es immer noch nicht fassen zu können. Erst jetzt sah ich, dass seine Wangen zart rosa waren. Aber wieso? Was war los mit ihm? „Ich…“ Er blies die Flamme aus und ließ das Streichholz fallen. Dann rannte er so schnell er konnte aus meinem Zimmer. Was hatte ich denn jetzt falsch gemacht? „Alfred, warte!“ Ich war aufgesprungen, wollte ihm hinterher… doch er war viel zu schnell. „Alfred, lauf nicht weg!“ Ich schaffte es bis zur Haustür, die offen stand, der Regen schlug mir entgegen. „ALFRED!“ Ich schrie seinen Namen, doch erhielt keine Antwort. Stattdessen wurde mir erneut schwarz vor Augen, meine Kräfte verließen mich und ich brach an Ort und Stelle zusammen.
 

* Die Sache mit den Streichhölzern habe ich aus dem Doujinshi Blue Honey Moon, falls den jemand kennt. Ich fand die Idee einfach genial, um Klein Alfred zu beschäftigen ^^

Verloren im Regen

Sou, das nächste Kapitel ist da...

Entschuldigt bitte, dass es etwas gedauert hat, aber ich habe mir eine Woche Urlaub gegönnt ohne Internet, ohne PC.

Und ich muss sagen, es hat gut getan, jetzt bin ich wieder voller Energie und bereit für neue Schandtaten XD

LG, Drachenengel
 

Verloren im Regen
 

Nein, nein, NEIN! Es durfte einfach nicht wahr sein! Am liebsten hätte ich geschrien, während ich mich immer weiter von Francis‘ Haus entfernte. Was ist nur mit mir los? Mein Herz rast, mein Atem geht schwer, kein angenehmes Gefühl, so wie vorhin… Ich sehe mich immer noch auf Arthurs Schoß sitzen, spüre seine warme Hand auf meiner, die sie sanft führt… Nein! Ich konnte es einfach nicht vergessen, dieses Kribbeln, diese Wärme, die in mir aufstieg. Hatte Francis wirklich Recht? Hatte ich mich in Arthur verliebt? Aber das war doch unmöglich! Außerdem… wie sollte ich das wissen? Ich war noch nie verliebt gewesen und Arthur hatte mit mir nie darüber richtig gesprochen… Wie konnte ich das denn am besten herausfinden? Es war zum Verzweifeln… Ich war wirklich verwirrt, so kannte ich mich selbst gar nicht!

„Warum so traurig?“ Ich zuckte erschrocken zusammen. Vor mir im Gras saß eine kleine Frau. Sie hatte grünes, langes Haar und kleine Flügel… was hatte Arthur gesagt? Das musste eine Fee sein, er hatte mir ja oft genug von ihnen erzählt. Aber wie war das möglich? Nur er konnte sie sehen, sie waren Illusionen! „Oh… nun sei doch nicht so gemein!“, tadelte sie mich mit einem beleidigten Ausdruck auf den Lippen. „Ich bin so echt wie du ein Land bist…“ Okay, der Punkt ging an sie. Denn auch nicht jeder Mensch wusste, dass wir als Personen existierten. „Arthur schickt mich… ich sollte dich suchen… er macht sich große Sorgen und Vorwürfe, weil du einfach fortgelaufen bist… nicht einmal ich konnte ihn trösten…“ So wie sie sprach, machte auch sie sich große Sorgen, aber es wollte immer noch nicht in meinen Kopf rein, dass ich dieses Märchenwesen sehen konnte. „Nun… du bist zwar seelisch erwachsen, aber dein Körper ist der eines Kindes… du siehst die Welt nun wieder ganz anders… kleiner Alfred…“ Stimmt, ich hatte mich verändert… ich war irgendwie wieder zu einem Kind geworden… seelisch vielleicht auch. Ob sie mir helfen konnte? „Ich… kann nicht zurück…“, meinte ich leise und sie sah mich besorgt an. „Warum? Was ist dein Problem?“ „Ich kann nicht… ich habe ihm so weh getan… und er hasst mich doch… er mag mich doch nur, weil ich jetzt so klein bin! Er hat nur ein schlechtes Gewissen, das er beruhigen will!“ Ich war mir sicher, dass Arthur so fühlte. Dass er sich so lange um mich kümmern wollte, bis ich wieder erwachsen war und dann… würde alles wieder in seinen alten Bahnen verlaufen. Ich war „nur“ sein kleiner Bruder, ich würde es immer bleiben, egal wie sehr ich mich bemühte eine Nation zu sein, er würde es nie akzeptieren.

