Ein blauer Vogel
Ich steh auf einer Bühne. Der Vorhang öffnet sich, der schwere rote Stoff schwebt wie ein Leichtentuch vorbei. Er fragt nicht, ob ich will, er wartet nicht, bis mir die Zeit günstig ist, er öffnet sich, weil er es muss. Und sein Wille präsentiert mich dem Publikum. Der Saal ist voll, sie sehen mich an, schauen nur auf mich. Ich bin alleine hier, eine einsame Gestalt allein auf dunklen Holzparkett. Ich blicke in die breite Halle, die sich wie eine Berg aus roten, gepolsterten Sitzen vor mir auftut.
Ich sehe das Funkeln ihrer Augen, ein gewaltiges Meer davon, ein Sternenhimmel auf rotem Samt. Ich versuche etwas zu erkennen, aber starre in die Leere, in dunkle Ahnungslosigkeit. Ich bin wehrlos und weiß nicht was ich sagen soll.
Was erwartet man von mir? Soll ich etwas tun? Wenn ja, was? Ich habe nicht mehr, als mich selbst. Allein auf der Bühne blicke ich in die gesichtslose Masse und senke den Kopf. Ich wünsche mir, der Vorhang würde endlich wieder fallen, mir die Schmach ersparen, die ich erleide. Doch er bleibt, lässt mich allein stehen auf der Bühne der Zeit. Mir fehlen die Worte. Ich scheine sie verloren zu haben, als wären sie von mir abgefallen wie eine überflüssige Last. Vielleicht sind sie mir überdrüssig geworden und rauschten davon wie Blätter im Wind. Vielleicht aber auch gefroren sie zu Eis in der Stille. Ein Riss, ein Splitter zerbricht sie, lässt sie auseinander springen wie eine gläserne Pusteblume. Mit der Hand versuche ich sie aufzufangen, die winzigen Stimmen umgeben von einem Hauch, ein Flüstern. Alles was gesprochen, was nie gesagt und je erzählt schmilzt auf meiner Hand und wird zu flüssigem Leben. Noch eine Weile spüre ich seinen Puls auf meiner Haut, bis auch er verblasst und schweigt.
Wieder blicke ich auf, sehe in die Gesichter der Menschen, die mich anstarren, mir durch ihre Augen die Seele rauben. Stumm bin ich, nachdem mich die Wörter verließen, einsam bleibe ich, weil ich hier stehe. Ich kann es mir nicht erklären, warum ich so hilflos bin, warum ich keinen Sinn finde, in dem was ich bin. Ich möchte schreien, ich möchte um Gnade bitten, ich möchte wissen warum. Ich öffne den Mund, doch dann fällt mir ein, dass ich nicht mehr sprechen kann.
Die stillen Wörter fallen von meinen Händen, eine Träne für die Vergangenheit. Sie bleibt nicht lange, bald ist es so, als hätte es sie nie gegeben.
Auch mich wird es nie geben, denn niemand wird da sein, um sich zu erinnern. Wenn der Vorhang sich zu zieht, werde ich vergessen sein, keiner der Menschen dort wird mich noch sehen. Wenn du nicht gesehen wirst, verschwindest du. Es ist gleich, wie viele dich beobachten, wie viele dir zusehen, während du hier stehst, wie du keinen Ton herausbringst und wie ein Fisch nach Worten schnappst. Es ist gleich was du tust, denn der Vorhang wird sich schließen. Er kann nicht anders. Dafür ist er da. Wofür bin ich da?
Es ist so leise, wenn keiner spricht, wenn keiner mir sagt, wer ich bin. Was soll ich suchen, wenn es kein Ziel gibt, was soll ich sein, wenn alles in Tränen übergeht?
Verlasse ich mich nicht selbst? Ich stehe auf dem dunklen Holzparkett und kriege keine Antwort. Wieder blicke ich auf, schaue in den Saal, in die vielen Sterne auf rotem Samt.
Ein blauer Vogel sitzt dort, zwischen all den leeren Gesichtern. Er hüpft auf dem Sitz, gibt aber keinen Laut von sich. Mein Blick wandert zu ihm und ich betrachte ihn. Zwischen all den Menschen scheint er vertraut. Auch seine Augen begegnen meinen, ein kurzer Ruck fährt durch seine Federn als würde er sich Schütteln vor Lachen.
