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Here with me

Reita x Ruki
von

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Back for good

Here with me I
 

~ Back for good ~
 

Gelangweilt sah Ruki sich in dem Restaurant um, in das es ihn mit seinem Date verschlagen hatte. Ein paar Tische weiter saßen ein junges Mädchen und ein junger Mann, die anscheinend ihr erstes Date hatten. Gerade hatte er etwas erzählt, woraufhin sie mit leicht vorgehaltener Hand gekichert hatte. Auch das ältere Ehepaar am Nebentisch hatte sichtlich mehr Spaß als er bei seinem „Date“. Lustlos stocherte er mit der Gabel in seiner Salatbeilage herum. Wobei sein Begleiter schien schon Spaß zu haben, aber dieser erzählte auch die ganze Zeit von sich selbst und ließ Ruki nicht wirklich zu Wort kommen. Er erkundigte sich auch gar nicht nach ihm, was Ruki wirklich nervte. Es war langweilig, die ganze Zeit nur zu zuhören zu müssen, vor allem, wenn dieser nichts Spannendes zu erzählen hatte, und selber praktisch ignoriert zu werden. Da war das selbst letzte Date, was seine Mutter extra für ihn mit der Tochter einer ihrer Freundinnen arrangiert hatte, amüsanter gewesen. Auch wenn die junge Frau etwas dümmlich und tussig daher gekommen war, war es trotzdem lustiger gewesen, als das hier, sah man mal von dem einfachen Fakt ab, dass er sich nichts aus Frauen machte, was er seinen Eltern jedoch noch nicht erzählt hatte.

„Ich hoffe, du hast mich nicht allzu sehr vermisst.“, erklang die Stimme seines Begleiters plötzlich wieder. Innerlich stöhnte Ruki auf. Es hätte ihn nicht sonderlich gestört, wenn sein Begleiter sich auf dem Rückweg von der Toilette verirrt hätte.

„Nein, es war gerade noch so auszuhalten.“, gab Ruki zurück. Es war ihm inzwischen egal, ob sein Begleiter den Sarkasmus heraus hören konnte. Aber das musste er auch nicht, denn es fiel diesem eh nicht auf, genauso wenig wie, dass ihm sterbenslangweilig war. In Gedanken verfluchte Ruki sich zum wiederholten Male an diesem Abend, dass er sich hatte einladen lassen.

„Dann bin ich ja beruhigt.“, sagte sein Gegenüber und schenkte ihm etwas, was er anscheinend für ein unwiderstehliches Lächeln hielt.

„Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich seit letztem Jahr immer mal wieder für ein Projekt arbeite, dass kranke Kinder betreut?“, wollte sein Begleiter wissen.

„Nein…“, weiter kam Ruki auch gar nicht, denn er wurde unterbrochen und erhielt alle Informationen, egal ob er sie hören wollte oder nicht. Super, ein Weltverbesserer war dieser Kerl auch noch. Eins stand fest, wenn sein Begleiter eine Frau gewesen wäre, dann wäre seine Mutter sicherlich vor Freude im Dreieck gesprungen. Dann hätte sie endlich eine neue Hoffnung, dass jemand einen guten Einfluss auf ihren Sohn ausübte.
 

Ruki war froh, als der Wagen seines älteren Begleiters an der Ecke vor dem Haus seiner Eltern hielt, in dem er wohnte. Damit seine Eltern ihn nicht entdeckten, wie er aus dem Wagen eines jungen Mannes stieg und deshalb Fragen stellten, hatte er ihn gebeten nicht direkt vor dem Haus zu parken. Gleich würde er endlich seine Ruhe haben und dieses unselige Date würde sein Ende finden. In diesem Moment würde er so erleichtert sein… er war so mit seinen Gedanken beschäftigt, dass er erst merkte, dass sein Begleiter nach seiner Hand gegriffen hatte und sich zu ihm hinüber beugte, als es zu spät war. Ruki spürte wie dessen Lippen sich ungelenk auf seine pressten.

„Das war ein sehr schöner Abend…“, sagte sein Begleiter, nachdem er den Kuss beendet hatte. „Ich hoffe, wie sehen uns bald wieder. Wie wäre es mit Samstag?“

„Tut mir leid, aber da ist bei meinen Eltern ein wichtiges Essen mit Bekannten und wenn ich da nicht auftauchte, ist die Hölle los. Aber ich melde mich, wenn ich Zeit habe, okay?“, antwortete Ruki. Zum ersten Mal war er froh, dass seine Eltern daraufbestanden, dass er bei diesen regelmäßigen Essen für Freunde anwesend sein musste. Immerhin musste er jetzt nicht komplett lügen. Dass er sich melden würde, war natürlich eine Lüge gewesen. Egal, wenn sein Begleiter sich etwas näher mit ihm beschäftigt hätte, dann hätte er es entweder gemerkt oder es wäre gar nicht erst soweit gekommen.

„Okay, ich freue mich drauf, wenn du dich meldest.“, erwiderte sein Begleiter, bevor Ruki aus dem Wagen stieg.

Missmutig, da sein Date wieder einmal eine Enttäuschung gewesen war, schlurfte Ruki, die Hände in den Hosentaschen, den restlichen Weg zum großen Haus seiner Eltern. Es war kalt, wahrscheinlich würde in ein paar Tagen der erste Schnee fallen. Er fröstelte ein wenig. Er hätte einen Schal anziehen sollen. Obwohl das Haus seiner Eltern im Stile einer westlichen Villa gebaut war, waren sie doch sehr konservativ. Als er den schmalen Kiesweg zur Haustür zurücklegte, konnte er sehen, dass noch Licht im Wohnzimmer brannte. Sie waren also noch auf.

Ruki fischte nach seinem Schlüssel in seiner Tasche und hatte ihn nach einer Weile auch gefunden, sodass er die Tür aufschließen konnte. Im Flur zog er sich die Schuhe und die Jacke aus. Eigentlich wollte unbemerkt die Treppe hoch in sein Zimmer gehen, doch aus dem Wohnzimmer erklang die Stimme seines Vaters.

„Takanori, kommst du bitte kurz ins Wohnzimmer?“

Ohne zu antworten ging Ruki in das Wohnzimmer und begrüßte seine Eltern, wie sie es von ihm erwarteten.

„Wo warst du die ganze Zeit? Du hast morgen Schule, da solltest du nicht so lange wegbleiben!“, wollte sein Vater wissen.

„Ich war mit einem Freund unterwegs und ich weiß, dass ich morgen zur Schule muss. Deshalb würde ich jetzt auch gerne ins Bett gehen.“, erwiderte er.

„Du weißt, dass wir es nicht gut heißen, wenn du so lange wegbleibst und uns nicht einmal davon in Kenntnis setzt?“, fuhr sein Vater fort.

„Yap, das habt ihr mir ja oft genug gesagt.“, sagte Ruki und wollte sich schon umdrehen, um in sein Zimmer zu gehen. Was war eigentlich so schwer daran, dass er seine Ruhe haben wollte?

„Ich sage dir eins, junger Mann, wenn du dich am Samstag nicht zusammen reißt, dann wird das ein gewaltiges Nachspiel für dich haben! Schon alleine mit deinen gefärbten Haaren hast du uns ziemlich bloßgestellt vor unseren Freunden.“, maulte sein Vater weiter. Rukis Haarfarbe hätte weitaus schlimmer ausfallen können, alles was er gefärbt hatte war eine pinke Strähne im Pony, der Rest war immer noch schwarz. Doch schon das war zu viel für seinen Vater.

„Schon verstanden, ich bin die reinste Enttäuschung für euch und so könnt ihr euch euren Freunden ja nicht präsentieren. Aber ich werde am Samstag ganz brav sein, keine Sorge. Ich werde stumm da sitzen, so wie seit Jahren, dann habt ihr kein Problem.“, mit diesen Worten drehte er sich endgültig um und ging in sein Zimmer. Kurz bevor er die Tür zu seinem kleinen Reich öffnete, kam sein großer Bruder aus seinem Zimmer und musterte ihn.

„Du solltest ihnen sagen, wo du hingehst.“, meinte er dann.

Ruki warf ihm einen kühlen Blick zu: „Das interessiert sie doch eh nicht. Das Einzige, was sie interessiert ist, was ihre verdammten Freunde von ihnen denken.“

„Und das Einzige, was dich interessiert ist, dir neue Wege auszudenken wie du sie in den Wahnsinn treiben kannst.“, gab sein Bruder zurück.

„Und?“, erwiderte der Jüngere schulterzuckend und verschwand in seinem Zimmer. Dort drehte er erstmal die Stereoanlage auf und schmiss sich auf sein Bett. Klar hatte sein Bruder Recht, im Großen und Ganzen war er immer bemüht seine Eltern in den Wahnsinn zu treiben, aber wenn er da Gefühl gehabt hätte, dass es sie interessieren würde, was er machte und dass nicht immer alles negativ war, nur weil es nicht ihren Wertvorstellungen entsprach, würde er das nicht tun. Er wollte doch nur jemanden, der ihm auch mal zuhörte und ihn so nahm, wie er war. Mit der Fernbedienung schaltete er die Stereoanlage aus und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.
 

Am Samstag stand Ruki etwas ratlos vor seinem Kleiderschrank und versuchte etwas zum Anziehen herauszusuchen, dass relativ unverfänglich war und das seine Eltern ihm nicht gleich um die Ohren hauen würden beziehungsweise einen riesigen Zirkus veranstalten würden. Andererseits wollte er sich auch nicht komplett dem Willen seiner Eltern beugen. Wonach er suchte, war also ein Mittelweg, etwas was sie gerade noch tolerieren würden. Schließlich fiel seine Wahl auf ein simples weißes Hemd und eine schwarze Hose, an der er eine Kette befestigte. Danach stylte Ruki sich noch die Haare ein wenig, so dass sie etwas wilder aussahen, als normal. Zuletzt setzte er sich seine Brille mit dem schwarzen Rand auf. Zufrieden betrachtete er sein Werk im Spiegel und ging die Treppe hinunter, für die nächsten Stunden gab es zahlreiche Dinge, die er lieber tun würde, als dort unten beim Essen zu sitzen, wo er sich stundenlang langweilige Geschichten anhören musste.

Als er das Wohnzimmer betrat, waren schon die ersten Gäste da, saßen mit seinen Eltern auf den antiken Sitzgelegenheiten und tranken einen Drink. Es war ein Ehepaar im selben Alter wie seine Eltern. Sein Vater musterte ihn leicht verärgert, als er sah, wie sein Sohn sich angezogen hatte. Etwas sagen würde er nicht, jedenfalls nicht solange sie Besuch hatten. Betont höflich begrüßte Ruki das Ehepaar und bekam die üblichen Kommentare, wie groß er doch geworden war und ähnliche zu hören.

„Möchtest du auch etwas trinken, Takanori?“, fragte sein Vater ihn.

„Kann ich einen Whiskey haben?“, wollte dieser wissen.

„Ihr Jüngster ist aber sehr witzig.“, lächelte die Frau.

Wortlos schenkte sein Vater ihm etwas ohne Alkohol ein und reichte ihm das Glas. „Wenn du älter bist, kannst du noch einmal fragen.“, meinte er dann.

Wenn du älter bist dies, wenn du älter bist das… dachte Ruki leicht verbittert. Warum ging es immer darum, was war, wenn er älter war? Er wollte nicht immer auf eine Zukunft, die doch eh ungewiss war, hinarbeiten. Er wollte hier und jetzt leben und sich Gedanken um seine Zukunft machen, wenn es soweit war.
 

Als die nächsten Gäste kamen, traute Ruki seinen Augen kaum. Zum ersten Mal seit langer Zeit freute er sich wirklich über den Besuch, vor allem hatte er niemals damit gerechnet seinen alten Freund ausgerechnet bei dem Essen seiner Eltern wiederzusehen. Für einen Moment musterte er den größeren jungen Mann, der inzwischen blond gebleichte Haare hatte, die genau wie seine eigenen gestylt waren, dann breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und er ging auf ihn zu. Am liebsten wäre er ihm um den Hals gefallen, doch er wusste nur zu gut, dass es einen riesigen Eklat nach sich ziehen würde, wenn er es tun würde.

„Reita!“, meinte Ruki mehr als erfreut.

Dieser grinste den Jüngeren an: „Hey Ruki, lange nicht mehr gesehen.“

„Oh mein Gott! Takanori, du bist aber groß geworden!“, mit diesen Worten begrüßte Reitas Mutter ihn. Sie sah davon ab, dem Jungen durch die Haare zu wuscheln, da sie von ihrem Sohn wusste, dass sie damit nur das „Kunstwerk“ zerstören würde. Stattdessen drückte sie ihn einmal fest an sich.

„Groß würde ich das nicht nennen…“, murmelte Ruki. „Seid ihr nur zu Besuch oder bleibt ihr hier?“

„Wir ziehen wieder hierher.“, erklärte Reitas Mutter.

„Warum hast du mir nicht vorher Bescheid gesagt?!“, wollte der Schwarzhaarige wissen und zog eine Schnute.

Sein Freund stippte ihm, wie er es früher schon so oft gemacht hatte, gegen die Nase: „Dann wäre es keine Überraschung gewesen, oder?“ Als Antwort bekam er nur irgendein unverständliches Gebrummel. Reita musterte seinen alten Freund möglichst unauffällig. Vielleicht war er noch etwas rotziger als früher, aber so auf den ersten Blick hatte er sich nicht wirklich verändert. Doch in der nächsten Zeit würde er vermutlich genügend Zeit haben, festzustellen, wie richtig er mit dieser Einschätzung lag. Was er aber definitiv von sich aus sagen konnte war, dass Ruki gut aussah und erwachsener geworden war. Als sie weggezogen waren, war er 14 gewesen und Ruki 12.
 

Während des Essens war Ruki ziemlich hibbelig, versuchte aber sich zusammen zu reißen. Er wollte endlich mit seinem alten Freund alleine sein und frei reden können, weg von all den anderen Leuten. Sie saßen sich gegenüber und wenn er Reitas Blicke richtig deutete, ging es ihm genauso, auch wenn dieser sich weitaus besser zusammenreißen konnte als er selber. Auf die üblichen Fragen der Freunde seiner Eltern über die Schule und ähnliches antwortete er wie immer knapp. Er hatte eh nicht soviel vorzuweisen wie sein Bruder, der fleißig erzählte, was bei ihm aber ins eine Ohr hineinging und gleich durch das andere wieder heraus, dafür hatte er es schon zu oft gehört.

„Wollt ihr beide nicht nach oben in dein Zimmer gehen? Ihr habt euch sicherlich viel zu erzählen.“, lächelte Rukis Mutter, als nur noch das Dessert ausstand. „Ihr könnt euch ja euer Dessert mitnehmen.“

Zuerst dachte Ruki, er hätte sich verhört, es war sonst nicht die Art seiner Eltern ihn früher von dem Essen zu entlassen. Doch dann beschloss er die Chance besser beim Schopf zu packen, nicht dass sie es sich noch anders überlegte. Reita und er entschuldigten sich und standen auf. Der Blonde folgte Ruki in die Küche, wo dieser zwei verzierte Glasschüsseln mit dem Nachtisch in die Hand nahm und dann mit seinem Freund in sein Zimmer ging.

„Sind deine Eltern gnädiger geworden?“, fragte Reita als sie in Rukis Zimmer angekommen waren und er sich umguckte. Die kindlichen Einrichtungsgegenstände waren verschwunden. Inzwischen hingen Poster von verschiedenen Bands an den Wänden. Auf dem Schreibtisch herrschte ein ziemliches Chaos. Rechts stapelten sich Schulbücher gefährlich in die Höhe, sodass man Angst haben musste, dass sie in nächster Zeit umfallen würden, während Stifte und Zettel über den Schreibtisch verteilt waren. Ansonsten war das große Zimmer recht ordentlich, sah man davon ab, dass auf dem Bett noch ein paar Kleidungsstücke lagen, die er vorhin noch nicht wieder in den Schrank geräumt hatte. In der einen Ecke des Zimmers standen ein kleiner schwarzer Tisch und zwei Sessel.

„Eigentlich nicht. Ich bin immer noch Vaters größte Enttäuschung. Wahrscheinlich sollte ich anfangen mich so am Telefon zu melden.“, seufzte Ruki.

„Es ist also noch schlimmer geworden?“, erkundigte Reita sich etwas besorgt. Er wusste nur zu gut, dass der Jüngere auch früher schon Probleme gehabt hatte seinen Eltern etwas recht zu machen.

„Schau mich doch an, so wie ich aussehe, entspricht das wohl kaum ihren Vorstellungen. Trotzdem bestehen sie immer noch drauf, dass ich bei ihren Essen anwesend bin.“, erwiderte dieser. Er bedeutete Reita sich auf einen der Sessel zu setzen.

„Aber ich finde, es steht dir. Die pinke Haarsträhne, die gestylten Haaren und so.“, meinte der Blonde.

Ruki sah ihn ehrlich dankbar an: „Danke, du siehst aber auch gut aus.“ Plötzlich mussten beide lachen. Auch wenn sie sich eine lange Zeit nicht mehr gesehen hatten, war es wie früher. Am Anfang hatten sie noch fast täglich telefoniert oder sich E-Mails geschrieben, aber wie so oft waren sie mit der der Zeit immer seltener geworden, ohne dass sich an ihrer Freundschaft etwas geändert hätte. Sie hatten beide akzeptiert, dass man sich nicht mehr so oft sah. Es war ein schwer zu beschreibendes Gefühl, aber trotzdem war dieselbe Vertrautheit von früher da.

„Freust du dich, dass ihr wieder da seid?“, wollte Ruki wissen.

„Ja, es ist schön wieder hier zu sein. Irgendwie habe ich das vermisst und ich bin froh, dass wir uns jetzt wieder häufiger sehen können.“, bekam er als Antwort. „Du bist immer noch mit Uruha, Aoi und Kai befreundet, oder?“

„Ja, ohne die drei würde ich das hier gar nicht aushalten.“, erwiderte der Jüngere. „Aber lassen wir das, wenn du jetzt wieder da bist, dann kann ich mich noch oft genug bei dir ausheulen. Ich denke die anderen werden sich auch freuen, dich wiederzusehen.“

„Du kannst jederzeit kommen zum Ausheulen. Aber ich freue mich auch sie wiederzusehen.“, grinste Reita.

„Danke, ich hoffe du weißt, was du mir da angeboten hast. War eure Sehnsucht so groß oder gab es einen anderen Grund wieso ihr zurückgekommen seid?“, erkundigte sich Ruki.

„Na ja, meine Mutter hat sich von ihrem Partner getrennt und dann kam sie ein paar Tage später mit der Idee zurückzuziehen an. So kam das.“, erklärte er.

„Das tut mir leid für deine Mutter.“, erwiderte sein Freund ehrlich. Er wusste, dass Reitas Mutter nicht immer so viel Glück mit ihren Lebensgefährten gehabt hatte. Kaum dass sie ihren Sohn auf die Welt gebracht hatte, hatte ihr Mann sie sitzen lassen und sie hatte ihn alleine großziehen müssen. Von den meisten Dates seiner Mutter hatte der Blonde allerdings nichts mitbekommen. Außerdem mochte er Reitas Mutter. Trotzdem wurde Ruki das dumpfe Gefühl, dass Reita ihm nicht alles erzählt hatte, nicht los. Er konnte dieses Gefühl nicht genau greifen, vielleicht war es eher eine Ahnung, aber wenn sein Freund nicht reden wollte, dann war es für ihn in Ordnung. So hatten sie es früher auch gehalten.

„Ja, mir auch, aber da lässt sich nichts mehr dran ändern.“, meinte Reita mit einem traurigen Unterton. „Ich hoffe nur, dass es hier besser läuft. Sie hat ein wenig Glück verdient.“

„Auf jeden Fall. Es wird gut laufen, bestimmt.“, lächelte Ruki.

„Ich mag die Band da übrigens auch.“, sagte der Blonde dann und deutete auf eins der Poster. Damit wechselte ihr Gespräch von ernsteren Themen hin zu leichteren. Sie genossen es beiden wirklich, dass sie sich endlich wieder sehen konnte, es waren immerhin vier lange Jahre gewesen.

Once again

Here with me II
 

~ Once again ~
 

Reita saß gedankenverloren auf der Fensterbank in seinem neuen Zimmer und sah nach draußen. Dort fielen die ersten Schneeflocken zur Erde. Das neue Appartement von seiner Mutter und ihm lag ganz in der Nähe von dem, wo sie vorher gewohnt hatten. In seinem Zimmer standen noch ein paar unausgepackte Kartons. Bisher hatte er noch keine Lust gehabt die Dinge, die sich darin befanden auszupacken. Es waren eh Dinge, die er nicht unbedingt brauchte. Eigentlich wartete er auf Ruki, mit dem er sich gestern noch verabredet hatte. Dieser wollte kurz bei ihm vorbeisehen, bevor sie sich in der Stadt mit Aoi, Uruha und Kai treffen würde. Ruki hatte den dreien nichts davon erzählt, dass ihr alter Freund wieder da war.

Plötzlich konnte Reita Ruki auf der Straße ausmachen. Er trug eine schwarze Jacke und einen dicken rot schwarz gestreiften Schal.

Reita seufzte, nicht weil er sich nicht freute, sondern einfach nur so, weil er grade aufstehen musste. Auf dem Weg durch den kurzen Flur zur Haustür, kam er automatisch an der Küche vorbei. Dort sah er seine Mutter in der Küche sitzen. Vor ihr stand eine Tasse und eine volle Kaffeekanne. Anscheinend hatte sie sich gar keinen eingeschenkt. Sie wirkte, als wenn sie nicht wirklich anwesend war. Er ging zu ihr in die Küche und legte ihr die Hand auf die Schulter: „Mum?“

Sie zuckte zusammen: „Oh, Akira! Hast du mich erschreckt!“ In ihrem Gesicht konnte er für einen Moment blanken Horror ablesen, doch als sie erkannte, dass es nur ihr Sohn war, entspannte sie sich sichtlich wieder.

„Tut mir leid, das wollte ich nicht. Dir geht’s heute nicht so gut, oder? Soll ich heute Nachmittag lieber hier bleiben?“, meinte er führsorglich. Er machte sich Sorgen um seine Mutter. Sie war sonst immer so stark gewesen und jetzt?

„Nein, brauchst du nicht. Du machst dir einen netten Nachmittag mit deinen Freunden. Das hast du dir verdient. Und wehe du machst dir Sorgen um mich! Ich krieg mich schon wieder ein.“, erwiderte sie energisch. Plötzlich war die alte Stärke, für die er sie immer so bewundert hatte, wieder da.

„Okay, alles klar, ich hab schon verstanden. Aber wenn du jemanden brauchst…“, begann er.

„Ich weiß, danke. Das gleiche gilt für dich, das weißt du…“, fragte sie.

„Ja, ich weiß.“, antwortete Reita. Weiter kam er nicht, denn es klingelte an der Tür.

Reita ging zur Tür und betätigte den Summer, der Ruki hineinließ. Kurze Zeit später, so weit oben wohnten sie zum Glück nicht in dem großen Appartementblock, stand der Jüngere vor der Tür.

„Hi, Reita!“, meinte er mit einem strahlenden Lächeln.

„Hi, Ruki!“, grüßte Reita zurück und ließ seinen Freund eintreten, nachdem dieser sich die Schuhe ausgezogen hatte. Er kam nicht umhin sich einzugestehen, dass er Rukis Lächeln vermisst hatte.

Ruki rieb etwas verfroren seine Hände aneinander: „Brr, das ist ganz schön kalt geworden.“

„Na ja es schneit ja auch.“, grinste Reita.

Sein Freund zog eine Schnute: „Ich mag Schnee.“

„Möchtest du einen Tee oder so zum Aufwärmen?“, wollte der Blonde dann wissen.

„Du solltest wirklich einen Tee trinken, um dich aufzuwärmen, Takanori.“, meinte Reitas Mutter, die plötzlich im Türrahmen auftauchte.