„Weißt du… Arthur ist nicht so wie du es sagst…“, brach die kleine Fee ihr Schweigen, „Er hat immer viel von dir erzählt… und meist hat er ein trauriges Gesicht gemacht… selbst wenn er lächelte… ich glaube nicht, dass er dich hasst. Ich glaube vielmehr, dass er dich sehr vermisst und sich stark gibt, um nicht zu zerbrechen.“ Tse, wieso sollte er das denn tun? Klar, er war ein Sturkopf, der nicht besonders ehrlich war (mal abgesehen davon, wenn er betrunken war), aber dass er mich vermisste war doch an den Haaren herbeigezogen! Ich hatte mich von ihm abgewandt, ihm die Bruderschaft gekündigt, ihn dort verletzt wo es am meisten wehtat! Da war es doch völlig unmöglich, dass mich dieser Idiot vermisste, geschweige denn irgendetwas wie Liebe für mich empfand. „Das ist nicht wahr…“, meinte ich trotzig, ich wusste es eben besser und es war mir völlig egal, ob die kleine Fee das Gegenteil behauptete.

„Hast du dich schon mal gefragt, warum Arthur uns… oder wie du uns nennst – Illusionen- sehen kann?“ Was sollte diese Frage? Arthur war ein Knallkopf, irgendeine Sicherung war bei ihm durchgebrannt, so einfach war das. „Es war… nach dem Krieg… den ihr beide geführt habt…“, begann sie leise, „Ich habe ihn weinen gehört und wollte schauen, wer so traurig ist… ich habe mich auf eine Blume gesetzt und Arthur beobachtet. Und irgendwann hob er seinen Kopf und starrte mich an. Ich war wirklich überrascht, noch nie hatte mich jemand sehen können. Ich habe mich erschreckt und wollte wegfliegen, aber er hat mich abgehalten. Er sagte „Geh nicht fort, bitte…“ und ich blieb bei ihm.“ Aha. Und was wollte die Kleine mir jetzt damit sagen? „Mensch, Alfred! Arthur brauchte jemanden an seiner Seite! Du hast ihn alleine gelassen und er hat sich durch diese erweckte Fähigkeit einen Ersatz geschaffen in Form von uns… Aber wir können dich nicht ersetzen, verstehst du? Niemand kann das!“ Das war mir klar, wer konnte denn schon den Helden ersetzen? „Alfred, begreifst du es nicht? Arthur vermisst dich! Er will dich zurück! Warum sonst verzieht er sich an deinem Geburtstag und weint den ganzen Tag? Er trauert immer noch um dich! Er war so glücklich, dass er jemanden an seiner Seite hatte, der ihn so mochte wie er war, der mit ihm gelacht hat, der sogar sein selbst gekochtes Essen brav gegessen hat, nur, um ihn glücklich zu machen.“ Verdammt, warum wusste sie das alles? War ich denn so einfach zu durchschauen? Ja… ich mochte sein Lächeln… immer wenn er es tat, wurde mir ganz warm ums Herz… es fühlte sich so gut an… ich wollte es als Kind so oft wie möglich sehen… aber jetzt… jetzt war dieses Lächeln erloschen… wahrscheinlich würde ich es nie wieder sehen können…

„Gib nicht auf, kleiner Alfred…“ Ich sah auf, die Fee zerbarst in kleine Leuchtkugeln und ließ mich mit meinen Gefühlen alleine. Doch es war nicht kalt, nein… es war plötzlich so warm um mich herum…
 

Erschrocken blinzelte ich. Ich war doch gerade noch auf einer Wiese und hatte mich mit einer… Illusion von Arthur unterhalten!

„Ah, du bist wach, Chérie!“ Diese Stimme kannte ich nur zu gut, ich musste gar nicht aufsehen. Francis. Er saß auf einem Stuhl, neben dem Bett, in welchem ich lag. „Du ‘ast uns ganz schön erschreckt, Petit, einfach so wegsulaufen… bei strömendem Regen…“ Er schüttelte sich. „Wie…“, begann ich leise, aber mir versagte die Stimme. „Arthür wollte dir ‘inter’er, mais du warst su schnell… und er ist susammengebrochen…“ Verdammt, hatte er mich gesehen? Das war das letzte, was ich gewollt hätte. „isch ‘abe ihn surück ins Bett gebracht, aber… er wollte disch unbedingt suchen gehen… isch wollte alleine lossiehen, aber stur wie er ist, ‘at Monsieur Kirkland sisch aus dem Bett gekämpft und ist mit ‘inter’er. Oh, diese Stur’eit…“ Er schüttelte heftig den Kopf, konnte Arthurs Verhalten nicht nachvollziehen. „Er ‘at so lange gesucht, bis er disch im Gras schlafend gefunden ‘at. Erst dann konnte isch ihn überseugen surück nach ‘aus zu gehen.“