Wo sind deine Träume hin?, scheint er zu sagen, Wofür hast du dich entschlossen?
Erneut senke ich den Kopf. Es tut weh, so zu sein. Es tut weh, wenn man alleine steht und die Welt sich um mich dreht.
So einfach ist das nicht, versuche ich zu sagen, doch die Worte ersticken in meinem Mund. Sie fallen heraus und stürzen leer zu Boden.
Keine Zweifel, keine Wogen. Du atmest Zeit, du lebst Vergangenheit, sagt der Vogel.
Doch in der Stille geschieht kein Wandel. Nur verkümmerte Flügel, das ist es, was die Menschen tragen.
Der Vogel plustert sich etwas auf und seine blauen Federn stehen kurz etwas ab. Dann hüpfte er runter und ließ ein kleines Flattern vernehmen, als er auf dem Rand der Bühne landete.
Ich versuche zu ihm zu laufen und strecke die Hand nach ihm aus. Ich habe es verlernt. Meine Beine rühren sich nicht. Sie sind so schwer geworden. Mein Geist ist gekettet an die Vergangenheit, sie hält mich fest in ihrem Bann. Die Last der Zeit ruht auf meinen Schultern wie ein schwerer Mantel und zieht mich zum Boden. Auf der Bühne und dem dunklen Holzparkett.
Der Sturz meiner Worte zieht mich tiefer und gibt mich der Verantwortung preis. Die Last rollt sich nicht ab, sie bleibt wie ein Netz an mir hängen. Wie eine eifersüchtige Geliebte werde ich sie nicht los, sie bleibt, atmet, lebt. Sie spricht mit Worten, die ich nicht mehr habe. Ein dumpfer Schlag der Glocke, ein Donnern meiner Lippen.
Warum gehen, wenn das Warten doch so einfach scheint?
Warum fragen, wenn es sich ohne Antwort lebt?
Warum anders sein, wenn Gleiches doch so passend ist?
Das Donnern verhallt und es legt sich Stille über mich. Kalte Reue gibt dem Zweifel die Hand und führt zum Stillstand der Seele, die einzige Essenz der Bühne auf der ich stehe. Vielleicht sollte ich warten bis der Vorhang fällt. Keiner spricht, keiner sieht mich, wenn ich nichts tue. Die Zeit wird an mir vorbei ziehen wie ein Winterhauch und lässt mich unbeschadet. So vermeide ich die Schmach, die mich erwartet, wenn ich suche. Ich werde nichts finden, wenn ich still bin, aber vielleicht finde ich auch nichts, wenn ich laut bin. Vielleicht bleibt die Bühne gleich, sie beachtet mich gar nicht. Sie hat schon viele Menschen gesehen, ich bin nur einer davon. Irgendwann sitze ich dort, im roten Samt. Ich verliere mein Gesicht und meine Last. Vielleicht gibt es nichts anderes. Es ist leicht.
Leichter als der Schmerz.
Der Wunsch hält dich warm. Die Hoffnung ist rot und flüssig. Kalter Stein bist du ohne sie, sagt der Vogel. Mein schwerer Kopf hebt sich, meine trägen Augen sehen sein blaues Gefieder. Er blickt mich an und wendet sich von mir ab.
Heb die Flügel. Sei Mensch. Sei ein Vogel. Aber bleib nicht stehen. Der Stillstand kennt nur das Sterben.
Seine blauen Schwingen breiten sich aus und er verlässt die Bühne. Verlässt mich. Er gleitet über die gesichtslosen Schatten hinweg, die nicht einmal eine Notiz davon nehmen als hätten sie es verlernt etwas anderes als den dunklen Holzparkett zu sehen. Ich strecke die Hand aus, versuche erneut ihn zu greifen, doch ich versage. Ich will nicht. Ich will nicht warten, ich will nicht still sein, ich will nicht einsam sein. Der Schleier ist schwer. Dick und stark wie dichter Schnee.
Nur ein Funke. Mensch sein. Zeit erleben. Feuer denken.
Dinge, die so lang vergessen, vielleicht nicht erlebt und doch glühen. Mein lahmer Geist, meine taube Seele. Der schwere Samt. All das, verliert an Bedeutung, wenn du Mensch bist.