„Danke, das wäre sehr nett.“, antwortete dieser. Er folgte Reita in die Küche, wo dieser Wasser aufsetzte. Kurze Zeit später führte dieser ihn mit zwei Tassen Tee bewaffnet in sein neues Zimmer.

„Ich hab aber noch nicht alles ausgepackt.“, meinte Reita und bedeutete ihm sich auf seinen Schreibtischstuhl zu setzen.

„Ist doch nicht schlimm. Du hast doch noch Zeit.“, erwiderte Ruki, als er sich setzte. Von seinem Platz aus sah er sich um. Das Zimmer war nicht so groß wie sein eigenes, aber wirkte dennoch sehr geräumig. An den Wänden hingen wie bei ihm Poster von verschiedenen Bands und an der Wand vor dem Schreibtisch hingen Fotos von früher und aus der Zeit, in der er nicht hier gewohnt hatte.

„Schönes Zimmer.“, bemerkte der Schwarzhaarige, während er mit beiden Händen die Teetasse, die Reita ihm eben gegeben hatte, umfasst hielt, damit er das klamme Gefühl vertreiben konnte. „Ist es Absicht, dass es ganz in der Nähe von eurem ehemaligen Appartement liegt?“

„Nein, das war purer Zufall. Das hat sich einfach so ergeben.“, erwiderte Reita.

„Ich find’s gut. Jetzt ist euer Appartement noch näher an unserem Haus und ich muss nicht soweit laufen.“, grinste Ruki und nahm dann einen Schluck Tee. So langsam wurde ihm wieder richtig warm.

„War ja klar, du denkst wieder nur dran, dass du es so bequemer hast.“, kommentierte sein Freund und verdrehte gespielt genervt die Augen.

Ruki zuckte nur mit den Schultern: „Du weißt wie ich bin.“
 

Eineinhalb Stunden später machten sich die beiden auf den Weg zum Park, wo Ruki mit Uruha, Aoi und Kai verabredet war. Die drei waren schon da, als Ruki und Reita am Treffpunkt ankamen.

„Hey Ruki, wen hast du denn da mitgebracht?“, fragte Uruha ihn neugierig, doch dann dämmerte es ihm, wer den Jüngeren da begleitete und ein breites Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.

„Sag bloß, du hast uns Reita mitgebracht?“, wollte Aoi doch leicht erstaunt wissen.

„Das ist echt eine Überraschung!“, lächelte Kai fröhlich.

„Hi, ich freu mich euch wiederzusehen.“, antwortete Reita, sichtlich erleichtert, dass die anderen drei sich auch freuten ihn wiederzusehen. Obwohl er eigentlich nicht mit dem Gegenteil gerechnet hatte, hatte ihn trotzdem ein leicht mulmiges Gefühl beschlichen. Genau wie als er Ruki zum ersten Mal nach so langer Zeit wiedergesehen hatte. Es war ein seltsames Gefühl, was er nicht genau in Worte fassen konnte, aber er war sich sicher, dass es genauso schnell verschwinden würde, wie gestern. Immerhin war dies hier mehr sein zu Hause, als dort wo sie hingezogen waren es jemals gewesen wäre.

„Jetzt könnt ihr euch vorstellen, wie ich gestern beim Essen meiner Eltern geguckt habe, als Reita vor mir stand.“, lachte Ruki. Wenigstens war er jetzt nicht mehr der Einzige, der hier überrascht worden war.

„Du wusstest das schon seit gestern und hast es echt ausgehalten uns nichts zu verraten?!“, wollte Uruha etwas fassungslos wissen, wusste er nur zu gut, wie schwer es dem Jüngsten gefallen sein musste, es für sich zu behalten.

„Leicht war das nicht!“, gab dieser etwas widerstrebend zu, während er, ohne es zu großartig zu merken, mit dem Fuß im Schnee scharte.

„Bist du nur zu Besuch oder bleibst du länger?“, erkundigte Kai sich.

„Wir wohnen jetzt wieder hier. Ich hoffe, dass bleibt auch so. Eigentlich möchte ich ungern wieder zurück.“, erklärte der Blonde.

„War’s so schlimm?“, fragte Aoi sich besorgt.

„Hm, na ja es war schon okay, aber hier ist besser. Es ist mehr wie zu Hause und ich freu mich wirklich euch wiederzusehen.“, bekam er als Antwort, was eigentlich alle zufriedenstellte. Alle bis auf Ruki.

Er musterte Reita eingehend von der Seite. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass es etwas gab, was er ihnen nicht erzählte. Irgendetwas schien vorgefallen zu sein, aber er hoffte inständig, dass es nichts Schlimmes war. Doch tief in ihm gab es eine kleine Stimme, die sagte, dass seine Befürchtungen wahr waren. Eben als er seinen Freund zu Hause besucht hatte, war ihm aufgefallen, dass dessen Mutter nicht so stark wie sonst wirkte und dass sie bemüht war sich ihm gegenüber nichts anmerken zu lassen. Außerdem hatte er Reitas besorgten Blick bevor sie gegangen waren wohl bemerkt. Er beschloss, dass es das Beste wäre, wenn er sich das nächste Mal, wenn sie alleine waren, einfach versuchen würde sich etwas in die Richtung vorzutasten, ohne seinen Freund zu bedrängen. Da er es selber nicht mochte, hielt er nicht viel davon so etwas bei anderen Leuten zu machen.

„Was haltet ihr davon, wenn wir irgendwo zum Essen hingehen und uns dort weiter unterhalten? Das ist besser als hier in der Kälte rumzustehen.“, schlug Uruha vor. Dann deutete er auf Ruki: „Er klappert ja schon mit den Zähnen.“

„An ihm ist ja auch nichts dran…“, grinste Aoi, was ihm einen bösen Blick des Jüngeren einbrachte.

Trotzdem saßen sie wenig später in einem kleinen nicht allzu teuren Restaurant, in das sich um diese Zeit nicht so viele andere Leute verirrten und aßen Okonomiyaki.

„Seit wann seid ihr wieder da?“, erkundigte sich Kai sich.

„Seit drei Tagen, aber das Ausräumen hat schon eine ganze Weile gedauert. Gestern waren wir ja bei Rukis Eltern zum Essen eingeladen. Wir wohnen übrigens ganz in der Nähe von unserem früherem Appartement.“, antwortete Reita.

„Aber es ist näher an unserem Haus als das alte!“, grinste Ruki.

„Dann hast du ja Glück gehabt, dass du mit deinen kurzen Beinen nicht mehr soweit laufen musst.“, kommentierte Uruha, wofür er gleich unter dem Tisch einen unsanften Tritt kassierte.

„Immerhin reichen meine kurzen Beine um dich zu treten!“, stellte er säuerlich klar. Er konnte es nicht leiden, wenn die anderen sich über seine „Größe“ lustig machten.

„Viel verändert hat sich bei euch nichts, oder?“, meinte Reita lachend.

„Nee, er ist immer noch eine Kratzbürste, wie du siehst. Gut, das du wieder da bist. Dann kann ihn wenigstens einer in Schach halten.“, erklärte Aoi und zog seine Beine aus der Reichweite des Jüngsten, sodass dieser ins Leere trat. „Du glaubst doch nicht, dass das zweimal hintereinander klappt?!“

Bevor Ruki etwas erwidern konnte, klingelte sein Handy. Hastig zog er das Handy aus seiner Tasche und lehnte den Anruf mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck ab, nachdem er gesehen hatte zu wem die Nummer gehörte.

„Dein Date von letzter Woche?“, fragte Kai ihn neugierig.

Ruki rollte mit den Augen: „Dieser nervige Kerl gibt einfach nicht auf.“

„Vielleicht solltest du ihm einfach klar sagen, dass du nichts von ihm willst und nicht immer so ausweichend werden. Anscheinend versteht er das ja nicht.“, meinte Uruha fachmännisch. „Sonst hast du doch auch kein Problem damit direkt zu sein, oder?“, fügte Aoi hinzu.

„Ich dachte, dass er das nach einer Woche langsam mal begriffen hat. Ich weiß sowieso nicht was er an mir findet, er lässt mich ja nicht mal zu Wort kommen.“, grummelte dieser. Dann seufzte er: „Aber wahrscheinlich sollte ich ihn wirklich sagen, was los ist, wenn ich meine Ruhe haben will.“

„Nur falte ihn nicht zusammen, wenn du ihm schon die Wahrheit sagst.“, bemerkte Kai.

„Würde ich nie tun!“, antwortete Ruki unschuldig, aber wohl wissend, dass es nicht der Erste wäre, den er in die Wüste schicken würde.

Reita mischte sich nicht in das Gespräch mit ein, sondern folgte ihm einfach stumm und dachte sich seinen Teil. Auf diese Weise erfuhr er doch noch etwas Neues über seinen Freund. Nicht dass es ihn störte, aber er beschloss später noch einmal mit Ruki alleine darüber zu reden. Seinen Eltern hatte er bestimmt noch nichts davon erzählt, da konnte er sicherlich jemanden zum Reden brauchen.

„Dann geht es morgen für dich gleich wieder zur Schule?“, wandte sich Kai wieder an Reita.

„Wohl oder übel. Aber ja nicht mehr lange.“, antwortete dieser.
 

Bevor Ruki sich schließlich auf den Weg nach Hause machte, war er noch eine Weile mit zu Reita gekommen. Er hatte es aber auch nicht besonders eilig nach Hause zu kommen, dafür verbrachte er seine Zeit viel zu gerne mit dem Blonden und so lange er bleiben durfte…

Sie saßen nebeneinander gegen die Wand gelehnt auf Reitas Bett.

„Dein Date belästigt dich aber nicht, oder?“, wollte Reita wissen. In seiner Stimme schwang ein wenig Besorgnis wieder, obwohl er eigentlich wusste, dass der Jüngere sich ganz gut alleine zur Wehr setzen konnte. Trotzdem machte er sich Sorgen und er wollte sein Versprechen von früher auf jeden Fall halten, egal wie alt es war.

Überrascht sah Ruki ihn an: „Nein, nicht wirklich. Ich werde ihn morgen anrufen und ihm sagen, dass das nichts wird.“ Er hatte ein wenig Angst bei diesem Thema, da er nicht wusste wie sein Freund darauf reagieren würde.

„Du machst dir nichts aus Frauen, hm?“, fragte er dann weiter.

„Nicht wirklich…“, meinte Ruki. „Ist das schlimm?“ Er sah den Blonden etwas ängstlich an. Normalerweise war es ihm egal, was andere von ihm dachten, aber Reita war eine Ausnahme.

„Meinst du, ich würde dich wegen so einer Kleinigkeit hassen? Ich hoffe du bist etwas erfolgreicher, was das daten angeht, mein letzter Freund war ein Arschloch.“, erwiderte der Blonde und grinste ihn an.

„…dein letzter Freund…?“, wiederholte der Jüngere. Erst als er die Worte aussprach, dämmerte ihm langsam, was sie bedeuteten. Seine Augen weiteten sich: „Sag bloß…“

„Erfasst, ich bin genauso schwul wie du.“, kommentierte Reita und stupste ihm lachend gegen die Nase.

Erleichtert lachte nun auch Ruki: „Woher willst du das denn wissen?! Aber im Ernst, ich bin wirklich erleichtert, dass es kein Problem ist. Ich will nicht, dass du mich hasst.“

Überrascht zog Reita eine Augenbraue hoch, so freimütig war der Jüngere selten. Er folgte dem einfachen Impuls und strich ihm über die Wange: „Bevor ich dich hasse, musst du schon etwas richtig schlimmes anstellen.“

„Wie schlimm?“, wollte Ruki wissen. Auch wenn es nur kurz gewesen war, Reitas Hand auf seiner Wange hatte sich gut angefühlt. Unbewusst kaute er auf seiner Lippe herum, wie er es so oft tat.

„Mich verraten, zum Beispiel.“, erwiderte der Blonde.

„Ich habe dich einmal verloren, ein zweites Mal passiert mir das nicht.“, stellte der Jüngere klar.

„Warst du so einsam ohne mich?“, wollte Reita erstaunt wissen.

„Irgendwie schon. Es fehlte immer jemand… Gott, ich kling so weibisch!“, meinte Ruki dann.

Bevor sie sich noch weiter unterhalten konnte, klopfte es an der Zimmertür. Beide zuckten etwas zusammen, da sie nicht damit gerechnet hätten. Kurze Zeit später betrat Reitas Mutter das Zimmer: „Ich störe euch beiden ja nur ungern, aber es ist schon spät und wenn du nicht bald zu Hause bist, Takanori, machen sich deine Eltern Sorgen. Ich meine, nicht dass ich dich nicht hier haben möchte, aber deine Eltern haben es nicht so gerne, wenn du spät nach Hause kommst.“

„Danke, ich sollte langsam wirklich nach Hause gehen, sonst regen sie sich zu sehr auf. Aber danke, dass ich noch hier bleiben durfte.“, sagte Ruki und stand auf.

„Du bist hier immer willkommen.“, erwiderte Reitas Mutter lächelnd. Schließlich kannte sie den anderen Jungen seit er zwei Jahre alt war und er hatte immer viel Zeit bei ihnen verbracht, so dass sie ihn schon als eine Art eigenen Sohn sah.

„Danke.“, antwortete er. Sie bemerkte, trotz des einen Wortes, dass es ihm wirklich eine Menge bedeutete.
 

Reita sah Ruki aus dem Fenster noch eine Weile hinterher, bis die Gestalt seines Freundes ganz von der Dunkelheit verschluckt wurde. Doch selbst dann brauchte er noch eine Weile, bis er sich vom Fenster losreißen konnte. Mit seinen Gedanken war er noch bei der Unterhaltung, die sie eben geführt hatten. Wobei ihn eigentlich mehr beschäftigte, was zwischen ihnen gewesen war, das was nicht ausgesprochen worden war. Zwischen ihnen hatte eine gewisse Spannung gelegen, nicht negativ, aber anders als sonst. Reita hatte das Gefühl gehabt, dass es damit angefangen hatte, als er Ruki über die Wange gestreichelt hatte. Zwischen ihnen hatte sich etwas verändert, aber er war überzeugt davon, dass es etwas Positives war, auch wenn ihm noch nicht klar war, was es war. Dazu war es zu neu und zu vage.

„Du bist wirklich froh wieder hier zu sein, hm?“, hörte er seine Mutter plötzlich fragen.

Damit riss sie Reita aus seinen Gedanken: „Ja, auf jeden Fall. Obwohl wir uns fast vier Jahre lang nicht gesehen haben, ist es eigentlich wie früher. Das hat mir wirklich gefehlt.“

„Es tut gut, zu sehen, dass du glücklich bist. Ich denke oft, ich hätte damals auf dich hören sollen, als du nicht wegwolltest. Dann wäre uns Einiges an Ärger erspart geblieben. Ich wollte nie, dass das alles passiert, das musst du mir glauben.“, antwortete sie.

Reita machte ein paar Schritte auf seine Mutter zu und nahm sie in den Arm. Tröstend streichelte er ihr über den Rücken: „Ich weiß, aber es lässt sich nicht ändern. Es ist passiert, aber sich nicht deine Schuld. Wir werden jetzt hier neu anfangen und das alles vergessen. Es geht dir hier doch auch besser, oder nicht?“

„Doch, ich bin froh wieder mit Noriko zusammen sitzen zu können und als Takanori hier war, das war eigentlich wie früher.“, erklärte sie. „Aber ich bin auch froh darüber, dass es uns nicht auseinander gerissen hat.“

One by one

Here with me III
 

~ One by one ~
 

Ruki war tief in Gedanken versunken, als er nach Hause lief. Er dachte über das Gespräch mit Reita nach. Irgendwie war er erleichtert über den Verlauf. Als sie im Restaurant gesessen hatten, war ihm gar nicht aufgefallen, dass der Blonde nicht über seine Vorlieben Bescheid wusste. Aber es hatte ihn schon überrascht, dass es bei seinem Freund genauso aussah. Was ihn jedoch noch mehr beschäftigte war, dass es sich so gut angefühlt hatte, als Reita ihm über die Wange gestrichen hatte.

Als Ruki das Haus seiner Eltern betrat, saß nur seine Mutter, Noriko, im Wohnzimmer. Sie saß auf dem Sofa und sah fern. Auf dem Tisch stand eine Kanne Tee und ihre Lieblingstasse, die sie eigentlich immer benutze. Die Tasse hatte er ihr zum Geburtstag geschenkt als er noch ganz klein gewesen.

„Hi, ich bin wieder da.“, begrüßte er sie. Er fand, dass sie etwas verloren aussah, so ganz alleine.

„Schön, dass du wieder da bist. Hattest du Spaß heute?“, fragte seine Mutter. Dann fiel ihr auf, dass sein Gesicht von der Kälte ziemlich gerötet war und er beide Arme um den Körper geschlungen hatte. Ein leicht besorgter Ausdruck zeichnete sich nun auf ihrem Gesicht ab: „Oh, du siehst sehr verfroren aus. Setz dich doch, ich hole dir eine Tasse. Es ist noch Tee da. Hast du schon gegessen?“

„Bleib bitte sitzen, ich hole mir selbst eine und gegessen habe ich schon. Wir waren essen.“, erwiderte Ruki. Eigentlich hatte er gleich nach oben in sein Zimmer gehen wollen, aber irgendwie brachte er es nicht über das Herz, sie alleine hier sitzen zu lassen. Und wenn er ehrlich war, freute es ihn, dass sie sich Sorgen um ihn machte. So ganz egal schien er seinen Eltern ja doch nicht zu sein. Wenn sein Vater nicht dabei war, kam er deutlich besser mit seiner Mutter aus. Er ging kurz in die große Küche. Er nahm sich die erstbeste Tasse aus dem Schrank. Dann schlurfte er zurück ins Wohnzimmer zu seiner Mutter. Inzwischen war ihm schon etwas wärmer, aber ein bisschen Tee würde den Aufwärmprozess noch beschleunigen. Ruki mochte den Winter, besonders wenn es schneite. Auch wenn es draußen kalt war und er schnell fror, mochte er es wieder ins Warme zu kommen und sich aufwärmen zu können. Außerdem gefiel ihm die Stimmung, die vom Winter ausging.

„Haben die anderen sich gefreut Akira wieder zu sehen?“, wollte Noriko wissen, während sie ihm Tee eingoss.

„Und wie! Es war echt wie früher, so als wenn er nie weggewesen wäre.“, antwortete Ruki fröhlich. Dankend nahm er die Tasse entgegen.

„Das ging mir gestern mit Yui genauso. Ich bin wirklich froh, dass sie wieder hier sind. Als du Akira gestern wiedergesehen hast, da hast du das erste Mal in langer Zeit sehr glücklich ausgesehen.“, bemerkte sie.

Nun sah er sich wirklich überrascht an. Dass ihr so was auffiel, verwunderte ihn doch. Anscheinend hatte er sie unterschätz und ihr oft Unrecht getan. Da er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, schwieg er erstmal und nippte stattdessen an seinem Tee. Aber er fühlte sich mit seiner Mutter auf eine Weise verbunden, da sie beide dasselbe über die Rückkehr zu empfinden schienen.

„Hat Yui etwas gesagt, wieso sie so plötzlich zurückgekommen sind?“, fragte Ruki dann. Er war gespannt ob seiner Mutter dasselbe aufgefallen war und was sie wusste.

„Ist dir auch aufgefallen, dass sie in manchen Momenten nicht so wirkte wie früher? Und Akira auch? Es war kaum wahrzunehmen als sie hier waren, aber da war etwas, oder?“, antwortete seine Mutter mit Gegenfragen. Er nickte einfach nur.

„Sie hat nur gesagt, dass sie sich mit ihrem Lebensgefährten zerstritten hat und sie sich getrennt haben. Das Einzige, was auf, wie soll ich sagen, Ärger hindeutete war, dass Yui meinte, dass Akira häufiger mit ihrem Lebensgefährten aneinander geraten sei. Hat er dir etwas erzählt?“, fuhr sie fort.

„Nein, auch nicht mehr. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Ich hoffe, Reita erzählt mir irgendwann, wenn da etwas war.“, erwiderte ihr Sohn.

„Ich hoffe so sehr, dass es nichts Schlimmes ist, was die beiden erlebt haben. Aber ich bin mir sicher, dass Akira dir davon erzählen wird. Er hat euer Versprechen bestimmt nicht vergessen.“, sagte Noriko mit einem Lächeln. „Weißt du, es hat mich immer fasziniert, dass ihr beide euch gleich so gut verstanden habt, obwohl zwei Jahre zwischen euch liegen und du noch nie schnell Menschen vertraut hast.“

Daran erinnerte sie sich also auch noch, stellte Ruki erstaunt fest. „Aber zwischen Yui und dir liegen noch mehr Jahre, als zwischen mir uns Reita und ich habe dich noch nie so vertraut mit einer Freundin erlebt.“, antwortete er dann.
 

„Du, Reita?“, fragte der dreijährige Ruki seinen älteren Freund und stippte ihm mit seinem Finger am Arm. Sie saßen in der Sandkiste auf dem Spielplatz, der sich im Park um die Ecke der Wohnungen ihrer Eltern befand. Die beiden hatten, kurz nachdem sie sich kennengelernt hatte, damit begonnen, sich mit Spitznamen statt ihrer richtigen anzureden. Ruki hatte damit aus heiterem Himmel angefangen und es hatte nicht lange gedauert, bis Reita einen für seinen Freund gefunden hatte. In der Zwischenzeit saßen ihre Mütter auf einer Bank in der Nähe, sahen ihnen zu und unterhielten sich nebenbei angeregt.

„Was denn?“, wollte dieser neugierig wissen.

„Wenn wir groß sind, heiratest du mich dann?“, erkundigte sich der Kleinere ernst. Nach allem, was er im Fernsehen über das Heiraten gesehen hatte, erschien es ihm nur logisch Reita zu fragen.

„Würde ich, aber das geht nicht.“, erklärte Reita bedauernd. Eigentlich konnte er sich nichts Angenehmeres vorstellen, als bis ans Ende seinen Freund an seiner Seite zu haben, denn heiraten war doch ein Versprechen, dass man sich für immer gab…

„Und warum geht das nicht?!“, wollte Ruki entsetzt wissen. Leicht verunsichert begann er auf seiner Unterlippe herum zu kauen. Jetzt verstand er die Welt nicht mehr. Wieso sollten sie nicht heiraten dürfen?! Im Fernsehen heirateten Menschen, wenn sie sich sehr gerne hatten und er hatte Reita sehr gerne. Was sprach also dagegen?

„Wir sind beide Jungen und die dürfen nicht heiraten. Ich weiß aber nicht warum.“, erklärte der Ältere. „Aber wenn man heiratet, dann passt man immer auf den anderen auf oder?“

„Ich glaube schon.“, antwortete Ruki.

„Ich will aber immer auf dich aufpassen und dich beschützen.“, stellte Reita fest.

Sein Freund sah ihn mit großen Augen an: „Ich will auch immer auf dich aufpassen!“

Reita grinste plötzlich und hielt ihm den kleinen Finger hin: „Versprochen? Wenn wir nicht heiraten können, dann passen wir so auf uns auf.“

Grinsend harkte Ruki seinen kleinen Finger ein und meinte feierlich: „Versprochen!“
 

Ruki musste grinsen beim Gedanken, an das Versprechen, dass Reita und er sich vor Jahren gegeben hatten. Wie war er bloß jemals auf die Idee gekommen, dass sie heiraten konnten? Inzwischen lag er auf seinem Bett. Früher war es viel einfacher gewesen. Da hatte er noch sagen können, dass er Reita heiraten wollte, egal ob dieser ein Junge oder ein Mädchen war. Wie seine Eltern heute reagieren würden, wenn er ihnen seinen ersten Freund präsentierte, daran mochte er gar nicht denken.

Sein Blick fiel auf sein Handy, das auf dem Nachttisch lag. Er sollte endlich sein Date anrufen und ihm sagen, dass es nichts wurde mit ihnen. Ruki drehte sich auf die Seite und angelte nach seinem Handy. Er wählte die Nummer seines Verehrers. Lange musste er nicht warten, da meldete er sich an der anderen Seite.

