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Apocalypse

Bevor Der Morgen Graut
von

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Albtraum

Prolog: Albtraum
 

Schmerzen. Es tat weh. Unglaublich weh sogar. Oder? Spüre ich den Schmerz schon gar nicht mehr? Es regnet, doch auch das kalte Nass spüre ich nicht.

Ich sehe nur, sehe wie die Faust zum wiederholten Male ausholt um mich zu schlagen. Wenn ich könnte würde ich mich nur zu gerne wehren, aber ich habe es aufgegeben und ertrage die Schläge lieber wie ein Mann. Zwei halten mich fest und einer schlägt zu, immer und immer wieder.

Feiglinge, denke ich. Ich bin stärker als ihr. Ihr könnt mich nicht brechen!
 

Eins. In den Magen.

Zwei. Ins Gesicht.

Drei. In den Lendenbereich.
 

Ich glaube ein Muster zu erkennen. Doch bevor meine Gehirnwindungen es entschlüsseln kann, ist es plötzlich vorbei. Ich falle in das kühle grüne Nass im Park, höre sie nur abfällig lachen.
 

„Lass dir das eine Lehre sein! Wehe du kommst uns mit deinem Backpulver noch mal in die Quere!“
 

Ich ignoriere ihre Häme und schließe stattdessen meine Augen.

Wie heiße ich? – Victor Saxtra.

Wie alt bin ich? – 22

Ich kenne noch meinen Namen und mein Alter, also ist es nicht so schlimm.
 

Meine Augen sind immer noch geschlossen. Ich versuche meine Kräfte zu sammeln und zu mobilisieren um mich zu aus dem Dreck zu erheben.

Ich weiß, ich muss zu Rick. Muss es ihm erzählen und weitermachen. Denn das ist mein Leben. Ich habe keine Wahl.
 

Wie aus dem Nichts komme ich wieder auf die Beine als wäre überhaupt nichts geschehen. Ich verstehe selbst nicht, wie ich das schaffe. Eine halbe Stunde brauche ich zu Rick. Zwanzig Minuten länger als üblich.
 

Ding Dong.
 

Die alte Klingel schallt aus dem zweiten Stockwerk zu mir herunter. Sie pfeift aus dem letzten Loch und macht damit dem heruntergekommenen Haus alle Ehre.
 

„Wer da?“, vernehme ich Ricks rauchige Stimme aus der Sprechanlage.

„Victor.“ Meine ist nur noch ein Röcheln.

„Komm hoch.“
 

Mit dem Ertönen des Summens drücke ich meinen Körper mit letzter Kraft gegen die alte Tür, quetsche mich hindurch und kämpfe mich die Treppen zu Ricks Wohnung hinauf.
 

„Scheiße Mann! Wie siehst du denn aus?“

Mir entfährt ein Stöhnen. Ich spüre den Druck zweier Hände an meinen Schultern, die mich mit sich ziehen. Ich merke, wie ich in einem weichen Sessel lande.

„Vic, was ist passiert?“

„Du kennst die Antwort schon.“

Komisch, schießt es mir durch den Kopf. Wenn ich spreche spüre ich den Schmerz in den Eingeweiden.

Die schon wieder…“

„Tut mir leid Rick. Ehrlich. Ich…was soll ich sagen?“

„Vergiss es! Die Schweine knöpfen wir uns vor. Das war einmal zu viel.“

„Ich… . Lass mich nur ein..ein wenig…ausruhen, dann komme ich mit…“

„Vergiss es Vic. Du siehst verdammt scheiße aus. Du bleibst hier und ruhst dich schön aus. Ich werd mich mit den anderen darum kümmern! Die haben uns das letzte Mal das Geschäft versaut!“
 

Ein Kilo Koks. Weg. Einfach so. Ich dachte Rick würde mich umbringen, aber er tat es nicht. Wäre ich nur nicht alleine gewesen, dann hätte ich Ricks Koks retten können.
 

Das ist der letzte Gedanke, der mich erfüllt, bevor ich das Bewusstsein verliere.

Absturz

Kapitel 1: Absturz
 

Ich weiß noch wie mein Leben war bevor ich ihm begegnet bin.

Es war scheiße. Sinnlos. Dunkel. Nicht mehr wert als Dreck.
 

Ich erinnere mich noch genau an den Morgen des schicksalhaften Tages. Es war ein sonniger Frühlingsmorgen und ich joggte gerade im Park. Jenem Park, in dem ich zwei Tage zuvor brutal zusammengeschlagen worden war:
 

Ich liebe laufen. Es hat etwas Befreiendes an sich. Je schneller ich laufe, desto einfacher wird es. Die Anstrengung, die mein Körper aufbringen muss, verschwindet plötzlich. Normalerweise bin ich sehr gut in Form, heute jedoch nicht. Grund ist meine immer noch mehr oder weniger vorhandene Versehrtheit.
 

Heute schaffe ich es also nur bis zum Parkeingang. Ich werde den Bus nehmen und mich lieber ein wenig schonen. Keine fünf Minuten muss ich warten, bis das nächste öffentliche Verkehrsmittel am Park hält. Ich zahle die Fahrt und nehme weiter hinten im Bus Platz. Die triste, graue Großstadt zieht am Fenster vorbei. Gedankenverloren gucke ich aus dem Fenster. Ohne die Bewegung fröstelt es mich jetzt doch ein wenig in meinem kurzen Sportdress. Ich fahre mir entgeistert durch die weizenblonden kurzen Haare. Gerade rechtzeitig erkenne ich noch die Straßenecke meines Wohnblocks und schaffe es gerade noch rechtzeitig auf den roten Knopf mit der Aufschrift „Stopp“ zu drücken. Der Bus hält und ich steige aus.
 

Sollte ich dieses baufällige Gebäude beschreiben, in dem sich meine heruntergekommene Wohnung befindet, fehlten mir die Worte.

Licht gab es in den Fluren schon lange nicht mehr, zahllose Graffitis und Schmierereinen zieren die wohl ehemals beigefarbenen Wände und eingetrocknete Substanzen heben sich wie Reliefs von ebenen Flächen ab. Alles in allem erweckt das Haus den Eindruck eines jahrzehntelangen, ungeputzten Scheißhauses.
 

Tja, und hier lebe ich. Wäre ich ein pikierter Mensch würde ich wahrscheinlich hier nicht leben können. Versteht mich nicht falsch, ich bin hygienisch, nur störe ich mich nicht an der ein oder anderen kleinen Kackerlake, die durch mein Zimmer flitzt. Im Grunde genommen hat sie ja mehr Angst vor mir, als ich vor ihr und mich kann so schnell nichts mehr schocken.
 

Die Tür knarrt als ich sie aufschließe. Schnell durchquere ich mein winziges Zimmer mit Kochnische und greife mir auf dem Weg zum Bett die Kellnerkleidung vom Stuhl. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich spät dran bin und sollte ich mich im „Café Karambolage“ verspäten, reißt mein Chef mir höchstwahrscheinlich den Kopf ab. Ich entkleide mich und werfe mich in Arbeitskleidung: Schwarze Stoffhose, weißes Hemd. Die Schürze ist im Laden.
 

Das Viertel, in dem das Café liegt, ist eines der schöneren dieser elenden Großstadt. Sehr malerisch – mit vielen Grünflächen, süßen kleinen Häuschen und „Hochhäusern“, die drei Stockwerke nicht überschreiten.
 

Kaum betrete ich das „Karambolage“, werde ich heftig angefahren:

„Victor Saxtra! Du bist zu spät!“

Mein Blick gleitet zu meiner Armbanduhr. Fünf Minuten nach Zwölf – fünf Minuten zu spät.

„Es tut mit Leid, Mr. Lepture.“

Ich erspare ihm irgendwelche Erklärungen oder Notlügen und belasse es lieber bei einer einfachen Entschuldigung.

Mr. Lepture, der hinter der Theke die Kaffeemaschine bedient, sieht mich geschockt an. Irritiert blicke ich zurück, denn ich kann seine Emotion nicht einordnen. Doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich sah immer noch arg mitgenommen aus. Das ich zusammengeschlagen worden war lag erst zwei Tage zurück. Mein Gesicht war immer noch geschwollen und Teile wiesen grün-blaue Stellen auf.

„Geh heim!“

Jetzt bekomme ich doch ein wenig Muffensausen. Will er etwa implizieren ich solle nach Hause gehen und nicht mehr wieder kommen?

„Entschuldigung, aber ich…ich verstehe nicht ganz.“

„Hör zu, Victor. Normalerweise bist du ein sehr anständiger, guter Mitarbeiter. Fast immer pünktlich. Aber so, wie du aussiehst kann ich dich unmöglich auf meine Kundschaft loslassen.“

Ich seufze. Wenn er nur wüsste wie anständig sein guter Mitarbeiter außerhalb seiner Schicht ist.

„Mr. Lepture, ganz davon abgesehen, dass ich wirklich gerne hier arbeite und das wissen sie auch, ich bin auf die Arbeit hier angewiesen. Ich kann doch wirklich nichts dafür, dass ich überfallen wurde.“

Wenn ich heute nicht würde arbeiten können fiel mir reichlich Stundenlohn und Trinkgeld weg… .

„Victor, ich wiederhole mich nicht gerne. Geh heim, ruh dich aus und kühle – um Gottes Willen – dein Gesicht. Komm morgen noch mal wieder.“

Mir entgleitet wieder ein Seufzen. Da ist nichts mehr zu machen.
 

Kaum habe ich den Laden verlassen, klingelt mein Handy. Ein Blick auf das Display bestätigt mir, was ich vermutet hatte: Rick.

Die grüne Taste zu betätigen fällt nicht schwer: „Ja?“

„Vic, kommst du nachher vorbei? Ich brauche dich heute Abend.“

Ich weiß, dass das keine höfliche Einladung ist, die ich einfach absagen kann. Die Frage ist eine Aufforderung und Rick lässt man nicht warten.

„Klar. Meine Schicht hat sich gerade erledigt. Ich komme.“

Rick antwortet nicht, er legt auf – wie immer.
 

Ich würde heute also doch noch Geld machen, auch wenn es nicht meine bevorzugte Methode war.

Immer noch besser als meinen Körper zu verkaufen und das habe ich nur Rick zu verdanken, genauso wie die Tatsache, dass ich nicht mehr auf der Straße lebe. Aber diese Epoche meines Lebens ist schon lange vorbei. Mit vierzehn bin ich dort gelandet. Innerhalb des Jahres lernte ich Rick kennen und als ich fünfzehn wurde, hatte ich schon ein Dach über dem Kopf.

Ich schüttelte meinen Kopf, um die unliebsamen Gedanken an diese Zeit und die Zeit davor zu vertreiben.
 

Mich beschäftigt etwas anderes: Werde ich Transporter oder Runner sein?
 


 

„Eddie und Seamus, Transporter. Vic, Andy“, er sah uns bedeutungsvoll an, „Runner.“

Hatte ich etwas anderes erwartet? Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen. Ich bin sehr schnell, also ist es nur logisch, dass Rick mich als „Runner“ einsetzt. Es hat auch seine Vorteile Runner zu sein, denn ein Runner hatte kein Koks bei sich. Das sind die „Transporter“.
 

„Eddie, Seamus, prägt euch die heutige Route gut ein. Man weiß nie wann, wo, wie und ob überhaupt die Polizei zuschlägt. Ihr müsst die Übergabe absolut perfekt hinbekommen. Der Dealer wartet im Hotel Eeloo, Raum 101.“

Eddie grinst. „Ooooooh, ein Hotel?! Das heißt also Großkunde. Gibt ne Menge Schotter.“

„Überschätze deine Position nicht, Alter“, schaltet sich Seamus ein, „ Wir sind nicht mehr als Mittelsmänner, die den Stoff von a nach b bringen.“

Eddie lacht nur. „Aber irgendwann werden wir auch ganz dick im Geschäft sein, zu den Großen gehören und so.“
 

Andy hockt still (wie immer) in einem Sessel in der Ecke und hantiert mit seinem Butterfly herum. Er redet nicht viel. Bilde ich es mir nur ein, oder sind die Schatten unter seinen Augen heute noch dunkler. Ich kann es nicht leugnen, Andy macht mir noch immer Angst. Und ausgerechnet mit dem musste ich heute laufen – wenn ich denn laufen musste.
 

„Halt’s Maul, Eddie!“ fährt Rick ihn an und setzt gleich wieder an: „ Also, Andy und Vic. Ihr wisst ja was ihr zu tun habt. Sollte irgendetwas geschehen, die Bullen auftauchen oder was auch immer, seid ihr für die Ablenkung verantwortlich. Auch ihr kennt die Umgebung bestens, verstanden.“

Ich nicke träge, versuche mich innerlich auf die „Operation“ vorzubereiten.

„Wo bekommen wir das Koks?“, schalte ich mich ein.

Rick bleibt stehen und sieht mich an als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank.

„Im Park, wo sonst?“

„Hältst du das wirklich für eine gute Idee nach dem was da letztens passiert ist? Was ist wenn die Typen wieder dort sind und uns in die Quere kommen?“

Rick bleibt stehen und rollt mit den Augen.

„Die haben ihre Abreibung bekommen. Ich denke nicht, dass sie sich so bald wieder einmischen werden.“

Ich bete, dass Rick Recht behält. Eine konkurrierende Gang und die Polizei zur selben Zeit – das konnten wir wirklich nicht gebrauchen.
 

Unser Leader blickt in die Runde.

„Sonst noch jemand irgendwelche Fragen?“

Die Jungs und ich schütteln den Kopf.

„Gut. Um 23 Uhr geht’s los. Mit Einhalt der Route dürfte das Koks Schlag Mitternacht im Eeloo sein. Verspätungen ohne triftigen Grund werden von mir sowie dem Kunden nicht akzeptiert!“
 


 

Noch zehn Minuten. Ich versuche die Adrenalinausschüttung meines Körpers zu kontrollieren – und versage kläglich. Merkwürdig, obwohl ich das schon eine halbe Ewigkeit mache bin ich vor jeder Operation immer noch nervös.
 

Andy steht keine fünfzig Meter entfernt von mir und lehnt lässig an einem Baum. Ich hoffe inständig er hat sein dämliches Messer Zuhause gelassen. Falls die Polizei uns beehren sollte gibt eine Waffe arge Probleme, Voraussetzung natürlich man wird gefasst. Ich konzentriere meine (in der Dunkelheit trainierten) Augen auf die Gestalt im halbdunkel. Irre ich mich oder blitzte dort etwas im Mondlicht?

Oh BITTE nicht….

Ich versuche mir gerade Gedanken zu machen, wie ich Andy das Scheißding abluchsen kann als es schon zu spät ist.
 

„LAAAAUUUUUUFT !!!“ , brüllt jemand. Ich glaube es ist Eddie.
 

Ich renne. Andy hastet neben mir im Dunkel durch das Gebüsch. Es raschelt. Also werden Eddie und Seamus den Weg über die Dächer nehmen. Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass sie es dort hinaufschaffen.
 

„ANDYYY! RECHTS!“
 

Als er gerade abbiegen will passiert es. Jemand bricht mitten durch die Hecke am Rande des Gebüschs und schneidet mir den Weg ab. Ich realisiere nur, dass er ein Polizist ist und das seine Waffe noch im Halter steckt. Gott sei dank!

Das alles geschieht in Sekundenschnelle. Andy ändert die Route, läuft gerade aus. Den Weg von Eddie und Seamus. Er bringt sie in Gefahr, führt die Bullen auf ihre Spur.

Ich hechte ihm hinterher und hoffe, dass Andy die nächste Abbiegung nutzt. Das tut er auch: Er rechts, ich links. Plötzlich ist es still. Niemand ist hinter mir. Ich weiß nicht ob ich dem Frieden trauen kann und mich nicht in Gefahr bringe. Risiko. Ich bleibe stehen, schließe für einen Augenblick meine Augen in der abgrundtiefen Hoffnung, dass mich nicht gleich Hände ergreifen und zu Boden drücken. Es geschieht…..nichts. Blitzschnell drehe ich mich in die Richtung, die Andy eingeschlagen hat, um. Mir entfährt ein Stöhnen. Der Bulle ist hinter ihm her und er hat eine Waffe… . Scheiße.
 

Ich setze mich wieder in Bewegung und renne nun parallel zu dem Polizisten und Andy im Dunkel auf der rechten Straßenseite, die durch eine kleine Baumallee von der anderen Spur getrennt ist. Ich weiß, dass ich schnell bin, mobilisiere alle meine Kräfte und versuche sie einzuholen und tatsächlich gelingt es mir. Als ich zwischen Andy und dem Bullen bin, renne ich quer über die Straße und dränge mich in den Abstand zwischen ihnen. Mein Kollege nimmt die nächste Biegung links und ich gebe alles um die Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Es gelingt mir, mein Verfolger bleibt auf meiner Spur. Unheimliche Freude ergreift mich kurz als ich begreife, dass ich das Ding gerade noch mal gerettet hab.
 

So plötzlich meine Freude kam, so schnell ist sie auch schon verschwunden.

Es war eine Falle. Ich bin mitten in eine Sackgasse von Polizisten geraten. Mein Verstand arbeitet blitzschnell. Ich hechte nach links, springe über eine kleine Mauer und befinde mich mitten in einem Garten. Mein Weg führt mich weiter geradeaus.

Die Schmerzgrenze meiner Belastbarkeit habe ich schon lange überschritten und so empfinde ich überhaupt gar keine Anstrengung mehr beim laufen.

Ich höre die lauten Stimme, das Rufen. Der nächste niedrige Zaun ist überwunden.
 

Doch dann sehe ich ihn. Er kommt – wie aus dem Nichts – von links. Bevor ich reagieren kann hat er mich auch schon. Ich werde heftig auf den grünen Untergrund gepresst, spüre den schweren Körper auf meinem. Ich kann ihn nicht sehen, denn mein Gesicht liegt im Dreck und so vernehme ich nur seine Präsenz. Sein Atem ist heiß, streift mein Ohr und dann höre ich seine Stimme: Sie war tief und samtweich. Hätte das Material „Samt“ eine Stimme – seine wär’s gewesen.

Er flüstert die Worte nur, es hat etwas Unheimliches:

„Im Namen des Gesetzes, sie sind verhaftet. Alles, was sie sagen, kann vor Gericht gegen sie verwendet werden. Wenn sie einen Anwalt haben….“

Ich schalte meinen Kopf ab. Warum ihm zuhören? Es ist vorbei. Alles ist vorbei.
 

Es ist 23:15 Uhr als sie mich in den Streifenwagen verfrachten.
 


 

Ich sehe die Faust, wie sie auf mich zuschnellt. Meine Hände sind hinter dem Stuhl mit Schellen befestigt. Selbst wenn ich wollte, ich könnte mich unmöglich wehren.

„Rede endlich du Hurensohn!“
 

Mein Gesicht hatte sich noch nicht einmal von dem letzten Vorfall erholt und jetzt wurde ich schon wieder vermöbelt. Ich weiß schon gar nicht mehr ob ich überhaupt jemals wieder im „Karambolage“ arbeiten kann. Vorher würde ich schon ein Kilo Camouflage benötigen.

Ich tröste mich mit dem Gedanken, dass sie doch überhaupt nichts gegen mich in der Hand haben. Sie können mich vielleicht für eine Nacht wegsperren, aber das war’s auch schon.
 

Die Tür zum Verhörraum wird geöffnet und ich sehe, wie ein weiterer Polizist hineintritt. Aber er wirkt total deplaziert. Mit dieser Figur und dem Aussehen gehört er eher in ein Modemagazin aber keinesfalls in den Beamtenapparat.
 

Ich blicke an der großen Statur hinauf, von den Füßen bis zum Hals. Er ist schlank, sehr groß. Geschätzte 1,90 Meter. Breiter Brustkorb, sehr muskulös. Sein Gesicht war kantig, die Haare rabenschwarz und kurz. Tiefblaue Augen…..
 

Ich bemerke erst wie ich ihn anstarre als er den anderen Bullen hinausschickt.

„Mach mal ne Pause.“

Die Stimme…. .

Tief, wie flüssiger Samt.

Es ist der Polizist, der mich geschnappt hat.
 

Der Kerl ignoriert mich. Er legt einen Stapel Akten auf ein Board links neben der Tür, greift nach einem Becher und schenkt sich Kaffee ein.
 

Ich habe das Gefühl die Temperatur im Raum ist um 10 Grad gesunken. Alles wäre mir lieber gewesen. Zehntausend Schläge wären mir lieber gewesen, aber nicht diese Atomsphäre. Sie geht von diesem Mann aus. Er hat eine mysteriöse Aura, vor der ich einerseits am liebsten weglaufen würde, die mich aber auf der anderen Seite fasziniert und…fesselt.
 

Es scheint eine Ewigkeit zu vergehen, in der sich dieser Mann mit allem anderen nur nicht mir beschäftigt. Unsicherheit breitet sich in meinem Körper aus. War ich mir vorhin noch sicher gewesen, dass mir nicht viel passieren kann, bin ich es jetzt ganz und gar nicht mehr. Ich werde immer nervöser, auch wenn ich es mir nicht gerne eingestehe.
 

Dann, endlich, bricht er das Schweigen. Diese Tatsache in der Kombination mit seiner Stimme versetzt mir eine Gänsehaut. Schauer rieseln meinen Rücken hinunter.

„So Victor, erzähl doch mal.“

Er sieht mich nicht an, während er spricht. Ich bin irritiert und verwirrt. Warum verhält er sich so und woher kennt er überhaupt meinen Namen?

Ich muss mich orientieren und dann verstehe ich es auch. Die Akten…. . Natürlich.

„Was?“ , entgegne ich ruhig, auch wenn es in meinem Inneren überhaupt nicht ruhig ist.

„Sieh mal an. Haben wir also doch nicht die Stimme verloren?“
 

Ich fasse es nicht! Die ganze Zeit habe ich durchgehalten, habe geschwiegen und kaum erscheint dieser Mann auf der Bildfläche, schon spreche ich. Bilde ich es mir ein oder schwingt ein Hauch von Spott in seiner Stimme mit?

„Wie dem auch sei. Warum warst du heute Abend im Park?“

Zusammenreißen !!! Ich starre auf die Tischfläche. Ich habe Angst in seine dunkelblauen Saphire zu blicken, Angst, dass sie die Wahrheit aus mir herauspressen.

„Tse, tse, tse….Victor.“

Nicht hingucken!

„Victor… . Du strapazierst meine Geduld. Ich werde dich nicht schlagen, wie mein Kollege. Das ist einfach nicht meine Art, aber du bist zu unwichtig als das ich meine Zeit mit dir vergeude.“

Ich beiße auf meine Unterlippe. Diese Stimme frisst sich in meinen Gehörgang, versucht meinem Gehirn einzureden es sei ganz einfach auszupacken.

Nie! Nie werde ich Rick und die anderen verraten. Das wiederum ist nicht meine Art!

Er seufzt.

Scheinbar begreift er schneller als sein Vorgänger.

„Wie du möchtest. Ich wünsche dir eine gute Nacht auf der Pritsche.“
 

Der Polizist steht auf, geht um den Tisch herum und packt mich. Ich habe das Gefühl die Berührung versetzt mir einen Schlag. Die Stelle des Armes, an der er mich vom Stuhl hochzieht, wurde warm. Es kribbelte unter der Haut. Es verwirrt mich. Ist es der sonst ewig währende Ekel vor der Berührung durch andere Menschen oder ist es diesmal anders. Ich mag es nicht, wenn mich Menschen anfassen, warum sollte sich das jetzt geändert haben?
 

Der Mann führt mich aus dem Verhörraum, einen langen Gang hinunter in den Zellentrackt. Er hält vor einer Zelle, sperrt die Tür auf und gibt mir einen Stoß hinein.

Klack. Klack. Klack. Ich höre, wie sich der Schlüssel im Schloss dreht.

Dann dreht er sich um und geht davon ohne mich noch eines Blickes zu würdigen oder ein Wort an mich zu verlieren.
 

Ich mache mich auf eine ungemütliche Nacht im Revier gefasst. Ich war schon vom Anfang des Verhörs an darauf gefasst gewesen. Was soll’s! Ich hatte schon schlimmere Nächte in meinem Leben.

Katz und Maus - Das Spiel Beginnt

Kapitel 2: Katz und Maus – Das Spiel beginnt
 

Seit meiner Nacht im Revier sind zwei Tage vergangen.

Ein Blick in den Spiegel meiner kleinen Bruchbude zeigt mir, dass ich nicht so schlimm aussehe wie befürchtet. Klar habe ich noch unnatürliche Verfärbungen im Gesicht, aber in abgeschwächter Form.

Nach wie vor gibt es nur ein bleibendes Merkmal in meinem Gesicht, das niemals verschwinden wird: Die helle, senkrecht verlaufende Narbe auf meiner rechten Wange. Sie ist nicht besonders auffällig, aber doch ein Zeichen meiner Vergangenheit.
 

Es ist Montagmittag, in einer Stunde würde meine Schicht im Café beginnen und ich hoffe inständig, dass mein Chef mich heute nicht wieder nach Hause schickt.
 

Ich tauche meinen Kopf in das, mit eiskaltem Wasser gefüllte, Waschbecken. Das tut gut. Über eine Minute verharre ich mit dem Kopf unterm Wasser, ehe ich ihn mit einem Schwung herausziehe und die gegenüber liegende Wand mit den nassen Haaren voll spritze. Das kühle Nass läuft an meinem Oberkörper hinab, während ich mich erschöpft auf mein Bett purzeln lasse.
 

Der Polizist geht mir nicht mehr aus dem Kopf und das ist eine Tatsache, die mich völlig erstaunt. Noch nie hat es ein Fremder geschafft solch einen bleibenden Eindruck bei mir zu hinterlassen, dass ich selbst zwei Tage später noch an ihn denken muss. Was war nur los? Dieses Erscheinungsbild, die tiefe samtene Stimme, die Art wie er mit mir umgesprungen ist, die Atmosphäre in dem Verhörraum – all das ließ mich nicht mehr los. Eins wusste ich: Auch wenn ich immer noch über ihn nachdenken muss, wieder sehen will ich ihn ganz sicherlich nicht. Er hat etwas unglaublich Unheimliches und Bedrohliches an sich – das mich gleichsam in den Bann zieht.
 

Ich ziehe das weiße Hemd meiner Kellnerkleidung an, ehe ich hinaus in die warme Frühlingssonne trete. Unten an der Straßenecke warte ich auf den Bus. Es ist ein schöner Tag. Die Straßen sind voller Leben: Menschen laufen mit Einkaufstüten auf den Bürgersteigen und Autos fahren im Schritttempo an mir vorbei. Meine grauen Augen starren geradeaus ins Leere. Wie gewöhnlich interessiert mich das Geschehen um mich herum nicht. Erst als der Bus um die Ecke biegt, rege ich mich, schaue ihn an wie er näher kommt und schließlich vor meiner Nase hält. Ich zahle die Fahrt und nehme Platz.
 

Lautlos öffne ich die Eingangstür des Café Karambolage. Mr. Lepture ist nirgends zu sehen. Nur mein Kollege ist da und bedient gerade eine junge Frau ganz in der Nähe des Tresens.

„Oh, hi Victor!“

„Ist der Chef gar nicht da?“

„Doch, doch. Der ist gerade im Keller und holt Maronenkuchen.“

Ich nicke, gehe um den Tresen mit den Kuchenauslagen herum und verschwinde im angrenzenden Flur. Im Raum mit der Aufschrift Privat finde ich meine Schürze vor, die ich mir fix umbinde. Ich bin ein bisschen nervös und angespannt, weil ich Angst habe Lepture könnte mich wieder nach Hause schicken, wenn er mich sieht. Ich seufze.

Wieder hinter dem Tresen, beginne ich damit die Auslage zu sortieren. Mein Chef kommt mit dem Kuchenblech die Treppe hinauf, geht an mir vorbei, sieht mich an und bedenkt mich dann nur mit einem Kopfschütteln.

Pffffuuu…

Glück gehabt! Das heißt, ich kann heute arbeiten. Gerade, als ich das denke, sagt mein Chef:

„Du hast wirklich Glück, Victor. Wenn ich dich heute nicht unbedingt brauchen würde, hätte ich dich wieder heim geschickt. Und jetzt bediene den Kunden!“

Kunden? Ich habe so sehr darüber nachgedacht, ob ich wieder gehen müsste und vielleicht sogar für immer, dass ich gar nicht bemerkt habe, wie jemand das Café betreten hat.

Ich nähere mich langsam dem Tisch, an dem die Person sitzt.

„Guten Tag, was darf es für sie sein?“

Erst jetzt schaue ich dem Mann ins Gesicht. Während ich äußerlich ganz ruhig bleibe, trifft mich innerlich der Schlag. Es ist der Polizist.