Fein wie Nebelschwaden schwindet der Schnee und der Schleier senkt sich. Nur der warme Gedanke vertreibt die Stille der Bühne. Ein Flüstern, ein Rauschen. Und ihre Blicke.
Sie ruhen auf meinem Leib, doch sie fesseln mich nicht länger und ihre Ketten brechen. Tiefe Narben haben sie hinterlassen und die Worte in meinem Mund fühlen sich blutig und taub an. Doch sie gehören mir und niemand wird sie mir wieder nehmen. Die Zeit regt sich, treibt mich an und ich atme sie ein. Mensch sein. Ich will Mensch sein.
Ich bewege mich, setzte meinen Fuß über das Holz. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Hatte ich schon verlernt zu stehen? Nun hat es keine Bedeutung mehr, die Stille hat ihre Macht verloren. Ich gehe zum Rand der Bühne, ein Zittern geht durch den Saal und die leeren Gesichter weichen vor mir. Und ich falle. Breite die Flügel aus. Setze zum Fliegen an.
Es tut weh, jede Feder ist durch Schmerz erkauft. Aber ich fliege. Und ich atme.
Der rote Samt weicht und und löst sich auf, gibt den Blick frei auf die Wolken der Nacht. Der dunkle Holzparkett beugt sich, gibt der Bühne der Illusion frei. Es ist dunkel als hätte ich auch das Sehen verlernt. Vielleicht ist es der Himmel selbst, der unklar ist, vielleicht, weil ich ihn nur so sehen kann. Doch meine Augen tränen nicht mehr von Fragen, sie öffnen sich für mehr. Glasklare blaue Neugier, Wolkendunst in reiner silbernen Freude und ein Hauch von Ewigkeit in kalter Höhenluft. Und ein kleiner blauer Vogel, der mich das fliegen lehrte.
Ein Traum mag in Scherben liegen, doch funkeln selbst im hellen Licht die Trümmer, zeugen von der Leidenschaft des Lebens zu ihnen. Gescheitert und fallen gelassen, doch noch nicht verloren.
Heb die Flügel. Sei Mensch. Sei ein Vogel. Aber bleib nicht stehen. Der Stillstand kennt nur das Sterben.
Der Wächter
Der Wächter
Die Schritte hallten von den eisernen Wänden wie klirrende Trommelschläge wieder. Drei Takte jedes Mal. Drei Takte pro Atemzug. Jeder Schritt, ein neuer Klang. Jeder Takt, ein neuer Hall aus kalten Wänden. Und da war noch er, der Wächter, dessen einzige Aufgabe es vielleicht war den Trommeln zu lauschen. Unten zwischen kalten Wänden und dem vibrierenden Klang von Metall lauschte er in die Stille hinein, allein unterbrochen von dem marschierenden Takt von Stiefeln über ihn.
Bald hörten die Wände auf zu singen und die Stiefel über ihn wanderten weiter, vielleicht damit ein anderer Wächter ihnen lauschen konnte. Wer weiß? Doch er blieb dort sitzen, auf diesem einen kleinen Stuhl aus Holz, spärlich und einsam wie ein treuer Hund. Nach und nach kehrte die vertraute Stille zurück und fegte die Gänge wie eine eifrige Putzfrau leer. Sie vertrieb laute Gedanken und Gebilde und säte Ruhe für die Einsamen und für die, die sie besonders gut kannte, vielleicht auch ein wenig Gelassenheit. Sie war eine treue Frau, denn auf sie konnte er sich verlassen. Auch wenn sie ihn verließ, wenn die harten Schritte wieder von den Wänden hallten, so wusste er jedoch, dass sie jedes Mal für ihn wiederkommen würde. Nein, sie vergaß ihn nicht dort unten, auf seinem kleinen, hölzernen Stuhl, wo er Wache hielt. Sie hatte ihn mittlerweile so oft besucht, dass aus ihm inzwischen ein alter Mann geworden ist und aus seinem Haar ein weißes Gespinst aus Geduld und Fügsamkeit. Doch seine tiefen Falten hatten nicht viel zu erzählen, wie jedes Mal wenn man sie nach etwas fragte. Dort saß er inmitten diesen Ganges und diesen bewachte er auch.