„Hi, hier ist Ruki.“, begann der Jüngere das Gespräch.

„Ah, hi! Schön dass du dich meldest! Wie geht es dir?“, fragte sein ehemaliges Date.

„Gut und dir?“, wollte Ruki wissen. Er musste ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.

„Auch, aber ich habe dich vermisst.“, bekam er als Antwort.

Na super, dachte der Schwarzhaarige. Da würde ein Herz brechen. „Also eigentlich gibt es einen besonderen Grund wieso ich anrufen und ich befürchte, der wird dir nicht gefallen.“

„Was gibt es denn?“, fragte sein Date. In seiner Stimme klang ein wenig Angst mit.

„Die Sache ist die… ich… es tut mir leid, aber das wird nichts mit uns beiden…“, meinte Ruki.

„… oh… okay… ich bin dir zu alt oder?“, kam etwas verletzt vom anderen Ende.

„Nein, das ist es nicht. Aber bei mir hat es nicht gefunkt und ich glaube auf Dauer wirst du mit mir auch nicht glücklich. Dafür bin ich zu anstrengend.“, erklärte der Jüngere.

„Dann wünsche ich dir viel Glück in Zukunft.“, damit war das Gespräch beendet. Auch wenn es nicht das erste Mal war, dass er jemandem einen Korb gegeben hatte, hinterließ das plötzliche Ende doch ein schales Gefühl bei Ruki. Er war sich sicher, dass er besser damit hätte umgehen können, wenn der andere ihn angebrüllt hätte oder so etwas. Aber nun hatte die Sache sich erledigt und er hatte keine Lust sich deswegen verrückt zu machen.
 

Reita lag noch lange wach in dieser Nacht. Zum einem schlief er schon seit einer ganzen Weile nicht mehr sehr gut und er hatte Angst vor eventuellen Alpträumen, die ihn seit genau dieser Zeit häufiger plagten. Dass er morgen wieder zur Schule musste, machte es auch nicht besser. Gut er kannte ein paar Leute, aber trotzdem kam er neu in die Klasse. Ob es ihm besser gehen würde, wenn Ruki hier wäre?

Blöde Frage, natürlich würde es ihm besser gehen. Es ging ihm eigentlich immer besser, wenn der Jüngere da war.

Frustriert drehte Reita sich auf die andere Seite und schloss erneut die Augen, um zu versuchen endlich einzuschlafen. Es wäre nicht gut, wenn er morgen total unausgeschlafen zur Schule gehen würde.
 

Reita kam erst Stunden nach der Schule wieder nach Hause. Seit einiger Zeit vermied er es nach Hause zu kommen, wenn seine Mutter noch arbeitete und er alleine mit ihrem Lebensgefährten sein würde. Von Anfang an hatte er ihn nicht wirklich leiden können, doch um seiner Mutter Willen, hatte er versucht sich zusammen zu reißen. Er wollte, dass sie endlich auch einmal glücklich war. Schließlich hatte sie so viel für ihn getan.

Kaum hatte er die Wohnung betreten, hörte er schon dessen Stimme: „Kommst du auch mal nach Hause?!“

„Ich war noch mit Freunden unterwegs. Ist das so schlimm?“, gab der Blonde zurück. Er hatte keine Lust sich von ihm irgendetwas sagen zu lassen.

„Und ob das schlimm ist! Wenn ich dir sage, dass du nach der Schule unverzüglich nach Hause zu kommen hast, dann hast du das gefälligst zu tun!“, schnauzte der Lebensgefährte seiner Mutter ihn an. Inzwischen war er in den Flur getreten und hatte sich vor Reita mit verschränkten Armen aufgebaut.

„Du hast mir nichts zu sagen! Nur weil meine Mutter mit dir zusammen ist, heißt das noch lange nicht, dass du mich herumkommandieren kannst!“, zischte er wütend.

Statt einer Antwort spürte er nur einen plötzlichen brennenden Schmerz an der Wange, dort wo die Hand des Mannes bestimmt einen Abdruck hinterlassen würde. Reita hielt sich die Wange, sagte aber nichts. Er wollte ihm nicht die Genugtuung geben, zu zeigen, dass es richtig weh getan hatte. Dann stieß der Lebensgefährte seiner Mutter ihn unsanft in die Küche. Durch einen weiteren Schubser landete Reita auf dem Küchenboden. Er konnte sich gerade noch mit den Händen abstützen um einen schlimmeren Sturz zu vermeiden. Aber auch dieses Mal zeigte er nicht, dass es ihm wehgetan hatte. Er hatte gelernt es runterzuschlucken.

Er sah auf und erschrak heftig. Dieses Mal schaffte er es nicht, sein Entsetzen zu verbergen. Auf dem einen Küchenstuhl saß Ruki. Wobei saß war noch ziemlich nett ausgedrückt. Seine Arme waren hinter seinen Rücken gefesselt. Außerdem war er an den Stuhl gefesselt und geknebelt. Mit angsterfüllten Augen sah er Reita an.

Auf einmal hatte der Lebensgefährte seiner Mutter ein Messer in der Hand. Mit dem Messer kam er gefährlich nahe an den Hals des Jüngeren heran. Einen Augenblick später berührte die Klinge Rukis Haut.

„Halt! Lass ihn in Ruhe!“, rief Reita wütend und gleichzeitig entsetzt. Doch die Klinge bohrte sich tiefer in Rukis Haut, sodass ein erstes dünnes Blutrinnsal dessen Hals hinunter lief. Dessen Augen weiteten sich nur noch mehr.

„Hör auf!“, rief er jetzt noch eine Spur lauter und energischer.

„Ich soll aufhören?! Dann musst DU aber auch tun, was ICH dir sage! Verstanden?! Sonst tue ich ihm weh, genau wie deiner Mutter!“, zischte er Reita an.

„Verstanden.“, antworte der Blonde.
 

Damit schreckte Reita aus seinem Traum hoch. Verschwitzt saß er kerzengerade in seinem Bett. Jetzt kam auch noch Ruki in seinen Träumen vor. Ob es eine tiefere Bedeutung hatte? Er hoffte nur, dass ihn das nicht vor etwas warnen wollte. Es war Vergangenheit und damit abgeschlossen. So sollte es jedenfalls sein und er wollte doch einfach nur vergessen können.
 

Am nächsten Morgen schlurfte Reita ziemlich müde in die Küche. Es war ihm schwer gefallen, aus dem Bett zu kommen, da er auch nach seinem Alptraum nicht sehr gut geschlafen hatte. Seine Mutter saß bereits am Tisch, den sie schon gedeckt hatte. Sie war kurz davor gewesen, ihn zu wecken, doch dann hatte sie ihren Sohn aufstehen gehört. Yui selbst sah ausgeschlafener als er aus.

„Guten Morgen, Akira. Du hast schon wieder schlecht geträumt oder?“, wollte sie wissen. Sie schenkte ihm ungefragt eine Tasse Kaffee ein und schob sie ihm hin.

„Guten Morgen. Hab ich. Und du?“, wollte er wissen und nahm die Tasse dankend entgegen. Er inspizierte kurz, was auf dem Tisch stand, um zu überlegen, was er sich auf sein Toast schmieren wollte. Schließlich hatte er sich entschieden.

„Ich hab ganz gut geschlafen. Vielleicht solltest du doch die Tabletten nehmen?“, meinte sie.

„Wenn es dieses Woche nicht besser wird, vielleicht.“, antwortete Reita.

Plötzlich klingelte es an der Tür. Unwillkürlich zuckten beide zusammen.

„Wer klingelt denn so früh?“, grummelte der Blonde.

Doch Yui lächelte nur, nachdem sie den ersten Schrecken über das plötzliche Läuten überwunden hatte: „Ich habe da so eine Idee, wer das sein könnte.“ Dann stand sie auf und ging zur Tür.

„Guten Morgen!“, hörte Reita kurze Zeit später Rukis Stimme. „Ich hoffe, es ist nicht zu früh. Ich dachte nur, ich hole Reita ab.“

„Guten Morgen, Takanori. Komm rein. Akira freut sich bestimmt, dass du gekommen bist.“, erwiderte Yui und ließ Ruki in die Wohnung.

„Morgen, Reita.“, grinste der Schwarzhaarige als er die Küche betrat. „Schon aufgeregt?“

„Morgen, Ruki. Nee, du bist doch da, da kann mir doch nichts passieren.“, erwiderte der Blonde ebenfalls grinsend. Seine schlechte Laune war fast wie weggeblasen, als er seinen Freund sah.

„Möchtest du noch was essen oder trinken?“, wollte Reita Mutter wissen.

„Nein, danke. Ich hab schon gefrühstückt.“, antwortete Ruki. Zum Frühstück aß er meistens eh nicht sehr viel, also reichte ihm das, was er zu Hause gegessen hatte.

„Gut, ihr beiden, ich muss los zur Arbeit. Viel Spaß in der Schule. Wir sehen uns später.“, meinte Yui dann.

„Danke, dir viel Erfolg am ersten Arbeitstag. Bis später.“, erwiderte der Blonde mit vollem Mund.

Auch Ruki verabschiedete sich freundlich von ihr. Dann wandte er sich breitgrinsend an seinen Freund: „Du hast da noch Nutella. So solltest du dich nicht in der Schule blicken lassen, das ist total uncool.“

„Eh? Wo?“, wollte dieser wissen.

„Da.“, sagte Ruki und strich Reita mit seinem Finger um den Mundwinkel, damit er den Fleck entfernen konnte. „So jetzt ist es weg.“

Danach räumten sie kurz den Tisch ab und der Blonde verschwand kurz im Badezimmer um sich fertig zu machen. Kurze Zeit später waren sie ganz angezogen und machten sich auf den Weg zur Schule.

„Hast du schlecht geschlafen?“, fragte Ruki besorgt. „Du siehst ein wenig müde aus.“

„Es ging so. Ich konnte nicht schlafen und hab schlecht geträumt. Nichts schlimmes.“, erklärte Reita.

So ganz glaubte Ruki ihm nicht. Eigentlich wollte er es dabei belassen, doch dann machte er zumindest noch einen Versuch, um seinem Freund zu signalisieren, dass er jederzeit mit ihm reden konnte, wenn er wollte. „Ne, Reita… Du weißt, wenn etwas ist, kannst du zu mir kommen. Ich weiß, ich bin nicht so alt wie du, aber ich würde trotzdem, egal was es ist, versuchen dir zu helfen.“

Plötzlich blieb Reita stehen und sah ihn an. Sein Blick war schwer deutbar. Es sah fast so aus, als wenn er mit sich kämpfen würde. Auch Ruki war stehen geblieben. Er machte noch einen Schritt auf den Blonden zu. Etwas in Reita krampfte sich zusammen, als er den besorgten Ausdruck in Rukis dunklen Augen sehen konnte. War er so leicht zu durchschauen? Konnte man es ihm so leicht ansehen, dass definitiv etwas nicht in Ordnung war und ihn beschäftigte? Anscheinend versagte er kläglich dabei sich zusammen zu reißen. Wobei andererseits war es Ruki. Er kannte ihn seit sie klein waren, da durfte es schwer sein ihm etwas vorzumachen. Gleichzeitig war Reita ein wenig entsetzt, dass Ruki dachte, es könnte daran liegen, dass er jünger war.

„Es ist nicht weil du jünger bist. Das war nie ein Problem zwischen uns. Du bist erwachsener als manche andere, ältere Leute, die ich kenne. Ich muss selbst noch ein wenig über die Sache nachdenken, aber wenn ich darüber sprechen kann, komme ich auf jeden Fall zu dir.“, antwortete Reita schließlich.

„Ich warte so lange.“, erklärte Ruki daraufhin. „Nimm dir so viel Zeit wie du brauchst, aber friss nicht alles in dich hinein, hörst du? Das ist nicht gut.“

„Danke, Ruki.“, sagte der Blonde ehrlich. Eigentlich brauchte er nicht viel über die Sache nachdenken, er fühlte sich einfach noch nicht bereit darüber zu sprechen. Und was wäre, wenn er es Ruki erzählen würde? Was würde sein Freund dazu sagen? Würde er immer noch mit ihm befreundet sein wollen? Aber wenn er es Ruki nicht sagen konnte, wem denn dann? Bisher wussten nur drei Personen was geschehen war: seine Mutter, ihr ehemaliger Lebensgefährte und er selber…

Wonderwall

Here with me IV
 

~ Wonderwall ~
 

Reita war froh, dass er wieder mit Uruha in einer Klasse war, so wie früher, und dass er ein paar andere Leute auch noch kannte. Es war irgendwie beruhigender als wenn er jeden neu kennenlernen musste, vor allem wo er ungewöhnlicherweise mitten im Schuljahr wechselte. Inzwischen waren sie bei ihrer letzten Stunde angelangt, in der sie Sport hatten.

„Was hast du denn angestellt?“, fragte Uruha neugierig, als er eine recht große Brandnarbe an Reitas Oberarm entdeckte, als sie sich umzogen. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass der Blonde die Narbe früher schon gehabt hatte.

„Unfall.“, meinte dieser nur einsilbig.

„Das ist dir aus Versehen passiert?“, harkte sein Freund ungläubig nach.

„Ja, das war ein dummes Versehen, mehr nicht.“, erwiderte Reita, in einem Tonfall, der eigentlich klar machte, dass er nicht gewillt war, mehr darüber zu erzählen. Einmal zu oft widersprochen, dachte er nur bitter. Aber eigentlich wäre es egal gewesen, er hätte früher oder später eh einen „Grund“ gefunden zu tun, was er wollte.

Uruha merkte, dass seine Freund nicht weiter darüber sprechen wollte und beließ es dabei: „Kommst du am Wochenende mit uns unterwegs? Wo wir fünf doch wieder vereint sind, sollten wir das auch richtig feiern, oder?“

Der Blonde sah ihn dankbar an und lächelte: „Sollten wir.“
 

Rukis letzte Stunde war ganz und gar nicht erfreulich. Jedenfalls nicht für ihn. Er starrte schon eine geraume Weile auf den Fragebogen und kaute gedankenverloren auf seinem Bleistift herum. Eigentlich sollten sie „nur“ angeben, wie sie sich ihre Zukunft vorstellten. Aber genau hier lag das Problem.

Er sah sich unauffällig um. Alle seine Klassenkameraden waren am Schreiben. Warum wussten bloß alle, was sie mit ihrer Zukunft anfangen wollten?!

Es war ja nicht so, als wenn er sich noch nie Gedanken darum gemacht hatte und es gab auch Dinge, die er gerne machen würde. Aber wenn er ehrlich war, dann wusste er auch bei diesen Dingen nicht, ob er sie sein Leben lang machen wollte. Dass er gerne Musik machen wollte, konnte er schlecht schreiben. Nachher würden seine Eltern ihn zum Schulpsychologen schicken!

Ruki seufzte kaum hörbar. Im Gegensatz zu seinen Freunden, die alle älter waren als er, hatte er noch Zeit, bis es soweit war. Andererseits wurde ihm gerade schmerzlich bewusst, dass seine Freunde sich bald richtig entscheiden mussten. Was würden sie tun? Würden sie alle weggehen? Dann wäre er ganz alleine… er wollte sie nicht verlieren. Plötzlich bekam Ruki unglaublich Angst und er kam sich schrecklich klein und dämlich vor. Warum wussten alle, was sie machen wollten, nur er nicht?

Als der Lehrer die Zettel einsammelte, war sein Blatt fast komplett leer. Außer seinem Namen hatte er kein einziges Wort mehr geschrieben. Ruki war froh, dass der Lehrer in diesem Moment nicht auf seinen Zettel sah. So blieb ihm wenigstens jetzt der Kommentar erspart…
 

„Was ist denn mit dir los?“, fragte Kai, als Ruki noch blasser als sonst aussehend und mit leicht hängenden Schultern auf sie zukam. Er stand mit Uruha, Aoi und Reita am Schultor und wartete auf ihn.

„Habt ihr einen Test geschrieben, den du vergessen hattest?“, wollte Aoi wissen.

„So in etwa…“, begann der Jüngste. „Wir haben diesen blöden Fragebogen ausfüllen müssen, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen.“

„Und was hast du geschrieben?“, erkundigte Uruha sich.

„Gar nichts…“, antwortete Ruki kläglich. „Mir ist überhaupt nichts eingefallen!“

„Das ist doch nicht so schlimm. Viele wissen nicht, was sie machen sollen. Und selbst wenn du feste Pläne hast, oft kommt es eh ganz anders als du gedacht hast und deine ganzen Pläne werden über den Haufen geworfen.“, versuchte Aoi ihn aufzumuntern.

„Du machst dir Sorgen wegen deines Vaters, oder?“, wollte Reita wissen. „Normalerweise bespricht der Lehrer doch erst mit dir alleine, wenn etwas sein sollte. Dann hast du doch die Chance dich zu erklären und deine Eltern erfahren nichts davon.“

„Das hoffe ich jedenfalls.“, erklärte Ruki nicht mehr ganz so düster wie zuvor. Er hoffte einfach, dass seine Freunde Recht hatten und alles nicht so schlimm war, wie er dachte. Trotzdem blieben in ihm nagenden Zweifel, sollte man nicht wenigstens ein gewisse Vorstellung von der Zukunft haben? Der Fragebogen hatte ihn irgendwie stärker getroffen als er gedacht hatte. Es hatte etwas offen gelegt, was er bisher immer recht gut verdrängt hatte.
 

Als Ruki und Reita zu zweit nach Hause gingen, merkte der Blonde, dass sein Freund immer noch etwas verunsichert war.

„Hey, versuch an etwas anderes zu denken. Das wird schon nicht so schlimm. Ich hab bei meinem Fragebogen fast nichts hingeschrieben, aber das war kein Drama. Ich hoffe, das wird bei dir auch so.“, versuchte er ihn noch einmal aufzumuntern.

„Echt?“, fragte Ruki nach. Irgendwie beruhigte es ihn, dass es Reita ähnlich zu gehen schien.

„Genau, und wenn ich ehrlich bin, würde es heute auch nicht anders aussehen. Aber das ergibt sich noch.“, meinte er schulterzuckend.

„Meinst du, du wachst irgendwann auf und hast die Erleuchtung?“, lachte Ruki.

„So in etwa.“, entgegnete Reita ebenfalls lachend.

„Na, dann hoffen wir mal, dass die Erleuchtung uns bald überkommt.“, grinste der Schwarzhaarige. Er hatte seine Sorgen wegen des Fragebogens wirklich etwas vergessen können.

„Uruha wollte wissen, ob wir am Wochenende alle zusammen weggehen.“, meinte sein Freund dann.

„Gute Idee! Das sollten wir auf jeden Fall machen. Das einzig blöde ist, dass ich nicht so lange wegbleiben kann.“, stimmte Ruki nun breit grinsend zu. Inzwischen waren sie vor dem Appartementkomplex, in dem die Suzukis lebten, angekommen.

„Glaub ja nicht, dass ich dich alleine nach Hause gehen lasse.“, lachte Reita und stippte ihm gegen die Nase.

„Du hättest mich auch enttäuscht, wenn du das getan hättest.“, erwiderte der Jüngere. „Hast du nachher noch Zeit? Ich hätte dich ja gerne gefragt, ob du gleich mit zu mir kommen möchtest, aber ich muss erst Hausaufgaben machen.“ Er seufzte ergeben.

„Klar, klingel doch einfach per Handy durch, wenn du soweit bist.“, meinte der Blonde. Er war froh, dass Ruki ihn gefragt hatte, sonst wäre er bis Abends alleine gewesen und das war er momentan nicht gerne. Er verbrachte seine Zeit lieber mit seinem Freund.

„Prima, ich beeil mich auch.“, versprach Ruki.

„Aber nicht schlampig werden, das hilft dir auch nicht.“, ermahnte Reita ihn.
 

Schließlich betrat Reita das Appartement. Bevor er in die Küche ging, legte er seine Schultasche in seinem Zimmer ab. Er machte sich nur eine Kleinigkeit zu essen, er würde später noch mit seiner Mutter essen, wenn sie von der Arbeit zurückgekommen war. Er würde rechtzeitig zu Hause sein, damit sie nicht alles alleine machen musste. Nach ihrem langen Arbeitstag würde sie mehr als kaputt sein.

Reita nahm sein Essen mit in sein Zimmer und stellte die Stereoanlage an. Es war ein komisches Gefühl, wenn die Wohnung so still war. Aber irgendwie war es insofern beruhigend, als dass er nicht da war.

Dann packte er seine Schulsachen aus und machte sich an seine Hausaufgaben.
 

Circa zwei Stunden später stand Reita vor der Tür der Villa von Rukis Familie. Das Dienstmädchen öffnete ihm die Tür. Bevor sie jedoch den Besuch ankündigen konnte, kam Ruki schon die Treppe hinunter gehüpft.

„Da bist du ja.“, grinste er und forderte seinen Freund auf ihm nach oben zu folgen. Schließlich saßen sie sich gegenüber in den Sesseln in Rukis Zimmer. Im Hintergrund lief seine Stereoanlage.

„Weiß deine Mutter eigentlich, dass du… schwul bist?“, fragte Ruki nach einer Weile. Er zögerte ein wenig das bestimmte Wort auszusprechen. Er hatte immer Angst, dass seine Eltern irgendetwas aufschnappen könnten und ihre Schlüsse daraus zogen.

„Sie weiß bescheid, ja. Zuerst war sie etwas überrascht, aber dann war es kein Problem. Du hast deinen Eltern nichts erzählt, oder?“, erkundigte er sich, obwohl er ahnte wie die Antwort ausfallen würde.

„Nein, hab ich nicht und ich habe auch nicht vor das in nächster Zeit zu ändern. Hier wäre die Hölle los, wenn sie bescheid wüssten.“, antwortete sein Freund düster. Er mochte wirklich nicht daran denken, was wäre, wenn sie bescheid wüssten. Besonders sein Vater würde vollkommen ausrasten.

„Wenn dir das zu viel wird und du reden willst, dann kannst du jederzeit kommen.“, erklärte Reita. „Hast du deinem Date eigentlich schon gesagt, was Sache ist?“

„Hm ja, ich hab ihn gestern angerufen und gesagt, dass ich nichts für ihn empfinde. Aber irgendwie hab ich ein schlechtes Gefühl dabei gehabt, weil er so komisch reagiert hat. Es wäre mir lieber gewesen, wenn er mich angebrüllt hätte.“, bekam er als Antwort.

„Wenigstens hast du die Sache erledigt. Darf ich dich fragen, ob du schon mal eine richtige Beziehung hattest?“, wollte Reita wissen.

„Nee, hatte ich nicht. Das war immer nur so zum Vergnügen ohne Verpflichtungen.“, antwortete Ruki. Bisher war das auch vollkommen in Ordnung für ihn gewesen, aber er wollte auch nicht, dass es ewig so weiter ging.

„Und Sex? Wenn du nicht…“, weiter kam er nicht, denn der Jüngere unterbrach ihn.

„Hab ich gehabt, letztes Jahr das erste Mal. Aber es war halt nie mehr.“, meinte der Brünette. Es war erleichternd, dass er mit Reita einfach über solche Themen reden konnte. „Und du? Du meintest ja, dass dein Freund ein Arsch war.“

„War er auch. Er hat mir solange etwas vorgespielt, bis er mich ins Bett gekriegt hatte und das war’s dann vor ihn. Danach war es auch immer ohne jegliche Verpflichtungen.“, antwortete Reita. Er war schon ein wenig überrascht, dass Ruki anscheinend schon recht viel Erfahrung besaß. Er fand es nicht schlimm, aber irgendwie störte es ihn, dass es Leute gab, die den Jüngeren auf eine Weise kannten, auf die er ihn nicht kannte. Er konnte nicht genau sagen wieso, aber auf eine seltsame Weise verunsicherte es ihn.