„Hallo Victor…“

Ein sarkastisches Lächeln breitet sich auf seinen Zügen aus, ganz so als hätte er einen besonders guten Witz gemacht.

„Was wollen sie hier?“

Gespielt irritiert blickt er mich an.

„Nun ja, ich dachte dies sei ein Café?“

Ich atme tief ein.

„Das ist richtig. Also, was darf ich ihnen bringen?“

Es gibt zehntausend Cafés in dieser Stadt, in denen ich nicht arbeite!

„Einen schwarzen Kaffee bitte.“

„Kommt sofort“, entgegne ich.

Ich gehe zurück hinter die Theke und brühe einen frischen Kaffee. In Gedanken versuche ich mir der Bedeutung dieses Besuches klar zu werden.

Mir konnte nicht nachgewiesen werden, was ich vor zwei Nächten im Park gemacht habe. Ich hatte weder Drogen, Waffen oder sonst irgendetwas Verbotenes bei mir gehabt. Und trotzdem war dieser Polizist jetzt hier. Sollte ich etwa für eine Weile überwacht werden? Hatten die etwa einen konkreten Verdacht gegen mich? Wollte mich dieser Bulle mit seiner Anwesenheit verunsichern? Es ist wohl das Beste, wenn ich für eine Zeit pausiere. Gleich heute Abend würde ich Rick anrufen und ihm die neuesten Begebenheiten schildern. Er würde nicht sonderlich erfreut sein.

Die Maschine hat ihren Durchlauf beendet. Fix lege ich einen Karamellkeks auf den Unterteller der Tasse und bringe sie zu dem Typen.

„Bitteschön.“

Er beachtet mich nicht, sieht nicht einmal auf, als ich an seinen Tisch trete. Stattdessen ist er in seine Zeitung vertieft.

Ich belasse es dabei und gehe zurück an meine Arbeit. Als ich gerade die Verkaufstheke mit einem Lappen abwische, registriere ich aus dem Augenwinkel, dass der Kerl aufsteht und Geld auf den Tisch legt. Schnell fixiere ich die Arbeitsplatte und ziehe mit dem Wisch energisch meine Kreise. Auch wenn dieses Aufeinandertreffen nicht so unheimlich und bedrohlich verlaufen ist wie vor zwei Tagen, darauf scharf, ihm in die Augen zu blicken, bin ich trotzdem nicht.

„Wiedersehen.“

Seine Stimme – flüssiges Karamell! Wäre ich vorhin nicht so geschockt gewesen, hätte seine Stimme sicherlich dann schon meine Knie zum Zittern gebracht. Wie kann man sich nur mit so einem unterhalten, wenn seine Stimme einen derart irritiert und verwirrt? Ich schüttle den Kopf, während die Tür geräuschlos zufällt.

Erst als mein Chef mich von der Seite anherrscht, löse ich mich aus meiner Putzstarre.

„Verabschieden wir jetzt unsere Kunden nicht mehr, oder was?!“

Ich begegne seinem bösen Blick.

„Ich…, was…? Entschuldigung!“

Wieder bedenkt mich Mr. Lepture nur mit einem Kopfschütteln.

„Irgendwas stimmt nicht mit dir Saxtra. Wahrscheinlich war einer der zahllosen Schläge auf deine Birne einer zuviel. Reiß dich mal zusammen.“

Ich nicke und belasse es dabei.

Der übrige Arbeitstag gestaltet sich recht ruhig. Gewöhnlich für einen Montag. Am Begin der Woche war nie der große Run auf Cafés.
 

„Bis morgen dann“, rufe ich bevor ich das Karambolage um 18:00 Uhr durch den Hintereingang verlasse. Ich durchquere den Hinterhof und passiere den schmalen Durchgang zur Straße. Als ich um die Ecke laufe und gerade am Gurt meiner Umhängetasche hantiere, räuspert sich jemand vernehmlich. Ich blicke auf und sehe wieder diesen Polizisten. Er lehnt an der Karosserie eines schwarzen Audis.

Dieses Mal erschrecke ich mich nicht. So etwas in der Art hatte ich schon erwartet und das sollte man wohl auch, wenn man sich nicht mehr des Gedankens der Überwachung erwehren kann.

„Was wollen sie denn diesmal? Kaffee wohl eher nicht, oder?“

Er übergeht meine sarkastische Frage.

„Komm, steig ein.“ Während er das sagt öffnet er die Beifahrertür.

Komm, steig ein. Ja, klar! Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als zu dem Feind ins Auto zu steigen.

„Hören sie, ich habe nichts verbrochen und wenn es sie nicht stört würde ich jetzt gerne nach Hause gehen.“

Er lächelt. Mir fällt auf, dass er sich jetzt zum ersten Mal ganz auf mich konzentriert. Er sieht mich an und seine tiefblauen Saphire lassen mich nicht aus den Augen.

„Ich fahre dich heim.“

Diese Stimme, sie geht mir durch Mark und Bein. Sie ist fast schon ein bisschen unangenehm. Ich weiß wirklich nicht, ob ich mich jemals daran gewöhnen kann.

„Ja, schon klar. Selbst wenn dies der Wahrheit entspräche bin ich nicht daran interessiert ihnen auch noch meinen Wohnort auf dem Silbertablett zu servieren.“

Wieder lächelt er mich an. Es hat etwas Zärtliches.

„Victor, wenn ich wissen will wo du wohnst, dann finde ich das auch heraus. Du erinnerst dich an meinen Beruf? Also komm schon und steig ein.“

Ich weiß nicht warum, aber ich bewege mich tatsächlich plötzlich auf den Wagen zu. Scheinbar hat er dieses Mal durch seine Stimme erreicht, was er wollte. Was soll’s?! Er hat ja Recht, wenn er will ist es ein Leichtes für ihn meine Adresse herauszubekommen.

Ich gleite auf den Sitz aus butterweichem schwarzem Leder und schnalle mich an. Noch ehe der Kerl auf dem Fahrersitz Platz nimmt, breitet sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend aus.

Das leise Surren des Motors holt mich in die Realität zurück. Der Wagen fährt los.

„Also? Wohin geht’s?“

„Tinolpstreet 14, Ecke Westernend.“

Er erwidert darauf nichts, sondern blickt nur auf die Straße, während er den Wagen über die nächste Kreuzung steuert.
 

„Ich heiße übrigens Adam, Adam Wellert.“

Die Aussage kommt so unerwartet, dass ich ihn entgeistert anstarre. Während der ganzen Fahrt hatte er kein Wort mit mir gesprochen und jetzt plötzlich ertönt wieder diese Stimme, kurz bevor wir an meiner Wohnung ankommen sollten.

Ehe ich etwas antworten kann - was auch immer das sein sollte - setzt er schon wieder an:

„Ich finde es nur fair, wenn du auch meinen Namen kennst.“

Jetzt bin ich wirklich irritiert. So wie er das sagt, klingt es fast ein bisschen so, als ob er wolle, dass wir Gleichberechtigte in einem Spiel sind.

„Wie auch immer“, sage ich. „Da vorne ist es.“

Adam lenkt den Audi um die Ecke und hält schließlich am gegenüberliegenden Straßenrand.

Ich will gerade aussteigen, als ich am Arm gepackt und zurückgehalten werde.

„Ich würde gerne noch mit nach oben kommen.“

„Was?“, entfährt es mir.

Seine Augen verengen sich, während er mich missbilligend ansieht.

„Das war keine Bitte, Victor!“

„Wie bitte?“ Panik steigt in mir auf und ich kann noch nicht mal genau sagen weshalb. Nüchtern betrachtet hat diese Szene bestimmt nichts Gefährliches an sich, oder?

„Hören sie“, meine Stimme klingt ein wenig atemlos, „ich will nicht unhöflich sein, aber ich will sie nicht in meine Wohnung lassen!“

Seine Augen, der kritische Blick - sie fesseln mich immer noch. Adams strenger Ausdruck verwandelt sich in ein mildes Lächeln.

„Wovor hast du Angst, Victor? Ich bin Polizist, ich bin dein Freund und nicht das Böse.“

Dein Freund… . Das kommt auf den Blickwinkel an und, warum auch immer, ich war mir nicht ganz sicher, dass dieser Mann nicht böse war.

„Wie oft bist du in letzter Zeit zusammengeschlagen worden?“

Ich kneife die Augen zu. Diese Stimme, diese vermaledeite Stimme – sie frisst sich wieder in meinen Gehörgang, versucht mich davon zu überzeugen, dass es richtig ist, was er sagt. Das es ganz einfach ist. Wie kann ein Mensch nur so manipulativ sein?

Ich höre, wie eine Autotür zugeknallt wird. Adam hat den Wagen verlassen und steht jetzt neben mir.

„Steig aus.“

Tatsächlich tue ich das auch. Ich gebe mich geschlagen. Was soll schon passieren, wenn er kurz mitkommt?
 

Schritt für Schritt folgt Adam mir: erst zum Haus, durch das Treppenhaus, dann den Flur entlang und schließlich hinein in meine Bruchbude.

Er sagt nichts als er die beschauliche und abstoßende Behausung in Augenschein nimmt. Wozu auch? Und irgendwie bin ich ihm dankbar dafür, immerhin weiß ich selbst, dass es nicht besonders wohnlich ist.
 

Ich schnappe mir ein rotes T-Shirt und eine schwarze, löchrige Jeans vom Stuhl und verschwinde in das angrenzende winzige Bad, um mich umzuziehen. Keine fünf Minuten vergehen, ehe ich wieder zu dem Fremden in mein Zimmer stoße. Er sitzt auf dem zerschlissenen Stuhl und sieht auf, als ich den Raum betrete. Interessiert wandert sein Blick über meinen Körper. Ich gestehe, dass ich in meiner grenzenlosen Naivität seinen Blick nicht verstehe, denn ich verstehe nicht, was an mir so interessant sein sollte, dass es eingehender Betrachtung bedarf.
 

„Und? Hat sich ein Attentäter unter dem Bett versteckt?“, frage ich ihn gelangweilt.

Er lächelt müde – die einzige Reaktion auf meinen Sarkasmus.

Eigentlich wollte ich doch nur schlafen und vorher noch mit Rick sprechen. Jetzt aber hatte ich einen Polizisten zwischen meinem Bett und meiner Spüle sitzen.
 

Es ist so gar nicht meine Art sarkastisch zu sein. Ich fand das irgendwie schon immer kindisch und das Letzte was ich wollte war das Bild eines bockigen Kindes abzugeben. Und obwohl Sarkasmus so gar nicht meine Art ist, ist meine nächste Aussage ebenfalls von ihm beflügelt:

„Wäre wohl auch etwas überraschend, wenn man bedenkt, dass ich ja hier der Böse bin.“
 

Sein Lächeln wird intensiver.
 

Ich betrachte ihn nun meinerseits. Seit dem unvorhergesehenen Aufeinandertreffen heute Mittag habe ich seinen Anblick gescheut und seine Erscheinung im Ganzen vielmehr durch einen Schleier wahrgenommen. So fiel mir erst jetzt auf, dass Adam heute nicht seine Polizistenuniform trug. Stattdessen spannte sich ein weißes Hemd über den breiten muskulösen Oberkörper. Die schlanken und ebenfalls trainierten Beine steckten in einer schwarzen, legeren Jeans. Seine Schuhe waren elegante schwarze Herrenschuhe. Abgerundet wurde das Bild durch die schwarze Motorradlederjacke.
 

„Hast du etwa den Eindruck, dass dies meine Auffassung der Dinge ist?“
 

„Warum sonst sollten sie jetzt hier sein? Sie machen ihren Job.“

Das Lächeln verwandelt sich in ein Lachen. Das erste Mal, dass ich ihn lachen höre: Ein tiefes sonores Lachen.

„Und jetzt machen sie sich auch noch lustig über mich.“

Er steht auf.
 

„Nein, du verhältst dich nur sehr ablehnend mir gegenüber und das amüsiert mich.“
 

„Sie stehen also auf so was, ja? Wenn Leute ihnen aus dem Weg gehen und kein nettes Wort für sie übrig haben.“

Ich weiß nicht wie, aber plötzlich steht Adam vor mir und lächelt.
 

„Nein“, sagt er.
 

Sein Arm bewegt sich und seine Hand ist plötzlich rechts von meinem Kopf. Noch bevor seine Stimme ansetzt, spüre ich wie er mir sanft durch die Haare streicht.
 

„Ich habe nur Menschen satt, die sich mir aufdrängen.“
 

Seine Augen lassen mich nicht los.

Und dennoch versuche ich mich loszureißen und gewinne.
 

„N.I.C.H.T. …. A.N.F.A.S.S.E.N!!!“
 

Ich presse meine Lippen zusammen und muss die Worte beinahe ausspucken. Wut erfasst mich. Wie kann dieser Kerl es wagen mich anzurühren? Ich hasse das! Ich hasse es von anderen angefasst zu werden!

Er realisiert, dass er einen Fehler begangen hat. Seine Augen verengen sich und er betrachtet mich kritisch: meinen Gesichtsausdruck und meine steife Körperhaltung. Adam versucht meine Reaktion zu ergründen, aber ich lasse ihm nicht die Chance dazu.

„Verschwinden Sie!“

Die Worte kommen mir ganz sachte über die Lippen. Ich spreche sie mit allem aus, was mich ausmacht.

Von einem zum nächsten Moment ändert sich seine Mimik und er wirkt wieder desinteressiert.

Ich rechne mit allem, nur nicht mit den Worten, die er dann ausspricht:
 

„Du weißt bereits, dass ich nicht verschwinden werde.“
 

Er dreht sich um und schließt die Tür hinter sich.
 

Ich werde nicht schlau aus ihm. Die Bedeutung seiner Worte erschließt sich mir nicht. Es war nur ein Satz – ein Satz, in dem viel stecken konnte. Allem voran wohl ein Versprechen, ein Versprechen das ich nicht verstand. Weshalb machte ein Typ, den ich kaum kannte, solche Andeutungen?
 

Es vergehen fünf Minuten, in denen ich wie ein Trottel in der Mitte meines Raumes stehe und auf die Tür starre. Ich schüttle meine Gedanken ab und erst dann regt sich wieder Leben in meinen Gliedern.
 

Rick…!
 

Ich gehe zum Bett und greife nach dem Telefon, welches Griffbereit auf dem Nachtisch liegt. Ich weiß, dass dieses Telefonat unangenehm wird. Seine Nummer ist ganz einfach.

Ich vernehme das Freizeichen:
 

dut…dut…dut

klick
 

„Hallo?“

Ich höre ihm schon an, dass er schlechte Laune hat. Kein Wunder nach dem Desaster von vor zwei Tagen. Zwar wurde der Deal noch problemlos abgewickelt, aber der ganze Rest war mehr als unproblematisch verlaufen.

Nachdem Rick mitbekommen hatte, was passiert war, ist er an die Decke gegangen. Total ausgerastet ist er.
 

„Hier ist Vic. Ich mach es kurz: E sieht so aus, als werde ich überwacht. In nächster Zeit kannst du nicht mit mir rechnen.“

Am anderen Ende der Leitung: Stille. Totenstille. Eine halbe Ewigkeit lang.

Dann, endlich, höre ich ihn seufzen.

„Du entwickelst dich zu einem echten Problem, Vic.“

Ich schweige und schlucke.

„Du weißt, dass ich dich brauche… . Du bist mein bester Mann. Aber in letzter Zeit bist du…sehr…unzuverlässig!“

Ich kenne Rick nun schon lange genug, um zu wissen, dass ich ihm in solchen Momenten mit Stärke entgegentreten muss.

„Und du weißt genauso gut wie ich, dass ich an dieser Misere keine Schuld trage!“

„Du hast dich sehr unfähig verhalten. Erst lässt du dich von den Bullen schnappen und jetzt hast du auch noch einen von denen im Nacken kleben.“

„Verdammte Scheiße, Rick! Ich hab dir den Arsch gerettet, verdammt noch mal! Und das weißt du auch! Wie tief, denkst du, hätten wir in der Scheiße gesessen, wenn sie Andy statt mir geschnappt hätten? Er hatte sein verficktes Butterfly dabei! Und jetzt sag mir nicht Andy hätte sich nicht schnappen lassen! Erst hat er die Bullen auf Eddies und Seamus Route geführt und dann ist er auch noch geradewegs auf die Falle zugelaufen! Zum Henker, wahrscheinlich hätte er das Ding auch noch benutzt!“

Am anderen Ende der Leitung war nun wieder Stille. Die Sekunden verstrichen.

„Das ändert trotzdem nichts an unserer gegenwärtigen Lage, die mit Verlaub, beschissen ist!“

„Das brauchst du mir nicht zu sagen. Wenn du jemanden dafür verantwortlich machen musst, dann ist es Andy. Ich kann nichts dafür, dass dieser Bulle mir jetzt hinterher tingelt und das sogar bis in meine Wohnung!“
 

„……………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………

....Ruf nicht wieder an!“
 

dutdutdutdutdut
 

Aufgelegt.

Ich verstand es nicht. Ich meine, es war nicht ungewöhnlich, dass Rick einfach auflegte. Jedoch verstand ich nicht, dass er das Gespräch so abrupt abgebrochen hatte. Wir waren doch noch nicht am Ende gewesen, oder?
 

Wie sollte ich auch ahnen, was sich in meinem Telefonhörer befand? Wie sollte ich ahnen, dass eine gewisse Person in ihrem Wagen auf der Straße mein Gespräch mit Rick belauscht und aufgezeichnet hat?
 

Eigentlich sollte ich es besser wissen!
 

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Hallöchen! Das war Kapitel 2. Es wird schnell weitergehen!

Ich würde mich freuen, wenn ich ein paar mehr Kommentare von euch erhalten würde. ;) LG Death-By-Chocolate

... Den Bullen loswerden ...

Kapitel 3: …Den Bullen loswerden…
 

Eine gefühlte Ewigkeit hat es gedauert.
 

„Du entwickelst dich zu einem echten Gefahrenpotenzial!“
 

Ricks Worte hallen immer noch durch meinen Kopf. Ich schaue auf die Uhr. Es ist noch keine Stunde her, seit ich meine Wohnung verließ. Das zurückgebliebene Chaos war einfach zu viel für mich.

Rick hatte meine Bruchbude komplett auf den Kopf gestellt. In den frühen Morgenstunden stand er plötzlich vermummt in meiner Tür, bedeutete mir kein Wort zu sagen. Stattdessen kommunizierte er über einen großen weißen DIN A4 Zettel mit mir.
 

Ich wette, deine Bude ist verwanzt.
 

Das war der erste Satz auf dem Zettel gewesen. Ich war schockiert, zweifelte aber gleichzeitig an Ricks Verstand. Warum um alles in der Welt sollte meine Bude verwanzt sein? Die Vorstellung war absurd. Natürlich brauchte ich nicht lange, um mir selbst darauf zu kommen: Ich hatte – bescheuert wie ich war – einen Bullen unbeaufsichtigt in meinem Zimmer gelassen, während ich mich im Bad umgezogen hatte. Wie konnte ich nur so verdammt blöd sein?
 

Nachdem ich Rick – via Blatt – die ganze Geschichte mitgeteilt hatte, hatte er damit begonnen mein Zimmer auf den Kopf zu stellen. Tatsächlich hatte er auch zwei Wanzen gefunden: eine im Telefon und eine unter der Spüle. Im Badezimmer konnte nichts sein, da dort nur ich gewesen war.

Das Telefon hatte Rick dann gegen ein neues ausgetauscht, ebenfalls mein Handy.

„Für alle Fälle“
 

Bei dem Gedanken an das Gespräch, was dann folgte, erfasst mich noch jetzt ein Schaudern. Ich hatte es bereits größtenteils in mein Unterbewusstsein verbannt, doch zwei entscheidende Aussagen hämmern noch immer in meinem Schädel, so präsent als hätte Rick sie mir gerade erst ins Gesicht geschrieen:
 

„Verdammte Scheiße! Bist du Anfänger oder was? Du entwickelst dich zu einem echten Gefahrenpotenzial!“
 

„Wirklich, Vic! Du bringst unsere kleine Familie in Gefahr. Die Familie, die ich geschaffen habe. Du musst den Bullen los werden…“
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Ich schlucke, während ich durch den Park spaziere. Es ist kühl heute. Die Sonne hat sich hinter einer dicken Wolkendecke verzogen.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Noch immer versuche ich mir einzureden, dass Rick es nicht so meint, wie er es ausgedrückt hat. Ich soll ihn loswerden. Na gut. Er soll das Interesse an mir verlieren, mich nicht mehr überwachen und sich wieder seiner ganz alltäglichen Berufspraxis widmen.
 

Aber ich soll ihn nicht umbringen…..! Ausgeschlossen! Rick hat es nicht so ausgedrückt!
 

….aber er hat es so gemeint…! meldete sich mein Unterbewusstsein.
 

Hätte ich damit rechnen sollen? Der Tag, an dem ich das erste Mal ein Leben auslösche? Wie eine Kerze im Wind? Weil Rick es so will? Würde ich wirklich für Rick töten? Oder töten können? Schuldete ich ihm tatsächlich so viel?
 

Ich bleibe an dem See stehen, blicke hinunter in das tiefblaue Wasser. Es erinnert mich an zwei Saphire… .

Ich sehe mich gespiegelt im Wasser. Bin das wirklich noch ich? War ich jemals ich?

Wie von selbst finden meine Hände ihren Weg in meine weizenblonden Haare und raufen sie, bis sie wuschelig zu allen Seiten stehen.
 

Wer bin ich?!
 

Es schreit aus all meinen Poren!
 

WER BIN ICH?!
 

Ich greife nach einem Stein und schleudere ihn soweit hinaus, wie ich kann. Hart schlägt er auf das saphirblaue Wasser auf. Zerstört den Frieden der Oberfläche.

In meinen tristen grauen Augen sammelt sich die Verzweiflung.

Wut übermannt mich und ich lasse sie an einer alten Eiche am Seeufer aus. Ich mache mir nicht die Mühe die Tritte gegen den alten Stamm zu zählen.

Völlig erschöpft lasse ich mich auf eine Bank, etwas weiter vom Ufer entfernt, sinken.
 

Eine ganze Weile sitze ich so da. Versuche meinen Kopf abzuschalten, mich zu entspannen, doch es will mir einfach nicht gelingen.
 

…………….Den Bullen loswerden……..

…………….Den Bullen loswerden……..

…………….Den Bullen loswerden……..
 

„Wer ist Rick?“
 

Ich schrecke auf, drehe mich zur Seite und erblicke ihn.

Adam Wellert sitzt neben mir auf der Parkbank als wäre es das Natürlichste der Welt. Seit wann saß er schon da? Ich hatte nicht bemerkt, dass sich jemand zu mir gesellt hatte.

Er schaut mich nicht an, stattdessen blickt er hinaus auf den See. Ich tue es ihm gleich.
 

Es vergehen einige Minuten, ich habe keine Lust ihm zu antworten.
 

„Wer ist Rick, Victor?“
 

Seltsam. Heute besitzt seine tiefe samtene Stimme keine Macht über mich. Sie hat ihren manipulierenden Zauber eingebüßt – zumindest für den Augenblick.

Er wird also keine Antworten von mir bekommen. Ich werde nicht auspacken! Sich darüber im Klaren zu sein, macht die Situation einfacher.
 

„Oder Eddie, Seamus und … Andy?“
 

Bei dem letzten ausgesprochenen Namen kann ich ihn lächeln hören.

Ich schwieg.

Es vergehen wieder einige Minuten.
 

„Weißt du, Victor, du brauchst mir überhaupt nichts erzählen. Ich weiß bereits alles, was ich wissen muss. Du hängst da mit drin. Ihr seid eine kleine Bande von Drogenkurieren. Eine Familie. Eine, die ohne Frage die Bekämpfung des Drogensumpfes erschwert. Aber jetzt, da ich das alles bereits weiß, ist es nur noch eine Frage der Zeit, nicht wahr?“
 

Ich schwieg. Ist das Schweigen nicht bereits ein Eingeständnis meinerseits?
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Es gibt immer noch etwas, das dieser Bulle nicht weiß. Oder weiß er etwa auch, dass sein Tod beschlossene Sache ist?

Erst jetzt schaue ich ihn wieder an. Emotionslos verharrt der Blick meiner grauen Augen an seinem Gesicht.
 

„Schade, das war einfach“, sagt er.

Adam klingt enttäuscht. Scheinbar hat er mehr erwartet. Vielleicht so etwas wie echte Konkurrenz?

Ist das alles gar nur ein Spiel für ihn? Eines, das er zu leicht gewonnen hat?
 

„Komm.“

Adam Wellert erhebt sich von der Bank und hält mir seine Hand entgegen. Ich starre sie an als könnte sie jeden Augenblick in die Luft gehen.
 

„Ich lade dich zum Frühstück ein.“

Frühstück?“, frage ich ihn als wäre er vollkommen verrückt.

„Ja, Frühstück. Ich möchte den Jungen mit den traurigen Augen kennen lernen, bevor ich ihn einbuchte.“

Ich kann mich nicht dagegen wehren – seine Worte zaubern ein Lächeln auf meine Züge.

Ich stehe auf, schiebe meine Hände in die Taschen meiner zerschlissenen Jeans und trotte an seiner Seite zum Parkausgang.
 

Ich greife nach dem Toast und tue mir gleichzeitig etwas von dem gebratenen Bacon auf meinen Teller. Amerikanisches Frühstück war wirklich gut.

Adams Desinteresse ist wieder jener konzentrierten Aufmerksamkeit gewichen, die er mir gestern Abend zum ersten Mal zu Teil werden ließ. Der Scanblick seiner Saphire ist beinahe schon unangenehm.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

Was würde das bringen? War es nicht etwas übertrieben Adam gleich auszuschalten? Vor allem, wenn an seine Stelle der Nächste treten und weitermachen würde?

Gibt es überhaupt eine Möglichkeit dem kriminellen Teufelskreis zu entfliehen? Oder lief es zwangsläufig auf ein Duell zwischen uns und der Polizei hinaus, bei dem nur die letztere Seite gewinnen konnte? War es wirklich nur, wie Adam gesagt hatte, eine Frage der Zeit?
 

„Also? Was wollen sie von mir?“ , frage ich ihn in einem nüchternen Ton.
 

Mir ist klar, dass ich mich auf dünnem Eis bewege. Im Prinzip spielen wir nun ja mit offenen Karten. Er wusste, wer ich bin und umgekehrt. Entscheidend ist jetzt der Umgang miteinander. Ich weiß, dass ich nicht zu viel verraten darf und dass ich die wirklich wichtigen Informationen für mich behalten muss.
 

„Wie wäre es für den Anfang, wenn du mir etwas über dich erzählst?“

Adam nahm einen Schluck schwarzen Kaffee.

„Nun, was konkret möchten sie denn wissen?“

Seine Augen ruhen immer noch auf mir. Sie analysieren jede noch so kleine Mimik und Bewegung, um daraus Schlüsse zu ziehen. Jedenfalls kommt es mir so vor.

Er lächelt.

„Fang mit deiner Kindheit an.“

Ich grinse. Das ist nicht wirklich sein Ernst, denke ich amüsiert.

„Nun ja,“ setze ich an, „da gibt es nicht wirklich viel zu erzählen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie sicherlich bestens mit meinen Akten vertraut sind.“

Jetzt ist es an ihm zu grinsen.

„Du“, sagt er einfach nur.

Verdutzt gucke ich ihn an.

„Victor, ich wollte sagen du sollst mich duzen.“

Ich zucke mit den Schultern.

„Wie du möchtest Adam.“

Für einen Moment schauen wir uns an – Auge in Auge.
 

„Nun Victor, ich weiß, dass du vor langer Zeit einmal ein sehr glücklicher Junge warst.“

Ich reiße mich zusammen, denn ich will ihm nicht zeigen, wie sehr seine Aussage mein Innerstes getroffen hat. Meine Vergangenheit ist nach wie vor mein wunder Punkt. Ich hoffe inständig, dass er keine Reaktion in meinem Gesicht ablesen kann.

„Was ist dann geschehen“, hakt er nach.
 

Warum fragt er das? Will er mich absichtlich verletzten? Ich weiß, dass er die Geschichte meiner Vergangenheit aus den Akten kennt – sie ist bestens dokumentiert.

Ich durchschaue ihn: Er will diese Geschichte offenbar aus meinem Mund hören, um abschätzen zu können ob ich mit ihr abgeschlossen habe oder ob sie mich noch immer kränkt.
 