Wohin geht es denn?, mochte vielleicht mal jemand fragen, wenn er diesen dunklen, langen Gang entgegen blickte.
„Hinter mir geht es zurück und vor mir geht es nach vorne“, war die einfache Antwort des Wächters.
Was ist am Ende vom Gang?, mochte eine andere Frage lauten.
„Das weiß ich nicht. Ich bin Wächter. Ich bin hier, damit andere dort entlang gehen können, aber ich selbst bin nie weiter gegangen“, meinte er dann und schüttelte energisch den Kopf.
Wenn du aber niemanden aufhältst, wozu bewachst du dann diesen Gang?
„Was soll ich sonst tun?“, sagte er dann empört, „Wenn ein Wächter nichts bewachen kann, was wird dann aus ihm? Ich sage es dir. Es ist so, als hätte er nie existiert. Und willst du nie existiert haben? Ich nicht. Ich bin nur, weil ich hier sitze und weil ich hier sitze, bin ich.“
Und was bist du, wenn du diesen Gang zu Ende beschreitest?
Ausnahmsweise wusste der Wächter darauf keine Antwort und schwieg. Aber er brauchte auch gar nicht zu antworten, denn es war ja niemand da, der Fragen stellte. Nur er und der kleine hölzerne Stuhl aus dem er saß. Und vielleicht der Takt von Schritten über ihm, wenn er manchmal lauschte.
Ja, was aber passierte wenn er heute aufstehen und diesen Gang entlang gehen würde? Er hatte noch nie das Ende gesehen. Also wusste er gar nicht was er eigentlich bewachte.
“ Es kommt nicht darauf an was du bewachst, sondern dass du etwas bewachst“, meinte er zufrieden stellend zu sich selbst. Ja, das klang sehr klug. Wenn er heute aufstehen und seinen Posten verlassen würde, würde er sich vermutlich auflösen wie eine kleine Brausetablette im Wasser. Denn wenn ein Wächter nicht wacht, kann er logisch gesehen gar kein Wächter sein. Und wenn ein Wächter kein Wächter ist, dann gibt es ihn auch gar nicht. Folglich musste er sich auflösen und verschwinden, weil er dann gar nicht existierte.
Mit einem leisen Lächeln nickte der alte Mann. So musste es sein. Dann war es gut, dass er hier war und nicht woanders.
Henry Wollkart war ein guter Mann, solang man ihm nicht zu viele Fragen stellte. Und tat man es doch, so wurde er oft grimmig und wütend, auch wenn manche behaupteten er würde leicht traurig. Mütter hielten meist dann auch ihre Kinder von der kleinen Gasse fern, wo er immer des Mittags saß und gegen sich Schach spielte. Bekannt war er für die meisten als der alte Wollkart, wobei „bekannt“ schon zu weit gegriffen ist. Eigentlich kannte ihn keiner sonderlich gut, außer seinem Enkel Thomas, ein Architekturstudent aus Leipzig. Manchmal, wenn auch recht selten, schien er ihn besuchen zu kommen, allerdings blieb er auch nie lange. Dann saßen sie gemeinsam dort in der kleinen gepflasterten Gasse und spielten gemeinsam Schach. Freilich verlor Thomas jedes Mal, denn wenn er die Zeit dazu fand einmal eine Runde Schach zu spielen, dann auch nur wenn er seinen Großvater besuchte. Ihr Gespräch war meist harmlos und ohne erkennbare Richtung, aber für den alten Wollkart bedeuteten sie viel. Die einzige Zeit wo er viel redete war während und kurz nachdem sein Enkel ihn besucht hatte, zumeist wusste man in der kleinen Bäckerei neben der Gasse gut darüber bescheid, wenn er täglich seine zwei Mohnbrötchen kaufte. Es war auch die einzige Zeit, in der er über seine Familie redete, auch wenn sie offenbar nur aus seinem Enkel bestand. Mehr Verwandte schien der alte Wollkart nicht mehr zu haben und wenn doch, dann erwähnte er sie nie.