„Dein Exfreund muss ziemlich blöd sein, wenn er dich nicht haben wollte. Du bist doch fast perfekt als Freund.“, erklärte Ruki ernst. Er konnte nicht wirklich nachvollziehen, wie jemand den Blonden so ausnutzen konnte. Dafür war er viel zu gerne mit ihm befreundet und fand, dass er viel zu zuverlässig war.

„Danke.“, erwiderte Reita ehrlich. „Aber nur fast perfekt?!“

„Hm ja, wenn du noch ein wenig an dir arbeitest, dann wird das auch noch was.“, grinste der andere.
 

Als Reita nach Hause kam, traf er seine Mutter im Hausflur vor den Treppen. Sie sah ein wenig geschafft aus, aber trotzdem zufrieden. Es schien ihr gut zu tun, wieder richtig arbeiten gehen zu können.

„Hi, Mum.“, begrüßte er sie.

„Hi, wo kommst du denn her? Warst du noch bei Takanori?“, wollte sie lächelnd wissen.

„Ja, war ich. Wie war dein Arbeitstag?“, wollte er wissen.

„Oh, es war anstrengend, aber es hat mir wirklich gut getan. Ich genieße es wieder auf eigenen Beinen zu stehen.“, erklärte sie lächelnd, während sie die Treppe zu ihrer Wohnung hochgingen. Sie schloss die Tür auf. „Und wie war dein Schultag?“

„War in Ordnung. Ich bin froh, dass ich mit Uruha in einer Klasse bin.“, antwortete er. „Am Wochenende wollten wir feiern gehen.“

„Fein, macht das. Aber lasst Takanori nicht alleine nach Hause gehen, er darf ja nicht so lange wegbleiben, wie ihr.“, meinte sie.

„Würde ich nie tun.“, grinste Reita.

„Weißt du, es ist schön zu sehen, dass du wieder glücklicher aussiehst.“, erwiderte Yui plötzlich. Man konnte ihr die Erleichterung ansehen.

„Das gleiche gilt auch für dich.“, erwiderte ihr Sohn.
 

Der nächste Tag verlief ziemlich ereignislos. Sie gingen zur Schule, verbrachten ihr Pausen zusammen und hatten Pläne für das Wochenende gemacht, auch wenn das noch ein paar Tage entfernt war.

Doch nach der letzten Stunde sollte Ruki eine Überraschung erleben, von der er ganz und gar nicht begeistert war. Sein Klassenlehrer bat ihn nach der Stunde in sein Büro um etwas mit ihm zu besprechen. Ruki nahm an, dass um den Fragebogen ging. Aber als er seine Eltern vor der Bürotür stehen sah, zuckte er unwillkürlich zusammen. Das konnte ja was werden, dachte er. Vor allem als er den Blick von seinem Vater sah. Dieser Blick, auch wenn er ihn nur kurz traf, wirkte vernichtend.

Der Lehrer bat sie alle in sein Büro und forderte sie dann auf sich auf die Sessel vor seinem Schreibtisch zu setzen. Ruki saß zwischen seinen Eltern und fühlte sich überhaupt nicht wohl dabei.

„Schön dass sie gekommen sind. Ich habe sie angerufen, weil ich mir ein wenig Sorgen um ihren Sohn mache. In letzter Zeit war er häufiger mit den Gedanken woanders und mir ist aufgefallen, dass er kaum Kontakt zu seinen Klassenkameraden hat. Eigentlich hat Takanori nur Freunde in den älteren Jahrgängen.“, begann der Lehrer mit seinem Anliegen.

„Ist das so schlimm? Ich komme mit ihnen halt besser aus.“, erklärte Ruki. Er sah nun wirklich nicht, was schlimm daran war. Er hatte Uruha, Kai und Aoi über Reita kennengelernt. Am Anfang war er etwas unsicher gewesen, weil er Angst gehabt hatte, dass die anderen drei ihn nicht ernst nehmen würden oder als Klotz am Bein ansehen würden, weil er jünger war, aber mit der Zeit hatte er gemerkt, dass dies nicht der Fall war.

„Nein, es ist nicht schlimm, aber vielleicht wäre es ganz gut für dich, wenn du auch Freunde in deinem Alter hättest, die dich besser verstehen, die dieselben Probleme haben.“, führte der Lehrer seine Gedanken weiter aus.

„Meine Freunde verstehen mich aber ganz gut und wenn etwas ist, kann ich immer zu ihnen kommen. Ich weiß, dass ich ihnen vertrauen kann.“, erwiderte der Brünette überzeugt.

„Aber es ist wichtig, dass du in die Klasse integriert bist.“, mischte sich sein Vater ein. „Kontakte sind immer wichtig, du kannst dich doch nicht ewig einigeln.“

„Tu ich doch gar nicht. Aber wenn ich ausgehe und andere Leute treffe, passt dir das ja auch nicht.“, gab Ruki zurück. Er versuchte möglichst ruhig zu klingen, obwohl er innerlich schon wieder kochte. Ob er jemals den Tag erleben würde, an dem er seinen Vater zufrieden stellen konnte? Warum war alles, was er machte falsch?

„Das liegt an dem Umgang, den du dann hast. Aber das sollten wir nicht hier vertiefen, Takanori!“, erwiderte sein Vater bemüht ruhig, aber mit Betonung auf dem Namen seines Sohnes, so das klar war, dass er ganz und gar nicht so ruhig war, wie er gerade zu wirken versuchte.

„Jedenfalls solltest du dir das mit den Kontakten in der Klasse überlegen. Was mir aber auch Sorgen bereitet und weshalb ich sie angerufen habe, ist, dass Takanori bei dem Fragebogen, wie sich die Schüler ihre Zukunft vorstellen, gar nichts auf den Zettel geschrieben hat.“, führte der Lehrer weiter aus.

Sein Vater schluckte merklich: „Du hast gar nichts geschrieben?“

„Nein, hab ich nicht.“, antwortete Ruki ein wenig trotzig.

„Gibt es einen besonderen Grund dafür?“, wollte sein Lehrer wissen.

„Nein, mir ist nur nichts richtiges eingefallen.“, erklärte er.

„Dir ist nichts eingefallen?! Hast du dir noch nie Gedanken darüber gemacht, was aus dir werden soll?!“, fragte sein Vater nun leicht ungehalten. Ruki wusste, dass sein Vater ihn hier nicht richtig zusammen stauchen würde. Dazu war er zu sehr um seine Außenwirkung bedacht.

„Natürlich hab ich mir Gedanken gemacht, aber ich weiß momentan einfach nicht, was ich mal werden soll! Woher soll ich das denn auch jetzt schon wissen?! Ich weiß doch gar nicht, was noch alles kommt und wie mich das verändert.“, versuchte Ruki seinen Standpunkt klar zu machen.

„Aber du hast doch bestimmt Interessen…“, begann sein Lehrer. Ruki hasste schon diesen verständnisvollen Tonfall. Wenn sie ihn verstehen würden, warum drängten sie ihn dann die ganze Zeit?!

„Klar hab ich die…“, murmelte der Brünette.

„Hirngespinste sind das. Er sollte langsam mal die Realität erkennen. So wie er jetzt aussieht bekommt er doch nie einen Job.“, sagte sein Vater kühl.

Geräuschvoll und mit einer schnellen Bewegung schob Ruki seinen Stuhl zurück und funkelte seinen Vater wütend an: „Das ist immer das Einzige, was du kannst, meckern! Immer weißt du, was besser für mich ist, aber was ich möchte interessiert dich doch gar nicht.“ Der Brünette schnaubte und stapfte dann ohne ein weiteres Wort und ohne die anderen noch eines Blickes zu würdigen, aus dem Büro. Er hatte keine Lust sich das noch weiter anzuhören, auch wenn es zu Hause noch mehr Ärger geben würde. Es war ihm in diesem Moment schlichtweg egal, genauso wie es ihm egal war, wie seine Eltern vor seinem Lehrer dastehen würden. Er wollte nur noch weg. Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, fühlte er sich schon ein wenig erleichtert, aber seine Wut und der Frust war immer noch nicht abgeklungen. So sah er auch nicht, dass Reita in der Nähe des Büros stand, da er selber noch etwas mit einem Lehrer zu besprechen gehabt hatte.

Ruki stoppte erst auf einem Spielplatz in der Nähe der Schule. Um diese Zeit war nicht viel los und so schmiss er seine Tasche achtlos auf den Boden. Dann ließ er sich auf die Schaukel fallen und seufzte. Er wusste, dass er eben einen glanzvollen Auftritt hingelegt hatte.

„Wenn du lieber alleine bist, dann gehe ich wieder.“, hörte er plötzlich Reitas Stimme.

No son of mine

Here with me V
 

~ No son of mine ~
 

„Wenn du lieber alleine bist, dann gehe ich wieder.“, hörte Ruki auf einmal Reitas Stimme.

Damit riss er Ruki aus seinen düsteren Gedanken. Er blickte auf.

„Nee, du kannst gerne bleiben.“, erklärte er dann und schaukelte einmal vor und zurück.

„Ich hab dich weglaufen sehen.“, begann Reita, während er sich auf die andere Schaukel setzte.

„Mein Lehrer hat meine Eltern angerufen. Es war wieder dasselbe wie immer! Ich kann es meinem Vater nie recht machen! Jetzt ist es noch nicht mal mehr richtig, dass ich mit euch befreundet bin, nur weil wir nicht gleich alt sind!“, schnaubte Ruki. „Du hättest ihn mal sehen müssen, als er erfahren hat, dass ich gar nichts hingeschrieben habe.“

„Das hilft dir bestimmt nicht viel, aber ich finde, es ist normal, wenn man nicht genau weiß, was man werden will. Ich meine, wie willst du denn jetzt schon wissen, was du dein Leben lang machen willst? Das ist so eine lange Zeit. Ich weiß auch nicht genau, was ich machen will, hauptsache ich liege meiner Mutter nicht mehr auf der Tasche.“, erwiderte der Blonde ruhig.

„Aber warum hat beim Fragebogen jeder etwas geschrieben nur ich nicht?! Ich kam mir so unglaublich blöd vor! Warum haben sie ein Ziel und ich nicht?! Und ihr müsst euch bald entscheiden… was ist denn, wenn ihr alle weggeht und ich alleine hierbleibe?! Das macht mir einfach Angst und das kann ich nicht leiden!“, der Jüngere schaukelte noch einmal hin und zurück. Er scharte nervös mit dem Fuß im Schnee. „The future freaks me out.“, setzte er hinzu und ließ die Schultern hängen.

„Das glaub ich dir, das ging und naja… geht mir immer noch so. Und wir sind sicher nicht die Einzigen, denen das so geht. Weißt du, du bist nicht doof, weil du nichts hingeschrieben hast. Du warst nur ehrlich. Viele von deinen Klassenkameraden sind bestimmt genauso ratlos wie du, aber sie haben irgendwas hingeschrieben, damit keiner merkt wie unsicher sie sind. Wer gibt schon gerne zu, dass er verunsichert ist?“, versuchte Reita ihn aufzubauen.

„Nicht viele…“, gab Ruki zu. Und er war da sicherlich keine Ausnahme.

„Eben, und eigentlich ist es doch total egal, ob du da was hinschreibst oder nicht. Das hat nichts damit zu tun, wie intelligent du bist oder wie dein Leben nachher aussehen wird. Du weißt doch eh nicht, ob dir nicht was dazwischen kommt. Guck dir doch meine Mutter an. Sie wollte immer Lehrerin werden und dann wurde sie mit 16 schwanger…“, fuhr der Ältere fort. Am Ende schluckte er merklich. Ruki entging das keineswegs. Er streckte seine Hand aus und suchte die seines Freundes. Sanft verharkte er ihre Finger ineinander und streichelte mit seinem Daumen über Reitas Hand.
 

„Hast du dich eigentlich mal gefragt, ob deine Mutter dich hasst?“, wollte der Lebensgefährte seiner Mutter unvermittelt von Reita wissen. Sie saßen zusammen beim Essen. Eigentlich versuchte der Blonde es zu vermeiden, mit dem Mann alleine zu sein, doch seine Mutter würde heute erst später wiederkommen. Er verstand einfach nicht, was sie an dem Kerl fand.

Überrascht und auch erschrocken über die Frage sah Reita auf. Er spürte, wie der kalte Blick des Mannes ihn taxierte. Er ließ die Hand, in der er seine Stäbchen hielt, sinken: „Wieso sollte sie?“ Er war sich noch nicht ganz klar darüber, worauf das hier hinauslaufen sollte, da ihm der Gedanke, dass seine Mutter ihn hassen könnte noch nie gekommen war.

„Ts, warum wohl! Überlegt doch mal, oder schaffst du es nicht soweit zu denken?“, er sah ihn abschätzig an. Für ihn war der Sohn seiner Freundin nichts als ein dummes, verwöhntes Balg, das sich für ziemlich cool und rebellisch hielt. Alleine die gebleichten Haare! Er hätte es Reita nie erlaubt, geschweige denn das er es gut hieß, wie dieser sich privat kleidete. Warum seine Freundin ihrem Sohn so viele Freiheiten ließ verstand er ganz und gar nicht.

Als Reita nichts erwiderte, fuhr er fort: „Was hat sie denn alles für dich aufgeben müssen? Sie hat dich mit knapp 17 bekommen und wurde wegen dir sitzen gelassen. Was meinst du, was sie sich alles anhören musste und wie die Leute hinter ihrem Rücken über sie gelästert haben? Ich nehme an, ohne Schulabschluss war es eine Kleinigkeit für euch zu sorgen und mit 17 hat man ja auch nichts besseres zu tun, nicht wahr?! Du hast ihr die ganze Zukunft verbaut!“

„Ich weiß, dass es nicht einfach für sie war. Ich bin ihr wirklich dankbar für alles, was sie geleistet hat und ich habe großen Respekt vor ihr.“, antwortete Reita mehr als verunsichert. Plötzlich bröckelte das Bild, das er bisher von der Beziehung seiner Mutter und sich gehabt hatte. Alles was bisher so selbstverständlich für ihn gewesen war, erschien plötzlich in einem anderen Licht. Er wusste nicht genau wieso, aber diese Worte trafen ihn tief. Seine Mutter hatte nie viel darüber geredet, wie es für sie früher gewesen war und er hatte das so hingenommen. Jetzt beschlich ihn auch das schlechte Gewissen, das sie vielleicht gerne darüber geredet hätte, er aber nicht gefragt hatte.

„Hast du ihr das schon mal gesagt?! Sie hat sich jedenfalls letztens bei mir ausgeweint, wie schrecklich dass alles gewesen ist und dass sie oft kurz davor war, aufzugeben.“, sagte der Lebensgefährte.

Vor seinem inneren Auge konnte Reita förmlich sehen, wie das Bild, dass er von seiner Familie gehabt hatte, immer mehr Risse bekam. Langsam sickerte der nagende Zweifel in ihm immer tiefer.

„Nein, das weiß sie.“, antwortete er leise. Mehr gab seine Stimme nicht mehr her.

„Anscheinend ja nicht.“, stellte der Mann, der ihm gegenüber saß, kalt fest.

In diesem Moment hielt Reita es nicht mehr aus. Diesen anklagenden, kalten Blick, die ganzen Vorwürfe… er stand auf und räumte noch kurz seine Sachen weg. Ganz aufgegessen hatte er nicht, aber sein Appetit war ihm schlagartig vergangen. Dann ging er ohne ein weiteres Wort zu sagen in sein Zimmer und warf sich auf das Bett.
 

„Reita?“, holte ihn Rukis besorgte Stimme wieder in die Realität zurück. „Alles in Ordnung?“

Der Blonde schüttelte den Kopf: „Nein, nicht so. Kann ich mit dir reden?“ Es waren nicht die Einzigen Erinnerungen, die dabei waren hervorzukommen.

„Du kannst immer mit mir reden.“, erwiderte der Jüngere und strich noch einmal stärker mit seinem Daumen über dessen Hand.

„Können wir woanders hingehen? Außer du willst nach Hause, wegen deiner Eltern.“, wollte Reita wissen.

„Pff, die können warten. Du bist mir wichtiger. Wo sollen wir hin? Zu dir?“, erkundigte Ruki sich führsorglich. Auf einmal waren seine eigenen Probleme für ihn in den Hintergrund getreten. Er war froh, dass sein Freund mit ihm reden wollte. In den Augenblicken eben, als der Ältere mit den Gedanken ganz weit weg war, hatte er einen erschreckend verletzten Gesichtsausdruck gehabt. Wenn sie nicht in der Öffentlichkeit gewesen wären, dann hätte er ihn sofort in den Arm genommen. Aber so war ihr Handkontakt, das Einzige, was er sich traute.

„Hm, ja. Dann können wir uns auch aufwärmen.“, antwortete Reita. Ihm war plötzlich bewusst geworden, wie kalt ihm eigentlich war.
 

Später saßen sie auf Reitas Bett. Während Ruki gegen die Wand gelehnt saß, lag der Blonde leicht zusammengerollt daneben. Er hatte seinen Kopf auf Rukis Schoss gelegt und dieser strich ihm zärtlich durch die Haare. Zuerst hatte Reita sich nur neben seinen Freund setzen wollen, doch dieser hatte ihn aufgefordert sich so hinzulegen. Ruki war nicht entgangen wie aufgewühlt der Blonde seit eben war, auch wenn dieser versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen. In dieser Position hatte er stärker das Gefühl, dass er Reita besser trösten konnte. Dieser fühlte sich so wirklich wohl.

Vorhin hatte Reita seinen Bericht, von seiner plötzlichen Erinnerung, abgeschlossen. Ruki war ganz schön entsetzt gewesen, das jemand so etwas zu seinem Freund gesagt hatte. Die Beziehung von Reita und seiner Mutter hatte ihn immer beeindruckt. Manchmal war er sogar etwas neidisch gewesen, dass seine Eltern so anders waren.

„Wenn sie dich wirklich hasst, dann hätte sie sich doch gar nicht um dich kümmern müssen. Sie hätte dich als Baby weggeben können. Und es kann schlecht deine Schuld sein, dass sie schwanger geworden ist. Darauf hattest du doch gar keinen Einfluss.“, meinte Ruki schließlich.

„Ich weiß, aber trotzdem hat mich das getroffen und seitdem haben ich diesen Gedanken nie ganz loswerden können. Eigentlich hätte sie schon Grund dazu… ich weiß auch nicht. Allein der Gedanke, dass sie mal gedacht haben könnte, dass sie mich nicht haben wollte… mein richtiger Vater wollte mich auch nicht…“, antwortete der Blonde, bemüht seine wirren Gefühle einigermaßen klar zu artikulieren. Ruki erkannte, dass hier Verletzungen vorlagen, die wirklich tief gingen. Er hatte gewusst, dass Reita früher oft blöde Kommentare hatte einstecken müssen, weil er keinen Vater hatte oder weil seine Mutter so jung war. Trotzdem hatte er seinen Freund noch nie zuvor so fertig und verletzt gesehen.

„Aber deine Mutter ist doch anders als dein Vater. So wie sie mit dir umgegangen ist und mit dir umgeht, hasst sie dich doch nicht. Sie hat sich für dich aufgeopfert, weil du ihr so viel bedeutest. Wer macht denn so viel für jemanden durch, wenn er ihn hasst?“, versuchte Ruki ihn zu überzeugen, auch wenn er wusste, dass er schlecht etwas gegen dieses Gefühle machen konnte.

„Eigentlich keiner. Das ist mir auch klar, aber manchmal sind diese Gedanken einfach da, seit er damit angefangen hat und er hat damit genau in eine Schwachstelle getroffen.“, erwiderte Reita seufzend.

„Würdest du ihn gerne mal kennenlernen?“, fragte der Jüngere vorsichtig. Er ahnte, dass das nicht der Einzige Konfliktpunkt zwischen dem Blonden und dem Lebensgefährten seiner Mutter gewesen war, doch wenn dieser darüber noch nicht reden wollte, dann würde er warten.

„Ich weiß nicht so. Was wenn er mir dann wirklich sagt, dass er mich nicht will? Ich weiß nicht, ob ich das aushalte. Das ist als wenn mich niemand braucht. Aber andererseits habe ich das Gefühl, dass mir sonst ein Teil meiner Identität fehlt.“, antwortete Reita nachdem er etwas überlegt hatte.

„Aber es stimmt nicht, dass dich niemand braucht. Deine Mutter braucht dich und ich brauche dich auch. Ich bin wirklich froh, dass du wieder da bist.“, erklärte Ruki und strich ihm sanft über die Wange. Er wusste nicht genau warum er das tat, aber er wollte seinem Freund nicht nur mit Worten zeigen, dass er ihm wichtig war.

„Danke. Das ist mir echt wichtig.“, erwiderte der Blonde mit einem leicht gequälten Lächeln. Er fühlte sich bei dem Jüngeren wohl. Sehr wohl sogar.

Eine ganze Weile saßen sie einfach nur schweigend da. Die Stille störte sie nicht. In diesem Moment waren Worte etwas, was nebensächlich war. Es reichte, dass sie beide hier zusammen saßen.

Später begleitete Reita seinen Freund zur Tür. Es ging ihm inzwischen deutlich besser.

„Ich weiß, du hast das Gefühl, dass du es deinem Vater nicht recht machen kannst, aber ich denke er liebt dich trotzdem. Eure Vorstellungen mögen oft auseinander gehen, aber er macht sich Sorgen um dich. Wenn du ihm egal wärst, dann könnte er dich einfach ignorieren.“, meinte der Blonde zu ihm, als er sich anzog.

Ruki sah ihn an. Für einen Moment dachte Reita, dass er zu viel gesagt hatte, doch dann seufzte der Jüngere.

„Ich weiß das eigentlich, aber es wäre schön, wenn er wenigstens einmal sagen könnte, dass ich etwas gut gemacht habe und mir nicht immer vorhalten würde, dass mein Bruder viel schlauer, zuverlässiger, pflegeleichter und so weiter ist…“, erwiderte er dann. „Nur ein einziges Mal.“

Dieses Mal griff Reita nach seiner Hand: „Du bist gut, ich weiß das. Aber versuch mit ihnen zu reden.“

„Danke, ich werde es versuchen.“, antwortete Ruki. Ihre Hände trennten sich nur sehr langsam. Eigentlich wollten sie sich nicht trennen, aber sie wussten beide, dass es nicht anders ging. Ruki sollte es nicht länger herauszögern mit seinen Eltern zu reden.
 

Ruki zögerte als er seinen Schlüssel in das Schloss der Hintertür des Hauses stecken wollte. Er hatte sich schon nicht getraut vorne zu klingeln. Eigentlich hatte er gedacht, dass es ihm leichter fallen würde, wenn er das Haus durch die Hintertür betrat, doch jetzt traute er sich nicht mal wirklich den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Er wusste, dass er sich entschuldigen musste, aber er wusste, dass ihm genau das unglaublich schwer fallen würde. So wie immer. Er war noch nie gut darin gewesen sich zu entschuldigen. Normalerweise entschuldigte er sich auch nicht mündlich bei seinen Eltern, er schrieb ihnen einen Brief. Auf diesem Weg konnte er sich besser erklären und die ganze Sache, die als Gutmachung gedacht war, endete nicht in einem erneuten Eklat.

„Fuck.“, grummelte er. Doch dann schloss er endlich auf. Leise betrat er das Haus. Ihm war klar, dass er nicht um das hier herum kommen würde. Aber wenn er nicht so ausgeflippt wäre, dann wäre er erst gar nicht in diese Situation gekommen.

„Kommst du auch mal wieder nach Hause?!“, fuhr sein Vater ihn an, als er vorsichtig das Wohnzimmer betrat. Seine Mutter sprang auf und schloss ihn mit einem besorgten Gesichtsausdruck in die Arme: „Ich hab mir Sorgen gemacht. Wo warst du denn?“

„Bei Reita…“, antwortete er etwas zögerlich.