„Bis zu meinem zwölften Lebensjahr lebte ich bei meinen leiblichen Eltern. Wir waren glücklich, auch wenn wir nicht sonderlich viel Geld hatten. Dann, bei einem Autounfall, starben sie und ich kam ins Heim. Nach kurzer Zeit kam ich in die erste Pflegefamilie. Es waren drei Familien in zwei Jahren, wenn ich mich recht entsinne. Die letzte war am Schlimmsten. So schlimm, dass ich mit 14 weglief. Ich schloss mich einer Gruppe junger Punks an, hauptsächlich Kids, die von Zuhause weggelaufen sind und so lebte ich eine Zeit lang auf der Strasse. Ich schaffte es, wieder auf die Beine zu kommen und mir meine eigene kleine Existenz aufzubauen. Und siehe da, hier bin ich.“
 

Die Rolle, die Rick bei meiner Vergangenheit spielte, habe ich geflissentlich ausgelassen. Ohne Rick hätte ich es nie geschafft auf die Beine und weg von der Straße zu kommen. Er hatte mein Potenzial erkannt und mich seiner, wie er es nennt, Familie zugeführt.
 

„Und? Waren das nun Informationen, die dir bei deiner Ermittlung weiterhelfen?“

Wieder lächelt Adam.

„Nein, aber darum geht es mir auch nicht.“

Sein Lächeln wird entwaffnender.

„Worum dann?“, frage ich ihn.

Er schaut mir in die Augen, seine tiefblauen Saphire fesseln mich. Er versucht mich mit seinem Blick zu halten. Denkt er etwa, ich würde gleich davon laufen?

Seine tiefe samtene Stimme ertönt und als mein Gehirn das Konglomerat der folgenden Nachricht und des andauernden Blickes verarbeitet, begreife ich das schockierende Geständnis:
 

„Victor, ich finde dich sehr interessant. Man könnte fast behaupten du faszinierst mich. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der leblosere Augen hat als du.“
 

Die Art wie er das ausdrückte! Seine Worte pflanzen ein merkwürdiges warmes Gefühl in meinen Bauch und ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob ich das als angenehm oder unangenehm empfinde. Ich realisiere nicht, dass mein Mund etwas geöffnet ist und dass mir der Atem stockt. Was ist das für ein merkwürdiges Gefühl?

Ich bemerke zeitgleich, dass Adam ein äußerst angenehmes Erscheinungsbild hat, aber ist mir das nicht schon auf der Polizeiwache aufgefallen? Und ich begreife, dass es mich auf sonderbare Art und Weise reizt in seiner Nähe zu sein, obwohl ich hier gerade mit dem „Feind“ am Tisch sitze und gleichzeitig auch mit dem Feuer spiele. Verdammt! Dieser Kerl will mich doch einbuchten – das hat er selbst gesagt. Was zur Hölle ist los mit mir?
 

Weder lächelt Adam noch grinst er – er sieht mittlerweile aus dem Fenster und leert mit einem Schluck seine Kaffeetasse.

„Ich werde wieder zurück ins Revier fahren.“

Und als er sich wieder mir zuwendet, fügt er hinzu:

„Sei schön artig. Wir wollen doch nicht, dass ich dich gleich wieder dabei erwische, wie du gegen das Gesetz verstößt.“

Er zwinkert mir zu, zückt sein Portemonnaie und legt einen Geldschein auf den Tisch.

Ich sehe zu ihm auf. Eine Frage brennt mir auf der Zunge. Ich muss mich zusammenreißen, um sie nicht auszusprechen!
 

Wann sehe ich dich wieder…….?
 

Erst als Adam das Bistro verlassen hat, schüttele ich energisch meinen Kopf und sacke auf meinem Stuhl zusammen.

Ich sollte den Bullen loswerden und nicht darauf erpicht sein ihn wieder zu sehen !

Wenn Rick nur….
 

……mein Handy klingelt… .

„Hallo?“

Ricks Stimme ertönt:

„Kommst du heute Abend vorbei? Wir müssen alle miteinander reden.“

„Ist gut“, antworte ich.

dut…dut..dut

Schon aufgelegt. Typisch Rick.

Ich seufze. Im Moment ist mein Leben wirklich turbulent. Ständig dieses Auf und Ab.

Ich stehe auf und gehe nach Hause.
 

Als ich die Tür zu meiner Wohnung öffne, trifft mich der Schlag. Ich habe ganz vergessen, wie es hier aussieht. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass die verbleibende Zeit bis zu meinem Schichtbeginn im Café nicht ausreicht, um hier aufzuräumen. Ich seufze. Ich hätte das gleich heute Morgen erledigen sollen, anstatt einfach die Flucht zu ergreifen!

Ich durchquere das Chaos und lass mich bäuchlings aufs Bett fallen.
 

Meine Augen schließen sich wie von selbst und das Erste, was meine Gedanken erfüllt und vor meinem inneren Auge erscheint ist …. Adam.
 

Ich erinnere mich an unser heutiges Treffen. Wie er einfach aus heiterem Himmel neben mir auf der Parkbank saß, wie er schon da versuchte mich zu verunsichern und wie er das im Bistro fortsetzte. Ich gebe es nicht gerne zu, aber dieser Polizist bringt mich völlig aus dem Konzept.
 

Das rabenschwarze kurze Haar, das sich geschmeidig an seine ovale Kopfform anpasst und seidig glänzt.

Das kantige Kinn, die schmale Nase und die vollen Lippen, die sich so oft zu einem lieblichen Lächeln verziehen… .

Dieser breite Brustkorb, der an einen Panzer erinnert.

Die muskulöse durchtrainierte Figur und die dunklen, tiefblauen Augen in dessen Vergleich selbst die schönsten und reinsten Saphire vor Neid erblassen.

Und zuletzt diese Stimme, die wie flüssiges Karamell über seine Lippen rinnt…so weich…so verführerisch….
 

Ich bemerke nicht, dass mein Atem schwer und langsam über meine leicht geöffneten Lippen kommt.

Ich bemerke auch nicht, dass mein Herz eine Spur schneller schlägt.

Ich blende das warme Gefühl aus, dass sich langsam in meinem Unterleib ausbreitet.
 

!!!
 

Ich reiße meine Augen auf. Worüber denke ich da eigentlich nach?!
 

Ein piependes Geräusch beendet meinen Gedankengang. Ich bin für den Moment noch zu aufgewühlt, sodass ich mich wundere woher es kommt. Einige Sekunden später realisiere ich schließlich, dass es der Handyalarm ist, der mich daran erinnert, dass ich mich bald auf den Weg zur Arbeit machen muss.

Träge erhebe ich mich und ziehe mich um und verlasse dann meine Bude.
 

Es ist schon nach 20:00 Uhr, als ich bei Rick im Sessel sitze.

Die Atmosphäre ist angespannt. Sie kommt fast jener gleich, die in dem Verhörraum im Polizeirevier geherrscht hatte.

„Also, was machen wir jetzt?“

Es ist Eddie, der das fragt. Er und Seamus gucken mich an als sei ich ein unliebsames Krebsgeschwür.

Rick meldet sich daraufhin zu Wort:

„Victor ist erst mal draußen. Es wäre Wahnsinn ihn gleich wieder mit einzubeziehen.“

Seamus hustet.

„Ich finde, du solltest ihn gleich ganz rausschmeißen!“
 

Ich lächle bitter – so viel zum Thema Familie!

Dennoch bin ich nicht besorgt. Ich weiß, dass es Rick zu riskant ist jemanden zu kicken. Immerhin könnte ich so zu einer echten Gefahr werden. Zumindest wenn ich aus Rachegelüsten auspacken würde. Das ändert jedoch nichts an der Situation, die – zugegebenermaßen – scheiße ist. So wie es aussah hatte ich wohl das Vertrauen von Eddie und Seamus verloren und es würde dauern, bis es wieder wie früher sein wird.
 

„Ruhe! Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt, Seamus! Wir sind eine Familie, wir müssen einander vertrauen, uns unterstützen und uns nicht gegenseitig die Hölle heiß machen. Wenn es soweit kommt, können wir gleich einpacken!“

Seamus schnaubt. Langsam aber sicher platzt mir der Kragen.

„Hört mal! Ich habe mich doch nicht absichtlich von den Bullen schnappen lassen! Ich habe Andy geholfen, der geradewegs dabei war in die Falle zu laufen und ich dachte es sei besser, wenn sie hinter mir her seien als hinter Andy, der sein Messer dabei hatte. Ich hielt es für die beste Lösung! Bei der Flucht wurde ich dann geschnappt.“
 

Eddie und Seamus starren jetzt Andy an, als hätte der Typ nicht mehr alle Tassen im Schrank. Meine Rede. Andy grinste nur vor sich hin und spielte abermals mit seinem Butterfly.
 

„Und deshalb“, setzte Rick an, „ist Andy auch erstmal draußen. In Zukunft werden unsere Aktionen erst mal eine Nummer kleiner.“

Andy schaut kurz auf und dann wieder in seinen Schoß.
 

„Und wann ist es wieder soweit?“, fragt Eddie.

„Kommendes Wochenende“, entgegnet Rick sofort. „Wir müssen gut vorbereitet sein. Dieses Mal wird der Ort der Übergabe ein anderer sein. Der Park ist im Moment viel zu riskant. Eddie und Seamus, wir treffen uns noch mal am Freitag, um alles eingehend unter sechs Augen zu besprechen.“

Seamus meldet sich jetzt zu Wort:

„Und was ist mit diesem Bullen, der uns auf der Spur ist?“

Ich muss schlucken.
 

…………….Den Bullen loswerden……..
 

„Wir müssen ihn irgendwie loswerden“, sagt Rick. Er schaut mich jetzt an.

„Und ich denke dies ist eine Aufgabe für Vic. Immerhin scheint der Typ dir ja andauernd aufzulauern.“

Ich schlucke hart und räuspere mich dann. Ich muss die Frage einfach stellen:
 

„Es ist nicht ernsthaft deine Intention ihn umzubringen, oder? Ich meine, es wäre bescheuert ihn umzubringen. Es ist der größte Fehler, den man begehen kann, weil dann an seine Stelle jemand anderes treten wird und sie werden nicht locker lassen bis sie uns haben. Das wird passieren, wenn man einen Polizisten umbringt.“

Rick grinst.

„Es wäre eine von vielen Möglichkeiten, aber ich würde sagen, es ist der letzte Ausweg, die Notlösung. Wenn er einfach nicht loslassen will… .“

Ich starre ihn fassungslos an.

„Rick, du kannst doch nicht…“

Ich werde rüde unterbrochen:

„Schweig!“

Und so vollende ich den Satz nur in meinen Gedanken:
 

…ernsthaft von mir verlangen jemanden umzulegen!
 

Ich habe immer zu Rick aufgesehen und ihn für ausgesprochen klug gehalten. Aber das jetzt?! Nie hätte ich gedacht, dass er zu so einem solch dämlichen Vorschlag fähig ist. In meinen Augen bröckelte etwas von Ricks Ansehen ab und hinterließ eine hässliche offene Stelle.

Vor lauter Enttäuschung schüttle ich – wie ganz von selbst - seicht meinen Kopf.

Ich stehe auf.

„Ich gehe. Bis bald.“

Und während ich durch die Tür hinausgehe, bemerke ich nicht, wie mir die vier verdutzt hinterher gucken.
 

In meiner Wohnung angekommen, beginne ich damit das noch immer vorherrschende Chaos zu beseitigen.

Ich versuche die unangenehmen Fragen aus meinem Hirn zu verbannen, aber sie lassen einfach nicht locker. Sie waren schon immer da und in letzter Zeit drängten sie sich mir penetrant auf. Ich weiß, dass ich nicht mehr lange vor ihnen davon laufen kann….
 

Wer bin ich?

Was will ich überhaupt?

Was hält die Zukunft für mich bereit?

……..

Und

……..

Wieso denke ich andauernd an Adam Wellert?

Räuber und Gendarm

~~~

Huhu allerseits! Hier jetzt endlich Kapitel 4. Viel Spaß beim lesen. ;-)

~~~
 

Ich blicke aus dem Fenster. Eine Woche ist vergangen. Das Seufzen entfährt meinem Mund wie von selbst. Sieben Tage. Sieben Tage ohne ein Aufeinandertreffen oder eines gewechselten Wortes. 168 Stunden habe ich nun nicht mehr diese Stimme gehört, 10080 Minuten nicht mehr in diese tiefblauen Augen geschaut.
 

604800 Sekunden kein Adam Wellert.
 

Erneut seufze ich. Ein Luftzug geht an meinem Ohr vorbei.

„Willst du heute auch noch mal arbeiten, anstatt nur aus dem Fenster zu starren.“

Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch. Tatsächlich, ich stand im Café!

„Entschuldigung“, stammle ich. Mein Chef begutachtet mich nur – wie so oft in letzter Zeit – mit kritischem Blick und Kopfschütteln.

Ich fülle Kaffeebohnen in die Mahlmaschine, gleite mit einem feuchten Tuch über die Profikaffeemaschine, die sämtliche Formen dieses köstlichen aromatischen Getränks herstellen kann. Danach schichte ich die Kuchenauslagen um und bringe die leeren Tabletts nach hinten. Als ich zurückkehre, betritt ein Kunde das Café. Endlich! Heute ist wirklich kaum etwas los gewesen. Dementsprechend abgelenkt bin ich auch. Andauernd denke ich…
 

!!!
 

Schluss damit!

Ich gehe zu dem Tisch, an dem das junge Mädchen in Schuluniform Platz genommen hat.

„Was darf es für dich sein?“

„ Ähm…ein Stück Erdbeertorte und…und einen Cappuccino?“

Das Mädchen lächelt mir scheu zu. Sie hat ganz rote Wangen.

„Kommt sofort.“

Ich lächle zurück – aus reiner Höflichkeit natürlich.

Auf meinem Weg zurück hinter die Theke muss ich grinsen. Dass ich eine Verehrerin habe, ist schon lange nicht mehr vorgekommen.

Ich kann damit nichts anfangen, konnte ich noch nie. Ich hatte noch nie eine Beziehung. Ich lasse Menschen nicht nah genug an mich heran, ich mag es nicht, wenn sie mich anfassen. Das ist schon so seit….
 

Verdammt!
 

Was war heute nur los mit mir? Diese ganzen sinnlosen Gedanken – vor allem an die Vergangenheit. An jene Vergangenheit, die ich so sorgsam in meinem tiefsten Innersten verschlossen habe.

Ich kehre zurück an den Tisch und serviere die Bestellung.

„D…danke“, stottert sie.

„Gern geschehen.“

Ich zwinkere ihr zu. Niedlich, denke ich.

Zurück hinterm Tresen trockne ich die frisch gespülten Tassen ab. Der heutige Arbeitstag war anstrengend, weil ich mich einfach nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte. Am liebsten wäre ich einfach Zuhause, in meinem Bett. Hoffentlich war der Tag bald vorbei.
 


 

Ich schließe meine Haustür auf, werfe meine Tasche in die Ecke und lass mich auf das Bett plumpsen. Schnell streife ich mir die Schuhe ab und strecke mich auf der Matratze aus. Mein Rücken schmerzt also kugle ich mich in Seitenlage ein. Ich bin viel zu müde, um mich noch umzuziehen und so penne ich einfach ein.
 

Haut, ich sehe Haut. Diese Farbe. Das muss doch Haut sein, nicht wahr? Sich schnell bewegende Haut… . Sie trifft aufeinander und produziert ein klatschendes Geräusch. Es ist wie eine enorm vergrößerte Nahaufnahme. Ich kann es nicht genau erkennen. Das Bild ist verschwommen. Ich weiß nicht warum, aber irgendetwas daran verursacht mir extreme Übelkeit.


 

Ich schrecke auf. Die ersten Strahlen des neuen Morgen scheinen durch mein schmutziges Zimmerfenster. Im Sitzen bemerke ich, dass meine Kleidung nass geschwitzt ist. Ich rapple mich aus den Laken, erhebe mich träge und schlurfe dann ins Badezimmer, wo ich mich langsam aus meinen Kleidern schäle und in die schmale, schmutzige Dusche steige. Obwohl ich etliche Stunden geschlafen habe, bin ich noch immer erschöpft. Welcher Tag ist heute? Ich denke kurz nach und komme zur Erkenntnis, dass es gerade erst Mittwoch ist – die Mitte der Woche.

Also schon wieder ein Tag voller Arbeit. Mein Leben war ja sonst auch nicht besonders aufregend – obwohl so mancher einen Nebenjob als Drogenkurier und Kleinkrimineller wohl durchaus als spannend bezeichnen würde – aber nur das Tagwerk eines Kellners? Der Klang eines Seufzens dringt an meine Ohren. Herrgott, was für ein verweichlichtes Waschweib bin ich in letzter Zeit eigentlich? Ständig am seufzen. Ungläubig schüttle ich den Kopf über mich selbst.
 

Ich stehe schon wieder an dieser verdammten Theke des Cafés und trockne Tassen ab. In letzter Zeit ist diese Arbeit ziemlich eintönig, besonders wenn nicht viel los ist. Genauso wie heute. Mein Chef kommt aus dem angrenzenden Flur, einen dampfenden Apfelkuchen in den Händen haltend.

„Victor, geh und hol’ die Himbeertorte.“

Ich stelle die Kaffeetasse an ihren Platz unter den Tresen, ehe ich mich auf den Weg mache. In der kleinen Backstube duftet es nach Kuchen. Ich öffne den Kühlschrank und entnehme ihm die gigantische Himbeertorte. Vorsichtig balanciere ich sie nach vorne und lasse sie beinahe fallen, als ich erkenne, wer dort an der Theke steht.

Adrenalin pumpt durch meinen Körper, mein Atem kommt schneller und meine Handinnenfächen werden eine Spur feucht. Ich gebe mir alle Mühe unaufgeregt zu wirken, stelle die Torte auf den Tresen und beginne ihn in schmale gleichgroße Dreiecke zu schneiden.

Ohne ihn anzusehen, sage ich:

„Hallo.“

Keine Antwort, nur das Trippeln von Fingerkuppen auf der polierten Fläche.

„Wir müssen reden!“, höre ich ihn nur sagen.

„Ach ja?“

„Ja. Sofort.“ Er klingt ungeduldig.

„Ich arbeite.“

Ich spüre eine Hand an meinem Arm, die mich mit gezieltem Druck hinter der Theke hervor- und in den hinteren Bereich des Cafés zieht.

Wir bleiben abrupt stehen.

„Setz dich.“

Widerwillig lasse ich mich auf den Stuhl sinken.

„Was soll das?“ Ärger schwingt in meiner Stimme mit. „Ich bekomme deinetwegen noch Probleme. Das ist meine Arbeit und ich bin verdammt noch mal auf sie angewiesen.“

Er beachtet meinen Miniaturausbruch nicht.

„Es dauert nicht lange.“

Täusche ich mich, oder ist auch er eine Spur aufgebracht? Adam wirkt irgendwie angespannt und … müde? Sind das etwa dunkle Schatten unter seinen Augen? Ich komme nicht dazu eine Antwort auf meine Gedanken zu formulieren, da er sie vehement unterbricht.

„Also, wo warst du vergangenen Freitagabend?“

„Häh?“ Das Wort entgleitet meinen Lippen einfach – bescheuerter ging’s nun wirklich nicht mehr.

Adam blickt mich an – konzentriert, wachsam. Irgendetwas ist anders heute. Seine Augen scheinen noch dunkler als sie es sonst sind. Durch seine Anspannung, Ungeduld und den Anflug von Verärgerung in der Gesichtsmimik wirkt Adam bedrohlich – wie eine Zeitbombe, die jeden Moment hochgehen kann.

„Naja, bei deinen Freunden warst du ja nicht und scheinbar auch nicht an der kleinen Aktion beteiligt.“

Woher weiß er davon?

„Bitte?“, ist alles was mir spontan einfällt.

Was zur Hölle wird das hier….?

„Du warst nicht dabei, nein. Ich habe deine kleinen schmutzigen Drogenfreunde genau beobachtet.“

Ich sehe ihn an als hätte jemand eine Kokosnuss an seinen Kopf geworfen.

„Aha“, entgegne ich trocken.

Scheinbar erheiterten meine Antworten seinen Gemütszustand nicht sonderlich, denn Adam ist wieder dazu übergegangen mit seinen Fingern auf den Tisch zu trippeln.

„Wenn das das nächste Mal wieder vorkommt, werde ich deine Freunde einfach festnehmen.“

Langsam dämmerte es mir.
 

„Das ist alles wirklich nur ein Spiel für dich, nicht wahr? Das ist krank!
 

Ich habe ihn nicht kommen sehen, aber wie aus heiterem Himmel steht Mr. Levine neben unserem Tisch. Er schaut erst mich und dann Adam an.

„Was wird das hier, Saxtra? Ich bezahle dich nicht dafür, dass du es dir hier gemütlich machst.“

Ich will ihm gerade antworten, als Adam das für mich tut:

Er zeigt meinem Chef – ohne ihn eines Blickes zu würdigen wohlgemerkt – seine Polizeimarke und entgegnet gelassen: „Ich muss ihm ein paar Fragen stellen. Wir sind gleich fertig hier.“

Levine schaut mich an, als versuche er mich zu durchleuchten. Na super! Wahrscheinlich denkt er jetzt ich hätte etwas ausgefressen und überlegt sich, was er mit einem kriminellen Angestellten tun würde – mein Tipp: entlassen.

Ich schaue zurück und zucke nur kurz mit den Achseln.

Mit einem lauten „Hmpf!“ zieht er von dannen.
 

„Hmm, wo waren wir stehen geblieben?“, setzt Adam an, „ach ja! Spielen.“

Seine Augen binden mich in seinen Blick.

„Ja, man könnte durchaus behaupten, dass wir Räuber und Gendarm spielen. Für Erwachsene.“

Diese Stimme – heute voller Versprechen und bedrohlich.

„Also erstens: Ich bin davon suspendiert worden, sozusagen. Und zweitens: Du tickst nicht mehr richtig!“

Statt Verärgerung über meine Beleidigung, huscht jetzt der Anflug eines Grinsens über sein Gesicht.

„Es tut mir leid, Victor. Ich weiß, ich spiele nicht fair. Aber es macht doch so viel Spaß. Also, du hast die Wahl: Entweder du lässt dir was einfallen und kehrst zurück zu deiner Familie oder ich buchte sie ein.“

„Und was sollten deine Worte, Verstoße nicht wieder gegen das Gesetz?“

Zunehmend bin ich verärgert. Diese Situation ist doch absurd!

„ Ah ja. Du meinst meine leeren Worte. Ich gebe zu, sie sind selten gestreut. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du dich an sie halten würdest.“

Ich habe das Gefühl, ein Knoten bildet sich in meinem Kopf. Ehrlich: Das Ganze ergibt noch immer nicht wirklich einen Sinn.

Ich versuche mich innerlich zu beruhigen, um die direkte Frage zu formulieren:
 

„Adam, was soll das Ganze?“
 

Etwas blitzt in seinen Ozeanen auf. Er sieht mich an. Seine Augen – so dunkel. Sein Lächeln – so selbstsicher.

Ich begreife, dass einer jener Momente mir bevorsteht, der dein ganzes Leben verändert. Ein entscheidender Augenblick – eine entscheidende Aussage. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, aber man weiß es. Es liegt etwas in der Luft, zum greifen nahe.
 

„Ich jage meine Beute gerne, bevor ich sie niederstrecke.“
 

Heißkalte Schauer rieseln meinen Rücken hinab. Ein Vulkan bricht in meinem Inneren aus und füllt jede Ader mit Adrenalin und lässt mein Herz rasen. Mir wird warm.

Ich kann ihn nur entgeistert anstarren, während er mich anlächelt. Adam macht sich noch nicht einmal die Mühe zu verbergen, was er will und mit jeder Sekunde die verstreicht wird mir immer klarer was das ist.

Mein Adamsapfel bewegt sich merklich, als ich schlucke.

Der erste Versuch ihm zu antworten, schlägt fehl. Ich öffne den Mund und schließe ihn gleich wieder. Der Nächste gelingt. Meine Stimme klingt atemlos – ein bisschen gehetzt:

„Ich…ich muss arbeiten.“

Schnell erhebe ich mich und ergreife beinahe schon die Flucht – peinlich.
 

Als ich den Tresen erreiche, wartet dort schon mein Chef auf mich. Sein Blick behagt mir ganz und gar nicht.

„Victor, auf ein Wort.“

Ich seufze, straffe meine Schultern und trete Levine gegenüber.

„Ja?“, frage ich als sei nichts passiert.

„Was war das da gerade?“

Ich bemühe mich möglichst gelassen zu klingen, obwohl ich befürchte, dass meine Stimme zittern wird, wenn ich sie ertönen lasse:

„Achso, das. Ich kenne den Polizisten, er war schon mal hier. Privat. Er hat mir abermals ein paar Fragen wegen des Überfalls auf mich gestellt. Sie haben die Typen noch nicht gefunden.“

Ich weiß, dass Levine sich an mein grün- blaues Gesicht bestens erinnern wird.

Einen Moment lang beäugt er mich kritisch, aber ich halte seinem Blick stand. Dann nickt er einfach – auf seine althergebrachte mürrische Art und Weise.

Und jetzt?
 

Ich drehe mich um und bemerke, dass Adam genau vor mir steht. Er grinst mich für einen Augenblick frech und äußerst selbstsicher an. Dann spüre ich zwei Hände an meinen Schultern. Adam beugt sich langsam vor. Nur noch Millimeter trennen uns. Sein Mund dicht an meinem Ohr. Ich spüre seinen Atem, er streift meine Haut. Sie wird heiß und kribbelt. Seine Worte sind nicht mehr als ein Hauch:

„Wir sehen uns, … Kleiner .“

Wie erstarrt stehe ich da und das auch noch Minuten nachdem Adam das Café verlassen hat.
 


 

Ich rühre lustlos in dem kleinen Topf auf dem winzigen Herd. Tomatensauce. Die Nudeln sieden direkt daneben.
 

Ich jage meine Beute gerne, bevor ich sie niederstrecke.


 

Ich pfeffere den Holzlöffel in den Topf.

„Der hat sie doch nicht mehr alle!“

Ein Polizist, ein POLIZIST verlangt von mir kriminell zu sein, nur damit ER eine reale Begebenheit hat um mich zu jagen!!!

Das ist doch absurd! Der Typ hat wirklich einen an der Waffel!

Ich nehme den Holzlöffel wieder in die Hand und rühre weiter.

Minuten vergehen, in denen ich versuche meine Wut hinunterzuschlucken.
 

Und was, wenn er mich gefangen hat?
 

Ich jage meine Beute gerne, bevor ich sie niederstrecke.
 

……
 

Jetzt entgleitet der Löffel einfach meiner Hand. Ich starre ins Leere. Ein Keuchen entfährt meiner Kehle.

Ich wage es nicht es laut auszusprechen geschweige denn auch nur zu denken.

Es ist ein schlechter Traum, aber ich weiß, dass ich morgen noch zu denselben Gegebenheiten erwachen werde.
 

Macht Adam sich nicht auch strafbar? Wer war er, dass er so mit den Regeln spielen konnte? Er ist ein Polizist, er vertritt das Gesetz. Er jagt Menschen wie uns und bringt sie hinter Gitter. Und er hatte bereits die Chance dazu, hat es aber nicht getan. Stattdessen das jetzt.

Ich frage mich, ob ich etwas gegen ihn in der Hand habe. Wahrscheinlich würden mich seine Kollegen auf dem Revier auslachen, wenn ich ihnen erzählen würde, was Adam treibt. Um es glaubwürdiger zu gestalten müsste ich mich selbst belasten und selbst dann würden sie kein Wort glauben. Adam weiß das, sonst hätte er mir seine Absichten nicht so offen gestanden. Aber ist das wirklich alles? Steckt da vielleicht nicht noch mehr dahinter?

Es hat keinen Sinn darüber nachzudenken. Ich habe keine Wahl, außer ich lasse meine Freunde ins offene Messer laufen. Aber das würde ich nicht tun und auch das weiß Adam. Schon seit der Nacht im Revier. Ich frage mich wirklich was er nicht weiß.

Adam ist Polizist. Er hat Zugang zu Informationen und kann auch leicht neue generieren. Wahrscheinlich ist er ein guter Bulle – wie sonst weiß er immer wo ich mich aufhalte und was um mich herum geschieht?

Habe ich überhaupt eine Chance gegen ihn? Wahrscheinlich nicht. Er bestimmt die Regeln dieses Spiels. Aber warum jagt er mich dann nicht in seinem privatem Leben. So wie das – im übertragenden Sinne – normale Menschen tun. Ist dieses ganze Du-bist-der-Kriminelle-auf-der-Flucht-und-ich-jage-dich-ehe-ich-dich-niederstrecke-und-dann-in-mein-B…-verschleppe-Ding vielleicht so eine Art Fetisch von ihm? Ums einbuchten ging es ihm auf jeden Fall nicht. Das ist klar.
 

Ich nehme die Soße vom Herd und gieße die Nudeln ab. Von beidem tue ich mir etwas auf einen Teller, setze mich auf einen Stuhl und beginne zu essen.