Arthur… er war durch den Regen gelaufen, um nach mir zu suchen… Erschrocken richtete ich mich auf. „Was ist mit ihm? Wie geht es ihm?“ Francis legte einen Finger auf seine Lippen. „Shhh, weck ihn nischt auf!“ Ich sah zur Seite. Neben mir lag Arthur und schlief tief und fest. Man sah ihm deutlich an, dass er immer noch fieberte, kein Wunder bei dem Abenteuerausflug von eben… „Er braucht viel Ru’e… aber er wollte, dass du bei ihm bist…“ Francis lächelte müde. „Es ist wirklisch schlimm mit eusch…“ Wieder ein Kopfschütteln. „Leg disch ‘in… du siehst auch etwas angeschlagen aus… isch mach dir eine ‘eiße Kakao, das wird disch wieder aufwärmen…“ Ich nickte nur und er verließ leise das Zimmer. Erst jetzt traute ich mich, Arthur richtig anzusehen. Seine Wangen waren gerötet, sein Atem ging schwer. Was für ein Sturkopf, konnte er nicht mal an seine Gesundheit denken? Warum hast du das getan Arthur, sag es mir! Doch er konnte es mir nicht sagen… er war sicher in einem tiefen Schlaf gefangen und es würde Stunden dauern, bis er wieder erwachte… und trotz allem… trotz seiner Dummheit… war ich dankbar, dass er nach mir gesucht hatte. Zärtlich strich ich mit meiner Kinderhand über seine Wange. „Thank you…“, flüsterte ich und hauchte ihm einen Kuss auf…

Geistergeschichten

Geistergeschichten
 

Es brachte mich wirklich zur Verzweiflung, dass ich den kleinen Alfred bei mir hatte… nicht nur, weil er eine unglaubliche Nervensäge sein konnte, die er auch schon als Erwachsener war, sondern weil es mir einfach nicht gelingen wollte ihn in seinen erwachsenen Körper zurück zu verwandeln. Ich meine… ich kenne mich mit Magie am besten aus. Warum zur Hölle also war das denn nur so schwierig? Jetzt warf mich auch noch dieses dumme Fieber aus der Bahn und Francis… ausgerechnet der! musste sich um mich kümmern. Mit Freude wohlgemerkt. „Ah Arthür, keine Sorge, isch werde disch im ‘andumdre’en mit viel l’amour gesund pflegen…“ Warum drehte sich mir bei diesen Worten immer wieder der Magen um? Eigentlich war ich ja nur zu ihm gekommen, um ihn um Hilfe zu bitten. Aber was war daraus geworden? Na klar, ich lag krank im Bett und keiner, außer mir, machte sich noch Gedanken um das Problem. Und Francis schien darüber noch glücklich. Er bekochte Alfred mit seinen Köstlichkeiten, verwöhnte ihn nach Strich und Faden… und mir sagte er immer, dass ich ihn zu sehr verwöhnte, tse… er macht es doch nicht besser.

Aber halt, ich schweife schon wieder zu sehr ab. Nun… nicht, dass jemand denkt, dass ich diese Zeit mit Nichtstun verschwende… außerdem habe ich mein Buch mitgenommen, in welchem der Fluch, den ich Alfred aufgehalst habe, genau beschrieben stand. Letztes Mal war die Schrift verblasst, aber dieses Mal würde das nicht passieren! Das hatte ich im Gefühl. Also holte ich das Buch aus meiner Tasche und schlug es auf. Die Seiten waren alle beschrieben, das war ein gutes Zeichen. Und… die Seite mit dem Fluch war es auch! Ich konnte nicht anders als Lächeln, endlich konnte ich diesen faulen Zauber beenden. Der Gegenfluch stand darunter… hm… ich sollte mich auf die Person konzentrieren und an nichts anderes denken… hmpf… was war das? Ein versteckter Liebeszauber? Ein kurzer Blick auf Wirkungen und Nebenwirkungen, nein, kein Liebeszauber, Glück gehabt. Also konnte ich gefahrlos meinen Singsang beginnen. Ich las die Formel laut vor, schloss meine Augen und stellte mir Alfred vor. Es war schon seltsam, damit hatte ich keine Schwierigkeiten, ich sah ihn, als würde er genau vor mir stehen. Er lächelte mich an, kam auf mich zu und… plötzlich spürte ich einen unglaublich starken Schmerz in meiner Brust, ich keuchte auf, das Bild von Alfred verschwand vor meinem inneren Auge… Ich sah mich um… Schatten… überall waren Schatten, ich hörte sie flüstern, verstand aber nicht, was sie sagten. Es schmerzte… was passierte mit mir? Es war, als hätte mir jemand ein Schwert durch die Brust gerammt. Ich schrie auf und dann wurde alles um mich herum schwarz…
 

„Arthur! Arthur, was ist mit dir?“

„Mon Dieu, er ist ganz blass! Arthür, sieh misch an!“

Nhn… was für ein Zauber… er hatte mich ganz schön umgehauen… Nur schwach drangen Stimmen zu mir durch.