„Dafür hast du also Zeit?“, schnaubte sein Vater. „Weißt du eigentlich wie wir dastanden, als du einfach abgehauen bist?!“

Ruki schälte sich aus der Umarmung seiner Mutter. Er war froh gewesen über diese Reaktion. Das machte ihm die Sache etwas einfacher. „Nicht wirklich, ich war nicht in eurer Situation, aber…“

„Gut erkannt!“, unterbrach sein Vater ihn. „Und deshalb werden wir uns auch jetzt unterhalten! Setz dich gefälligst!“

Stumm nickte dieser und setzte sich auf das Sofa.

„Hast du uns etwas zu sagen?!“, wollte sein Vater wissen, nachdem er sich ebenfalls gesetzt hatte, aber seinem Sohn gegenüber. Seine Frau saß neben ihm und sah ziemlich betroffen aus. Ihr machten die ganzen Streitereien zwischen ihrem Sohn und ihrem Mann doch zu schaffen.

„Ja, das habe ich!“, erklärte Ruki mit möglichst fester Stimme, obwohl sein Herz raste. „Ich weiß nicht genau, wie ihr euch gefühlt habt, aber ich weiß, dass es nicht angenehm war. Weder für euch, noch für meinen Lehrer. Ich habe mich daneben benommen und das weiß ich auch. Es tut mir leid…“

„Ich bin doch ein wenig beeindruckt, dass du dich tatsächlich bei uns entschuldigst. Wir haben also doch nicht alles falsch gemacht bei dir. Aber ist das alles?!“, bekam er dann zu hören.

Bei diesen Worten und vor allem auch dem Tonfall, platzte dem Schwarzhaarigen fast erneut der Geduldsfaden. Es kostete ihn einiges um nicht einfach aufzustehen. Er stellte sich vor, dass Reita neben ihm saß und, wie eben, seine Hand hielt. Er konnte den sanften Druck und den Daumen, der darüber strich förmlich spüren.

„Nein, das ist nicht alles. Ich werde mich auf jeden Fall morgen bei meinem Lehrer entschuldigen.“, erklärte Ruki schließlich.

„Gut, das ist doch etwas. Du wirst dich morgen bei ihm entschuldigen, aber in meiner Anwesenheit. Du wirst dich darum bemühen, in der Klasse Anschluss zu finden, klar? Ich verlange nicht, dass du deine Freundschaft mit den anderen aufgibst, aber ich verlange, dass du versuchst neue Freunde in deinem Alter zu bekommen. Außerdem wirst du dir überlegen, was du mit deiner Zukunft anfangen willst. Dazu hast du die nächste Woche ausgiebig Zeit, denn du wirst in dieser Woche spätestens um sechs zu Hause sein. Ich weiß, dass du am Wochenende bei Akira übernachten wolltest, das ist die einzige Ausnahme, die ich dir gestatte und das nur, weil deine Mutter nicht nachgeben wollte. Deinen Laptop werden wir solange einkassieren. Ich habe dir ein paar Broschüren und ähnliches besorgt, die du dir in dieser Zeit zu Gemüte führen kannst. Verstanden?!“, wollte er von Ruki wissen.

„Verstanden.“, antwortete dieser schlicht. „Und danke.“, fügte er hinzu, aber leiser. Doch am Gesichtsausdruck seine Mutter erkannte er, dass sie es gehört hatte.

„Dann kannst du jetzt in dein Zimmer gehen.“, stellte sein Vater dann klar. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel darüber, dass er seinen Sohn für den Moment nicht mehr sehen wollte.

Ruki erwiderte nichts, sondern stand auf und trottete die Treppe in sein Zimmer hinauf. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er noch recht glimpflich davon gekommen war. Dass er sogar am Wochenende zu Reita durfte, hatte ihn wirklich überrascht. Er hatte seinen Eltern nicht erzählt, dass er mit den anderen feiern gehen wollte. Allerdings bezweifelte er, dass er seinem Vater jemals sagen konnte, was er sich wünschte.

Ruki hatte praktisch kaum sein Zimmer betreten, als sein Handy klingelte. Er fummelte es aus seiner Tasche, da er zumindest wissen wollte, wer ihn anrief. Dann konnte er immer noch entscheiden, ob er den Anruf annehmen würde oder nicht. Als er Uruhas Namen auf dem Display las, nahm er den Anruf entgegen. Eigentlich hatte er in Ruhe über alles nachdenken wollen, aber das konnte er auch noch später machen.

„Hey, ich hab vorhin schon mal versucht anzurufen, aber da bist du nicht rangegangen.“, meldete sich sein Freund.

„Hey, ich hab das Handy nicht klingeln gehört, bin eben erst nach Hause gekommen. Ist irgendwas los?“, erwiderte Ruki.

„Eigentlich wollte ich dich was fragen. Ich hab mir ein wenig Sorgen um Reita gemacht und dachte, du wüsstest vielleicht was los ist.“, begann Uruha.

„Hu? Was ist los?“, wollte der Jüngere mit einem leichten Anflug von Panik wissen. War er nicht der Einzige, der gemerkt hatte, dass Reita etwas belastete?

„Wusstest du, dass er eine recht große Brandnarbe am Oberarm hat? Wir hatten ja gestern Sport und beim Umziehen konnte man sie sehen. Als ich ihn danach gefragt habe, war er ziemlich abweisend. Man hat gemerkt, dass er nicht darüber reden will. Das Ganze war irgendwie komisch, nicht so wie er sonst ist.“, erklärte er.

„Nein, davon wusste ich nichts. Es ist komisch, aber vielleicht ist ihm das peinlich.“, mutmaßte Ruki. Doch wenn er ehrlich war, ahnte er, dass es da vielleicht eine Person gab, die nicht ganz unschuldig an dieser Narbe war. Aber konnte jemand, der seinem Freund unter die Nase rieb, dass ihn niemand wollte, ihn auch körperlich verletzten? Und vor genau dieser Antwort hatte er Angst…
 

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Moin moin, jetzt mag ich mich einmal zu Wort melden! ^.^ Vielen Dank an alle, die das hier lesen, mir Kommis schreiben oder die Fanfic als Favoriten haben! Sollte ich mich bei jemandem nicht persönlich bedankt haben, dann tut mir das wirklich leid, aber ich bin grad etwas arg im Stress (wegen Uni etc)... bitte seht mir das nach, ja? Es ist nicht böse gemeint! Aber eigentlich erstaunlich, dass ich ein neues Kapitel fertig hab XD

Das wollte ich mal eben loswerden! ^^

lg Rho

Fill my little world

Here with me VI
 

~ Fill my little world ~
 

Während Ruki nach Hause gegangen war, um mit seinen Eltern zu sprechen, hatte Reita sich wieder auf sein Bett gelegt. Er hatte seinen Freund nur sehr ungern gehen lassen. Jetzt wo er alleine war, fühlte er sich seinen Gedanken eher ausgeliefert, als wenn Ruki da gewesen wäre. Was ihn zu einem anderen Punkt brachte. Warum fühlte er sich bei seinem Freund so wohl? Lag das wirklich nur daran, dass sie befreundet waren? Er war sich nicht ganz sicher, ob es normal war, wenn er sich so wie heute zu Ruki legte und dieser seine Finger in seinen verharkte. Er schloss die Augen und versuchte an etwas anderes zu denken.
 

Gehetzt betrat Yui das Lehrerzimmer der Grundschule, die ihr Sohn besuchte. Sie hatte heute glücklicherweise nicht so lange arbeiten müssen, so dass sie gleich, nachdem der Anruf von Reitas Klassenlehrer sie erreicht hatte, zur Schule kommen konnte.

Etwas entsetzt stellte Yui fest, dass ihr Sohn mit aufgeplatzter Lippe und reichlich lädierten Gesicht auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch saß. An den Armen, die er vor dem Körper verschränkt hatte, hatte er ebenfalls Kratzer. Über ein paar waren Pflaster geklebt.

Yui verbeugte sich, als sie den Lehrer begrüßte. Er bat sie neben Reita Platz zu nehmen.

„Es tut mir leid, dass ich sie anrufen musste, aber es gab heute einen Zwischenfall mit ihrem Sohn.“, begann der Lehrer.

„Entschuldigen sie bitte die Umstände, aber was ist denn passiert?“, wollte sie wissen.

„Wie sie sehen können, ist er verletzt. Er hat sich heute nach der Schule mit zwei Klassenkameraden geprügelt. Die beiden sind nicht so schlimm verletzt wie Akira, aber so wie es aussieht hat er mit der Prügelei angefangen. Ich war sehr überrascht, da das eigentlich nicht seine Art ist, aber er schweigt dazu.“, fuhr der Lehrer fort.

Erschrocken sah Yui ihn an. Das sah ihrem Sohn wirklich nicht ähnlich. Es musste einen triftigen Grund dafür geben: „Ich bin mir sicher, dass es einen Grund für sein Verhalten gibt, auch wenn es das nicht entschuldigt. Es tut mir wirklich leid, dass er soviel Ärger gemacht hat. Könnten sie mir bitte die Telefonnummern der anderen Eltern geben? Ich würde gerne mit ihnen reden und mich entschuldigen.“, bat Reitas Mutter und verbeugte sich erneut.

In Reitas Augen stahl sich eine erste Regung, als er sah wie sie sich für ihn entschuldigte. Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

„Die können sie bekommen, ich habe das mit den anderen beiden Elternpaaren besprochen. Auch sie würden die Sache lieber unter sich klären.“, erwiderte der Lehrer und reichte ihr einen Zettel.

Zum Abschied entschuldigte Yui sich noch einmal und verbeugte sich. Dann verließ sie mit Reita im Schlepptau das Lehrerzimmer.
 

Bis sie zu Hause angekommen waren, hatten sie kein Wort gesprochen. Yui hatte gewartet, dass Reita etwas von sich aus sagte, doch er hatte keine Anstalten gemacht. Er schämte sich, dass seine Mutter extra für ihn in die Schule hatte kommen müssen und sich dann auch noch für etwas, was sie nicht getan hatte, entschuldigen musste. Er nahm an, dass sie sauer auf ihn war und wartete eigentlich auf ein Donnerwetter.

Doch seine Mutter war nicht wirklich wütend auf ihm, nicht solange sie nicht wusste, was dahinter steckte, denn sie war davon überzeugt, dass ihr Sohn nicht einfach eine Prügelei anfing und schon gar nicht gegen zwei Leute, wenn er keinen Grund dafür hatte. Sie wollte zuerst wissen, warum er das getan hatte.

Schweigend betraten sie die Wohnung. Yui bedeutete Reita sich in der Küche ihres kleinen Appartements zu setzen. Sie selbst ging zum Gefrierfach und holte eine Packung Eis daraus hervor. In aller Seelenruhe machte sie zwei Schüsseln fertig, was Reita mit einiger Verwunderung beobachtete. Schließlich stellte sie ihm eine Schüssel hin und setzte sich mit ihrer eigenen ihm gegenüber. Sie hoffte, dass sie es ihm so leichter machte. Dann sah sie ihn auffordernd an: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du einfach so eine Prügelei anfängst, außer vielleicht, wenn jemand Takanori etwas tun wollte. Willst du mir erzählen was passiert ist? Ich würde gerne deine Version hören, bevor ich mit den anderen Eltern rede.“

„Du bist nicht sauer?“, fragte er vorsichtig.

„Ich wäre sauer, wenn du keinen Grund gehabt hast.“, erwiderte sie.

„Die beiden haben Dinge über dich gesagt…“, erklärte Reita. Erst stockend, aber dann rutschte ihm alles raus. „Sie haben gesagt, dass es kein Wunder ist, dass ich keinen Vater habe, weil du eine Schlampe und Fotze bist. Deshalb ist er abgehauen. Ich wollte sie eigentlich nicht schlagen, aber sie haben nicht aufgehört, solche Sachen über dich zu sagen.“, Frustriert versenkte er seinen Löffel in dem Eis und begann sich darüber herzumachen.

Für einen Augenblick fehlten ihr die Worte. Dass 8 - jährige Kinder solche Worte kannten erschreckte sie. Langsam verstand sie, warum ihr Sohn das getan hatte.

„Das haben sie gesagt?“, fragte sie nach.

„Haben sie. Ich weiß nicht mal, was das ist eine Fotze…“, meinte ihr Sohn mit dem Löffel im Mund.

„Ich schätze, das kann dir jemand von den anderen Eltern erklären.“, seufzte Yui. Für sie stand fest, dass sie sich ernsthaft mit den anderen Elternpaaren unterhalten würde. „Weißt du, ich fühle mich ja geehrt, wenn du dich prügelst, weil sie schlimme Dinge über mich gesagt haben, aber andere zu schlagen ist nicht der richtige Weg. Gewalt sollte keine Lösung sein. Ich weiß, dass es nicht leicht für dich ist, wenn sie so etwas sagen, aber bitte tu mir den Gefallen und schluck es das nächste Mal runter. Lass sie reden. Die Kinder schnappen solche Dinge oft bei ihren Eltern auf. Sie sind oft selber unglücklich und müssen das an anderen auslassen, weil sie nicht wissen, was sie sonst tun sollen. Aber glaub mir, sie haben doch keine Ahnung von uns beiden. Wir sind eine wunderbare kleine Familie, oder?“

Reita hatte innegehalten, während sie das erzählte und sah sie an: „Sind wir. Ich hab dich sehr gerne, Mum.“
 

Später klingelte es bei ihnen. Vor der Tür standen die beiden Mütter der Jungen, mit denen Reita sich geprügelt hatte.

„Wir würden gerne mit ihnen reden!“, erklärte die eine mit einem leicht aggressiven Unterton.

„Das trifft sich. Ich würde auch gerne mit ihnen reden und vielleicht können sie meinem Sohn erklären, was das Wort Fotze bedeutet. Es tut mir leid, dass mein Sohn mit der Prügelei angefangen hat, aber wenn ihm ihre Söhne weh tun, nur weil sie vielleicht unglücklich sind, dann werde ich das bestimmt nicht einfach zu lassen!“, gab Yui ruhig und beherrscht zurück. Sie hatte nicht vor sich hier den Wind aus den Segel nehmen zu lassen und zu Kreuze zu kriechen, nur weil sie jünger als die beiden anderen Mütter war.
 

Damit war er wieder in der Wirklichkeit angekommen. Er sah ein, dass Ruki Recht gehabt hatte. Seine Mutter hasste ihn nicht. Er hoffte, dass die Zweifel für längere Zeit, wenn nicht sogar für immer verschwanden.

Als Reita hörte, wie sich der Schlüssel im Schloss der Haustür umdrehte und die Tür mit einem leisen Quietschen aufschwang, riss ihn das aus seinen Gedanken. Seine Mutter war also gerade wiedergekommen.
 

Nachdem Ruki sein Gespräch mit Uruha beendet hatte, hatte er noch kurz einen Blick auf die Broschüren und das andere Material, was sein Vater ihm gegeben hatte. Er sah alle einmal kurz durch. Richtig konzentrieren konnte er sich eh nicht darauf. Es beschäftigte ihn viel zu sehr, was er eben erfahren hatte und die Schlüsse, die er daraus gezogen hatte. Das würde auch erklären, wieso Reita so verstört gewirkt hatte. Nun war es ihm erstrecht nicht wohl dabei, dass er seinen Freund alleine hatte lassen müssen.

Ruki schmiss sich auf sein Bett und griff nach seinem Handy. Er hatte Reitas Nummer schnell in seinem Adressbuch gefunden, doch am anderen Ende ging niemand ran. Wahrscheinlich saß dieser mit seiner Mutter beim Essen oder so. Also schrieb er ihm eine kurze Nachricht.

Ruki griff nach einer Zeitschrift, die er auf dem Nachttisch liegen hatte, in der Hoffnung sich damit ablenken zu können und drehte sich auf den Bauch. Er winkelte die Beine an und wippte ab und zu damit auf und ab. Er bekam gar nicht richtig mit, dass er das tat. Es passierte einfach so. Doch seine Gedanken wanderten wieder zu Reita hin. War das die einzige Narbe, die er hatte, beziehungsweise, die ihm zugefügt worden war? Oder war da noch mehr und das, was er wusste, war wirklich nur die Spitze des Eisberges? Wenn das der Fall war, was hatte der Blonde dann alles durchmachen müssen? Und was war mit seiner Mutter?

Bevor Ruki weiter darüber nachdenken konnte, erklang der kurze Ton, der ankündigte, dass er eine SMS bekommen hatte. Anscheinend hatte Reita recht schnell geantwortet. Doch zu seiner Überraschung war die Nachricht nicht von seinem Freund, sondern von einer unbekannten Nummer. Etwas verwirrt öffnete er die Nachricht, vielleicht war irgendetwas schief gelaufen. Doch viel schlauer machte ihn das auch nicht. Eher im Gegenteil.
 

Glücklich, wo du ihn abserviert hast? Du kleines Miststück lässt dich doch bestimmt schon von jemand anderen durchnehmen, oder?!
 

Das war alles, was dort stand. Ruki war etwas geschockt. Wenn die Nachricht wirklich an ihn gerichtet war, dann hatte dort jemand keine guten Ansichten über ihn. Was ihn stutzig machte, war das mit dem abservieren. War das vielleicht ein Freund von seinem letzten Date? Aber was gab diesem das Recht dazu so etwas zu schreiben, wo er nur ehrlich gewesen war?! Er schnaubte und beschloss die Nachricht zu ignorieren. Sollten sie denken, was sie wollten. Sie kannten ihn ja eh nicht.

Konnte dieser Tag eigentlich noch beschissener werden?, dachte er dann frustriert. Das Einzige, was heute okay gewesen war, war dass er Zeit mit Reita verbringen konnte.

Dann klingelte sein Handy erneut. Dieses Mal war die Nachricht von Reita, wie Ruki erleichtert feststellte.

Alles klar bei mir, danke. Bin beruhigt, wenn’s bei dir einigermaßen glimpflich ausgegangen ist. Können morgen ja ausführlich drüber reden. Schlaf gut!
 

Erleichtert schrieb Ruki ihm zurück. Am liebsten hätte er ihn angerufen, aber bevor es noch mehr Ärger mit seinen Eltern geben würde, ließ er es lieber. Wenn sein Vater noch auf die Idee kommen würde sein Handy für eine Woche einzubehalten, dann konnte er gar nicht mehr spontan mit seinen Freunden kommunizieren. Eigentlich hatte es ihn gewundert, dass er sein Handy nicht auch gleich losgeworden war.
 

„So und was ist bei dir gestern Abend passiert?“, wollte Reita am nächsten Tag in der großen Pause von Ruki wissen, nachdem der Jüngere den anderen erzählt hatte, was gestern passiert.

„Mein Vater war zwar noch ziemlich wütend, aber er hat mich wenigstens nicht angebrüllt. Ich habe mich entschuldigt und er hat seine Bestrafungsmaßnahmen bekannt gegeben. Meinen Laptop bin ich erstmal los, ich muss die ganze nächste Woche um sechs zu Hause sein und mein Vater hat mir einen Haufen Broschüren gegeben, damit ich bald weiß, was ich mit meinem Leben anfange. Außerdem muss ich mich in der der Anwesenheit meines Vaters bei meinem Lehrer entschuldigen und versuchen Freunde in meiner Klasse zu bekommen.“, antwortete Ruki mit einem gequälten Grinsen. Letztendlich wusste er, dass er auch selber Schuld war und das sein Vater ihn auch schlimmer hätte bestrafen können.

„Wir sind nicht mehr gut genug, hm?“, fragte Aoi ihn.

„Ihr seid zu alt.“, grummelte dieser.

„Na wir haben ja schon gemerkt, dass dein Vater nicht sehr begeistert von unserer Freundschaft ist.“, bemerkte Uruha.

„Vielleicht sind die Leute in deiner Klasse ja doch netter als du gedacht hast.“, versuchte Kai ihm etwas Positives an der Sache zu zeigen.

„Wir werden sehen.“, erwiderte Ruki mit einem Schulterzucken. Er war sich da ganz und gar nicht sicher.
 

„Du wusstest schon bescheid?“, fragte Uruha Reita als sie in der Klasse saßen.

„Ja, ich hab ihn gestern zufällig vom Büro weggehen sehen. Ich bin ihm hinterher und dann hat er mir alles erzählt.“, antwortete dieser. Was sonst noch passiert war, verschwieg er, aber er fand es nicht schlimm. Schließlich war es eine Sache zwischen Ruki und ihm gewesen.

„Haben sich deine anderen Freunde eigentlich mal bei dir gemeldet, seit du hier bist?“, wollte sein Freund wissen.

„Geht so. Eher sporadisch, per E-Mail. Aber ich würde jetzt auch nicht sagen, dass es gute Freunde waren. Nicht so wie wir fünf. Wir haben zwar nach der Schule auch was gemacht, aber letztendlich war es eher oberflächlich.“, erklärte der Blonde.

„Hat es einfach nicht gepasst, oder wieso? Du bist doch eigentlich ein umgänglicher Mensch.“, meinte Uruha.

„Ich schätze, mir geht es ähnlich wie Ruki. Es passt mit euch einfach besser.“, war Reitas Antwort mit einem hilflosen Schulterzucken. Dass er sich nachher zurückgezogen hatte, mochte er nicht sagen. Noch nicht. Vielleicht später, aber jetzt wollte er nicht darüber reden. Außerdem würde er zuerst mit Ruki reden. Es war nicht, als wenn er den anderen nicht vertraute, aber es würde ihn wirklich unglaubliche Überwindung kosten, mit allen darüber zu reden. Dazu saßen die Verletzungen zu tief und er war zu sehr gedemütigt worden, als dass er es freimütig jedem erzählen würde.
 

„Hey, Takanori wer ist eigentlich der große Blonde, mit dem du in letzter Zeit immer rumhängst?“, wollte Momoko aus Rukis Klasse von ihm wissen, bevor der Unterricht wieder anfing. Sie war eins der typischen jungen Mädchen, immer darauf bedacht niedlich zu wirken und besaß, wenn man den Gesprächen mit ihren Freundinnen glauben schenken dufte, immer die angesagtesten Klamotten. Alleine schon wie sie redete und wie sie ihn einfach bei Vornamen anredete, nervte Ruki. Er kam damit nicht wirklich klar. Aber mit den Worten seines Vaters im Hinterkopf atmete er einmal tief durch und versuchte ihr freundlich zu antworten.

„Ein alter Freund von mir, Akira.“, erklärte er ihr.

„Dann kennst du ihn schon sehr lange?“, fragte sie weiter.

„Ja, seit wir kleine Kinder waren.“, meinte Ruki. Natürlich kannte er Reita schon lange, wenn er ein alter Freund von ihm war, dachte er genervt.

„Du erzählst sonst nie was von dir.“, bemerkte Momoko mit einem Lächeln. „Morgen Nachmittag gehen ein paar von uns ins Cafe, willst du nicht mal mitkommen?“

Eigentlich hätte Ruki nein gesagt, so wie die ganze Male vorher auch, wenn sie ihn gefragt hatten, doch schon wieder hallten in seinem Kopf die Worte seines Vaters wider. Und so hörte er sich einen Moment später ja sagen.

Momoko lächelte ihn überrascht, aber sehr freundlich an: „Das ist super! Meinst du dein Freund will vielleicht mitkommen? Er sieht sehr nett aus…“

„Ich kann ihn ja mal fragen…“, erklärte Ruki. Er hatte sich schon nach der ersten Frage gedacht, dass sie an Reita interessiert sein könnte. Auch wenn er wusste, dass sein Freund schwul war, gefiel ihm die Idee, dass Momoko versuche könnte, sich an ihn heran zu machen ganz und gar nicht. Ruki beschloss ihn nicht zu fragen. Wahrscheinlich konnte Reita sich eh etwas Besseres vorstellen, als ihm bei seiner Klassensozialisation Händchen zu halten und sich von den Mädchen anhimmeln zu lassen. Er schluckte, bedeutete das, dass er eifersüchtig war? Aber Reita war sein bester Freund…
 

Nach dem Unterricht erwartete Rukis Vater ihn, damit sie zusammen zu seinem Lehrer gehen konnten. Dem Schwarzhaarigen war die ganze Sache mehr als unangenehm und sein Herz klopfte ganz schön. Es war ihm nicht leicht gefallen den Weg zu Lehrerzimmer zu gehen. Ein wenig fühlte er sich wie ein Tier auf dem Weg zur Schlachtbank. Er hasste es wirklich sich zu entschuldigen, denn das bedeutete, dass er zugeben musste, dass er einen Fehler gemacht hatte.