Ich bin immer wieder überrascht, wie gut ich kochen kann. Keine Ahnung woher ich das habe

Nach knapp fünf Minuten ruhigen Genießens – die Hälfte meiner Portion verspeist – klopft es an der Tür.

Ich horche auf, frage mich, wer das sein könnte. Vorsichtig schleiche ich zur Tür, schaue durch den Spion und erkenne auf der anderen Seite Rick.

Prompt öffne ich die Tür.

Ohne ein Wort drängelt er sich an mir vorbei in meine Wohnung.

„Hallo“, sage ich nur.

Ohne mich zu begrüßen sieht Rick sich im Zimmer um. Sein Blick fällt auf die dampfenden Nudeln und den Topf mit Tomatensauce.

„Ich habe gerade gekocht. Möchtest du etwas?“

Er schüttelt den Kopf. Ich hingegen nehme wieder meinen Teller auf, setze mich und esse weiter.

„Ich habe Informationen für dich.“

Erst jetzt fällt mir auf, dass Rick einen braunen Papierumschlag in Händen hält.

„Informationen?“

„Über deinen Polizisten.“

Mein Polizist. Aha.

„Und was für Informationen sind das?“

Rick hatte Kontakte, zweifelsohne.

„Ziemlich geringhaltige und nicht sonderlich umfangreiche. Daten zu seiner Person und zu seiner Berufslaufbahn. Das Übliche. Allerdings“ , Rick sendete mir einen bedeutungsvollen Blick, „gibt es doch etwas Interessantes, das du erfahren solltest.“

Er wirft den Umschlag auf mein Bett.

„Adam Wellert ist im selben Viertel aufgewachsen wie du. Und in der Gegend, in der deine letzte Pflegefamilie wohnte, war er am Anfang seiner Karriere Streifenpolizist. Das war vor genau acht Jahren.“

Als ich von Zuhause weggelaufen bin. Ich begreife, worauf er hinaus will.

„Tut mir leid, Rick, aber ich bin ihm noch nie zuvor begegnet. Der Abend an dem er mich erwischt und aufs Revier geschafft hat, war das erste Mal.“

Rick sieht mir einen Moment in die Augen, dann bricht er das Schweigen:

„Ein Zufall also.“

„So ist es.“
 

Die Erinnerung kehrt zurück: Warum ich damals getürmt bin. Alles erschien mir zu dieser Zeit besser, als in dieser Familie zu bleiben. Es ist wohl etwas Wahres daran, dass man zwar unliebsame Erinnerungen tief in sein Unterbewusstsein verbannen kann, aber früher oder später wieder mit ihnen konfrontiert wird und sich ihnen stellen muss. Plötzlich ergibt der Traum von letzter Nacht einen Sinn. Das Unterbewusstsein lässt sich wirklich nicht austricksen und die Vergangenheit ruht niemals – nicht bevor man sich ihr stellt.
 

„Rick?“

Er sieht mich an. Schweigend. Auf meinen nächsten Satz wartend.

„Ich kehre zurück.“

Kein Ausdruck der Überraschung auf seinem Gesicht. Stattdessen fragt er mich ruhig:

„Nenne mir einen guten Grund weshalb ich das zulassen sollte. Schon jetzt und so kurzfristig?“

„Vertrau mir, bitte.“

„Ich sehe keinen Grund, warum. Erkläre es mir.“

„Das kann ich nicht.“

„Dann kannst du auch nicht zurückkommen. Zumindest nicht jetzt.“

„Ich bitte dich!“

„Vertrauen muss man sich verdienen, Vic. Ich gebe zu, du hast es mehr als irgendeiner der Jungs genossen. Aber in der Zwischenzeit ist viel geschehen. Dinge, die keinen Sinn ergeben und die mich nachdenklich stimmen.“ Er deutete mit dem Kopf auf den Papierumschlag.

Ich weiß, ich habe keine Wahl. Ich muss es ihm irgendwie erklären. Aber wie? Ich kann Rick wohl schlecht sagen, dass Adam mich …. .

„Hör zu! Dieser Bulle hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er hat es sich scheinbar in den Kopf gesetzt ein perfides Spiel mit uns zu spielen. Er weiß mehr als du denkst. Er hat euch beobachtet, vergangenen Freitag. Und er hat scheinbar kein wirkliches Interesse uns einzubuchten. Vielleicht langweilt ihn sein Job, ich weiß es nicht. Er hat mir zumindest gedroht, wenn ich nicht wieder in das Spiel einsteige, dann kriegt er euch dran.“

Rick überlegt einen Augenblick.

„Was du da sagst macht keinen Sinn.“

Ich seufze.

„Ich weiß. Und hier liegt der Knackpunkt: Um es herauszufinden, muss ich mich darauf einlassen. Zumindest ein Stück weit. Ich weiß nur, dass er ein gesondertes Interesse an mir hat. Und in Bezug auf das da“, dieses Mal deute ich auf den Umschlag, „macht das irgendwo einen Sinn.“

Wieder denkt Rick nach. Es vergeht eine Minute, dann nickt er.

„Ich denke du hast Recht. Aber ich begreife nicht wohin das führt.“

„Ich auch nicht, aber ich muss es riskieren. Dann bekommen wir ihn an den Eiern.“

„Und weißt du, was ich denke?“

Ich schüttle zaghaft den Kopf.

„Das wir diesen Bullen loswerden sollten.“

Ich habe es geahnt, dass es wieder darauf hinauslaufen würde. Ich schüttle wieder den Kopf – dieses Mal jedoch energisch.

„Nein, Rick, das sollten wir nicht. Die Polizei dieser Stadt hat nur mäßiges Interesse an uns. Die wollen die großen Fische. Wenn wir einen der ihren aus dem Weg räumen, wird sich das schlagartig ändern. Sie werden dann keine Ruhe mehr geben, ehe sie die Polizistenmörder gefunden haben. Außerdem glaube ich kaum, dass Adam sich so einfach ausschalten lässt, auch wenn er wahrscheinlich nicht mit so etwas rechnet. Vertraue mir, bitte!“

Wieder sieht Rick mir genau in die Augen, dann schließt er sie.

„Na gut, du bekommst deine Chance. Enttäusche mich nicht, Vic. Du würdest es bereuen, wenn du unkluge Wege einschlägst.“

Mit diesen Worten verlässt er meine Bruchbude.
 

Ich stelle den leeren Teller in die Spüle, betrete das angrenzende Bad und putze mir die Zähne. Dann lösche ich die Lichter der Deckenlampen. Nur meine kleine Nachtischlampe leuchtet noch. Nachdem ich mich entkleidet und meine Schlabbersachen zum schlafen angezogen habe, greife ich nach dem Umschlag, lege mich hin und ziehe die wenigen Blätter heraus.

Ich überfliege die Seiten. Wirklich nichts sehr Interessantes dabei. Mein Blick fliegt wieder zur ersten Seite. Ich streiche mit meinen Fingern über das Foto, das den – man muss es einfach sagen - schönen Polizisten zeigt.

Daneben steht sein Name und darunter sein Alter. 32 Jahre. Das hatte ich nicht erwartet. Ich habe bislang gedacht er sei jünger. In den Zwanzigern.

Ein paar Zeilen weiter unten steht auch seine aktuelle Wohnadresse.

Ich lege die losen Blätter auf den Nachtisch und lösche das Licht.
 

Meine Gedanken lassen den Tag Revue passieren:
 

Ja, man könnte durchaus behaupten, dass wir Räuber und Gendarm spielen. Für Erwachsene.

Du hast die Wahl: Entweder du lässt dir was einfallen und kehrst zurück zu deiner Familie oder ich buchte sie ein.

Ich jage meine Beute gerne, bevor ich sie niederstrecke.
 

Wäre ich ihm doch bloß nie über den Weg gelaufen. Aber noch im selben Moment denke ich trotzig: Er will spielen? Gut, dann spielen wir!
 

In dieser Nacht sollte ich wieder träumen.

Eckstein, Eckstein, Victor muss versteckt sein...

Liebe Freunde meiner Geschichte: Hier kommt das brandheiße, brandneue, supersexy Kapitel! Einige Dinge vorweg: In diesem Kapi wird das Tempo angezogen, nichts weltbewegendes, nur ein paar Zeitsprünge - aber auch nur in diesem Kapitel! Und eine andere Sache: Ich habe den Doppelpunkt entdeckt ! :D Viel Spaß jetzt beim lesen!
 


 

Kapitel 5: Eckstein, Eckstein, Victor muss versteckt sein…
 

Vier Wochen. Ein Monat. Das ist objektiv gesehen eine recht kurze Zeit. Aber bestimmt nicht für Adam Wellert. Ich kann ein Grinsen nicht unterdrücken. Er will unbedingt spielen und ich mime gleich den Spielverderber. Wirklich frech!

Wir haben ihn tatsächlich ein wenig schmoren lassen. Aber länger konnten wir es nicht hinauszögern. Schließlich sind wir auf dieses schmutzige Geschäft angewiesen.
 

Seit unserem letzten Gespräch ist Adam jede Woche ins Café gekommen. Aber außer dazusitzen, Kaffee zu trinken und mir jedes Mal ein unverschämt hohes Trinkgeld zu geben, ist nichts passiert. Er war zwar freundlich, aber hat kaum ein Wort mit mir gewechselt. Und zu meinem Entsetzten musste ich feststellen, dass mich das störte.
 

Ich versuche diese – mir absolut unbegreiflichen – Gedanken zu vertreiben.

Heute Nacht also die nächste Aktion. Und ich bin dabei! Die Devise lautet: Wachsam sein! Eigentlich kaum vorstellbar, dass Adam ausgerechnet von der Verschiebung einer Lieferung heute Nacht weiß. Aber da liegt der entscheidende Punkt: Bei Adam weiß man eben nie so genau. Und irgendetwas in meinem Innern sagt mir, dass er heute Nacht dort draußen sein wird.

Ein erstaunliches Gefühl: Dieser Nevenkitzel – woher kommt er nur plötzlich? Klar war ich auch früher schon vor den Aktionen aufgeregt gewesen, aber so etwas habe ich noch nie empfunden. Vielleicht… dieses Gefühl … vielleicht geht es ja dabei nicht um die illegalen Aktivitäten, sondern um mein ganz persönliches Duell mit Adam? Ein Spiel, das nur des Nachts gespielt wird. Ein Spiel, von dem ich nicht weiß, wie genau es aussehen und… ausgehen wird.
 

Es dämmert schon. Ich sehe aus dem Fenster – auf die hässliche Skyline dieser Großstadt. Ich ziehe den Reißverschluss meiner schwarzen Lederjacke zu. Obwohl auch jetzt das Adrenalin durch meinen Körper pumpt, habe ich dieses Gefühl scheinbar angenommen. Es berauscht mich auf sonderbare Art und Weise. Dabei habe doch ich gesagt, dieses Spiel sei krank. Und nun? Jetzt freue ich mich ja beinahe schon darauf. Was ist nur los mit mir?

Ich schüttle den Kopf über mich – dieses Mal allerdings mit einem Lächeln.

Mein Handy klingelt. Ich nehme ab. Am anderen Ende ist Rick:

„Es geht los, Vic.“

„Roger.“

Ich lege auf und atme einmal tief ein.

Auf geht’s!
 

Ich steige aus der U-Bahn und sehe mich um: Niemand, der sich auffällig verhält. Niemand der mit den Blicken an mir klebt oder mir folgt. Selbst der obligatorische Zeitungsleser ist weit und breit nicht zu sehen. Bedächtig steige ich die Treppenstufen hinauf und trete auf eine Straße mit nur jeweils einer Spur. Merkwürdiger Ort für eine Verschiebung. Das ist ja beinahe schon Vorstadtgebiet. Warum ausgerechnet ‚Bridgesand’? War das etwa die Idee der Kunden gewesen? Zwar gibt es hier auch Hochhäuser, aber das Großstadtgebiet flacht langsam ab und an Stelle von Wolkenkratzern treten allmählich nur noch Einfamilienhäuser. Mein Blick gleitet nach rechts. Der Fluss liegt circa ein Kilometer entfernt. Auf der anderen Seite beginnt die Vorstadt. Kleine, neckische Häuschen mit großem Vorgarten. Ich bin noch nicht oft dort gewesen, aber diese Gegend ist tatsächlich sehr schön. Viele Grünflächen gibt es da, die innerhalb der Großstadt selten gestreut sind. Deswegen ist ihr Bild ein so enorm karges. Mein Kopf wandert nach links. In einigen Metern Entfernung ragen Hochhäuser in den dämmernden Himmel.

Ein genauer Blick auf die Umgebung verrät mir: Mit meinen schwarzen Klamotten kann ich mich hier gut verbergen. Schmale Gassen führen zwischen den hohen Gebäuden hindurch. Feuerleitern ermöglichen den Weg auf die Dächer. Ich überquere die Straße. Etliche Meter links von mir entfernt sehe ich eine Gestalt: Es ist Eddie. Er hebt die Hand und verschwindet dann in eine der Gassen. Gut, bis hierhin ist uns scheinbar niemand gefolgt. Und von hier bis zum Übergabeort ist es nicht mehr allzu weit.

Auch ich trete jetzt in eine Gasse. Die Sonne ist beinahe ganz verschwunden. Nur noch wenige rote Strahlen erhellen die Passage zwischen den Hochhäusern. Mit wachsamen Augen gehe ich immer weiter geradeaus. Denn hauptsächlich das ist meine Aufgabe: Die Augen offen halten. Nach Adam oder anderen verdächtigen Personen.

Mir wird allmählich bewusst, weshalb die Übergabe in diesem Viertel stattfindet: Vor mir erstreckt sich ein ganzes Labyrinth von Gassen. Wahrscheinlich ist das die Richtung, die zurück ins Stadtinnere führt. Die Gegend ist unheimlich. Sie wirkt verlassen. Ich kenne mich nicht genügend in diesem Gebiet aus, aber ich habe das Gefühl, dass es sich bei diesen Häusern nicht um Apartmentgebäude handelt und sie größtenteils leer stehen. Nicht ein einziger Mensch begegnet mir auf der Route weiter in das verschlungene Labyrinth hinein.

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle Eddies Nummer. Klicken am anderen Ende der Leitung.

„Na, wie sieht’s aus?“, frage ich ihn.

„Ruhig. Niemand weit und breit. Und bei dir?“

„Ebenso.“
 

Ich mag Eddie. Er ist kein schlechter Kerl – wenn man mal davon absieht, dass er Drogenkurier ist. Er hat diese lockere Art und ist immer witzig drauf.
 

„Von hier oben hat man eine schöne Aussicht. Vor allem auf die Vorstadt und den Fluss. Ich schwör’s dir, irgendwann besitze ich auch so ein Einfamilienhaus,“ sagt Eddie.
 

Mittlerweile ist es dunkel. Ich muss schmunzeln. Wünschen wir uns das nicht alle? Ein neckisches kleines Haus, eine hübsche Frau und zwei Kinder? Aber ich weiß es besser, wer einmal im Sumpf angekommen ist, der kommt so leicht nicht wieder aus ihm heraus.
 

„Treibst du dich schon wieder auf Dächern rum?“

„Hey, du kennst mich. Ich würde hier oben schlafen, wenn …“

Einige Sekunden vergehen.

„Eddie?“

Ein spitzes „Sch!“, ertönt am anderen Ende der Leitung.

Ich wusste, was das zu bedeuten hatte. Schnelles Atmen und Rascheln dringen durch das Mobiltelefon an mein Ohr. Das Rascheln wird immer lauter, bis mir schlagartig bewusst wird, dass das Geräusch nicht aus dem Handy kommen kann. Ich lasse den Arm sinken, drücke auf die rote Taste und drehe mich langsam um. Ich komme mir ein wenig wie an jenem Abend vor, an dem ich das erste Mal auf Adam traf. Damals war ich mitten auf der Straße stehen geblieben und wartete darauf, dass mich zwei Hände packen würden. Genau dasselbe tue ich auch jetzt, während ich in die dunkle Gasse starre.

Warum stehst du hier noch rum? LAUF !

Ich höre auf meine innere Stimme, drehe mich wieder um und renne los. Nach einigen Metern wird mein Lauf gestoppt: Ich pralle gegen irgendetwas. Es ist nicht hart, aber auch nicht wirklich weich und es … bewegt sich. Langsam hebe ich den Kopf und sehe in ein dunkles Augenpaar.
 

Adam!


 

Noch bevor er mich festhalten kann, mache ich auf dem Absatz kehrt und renne wieder zurück in die Richtung, aus der ich gekommen bin und aus der das Rascheln kam. Ich bemerke, dass er mir nicht folgt. Will er mich etwa verhöhnen? Eine kleine Gasse führt nach rechts. Ich schnelle hinein, immer weiter geradeaus. Nach einigen Metern muss ich feststellen, dass ein Zaun meinen weiteren Weg verhindert. Ich erkenne zu meiner linken einen großen Müllcontainer. Die Wand rechts daneben liegt ein Stück weiter hinten als die des übrigen Gebäudes. Schnell ziehe ich mich in den Schatten hinter dem Container zurück. Ich versuche meinen Atem zu beruhigen.
 

Das ist doch total bescheuert, was ich hier mache! Warum laufe ich vor Adam davon? Was sollte schon geschehen? Festnehmen kann er mich schlecht. Das würde schon genauso wenig Sinn ergeben wie damals. Immerhin hatte ich nichts Belastendes bei mir. Außer natürlich die Polizei weiß von der Verschiebung, dann ist die Argumentation, dass ich mich verdächtig verhalten habe und vor einem Beamten davongelaufen bin, tragbar.
 

Schritte, ich höre Schritte.

klack, klack, klack, klack …

Die Schritte kommen näher, sie werden immer lauter.

klack, klack, klack, klack …

Plötzlich verstummen sie. Stille. Vorsichtig und geräuschlos gleite ich an der Wand hinab.
 

„Victoooor.“
 

Diese Stimme! Ich würde sie auf 1.000 Meilen erkennen und unter 10.000 Menschen deutlich heraushören.
 

„Komm raus, komm raus, wo immer du bist.“
 

Ich horche auf. Die Worte hallen genau in meine Richtung. Spott schwingt in der tiefen, samtenen Stimme mit. Er will mich also wirklich verhöhnen. Naja, er hat ja auch auf diese Jagd sehnlich gewartet.

Die Stimme entfernt sich etwas. Ich atme erleichtert aus.
 

„Eckstein, Eckstein, Victor muss versteckt sein.“
 

Versteckspielen. Aha. Ich kann ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Wirklich passend für diese Situation. Und dennoch: Ich kann diesen Satz unmöglich ernst nehmen und doch ist er die Ursache für Gänsehaut auf meinem Rücken.

Stimme und Schritte entfernen sich weiter.

Ich erhebe mich, schleiche zum Eingang der kleinen Gasse und riskiere einen Blick in beide Richtungen. Nichts. Ich atme tief durch.

Jetzt!

Ich laufe los. In die Richtung aus der ich gekommen bin.

Aber leider komme ich nicht weit. Ich weiß nicht, wie es geschieht. Es ist einfach zu schnell. Plötzlich finde ich mich mit dem Rücken an die Wand der Gasse gepresst wieder.
 

Wie in der ersten Nacht hat Adam mich schnell und kalt erwischt.
 

Verdammt!
 

Dieser Blick der saphirblauen Augen! Als würde er mich mit ihm berühren! Ich bekomme keine Luft.

Es geht alles so schnell. Ich bin verwirrt. Meine Gefühle fahren Achterbahn.

Seine Hände, woher kommen sie so plötzlich? Ich spüre sie. Wie sie langsam mein Gesicht nachzeichnen, wie Adam mit seinem Finger über die Narbe auf meiner Wange fährt. Gebannt sehen wir uns in die Augen.
 

Ich kann mich nicht bewegen, es ist aussichtslos. Meine Handgelenke befinden sich über meinem Kopf in felsenfestem Griff. Trotzig sehe ich ihn an.
 

„Du schummelst, Adam!“

Er lächelt mir frech ins Gesicht.

„Ist das so, ja?“

Mit schmalen Augen blicke ich verachtend zu ihm hinauf.

„Du bist trotz Abmachung auch hinter den anderen her!“

„Tja, Victor. Ich habe immerhin auch noch eine Verantwortung den Bewohnern dieser Stadt gegenüber. Drogengeschäfte haben auch immer weiter reichende Folgen.“
 

Es vergehen einige Sekunden, in denen Adam wieder mit seinen Augen über meinen Körper gleitet. In diesem Moment wird mir bewusst, dass nur noch wenige Millimeter Abstand zwischen uns liegen. Wann hat er diesen verkürzt? Wie konnte das nur geschehen? Normalerweise wäre mir das doch sofort bewusst geworden! Was macht dieser Polizist nur mit mir?
 

„Aber sei unbesorgt, nicht jeder Polizist in dieser Stadt ist so gut wie ich.“

Natürlich!

Adam musste sich ja wenigstens bemühen dem eigentlichen Zweck seines Berufsstandes nachzukommen.
 

Sein Kopf kommt meinem Gesicht langsam näher. Ich versuche zurückzuweichen, doch mir wird im selben Moment bewusst, dass ich immer noch die Wand im Rücken habe. Während seine linke Hand meine Hände weiterhin gefangen hält, spüre ich seine Rechte jetzt an…..meiner Hüfte?!
 

Die Verachtung meines Blickes wächst. Aber da ist noch etwas anderes: Ein wohliges, warmes Gefühl, dass langsam von meinem Körper Besitz ergreift….
 

„Na, na, Victor. Wie schaust du mich denn an?“ Ein tadelnder Unterton schwingt in seiner Stimme mit.

Ich spüre seine Hand, wie sie über meinen Hals und Brust gleitet. Ich kann die Intensität, die im Druck dieser Berührung liegt, nicht beschreiben und ich kann mich einfach nicht rühren. Es fühlt sich so gut, so richtig an. Dann wieder packt mich der Ekel…aber…aber…er ist viel schwächer ausgeprägt als zuvor. Zu meinem Gefühlswirrwarr gesellt sich nun auch noch Angst: Was – zur Hölle – stellt dieser Mann nur mit mir an?
 

Plötzlich…plötzlich spüre ich zwei Hände, die an meinen Körperseiten entlang streichen. Ich bin wie paralysiert. So viele konträre Empfindungen und dann noch Adams Augen. Diese tiefblauen Ozeane. Wie sie mich ansehen: So als sei ich ein Geschenk, als sei ich unheimlich wichtig und gleichzeitig kommt es mir so vor, als sehe er mich als seinen Besitz an.

Ich will ihn etwas fragen und stelle fest, dass mein Mund ganz trocken ist. Als es mir gelingt, Worte zu formulieren, sind es die falschen. Worte, die ich eigentlich nicht sagen will und die ein Eingeständnis von Schwäche sind:
 

„Was…was machst du mit mir?“
 

Ist das meine Stimme? So schwach und zitternd?

Er lächelt mich zärtlich an und dann geschieht es: Adam küsst mich!

Es ist nur ein sanfter Kuss auf die Wange und trotzdem entzündet er ein Feuer in meinem Inneren. Dann flüstert er an meinem Ohr:

„Deine Augen sind schon viel lebendiger, kleiner Victor.“

Ich verstehe seine Worte kaum und kann keinen Sinn in ihnen erkennen. Ich bin einfach zu durcheinander.
 

Reiß dich zusammen, Victor!
 

Was tue ich hier? Ich lasse mich von Adam einfach so begrapschen und wehre mich nicht einmal dagegen? Noch besser: Ich lasse das alles zu, während meine Freunde gejagt und vielleicht verhaftet werden! Diese Erkenntnis löst meine Starre.
 

So lege ich die Arme um Adams Hals und ziehe ihn noch näher zu mir heran. Unsere Körper berühren sich – es ist wie ein Blitzschlag, der sich zwischen uns entlädt. Das verwirrt mich für einen Augenblick wieder, im nächsten komme ich jedoch erneut zur Vernunft.
 

Seine Hände behindern mich nicht mehr. Ich hole mit meinem Bein Schwung.
 

Schon im nächsten Moment krümmt sich Adam vor Schmerz. Er hat es nicht kommen sehen. Ein Punkt für mich und meinen unbarmherzigen Kniehieb in seine Genitalien!
 

Ich will ihm irgendetwas Vernichtendes zuschreien, doch es fällt mir absolut nichts ein. Stattdessen laufe ich los. Schon bald lasse ich die dunkle Gasse hinter mir, presche zurück ins Freie. Der U-Bahnabgang liegt wenige Meter vor mir. Ich kann hören, wie ein Zug ankommt, also hechte ich zur Treppe und rutsche sitzend das Geländer in die Tiefe hinab. Ein Sprung und ich bin in dem Waggon. Die wenigen Menschen, die hier sitzen, blicken erschrocken auf. Scheinbar ist es mein gehetzter Blick, der sie in Unruhe versetzt. Ich gehe in den hinteren Bereich und ziehe mein Handy aus der Hosentasche.
 


 

Mein letztes nächtliches Aufeinandertreffen mit Adam Wellert ist erst wenige Tage her und nun laufe ich schon wieder vor ihm davon. Das letzte Mal hat er mich nicht festgenommen. Was heute Nacht geschehen wird, steht in den Sternen. Nur Eins steht fest: Dieses Mal habe ich entschieden mehr Angst, immerhin habe ich ihm auf eine sehr uncharmante Art Schmerzen zugefügt.
 

Wer hat den längeren Atem? Wessen Beinmuskulatur würde wohl zuerst den Geist aufgeben? Die nächste Ecke kam mir sehr gelegen. Wie ein Hase schlug ich einen Haken nach rechts. Dieses Gebiet ähnelt dem von vor wenigen Tagen: Viele Gassen, allerdings lichter als in ‚Bridgesand’.
 

Ich sehe das Licht der Straßenlaterne und will gerade aus dem beengenden Dunkel preschen, als ich zwei Hände an meinen Schultern spüre. Ruckartig reißen sie mich nach hinten. Ich pralle gegen etwas Hartes und Warmes – Adams Brustkorb. Eine der Hände umfasst meine Taille und zieht mich wieder zurück ins Dunkel, während ich meine Hände noch immer nach dem Licht ausstrecke.
 

Langsam realisiere ich das Prickeln an den Körperstellen, die Adam so forsch umklammert. Ich bemerke sie zwar, wirklich begreifen kann ich die Gefühle noch immer nicht, die er in mir hervorruft.
 

„L.A.S.S. M.I.C.H. L.O.S. !!!“
 

Aber anstatt in die Freiheit entlassen zu werden, finde ich mich augenblicklich gegen eine kalte Mauer gepresst wieder. Ist das ein Déjà-vu?

Adam dreht mich blitzschnell um, mein Bauch an der Wand, zieht er meine Arme auf den Rücken und dann…
 

Klick… Klick
 

Eisiges Metall an meinen Handgelenken. Ich schnappe nach Luft. Kalte Schauer rieseln meinen Rücken hinab.

Adams Hände finden ihren Weg wieder zurück an meine Hüfte. Ein wohligwarmes Gefühl in meinem Lendenbereich ist die Folge. Ich kann diese Sinnesempfindung einfach nicht akzeptieren! Ich will das doch gar nicht und bis heute war es noch nie da gewesen.

Adam ist jetzt dicht hinter mir. Ich kann die Wärme seines Körpers spüren. Seine Hände auf meinem Leib erhitzen durch die Kleidung die Hautstellen, die sie berühren.

Ich spüre seinen Atem an meinem Ohr und dann…dann ist da etwas Feuchtes! Seine…seine Zunge?! Sie streicht über meine Ohrmuschel.

Bevor ich lautstark protestieren kann, ertönt seine Stimme:
 

„Tut mir leid, Kleiner. Aber nach dem letzten Mal lässt du mir keine Wahl. Wollen doch mal sehen, ob du noch andere Waffen bei dir hast, als deine Knie.“
 

Und dann geschieht es: Seine Hände sind überall, tasten ungeniert meinen Körper ab. Und…und…mir gefällt es ! Diese Erkenntnis schockiert mich zutiefst! Ich muss mich wehren!

Es ist eine Waffenkontrolle, wie bei einer Festnahme. Ich komme mir vor, wie in einem schlechten Rollenspiel!
 

Ich versuche mich von der Wand abzustoßen, mich zu wehren. Doch Adams körperliche Kraft ist meiner hundertmal überlegen. Ohne Überraschungseffekt keine Chance. Mühelos hält er mich an der Wand gefangen. Meine Beine werden gespreizt und ich spüre, wie er mit seinen Beinen an meinen herauf- und hinab gleitet und dann…

….

….

Spüre ich, wie eine seiner Hände zwischen…meine…Pobacken… gleitet…

….

….

!!!!
 

„AUFHÖREN !!!“, brülle ich ihn an.
 