„Arthur! Hey, das ist nicht mehr witzig! Mach die Augen auf!“

„Du meine Güte! Er… er…“

Was regten die sich so auf? Ich lag doch im Bett, da konnte doch nicht viel passiert sein…

„Arthur! ARTHUR!“

Ja, Mann, schrei mir doch nicht so ins Ohr, Idiot! Ich öffnete meine Augen. Alfred und Francis hatten sich über mich gebeugt und sahen mich besorgt an.

„Was… hat er? Er… er… ist so…“

„Sein ‘erz schlägt…“

„Aber warum ist er dann so?“

Hallo? Redeten die über mich als wäre ich gar nicht da? Ein ziemlich schlechter Scherz, Francis, so etwas konnte nur von dir kommen. Ich setzte mich auf und wollte schon zu einer Schimpftriade ansetzen, da blinzelte ich. Ich spürte meinen Körper nicht mehr! Langsam drehte ich mich um und erschrak zutiefst: ich lag immer noch im Bett, die Augen geöffnet, aber leer und ausdruckslos, meine Atmung ging sichtlich schwer und tief. Aber wie konnte das sein? Ich sah Alfred und Francis an und wedelte mit der Hand vor ihren Gesichtern herum. Keine Reaktion. Sie sahen mich nicht. Das bedeutete nur eines: Ich war ein Geist! Sofort war ich auf den Beinen, immerhin war ich so nicht von meiner Krankheit betroffen. Der Spiegel! Ich musste mich davon überzeugen, dass das kein Traum war! Doch ich war nicht zu sehen, als würde ich gar nicht existieren!
 

„Arthur… wäre ich doch nur bei dir geblieben!“

Oh nein… bitte nicht weinen! Ich konnte es noch nie haben, wenn er anfing zu weinen, aber jetzt, wo er sich so sehr um mich sorgte, war es doppelt so schlimm. Ich wollte ihn in den Arm nehmen, wie ich es sonst immer getan habe, ich wusste nicht einmal, ob der Kleine das überhaupt spürte. Doch, er tat es! Aber er zitterte.

„Francis… mir ist kalt!“

„Quoi? ‘ier ist es ganz warm, isch ‘abe die ‘eizung angemacht… das ist unmöglisch!“

Erschrocken ließ ich ihn los. Nicht einmal so konnte ich ihm nahe sein und ihn trösten… verdammt! Schnell verschwand ich durch die Wand, für mich als Geist waren solche Dinge ja kein Hindernis mehr. Ich konnte sogar schweben… aber ich realisierte das überhaupt nicht, denn es tat vielmehr weh, dass ich Alfred nicht mehr nahe sein konnte. Er sah mich nicht… er spürte zwar meine Nähe, aber sie war ihm unangenehm… warum hasst man mich denn so? Jetzt habe ich vielleicht nie wieder die Möglichkeit mit Alfred zu sprechen… ich konnte ihm nicht mal durchs Haar streichen, wie ich es früher immer getan habe… Und jetzt machten sich beide Sorgen um mich… wie sollte ich ihnen das nur erklären? Oder besser gesagt… was würde passieren, wenn ich nie wieder in meinen Körper zurückkehren würde bzw. konnte? Moment, ich war einfach so weggegangen, ohne es zu versuchen. Also kehrte ich zurück in das Zimmer, lief an Alfred und Francis vorbei, die sich darum stritten, ob ich bzw. mein Körper in ein Krankenhaus sollte. Also legte ich mich hin, in meinen Körper hinein… das war ein Fehler. Wie zwei gleiche Pole stieß er mich ab und ich landete unsanft auf meinen vier Buchstaben. Okay, das war eine dumme Idee gewesen. Schnell rappelte ich mich wieder auf und stand nun vor dem Bett.
 