Sie betraten das Büro, nachdem sie geklopft hatten. Sie begrüßten sich und der Lehrer bat Ruki und seinen Vater vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Während sein Vater sich setzte, blieb der Jüngere stehen. Er hatte sich die Worte für seine Entschuldigung schon zu recht gelegt.

„Ich möchte mich für mein Verhalten gestern entschuldigen.“, begann er. Er verbeugte sich und fuhr fort: „Es war nicht richtig von mir einfach so wegzulaufen und meine Eltern und sie einfach so stehen zu lassen. Wenn ich mich nicht erwachsen verhalte, kann ich auch nicht erwarten, dass andere mich so behandeln. Ich habe viel darüber nachgedacht, und ich werde versuchen mich mit meinen Klassenkameraden anzufreunden.“

„Das freut mich zu hören, Takanori. Ich bin sehr zufrieden, dass du kommst und dich entschuldigst. Damit ist diese Sache, denke ich aus der Welt geschafft. Wir wollen dir ja nichts böses, sondern nur dein Bestes.“, entgegnete der Lehrer.

Sein Bestes wollten sie angeblich alle nur, aber manchmal fiel es ihm einfach schwer das zu glauben. Allerdings beschloss Ruki dazu nichts zu sagen, nicht wo alles dabei war wieder ins Lot zu kommen, sondern zog es vor einfach nur zu nicken.
 

Reita wartete noch nach der Schule auf Ruki, der zusammen mit seinem Vater das Gebäude verließ.

„Oh Akira, hast du auf Takanori gewartet?“, wollte Rukis Vater wissen. An seinem Blick konnte man sehen, dass es ihm nicht ganz so recht war. Dass die beiden sich so nahe standen, war ihm mit der Zeit immer unangenehmer geworden, da er nicht wusste, was er davon halten sollte. Ihm war aufgefallen, dass die ganzen Jahre, die die beiden nicht so viel Kontakt gehabt hatten, nichts daran geändert hatten. Und er hatte den Ausdruck in den Augen seines Sohnes gesehen, als dieser seinen Freund wiedergesehen hatte. Seit Reita wieder da war, hatte Ruki sich schon ein wenig verändert. Es war, als wenn mehr Leben in seinem Sohn war und es war das erste Mal seit Jahren gewesen, dass er sich direkt bei ihnen entschuldigt hatte. Doch so ganz wurde er die Angst nicht los, dass es mehr als Freundschaft sein könnte, was die beiden verband. Er wusste nicht genau, wieso er diese Angst hatte. Sie war einfach da. Und dann war es auch noch eine Freundschaft, die ganz und gar nicht dem Stand entsprach, den er sich für seinen Sohn vorgestellt hatte. Aber das war bei seiner Frau genauso. Doch in diesem Punkt hatte sie sich nie von ihm überzeugen lassen. Yui blieb ihre beste Freundin, genau wie ihr Sohn der beste Freund seines Sohnes blieb.

„Guten Tag, Matsumoto-san.“, erwiderte Reita freundlich, obwohl er den Blick bemerkt hatte. „Ja, ich dachte, ich warte kurz auf Ruki. Ich sollte ihm noch was für die Schule erklären.“ Das war nicht die Wahrheit, aber das musste Rukis Vater ja nicht wissen.

„Wenn das so ist, will ich euch nicht aufhalten. Außerdem muss ich wieder zur Arbeit. Aber Takanori, denk bitte dran, dass du um sechs zu Hause bist, heute Abend kommt die Freundin deines Bruders zum Essen vorbei…“, damit verabschiedete er sich und ließ die beiden Jungen alleine.

Crossing the line

Here with me VII
 

~ Crossing the line ~
 

„Danke, dass du auf mich gewartet hast.“, meinte Ruki zu Reita als sie alleine waren.

„Kein Problem.“, erwiderte dieser mit einem Grinsen. „Dann hast du das Schwerste erstmal hinter dich gebracht, hm?“

„Ich denke ja. Es ist immer schwer sich zu entschuldigen. Ich hab mich das erste Mal seit Jahren direkt bei jemanden entschuldigt.“, erklärte Ruki. Er mochte diesen Charakterzug an sich selber auch nicht besonders, aber er kam meist nicht dagegen an.

„Entschuldigen ist auch nicht leicht.“, gab Reita zu. „Hast du Lust nachher bei mit vorbeizukommen? Die anderen kommen auch.“

„Gerne, ich muss nur zusehen, dass ich um sechs zu Hause bin. Vor allem, wenn die Freundin von meinem Bruder kommt. Dann geht nachher das blöde Gefrage wieder los, wieso ich keine Freundin habe…blabla.“, meinte der Jüngere seufzend.

„Ist sie das erste Mal da?“, fragte der Blonde.

„Ja, sie komm zum ersten Mal. So lange sind die beiden noch nicht zusammen.“, antwortete Ruki.

„Dein Vater hat eben nicht gerade begeistert geguckt, als ich auf dich gewartet habe.“, stellte Reita dann fest. Inzwischen hatten sie sich auf den Nachhauseweg gemacht.

„Ich glaube, er ist nicht so begeistert davon, dass wir uns immer noch so gut verstehen. Du weißt ja wie er ist, mit seinen altbackenen Ansichten darüber, wie die Familie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und so.“, er lächelte gequält. Wie er es hasste, dass sein Vater von seinen Ansichten nicht abzubringen war. Oft genug hatte er mit ihm Grundsatzdiskussionen geführt.

Sein Freund seufzte: „Ja, ich weiß. Aber das wird keinen Einfluss auf unsere Freundschaft haben oder?“ Er wusste nicht genau wieso, aber er hatte plötzlich schreckliche Angst davor Ruki zu verlieren.

„Nein, das hat es nie und wird es auch nicht.“, erklärte dieser ernst.
 

„Ruki ist noch gar nicht da?“, wollte Kai erstaunt wissen, als sie zu dritt bei Reita ankamen. Er hatte erwartet, dass ihr Jüngster schon längst da war.

„Ich dachte, er hätte schon sein Zelt bei dir aufgeschlagen.“, lachte Uruha.

„Nein, noch schläft er bei sich zu Hause.“, erwiderte Reita grinsend.

„Noch?!“, erkundigte sich Aoi lachend. „Sicher, dass er seine Sachen nicht schon gepackt hat?“

„Wenn ich ehrlich bin, würde mich das nicht stören.“, antwortete der Blonde. Bevor er aber dazu kam seine Bemerkung weiter erläutern zu müssen, klingelte es an der Tür.

Die anderen drei wechselten nur einen vielsagenden Blick. Ihnen war nicht entgangen, dass die beiden bisher fast jede freie Minute miteinander verbracht hatten.

Kurze Zeit später kam Reita mit Ruki im Schlepptau wieder in sein Zimmer. Die beiden setzten sich zu den anderen auf den Boden, wobei sie nebeneinander saßen und ihre Beine sich berührten, was allerdings keinen der beiden störte.

„Da bist du ja, wir hatten uns schon gewundert.“, grinste Aoi ihren Jüngsten an.

„Weil ich nicht gleich nach der Schule mitgegangen bin? Ich sollte meinen Eltern momentan etwas entgegen kommen. Sonst darf ich am Wochenende bestimmt nicht mehr mit euch unterwegs.“, erwiderte Ruki.

„Uns wundert, dass du noch nicht bei Reita eingezogen bist. Wo ihr soviel Zeit miteinander verbringt.“, erklärte Uruha grinsend.

Der Schwarzhaarige konnte es nicht verhindern, dass er ein wenig rot wurde, obwohl er selber nicht genau wusste wieso. Seine Freunde wussten, dass Reita und er sehr gut befreundet waren, es musste ihm also keineswegs peinlich sein. „Manchmal würde ich auch lieber bei ihm wohnen.“, meinte er dann.

„Hat dein Eingliederungsprojekt in die Klasse schon Fortschritte gemacht?“, wollte Kai führsorglich wissen.

„Ja, ich bin morgen mit ein paar Leuten verabredet.“, erwiderte Ruki. „Momoko hat mich gefragt, ob ich mitkommen möchte.“

„Da war dein Vater bestimmt sehr begeistert.“, sagte Aoi.

„War er auch. Das hat seine Laune noch verbessert, nachdem die Freundin von meinem Bruder ja heute Abend zum Essen kommt. Mein Bruder muss ja eine nette Freundin haben.“, gab der Jüngere zurück.

„Du hast es ihnen immer noch nicht gesagt?“, fragte Kai nach. Er wusste, dass sein Freund nicht viel mit seinen Eltern über Dinge redete, die ihn betrafen, vor allem nicht in dieser Hinsicht, aber er gab die Hoffnung nicht auf, dass dieser eines Tages doch noch besser mit ihnen zurecht kommen würde.

„Das werde ich auch nicht ändern. Aber sie werden heute wieder Fragen stellen. Ob es da nicht ein süßes Mädchen gibt blablabla…“, erwiderte Ruki und verdrehte die Augen. „Lasst uns über was anderes reden, ja?“, meinte er dann. Als er das sagte, strich Reitas Hand wie zufällig an seinem Oberschenkel entlang. Ruki sah ihn an und bemerkte den ermutigenden Gesichtsausdruck seines Freundes. Unwillkürlich musste er zurück lächeln. Es war nur eine kleine Geste, aber manchmal waren es genau diese kleinen Gesten, die vielmehr aussagten als große. Genau dafür schätzte er den Älteren. Er schien meist genau zu wissen, wie er ihm Mut machen konnte oder wie er mit seinen Launen umgehen musste. Reita wollte ihn nicht verändern, er nahm ihn so wie er war.

„Wie sieht es eigentlich bei dir aus, Reita? Hattest du eine Freundin?“, wollte Kai wissen. Es war nicht nur pure Neugierde, die ihn diese Frage stellen ließ, sondern auch die Besorgnis, dass sich der Jüngere der beiden vielleicht am Ende Chancen erhoffte, die er nie haben würde. Er war sich nicht mehr ganz sicher, ob Rukis Verhalten nur aus reiner Freundschaft resultierte oder ob das nicht vielleicht mehr war.

„Nein, keine und ich denke auch nicht, dass sich das ändern wird.“, antwortete dieser.

„Deine Mutter stört das bestimmt nicht oder?“, fragte Uruha.

„Am Anfang war sie etwas überrascht, aber dann war es vollkommen in Ordnung.“, bestätigte Reita dessen Vermutung. Es hätte eigentlich alle gewundert, wenn Yui etwas dagegen gehabt hätte. Sie hatten Reitas Mutter immer als sehr offen und tolerant kennengelernt.
 

An dem Abend ging Uruha als letzter. Aoi und Kai waren einige Zeit nach Ruki gegangen. Er hatte noch mitbekommen wie Reitas Mutter nach Hause kam, die mehr als erfreut war ihn wieder zusehen. Gerne hätte sie auch die anderen beiden guten Freunde ihres Sohnes wiedergesehen, die sie alle noch als kleine Jungs kennengelernt hatte. Die Einladung zum Abendessen zu bleiben hatte er dankbar angenommen. Als er sich schließlich auf den Weg nach Hause machte, brachte der Blonde ihn zur Tür.

„Deine Mutter sieht wirklich noch jung aus.“, meinte er zu seinem Freund.

Dieser lachte: „Könnte daran liegen, dass sie noch jung ist.“ Wenn so etwas von seinen Freunden kam, war es in Ordnung für ihn. Sie hatten nie ein Problem mit seiner Familiensituation gehabt oder sich darüber lustig gemacht.

„Jetzt aber mal im Ernst. Tu mir bitte einen Gefallen, rede wenigstens mit Ruki, wenn dich etwas belastet. Wenn du alles in dich hineinfrisst, dann ist das überhaupt nicht gut für dich.“, erklärte Uruha dann aus heiterem Himmel.

Etwas überrascht sah Reita ihn an: „Ich…“

„Ist schon okay, aber denk dran, ja?“, wehrte sein Freund verständnisvoll lächelnd ab.

„Danke.“, erwiderte der Blonde sichtlich erleichtert. „Ich denk dran, versprochen.“ Kurz nachdem Uruha sich auf den Weg nach Hause gemacht hatte, bekam er eine Nachricht auf sein Handy von Reita.

Danke noch mal, dass du dir Sorgen um mich machst. Ich habe Ruki schon etwas erzählt. Gebt mir noch etwas Zeit, dann denke ich, werde ich euch darüber reden können. Es ist schön solche guten Freunde zu haben…
 

Ruki war mehr als pünktlich, als er das Haus seiner Eltern betrat. Er zog seine Schuhe und seine Jacke aus, bevor er in das Wohnzimmer ging, wo er seine Eltern vermutete. Ihre Abende verbrachten sie meistens im Wohnzimmer und wenn sie Besuch erwarteten saßen sie für gewöhnlich zuerst mit ihm in diesem Zimmer.

„Schön, dass du pünktlich bist.“, bemerkte sein Vater. Er klang ein wenig bissig als er das sagte.

„Ich sollte doch pünktlich sein.“, antwortete Ruki nüchtern.

„Das heißt für dich sonst auch nichts.“, bemerkte dieser. Seine Frau legte ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm, während ihr Sohn seine Antwort runterschluckte. Er kaute auf seiner Unterlippe herum, damit ihm nicht doch eine ebenfalls bissige Antwort über die Lippen kam.

„Vielleicht kannst du mir ja mal sagen, warum du immer so bist.“, fuhr sein Vater fort.

„Willst du das wirklich wissen?“, fragte Ruki.

„Gerne, denn ich weiß langsam nicht mehr, was wir mit dir machen sollen! Du redest kaum noch mit uns, das war früher ganz anders.“, forderte er seinen Sohn auf.

„Liebling…“, warf Noriko kurz ein. Sie wollte nicht, dass die Situation zwischen den beiden schon wieder eskalierte. Eigentlich sollte es ein netter Abend werden und keine Spannung in der Luft liegen. Doch langsam glaubte sie, dass zwischen ihrem Mann und ihrem Sohn immer eine gewisse Spannung in der Luft lag. Und sie konnte nichts dagegen tun.

„Weil ich das Gefühl habe, dass du mir nie richtig zuhörst und ich es dir einfach nie recht machen kann. Selbst wenn ich mich bemühe, reicht es nicht. Irgendetwas findest du immer, was dir nicht recht ist. Wenn ich gute Noten schreibe, heißt es nicht gut gemacht, sondern warum warst du nicht besser? Ich weiß, dass ich nicht so toll wie mein Bruder bin, aber ich weiß einfach nicht, was ich noch machen soll. Warum soll ich mir denn noch Mühe geben es dir recht zu machen, wenn es eh nicht funktioniert?! Kannst du mir nicht einmal sagen, dass ich etwas richtig mache?! Nicht ein einziges Mal?! Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich mich verstellen müsste, um es dir auch nur ansatzweise recht zu machen und das will ich nicht. Ich möchte ich selber sein, nicht nur jemand, der dir etwas vorlügt…“, erklärte Ruki möglichst ruhig, doch er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme sich am Ende etwas überschlug. Dazu ging ihm das Ganze zu nahe. Die Worte sprudelten hervor, ohne dass er großartig darüber nachgedacht hatte. Es war die Gelegenheit das auszusprechen, was ihm schon so lange auf der Seele brannte. Am Ende holte er hörbar Luft. Wahrscheinlich würde sein Vater ihm gleich ordentlich was erzählen, nachdem was er ihm alles an den Kopf geworfen hatte. Doch sein Vater sah ihn nur an, als ob er nach einer Antwort suchte, sie aber nicht gleich fand. Seine Mutter sah ihn betroffen an. Anscheinend hatte sie eine solche Antwort nicht erwartet. Bevor sie ihr Gespräch jedoch weiter vertiefen konnte, betrat sein Bruder das Wohnzimmer.

„Ich weiß ja nicht, was du schon wieder ausgefressen hast, aber ich hoffe, du schaffst es wenigstens dich für diesen Abend zusammen zu reißen.“, meinte er an seinen jüngeren Bruder gerichtet.

„Es ist ja nur ein Abend…“, murmelte Ruki. Er war es leid sich zu verteidigen und sich eine patzige Antwort einfallen zu lassen. In diesem Moment fühlte er sich unglaublich müde und kraftlos.
 

Später saßen sie alle zusammen beim Essen im großen Esszimmer. Ein wenig unwillig gestand Ruki sich ein, dass er die Freundin seines Bruders nett fand. Sie war recht hübsch, nicht so auf extrem niedlich getrimmt und war sehr freundlich. Trotzdem fühlte er sich nicht ganz wohl in seiner Haut, da er befürchtete, dass bald die Fragen kommen würden, die er nicht beantworten wollte. Besonders nicht wo er sehen konnte, dass seine Mutter gerade sehr glücklich war. Er würde sie nie so glücklich machen können und irgendwie tat ihm diese Erkenntnis weh.

„Es ist wirklich schön dich endlich mal kennenzulernen.“, erklärte Noriko mit einem schon fast seligen Tonfall. „Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass Takanori uns auch mal seine Freundin vorstellt.“ Sie dachte sich nichts schlimmes, als sie das sagte. Sie wusste nicht, wie sehr diese Bemerkung ihrem Sohn zusetzte.

„Du hast gar keine?“, fragte die Freundin seines Bruders erstaunt.

„Mein Bruder ist nicht ganz so sozial verträglich.“, klärte er sie auf. Ruki zog es vor darauf nichts zu erwidern. Vielleicht war es besser, wenn er einfach schwieg, statt immer nur kontra zu geben?

„Kann ich mir gar nicht vorstellen. Auf mich wirkst du sehr nett, Takanori.“, erwiderte sie an ihn gewandt. Sie schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. Zuerst sah Ruki sie überrascht an, doch dann erwiderte er das Lächeln.

„Du findest bestimmt noch eine sehr nette Freundin.“, sagte sie dann.

„Bestimmt.“, erwiderte Ruki. Dabei klang er nicht ganz so zuversichtlich wie er wollte.
 

Während Ruki Reita schon vor einiger Zeit auf die Tanzfläche des Clubs, saßen Aoi, Kai und Uruha an einem kleinen Tisch, von dem aus die beiden aber beobachten konnten. Vor ihnen standen ein paar Gläser auf dem Tisch. Die vier waren oft in dem Club, da man es hier nicht allzu ernst mit Konventionen nahm.

„Ist euch aufgefallen, dass die beiden viel entspannter sind, wenn der jeweils andere dabei ist?“, meinte Aoi, als sie die beiden beobachten, die sichtlich ihren Spaß hatten. Man konnte deutlich sehen, dass die beiden keinerlei Gedanken daran verschwendeten, was sie sonst belasten mochte oder was andere denken konnten, wenn sie sie so sahen.

„Klar, das ist auch nicht zu übersehen, wenn man die beiden etwas besser kennt.“, stimmte Uruha zu.

„Ruki hat sich sogar bei seinen Eltern entschuldigt, ich glaube, wenn Reita nicht hier gewesen wäre und mit ihm geredet hätte, hätte er es nicht getan.“, ergänzte Kai.

Sie sahen sich an und dann wieder auf die Tanzfläche, wo Reita gerade seine Hände auf die Hüften des Jüngeren gelegt hatte. Dieser grinste und rieb seine Hüften ein wenig an denen seines älteren Freundes. Nicht allzu auffällig, aber doch so, dass man es wahrnehmen konnte. Aber das interessierte hier eigentlich niemanden.

„Meint ihr, dass sich zwischen den beiden etwas mehr als Freundschaft entwickelt?“, wollte Kai wissen nachdenklich wissen. Bisher hatte er mit seinen Freunden noch nicht über seine Vermutung geredet, aber er hatte das Gefühl, dass dies hier der richtige Moment war.

„Ich denke, ja. Schaut euch die beiden doch an. Ich glaube nicht, dass sie sich im Klaren darüber sind, aber die kleinen Gesten und Blicke sprechen eigentlich Bände, wenn man sie bemerkt. So wie gestern, als Ruki nicht mehr über seine Probleme reden wollte und Reita ihn am Oberschenkel gestreichelt hat.“, antwortete Aoi und nahm danach einen Schluck von seinem Getränk.

„Ich hoffe, die beiden bekommen keinen Stress, wenn sie zusammenkommen. Ruki ist ja nun mal jünger und ich denke, wenn es ihm ernst ist, dann wird es schwieriger es vor seinem Vater zu verheimlichen, als bisher.“, erklärte Uruha.
 

Wenig später war Reita dabei Ruki und sich etwas zu Trinken zu holen, während der Jüngere etwas entfernt von ihm stand und auf ihn wartete. Auch wenn der Club ziemlich locker war, was Regeln anging, würden sie Ruki nichts zu trinken verkaufen, das Alkohol enthielt, weshalb er es dem Blonden überließ etwas zu trinken zu kaufen.

„Was für ein kleines Miststück! Du bist ihm zu alt, aber von dem da lässt er sich gleich flachlegen.“, hörte er plötzlich ein Stimme laut sagen.

„Wenn ich von Anfang an gewusst hätte, was der Kleine für eine Schlampe ist, dann wäre unser Date anders verlaufen. Dann wäre ich nicht so zurückhaltend gewesen.“, erwiderte eine Stimme, die Ruki nur allzu gut kannte. Auch wenn er sie nicht allzu oft gehört hatte, hatte er sie einen gesamten Abend lang ertragen müssen. Inzwischen hatte er auch die Person ausgemacht, die zu der Stimme gehörte. Praktisch neben ihm saß sein Date von vor ein paar Wochen.

„Oh Ruki! So ein Zufall dass du auch hier bist!“, flötete dieser.

Der Schwarzhaarige sah ihn unwirsch an. Langsam ahnte er, dass die SMS von einem der beiden gekommen war. Anscheinend war hier wirklich jemand gekränkt und ein nicht so guter Mensch, wie er vorgab zu sein.

„Und was hättest du dann mit mir gemacht?! Hättest du mich gleich im Auto flachgelegt?!“, fauchte Ruki schon fast. Das Ganze kotzte ihn ziemlich an. „Der wunderbare soziale Daisuke macht sich über einen wehrlosen 16 – jährigen her? Macht sich bestimmt gut in deinem Lebenslauf!“, fügte er sarkastisch hinzu.

„Als wenn dich das gestört hätte. Was ich inzwischen so gehört habe, lässt du dich von fast jedem, der einigermaßen gut aussieht, durchnehmen.“, schnaubte sein Date.

Bevor Ruki etwas erwidern konnte, merkte er wie jemand einen Arm um seine Schultern legte. „Ist das dein letztes Date, Ruki?“, erklang Reitas Stimme an seinem Ohr.

„Ja.“, antwortete der Jüngere schlicht. Er war froh, dass der Blonde da war. So fühlte er sich sicherer, auch wenn er die Sache wohl alleine hätte regeln können. Aber so konnte ihn auch sein oft überschäumendes Temperament nicht zu Dummheiten verleiten.

„Und du bist sein Neuer Stecher?!“, fragte Daisuke spöttisch.

„Ruki ist kein billiges Miststück, wie du vielleicht glaubst. Wobei ich den Eindruck habe, dass da nur dein verletzter Stolz spricht, weil du nicht bei ihm landen konntest. Das ist echt erbärmlich, für jemanden in deinem Alter.“, erwiderte Reita, ohne richtig auf den anderen einzugehen. Dann drehte er Ruki so zu sich hin, dass er ihm in die Augen blicken konnte. Er griff sanft nach dem Kinn des Jüngeren und zog ihn so näher so sich hin. Im nächsten Moment spürte Ruki Reitas weiche Lippen auf seinen. Zuerst war er überrascht, doch schnell genoss er den Kuss und vergrub seine Hand in Reitas Shirtärmel. Ruki bemerkte wie sich sein Herzschlag beschleunigte und er konnte förmlich spüren wie das Blut in seinen Ohren pochte. Noch nie zuvor hatte er so etwas bei einem Kuss gespürt. Er spürte Reitas Hand, die über seinen Nacken strich und kurz mit den Haarsträhnen dort spielte. Seine Gefühle waren mehr als durcheinander, doch seine Zuneigung zu Reita und das Kribbeln, was dessen Berührungen auslösten, waren dabei ihn wie eine riesige Welle zu überrollen. Das Einzige, was einen kleinen Stich in seinem Herzen hinterließ, war, dass er nicht wusste, ob Reita dasselbe empfand.