Ungeniert streichen zwei Finger über meinen jeansbedeckten Eingang.
 

„DAS IST NICHT FAIR! ICH KANN MICH JA NOCH NICHT EINMAL WEHREN

! NEEEIN!“

Adam nutzt seine Macht aus, um mit mir zu machen, was ihm gefällt…!
 

Plötzlich ploppt wieder dieses Bild in meinem Kopf auf: Das Bild von klatschender Haut.

„DU BIST NICHT BESSER ALS ER !!!“
 

„Was ist denn hier los?“, ertönt plötzlich eine fremde Stimme.

Ich friere in meiner Bewegung ein.

„Hast du einen erwischt, Adam?“ Der Fremde lacht.

Ich höre Adam flüstern: „Sei still und beweg dich nicht!“
 

„Klasse!“, höre ich einen anderen sagen.

Dann ertönt wieder Adams Stimme: „Tut mir leid euch enttäuschen zu müssen Jungs, aber das ist kein Drogenbursche.“

„Ach ja?“, fragt wieder die erste Stimme.

„Warum brüllt der dann hier so rum?“, fragt der Zweite.

„Er hat nichts. Ich habe ihn gerade durchgecheckt.“

„Wir sollten ihn trotzdem mit auf die Wache nehmen. Für alle Fälle.“

„Und unsere Zeit verschwenden?“, erklingt Adams tiefe Stimme, „Die Richtigen müssen noch irgendwo hier unterwegs sein. Ich gebe zu, der Junge hier war anfangs nicht gerade kooperationsbereit. Aber ich habe ihn verwarnt und mir seine Personalien notiert. Das wird für eine Überprüfung genügen.“
 

Es vergehen einige stille Sekunden. Ich stehe immer noch mit dem Gesicht zur Wand und kann die Männer nur hören.
 

„Na..schön…“ Ich kann das Zögern aus seinem Satz deutlich vernehmen.

„Auf deine Verantwortung, Adam.“
 

Klack…Klack

Die Handschellen werden gelöst. Ich drehe mich um und weiß nicht was ich sagen soll.

Adam sieht mir in die Augen und sagt dann: „Geh nach Hause, Kleiner.“

Einen Augenblick verharrt der Blick seiner blauen Augen noch auf mir, dann wendet er sich ab und geht.
 

Am nächsten Tag kam Adam nicht ins Café und am darauf folgenden Tag ebenfalls nicht und die Tage und Wochen die darauf folgten, auch nicht.
 


 

Ich sortiere mal wieder die frisch gespülten Kaffeetassen ein, aber meine Gedanken sind keineswegs bei der Arbeit.

Es ist zum verrückt werden! Scheinbar ist Adam aus meinem Leben verschwunden! Er hat sich schon seit zwei Wochen nicht mehr blicken lassen.

Wollte ich das nicht auch? Sollte ich das nicht auch?
 

….Den Bullen loswerden…
 

Aber Fakt ist : Ich will es nicht mehr. Ich will nicht mehr, dass er aus meinem Leben verschwindet.

Und hier liegt ein weiterer Knackpunkt: Ich verstehe es einfach nicht! Ich kann diese Gefühle absolut nicht einordnen: Wenn er nicht da ist – so wie im Moment – denke ich an ihn, sein Gesicht, seine Stimme, sein Körper. All das ist immer präsent und ich wünsche in jedem Moment er wäre bei mir. Und wenn er es dann ist, wenn er einfach so aus heiterem Himmel auftaucht, dann wird mir ganz warm. Meine Handinnenflächen werden feucht, mein Mund trocken. Ich spüre, wie es in meinem Bauch kribbelt und wie meine Hände ab und an zittern.

Und jetzt? Jetzt ist er nicht mehr da! Deswegen fühle ich mich ja so schlecht!
 

Warum?
 

Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen: Entweder bereut er seine Forschheit oder aber – was ich eher glaube – hat ihn das plötzliche Auftauchen seiner Kollegen wachgerüttelt; ihm klar gemacht, dass sein Machtmissbrauch auch auffliegen und ihm ernsthafte Probleme bereiten könnte.
 

Ich bin merkwürdig: Einerseits kann ich das Gefühlschaos, das in meinem Inneren brodelt, nicht einordnen und auf der anderen Seite ordne ich sein Handeln so rational ein. Zumindest versuche ich es. Aber wer garantiert mir, dass ich richtig liege? Vielleicht will Adam mich auch einfach nur zappeln lassen.
 

„Du kannst Schluss machen für heute“, sagt mein Chef und reißt mich damit aus meinen Gedanken.

Ich nehme die Schürze ab und trotte in den angrenzenden Flur und dann weiter in den Raum mit der Aufschrift „Privat“. Ich lege sie zu den anderen gebrauchten, greife meine Tasche und mache mich dann auf den Heimweg.
 

Es ist noch hell, als ich endlich den Park erreiche. Anhand der Temperaturen merkt man, dass der Frühling auf dem besten Weg ist sich zum Sommer zu wandeln. Um diese Uhrzeit ist es immer noch so schön warm.

Ich werde heute wohl noch joggen gehen – um den Kopf frei zu bekommen.

Ahnungslos verlasse ich die große Wiese und trete auf den kleinen geschlungenen Pfad in Richtung des Parkausganges, nahe bei meiner Wohnung.

Wie hätte ich auch mit so einem Zufall rechnen sollen? Jedenfalls stehen sie da: Eine kleine Gruppe junger Männer meines Alters. Ich erkenne sie. Leider zu spät, denn sie haben mich bereits identifiziert.
 

Es sind die Kerle der konkurrierenden Gang….
 

Die, die mich schon einmal brutal zusammengeschlagen und dafür von Rick und den anderen eine Abreibung kassiert haben. Sie schauen in meine Richtung und ich weiß, dass es bereits zu spät ist. Soll ich wenigstens versuchen zu fliehen? Meine Chancen stehen schlecht. Sie kommen schon langsam auf mich zu….
 

Adam, ich vermisse dich.
 

Ja, … Sehnsucht nennt man wohl dieses Gefühl, dass ich empfinde.

Ich habe ihn angeschrieen. Gebrüllt er sei wie er . Wie mein Pflegevater! Aber Tatsache ist: Er ist es nicht! Ich mag es, wenn er mich berührt. Es ist völlig anders. Es ist ein schönes Gefühl: So prickelnd und so warm. Mein Herz schlägt höher, genauso wie wenn ich ihn nur erblicke.
 

Adam, ich…ich…habe dich…sehr gern!
 

Ich lasse meine Tasche zu Boden sinken und kremple meine Hemdärmel hoch. Feige bin ich nicht! Kurz bevor sie mich erreichen, lache ich lauthals auf.
 

Schon merkwürdig: Ihnen stelle ich mich und vor Adam laufe ich davon, wenn er mich jagt.

Aber das wird sich in Zukunft ändern….

Sein Territorium

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Glücklich sein

Aloha Freunde meiner kleinen, bescheidenen Story!
 

Ich will ehrlich zu euch sein! Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass es so lange gedauert hat! Natürlich habe ich mich zur Strafe selbst gegeißelt – drei Mal täglich!

Okay! Mal Spaß beiseite: Ich bedaure es wirklich sehr, dass ihr euch so lange gedulden musstet. Leider verheddert man sich nur allzu oft in die Fallstricke des alltäglichen Lebens. In diesem Fall waren es Prüfungen und ein anstrengendes Langzeitpraktikum in den Semesterferien. Ach ja, und dann war doch noch meine Obsession für die drei Rockgötter, denen ich mal wieder quer durch Europa hinterher gereist bin (muss auch mal sein :)).

Nichts desto trotz habe ich mich baldmöglich wieder an diese Geschichte gesetzt und ………bin verzweifelt! Ich hatte einen argen Durchhänger kombiniert mit einer saftigen Schreibblockade und als Sahnehäubchen auch noch mit dauernder Kritik dritter Personen an meinem Stil dekoriert. Tödliche Mischung, kann ich da nur sagen. Die Kirsche auf der Sahne fehlt allerdings noch und soll auch hübsch verwahrt im Obstfach des Kühlschrankes bleiben – bis zum Jüngsten Tag! Nachdem ich mich mittlerweile so halbwegs von diesem schweren, kalorienhaltigen „Du-kannst-nichts-also-sehe-es-endlich-ein-Eisbecher“ erholt habe, setze ich die Geschichte um Adam und Vic nun endlich fort (nachdem ich dieses Kapitel zwei Mal verworfen, neu geschrieben und zig mal umgeschrieben habe)!
 

An dieser Stelle also auch ein großes Dankeschön an alle geduldigen Leser und Reviewer! Konstruktives Feedback ist immer herzlich Willkommen! Also fühlt euch – neben dem kommentieren – auch so frei, mich mit persönlichen Nachrichten zu bombardieren! Ab diesem Kapitel werde ich ohnehin versuchen, wieder vermehrt persönlich auf eure Kritik einzugehen. Übrigens möchte ich an dieser Stelle bekannt geben, dass ich eine zuverlässige Beta suche, die mir mit Rat und Tat zur Seite steht (besonders im Bereich der Interpunktion). Also meldet euch doch bei mir, wenn ihr Lust habt.
 

Ein großes Dankeschön und viele Knutschis auch an meine „Aushilfsbeta“ und gute Freundin SummoningIsis, die sich kurzfristig auf meine Anfrage hin dazu bereit erklärt hat, Kapitel 7 beta zu lesen!
 

Aber nun endlich genug mit dem Autorengequatsche, lest selbst. :)
 


 

Kapitel 7: Glücklich sein
 

Glück? Ich seufze. Wenn ich jemals wirklich glücklich war, dann wohl in diesem Moment. Dabei tue ich gar nichts Besonderes. Ich beobachte nur verträumt einen Mann, der lediglich mit einer grauen ausgeleierten Jogginghose bekleidet, Spiegeleier und Speck brät. Den Kopf auf meiner linken Hand aufgestützt, die Augen auf Adams Kehrseite geheftet, nippe ich hin und wieder an meinem schwarzen, dampfenden Kaffee.
 

Es ist eine merkwürdige Empfindung, dieses Glück. Seit wann macht es einen Menschen glücklich einen anderen zu beobachten? Vor allem, wenn dieser nur eine Jogginghose trägt, die – nebenbei bemerkt – unverschämt tief auf den Hüften sitzt. Und dennoch: Ein großer Wirbel kleiner Schmetterling fliegt fröhlich durch meinen Bauch. Es kribbelt dort schon die ganze Zeit.
 

Adam dreht sich mit der Pfanne in der Hand um und gestattet mir so einen ausgiebigen Blick auf seine nackte, trainierte, von Narben gezeichnete und zart behaarte Brust. Ganz in meine Schwärmereien vertieft, registriere ich nur am Rande, dass er eine große Portion Eier und Speck auf meinen Teller häuft.

„Iss.“
 

Verdattert löse ich meine Augen von seinem Oberkörper und sehe ihn kurz fragend an, ehe meine Augen zum gedeckten Tisch und gefüllten Teller wandern.

Ein flüchtiges „Oh“ kommt über meine Lippen. Aus den Augenwinkeln erkenne ich, wie Adams Mund sich zu einem selbstgefälligen Grinsen verzieht. Ihm ist meine Gafferei anscheinend nicht entgangen. Ich spüre, wie meine Wangen sich langsam erwärmen. Um jeder weiteren Peinlichkeit zu entgehen, beginne ich zu essen. Wortlos starre ich währenddessen auf meinen Teller. Dankbarerweise zog auch Adam es vor beim Frühstück zu schweigen. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass er noch immer halbnackt in der Küche steht und mich damit um den Verstand bringt.
 

Glücklich sein. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Ich schätze, ich hatte bislang keine Ahnung, was Glück überhaupt ist. Natürlich hatte ich davon gehört, aber in meinem bisherigen Leben habe ich so etwas nie wirklich empfunden. So scheint es mir zumindest. Gut, in einer sehr weit zurückliegenden Vergangenheit vielleicht. Bevor meine Eltern starben und ich immer mehr in eine Dunkelheit aus Gewalt, Einsamkeit und Kriminalität abrutschte.

Aber dieses Gefühl jetzt…. So eigenartig berauschend und beflügelnd. Schmetterlinge. Als wäre der düstere Schleier über meinem Leben nie da gewesen. Ich lege meine Gabel beiseite und blicke auf.

„Danke, das war sehr gut.“

Adam lächelt mich nur – selbstsicher wie immer – an und isst weiter. Ich hingegen rutsche vom Küchenstuhl und schlendere hinüber in das Badezimmer, um mich ausgiebig zu waschen. Unweigerlich begegne ich meinem Spiegelbild und unterziehe es einer eingehenden Betrachtung.
 

………

„Deine Augen sind schon viel lebendiger, kleiner Victor.“

………
 

Graue Augen starren in ihre Reflexion. Stimmt es? Habe ich mich bereits verändert? Ich fühle mich anders, aber wirklich sehen kann ich es nicht. Ich erblicke denselben schlanken, blassen, unscheinbaren und blonden Jungen mit einer markanten Narbe auf der Wange wie auch Wochen zuvor. Irgendetwas in mir hat sich zweifelsohne verändert, aber es hat nicht mein äußeres Erscheinungsbild beeinflusst.
 

Es mag vielleicht kitschig klingen, aber Adam Wellert hat ein gleißenden Strahl Licht in meine Dunkelheit gebracht. Nichts ist mehr schwarz noch weiß. Die Farben und Grenzen verschwimmen immer mehr. Dadurch, dass ich Adam so nah an mich heran gelassen habe, bringe ich mich ganz schön in die Bredouille. Ich kann es nicht verhindern, nun fühle ich mich auch ihm verpflichtet. Weder will ich Adam enttäuschen, noch will ich Rick im Stich lassen. Ich weiß, es wird der Moment kommen, an dem ich mich werde entscheiden müssen und ich fürchte mich davor. Wahrscheinlich wird mir der Mut fehlen.
 

Ich schüttle den Kopf, will die unliebsamen Gedanken vertreiben und beginne deshalb mich zu waschen.
 

Als ich in die Küche zurückkehre, reinigt Adam an der Spüle Kaffeebecher. Ich bleibe in der Tür stehen, lehne mich an den Rahmen und gehe wieder dazu über Adam ausgiebig zu betrachten. Diese legere Jogginghose in Kombination mit dem nackten Oberkörper…bei jemandem wie Adam Wellert gehört ein solches „Outfit“ verboten. Zu sexy. Eindeutig. Eigentlich gilt dies für alles, was er trägt. Egal was es ist, er sieht einfach immer unverschämt gut aus. Unweigerlich schweifen meine Gedanken zur gestrigen Nacht zurück, als er gar nichts getragen hat; als ich…als wir…. Ich bemerke, dass sich abermals Hitze in meinen Wangen staut und meine untere Körperregion allmählich deutliche Signale sendet…
 

Wie festgenagelt verharre ich in der Tür und kann einfach nicht meinen Blick von ihm losreißen. Plötzlich dreht sich Adam um und sieht mich unverhohlen an, ein amüsiertes Lächeln auf seinen Lippen. Verflixt. Auf frischer Tat ertappt. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag.

„Sag mal, Kleiner…hat dir eigentlich niemand beigebracht, das solch ungeniertes Starren extrem unhöflich ist?“

Mistkerl! Genau darauf hat er es doch angelegt! Mein Gehirn ist zu langsam an diesem Morgen, als dass ich eine schnelle und schlagfertige Antwort finde. Somit vergehen einige Sekunden und als ich antworte, belasse ich es einfach bei der Wahrheit:

„Wer würde nicht gucken, wenn ein absolut ansehnlicher Mensch in dieser Aufmachung in der Küche steht?“ Besonders selbstsicher klinge ich dabei allerdings nicht.

Als Reaktion ernte ich nur ein selbstgefälliges Grinsen. Bastard!

„Komm her, Kleiner.“
 

Ich überbrücke die quälende Distanz zwischen uns. Er sieht zu mir hinab als ich meine Arme um seine Taille lege, mich auf meine Zehenspitzen stelle und versuche ihn zu küssen. Aber Adam lässt es nicht zu und entzieht sein Kopf meinen Bemühungen. Er lächelt amüsiert.

„Auch auf die Gefahr hin, dich zu verunsichern: Heute probieren wir mal etwas anderes aus.“

Irritiert sehe ich ihn an. Gerade versuche ich mir zu überlegen, was er wohl vorhat, als Adam eine meiner Hände von seiner Taille löst und sie zu seinem Hintern führt.

„Na, war es nicht das, was du die ganze Zeit angestarrt hast?“

Ich lasse meine Hand einen Moment lang auf dem knackigen Stück Fleisch ruhen, ehe ich zaghaft anfange es durch die Hose hindurch zu streicheln. Ich werde immer mutiger: Aus Streicheln wird Kneten. Mit Zunahme der Intensität der Berührungen, wächst auch unser beider Erregung. Ich kann es deutlich spüren und hören. Unser Atem kommt schwer und beschleunigt sich immer stärker.

„Und jetzt…hier“, keucht Adam.

Während er das sagt, nimmt Adam meine auf seinem Po ruhende Hand und führt sie an seinen Schritt. Ich ziehe scharf die Luft ein als ich in Kontakt mit der scheuen Beule komme und schließe für wenige Sekunden meine Augen. Im selben Moment berührt er mich zwischen den Beinen. Ich stöhne und mein Kopf sinkt an seine nackte Schulter. Wäre es nicht so verdammt gut, hätte ich wahrscheinlich lachen müssen angesichts des Bildes das wir so abgeben: Zwei Männer; eng umschlungen in der Küche; sich gegenseitig durch den Stoff ihrer Hosen streichelnd.
 

Je mehr Zeit verstreicht, desto besser gefällt es mir Adam so zu berühren. Dieses Gefühl eine solche Wirkung auf ihn zu haben und ihn erregen zu können ist einfach unglaublich intensiv und schön. Scheinbar gewöhne ich mich an diese Art der Intimität. So als sei es ganz normal das zu tun.
 

Mein Herz schlägt mir bereits zum Hals als Adam mich plötzlich mit beiden Händen an der Taille greift und mich auf den Tisch setzt.

„Ein Glück habe ich den vorhin frei geräumt“, höre ich ihn mit vor Erregung rauer Stimme hauchen. Ich spüre wie seine Hände weiter nach oben wandern und unter mein T-Shirt gleiten. Sein Kopf beugt sich unterdessen zu meinem Bauch und küsst diesen zärtlich.

„Was wird das?“ Meine Frage ist nur ein heiseres Krächzen.

Adam hält einen Moment inne und sieht mich überaus amüsiert an.

„Ich will dich vernaschen, was sonst?“ Seine Aussage wird von einem frechen spitzbübischen Grinsen begeleitet.

Er beugt sich über meinen halb entblößten Oberkörper und küsst jede einzelne Stelle, die seinem Mund in die Quere kommt – Bandage hin oder her.

„Stopp!“

Adam sieht mich fragend an. Verlegen weiche ich seinem Blick aus und gucke stattdessen zur Seite auf die Tischplatte. Ich räuspere mich leise und flüstere: „Tut mir leid, aber…aber hier kann ich das nicht…“ Dennoch hören seine Hände nicht auf mich zu streicheln. Sein Gesicht kommt immer näher und dann spüre ich seine Lippen auf den meinen. Der Kuss beginnt zärtlich, gewinnt aber nach kurzer Zeit an Intensität als unsere Zungen aufeinander treffen. Im selben Moment pack Adam mich an der Taille und presst meinen Körper an seinen. Ich schlinge meine Beine um seine Hüften und lasse mich von ihm ins Schlafzimmer tragen.
 


 

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits Nachmittag ist. Mein Blick schweift nach links. Adam hat sein Gesicht im Kissen vergraben, sein Atem kommt langsam und gleichmäßig – er ist vor Erschöpfung eingeschlafen. Ich kann noch die Schweißtropfen auf seiner Haut erkennen. Kraftlos starre ich die Decke an. Völlig verausgabt schließe ich die Augen und lasse mich von der Müdigkeit umfangen. Ich bin gerade am eindösen, als mich das Klingeln meines Handys aus der nahenden Traumwelt zurück in die Realität holt. Ohne mich aufzurichten fische ich nach meinem Mobiltelefon auf dem Nachttisch. Im dritten Anlauf bekomme ich es zu fassen, drücke auf die grüne Taste und führe es an mein Ohr. Ich brauche erst gar nicht auf das Display zu sehen, um zu wissen wer mich da anruft.
 

„Ja?“ Meine Stimme klingt träge und überaus gelangweilt.

„Wo bist du?“ Rick hingegen scheint wütend zu sein. Merkwürdigerweise tangiert mich das momentan aber überhaupt nicht.

„Weg“, ist meine überaus knappe Antwort. Bin ich von allen guten Geistern verlassen? Spreche ich wirklich so mit Rick? Ob ich meine Gedankenlosigkeit wohl noch bereuen werde?
 

Stille am anderen Ende der Leitung. Es kommt mir vor als vergingen ganze Minuten.

„Gedenkst du mit mir zu spaßen, Vic?“ Ein verächtliches Grinsen zeichnet jetzt mein Gesicht. Ich kann es einfach nicht unterdrücken. Darüber hinaus muss ich mich auch noch stark beherrschen, um nicht lauthals loszulachen. Was ist nur los mit mir?

„Wir werden uns eine Weile nicht sehen. Habe zu tun. Ich melde mich.“ Damit beende ich das Gespräch, schalte das Handy aus und schmeiße es achtlos auf den Boden. So plötzlich Ricks Anruf auch kam, so schnell ist er auch schon wieder vergessen.
 

Ich spüre die Bettdecke auf meiner nackten Haut und den warmen Körper neben mir. Ich drehe mich zur Seite und schaue den schlafenden Adam an. Der Anblick zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht. Er liegt jetzt auf dem Bauch, die Arme unter dem Kinn verschränkt, langsam atmend. Seine Haare sind ganz verwuschelt. Eine rare Ansicht. Ich habe Adam seit dem ersten Moment für eine Art schönen Übermenschen gehalten, der einfach immer perfekt aussieht. Verwuschelte Haare passen da so gar nicht ins Bild, sorgen dafür für umso stärkeres Herzflattern bei mir. Ich drehe mich ein wenig, um eine bessere Sicht auf Adam zu haben. Auch bei dieser Bewegung schmerzt und pocht meine Schulter noch immer unangenehm. Wahrscheinlich der langwidrige Heilungsprozess, der durch unsere Bettspielchen nicht gerade beschleunigt wird. Ich beuge mich hinüber zu ihm, spüre seine Haut an meiner, und küsse ihn sanft auf das Schulterblatt. Ein wohliges Kribbeln breitet sich in meiner Magengegend aus. Aber auch ein anderes Gefühl ist da: Begehren. Ich würde sofort wieder mit ihm schlafen.
 

Ich setze mich auf, meine Beine baumeln von der Bettkante und meine Füße berühren den flauschigen Boden. Unsere Kleidung liegt noch immer verstreut auf dem Boden – ein Grund zum Lächeln. Mein Herz schlägt schon wieder eine Spur schneller. Anstatt mich zu erheben und weiß sonst was zu machen, lege ich mich also lieber wieder zu Adam ins warme, weiche und überdimensionale Bett. Vorsichtig rücke ich näher an ihn heran, um ihn erstens nicht zu wecken und zweitens meine Schulter zu schonen. Ein Arm über seinen Oberkörper gelegt, hauche ich zarte Küsse auf Adams Rücken.
 

Die ansehnliche Rückseite, die ich mit Zärtlichkeiten übersehe, bewegt sich plötzlich und in der nächsten Sekunde blicke ich in tiefblaue, verpennte Saphire. Adams Lippen verziehen sich zu einem breiten Lächeln. Ich nutze den Moment und küsse ihn. Meine Hände verschwinden unterdessen unter der Bettdecke und wandern über seinen breiten Brustkorb. Adam seufzt genüsslich.
 

„Hast du denn immer noch nicht genug?“ Seine Augen sind geschlossen und er lächelt.

„Naja...ich habe ja viel nachzuholen…an positiven Erinnerungen“, gebe ich unsicher zu. Ich weiß nicht wonach ich suche, als ich mich langsam über Adams Oberkörper beuge und beginne ihn überall zu küssen. Nach kurzer Zeit werde ich mutiger und lasse dann und wann meine Zunge aus dem Mund gleiten. Adam liegt einfach da, ganz entspannt, und lässt meine Erkundungstour wortlos über sich ergehen, während eine seiner Hände immer wieder durch mein weizenblondes Haar fährt. Irgendwann spare ich mir die Küsse, ziehe nur noch feuchte Linien auf seiner Brust und dann seinen Bauch hinab. Mein Herz schlägt mir schon wieder bis zum Hals. Ich ziehe mich ein Stück zurück, um Adam im Gesamtbild zu betrachten und frage mich, ob…wie…ob ich wohl wirklich….? Die Bettdecke endet jetzt knapp über seiner Lendengegend. Ich sehe, dass sich bereits eine kleine Beule in dem Stoff abzeichnet.
 

Erschrocken über meine Gedanken halte ich einen Augenblick inne. Was ist nur los mit mir? So lange habe ich die Nähe zu anderen Menschen gemieden und jetzt übertreibe ich es gleich so maßlos. Einen Moment überdenke ich meine spontane Idee, die sich jede Sekunde stärker in meinem Kopf ausbreitet und versuche sie krampfhaft zu verdrängen. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto übermächtiger wird mein Einfall. Ich muss hart schlucken. Meinen schmutzigen Gedanken ergebend führe ich meine Lippen wieder zu Adams stahlhartem Bauch. Ich wandere mit meinen feuchten Küssen zu seiner Hüfte und beginne dort Kreise mit meiner Zunge zu ziehen. Hin und wieder blicke ich auf, um zu sehen wie er auf meine Liebkosungen reagiert. Seine Augen sind noch immer geschlossen. Ich registriere, dass er ab und an auf seiner Unterlippe kaut und diese ein wenig einzieht. Ich werte dies als gutes Zeichen. Mein Weg hat mich nun gefährlich nahe an den Rand der Bettdecke geführt. Ich spüre wie sich Adams Bauch anspannt. Der Gedanke, dass Adam mich nicht sehen kann, tröstet mich angesichts dessen, was ich vorhabe…. Zentimeter für Zentimeter schiebe ich unbemerkt die Bettdecke nach unten, bis ich auf das Gesuchte stoße.
 

Adams Beule ist nun unbedeckt und entfaltet ihre ganze Größe. Einen Moment zögere ich noch, dann setzte ich meine Kussspur fort und registriere, wie er sich sofort verkrampft als ich einen ersten zärtlichen Kuss an seiner Lendengegend platziere. Mein heißer Atem streift seinen Penis. Ich spüre seine Hände in meinem Haar als ich mit meiner Zunge einmal der Länge nach an ihm entlangfahre. Was für ein merkwürdiges Gefühl ist das? Eine Mischung aus Erregung und Ekel vor mir selbst erfüllt mich. Adams Hände greifen fester zu, ziehen an ihnen, während ich sein steifes Glied küsse. Sein Geruch steigt mir in die Nase und berauscht mich noch mehr. Mit jeder Sekunde, die ich mich länger in dieser Position befinde, werde ich mutiger. Der Ekel verschwindet allmählich und räumt somit dem starken Ziehen in meinem Lendenbereich mehr Platz ein. Ich pulsiere. Bis ich schließlich so weit gehe und seine Spitze ganz in den Mund nehme. Als ich beginne zu saugen stöhnt Adam laut auf.
 

„Halt!“

Er zieht meinen Kopf zurück, erhebt sich, sieht mir ganz kurz in die Augen und küsst mich dann wild. „Übertreib es nicht gleich, Kleiner.“ Ein wenig Atemlosigkeit schwingt in seiner aufgebrachten Stimme mit.
 

Aber…, aber was wenn ich es will, schießt es sofort durch meinen Kopf. Ich bekomme keine Chance meine Gedanken zu äußern, zu widersprechen und mit dem fortzufahren, wonach es mich mittlerweile mit unglaublicher Intensität verlangt. Verdammt! Ich habe doch tatsächlich Blut geleckt….
 

Adam hat mich unterdessen gepackt, unter sich begraben und meine Beine gespreizt. Meine Schulter hat in den letzten Minuten mehr als einmal lauthals Protest angemeldet. Sonderbarerweise ist der Schmerz allerdings ein wenig erträglicher, wenn mein Körper gleichzeitig von Lust gepeinigt wird.
 