„Alfred… isch glaube… da will sisch jemand Arthürs Seele ‘olen…“

Francis deutete auf mich. Was? Wieso konnte er mich plötzlich sehen? Und wieso erkannte mich dieser Freak nicht? Was sahen sie denn da? Alfred wurde kreidebleich, als er mich ansah. „Ein… ein… G-g-geist!“ Er zitterte vor Angst, trat mir aber entgegen. „G-geh weg! Husch! Lass… ihn… in Ruhe!!!“* Eigentlich war das wirklich niedlich wie er da stand und versuchte einen Geist zu verscheuchen. Erst jetzt merkte ich, dass es dunkel geworden war, klar, dann konnte man Geister auch mehr wahrnehmen… „Alfred… Alfred…“, versuchte ich zu sagen, aber ich war mir nicht sicher, ob er mich verstand. Tatsächlich rannte er zu Francis und versteckte sich hinter ihm. Na wunderbar… nein, ich war NICHT eifersüchtig… „Non, verschwinde, böser Geist!“, fuhr Francis mich an und kreuzte die Finger. Als würde mich so etwas Billiges aufhalten… die beiden hatten wirklich keine Ahnung… aber einen Vorteil hatte es: ich konnte Francis endlich mal ärgern ohne dass er merkte, dass ich es war. Ein Grinsen huschte über mein Gesicht, warum war ich denn nicht eher darauf gekommen? Also ging ich weiter auf ihn zu und durch ihn hindurch. Er erschauderte, es war kein angenehmes Gefühl… es wurde richtig kalt. Aber mir machte das jetzt nichts aus. Doch Alfred, der sich mit Tränen in den Augen an Francis drückte, konnte ich das nicht antun. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus und versuchte, ihm kurz durchs Haar zu streichen, dann verließ ich das Zimmer.
 

„Er… ist weg… du musst keine Angst mehr ‘aben, mon cher…“

„Francis? Der… Geist hat meinen Namen gesagt… und mir durchs Haar gestrichen!“

„Unmöglisch… wieso sollte ein Geist das tun?“

„Aber… es hat sich schön angefühlt… irgendwie vertraut…“

„Vielleischt wollte er dir etwas sagen…“

„Nein, bitte nicht! Ich mag keine Geister! Er soll weggehen und nicht wiederkommen…“
 

Francis seufzte und sah zur Tür, durch die der unförmige Geist mit den leuchtend grünen Augen verschwunden war.

„Vielleischt sollte isch wirklisch mal einen Exorzisten anrufen… nur für den Fall der Fälle…“
 

*ich hatte das Bild aus einer Hetalia-Folge vor Augen, als Chibitalia mit einem Naginata zitternd versucht hat, einer Armee Angst einzujagen

Exorzismus mal anders...

Sorry...

Gut ein Jahr wurde Change von mir auf Eis gelegt... mir sind einfach die Ideen ausgegangen... aber da ich jetzt Urlaub und Zeit zum Schreiben habe, möchte ich die FF endlich zuende führen...

Es tut mir unendlich leid für diejenigen, die mit Spannung das neue Kapitel erwartet haben... aber jetzt ist es endlich geschafft...

Ich hoffe es gefällt euch trotzdem.

LG, Drachenengelchen
 

Exorzismus mal anders
 

Ich hatte mich in den Keller zurückgezogen… in dieser Gestalt war es mir ein Leichtes durch Wände zu gehen… ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Was war nur schief gelaufen? Ich hatte doch den Zauberspruch gewissenhaft geprüft, sodass mir diesmal kein weiteres Mal ein Fehler unterlief… aber… anscheinend führte mein Zauberbuch ein Eigenleben und jetzt hatte ich den Salat. Wie sollte ich denn jetzt an Alfred herankommen? Der Kleine hatte selbst jetzt noch panische Angst vor Geistern… und als er sich gerade so verschreckt bei Francis versteckt hatte, da… tat es mir einfach nur weh ihn so zu sehen. Also hatte ich mich zurückgezogen, das war wohl für den Moment das Beste… So… tief durchatmen und die Situation zusammenfassen: mein Körper lag also oben im Bett, zwar ohne meinen Geist, aber er lebte… Alfred machte sich richtige Sorgen um ihn… und Francis kümmerte sich um ihn… Ich gebe es nicht gerne zu, aber… vorübergehend war der Kleine wirklich in guten Händen. Das hieß ich konnte mich auf die Suche machen, um diesem Spuk ein Ende zu bereiten.

„Oh nein, mein Freund, das wirst du nicht!“

Ich blinzelte. Vor mir stand ein kleiner schwarzhaariger Junge mit fledermausähnlichen Flügeln, der mich frech anlächelte. Aber irgendwie hatte dieses Lächeln auch etwas von Ivan… und das Lächeln des Russen verhieß nichts Gutes… „Und wer bist du, Kleiner?“, fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen. Im nächsten Moment tippte er mich kurz an. „Deine Lebenszeit ist vorbei, Arthur Kirkland, nein, England…“, meinte der Kleine, „Und es wird Zeit dein Schicksal anzunehmen… im Jenseits…“ Was? „Aber…“ „Nichts da, du kommst mit mir!“ Er nahm meine Hand und im selben Moment schloss sich eine rote Blase um uns. Murphys Gesetz… ich verfluchte es in diesem Moment so sehr… ich wollte noch nicht gehen, es war doch noch nicht so spät…

„ALFRED!
 