„Ich gebe dir einen guten Tipp; lass meinen Freund in Ruhe!“, erklärte Reita ernst, nachdem sie ihren Kuss beendet hatten. Sein Blick, dem er Daisuke zuwarf sprach Bände. Er machte klar, dass er Ruki beschützen würde, egal was passierte. Reita griff nach der Hand des Jüngeren und zog ihn mit sich fort. Bevor sie außer Hörweite waren, drehte sich Ruki noch einmal um: „Nur damit du Bescheid weißt, das Date war richtig scheiße! Du hast die ganze Zeit nur von dir geredet, da solltest du dich nicht wundern, wenn du einen Korb bekommst!“

Want, want, want

Here with me VIII
 

~ want, want, want ~
 

Während Ruki auf Reitas Bett saß und auf ihn wartete, war dieser im Badezimmer. Er füllte seine beiden Hände mit Wasser, um es sich ins Gesicht zu spritzen. Er war froh, dass die anderen nichts von ihrem Kuss mitbekommen hatten. Er hatte deutlich gemerkt, dass Ruki der Kuss gefallen hatte und er wusste auch ganz genau, dass es ihm selbst auch gefallen hatte. Es hatte sich so gut angefühlt, ihn zu küssen und zu streicheln. Das letzte Mal, dass er so etwas bei einem Kuss gespürt hatte, war gewesen, als er zum ersten Mal verliebt gewesen war. Warum genau er ihn geküsst hatte, konnte er nicht sagen. In diesem Moment war er einfach einem Impuls gefolgt. Zu gerne hätte er Ruki noch einmal geküsst, doch irgendetwas hatte ihn zurückgehalten. Es war die Angst, dass es die Dinge zwischen ihnen kompliziert machen würde und die Unsicherheit, was genau es war, was sie jetzt verband. Ruki war sein bester Freund, aber war er das jetzt immer noch? Eigentlich wusste er genau, dass er mit dem Kuss eine unsichtbare Linie überschritten hatte, die bei ihnen bisher Freundschaft und mehr getrennt hatte. Aber war das die richtige Entscheidung gewesen?

Er schüttelte den Kopf um die Gedanken zu vertreiben. Seine Gedanken wandten sich Rukis ehemaligem Date zu. Sein Freund hatte ihm später von der SMS erzählt, die er bekommen hatte. Reita hoffte inständig, dass der Kerl nach ihrem heutigem aufeinander Treffen aufgeben würde und den Jüngeren in Ruhe lassen würde. Jedenfalls hatte er Ruki gesagt, dass er zu ihm kommen sollte, wenn noch etwas sein sollte.

Reita seufzte und ging zurück in sein Zimmer. Er war sich nicht ganz sicher, wie er jetzt mit seinem Freund umgehen sollte, jetzt wo sie fast ganz alleine waren. Seine Mutter schlief schließlich schon längst.

Der Blonde setzte sich zu Ruki auf das Bett. Dieser sah ihm tief in die Augen, als suchte er dort die Antwort auf Fragen, die ihn beschäftigten. Schließlich atmete er hörbar ein und wandte sich an seinen älteren Freund: „Reita?“

„Ja?“, wollte dieser wissen.

„Der Kuss vorhin… war das einfach nur so? Oder hat es dir auch gefallen… ich meine… ich… würdest du… also hm… würdest du mich noch einmal küssen?“, stammelte Ruki. Die Worte kamen nicht ganz so heraus, wie er es sich erhofft hatte, aber er musste es jetzt einfach wissen. Das Ganze ließ ihm keine Ruhe mehr. Als er den Blonden ansah, wurde er rot.

„Darf ich das denn? Ich würde wirklich gerne… der Kuss war wirklich schön.“, erwiderte Reita.

„Du darfst.“, antwortete dieser nur. Einen Augenblick rutschte der Blonde näher und legte noch etwas zögerlich einen Arm um Ruki. Dann berührten sich ihre Lippen ein weiteres Mal. Genau wie beim ersten Kuss, war auch dieses Mal wieder das Kribbeln vorhanden. Ruki vergrub seine Hand in Reitas Haaren, während dieser ihn noch stärker in seinen Arm zog. Es dauerte eine ganze Weile bis sich ihre Lippen wieder trennten.

„Ich brauche keine extra Matratze oder so holen, oder?“, wollte Reita dann wissen, während er die Bettdecke zurückschlug.

„Meinetwegen nicht.“, erwiderte Ruki grinsend. Die beiden schlüpften zusammen unter die Decke. Der Jüngere kuschelte sich an Reita, der ihn in den Arm nahm. Ein weiteres Mal küssten sie sich. Ruki fühlte sich seit langer Zeit wieder einmal richtig geborgen. Er hatte das Gefühl, dass ihm nichts passieren konnte, wenn Reita da war. Trotzdem wollte er andererseits, dass auch der Ältere dieses Gefühl empfinden konnte. Er wollte ihm auch etwas zurückgeben. Diesem ging es eigentlich genau wie Ruki. Er fühlte sich sehr wohl, so wie der Jüngere sich an ihn gekuschelt hatte. Außerdem hatte er das dringende Verlangen den Jüngeren in seinen Armen zu beschützen.

„Reita… ich bin kein Miststück…oder?“, meinte Ruki plötzlich. Er klang verletzt, genauso wie im Club, als sein Exdate ihm das um die Ohren gehauen hatte. „Mit so vielen Kerlen hab ich nicht geschlafen… und ich weiß, dass ich nicht immer einfach bin, aber ich bin kein Miststück und keine Schlampe, wie er sagt…“

Reita strich ihm zärtlich durch die Haare: „Das weiß ich doch. Er hat kein Recht so was über dich zu sagen, er kennt dich doch gar nicht richtig. Wenn er es nicht vertragen kann, dass du nichts von ihm willst, dann ist das sein Problem nicht deins.“

„Danke.“, erwiderte Ruki erleichtert. Ihm war förmlich ein Stein vom Herzen gefallen, als Reita das sagte. Zufrieden schloss er die Augen. „Schlaf gut.“, murmelte er noch.

„Du auch.“, meinte der Blonde.

Es dauerte nicht lange da waren beide eingeschlafen.
 

Reita wachte auf, da er ein Poltern in der Wohnung hörte. Besonders fest hatte er noch nicht geschlafen. Wenig später flog die Tür zu seinem Zimmer auf. Jemand knipste das Licht an und stapfte zu seinem Bett. Reita brauchte ein wenig um seine Augen wieder an das Licht zu gewöhnen, doch ihm war gleich klar, wer die Person war, die in sein Zimmer gekommen war. In Gedanken verfluchte er sich, dass er nicht abgeschlossen hatte. Aber das hätte ihn nur für den Abend gerettet, nicht für den nächsten Tag.

Im nächsten Moment griff der Freund seiner Mutter unsanft nach seinem Arm und zog ihn aus dem Bett. Er war so überrascht, dass er es nicht schaffte, irgendwie auf die Beine zu kommen. Mit den Knien schlug er zuerst hart auf dem Boden auf, der Rest seines Körpers folgte.

„Wo zum Teufel ist deine Mutter?!“, fuhr der Mann ihn an. Reita schlug eine ziemlich starke Alkoholfahne entgegen. Das konnte heiter werden, dachte er verzweifelt.

„Sie müsste doch bald kommen. Sie ist doch mit ein paar Leuten von der Arbeit etwas trinken.“, antwortete der Blonde.

„Das weiß ich!“, schnauzte er ihn an. „Warum ist sie noch nicht wieder da?!“

Da war sie wieder, die unsägliche Eifersucht, die der Freund seiner Mutter viel zu oft empfand und die sich entweder gegen ihn oder seine Mutter entlud. Und heute hatte er auch mal wieder getrunken. Reita hatte Angst. So war der Mann unberechenbar…

„Das weiß ich nicht.“, erklärte er wahrheitsgemäß. Woher sollte er denn wissen, wieso seine Mutter noch nicht da war? Reita rappelte sich auf, er wollte nicht so unterwürfig auf dem Boden hocken.

„Was weißt du dämliches Gör überhaupt?!“, fauchte er. „Deine Mutter weiß genau, dass ich es nicht mag, wenn sie so spät noch mit anderen Männern unterwegs ist!“

„Aber wenn du weggehst ist das in Ordnung…“, grummelte Reita. Er wollte doch eigentlich nur seine Ruhe haben und schlafen. Seine Abneigung gegen den Mann vor ihm wurde immer größer. Mit jeder weiteren Minute, die er mit ihm verbrachte. Dann sah er die Faust auf sich zukommen, als er ausweihen wollte, stieß er gegen sein Bett, sodass er nicht weiter zurück weichen konnte. Der Schmerz durchzuckte seinen Körper und er sank auf das Bett.

„Sie sollte dich endlich rausschmeißen. Du bist eh zu nichts gut! Dann hätten wir zumindest unsere Ruhe!“, knurrte der Mann und baute sich über ihm auf…
 

Als Reita aus seinem Alptraum aufschreckte, weckte er damit auch Ruki. Der Jüngere hatte immer noch in seinem Arm gelegen, aber dadurch, dass der Blonde auf einmal senkrecht im Bett saß, rutschte er unsanft aus seiner Umarmung. Reita registrierte nur noch panisch, dass irgendjemand neben ihm in seinem Bett lag, erst langsam sickerte in seinen verschlafenden Verstand, dass es Ruki war, der dort neben ihm lag.

Der Jüngere merkte, wie panisch der andere war: „Reita! Ich bin’s doch nur, Ruki.“ Er versuchte möglichst beruhigend zu klingen, doch es machte ihm schon Angst ihn so zu sehen.

„Ruki?“, flüsterte Reita unsicher. Er zitterte leicht.

„Ja. Keine Sorge, ich bin’s wirklich nur.“, erklärte dieser. Erleichtert, dass sein Freund wieder einigermaßen klar denken konnte und ihn erkannte.

„Tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun. Ich hab mich nur erschreckt, dass jemand da war.“, erwiderte Reita betroffen. Er hatte Ruki bestimmt nicht weh tun wollen.

„Ist schon okay. Schlecht geträumt?“, wollte er wissen. Ruki zog den Älteren, der immer noch zitterte in seine Umarmung. Ohne Widerstand ließ Reita ihn gewähren. Er wollte sich aber auch gar nicht dagegen wehren. Rukis Umarmung, seine Hände, die ihm durch die Haare strichen, taten unwahrscheinlich gut. Der Jüngere merkte wie sein Freund sich wieder entspannen konnte.

„Ja, schlecht geträumt.“, erklärte er dann. „Ich hasse den Exfreund von meiner Mutter…“, murmelte er dann düster.

Langsam sorgte Ruki dafür, dass sie wieder in die Kissen des Bettes zurücksanken. Als sie wieder lagen, vergrub Reita sein Gesicht im T-Shirt des Jüngeren und sog dessen vertrauten Geruch ein.

„Er hat dich nicht gut behandelt oder?“, fragte dieser vorsichtig.

„Nicht wirklich.“, antwortete der Blonde. „Er war immer sehr eifersüchtig auf meine Mutter. Wenn sie nicht sofort von der Arbeit nach Hause kam oder nach der Arbeit noch mit Kollegen etwas trinken war, dann war er richtig unausstehlich. Oft hat er dann getrunken, was ihn nur noch unberechenbarer gemacht hat. Aber sie war am Anfang so glücklich…das wollte ich ihr nicht kaputt machen…“

„Schlaf ruhig weiter. Ich pass auf dich auf, so wie du früher auf mich.“, meinte Ruki und küsste ihn auf die Stirn. Er hatte gemerkt, dass Reita nicht mehr weiterreden mochte.

Wenn sie, als sie noch kleiner waren, beieinander übernachtet hatten und Ruki dann einen Alptraum gehabt hatte, war er immer zu Reita unter die Decke gekrabbelt. Dieser hatte ihn in den Arm genommen. Entweder hatte das schon gereicht, um den Jüngeren zu beruhigen oder er hatte ihm noch eine Geschichte erzählt. Dabei war es eigentlich egal gewesen was, Hauptsache es lenkte Ruki irgendwie ab. Bei der Erinnerung daran, musste Reita grinsen.

„Danke. Du bist ganz schön stark geworden, weißt du das?“, erkundigte sich der Blonde.

„So stark bin ich nicht. Dann würde ich meinen Eltern die Wahrheit sagen… ich versuche nur irgendwie über die Runden zu kommen. Du bist viel stärker. Obwohl du selber Probleme hast, hilft du mir die ganze Zeit.“, widersprach Ruki.

„Du bist stärker, als du denkst. Ich, an deiner Stelle, würde ihnen auch nicht die Wahrheit sagen. Wenn meine Mutter anders drauf wäre, hätte ich ihr auch nichts davon erzählt.“, meinte Reita. Dann gähnte er. Er war wirklich müde. „Ich glaube, wir verschieben unser Gespräch lieber auf morgen.“

„Gute Idee.“, stimmte Ruki zu. Er hielt den Älteren immer noch fest in seinem Arm und war auch nicht gewillt, das zu ändern. Er wollte nicht, dass Reita noch einmal einen Alptraum hatte. Auch wenn ihm klar war, dass er darauf wahrscheinlich keinen großen Einfluss haben würde, wollt er es zumindest versuchen.
 

Am nächsten Morgen wachten die beiden recht spät auf. Reita lag immer noch in Rukis Armen. Die restliche Nacht hatte er ohne weitere Alpträume ruhig schlafen können, anders als sonst. Er war wirklich froh darüber, dass der Jüngere da gewesen war. Es war das erste Mal, dass Reita sich danach nicht so ausgelaugt fühlte. Ruki tat ihm gut, ohne Zweifel…

„Hey…“, meinte er dann zu Ruki. Er schälte sich ein wenig aus der Umarmung, damit er ihm besser ins Gesicht sehen konnte. Außerdem nahm er an, dass Rukis einer Arm inzwischen ziemlich taub war, wenn er die meiste Zeit darauf gelegen hatte.

„Hey…“, erwiderte dieser.

„Danke für gestern Nacht.“, erklärte Reita. „Ich hab selten nach solchen Träumen so gut geschlafen wie gestern. Ich glaub, du musst jetzt jede Nacht bei mir übernachten.“

„Wenn du meinen Vater davon überzeugst gerne.“, erwiderte dieser mit einem schwachen Grinsen.
 

Während Yui und Noriko am Sonntagnachmittag zusammen im Wohnzimmer saßen und Kaffee tranken, war Reita zu Ruki nach oben gegangen. Er klopfte und betrat das Zimmer, nachdem der Jüngere ihn dazu aufgefordert hatte. Ruki saß an seinem Schreibtisch umgeben von einem Stapel Broschüren, die sein Vater ihm gegeben hatte. Sein Gesichtsausdruck erhellte sich, als er Reita erkannte.

„Hi!“, meinte er fröhlich.

„Hi, na schon fündig geworden, was die Zukunft angeht?“, erwiderte dieser.

„Hm, ich glaube, ich studiere BWL oder so…“, antwortete Ruki. Dann verdrehte er die Augen: „Ich hasse Mathe!“

Reita klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter: „Das wird schon!“ Plötzlich entdeckte er, dass in dem kleinen Bücherregal über Rukis Schreibtisch ein zum Teil recht abgekuschelter Teddy saß. „Du hast den Teddy noch?“, fragte er erstaunt. Er war doch überrascht, dass der Teddy so sichtbar im Zimmer saß. Eigentlich war Ruki keine sehr rührselige Person, aber das Stofftier schien ihm immer noch eine ganze Menge zu bedeuten. Andererseits hatte er selber auch noch eine Menge Dinge, die Ruki ihm geschenkt hatte.

„Klar hab ich den noch!“, erwiderte dieser grinsend. „Der kommt auch nicht weg. Der sitz immer da und passt auf mich auf, so wie du.“
 

Nachdem Reita sich beim Spielen auf dem Spielplatz den Kopf aufgeschlagen hatte, da er unglücklich gefallen war, war Yui sofort mit ihm ins Krankenhaus gefahren. Dort hatte der Arzt die Wunde genäht und dem Jungen einen Verband verpasst. Die Nacht sollte Reita noch zur Beobachtung da bleiben um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung war.

Schließlich saß er auf dem Bett in dem Zimmer, das er bisher für sich alleine hatte und blätterte in der Zeitschrift, die seine Mutter ihm noch mitgebracht hatte.

Dann öffnete sich die Tür und eine Krankenschwester, die sich vorhin auch um ihn gekümmert hatte, kam herein. Ihr folgte eine Frau mit einem kleinen Jungen an der Hand ins Zimmer. Besonders glücklich sah der Junge nicht aus, eher, als wenn er gleich losweinen würde. Der Junge war kleiner und sah jünger aus als Reita.

„Ich bin morgen sofort wieder da, wenn du operiert wirst, in Ordnung Taka-chan?“, meinte die Frau zu ihrem Sohn. Dieser sah sie mit großen Augen an, nickte aber wenig begeistert. Er schniefte: „Ich hab Angst, Mama.“

Sie strich ihm durch die Haare: „Das brauchst du nicht. Das geht alles ganz schnell.“

„Genau, du brauchst keine Angst haben, Takanori. Schau mal, du hast auch einen netten Bettnachbarn.“, erklärte die Krankenschwester und deutete auf Reita. Sie lächelte beiden zu.

Dieser hatte inzwischen beschlossen, dass er den Kleinen nett fand und es ihn nicht stören würde ein wenig den großen Bruder für ihn zu spielen. Er hatte ja sonst nie die Gelegenheit sich um jemanden zu kümmern und bevor es hier richtig langweilig wurde... Er legte die Zeitschrift zur Seite und rutschte von seinem Bett. Er schlurfte zu den dreien hinüber und streckte dem Jungen die Hand hin: „Ich kann auf dich aufpassen.“

Dieser sah ihn etwas verunsichert an. Man konnte richtig sehen, wie er mit sich kämpfte.

„Ich bin Akira und du?“, fragte er.

„Takanori…“, antwortete dieser immer noch etwas schüchtern. Doch dann griff er nach Reitas Hand. „Passt du wirklich auf mich auf?“

„Klar, mach ich das. Ich bin doch schon groß.“, erklärte der andere.

„Wie alt bis du?“, wollte Ruki wissen. Er sah, dass der andere größer war, aber man konnte ja nie wissen. Die anderen Kinder in seinem Alter waren meist auch größer als er selbst.

„Fünf und du?“, antwortete Reita.

Ruki hob seine Hand und zeigte nach einer Weile konzentrierten Nachdenkens drei Finger: „Ich bin drei.“ Dann fügte zwei Finger hinzu, überlegte kurz und meinte dann: „Dann bist du zwei Finger älter als ich.“ Damit war Akira genau so alt wie sein großer Bruder, also würde er auf ihn aufpassen können.

Der Ältere grinste. Er hatte das schon schneller überblickt, wusste aber, dass er mal genauso gerechnet hatte.

„Siehst du, du brauchst keine Angst haben. Akira passt auf dich auf, bis ich wieder da bin.“, meinte Noriko erleichtert. Besonders wohl war ihr nicht dabei gewesen ihren kleinen Sohn alleine hier zu lassen, aber sie konnte schlecht die ganze Zeit im Krankenhaus bleiben, die er hier bleiben musste. Dann wandte sie sich an Reita: „Danke, dass du auf ihn aufpasst.“
 

Nachdem Rukis Mutter gegangen war, hatte die Krankenschwester ihnen noch etwas zu trinken gebracht und die beiden dann alleine gelassen, nachdem sie festgestellt hatte, dass die beiden wohl keine Probleme damit haben würden. Die beiden saßen einträchtig auf Reitas Bett.

„Was haben sie mit dir gemacht?“, fragte Ruki und deutete auf Reitas Verband um den Kopf.

„Ich bin von Klettergerüst gefallen und dann hat das ganz doll geblutet. Also ist meine Mum mit mir hierher gefahren und die haben das genäht.“, erklärte der Ältere.

„Tat das weh?“, fragte der Kleine entsetzt.

„Nee, gar nicht.“, meinte Reita. „Warum bist du hier?“

„Ich hab immer Rückenschmerzen, deshalb schneiden die das morgen auf!“, antwortete dieser aufgeregt.

„Aber das tut bestimmt auch nicht weh.“, sagte der Ältere aufmunternd. „Wenn die machen können, dass das ganze Blut weg ist und das sogar nähen können, ohne dass das weh tut, dann können die das auch.“
 

Als die Krankenschwester sie ins Bett gebracht hatte und das Licht ausgemacht hatte, hörte Reita Ruki doch wieder schniefen. So alleine in dem großen Bett hatte er wieder Angst bekommen.

„Soll ich bei dir schlafen?“, fragte Reita ins Dunkle hinein. So ganz wohl fühlte er sich hier auch nicht. Es war alles so anders als zu Hause. Viel kälter.

„Ja.“, schniefte Ruki. Einen Moment später hörte er, wie der Ältere aus dem Bett rutschte und zu ihm rüber kam. Er krabbelte zu dem Jüngeren unter die Decke, der sich erleichtert an ihn kuschelte. So fühlte er sich viel sicherer, als ganz alleine.

„Wenn du nicht mehr da bist, kommst du mich dann besuchen?“, wollte Ruki wissen. Reita hatte ihm erzählt, dass er morgen eigentlich wieder nach Hause sollte.

„Klar!“, antwortete dieser ernst. Rukis Hand vergrub sich in seinen Schlafanzug und wenig war er eingeschlafen. Reita hatte nun wirklich das Gefühl seinen neuen Freund beschützen zu können.
 

Am nächsten Tag kam Yui vormittags ins Krankenhaus um ihren Sohn abzuholen. Sie war etwas überrascht, als sie mit der Krankenschwester zusammen in das Zimmer kam und am Shirtzipfel ihres Sohnes einen anderen kleinen Jungen erblickte. Sie kniete sich freundlich lächelnd zu dem Kleineren hin: „Hi, ich bin Akiras Mutter und wer bist du?“

„Takanori.“, antwortete dieser, etwas schüchtern, aber wenn Akira nett war, musste seine Mutter es auch sein.

„Taka-chan wird nachher operiert, kann ich ihn morgen besuchen?“, wollte Reita wissen.

„Ich denke, das kriegen wir hin.“, meinte seine Mutter lächelnd. „Du wirst operiert? Dafür bist du aber ganz schön tapfer.“

„Aki hat auf mich aufgepasst.“, erwiderte Ruki mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Dieser nickte bestätigend und ein wenig stolz.

Ein weiteres Mal ging die Tür auf. Dieses Mal kam Rukis Mutter ins Zimmer. Ihr Sohn sprang ihr förmlich in die Arme, froh, dass sie endlich wieder da war. Sie schloss ihn in die Arme.

Dann begrüßte sie Reitas Mutter höflich, stockte danach aber. Überrascht sah sie die junge Frau an: „Yui?“

Diese war genauso überrascht, die alte Schulkameradin wieder zu sehen. Sie waren für ein Jahr im selben Schulsportclub gewesen, bis Rukis Mutter die Schule abgeschlossen hatte. Während dieser Zeit hatten sie sich, trotz des Altersunterschiedes gut verstanden.

„Noriko! Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen. Und dann treffen wir uns hier.“, meinte Yui lächelnd.

„Eine halbe Ewigkeit ist das her. Ist das dein Sohn?“, fragte sie freundlich.