Ich kann die Leidenschaft in Adams Augen erkennen als er meine Beine auf seinen Schultern platziert, um einen besseren Zugang zu meinem Eingang zu bekommen. Ich spüre seine Finger an meiner Rosette. Mit geschlossenen Augen erwarte ich das Unvermeidliche. Es ist immer noch unangenehm am Anfang: Das Dehnen und dann ausgefüllt zu werden von Adams mächtigem Stück Fleisch. Trotzdem sehne ich diesen Moment herbei, denn schon nach kurzer Zeit wird es immer wärmer in mir und das merkwürdige Gefühl macht einem unglaublich intensiven, lüsternen Empfinden Platz. Die Finger sind verschwunden, doch die gähnende Leere hält nicht lange an, denn ich registriere Adams Glied an meinem Eingang. Es ist viel größer als der kleine Muskelring, durch den es dringen will. Ich stöhne. Er hält inne, lässt mir Zeit mich an ihn zu gewöhnen und gleichzeitig das Gefühl zu genießen, gänzlich ausgefüllt zu sein – bereits zum zweiten Mal an diesem Tage. Seine Hände finden meine und verschlingen sich mit ihnen, während er beginnt sich in mir zu bewegen.

„Hgnnn!“
 

Es ist das insgesamt dritte Aufeinandertreffen unserer Haut. Und mit jedem Mal wird es besser. Ich ahne bereits, dass es nicht lange dauern wird bis Adam mich wieder über den Rand treibt. Dieses Mal ist er ganz zärtlich, sein Rhythmus ein quälend langsames Stoßen mit dem er jeden einzelnen Nerv in mir reizt. Und er trifft ganz sachte diesen süßen Punkt in mir – immer und immer wieder. Ich werde wahnsinnig!
 

Als ich meine Augen öffne ist er bei mir; küsst mich stürmisch bis mir die Sinne vergehen. Alles verschwimmt zu einem diffusen Ganzen. Unsere Hände verketten sich miteinander, während er immer und immer wieder sanft zustößt. Ich kann mich in seinen Augen erkennen, starre tief in beide Ozeane und verliere mich völlig in dem Moment. Sein Rhythmus treibt uns unaufhaltsam weiter voran.
 

Ich sehe das Ende, bevor es dir bewusst wird und schon haben wir den Rand überbrückt und fallen ins Bodenlose.

„Ahhhh!“ Dein Stöhnen ist ein einziger grunzender Laut, dann brichst du auf mir zusammen – wie beide Male zuvor.
 

Nur wenige Sekunden später verschwindet sein Gewicht von meinen Körper und das Bett neben mir bewegt sich. Ich drehe mich zu Adam, rolle mich vorsichtig – nach wie vor wegen meiner Schulter – zusammen, schließe die Augen und falle schon bald in einen festen Schlaf. Das letzte, was ich bemerke ist Adams Arm, der sich über meinen Oberkörper legt und sanft über mein Schlüsselbein streicht.
 

Haben wir unser Tempo beschleunigt? Von null auf hundert? Ja, so scheint es. Wie heißt es doch so schön im Volksmunde: Aller guten Dinge sind drei. Drei. Drei Mal. So oft haben wir mittlerweile miteinander geschlafen. Und das innerhalb von 24 Stunden. Ich weiß nicht genug über Beziehungen im Allgemeinen, als dass ich behaupten könnte, wir hätten einen neuen Rekord aufgestellt.
 

Beziehungen.
 

Sind wir in einer Beziehung? Zweifelsohne stehen wir in einer Beziehung zueinander, aber deshalb sind wir nicht zwangsläufig ein Pärchen. Will ich das? Ich weiß es nicht. Langsam kehrt der bedrückende Schatten zurück. Er flüstert mir ins Ohr, fragt mich, ob ich wirklich so weit sei. Ob ich alles bereinigt hätte. Ob ich frei bin für ein neues Leben. Am liebsten würde ich sofort „JA!“ schreien. Doch er hat Recht, wenn er meine Gefühle in Frage stellt. Ich sitze zwischen zwei Stühlen: Einem mit der Aufschrift „Rick“ und einem anderen, der den Namen „Adam“ trägt. Ich muss mich für einen entscheiden.
 

„Worüber denkst du so angestrengt nach, Kleiner?“

Ich blicke über meine Schulter und sehe Adam in die tiefblauen Augen. Er hält mich im Arm. Beide tragen wir wieder unsere bequemen Jogging-Outfits und gemeinsam in einer Decke eingehüllt, sehen wir fern.

„Hmm? Eigentlich gar nichts. Nichts Wichtiges zumindest.“ Adam sieht mich tadelnd an, umfasst sanft mein Kinn mit seinen Fingern und dreht meinen Kopf ein wenig weiter zu ihm.

„Na los! Spuck’s aus.“ Einen Augenblick zögere ich, versuche die aufwühlenden Gedanken in meinem Innern zu ordnen. „Naja, also…mir wurde nur gerade bewusst, wie unwirklich dies alles ist. Ich meine, wir kennen uns erst seit wenigen Monaten.“ Ich mache eine Gedankenpause, bevor ich wieder ansetze: „Also eigentlich kennen wir uns überhaupt nicht – nicht so richtig zumindest.“ Ich spüre seinen analytischen Blick auf meinem Gesicht. Adam scannt jede Kleinigkeit meiner Mimik. Zu meiner Überraschung höre ich ihn seufzen.

„Es ist alles viel zu schnell passiert, nicht wahr?“ Adam will mich mit diesem Satz sicherlich nicht für die Beschleunigung unseres Näherkommens tadeln, war ich es doch, der die Dinge vergangene Nacht ins Rollen gebracht hat.

„Ich weiß es nicht. Nicht wirklich.“ Ich spüre, wie ich erröte. Es ist nicht einfach, sich über so etwas zu unterhalten. Hinzu kommt, dass ich ihm auch nicht alles sagen will – noch nicht. Der Gedanke, erst einmal zu gehen, formt sich immer konkreter in meinem Kopf. Um meine Angelegenheiten ein für alle mal zu regeln. Ich spüre, dass er mich noch immer genau beobachtet, nicht aus den Augen lässt.

„Vielleicht sollten wir wirklich einen Gang zurückschalten und ausführlich miteinander sprechen. Was interessiert dich?“ Ich überlege einen Moment. Was wusste ich schon? Zum Beispiel, dass Adam im selben Viertel wie ich aufgewachsen ist und dass er meinen Stiefvater hinter Gitter gebracht hat.

„Hast du Familie?“

Adam nickt in Richtung seines Schrankes. Jenem, in dem die Fotos stehen, welche ich mir gestern angesehen hatte. „Vater, Mutter und einen Bruder. Wir sehen uns nicht oft, denn sie leben nicht in dieser Stadt. Allerdings telefonieren wir regelmäßig. Der Kontakt zu ihnen ist also nach wie vor vorhanden.“ Ich komme mir ein wenig dämlich vor. Solche Dinge erfährt man eigentlich während eines netten, unkomplizierten Small-Talks und nicht in so einem Frage-Antwort-Spiel, in dem beides dem jeweils anderen um die Ohren fliegt.
 

Die eigentliche Frage, die mir auf der Zunge brennt, ist die nach Adams scheinbarem Gemüts- oder besser gesagt Charakterwandel. Wenn ich genauer darüber nachdenke, irritiert mich das noch immer. Ich kannte ihn bislang nur als mysteriösen Polizisten mit einem Hang zum…mir fallen keine passenden Worte ein, um sein Verhalten in der Vergangenheit zu beschreiben. Diese zärtliche und sorgende Seite an Adam, die er mir in den vergangenen Stunden präsentiert hat, ist noch immer völlig neu für mich und es wird wahrscheinlich noch eine ganze Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe. Aber was habe ich erwartet? Dass Adam eine Art schlechter Mensch ist? Wohl eher nicht. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Wahrscheinlich gar nichts und ich zerbreche mir wie immer völlig für umsonst den Kopf. Dabei bin ich doch glücklich. Auch wenn dies ebenfalls ein abstruser Gedanke für mich ist.
 

Glücklich sein.
 

Was empfinde ich für Adam? Ich fühle mich wohl in seiner Gegenwart – zweifelsohne. Mein Körper kribbelt angenehm. Ich erwische mich öfter dabei wie ich lächle und ich vermisse ihn, wenn er nicht da ist. Und dies ist mir bereits in den letzten Wochen mehr als bewusst geworden.
 

Liebe ich ihn? Liebt er mich? Sind wir zusammen? Beziehung. Glücklich sein.

Verdammt! Diese Gedanken machen mich ganz konfus! Ich muss damit aufhören! Energisch versuche ich meinen Geist auszublenden und mich auf die Gegenwart zu konzentrieren. In dem Actionfilm, der gerade im Fernsehen läuft, stürzt sich der Held wagemutig vom höchsten Gebäude der Stadt.
 

„Na, keine Fragen mehr?“

Tausende. Aber ich stelle sie nicht. Es fühlt sich nicht richtig an, Adam so zu löchern. Es ist mir unangenehm und so belasse ich es bei dem Hier uns Jetzt. Ich muss ein Ablenkungsmanöver starten.

„Bekomme ich einen Kuss?“, frage ich zuckersüß. Die Betonung fühlt sich fremd in meinem Mund an. Ich höre mich an wie ein dämliches Schulmädchen. Dieses Verhalten wiederum passt auch nicht zu mir. Ich schätze einfach, wir alle wissen selbst nicht so genau wozu wir in bestimmten Situationen fähig sind. Gerade als ich mich wieder in meine Gedankenwelt hineinsteigere, ist zum Glück Adam da und beendet sie. Der Kuss ist zärtlich und sanft. Seine weichen Lippen pressen sich sachte auf meine. Es ist ein Kuss ohne Zungen, aber Adam neckt mich, indem er mit seiner Zunge ab und an über meine Unterlippe leckt. Ich kuschle mich enger in seine Arme und Wärme.
 

Eine Weile sehen wir uns einfach den Film an ohne miteinander zu sprechen – Arm in Arm. Als der Film durch die nächste Werbepause unterbrochen wird, bricht auch Adam das Schweigen:

„Ich habe mir überlegt, dass wir morgen essen gehen“, sagt er ohne Vorwarnung. Überrascht sehe ich ihn an. Abgesehen von diesem einen Frühstück, dass wir gemeinsam im Café hatten, haben wir noch nie etwas in dieser Richtung gemacht. Ich glaube man nennt das ein Date oder? Einen Augenblick muss ich grinsen: Wir haben das Pferd wohl wirklich von hinten aufgezäumt….

„Ähm…ich werde dann wohl noch vorher zu mir gehen müssen, um Geld zu holen. Ich glaube, dass was ich bei mir habe…“, aber weiter komme ich nicht, denn Adam unterbricht mich: „Natürlich führe ich dich aus, du Dummerchen!“ Ich kann förmlich spüren wie ich rot werde. Victor, das Schulmädchen, muss ich amüsiert denken.
 

„Du bist so nett zu mir. Was hat sich plötzlich geändert?“, schießt es aus mir heraus, ohne dass ich es verhindern kann. Ich hätte mich am liebsten selbst geschlagen für diese dumme Frage. Einen Moment Stille und dann bricht Adam in lautes Gelächter aus. Eine Gänsehaut kriecht meinen Rücken hinauf. Dieses Lachen entsprach schon eher dem alten Adam – eine Mischung aus Blasiertheit und Kälte.
 

„Das liegt daran, dass du versehrt bist und ich mich um dich kümmern muss. Sobald du wieder gesund bist, ziehe ich wieder andere Seiten mit dir auf.“ Eine Antwort habe ich eigentlich gar nicht erwartet, aber noch weniger diesen Gesichtsausdruck, der binnen weniger Sekunden von diabolisch zu spitzbübisch grinsend wechselte. Fehlte nur noch, dass Adam mir zum Ende seines Satzes zuzwinkert und dann die Zunge rausstreckt.
 

Irgendwo hat er ja Recht. Wir stehen noch immer auf zwei verschiedenen Seiten wie sie gegenseitiger nicht sein könnten: Wir sind Räuber und Gendarm, Katz und Maus, Licht und Schatten, Kriminalität und Gerechtigkeit. Es fühlt sich so an als sei die Zeit stehen geblieben. Für mich ist es so, als hätten wir uns ein paar Stunden kostbare Zeit gestohlen, die wir nun miteinander verbrachten, denn irgendwann würden wir wohl oder übel zur alten Tagesordnung übergehen müssen: Ich laufe vor Adam davon und er jagt mich. Können wir also überhaupt ein Paar sein, wenn wir eigentlich Feinde sind? Wie würde diese Geschichte ausgehen?
 


 

Adam ist extra zu meiner Wohnung gefahren, um mir einige Kleidungsstücke mitzubringen. Tagein und Tagaus nur in seinen überdimensionalen Joggingklamotten rum zulaufen, konnte einem auch irgendwann auf den Keks gehen. Außerdem hatten wir ja etwas vor und da sollte man auch angemessen gekleidet sein. Ich habe mich für ein schlichtes Outfit entschieden: Schwarze Jeans, rotes enges Shirt und meine alte schwarz-weiße Collegejacke. Meine Lederjacke hatte Adam ja entsorgt, weil sie völlig durchblutet war. Apropos Adam: Habe ich schon erwähnt, dass er auch heute wieder unverschämt gut aussieht – wie immer? Er trägt eine schwarze legere Stoffhose und dazu ein schwarzes Longsleeve, welches seinen Oberkörper umspielt und betont, ohne die Muskeln zu stark hervorzuheben.
 

„Bereit?“ Ich schlucke kurz, reiße mich von dem Anblick los und nicke dann schnell.
 

Die Fahrt zum Restaurant dauert nicht lange. Vielleicht zehn Minuten. Unsicher starre ich auf den Boden, während wir über den Parkplatz schlendern. Ein Date? Das ist das erste Mal für mich und auch wenn wir schon im Bett waren – Ich bin wirklich aufgeregt wie ein Schulmädchen. Schon seltsam wie meine Gefühlswelt Achterbahn fährt: Mal unsicher, dann wieder draufgängerisch und zurück zu Schüchternheit. Mein Gedankengang wird jäh unterbrochen als Adam meine Hand greift und sanft umschließt. Ich kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören.
 

Die Bedienung führt uns an einen kleinen Tisch im ruhigeren Teil des Restaurants. Adam hat sich für ein traditionelles italienisches Restaurant entschieden. Damit kann man auch wirklich nichts falsch machen, denn Italienisch mag für gewöhnlich jeder. Und ich liebe diese Speisen.
 

Wir bekommen die Menükarten ausgehändigt und Adam bestellt der Einfachheit halber gleich eine Flasche Wein. „Möchtest du noch etwas anderes zu trinken?“

„Ein Wasser?“ Adam nickt der Bedienung zu und sie notiert die Bestellung.

„Falls du es nicht bei der obligatorischen Pasta belassen willst, empfehle ich dir das Lamm. Schmeckt wirklich wunderbar hier.“ Er macht eine kleine Pause. „Wie bereits erwähnt, dies ist ein traditionelles italienisches Restaurant.“ Entgegen der gesetzten Annahme es gebe nur Pasta und Pizza in der italienischen Küche, ist die Palette der Speisen sehr viel umfangreicher. Aber mein Problem ist einfach, dass ich Pasta liebe und so entscheide ich mich schnell für die Nudeln mit pikanter Tomatensauce und Hühnchen, während Adam das Lamm mit Rosmarinkartoffeln wählt. Zur Vorspeise gibt es Carpaccio garniert mit Olivenöl und gehobeltem Parmesan.

„Ich schlage vor, als Nachtisch nehmen wir nachher noch eine Panna Cotta.“
 

Bereits nach kurzer Zeit wird unsere Vorspeise serviert, mitsamt den Getränken. Ich erachte dieses Date als ausgesprochen gute Gelegenheit mit Adam zu reden. Denn da ist etwas, was ich unbedingt mit ihm besprechen muss….

„Fährst du mich später nach Hause?“, frage ich ganz beiläufig. Zumindest hoffe ich, dass es so klingt. Adam reagiert nicht auf meine Frage, sondern isst den Rest seines Carpaccio. Dann erst blickt er auf, sieht mich an und sagt: „Gehe ich richtig in der Annahme, dass du mit Zuhause dein Drecksloch meinst?“ Sein Tonfall ist zwar nüchtern und doch muss ich angesichts der Bezeichnung „Drecksloch“ verschämt schlucken.

„Nun ja“, erwidere ich verlegen, „ich weiß, dass es nicht sonderlich wohnlich ist, aber dennoch ist es irgendwie mein Zuhause.“

Geräuschvoll legt Adam seine Gabel auf den Tellerrand und guckt mich anmaßend an. „Jetzt nicht mehr“, stellt er nur überaus nüchtern fest. Völlig verdattert starre ich ihn an. Das meint er doch jetzt nicht ernst…? Ich versuche den Wahrheitsgehalt aus seinem Gesicht lesen, aber es ist mir nicht möglich, weil dort keine Gefühlsregung festzustellen ist. Meint er es etwa doch ernst? Ein bisschen klang das ja schon nach beschlossener Sache. Nur mich hat keiner gefragt.
 

„Du beliebst zu spaßen oder?“

„Was glaubst du denn Victor? Denkst du ich lasse dich mit dieser Verletzung alleine in deine Wohnung“ – er spuckt das Wort aus, als sei es die grundlegend falsche Bezeichnung für das, was er eigentlich meint – „ zurück, wo weiß Gott wie viele Bakterien sich zwischen den heruntergekommenen Sachen und Geziefer tummeln? Ganz sicher nicht, mein Kleiner.“ Er klingt schon wieder ganz nach dem „alten“ Adam. Mir fällt nämlich sofort die pikante Mischung seiner Aussage auf: Teils Beleidigung, teils Beschützerinstinkt. Gemischt mit einer Ausrede, mich nicht gehen zu lassen. Ich fühle mich trotzdem irgendwie geschmeichelt.
 

„Irgendwann wirst du mich gehen lassen müssen“, gebe ich eindrücklich zu bedenken.

Er grinst mich blasiert an. „Muss ich das?“ Seine Augen wandern zur Decke, er tut einen Moment lang so als würde er nachdenken. „Ich denke nicht, dass ich das muss. Wie ich bereits früher schon überdeutlich klar gemacht habe, gehörst du mir.“

„Du hast mich aber nicht gefragt, ob ich das auch will.“

Er lacht – leise und gefährlich. „Spielt das eine Rolle? Außerdem hat mir dein Enthusiasmus zwischen den Bettlaken zur Genüge bewiesen, dass du im Prinzip dasselbe willst wie ich.“

Ach ja? Wahrscheinlich war dem wirklich so. Aber Dinge sind nicht immer ganz so einfach wie sie scheinen.
 


 

„Ich kann nicht und das weißt du auch. Wir stehen noch lange nicht auf derselben Seite und ich kann dem Sumpf nicht so einfach entsteigen, denn ich stecke schon bis zu den Oberschenkeln im Morast.“ Es ist die blanke Wahrheit. Wie schön die gemeinsame Zeit mit Adam auch ist, wir sind immer noch zwei gänzlich verschiedene Menschen mit gegensätzlichen Verpflichtungen.
 

„Warum nicht? Nur eine einzige größere Kraftaufwendung ist dazu notwendig und die würde dich viel weniger Anstrengung kosten als für immer und alle Zeiten in der Scheiße zu stehen.“

„Und wie genau hast du dir das vorgestellt? Du glaubst anscheinend wirklich, dass das so einfach ist.“

„Natürlich ist es das. Du musst nur eine Entscheidung treffen; im besten Fall dann aufstehen und gehen.“

„Du glaubst wirklich, dass Rick mich einfach gehen lässt? Da täuscht du dich aber.“

„Und du scheinst zu vergessen, dass ich ja jetzt da bin.“ Da ist es schon wieder. Abermals ein verheißungsvolles Versprechen von Mister Adam Wellert.
 

Ständig reden wir um den Brei herum, anstatt uns unsere Gefühle füreinander einfach einzugestehen. Aber das haben wir nicht nötig, denn wir wissen es ja bereits. Hier sitzen wir: An einem ruhigen Tisch in einem italienischen Restaurant, sehen uns in die Augen und wissen es. Ich frage mich, seit wann ich es wohl gewusst habe….
 

„Weißt du, was ich mir überlegt habe?“, unterbricht Adam nach einigen Minuten das Schweigen. Ich sehe ihn einfach nur an, versinke in seinen tiefblauen Augen und lächle. Die Zeit siecht träge dahin.

Er baut einen wahnsinnigen Spannungsbogen auf, aber das ist mir egal. Diese Augen…. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, mich darin zu spiegeln.

„Wie wäre es, wenn du dich an der staatlichen Polizeiakademie einschreibst.“
 

WAS?!“ Die Worte schießen aus meinem Mund bevor ich sie verhindern kann, während ich gleichzeitig wie von selbst aufspringe. Meine Aussage ist vielmehr ein lauter schriller Aufschrei, der uns einige kritische und verständnislose Blicke der weiteren Gäste beschert. Peinlich berührt nehme ich wieder auf meinem Stuhl Platz und sehe Adam an als habe er nun endgültig den Verstand verloren. Er hingegen grinst mich bloß frech an.
 

„Ich meine es ernst, Victor. Jemanden wie dich kann die Polizei dieser Stadt wirklich gebrauchen. Du bist unglaublich schnell, wie ich bereits am Abend unseres Kennenlernens feststellen durfte. Hinzu kommt dein Insiderwissen gepaart mit schneller Auffassungsgabe und Intelligenz.“
 

Mein Blick fällt auf mein noch volles Glas Rotwein, dass ich jetzt in einem Schluck hinunterkippe um den Schock zu vertreiben. Die Flüssigkeit hinterlässt ein angenehm warmes Gefühl in Hals und Magen.
 

„Ich…ich…du willst mich an diesem Abend wohl wirklich vollkommen verarschen!“ Nicht die smarteste Aussage meinerseits gegenüber diesem wundervoll wahnsinnigen Mann.

„Nun gut, das mit der schnellen Auffassungsgabe nehme ich zurück“, murmelt er zu sich selbst. Adam nimmt nun seinerseits einen Schluck des tiefroten Getränkes und ich beobachte ihn dabei, bleibe an seinen Lippen hängen. Dieser Mann ist….unglaublich!
 

Nachdem er das Glas abgestellt hat, beugt Adam sich über den Tisch ein wenig zu mir hin. „Hör zu. Ich habe mir das wirklich gut überlegt und halte es für einen sinnvollen Weg. Du erfüllst die grundsätzlichen Voraussetzungen, um aufgenommen zu werden. Ich bin mir sogar sicher, dass du durch die Aufnahmeprüfung spazieren wirst. Außerdem kann ich zusätzlich meine Beziehungen spielen lassen. Wie ich bereits erwähnte, es ist nur ein Schritt und du bist auf der anderen Seite.“
 

Ich will gerade meinen Mund öffnen, um irgendetwas zu antworten, schließe ihn aber augenblicklich wieder, als die Bedienung an unseren Tisch tritt und unser Essen serviert. Adam gießt uns beiden Rotwein nach.
 

101 Fragen und Anklagen liegen auf meiner Zunge, die ich ihm jetzt nur zu gerne entgegen geschleudert hätte, aber er bedeutet mir mit seinem Blick lediglich zu essen und ich kann mich wieder einmal nicht des Eindruckes erwehren, dass er schon wieder kurzerhand nach seinem Ermessen etwas für mich beschlossen hat. Aber warum hinterlässt das plötzlich ein flaues Gefühl in meinem Magen, wenn Rick schon seit Jahren dasselbe mit mir tat, ohne dass ich mich dagegen gewehrt, geschweige denn es überhaupt registriert hätte. Anscheinend habe ich mich wirklich verändert. Allmählich kann ich dieses Empfinden meines Wandels an konkreten Reaktionen und Gedanken fest machen – wie in dieser Situation jetzt zum Beispiel.

Ich erinnere mich noch, was Adam zu mir sagte:
 

Tja und dann, dann kam Rick. Leider. Es war nicht schwer für ihn zu erkennen, was du brauchtest. Was braucht ein Kind, das so krasse Ablehnung und Verachtung erfahren hat? Nichts Weltbewegendes natürlich – ein bisschen Aufmerksamkeit, ein bisschen Liebe und das Gefühl gebraucht zu werden. Und so gelang es ihm, dich für seine Zwecke zu vereinnahmen. Es war ganz einfach. Dein devotes Wesen öffnete ihm Tür und Tor.

… Du hast Angst um deine Zukunft und diese Angst lähmt dich entsetzlich. Dir fehlt es an Mut aus dieser Situation auszubrechen. Und das ist der Punkt, an dem ich ins Spiel komme.

Ich biete dir eine Alternative, einen Weg zurück ins Licht. Du musst nur meine Hand ergreifen.
 

Mit anderen Worten: Ich nehme Ricks Platz ein und du tust ab jetzt, das was ich für dein Leben als richtig erachte. Ich mag es nicht glauben und doch kann ich meine Augen nicht davor verschließen!
 

Glücklich sein.
 

Ich hatte überreagiert. Maßlos. Blind meinen Verstand ausgeschaltet. Was hatte ich auch erwartet? Das es so einfach ist glücklich zu werden? Es gibt immer einen Haken. Diesen habe ich in meiner ungeheuerlichen Naivität und dem aufwühlenden Gefühlschaos allerdings übersehen. Beinahe hätte er mich aufgespießt.
 

Das flaue Gefühl im Magen wird stärker, breitet sich immer weiter aus. Ich nehme gleich mehrere Schlucke Rotwein, um es zu vertreiben. Der Alkohol hilft tatsächlich ein wenig und beginnt allmählich meine Sinne zu vernebeln.
 

Heute Nachmittag hatte sich der Gedanke in meinem Kopf gebildet: Zu gehen. Um meine Angelegenheiten zu regeln. Ich will ich sein. Frei sein. Weder von Adam noch von Rick abhängig sein. Ich will einen dritten Stuhl, einen der die Aufschrift Victor trägt. Ich will meine eigenen Entscheidungen treffen! Einfach nur ich selbst sein! Herausfinden, wer dieser Victor Saxtra, der seinen Weg mündig bestimmt, überhaupt ist. Dann kann ich auch vielleicht mit Adam Wellert zusammen sein.
 

Adam bemerkt meine Gedankengänge nicht. Viel zu sehr ist er in den Genuss seines Lammfleisches vertieft und das ist auch gut so. Seinem kritischen Analyseblick entgeht nur selten etwas. Mein Entschluss steht fest. Auch wenn ich damit natürlich Adams Beschluss bei ihm zu verweilen torpediere.
 

Ich erinnere mich an mein letztes Telefonat mit Rick: Ich hatte zum ersten Mal gegen ihn aufbegehrt. Die Konsequenzen sind noch nicht absehbar. Ich muss erst einmal dieses Kapitel abschließen, denn in einer Hinsicht hat Adam auf jeden Fall Recht: Drogen für den Rest meines Daseins zu verschieben ist eigentlich das Letzte, was ich aus meinem Leben machen möchte. Ich habe mich mit meinem Verhalten gegenüber Rick in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Und Adam vielleicht auch. Obwohl ich noch immer der festen Überzeugung bin, dass er sehr gut auf sich selbst aufpassen kann. Ich muss das klären und Rick klar machen, dass er nicht mehr lange mit mir rechnen kann….
 

Der Rest des Abends verläuft ohne weitere verbale Auseinandersetzungen: Wir genießen noch jeder ein Panna Cotta zum Nachtisch und trinken dazu einen passenden Dessertwein. Mittlerweile bin ich von dem ganzen Alkohol schon recht berauscht. Adam erzählt mir noch ein wenig von seiner Familie und Ausbildung an der Polizeiakademie und ich lausche nur mit halbem Ohr, da meine Aufmerksamkeit – durch den Wein bedingt – eher anderen Dingen gewidmet ist. Zum Beispiel Adams freigelegten Unterarmen, denn er hat die Ärmel seines Longsleeves schon vor einiger Zeit hochgekrempelt.
 

Ja, ich fühle mich immer noch zu ihm hingezogen. Das hat sich nicht geändert und das ist auch ganz richtig so. Gerade komme ich zu dem Schluss, dass er die wohl schönsten Arme hat, die ich je gesehen habe als er mich fragt, ob wir aufbrechen wollen. Ich räuspere mich kurz und nicke dann schnell.
 

Aua! Der Begriff und die Bedeutung sind da, nur das Gefühl hat sich davongeschlichen. Das Wort schwirrt noch in meinem Kopf umher als mein Körper es bereits vergessen hat. Adam hat mich stürmisch und rücksichtslos gegen die Haustür gepinnt, während unsere Zungen miteinander fechten. Es ist das vierte Mal. Zumindest wird es das sein, wenn wir endlich in diesem verdammten überdimensionalen und gemütlichen Bett landen. Ich habe nämlich heimlich mitgezählt. Das vierte und vorerst letzte Mal. Und deshalb gibt es dieses Mal auch keine scheue Zurückhaltung. Oh, nein!
 