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Ich hielt es nicht aus… selbst der Kakao, den Francis für mich gemacht hatte, schmeckte mir nicht. „Mon Chére… du wirst doch nischt etwa krank?“, fragte er mich besorgt und fühlte meine Stirn. „Nein…“, murmelte ich leise und schob den Becher mit der dampfenden Flüssigkeit von mir weg. „Mon Petit… du machst dir Sorgen, nischt wa’r?“, fragte er mich und ich nickte. „Weißt du, Francis… ich… vermisse ihn richtig…“, begann ich leise, ich konnte einfach nicht mehr… mir wurde jetzt richtig bewusst, dass mir etwas Wichtiges fehlte und ich musste es mir von der Seele reden. Im Moment war es mir sogar egal, dass ich Francis mein Herz ausschüttete, was Helden wie ich normalerweise ja nicht taten. Aber… ich war momentan kein Held… ich war nur ein kleiner Junge, der sich nicht einmal selbst helfen konnte. „Ich brauche ihn… ich brauche seine Widerworte, wenn ich wieder eine für ihn dumme Idee habe… weil er sich doch eigentlich immer um mich sorgt… ich brauche sein schreckliches Essen… weil es für mich einmal Zuhause bedeutete… ich brauche ihn, damit er mich vor Geistern beschützt… ich… ich brauche ihn so sehr!“ Ich weinte wie ein kleines Kind, Tränen kullerten über meine Wangen, ich konnte nicht aufhören zu weinen. Es war doch die Wahrheit, die da aus meinem Mund kam… zu lange hatte ich sie unter Verschluss gehalten… Doch dann wurde ich plötzlich vom Stuhl gezerrt und fand mich auf Francis‘ Schoß wieder. Mit großen Augen sah ich zu ihm auf, schniefte und schluchzte weiterhin. „Mon amour… wenn Arthür das ge’ört ‘ätte, ‘ätte er bestimmt auch geweint…“, meinte der Franzose mit einem seligen Lächeln auf den Lippen. Was? „Aber… ich will nicht, dass er weint!“, rief ich bestürzt aus und plötzlich spürte ich einen Finger auf meinen Lippen. „Das weiß isch, mon Chére. Du willst, dass er glücklisch ist… dass er disch anlächelt… dass er dein petit ‘erz zum Klopfen bringt…“ Da hatte dieser Franzose mir doch wirklich aus dem Herzen gesprochen – beängstigend. „Hah, l’amour ist so etwas Schönes…“, schwärmte er, sah mich dann aber ernst an, „Sag mal… willst du ihm das denn irgendwann auch sagen?“ Uh… au weia, das war eben das Problem… wie sollte ich Arthur das nur sagen? Ich wollte auf keinen Fall zu ihm angekrochen kommen, oh nein… so tief würde ich nicht fallen! Nein… ich bließ die Wangen auf und schwieg. Francis seufzte. „Oh je… da ‘ast du ja diesen dämlischen Stolz auch von Arthür... und davon viel su viel…“ Ich wollte schon protestieren, als plötzlich…