Doch kurz nach seinem Besuch kehrte die gleiche Stille und Griesgrämigkeit zu ihm zurück und er blieb wieder dort auf dem hölzernen Stuhl in der Gasse sitzen, während er gegen sich selbst Schach spielte. Manchmal, so erzählten sich die Leute, redete er auch mit sich selbst, oder wenn man es so wollte, mit der imaginären Person mit der er Schach spielte. Aber da die Menschen selten oder nie die kleine, enge Gasse betraten, war es den meisten egal oder sie nahmen erst gar keine Notiz davon. Das Leben floss sowieso durch die großen, breiten Straßen, hell beleuchtet von der Sonne und reich angefüllt durch Geschäfte und Tüchtigkeit. Und so kam es auch, dass die Welt Henry Wollkart in seiner kleinen Gasse übersah, der jeden Nachmittag mit sich selbst Schach spielte.
„Es ist gut so, wie es ist“, sagte der alte Wächter und lächelte. Allmählich kamen die Schritte zurück und der Gang füllte sich wieder mit dem eisernen Takt von Klängen und Trommeln. Drei Takte jedes Mal. Drei Takte pro Atemzug. Jeder Schritt, ein neuer Klang. Jeder Takt, ein neuer Hall aus kalten Wänden. Und zwei lauschende Ohren eines Wächters, der gar nicht wusste, was er bewachte.
Die Schlange und das Bild
Die Schlange und das Bild
Geschwinder Strich geht von der Hand,
Als der junge Mann den Pinsel schwang.
Und in Tiefen seiner Kunst gebannt
Ahnt er schon was ihm bekannt
Noch solcher als ein Sophist
Ihm die Schlange des Bildes ist.
„Aus Farbe wird kein Gold gemacht“,
Zischt sie lauernd klug bedacht,
Was Zweifel streut, das weiß er wohl,
„Denn Farbe, Kreid und bunte Kohl’
Wachsen nicht auf Wies und Feld.
Das Zauberwort ist heute Geld.“
Unbesorgt lacht der Knabe:
„Was nützt mir schon Ruhm und Habe?
Der Künstler, der ist frei“.
„Das ist reine Träumerei!
Selbst deine Muse wirst du missen“,
Hört man die Schlange tückisch hissen,
„Traust du dich nur einmal wegzusehen
Wird sie von der armen Hand zur reichen gehen.“
„Dein Geschwätz ist mir doch einerlei“,
Sagt Junge pfeifend noch dabei,
Doch merkt er gleich wie ihm der Quast
In den Händen wird zur Last.
„Auch ein Künstler lebt vom Brot
Und nicht von der Armut, die ihm droht“,
Flüstert ihm weiter noch die Natter
„Ein froher Mensch, das ist ein Satter.“
Da platzte dem Künstler schon die Ader:
„Sei bloß still, elender Salbader.
Was weißt du schon von meiner Kraft?
Müh mich ab, jeden Tag und jede Nacht.
Was ist für diese Kunst der Lohn?“
„Deine Ernte ist nur Spott und Hohn“,
Sagte ihm da das Schuppentier,
„Doch meine Hand, die reich ich dir.
Ich werd deine Arbeit noch in Gulden wiegen
Auf das alle Menschen lieben,
Was du aus Pastell und Farbe schaffst.
Ist unser Geschäft nun abgemacht?“
Der Bursche wiegte zögernd noch den Kopf.
„So pack ich die Gelegenheit beim Schopf!
Doch was willst du zum Tausch von mir?“
„Ich will nur deinen Pinsel hier.
Er soll nach meinen Worten tanzen,
Sie in fruchtbar, bunte Erde pflanzen.
So wie ich es will, geschieht ihm auch.
Das ist aller Verträge Brauch.
Jeder hat nun mal seinen Preis,
Ob aufgewogen nach Tat und Fleiß.
Doch deiner wird bezahlt nach Gaben.“
„Dann will ich keinen haben.
Wenn ich meine Kunst in Ketten lege,
Teile ich mit ihr Käfig und Gehege.
So wie Stern mit Himmel bleibt verbunden
Bleibt auch Werk und Werkler unumwunden.
Aus Farbe wird kein Gold gemacht,
Doch Gold hat nie die Kunst geschafft.
Da sag ich dir, da bin ich ehrlich,
Ist doch der Weg des Künstlers stets beschwerlich.
Man will uns an der Leine haben,
Sollen wie der Hund ein Maulkorb tragen.
Doch sind wir in unseren Hallen,
Ohne Zwang der Reichste von euch allen.“