Adam presst meine Handgelenke unbarmherzig über meinem Kopf gegen das Holz der Haustür. Ich muss nicht erklären, dass meine Schulter mit jeder unserer Bewegungen schmerzhaft aufschreit, aber momentan registriere ich den Schmerz kaum. Er vermischt sich vielmehr mit meiner Lust.
 

Adams rechtes Bein hält meine Schenkel in weitem Abstand zueinander gespreizt und reizt gleichzeitig meinen Schritt. Er quält mich – auf eine süße, verheißungsvolle Art. Ich beiße in seine Lippe und nutze den Überraschungseffekt um meine Hände zu befreien, was Adam natürlich missfällt.

„Vielleicht sollte ich sie mit Handschellen fixieren…“ Seine Worte lassen mich angenehm erschaudern, denn sie steigern meine Erregung zusätzlich.

„Vielleicht….“, hauche ich gegen seine feuchten Lippen, necke sie, indem ich einmal über die Unterseite lecke. Meine Hände finden unterdessen ihren Weg zum Bund der schwarzen Stoffhose, während Adams an meinem Reißverschluss fingern. Erneut küssen wir uns stürmisch und als der Kuss bricht, trennen sich unsere Münder mit einem feuchten, schmatzenden Geräusch. Unsere Hosen finden im selben Moment den Weg zum Boden – Boxershorts eingeschlossen.
 

„Schlafzimmer!“, keuche ich gegen seinen Kopf, während Adam damit beschäftigt ist, Spuren auf meinem Hals zu hinterlassen. Morgen werden sie schmerzliche, süße Erinnerungen sein, wenn ich ohne Adam sein werde. Ein Blick wird genügen und ich werde wissen, dass ich dies nicht nur geträumt habe. Ich bete, dass sie für Wochen auf meinem Körper sichtbar sein werden…
 

Ich stöhne – vollkommen losgelöst. Ein letztes Mal prallen unsere entblößten und steifen Erregungen aufeinander und reiben sich gegenseitig, bevor Adam rabiat meinen Arm ergreift und mich hinter sich her ins Schlafzimmer zieht. Auf dem Weg dorthin legen wir uns beinahe auf die Nase, weil wir es so eilig haben.
 

Er beißt unbarmherzig in meinen empfindlichen Hals als wir letztendlich auf allen Vieren auf dem Bett landen – Ich vorne und Adam hinter mir. Ich schreie auf, eine Mischung aus Schmerz und Lust. Seine Zähne verschwinden und stattdessen saugt er jetzt sanft an der gereizten Stelle.
 

Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist, bevor ich endlich Adams Glied an meinem kleinen Muskelring spüre. Es dauert allerdings nicht lange bis er in mir ist. Lüstern schreie ich auf.
 

„Sooo eng“, höre ich ihn stöhnen. Mein Kopf schwebt. Ich bin noch immer berauscht vom Alkohol, gemischt mit dem unglaublich geilen Gefühl gefickt zu werden. Alle Scham dahin. Mein Haupt senkt sich automatisch zwischen meine Arme, während Adam sich in mir bewegt und immer wieder zustößt. Ein kurzer und harter Rhythmus. Und so dauert es nicht lange, bis wir beide kommen. Ich quer über die Bettwäsche und er tief in mir.
 

So etwas nennt man – glaube ich – einen Quickie.
 


 

Vorsichtig ziehe ich den Hoodie über meinen Oberkörper und verschließe leise die kleine Reisetasche gefüllt mit Kleidungsstücken, die Adam gestern aus meiner Wohnung mitgebracht hatte. Meine Schulter schmerzt noch immer von unserem stürmischen Sex. Sie pocht unaufhörlich. Noch ein Grund mehr zu gehen, denn würde ich bleiben, würde die Wunde wahrscheinlich niemals heilen.
 

Adam schläft noch. Welcher Augenblick wäre also geeigneter? Ich hole tief Luft, erhebe mich vom Sofa und drehe mich nach links. Als ich gerade zur Tasche greifen will, spüre ich plötzlich zwei Arme, die mich an einen warmen, nackten Oberkörper ziehen: Adam. Verdammt! So hatte ich das nicht geplant…..

Und so erwidere ich seine Zärtlichkeit nicht, sondern verharre einfach in der Umarmung. Adam entgeht dies natürlich nicht. Natürlich.
 

„Was ist los, Victor?“ Seine Stimme klingt so ernst und gleichzeitig herausfordernd. Er bemerkt die Reisetasche und dann dämmert es ihm….

„Ooooh, nein“, zischt Adam. Es klingt bedrohlich. Ich weiche seinem unheilvollen Blick nicht aus, sondern erwidere ihn seelenruhig. Er versteht die Botschaft. Dann greife ich nach der Tasche und drehe mich um.
 

Aber natürlich habe ich meine kleine, simple Rechnung ohne Adam gemacht. Ich spüre seine Hand an meiner Schulter. Ruckartig drehe ich mich um meine Achse und pralle gegen seine nackte Brust. „Auuuu!“, schreie ich. Meine Schulter empfindet seine grobe Art, die ihren Heilungsprozess unterbricht, als ganz und gar nicht angenehm.
 

„Sei Still!“ Die Eiseskälte in seiner Stimme verursacht eine unangenehme Gänsehaut bei mir. Er hält mich an meinen Handgelenken fest, fast schon brutal ist sein Griff. Ich spüre wie er mich ansieht, aber plötzlich bin ich zu feige seinen Blick zu erwidern.
 

„Sieh mich an!“ Ich reagiere nicht. „Sieh mich an!“ Er brüllt mir die Worte ins Gesicht. Ich zucke zusammen. Er fasst mich am Kinn und zwingt mich ihn anzusehen. Für einen Moment stockt mir der Atem als ich so etwas wie Verachtung in seinem Blick sehe. „Du läufst schon wieder davon“, entgegnet er hart.
 

„Ich…“
 

Dieses Mal hat er nicht zwingend Recht. Ich laufe nicht vor ihm davon und erst recht nicht für immer! Ich habe doch nur eine erste Entscheidung getroffen. Eine, die hoffentlich dazu führt, dass ich dies öfter tun werde und endlich Verantwortung für mein Leben übernehme. Am Ende dieses Prozesses werde ich vielleicht endlich ein selbst bestimmter Mensch sein, der dann mit Adam zusammen sein kann. Genau das sollte ich ihm sagen, stattdessen finden andere Wörter ihren Weg über meine Lippen und ich kann beim besten Willen nicht sagen woher sie kommen.
 

„Wir hatten nur Sex. Was hast du denn erwartet?“ Vernichtende Worte. Lässig dahingesagt. Ich mache alles nur noch schlimmer.
 

Im nächsten Moment finde ich mich an eine kühle Wand gepresst wieder. Unsere Körper berühren sich. Sein Gesicht ist meinem so unglaublich nahe. Seine Lippen nur eine Spur von meinen entfernt. Diese Situation hat wirklich etwas Bedrohliches und Erregendes zugleich.

„Nur Sex?“ Seine Verachtung ist kaum zu überhören. „Du weißt doch überhaupt nicht was ‚nur Sex’ ist. Du bist so ein Kind, Victor.“
 

Ich kann seine Herablassung in seinen Augen sehen und es schmerzt mich, doch ich kann nichts dagegen tun. Ich habe ihm die falschen Worte ins Gesicht geschleudert und nun ist es zu spät, sie Richtig zu stellen.
 

„Lass mich los! Ich bin nicht dein verdammtes Spielzeug!“

Spielzeug?“, fragt er ungläubig, während sein Griff kurzzeitig eine Spur härter wird. „So siehst du das also?“ Sein Tonfall ist eine einzige Ohrfeige.
 

„Ich…ich…“
 

Adam lässt abrupt von mir ab und würdigt mich keines Blickes mehr. „Verschwinde.“ Kälter als Eis und stahlhart sind seine Worte. Ich weiß, dass es keinen Sinn mehr hat es zu erklären. Ich habe es grundlegend vermasselt. So nehme ich einfach meine Tasche und verlasse fluchtartig Adam Wellerts geräumige und behagliche Wohnung. Sein Territorium.
 

Was ich nicht weiß, als ich die Straßen der tristen und hässlichen Großstadt entlang renne, ist, dass ich einen zermürbten Adam allein in seiner Wohnung zurückließ.
 

Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben einen Menschen zutiefst verletzt. Und ich hatte nicht die Spur einer Ahnung davon.

Gefühle

Dieses Mal nur wenig Autorengeplapper voraus:
 

Vielen Dank zunächst an alle Leser und Reviewer dieser Geschichte! Ein ebenso großes Dankeschön für alle Favo-Einträge!!!
 

Viel Asche auf mein Haupt dafür, dass ich noch immer keine regelmäßigen Updates schaffe... gnaaaah~ Vier Kapitel in einem Jahr ist eine wirklich beschämende Quote *mich selbst hau*

Ich gelobe Besserung!!! ;)
 

Viele Knutschis gehen an SummoningIsis fürs erneute schnelle betalesen! Die Frau hat auch noch Spaß dabei...tse, tse, tse... :-*
 

Und nun: Vorhang auf!
 


 

Kapitel 8: Gefühle
 

Nein. Das Wort ist dauerpräsent in den Irrungen und Wirrungen meiner Synapsen. Nein, weil ich nicht wieder damit beginnen will, die Sekunden seit Adams Abwesenheit zu zählen, wie ich es bereits vor einiger Zeit getan habe.
 

Ich glaube, wenn man Gefühle für einen anderen Menschen hegt, dann siecht die Zeit in seiner Abwesenheit träge dahin. Es ist erst eine Woche her, doch es kommt mir schon wie ein ganzer Monat vor. Und ich hänge in der Schwebe; weiß nicht, was ich tun soll. Abermals bin ich gelähmt, gefangen zwischen zwei Welten. Quälend ist das Gefühl sich im Streit vorerst von Adam getrennt zu haben. Ich habe das Gefühl, ich kann nicht richtig atmen. Auch das ist neu. Überhaupt ist mein Leben sehr viel komplizierter geworden seit ein gewisser Polizist Hals über Kopf in dieses getreten ist. Adam Wellert. Diese personifizierte Stärke, Selbstsicherheit und Dominanz, die aber auch eine weiche und zärtliche Seite besitzt. Ist es denn wirklich so offensichtlich? Die Antwort lautet: Ja! Ganz simpel. Er empfindet etwas für mich, was über Begehren weit hinausgeht. Und bei mir ist es nicht anders. Adam hat mir seine verletzliche Seite gezeigt mit dem Ergebnis, dass ich ihn verletzt habe.
 

Idiot!
 

Ich knalle das Geschirrtuch auf die Ablage und die trockene Kaffeetasse an die gegenüberliegende Wand. Sie zerbricht mit einem klirrenden Geräusch. Warum sind Menschen so? Warum verletzten wir einander? Warum nehmen wir alles so schrecklich ernst und weshalb hinterfragen wir so viel?

Weil wir Menschen sind, schießt es mir durch den Kopf. Weil wir widersprüchliche Gefühle empfinden. Weil wir nicht rational und berechenbar sind. Wir machen Fehler und ich frage mich mittlerweile, ob nicht auch ich einen großen Fehler begangen habe. Was einem zuerst als clever und richtig erscheint, entpuppt sich oft als falsch. Manchmal denke ich, dass ich einfach zu viel denke und ich wünschte, ich könnte mein Gehirn einfach fort schließen, um dann den Schlüssel wegzuschmeißen. So, wie ich es eben mit dieser verdammten Kaffeetasse getan habe!
 

Ich seufze. Nur gut, dass ich allein im Café bin. Lepture hätte mir angesichts meines kleinen Ausbruchs mit Sicherheit den Kopf abgerissen und mich nach Hause geschickt – für immer. Ich räume die Scherben weg, überprüfe anschließend, ob alles an seinem Platz ist, bevor ich die Rollos herunterlasse und den Laden abschließe. Durch die Hintertür verlasse ich das Karambolage und bleibe einen Augenblick in dem kleinen Hinterhof stehen. Meine Augen fixieren den schmalen Durchgang zur Straße, von wo Laternenlicht die enge Passage spärlich beleuchtet. Ich erinnere mich an meine dritte Begegnung mit Adam Wellert, als ich auf die Straße hinaus trete und um die Ecke biege. Dort hat er damals auf mich gewartet. Lässig an seinen schwarzen Audi gelehnt. Aber jetzt ist dort niemand. Kein Auto; kein großer, gut gebauter und dunkelhaariger Mann mittleren Alters. Mein Herz zieht sich ein wenig zusammen angesichts dieser Tatsache.
 

Aber es ist Adam Wellert, von dem wir hier sprechen: sein Handeln ist nicht vorhersehbar. Man weiß nie, wann er plötzlich neben dir steht – wie aus dem Nicht aufgetaucht.
 

Ich schnalle den Umhängegurt der Tasche enger und dann renne ich. Ich ignoriere den leichten, pochenden Schmerz meiner Schulter. Ich weiß nicht, weshalb ich laufe, aber ich renne einfach drauf los. In Richtung meiner Wohnung. Der Heimweg kommt mir wie eine Ewigkeit vor, was wohl auch daran liegt, dass ich heute nicht den Bus genommen habe. Zu Fuß dauert es ungefähr doppelt so lang. Vollkommen außer Atem komme ich an dem heruntergekommenen Apartmentgebäude an. Seit ich einige Zeit mit Adam zusammen war, fühlt sich diese Wohnung nicht mehr richtig an. Seltsamerweise hat sie nicht mehr dieselbe Bedeutung für mich: Zuhause. Vornüber gebeugt, meine Hände auf den Knien aufgestützt, ringe ich um Atem.
 

„Na, wieder zurück?“, höre ich eine bedrohliche Stimme aus den Schatten zu mir sprechen. Wie passend. Der unheilvolle Schatten, der mich versucht daran zu erinnern, wer ich wirklich bin und dass ich nicht mit Adam zusammen sein könne. Dieser Schatten bekommt nun ein Gesicht, denn es ist Rick, der aus der unbeleuchteten Fläche auf mich zutritt. Das wird unschön. Wo ist plötzlich der Mut hin, der mich noch eine Woche zuvor dazu getrieben hatte, Rick gewisse Dinge via Telefon an den Kopf zu schleudern? Adrenalin pumpt durch meinen geschändeten Körper, doch ich versuche mich zu beruhigen.
 

„Sieht ganz so aus“, versuche ich leichthin zu sagen, aber wie mein Tonfall tatsächlich bei Rick ankommt bleibt fraglich.
 

„Lass uns nach oben gehen. Ich will das nicht hier auf der Straße klären.“
 

Bedächtig steigen wir die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Ich kann Ricks intensiven Blick die ganze Zeit in meinem Rücken spüren und ich beginne mich zu fragen, ob er mir wohl jeden Augenblick einen Dolch in den Rücken stößt.
 

Auf leisen Sohlen betreten wir den kleinen Raum. Fast habe ich das Gefühl zu meiner eigenen Hinrichtung aufzubrechen. Die Stimmung zwischen Rick und mir ist so angespannt; beinahe scheint es, als könne man die kleinen, durch die Luft surrenden Blitze greifen. Während Rick sich seiner Jacke entledigt und auf einem der Stühle Platz nimmt, setze ich Wasser für einen Tee auf.
 

Bedrückende Stille.
 

„Hatte ich nicht gesagt, ich würde mich bei dir melden?“, breche ich das unangenehme Schweigen.
 

„Und wie lange hätte ich deiner Meinung nach darauf warten sollen? Bis zum Jüngsten Gericht?“ Die Ironie ist nicht zu überhören. Die unterschwellige Wut allerdings auch nicht.
 

Ich bleibe äußerlich ruhig, während ich innerlich fast sterbe. Zu Rick gewandt, spreche ich ohne Eile: „Ich musste einige Entscheidungen treffen und das habe ich getan.“ Mein fester Blick begegnet seinem zornigen. Er erwidert nichts.
 

„Ich verlasse die Familie.“
 

Zum ersten Mal fällt mir auf, wie bekloppt das eigentlich klingt: Familie . Wir sind doch nicht bei der Mafia! Nur eine Vereinigung von Kleinkriminellen, die Drogen verschieben. Aber vielleicht nennt Rick das Ganze so, weil er nach Höherem strebt – im kriminellen Sektor. Ich mustere Rick für einen Augenblick. Ja, wenn man genauer darüber nachdenkt, würde er ganz ausgezeichnet in das organisierte Verbrechen passen. Und er ist gefährlich. Das wird mir in diesem Moment wieder außerordentlich bewusst.
 

„Das dachte ich mir bereits“, sagt er mit einer plötzlichen Sänfte und vollendet seinen Satz mit einem resignierten Seufzen. Überrascht begegne ich seinem Blick. Trotz der veränderten Stimmlage hat sein Gesichtsausdruck nicht an Härte verloren. Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet! Durchdrehen hätte ihm viel eher entsprochen. Die kleinen und großen Zahnrädchen in meinem Kopf beginnen sich wie wild zu drehen. Irgendetwas stimmt hier doch nicht. Rick würde mich nicht so ohne weiteres gehen lassen…oder etwa doch?
 

„Es war mir schon von Beginn an klar, als ich dich das erste Mal traf, dass dies nicht deine endgültige Zukunft sein wird. Du bist dafür nicht geschaffen.“
 

Mit großen Augen starre ich ihn an. Einerseits, weil er mir scheinbar zugesteht einfach zu gehen, andererseits, weil er mir gerade offenbart hat, dass ich für den Job des Kleinkriminellen nicht geschaffen bin. Dabei dachte ich immer, ich hätte gute Arbeit geleistet?
 

„Heißt das…soll das heißen, dass du mit meiner Leistung nie zufrieden warst?“
 

Ich erkenne, wie sich sein geschlossener Mund zu einem selbstgefälligen Lächeln verzieht. Irgendetwas an dieser Gefühlsregung gefällt mir nicht. Nervös fahre ich mir durch meine weizenblonden Haare. Ich blicke in seine dunklen Augen, die mich undurchsichtig ansehen. Das mulmige Gefühl in meinem Magen wird stärker.
 

„Was soll es denn sonst heißen, du Dummerchen“, höre ich ihn mit seiner rauchigen Stimme hauchen.
 

Aha. Ich fühle mich, als habe mir jemand mit voller Wucht seine Faust in den Magen gerammt. Aber ich wollte es doch so. Ich habe doch die Entscheidung getroffen mein Leben zu ändern. Also muss ich wohl auch mit dieser Art von Reaktion umgehen – egal wie sehr sie mich trifft. Obschon es recht seltsam ist, dass ich mich davon beeindrucken lasse, wo mir doch bewusst geworden ist, dass Drogen verschieben sowieso nie mein Traumberuf war. Aber da ist noch etwas anderes, was mir Sorgen bereitet: Hat Rick mich gerade etwa wirklich ‚Dummerchen’ genannt oder habe ich mich da verhört?
 

„Gut, ich lasse dich gehen. Wenn du diese eine Sache für mich tust….“
 

Rick steht auf, geht langsam auf mich zu. Er streicht meine Haare hinter mein Ohr, kommt mir gefährlich nahe. Sein Atem streift mein Gesicht. Er riecht nach Minze. Seine Hand, dessen Finger gerade noch flüchtig meine Haare berührt haben, hält jetzt sanft meinen Hinterkopf.
 

„Ich brauche dich für einen letzten Job“, säuselt er. Seine Augen glitzern gefährlich. Ich schlucke hart, denn diese Situation hat absolut etwas Bedrohliches.
 

„Ich kann nicht!“ Der Blickkontakt bricht und im selben Moment pfeift der Wasserkessel. Seine Hand verlässt meinen Hinterkopf. Ich drehe mich um und gieße das siedende Wasser in die Tassen, in denen bereits Teebeutel hängen. Dabei spüre ich meine Schulter. Rick steht noch immer hinter mir.
 

„Du kannst nicht?“, fragt er ungläubig.

„Ja, ich bin verletzt“, füge ich leise an.

„Verletzt? Ist das der Grund für deinen merkwürdigen Anruf vor einer Woche?“

„Unter anderem“, entgegne ich nonchalant.

„Was ist passiert?“
 

Er steht noch immer so nah bei mir. Ich habe Rick immer als eine Art Freund, der aber gleichzeitig auch Respektsperson für mich ist, betrachtet – und jetzt? Ich erschaudere, als ich mir die Situation vor einigen Minuten erneut vor Augen führe. Wäre Rick Adam gewesen, hätte ich diese Berührung sicherlich genossen, aber bei Rick fühlte sie sich einfach nur falsch und Ekelhaft an. Was mich jedoch am meisten irritiert, ist das mir so unbekannte Verhalten Ricks. So nah ist er mir noch nie gekommen. Liegt es daran, dass unsere Wege sich bald trennen werden? Will er mir gar zeigen, wie viel ihm an mir liegt? Diese komplette Situation ist vollkommen verfahren….
 

„Erinnerst du dich an diese Typen? Die, die immer im Park abhängen?“

Ich spüre Ricks bohrenden Blick in meinem Rücken. „Du meinst die, die dich damals zusammengeschlagen haben und die Drogen entsorgt haben, nicht wahr?“
 

Ich nicke bloß. „Wir sind uns wieder begegnet und dieses Mal ist es nicht nur bei einer Prügelattacke geblieben.“

„Sondern?“, hakt Rick sogleich nach.

Flink drehe ich mich um – ohne dabei auf meine Schulter zu achten. Ich kneife aufgrund des abrupten, ziehenden Schmerzes kurz ein Auge zu. Gleichzeitig drücke ich Rick seine dampfende Tasse Tee in die Hände. Seelenruhig fasst er das heiße Gefäß und stellt es wieder auf der Ablage ab. Plötzlich bin ich zwischen Rick und der Küchenablage eingeklemmt.

„Okay, was ist los, Vic?“

Mein Kopf wandert leicht in den Nacken; ich schaue in sein Gesicht, umrahmt von diesem dunklen, lockigen Haar. Seine Augen sind fast schwarz. Aber er erwidert meinen Blick nicht, sondern begutachtet meine Schulter. Scheinbar ist ihm meine verräterische Reaktion sehr wohl aufgefallen. Ich trage noch immer meine alte Jacke im Collegestil, die Rick mir nun sanft abstreift.
 

„Du hast dich verändert, Vic“, sagt er nun leise, während er jetzt vorsichtig durch das Shirt hindurch meine Schulter abtastet. Natürlich spürt er die darunter liegenden Bandagen. Natürlich entgeht Rick nichts. Seine Augen bohren sich in die meinigen.
 

„Warum bist du nicht zu mir gekommen?“
 

Ich antworte nicht, entferne stattdessen vorsichtig seine Hand, die mittlerweile schon halb auf meiner Brust liegt.
 

Meinen dampfenden Tee in beiden Händen haltend, winde ich mich an Rick vorbei, gehe zu meinem Bett und setze mich vorsichtig hin.
 

„Warum bist du nicht zu mir gekommen?“

Ricks Frage, die er nun übermäßig ernst betont, bricht die Stille.
 

Er weiß es. Er weiß, dass ich bei seinem verhassten Polizisten war. Und scheinbar gefällt ihm das ganz und gar nicht….

Früher wäre ich wahrscheinlich als erstes zu ihm gekommen, weil Rick alles war, was ich hatte. Aber die Position des wichtigsten Menschen in meinem Leben ist mittlerweile neu besetzt und deshalb bin ich wohl zu Adam gegangen. So einfach ist das. Es hat sich richtig angefühlt. Unterschwellig habe ich wohl auch erkannt, dass Ricks Beziehung zu mir im Prinzip darauf beruht, dass er etwas von mir verlangt. Und wie verhält es sich mit Adam? Ein Stück weit anders bestimmt, immerhin war er sehr besorgt um mich und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das nur gespielt war….
 

Adam… Ich seufze innerlich.
 

Rick mustert mich interessiert. Ich kehre zurück in die Realität und erwidere seinen interessierten Blick.
 

„Also, Vic, wann bist du denn wieder einsatzbereit?“
 

Einsatzbereit. Bin ich ein Roboter? Lediglich zum arbeiten zu gebrauchen; Drogen zu verschieben?
 

„Weiß nicht. Ein paar Wochen vielleicht?“, gebe ich eine allgemeine Einschätzung leichthin ab. Er nickt geschäftsmäßig. Rick wirkt jetzt wieder wie immer.

„Gut“, stellt er fest. „Ich melde mich dann rechtzeitig bei dir. Es handelt sich um eine größere Sache und hoffentlich können wir verhindern, dass sich die Polizei dieses Mal einmischt….“
 

Vielleicht bilde ich es mir nur ein oder klingt seine letzte Aussage ein wenig wie eine an mich gerichtete Frage? Denkt er etwa, weil ich eine Verbindung zu einem von der anderen Seite habe, dass ich eine Polizeipräsenz unterbinden könnte? Dabei hatte ich gerade noch das Gefühl, Rick sei auf eine sonderbare Art und Weise eifersüchtig auf Adam und war er es nicht, der mich schon öfter dazu angehalten hat, den Bullen loszuwerden? Das alles macht überhaupt gar keinen Sinn. Auch die Tatsache, dass mein Mentor mir gerade eben noch so nahe gekommen ist, irritiert mich noch immer. Darüber hinaus hat er mir etwas zugesagt, was ich niemals für möglich gehalten hätte: dass es mir freisteht zu gehen – ohne große Auseinandersetzung. Die Kombination dieser Faktoren behindert mein rationales Denken und es gelingt mir somit auch nicht eine logische Schlussfolgerung zu ziehen.
 

„Wir sehen uns, Victor“, wispert Rick mysteriös. Dann fällt die Tür ins Schloss. Scheinbar ist das Thema jetzt für ihn beendet. Ich kann ein schweres Seufzen nicht unterdrücken. Irgendetwas an dieser Situation ist doch oberfaul, aber es will mir nicht recht gelingen, darauf zu kommen….
 


 

Wie hält man ‚ein paar Wochen‘ durch, ohne den Menschen treffen zu können, der einem ungemein wichtig ist? Gar nicht, ist die überaus einfache Antwort. Man lebt in den Tag hinein. Und mein Leben war neben dem Verschieben noch nie sonderlich spannend.

Also was tue ich wohl den ganzen Tag? Genau: Ich arbeite im Café. Ich bediene aller Art Kunden: Vom verschüchterten Schulmädchen bis zum meckernden Opa ist wirklich alles dabei. Meine Mimik und Rhetorik funktionieren im Arbeitsalltag problemlos auf Knopfdruck. Auch wenn ich das Meiste nicht wahrnehme: Aussagen von Kunden, die über die Äußerung der Bestellung hinausgehen, werden von mir gerne komplett ausgeblendet.
 

Die Tage ziehen sich träge dahin: Keine nervenaufreibenden Nacht- und Nebelaktionen, kein Rick und ebenfalls kein Adam Wellert. Nur die unspektakuläre Arbeit im Café. Ich habe also viel Zeit zum nachdenken und so sinniere ich tatsächlich zweieinhalb Wochen nach meiner Trennung von dem Polizisten darüber, womit sich eigentlich andere – normale – Leute ihre Zeit vertreiben, wenn sie nicht gerade arbeiten. Wahrscheinlich unternehmen sie etwas. Treffen sich mit Freunden oder Sonstiges. Und just in dem Moment, als ich mir darüber Gedanken mache, fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Ich habe überhaupt keine Freunde! Kaum dass dieser Gedanke meinen Kopf durchquert, lasse ich beinahe die Kaffeetasse aus meiner Hand fallen, die ich soeben eigentlich servieren will.
 

„Alles okay bei dir, Victor?“ Tim guckt mich besorgt an.

Etwas irritiert erwidere ich seinen Blick, kann mir das laute ‚hä?’ gerade noch verkneifen. Stattdessen setze ich ein mildes Lächeln auf. Freunde. Tim erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Ich habe nie sonderlich viel mit dem unscheinbaren Jungen, meinem Kollegen, zu tun gehabt, aber was nicht war, kann ja noch werden.
 

„Alles bestens“, sage ich nun und serviere dem wartenden Gast endlich seinen Kaffee. Tim wendet sich ab und geht zurück zum Tresen, hinter dem er nun den Nachschub an Kuchen in der Auslage drapiert. Ich folge ihm prompt, stelle mich neben ihn und beginne geistesabwesend die Ablage mit einem Putzlappen zu wischen. „Sag mal“, setze ich vorsichtig an, „hast du heute nach Dienstende schon etwas vor?“ Meinem Kollegen entgleitet beinahe der Kuchenschieber und er blickt mich überaus irritiert an. „Was?“, frage ich eine Spur pikiert.