„ALFRED!“

Mir blieb fast das Herz stehen, als ich diesen Ruf vernahm. Panisch war ich von Francis‘ Schoß gesprungen. „Arthur… irgendwas ist mit ihm!“, rief ich und sprintete nach oben. Ich riss die Tür zu seinem Zimmer auf und erschrak zutiefst, Arthur lag schwer atmend im Bett, schnappte nach Luft. Oh nein… sofort saß ich an seiner Seite. „Arthur… Arthur, hörst du mich?“ Schon wieder kamen mir die Tränen. „Wach auf, reiß dich zusammen!“ Immerhin war Arthur England… ein kleines, aber zähes Land, das immer wieder aufstand, egal wie schwere Verluste es hinnehmen musste. „Mon dieu…“ Francis war mir gefolgt und starrte ebenso geschockt wie ich auf Arthur, der um sein Leben zu kämpfen schien…
 

~~~
 

Als ich meine Augen wieder öffnete, befand ich mich in einer seltsamen Welt, alles war von dichtem weißen Nebel umgeben. Und gleichzeitig spürte ich, dass ich mich immer mehr von meiner Welt entfernte. Das bedeutete meine Chancen wieder zurückzukehren, schwanden mit jeder Sekunde, die verstrich… „Keine Sorge… dir wird nichts passieren…“ Der Junge mit seinem Lächeln wurde mir immer unheimlicher. Er wirkte lieb und nett, aber sein Lächeln war erschreckend… „Deimos! Hör auf diese Seele zu verschrecken!“ Eine Mädchenstimme erklang und schon wurde alles in orangerotes Licht getaucht. „Eos… sei nicht so gemein…“, schmollte der Junge, der wohl Deimos hieß. Vor mir stand nun ein Mädchen in einem sonnengelben Kleid, mit roten Haaren, die der Morgensonne Konkurrenz machten. Weiße Schwingen waren gespannt und ihr zunächst strenger Blick wandelte sich in ein Lächeln als sie mich sah. „Verzeih… aber dieser kleine Wildfang von einem Dämon wollte deine Seele verschlingen…“ Na wunderbar... dachte ich mir. Als würde mir nichts schlimmeres blühen. Deimos schmollte und erinnerte mich ein wenig an den kleinen Alfred, wenn er seinen Willen nicht bekam. Alfred…

„Sag mir… was habt ihr mit mir vor?“, fragte ich, ich wollte das alles nicht glauben. Der Engel, Eos, lächelte mich an. „Du… kommst ins Fegefeuer, Arthur… deine Seele wird gereinigt, alle Erinnerungen und Erlebnisse werden ausgelöscht und du wirst wieder in die Welt hineingeboren… als anderer Mensch…“, verkündete sie mir und meine Gesichtszüge entgleisten.

Ich… würde alles vergessen? Jeden Streit mit Francis… oder Alfred… meine Piratenzeit… meine Zeit als großer Bruder… meine Kindheit… meine Feen und Elfen… Kiku… all das sollte jetzt Geschichte sein? Nein, das wollte ich nicht… „Nun komm schon…“ Sie nahm meine Hand und flog mit mir gen Himmel, Deimos im Schlepptau und meine Hoffnung, doch noch aus der Affäre gezogen zu werden, schwand mehr und mehr…
 

~~~~
 

„Wir müssen doch etwas tun…“

Francis fühlte Arthurs Puls, er hatte sich ein wenig beruhigt, aber schnappte immer noch nach Luft und ich war trotzdem noch angespannt. „Chérie, isch weiß nischt, was mit ihm passiert ist…“ Der Franzose war genau so ratlos wie ich. Denn wann kam es denn schon vor, dass ein Land krank wurde… Doch ich wollte nicht aufgeben, es musste doch einen Weg geben, es musste! Vielleicht war ich wirklich stur, aber… ich wollte um Arthur kämpfen bis zum bitteren Ende. Und Francis musterte mich nachdenklich. „Dieses Feuer in deinen Augen… du willst also wirklisch noch kämpfen?“, fragte er mich mit ungewöhnlich ernster Miene, anscheinend machte er sich auch wirklich Sorgen um Arthur, auch wenn sie immer stritten… irgendwie waren sie ja schon Freunde… „Komm, setz disch su ihm… er braucht disch jetzt…“ Er hob mich hoch und setzte mich auf seinem Bauch ab. Nachdenklich lauschte ich seinem Herzschlag. Ich hörte ihn… gut… Dann hob ich meinen Kopf und sah ihm ins Gesicht. Er war so blass… vorsichtig strich ich über seine Wange und erschrak: eine Träne fand den Weg aus seinen Augen… Nein! Ich schüttelte den Kopf, mir kamen auch wieder die Tränen. „Bitte nicht…“ Als diese Worte über meine Lippen kam, stach mir etwas ins Auge… die Kette um Arthurs Hals… mit einem Weißkopfseeadler als Anhänger… Hatte er die schon immer? Doch dieses Ding zog mich wie magisch an. Schützend legte ich meine Hände um den Anhänger. Das war mein Nationaltier… ich glaubte zwar nicht an Magie, aber… an Wunder schon… „Bitte… my Eagle… please… save Arthur… ich wünsche es mir von ganzem Herzen… bitte… rette ihn… bring ihn wieder zurück…“, murmelte ich und sackte schluchzend auf seiner Brust zusammen…
 