„Nichts, nichts“, kommt es hektisch von Tim. „Ich…das ist nur das erste Mal, dass du mich so etwas fragst. Weißt du…nimm’s mir nicht übel, aber ich…naja, ich habe dich irgendwie immer für einen Einsiedlerkrebs gehalten.“ Er lächelt mich etwas unsicher an. In diesem Augenblick weiß ich wirklich nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Es bestätigt mir, wie sehr ich mich eigentlich aus dem sozialen Leben zurückgezogen habe. Wenn man es genau nimmt, dann bin ich nie Teil davon gewesen.
 

„Ja, irgendwie hast du ja Recht“, füge ich leicht verlegen an, „aber irgendwie ging mir gerade durch den Kopf, dass wir schon seit Langem zusammenarbeiten, jedoch nie etwas gemeinsam gemacht haben.“

„Das stimmt…“, entgegnet Tim mit nachdenklicher Stimme und diesem sanften Lächeln.

„Also, wie wäre es, wenn wir dann heute Abend etwas trinken gehen?“ Hoffentlich liege ich damit richtig – ist es nicht das, was junge Menschen so machen?

„Hmm, okay“, sagt Tim nun. Und wie ein kleines Kind freue ich mich tatsächlich über diese Zusage. „Du kannst auch gerne das Lokal wählen, Tim“, hofiere ich, um ihm einfach den Vorrang zu lassen, aber auch, weil ich mich in diesem Bereich überhaupt nicht auskenne. Er nickt freudig.
 

Wow, ich bin also zum ersten Mal mit jemandem so richtig verabredet. Einfach nur, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Schon seltsam ist das: ein wenig bedrückend, aber gleichzeitig auch schön. So schön, dass ich nach einer halben Stunde Bedenkzeit dem Feierabend entgegenfiebere. Der auch tatsächlich recht schnell eintritt.
 

„Fertig?“

„Fertig“, antworte ich umgehend mit einem seichten Lächeln. Schnell habe ich meine Jacke angezogen, das Palituch umgelegt und den Riemen meiner Tasche über der Schulter enger geschnürt. Tim scheint ehrlich begeistert von unserem Vorhaben – ganz ungezwungen, als wolle er eben wirklich etwas mit mir unternehmen. Das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass ich immer noch leicht nervös bin, Angst habe vielleicht etwas falsch zu machen. Wir verlassen das Kaffee, lassen unseren gemeinsamen Chef allein zurück, der heute das Lokal abschließen wird. Tim geleitet mich durch die Straßen des Viertels bis wir zu der nächsten U-Bahn-Haltestelle kommen.
 

Zwanzig Minuten später sind wir bereits da: Keenwich – die Partymeile unserer großen, grauen und hässlichen Stadt, die nur wenige schöne Ecken zu bieten hat.
 

Wie Ferrywall zum Beispiel. Dort wo Adam wohnt. Adam
 

In diesem Augenblick verstärkt sich mein Gefühl des Unwohlseins schlagartig. Ich verdränge die mentalen Aufnahmen unserer letzten gemeinsamen Minuten.
 

„Alles okay?“, erkundigt Tim sich jetzt freundlich bei mir und ich wünschte, er hätte nicht gefragt. Seine unschuldige Höflichkeit verstärkt den Druck der Adam-Bilder in meinem Kopf und ich muss mich wirklich auf die Gegenwart konzentrieren, um sie loszuwerden.
 

„Ja“, entgegne ich einfach nur. „Ist nur etwas länger her, wenn du verstehst was ich meine.“ Eine winzige Notlüge. Würde ich Tim erzählen, dass ich noch nie auf diesem Kiez unterwegs war, würde er mich höchstwahrscheinlich für verrückt erklären oder gleich schreiend die Flucht ergreifen.
 

Freundschaft.
 

Das ist wieder ein anderes Gefühl. Kein Begehren, kein rasantes Herzklopfen, kein kopfloses Handeln. Eher rational, aber dennoch freudig.
 

„Hier gehe ich immer sehr gerne hin“, reißt Tim mich nun aus meinen Gedanken. Nachdem wir uns gute fünf Minuten durch angetrunkene Menschengruppen hindurchgedrängelt haben, stehen wir mittlerweile vor einem modern anmutenden Glasbau, in dem eine Szene-Bar liegt. Das Neon-Leuchtschild schreit mir den Schriftzug Cruzzer entgegen. Ich hätte nicht gedacht, dass Tim – der eher der zurückhaltende unscheinbare Typ ist – in solchen Bars gastiert. Ich hätte ihm einen Irish Pub eher zugetraut und wenn ich ehrlich bin, hätte der mir auch besser gefallen. Schon nach den ersten Schritten fühle ich mich mit meinem Palituch und der Collegejacke total deplatziert zwischen diesen ganzen, wie sagt man noch gleich, Lackaffen? Yuppies?
 

Wir nehmen im hinteren Teil des Lokals Platz und warten auf unsere Bedienung. Tim bestellt sich einen Cocktail, dessen Name ich nicht aussprechen kann und ich…ja und ich? „Ähm…ein Bier“, sage ich schnell. So oft trinke ich keinen Alkohol. Das letzte Mal, das war…mit Adam. Wein. Berauschende Empfindungen. Harter Sex.
 

Ich schlucke hart.
 

Mein Herz schlägt abermals eine Spur schneller. Beinahe schüttle ich energisch den Kopf um diese mich überrollenden Gedanken und Gefühle, deren Auslöser Adam Wellert ist, zu vertreiben.
 

„Also, Prost!“

Ich schrecke hoch, gucke Tim mit großen Augen an und schnalle erst in diesem Moment, dass unsere Getränke bereits an den Tisch gebracht wurden. Viel zu schnell greife ich zu meinem Bier und verteile eine kleine Menge auf dem Tisch. Das verstärkt Tims skeptischen Blick nur noch mehr. Ich verhalte mich wie ein verdammter Trottel. Weil ich nicht bei der Sache bin. Weil ich die ganze Zeit über an Adam denke.
 

Ich proste Tim zu und nehme den ersten Schluck des leicht bitteren und gleichzeitig erfrischenden Getränks. Mein Kollege scheint sich beruhigt zu haben, sein Blick ist wieder wie immer und er lächelt leicht.
 

„Erzähl doch mal“, kommt es jetzt vom ihm, „was machst du eigentlich so in deiner Freizeit?“ Schon wieder ist es Tim, der versucht eine Unterhaltung in Gang zu setzen. Was mache ich in meiner Freizeit? Ich denke einen Augenblick nach und spiele im Kopf ein mögliches Szenario ab, wie Tim wohl reagieren würde, erzählte ich ihm die Wahrheit.
 

‚Eigentlich nichts besonderes. Ich ziehe nachts um die Häuser und verschiebe Drogen, werde dabei von Polizisten verfolgt und weiß noch nicht mal wirklich, warum ich das mache. Ansonsten treibe ich ein wenig Sport: laufen – und du?’
 

Ich verwerfe die in Gedanken ausgemalte Aussage – natürlich.
 

„Also ich laufe gern. Das hat etwas überaus Befreiendes. Ansonsten mache ich die Dinge, die wohl so jeder in seiner Freizeit macht: lesen, Musik hören, sich ab und an mal mit ein paar Leuten treffen.“

Erneut eine Notlüge, um möglichst normal zu erscheinen, um ins Bild zu passen. Was Tim nicht weiß ist, dass ich mich höchstens mit anderen Leuten treffe, um kriminellen Tätigkeiten nachzugehen. Für kurze Zeit driften meine Gedanken zu Eddie, Seamus, Andy und Rick. Und dennoch: vielleicht, so hoffe ich, werden meine Aussagen eines Tages auch wirklich der Realität entsprechen.
 

Mein Kollege nickt fachmännisch, während ich meine Freizeit kurz schildere – ganz so als segne er alles mit seiner Kopfbewegung ab. Ich nehme erneut einen großen Schluck des Biers. Langsam, glaube ich, werde ich doch warm mit dieser mir unbekannten Situation.
 

„Und du?“

„Ich male zum Beispiel sehr gern. Sportlich habe ich im Vergleich zu dir wahrscheinlich einiges nachzuholen. Ansonsten im Großen und Ganzen dasselbe wie du.“ Er lächelt. Ich denke: gut.
 

„Und? Hast du eine Freundin?“

Seine vollkommen belanglos gestellte Frage veranlasst mich dazu, mich am Bier verschlucken. Hastig schüttle ich den Kopf, während ich vergebens darum bemüht bin, gewisse Szenen mit einem gewissen Mann vor meinem inneren Auge auszublenden.
 

Unbequem. Diese ganze Fragerei. Allmählich verfestigt sich doch der Eindruck eines Verhörs, wo man unablässig gelöchert wird und als Verteidigung dieselben Fragen seinem Gegenüber stellt:
 

„Und du?“

„Ja, schon seit einem Jahr!“, erklärt Tim nun freudig. Geht es ihm mitunter vielleicht auch darum? Etwas von sich selbst preiszugeben? „Sie ist wirklich toll.“
 

„Aha, erzähl mal“, hake ich nach, weil ich in diesem Moment der festen Überzeugung bin, dass es sich so gehört und ich meinen Kollegen auch nicht enttäuschen will, dessen Augen gerade angefangen haben zu glitzern. Er setzt mit seiner Erzählung an, aber ich höre ihm nicht zu. Ich bin weit, weit weg. Wo Adam wohl gerade steckt? Was er tut? Denkt er auch so oft und dem Ausmaß an mich, wie ich an ihn? Vermisst er mich denn auch…wenigstens nur ein bisschen?
 

In diesem Augenblick, in dieser Bar, an diesem Abend, neben Tim sitzend, durchquert mich bloß ein Gedanke: ich würde ihn jetzt wahnsinnig gern sehen. Bei ihm sein, anstatt in dieser Bar voller Yuppies abzuhängen und Bier zu trinken und mir das selbstdarstellerische Gequatsche von Tim anzuhören….
 

Moment!

Halt!

STOPP!
 

Irgendetwas läuft verkehrt.

Genau!

Ich bin noch immer zu fixiert. Habe ich nicht den Weg des Abstands eingeschlagen, um über alles nachzudenken? Um alles auf die Reihe zu kriegen? Mein Gehör schärft sich, ich schenke Tims letzter Aussage mein Ohr und lächle ihn freudig an.

„Mensch, Glückwunsch. Das scheint ja wirklich ein toller Fang zu sein.“

Ein verträumtes, verliebtes Lächeln stiehlt sich auf die Lippen meines Kollegen und in diesem Moment empfinde ich wirklich so etwas wie ehrliche Freude für mein Gegenüber.
 

„Für dich finden wir auch noch jemanden“, witzelt er nun.

„Ne, ne, lass’ mal“, sage ich nur. Ich verspüre nicht das Bedürfnis Tim gleich an unserem ersten gemeinsamen Abend über einen gewissen, gut aussehenden Polizisten aufzuklären. Geschweige denn, dass ich das jemals in Erwägung ziehen würde.
 

„Wieso denn nicht“, will er nun schon wieder wissen. Auch wenn ich vorher nie viel mit anderen Menschen zu tun gehabt habe, kann ich schon jetzt mit Sicherheit sagen, dass mir diese Art der Kommunikation gehörig auf den Strich geht. Dieses unerträgliche Bohren.
 

„Das geht dich nichts an, okay“, entgegne ich deshalb einfach nur – vielleicht eine Spur zu hart. Tim sieht mich ein wenig pikiert und wütend zugleich an. Aber das ist mir egal. Ich muss ja nicht gleich am ersten Abend eine Freundschaft schließen, vor allen Dingen nicht zu jemandem, der die ganze Zeit über versucht mir persönliche Details zu entlocken, die ich ihm aber nicht verraten will.

Andererseits, meldet eine Stimme in meinem Kopf, ist das hier dein Kollege. Du wirst ihn wieder sehen und mit ihm zusammen arbeiten müssen. Ich seufze kurz, fahre mir durch mein weizenblondes Haar.
 

„Sorry“, murmle ich, „ich will einfach nicht über so etwas sprechen, okay.“

Tim lässt sich Zeit bis er reagiert. Ein einfaches „Okay“, verlässt seine Lippen. Die Atmosphäre zwischen uns ist eine Spur kälter geworden. Scheinbar passt mein simples Nein nicht in seine Welt. Vielleicht hat er ja nur solche Art von Freunden, die absolut keine Geheimnisse voreinander haben – was im Grunde genommen ja kein schlechter Gedanke ist. Aber Tim und ich sind keine Freunde: wir sind lediglich Arbeitskollegen, die zusammen einen trinken gehen. Und nachdem ich etwas Zeit mit ihm im privaten, außerberuflichen Umfeld verbracht habe, kann ich auch mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass wir auch niemals Freunde werden. Dennoch war es ganz nett: es war ein Versuch. Ein Anfang. Ein erster Schritt.
 

Das leichte unangenehme Gefühl, das mich schon seit meiner Initiative heute Nachmittag begleitet, hat sich nur noch verstärkt. Wir trinken aus. Wir unterhalten uns über Belangloses. Wir gehen getrennter Wege. So einfach ist das.
 

Adam.
 

Ich bleibe auf der überfüllten Straße stehen, richte meinen Blick gen Himmel und ziehe tief Luft in meine Lungen. Wäre ich mit ihm in der Bar gewesen, dann wäre der Abend sicherlich ganz anders verlaufen.
 

Dann wären wir jetzt auf dem Weg zu ihm. Und dann….
 

Was ist bloß los mit mir. Ich bin ein wirres Konstrukt, irgendwie uneins. Anscheinend kann ich mich nicht wirklich entscheiden, was ich nun will. Und dann geht mir diese Nähe zu Adam nicht aus dem Kopf.
 

Während mir die Nähe von Rick zuwider ist. Wenn ich an diese Szene zurückdenke, erschaudere ich auch jetzt noch leicht vor Abscheu. So habe ich meinen Mentor wirklich noch nie erlebt und ich hoffe, dass dies auch nicht wieder vorkommen wird.
 

Nur noch ein Job. Ein verdammter Job und ich werde frei sein. Eine Tür wird sich schließen, ich werde etwas zurücklassen und mich stattdessen in eine neue Etappe bewegen. Was mich wohl dort erwarten wird? Ich muss an Adams Worte denken:
 

‚Wie wäre es, wenn du dich an der staatlichen Polizeiakademie einschreibst.’
 

Und:
 

‚Ich meine es ernst, Victor. Jemanden wie dich kann die Polizei dieser Stadt wirklich gebrauchen. Du bist unglaublich schnell, wie ich bereits am Abend unseres Kennenlernens feststellen durfte. Hinzu kommt dein Insiderwissen, gepaart mit schneller Auffassungsgabe und Intelligenz.’
 

Ja, vielleicht sollte ich diesen Gedankengang Adams wirklich noch einmal überdenken; ihm eine Chance geben. Wer weiß, eventuell entpuppt sich dies ja doch als der richtige Weg für mich. Aber ich sollte wirklich genau darüber nachdenken – ohne Adam in diese Überlegungen mit einzubeziehen. Wenn ich es tue, dann nicht um dem älteren Polizisten zu gefallen….
 

Ich sollte nach Hause gehen. Ich sollte eine Checkliste anfertigen, aber nicht mehr heute Abend. Die Müdigkeit fährt bereits in meine Knochen. Morgen: ein neuer Tag, ein neuer Anfang?
 

Vorsichtig finden meine Finger ihren Weg zu der verletzten Schulter, tasten vorsichtig daran herum. Es fühlt sich schon besser an: nicht mehr so unsagbar heiß. Und es schmerzt weniger. Scheint, als habe der Heilungsprozess endlich angeschlagen…. Mit dieser Erkenntnis entschwinde ich in die Nacht.
 


 

Am kommenden Morgen ist es nicht der schrille Ton des alten Weckers, der mich aus meinem traumlosen und erholsamen Schlaf zurück in die Realität befördert: warmes Sonnenlicht fällt durch die ramponierten Vorhänge und streichelt mein Gesicht.
 

„Adam“, nuschle ich ins Leere, ehe ich mit dem ersten Augenaufschlag registriere, dass ich allein bin. Leicht peinlich berührt, gleite ich mit meiner Hand über Gesicht und Hals. Einen Moment verweile ich mit meinem Blick an der Zimmerdecke, bevor ich mich schwungvoll erhebe und ins Badezimmer hinübertapse.

Es dauert keine zehn Minuten, dann bin ich schon fertig.
 

Eine Checkliste, was? Heute muss ich ungläubig darüber schmunzeln. Stelle mir vor, wie ich Notizen auf ein Blatt Papier kritzele… Stattdessen gehe ich alles noch mal im Kopf durch: ich, Polizist.
 

Sportlich – check.

Schnelligkeit – check.

Insiderwissen – check.

Schnelle Auffassungsgabe…Ich erinnere mich an den Abend der Verfolgungsjagd, als ich Adam das erste Mal begegnet bin. Wie schnell ich reagiert habe, als mir bewusst wurde, dass Adam Andy verfolgte und jener den Polizisten geradewegs auf die heiße Spur führte…

Schnelle Auffassungsgabe – check.

Intelligenz…hmmm….check? Doof bin ich ja schließlich nicht…

Durchsetzungsvermögen… Ich denke an Rick, ich denke an Adam, ich denke an meine Vergangenheit. Non-check. Aber ich arbeite ja dran. Die Emanzipation des Victor Saxtra, muss ich glucksend denken und gleichzeitig amüsiert den Kopf über mich selbst schütteln.
 

Der Tag im Café verläuft unspektakulär wie immer: Kunden kommen und gehen. Der Chef behält auch heute seine klassische Laune bei, die sich besonders durch diese leichte Griesgrämigkeit charakterisiert – aber natürlich nicht den Gästen gegenüber, sondern nur dem Personal.

Tim spricht kaum mit mir. Er hat zwar ‚Hallo’ gesagt, aber dabei haben wir es auch bislang belassen. Diese leicht bedrückende, unangenehme Spannung zwischen uns stehend. Vielleicht braucht es ja nur etwas Zeit bis sich die Dinge zwischen uns wieder normalisieren?
 

Zeit.
 

War es nicht auch das was ich benötigte, als ich mich von Adam ‚verabschiedete’? Zeit? Gewiss. Und doch wünschte ich mir in diesem Augenblick nichts sehnlicher als ihren Fluss zu beschleunigen – vorzuspulen. Ich, als Polizist, an Adams Seite – warum gefällt mir dieser Gedanke plötzlich so gut? Fakt ist, dass mir dieser Gedanke gefällt, losgelöst von jeglichem Einfluss. Ein beglücktes Grinsen huscht über meine Lippen, während ich Kuchen auf einem Teller drapiere. Selten sah man einen glücklicheren Kellner.
 

Und doch: ‚Gut, ich lasse dich gehen. Wenn du diese eine Sache für mich tust…’

Eine letzte Aktion also…Ich kann immer noch nicht recht glauben, dass es wirklich dabei bleiben soll… Es erscheint mir doch eine Spur zu einfach, aber ich komme einfach nicht auf den faulen Haken… Vielleicht gibt es tatsächlich auch keinen.
 

Nach dem Feierabend begebe ich mich direkt auf den Weg nach Hause. Ich kenne die Route mittlerweile schon in- und auswendig. Und so sitze ich im Bus, beobachte die Häuser und spärlichen Grünflächen, die an mir vorbeiziehen, als mein Mobiltelefon plötzlich einen surrenden Laut von sich gibt – eine SMS.
 

‚Hey Vic, wir sind bei mir in der Bude und pokern. Bock? – Eddie.’
 

Kurz, prägnant und schmerzlos. Keine niedlichen Smileys. Pokern also. Für einen Moment bezweifle ich, dass es eine gute Idee ist, sich mit den Leuten zu treffen und Spaß zu haben, von denen man ja eigentlich loskommen möchte. Nach weiteren fünf Minuten komme ich aber zu dem Entschluss, dass es ja letztendlich nur eine Runde Pokern und nichts Festes ist. Außerdem macht es wirklich Spaß und ja, ich mag Eddie. Wenn ich mir eine Freundschaft vorstellen könnte mit einem der wenigen Leuten, zu denen ich wirklich Kontakt habe, dann ist das wohl Eddie. Andererseits: vermische niemals berufliches mit privatem, das verkompliziert bloß alles unnötig. Ich seufze schwer und laut.
 

Zuhause angekommen schäle ich mich aus den Arbeitsklamotten und ziehe mir bequemere Kleidung an. Dann ergreife ich mein Handy und tippe eine Antwort:
 

‚Bin in 20 bis 30 Min da. Hoffe ihr haltet so lang ohne mich durch?!’
 

Ein Lächeln huscht über mein Gesicht als ich auf den Sende-Button drücke. Wie lange ist es her, dass wir gemeinsam was gemacht haben, was absolut nichts mit Drogen zu tun hatte? Ich erinnere mich an diesen einen sehr lang zurückliegenden Abend bei Rick. Damals war Andy noch nicht ‚Part of the Gang’ gewesen. Spontan gleiten meine Gedanken zu diesem absonderlich wirkenden jungen Mann, dessen Verhalten mir noch immer eine Gänsehaut verursacht und den ich, genau genommen, schon von Beginn an unheimlich fand. Ist der eigentlich auch heute Abend auch da? Ich hoffe nicht…
 

~~~
 

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Kommentare zu dieser Fanfic (30)
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Von:  jyorie
2014-07-23T13:19:27+00:00 23.07.2014 15:19
Hey ❣◕ ‿ ◕❣

das klingt nach einer gemeinen Sache und einem Deal der nicht
okay ist. ... Außerdem finde ich es Spannend, das Rick etwas
gefunden hat, das Victor und Adam schon länger verbindet als
Victor es weiß – ob es damit zu tun hat, das sie sich schon früher
mal unbewußt für Victor begegnet sind?

Auf jedenfall freu ich mich das es spannend weiter geht, und auf
die Gründe, warum Adam suspendiert wurde und trotzdem will
das Victor wieder einsteigt und er ihn jagen kann.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2014-07-16T09:41:57+00:00 16.07.2014 11:41
Hey ´・ᴗ・`

So schnell wie Rick geschalten hat, ist unglaublich, aber
für einen Außenstehenden ist es natürlich immer leichter
Schlüsse zu ziehen, als wenn Viktor da selbst mit drine
steckt und er hat ja auch Angst, da kann man eh nicht
denken. Außerdem dachte ich wirklich, das es ihm an den
Kragen geht, als Rick das entdeckt hat, daher war ich angenehm
überrascht, das Rick sogar für ihn in die Presche gesprungen ist,
und ihn vor den anderen Verteidigt hat. Hoffentlich bleibt das
auch noch so, nicht das er jetzt von Rick gejagt wird (heimlich)
und ihm zusätzlich noch Adam im Genick sitzt.

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2014-07-16T09:39:34+00:00 16.07.2014 11:39
Hey (❀◦‿◦)♫・*:.。. .。.:*・

mir wäre es auch extrem unangenehm, wenn dieser Adam noch
bei der Arbeit auftaucht, ich finde du hast Victor hier gut beschrieben,
wie er reagiert und sich fühlt, als der Polizist in das Kaffee gekommen
ist und dieser Adam macht mir auch etwas angst, so desinteressiert
wie er oft ist, aber dennoch nur so tut und viel zu viel mitbekommt.

*blush* an der Stelle bei der Adam mit in die Wohnung gekommen ist,
hatte ich ehrlich gesagt auch an nix böses gedacht, das ist echt gemein,
wie fix er da die Wanzen untergebracht hat und sich dann Viktor so
schnell verraten hat :(

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2014-07-14T14:33:51+00:00 14.07.2014 16:33
Hey (。・ω・。)

Das Leben von Victor sieht insgesamt nicht so dolle aus,
Das er noch eine Arbeit als Kellner hat, hat mich ja etwas hoffen
lassen, das er noch im „normalen“ Leben ist und nicht ganz und
gar im Drogensupf steckt. Aber so wie er Zusammengeschlagen
wurde ist es natürlich schlecht, wenn er in Kundenkontakt tritt.

Ich bin mal gespannt, ob es jetzt für ihn besser oder Schlimmer wird,
und welche Rolle dieser Polizist spielt, der ihn bei dem Run geschnappt
hat. Ich könnte mir denken, das er ein höheres Tier ist, wenn er so
seltsam ruhig Befragen kann und ihn dann einfach in die Zelle sperrt
weil er keinen Bock auf spiele hat – interessante Taktik :D Ob er
Victor damit klein bekommt?

CuCu Jyorie

Von:  jyorie
2014-07-14T14:33:41+00:00 14.07.2014 16:33
Hey (๑>ᴗ<๑)

ich hätte auch gedacht, das Victor da mehr Ärger
bekommt, wenn er zusammengeschlagen wird und
sich nach Hause schleppt und das Cox ist weg. Aber
da scheint er Glück gehabt zu haben wenn Rick nicht
sauer auf ihn ist, sondern sich die Typen vorknöpfen
will, die das gemacht haben.

CuCu Jyorie

Von:  SummoningIsis
2011-02-04T06:46:11+00:00 04.02.2011 07:46
Und auch hier nochmal: I ♥ ur style. Ich hab ja auch echt lange auf das Kapitel gewartet, du hast mich nicht enttäuscht. Und ja, auch ich bin gespannt, wie es Adam geht und wann es ein Wiedersehen geben soll - und der letzte Job? Wo ist der Haken? Man soll gespannt sein :)
Von:  tenshi_90
2011-02-03T21:33:42+00:00 03.02.2011 22:33
Hey!

Das is eine echt gute Story =)

Adam leidet jetzt bestimmt genauso schlimm wie Vic =(

Hoffe es gibt ein Happy End für die beiden.. Aber dennoch hab ich das Gefühl, dass dieses letzte Ding einen großen Haken hat und etwas mit Adam zu tun haben könnte...

Bin gespannt wies weiter geht =)

LG
Von:  rihaij
2011-02-03T18:24:49+00:00 03.02.2011 19:24
Sehr schöne, spannende Story. Bin sehr gespannt, wo es sich hin entwickeln wird. Ich denke mal auch, der letzte Job wird es in sich haben. So einfach lässt niemand jemand aus so einer Organisation.
Gruß Rih
Von:  Priestly
2011-02-03T17:18:19+00:00 03.02.2011 18:18
Hach jaaaaaaaaaaaaaaa es geht weiter *strahl*

hmmmmmmmmm ich weiß ja nicht xD ... ich glaube auch da gibt es einen Haken -.- das ist bestimmt eine zu große Nummer oder er will ihn ausliefern oder er lässt ihn doch nicht los -.-
wäre wirklich zu einfach ... aber warum sagt er nicht einfach
NEIN DAS WARS !!! -.- ich weiß ja ich weiß ja :(
Aber ein Versuch wäre es :( *seufz*

Mich würde ja schon interessieren was Adam nun die ganze Zeit macht ???
Oh man ... so oft wie Victor an ihn denkt ... hach man lol
eine verfahrene Situation :(
kann es nicht besser sein -.-

aber ich finde seine Liste schon mal gut und das er sich den Gedanken
durch den Kopf gehen lässt hm ... aber trotzdem hab ich einfach Angst, das bei diesem letzten Ding was schief geht :(

Adam soll nicht so sein und zu ihm -.-
der weiß doch wie Vic ist und das das alles nicht so einfach ist *schnüf* .... hach ja und Tim xD sry aber ich kann Vic verstehen xD
aber auch Tim lol ... da geht man schon mal weg und wenn eben so ein Kommentar kommt fragt man nach xD haha das Victor aber nix sagen will kann ich auch verstehen herje xD Freunde das ist eben ne Sache noch für sich hehe ...

Bin schon sehr gespannt wie es nun weiter geht oO !!!
Und WAS MACHT ADAM ????????????
LG :D Pries ^.^
Von:  Priestly
2011-01-11T09:52:40+00:00 11.01.2011 10:52
Huhuuuuuuu
bin durch zufall auf deine FF gestoßen und muss sagen
ICH LIEBE SIE ^^
Das war Liebe auf den ersten Leser xD lol
wie du die Beiden ebschreibst und ihr Katz und Maus spiel *seufz*
Wunderbar umgesetzt und natürlich die beiden letzten Kapitel sind einfach nur klasse!!! Spannend und soooooooo süß haha
oh man und an der Stelle endest du nun :(
muss doch wissen wie es weiter geht *schluchts*

Er muss doch zurück kommen ... naja oder er muss ihm doch folgen !!!
Ich denke nämlich das Vic ärger bekommt -.- und es nicht schafft sich alleine da raus zu schaffen :/ und er ist doch noch angecshlagen und ahhhhh man :( ... schreibst du bald weiter ?!
Würde mich wirklich verdammt freuen!!!
Du kannst mich doch hier nicht so abhängig machen xD und dann
aufhören??? Jaaaaaaaaaaaa???
Bitteeeeeeeeeeeeeee!!!!
*anfleh*
Neues Jahr neues Glück ?!?!
Bitte Bitte Bitte!!!!!!!!

LG pries ^.^


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