~~

„Das ist…“ Ich starrte in die weißen Flammen, die mir entgegenschlugen. „Das Fegefeuer…“, verkündete Eos und sah mich ernst an. „Es ist ein reinigendes Feuer, das deine Seele von allen Sünden befreit… es wird schmerzhaft sein bis deine Seele gereinigt wird…“ Deimos sah mich grinsend an. „Angst?“ Wieder dieses Lächeln. „Vergiss es, Kleiner…“, meinte ich kühl und der Kleine schmollte wieder. Und da sollte ich rein? Das war ja nicht besonders einladend… „Arthur, es ist vorbei…“ Sie beide stießen mich in die Flammen und gleich bei der ersten Berührung schrie ich auf, kniff die Augen zu. Verdammt, es fühlte sich an als würde man mir das Herz aus der Brust reißen… Doch dann war es plötzlich vorbei… ich öffnete meine Augen. Die Flammen waren verschwunden und ich… saß auf dem Rücken eines riesigen Weißkopfseeadlers… „Anscheinend ist deine Zeit doch noch nicht abgelaufen…“, kam es von Deimos… ich konnte sie in weiter Entfernung erkennen… Wärme schlug mir entgegen… ~Du musst zurück… du wirst schon… erwartet…~, kam es plötzlich von dem Adler, ehe ich das Bewusstsein verlor…



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Kommentare zu dieser Fanfic (36)
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Von: abgemeldet
2010-10-19T20:06:33+00:00 19.10.2010 22:06
So dramatisch! >.<
Wieso haben Alfred und Arthur nur solche Verständigunsschwierigeiten?
Ich könnte heulen, wenn Arthur nicht sofort wieder in seinen Körper zurück kann!
MFG Katja

PS: Wann kommt das neue Kapi?
Von:  taiyo83
2010-09-18T12:05:58+00:00 18.09.2010 14:05
Oh man... ich hatte ja gehofft, das Drama würde abreißen, aber scheinbar wird es noch dramatischer... >/////<
Armer Arthur, irgendwie klappt gar nichts mehr. Jetzt ist er ausgerechnet das, wovor Alfred am mesietn Angst hat. ;___;
Von:  chatterbox
2010-09-18T08:04:28+00:00 18.09.2010 10:04
irgendwie ist iggy etwas dummx3
faszinierend, dass al und francis ihn sehen können..
ich würd ja sagen, er hat jetz echte schwierigkeitenxD
freu mich schon aufs nächste kappi!
Von:  taiyo83
2010-09-16T17:48:19+00:00 16.09.2010 19:48
Ich finds süß, dass Alfred jetzt als Kind die Feen etc. auch sehen kann...
Und das mit dem "Ersatz" hab ich mir auch schon gedacht... warum sonst sollte ein gestandener Mann irgendwelche Hirngespinste sehen? Es wird ja in der Serie immer wieder betont, dass keiner England so wirklich leiden kann bzw. mit ihm befreundet ist. >___>
Von:  chatterbox
2010-09-08T16:21:32+00:00 08.09.2010 18:21
Toll!
endlich ein neues kappi:D
Wie niedlich Alfred ist x3
Etwas mehr vernunft hätt ich Arthur schon zugetraut...xD
Schön weiterschreiben:D
Von:  Puschi
2010-09-07T21:17:08+00:00 07.09.2010 23:17
Aww es geht weiter!! Hat sich auf jeden Fall gelohnt, zu warten!! HOffe, du hattest einen schönen Urlaub ^^
Oh mein Gott,
die kleine Elfe... wie süß ist das denn?!
Zucker *///*
Ich find´s gut, dass Alfred wieder zurück ist >.<
ach mann... nur Unsinn stellt der als Kind an!!
war toll..
bin gespannt *__*

Von:  taiyo83
2010-08-25T09:03:50+00:00 25.08.2010 11:03
Jaaaaaaaaa, ich kenn den Doji - armer kleiner Alfred, weiß gar nicht wie stark er ist...
Und natürlich macht es Francis Spaß, Arthur zu quälen - er würde ihm nicht mal unter Folter verraten, auf wen Alfred steht, ur um ihn weiter leiden zu sehen. ^,^v
Von: abgemeldet
2010-08-24T20:17:34+00:00 24.08.2010 22:17
aww armer Athur ...
Tolles Kapitel *_*
Alfred ist so süß ♥_♥

Von:  Puschi
2010-08-24T20:12:23+00:00 24.08.2010 22:12
Meine Güte, Francis~ der muss wirklich um den heißen Brei rumreden ûu"
Awwww oh gott *__*~
das Kapitel ist toll o.o und diese Situation mit den Streichhölzern >___<"
es ist klasse wie schnell es bei dir weiter geht!

Von:  chatterbox
2010-08-24T19:25:52+00:00 24.08.2010 21:25
ich würde Francis umbringen, auf der stelle, wenn er sowas erzählt!
Das ist ja vielleicht fies!!!!
Ach ja, man sollte vielleicht nicht rausrenne, wenns regnetxD
Schön brav weiterschreiben^^


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