„Ja das ist Akira.“, antwortete Reitas Mutter.

„Er besucht mich morgen!“, meldete Ruki sich nun zu Wort und zupfte seiner Mutter leicht an der Hose.

„Ehrlich? Das freut mich für dich. Hat er gut auf dich aufgepasst?“, fragte Noriko ihren Kleinen. Der zur Bestätigung kräftig und stolz nickte. „Danke dir, Akira.“, meinte sie dann zu Yuis Sohn.

„Woher kennt ihr euch?“, wollte er dann wissen. Wenn seine Mutter Menschen traf, die sie von früher kannte, reagierte diese meist anders, wenn sie sahen, dass sie einen Sohn hatte. Zwar versuchte seine Mutter dafür zu sorgen, dass er das nicht mitbekam, aber es gelang ihr nicht immer.

„Wir kennen uns von der Schule. Wir waren im Tennisclub und da Takanoris Mutter älter ist als ich, hat sie sich ein wenig um mich gekümmert.“, meinte Yui.

Es klopfte an der Tür und die Krankenschwester kam herein. Sie begrüßte die beiden Mütter freundlich.

„Na, Akira ist deine Mama gekommen, um dich abzuholen?“, wollte sie dann von Reita wissen.

„Ja, aber wir kommen morgen wieder, damit ich Taka-chan besuchen kann.“, antwortete dieser.

„Das ist ja prima! Vielleicht sehen wir uns dann ja auch noch mal. Ihr habt euch ja gleich angefreundet und du hast dich gestern ja wirklich gut um ihn gekümmert. Wie ein großer Bruder.“, meinte die Krankenschwester. Reita nickte als Antwort. Dann wandte sie sich an den Jüngsten: „Dann kannst du dich ja auf etwas freuen, hm? Aber wir müssen jetzt langsam mal sehen, dass wir dich fertig machen für die Operation…“

Ruki griff nach ihrer Hand, die sie ihm ausgestreckt hinhielt und sie führte ihn erstmal zum Bett.

„Sehen wir uns dann morgen auch?“, fragte Noriko Yui.

„Gerne, dann können wir uns in aller Ruhe unterhalten.“, antwortete diese.
 

Wie versprochen besuchte Reita seinen neugewonnen Freund am nächsten Tag im Krankenhaus. Mit im Gepäck hatte er einen kleinen Teddybären, den er dem Jüngeren an diesem Tag schenkte. Es war derselbe Teddy, der immer noch in dessen Regal saß.

How about truth

Here with me IX
 

~ How about thruth ~
 

„Ich mache mir Sorgen um Takanori. Ich habe wirklich Angst ihn zu verlieren.“, seufzte Noriko und nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Was ist denn los?“, wollte Yui wissen. Sie hatte schon gemerkt, dass ihre Freundin irgendetwas belastete.

„Er ist so anders als früher. Er erzählt kaum noch was von sich und ich habe das Gefühl, dass ich gar nicht mehr an ihn heran komme. Und er streitet sich die ganze Zeit mit seinem Vater. Anfangs habe ich noch gedacht, dass es nur eine Phase ist, weil er ja nun mal 16 ist und da ist nicht immer alles so einfach. Letztens wollte mein Mann von ihm wissen, warum er oft schwierig ist und Takanori meinte, dass er das Gefühl habe es ihm nicht Recht machen zu können, mit nichts, was er tue. Außerdem meinte er, dass er nicht er selbst sein könne, wenn er es ihm recht machen wolle. Ich war ziemlich entsetzt, als er das gesagt hat. Und beim Essen mit der Freundin seines Bruders war er auch ziemlich still.“, erzählte sie. Auf ihrer Stirn zeichneten sich recht tiefe Sorgenfalten ab.

„Ich glaube, du solltest versuchen alleine mit ihm zu reden. Du musst ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und ihn bedrängen. Versuch es langsam anzugehen. Ich glaube, er würde sich darüber freuen, wenn er mit dir reden kann.“, entgegnete Yui verständnisvoll. Sie wusste, wie es sich anfühlte, wenn man das Gefühl hatte seinen Sohn zu verlieren. Sie selber hatte es erlebt. Reita war immer verschlossener geworden, bevor sie heraus gefunden hatte, was zwischen ihrem Lebengefährten und ihn passiert war.

„Ich denke, das werde ich tun. Aber ich bin froh, dass Akira und er sich noch so gut verstehen. Die beiden sind ja fast unzertrennlich, seit ihr wieder da seid und er scheint wenigstens mit Akira zu reden.“, meinte Noriko dann mit einem Lächeln.

„Ja, so wie früher.“, lachte Yui. „Ich muss sagen, ich bin auch sehr froh darüber, dass die beiden sich so gut verstehen. Takanori tut Akira wirklich gut. Es geht ihm viel besser, seit wir wieder hier sind. Ich schätze mal, dass es ihm gut tut, dass er endlich mal mit jemanden darüber reden kann. Ich hatte nämlich auch Angst ihn zu verlieren und ich glaube, das hätte ich auch beinahe.“

Noriko war ziemlich erstaunt. Eigentlich war die Beziehung von Yui und Akira immer sehr gut gewesen. Manchmal hatte sie sich sogar gewünscht so etwas auch mit ihrem Sohn zu haben. Aber damals hatten sie auch noch eine bessere Beziehung gehabt. Ruki war oft zu ihr gekommen, wenn ihn etwas beschäftigte.

„Was ist bei euch passiert? Außer du möchtest nicht darüber reden…“, meinte Noriko dann.

„Es ist, denke ich, mal ganz gut mit jemanden darüber zu reden. Ich hatte ja schon gesagt, dass er nicht besonders gut mit meinem Exfreund klar kam. Akira hat sich wirklich Mühe gegeben und am Anfang sah es auch so aus, als wenn es alles gut klappen würde, zumindest war es so, wenn ich dabei war. Nach circa zwei Monaten habe ich gemerkt, dass die Situation zwischen Akira und ihm oft angespannt war. Aber wenn ich ihn gefragt habe, hat er jedes Mal gesagt, dass alles in Ordnung sei. Obwohl ich irgendwie das Gefühl hatte, dass das nicht stimmt, habe ich ihm geglaubt, oder ich wollte ihm glauben. Ich weiß es nicht genau, aber ich hätte merken müssen, dass er nicht die Wahrheit sagt. Jedenfalls wurde es immer schlimmer, es war okay, wenn wir beide alleine waren, aber Akira und mein Expartner sind immer häufiger aneinander geraten und er kam oft nur noch nach Hause, wenn ich auch da war. Mein Expartner hat sich aber auch oft in die Erziehung eingemischt, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass das eigentlich meine Sache ist.“, Yui machte eine kurze Pause. Sie nahm einen Schluck Tee und seufzte. Man konnte deutlich sehen, dass ihr das Ganze zu schaffen machte. „Deshalb bin auch ich ab und zu mit meinem Expartner aneinander geraten. Und ich habe gemerkt, dass er ziemlich eifersüchtig war. Ich habe dann später mitbekommen, dass er Akira nicht nur eingeredet hat, dass ich ihn hasse und er mir mein ganzes Leben kaputt gemacht hat, sondern dass er ihn auch geschlagen hat. Das ist der Grund wieso wir wieder zurückgekommen sind. Ich habe mich von ihm getrennt und wir sind praktisch in einer Nacht und Nebel Aktion umgezogen. Da war ich einmal egoistisch und dann muss er so leiden…“, fuhr sie dann fort. Mitfühlend legte Noriko ihr eine Hand auf die Schulter. Sie war entsetzt, über das was ihre Freundin ihr erzählte. Es erschütterte sie zutiefst, was sie eben gehört hatte.

„Das ist ja schrecklich! Har er dich auch…“, sie schaffte es nicht die Frage ganz auszusprechen.

„Ja, aber nicht so oft und schlimm wie Akira. Er hat sogar ein paar Narben davon getragen!“, antwortete Yui mit hängenden Schultern. „Ich wollte ihn immer beschützen und ich konnte nicht mal erkennen, wie schlimm es für ihn war. Ich fühle mich, als wenn ich als Mutter versagt hätte! Ich… ich hab immer versucht ihn zu beschützen, vor den bissigen Kommentaren, vor den abschätzigen Blicken und dann passiert so was…“ Sie spürte wie ihre Freundin sie in die Arme nahm und ihr tröstend über den Rücken strich.
 

In der Zwischenzeit saßen Reita und Ruki auf dessen Bett und sahen sich einen Film an. Zu gerne hätte Reita den Jüngeren in den Arm genommen und auch Ruki hätte sich gerne an ihn gekuschelt, doch aus Angst, dass jemand hereinkommen konnte, ließen sie es. Abschließen wollte der Jüngere auch nicht, das würde ziemlich verdächtig aussehen, falls jemand kommen würde. Stattdessen hatten sie ihre Hände ineinander verharkt. Da die Hände zwischen ihren Körpern waren, würde das so schnell niemand sehen. So fühlten sie sich stärker miteinander verbunden, als wenn sie nur nebeneinander saßen.

„Magst du morgen vorbeikommen? Dann hätten wir ein paar Stunden für uns…“, wollte Reita wissen.

„Gerne, das wäre prima.“, grinste Ruki. „Ich freu mich drauf.“

„Ich mich auch.“, lächelte der Ältere. Irgendwie hatte er nun das Gefühl, dass es zwischen ihnen nicht komplizierter werden musste. Es schien alles gut zu sein.

Ruki warf einen Blick zur Zimmertür und horchte eine Weile angestrengt, ob er jemanden in der Nähe hören konnte. Als er, sehr zu seiner Zufriedenheit, nichts hören konnte, drehte er sich zu seinem Freund hin und veränderte seine Position so, dass er ihn kurz küssen konnte. „Ein paar Stunden nur für uns wäre mehr als prima.“, grinste Ruki dann.

Reita stippte ihm mit dem Finger gegen die Nase: „Blödmann.“

Woraufhin der Jüngere nun gespielt schmollend guckte. Nun horchte Reita kurz, ob jemand in der Nähe war, dann beugte er sich zu ihm hin und küsste ihn seinerseits. „Wieder gut gemacht?“, wollte er wissen.

„Hm, nicht ganz, den Rest kannst du morgen nachholen.“, erwiderte Ruki und verharkte ihre Hände wieder ineinander, nachdem er sich zurück neben seinen Freund gesetzt hatte.
 

„Redest du eigentlich mit Takanori über die Sachen, die passiert sind?“, fragte Yui ihren Sohn als sie zusammen auf dem Weg nach Hause waren.

„Ja, ich habe ihm noch nicht alles erzählt, aber wir reden schon darüber. Ist dir das nicht recht?“, antwortete er.

„Nein, das ist schon in Ordnung. Das tut dir, denke ich, ganz gut. Ich habe heute auch mit Noriko darüber geredet.“, erklärte sie.

„Das dürfte dir wiederum ganz gut tun.“, meinte Reita lächelnd. „Mir hilft es wirklich, wenn ich mit Ruki darüber reden kann. Gestern, als er bei uns übernachtet hat, hatte ich wieder so einen Alptraum, aber nachdem er mich aufgeweckt hat, konnte ich wieder ruhig schlafen, nicht so wie sonst.“

„Das freut mich wirklich. Aber Takanori redet mit dir auch über seine Sorgen, nicht wahr?“, meinte Yui.

„Klar tut er das.“, erwiderte ihr Sohn. „Warum fragst du?“

„Noriko macht sich Sorgen um ihn. Sie ist froh, dass er anscheinend wenigstens mit dir über so etwas redet.“, erklärte sie. „Ich habe ihr geraten, dass sie vorsichtig versuchen sollte, sich ihm zu nähern und mit ihm zu reden. Vielleicht könntest du Takanori ja ein wenig in die richtige Richtung schubsen, wenn er nicht von alleine zustimmt? Ich denke, das wäre für beide recht wichtig.“

„Kann ich gerne machen. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass er von ganz alleine zusagt. Zumindest wenn es um seine Mutter geht.“, erwiderte Reita.

„Gut, wenn du das so siehst. Ich denke auch, dass sie ihn noch nicht verloren hat.“, antwortete Yui dann.
 

Ungefähr zur selben Zeit als Reita und seine Mutter ihr Appartement erreichten, klopfte es etwas zaghaft an der Tür zu Rukis Zimmer. Er war etwas überrascht, als seine Mutter sein Zimmer betrat, nachdem er sein okay dafür gegeben hatte. Irgendwie kam es ihm so vor, als wenn es Ewigkeiten her war, dass sie hier gewesen war.

„Darf ich mich setzen?“, wollte sie wissen.

„Klar.“, erwiderte Ruki und machte ihr Platz auf dem Bett. Noriko setzte sich auf die Bettkante und lächelte ihn an.

„Hattest du Spaß heute mit Akira?“, fragte sie.

Beinahe wäre Ruki rot geworden. Auf eine seltsame Weise fühlte er sich ertappt, dabei wusste sie doch gar nicht, was zwischen ihnen passiert war. Sie wusste nichts von den Küssen und Berührungen…

„Hatte ich. So wie immer. Du hattest doch bestimmt auch einen schönen Nachmittag?“, brachte er schließlich hervor.

„Ja, das hatte ich. Eigentlich wollte ich dich etwas anderes fragen…“, begann seine Mutter.

„Was wolltest du denn?“, erkundigte sich Ruki neugierig. Wenn er ehrlich war, hatte er keine Ahnung, was sie ihn fragen wollen könnte.

„Mir ist aufgefallen, dass wir lange nichts mehr zusammen unternommen haben wir beide, so wie früher, als wir beide oft im Zoo waren oder so.“, führte sie aus. Als Ruki noch klein gewesen war, waren seine Mutter und er wirklich oft unterwegs gewesen, während sein großer Bruder eher etwas mit seinem Vater unternommen hatte. „Na ja, ich finde es eigentlich schade. Wir sehen uns kaum noch und da dachte ich, vielleicht könnten wir ja mal zusammen einen Kaffee trinken gehen… also wenn dir das nicht peinlich ist mit deiner Mutter etwas zu unternehmen.“

Überrascht sah Ruki sie an, doch dann begriff er, dass sie ihm hier gerade die Hand ausstreckte und versuchte einen Schritt auf ihn zuzugehen. Er hatte den einen Abend gesehen, dass seine Mutter geschockt gewesen war, als er gesagt hatte, dass er sich total missverstanden fühlte. Und nun tat sie das, was er sich schon so lange erhofft hatte. Er schlang die Arme um seine inzwischen angewinkelten Beine. Ein schon fast wehmütiges Lächeln stahl sich auf seine Lippen: „Das war immer schön früher. Aber ich würde gerne mit dir einen Kaffee trinken gehen. Es ist mir nämlich nicht peinlich mit dir gesehen zu werden.“

Die Gesichtszüge seiner Mutter erhellten sich vor Erleichterung, dass er zugestimmt hatte: „Wann hättest du denn Zeit? Morgen nach der Schule?“

„Nach der Schule ja, aber um vier bin ich mit Reita verabredet.“, meinte Ruki.

„Ich halte dich schon nicht davon ab, dass du Akira besuchen gehen kannst, Schatz.“, lächelte Noriko und wuschelte ihm durch die Haare. Anstatt zu meckern wie sonst, ließ er es einfach geschehen. Eigentlich war es gar nicht so schlimm und gerade in diesem Moment tat es unglaublich gut. Es stellte eine Verbindung wieder her, die für eine ganze Weile lang verschüttet gewesen war und von der beide Seiten insgeheim gehofft hatten, dass jemand einen Schritt machte, um sie wieder herzustellen.
 

Am nächsten Tag holte Ruki Reita wieder ab, damit sie zusammen zur Schule gehen konnten. Er brauchte gar nicht zu klingeln, der Blonde stand schon unten vor der Tür und wartete auf ihn.

„Hey, was ist denn mit dir los? Du strahlst so.“, bemerkte Reita.

„Wirklich?!“, fragte Ruki etwas entsetzt. Ihm war nicht aufgefallen, dass man ihm ansehen konnte, dass er gerade ziemlich glücklich war. Nicht weil er zur Schule gehen musste, sondern wegen dem, was danach passieren würde. „Ich freue mich auf nachher, wenn wir alleine sind und na ja... nach der Schule gehe ich mit meiner Mutter einen Kaffee trinken. Sie hat mich gestern gefragt, ob wir nicht mal wieder etwas zusammen unternehmen wollen.“, meinte er dann. Während er das sagte, konnte er nicht verhindern, dass er noch glücklicher lächelte als vorhin.

Reita legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn an: „Das freut mich für dich.“

„Danke, ich glaube, dass das wirklich eine Chance ist.“, antwortete Ruki. Inzwischen hatten sie sich auf ihren Weg zur Schule gemacht.

Reita grinste ihn an: „Also versau sie nicht!“

Der Jüngere bedachte ihn mit einem gespielt bösen Blick: „Ich glaube, ich muss mir noch mal überlegen, ob ich heute zu dir komme…“
 

Nach der Schule traf sich Ruki mit seiner Mutter gleich vor dem Cafe, in das sie gehen wollten. Auch wenn er gesagt hatte, dass es ihm nicht peinlich sei, wenn sie ihn abholen würde, hatte Noriko es für besser befunden, dass sie sich hier trafen. Sie wussten, dass es Ruki sehr unangenehm gewesen war, als sein Vater zur Schule gekommen war und deshalb wollte sie ihn nicht in Verlegenheit bringen.

Als Ruki das Cafe erreichte, stand seine Mutter schon davor.

„Hi, wartest du schon lange?“, wollte er wissen.

„Hallo, nein ich bin gerade erst gekommen.“, antwortete sie. Sie lächelte ihn an und bedeutete ihm ihr zu folgen. „Wie war die Schule heute?“

„Na ja, ging so. War okay.“, erwiderte er.

„Hast du schon die ganzen Broschüren gelesen, die dein Vater dir gegeben hat?“, fragte seine Mutter, als sie sich gegenüber an einem der kleinen Tische saßen und beide in die Karte schauten.

„Ja, habe ich. Ich habe tatsächlich alle gelesen.“, bestätigte Ruki ihr. Er hoffte, dass das jetzt nicht so ein Gespräch werden würde, was sein Vater mit ihm führen würde.

„Und hast du schon was gefunden?“, fragte sie.

„Hm, vielleicht sollte ich versuchen BWL zu studieren? Damit wäre Papa bestimmt glücklich. Das wäre etwas Vernünftiges, womit man etwas anfangen kann.“, antwortete der Schwarzhaarige mit wenig Elan. Allein die Vorstellung sich durch den ganzen trockenen Stoff quälen zu müssen, versetzte ihn nicht wirklich in Begeisterung.

„Aber dann wärst du nicht glücklich, nicht wahr? Du solltest vielleicht eher etwas machen, bei dem kreativ sein kann, denn das bist du doch.“, meinte Noriko und lächelte ihren Sohn an. Dieser sah sie überrascht an. Er war verunsichert, er würde sie nicht enttäuschen, wenn er nicht so etwas wie BWL studieren würde? Bisher hatte er gedacht, dass sie es genauso wie sein Vater sah. Aber sie hatte ihm auch nie widersprochen…

„Mach dich doch mal über so etwas schlau und präsentiere das deinem Vater als Plan. Eigentlich weiß er doch auch genau, dass du mit einem BWL Studium nicht glücklich wirst. Und nur weil du das Gefühl hast, dass du uns alles recht machen musst, solltest du doch etwas finden, womit du am Ende auch glücklich sein kannst.“, fuhr sie fort.

„Meinst du das ernst?“, fragte er unsicher.

„Natürlich meine ich das ernst. Trotz aller Erwartungen, die ich vielleicht an dich haben mag, solltest du am Ende auch glücklich sein. Du bist mein Sohn, Takanori, ich will nicht, dass du unglücklich wirst. Es tut mir weh, wenn ich dich so niedergeschlagen sehe. Ich habe auch versucht mit deinem Vater zu reden, aber du weißt wie stur er ist. Wenn du ihm zu hörst, musst du glauben, dass er als Erwachsener auf die Welt gekommen ist.“, erklärte Noriko.

Nun lächelte Ruki: „Danke, ich werde mal sehen, ob ich etwas in diese Richtung finde.“

Dann kam die Kellnerin und nahm ihre Bestellung auf.

„Weißt du, ich denke, dein Vater muss lernen, dass nicht immer alle das machen können, was er von ihnen erwartet und dass das nicht gleichbedeutend damit ist, das man ihn enttäuscht.“, erklärte Noriko dann.

„Das wäre schön. Ich meine, ich will euch auch nicht enttäuschen, aber ich kann einfach nicht alles, was er von mir erwartet.“, meinte Ruki und kaute etwas hilflos auf seiner Unterlippe herum.

„Vielleicht solltest du auch versuchen, dich von dem Gedanken zu trennen, dass jeder etwas von dir erwarten darf. Natürlich erwartet jeder Mensch etwas von dem anderen, aber man kann sich deshalb nicht selber aufgeben. In erster Linie möchten wir, auch dein Vater, dass du glücklich wirst.“, antwortete seine Mutter.

„Ich … ich will auch, dass ihr glücklich seid. Ich will euch nicht immer Schwierigkeiten machen, aber das passiert oft einfach so.“, erwiderte er.

„Ich weiß.“, erklärte sie und schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Und ich möchte nicht, dass du dich immer so unter Druck gesetzt fühlst, aber manchmal ist es schwer gegen deinen Vater etwas zu sagen.“

Das ganze Gespräch bisher war für Ruki überraschend gewesen, aber gleichzeitig tat es gut, mal mit seiner Mutter darüber reden zu können. Es zeigte ihm, dass auch seine Eltern nicht so perfekt waren, wie sie immer versuchten zu erscheinen. Außerdem zeigte es ihm, dass zumindest seine Mutter ihn etwas besser verstand, als er bisher gedacht hatte.
 

Als Reita von der Schule nach Hause kam, hörte er das Telefon klingeln. Er hatte die Tür noch nicht aufgeschlossen, beeilte sich aber damit. Er schlüpfte schnell aus seinen Schuhen und schmiss seine Tasche in die Ecke daneben, um zum Telefon hasten zu können. Doch als er den Hörer abnahm, hatte der Anrufer schon aufgelegt.

Also hob er seine Tasche auf und brachte sie in sein Zimmer. Wenn der Anrufer etwas gewollt hatte, konnte er immer noch wieder anrufen. Dann ging er in die Küche, um eine Kleinigkeit zu essen.

Plötzlich klingelte das Telefon erneut. Reita ging erneut zum Telefon.

„Ja, hier Suzuki?“, meldete er sich.

Doch am anderen Ende meldete sich niemand.

„Hallo?“, fragte der Blonde noch einmal nach. Doch auch dieses Mal meldete sich niemand am anderen Ende, alles was er hören konnte, war das Atemgeräusch von jemandem. Bevor er noch etwas sagen konnte, hörte er ein Klicken und als nächstes das Tuten, das anzeigte, dass aufgelegt worden war. Etwas ratlos legte er selber wieder auf. Was war das denn eben gerade gewesen? Hatte sich jemand nur einen blöden Scherz erlaubt? Das Einzige, was ihn beunruhigte war das ungute Gefühl in der Magengegend, das ihn nicht loslassen wollte.
 

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Oki endlich ein neues Kapitel! Ich weiß noch nicht, ob ich damit zufrieden bin. Also brauch ich Feedback *g* Wäre super lieb, ich bin mir nicht sicher, ob das alles schlüssig ist, blabla, aber dafür lade ich das ja auch hoch ^.^

Sollte ich mich bisher bei jemanden nicht persönlich für Favo oder Kommi bedankt haben, tut mir das schrecklich leid, ich habe in letzter Zeit eine Menge zu tun und eine Menge Dinge zu bedenken... (jaja wie Ruki hier so schön feststellte: The Future freaks me out!). Aber ich bedanke mich hiermit: Daaaankeeee schööön! ^^ Das war's auch schon, was ich loswerden wollte! ^.^ baibai Rho

Lovers

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Humanities

Here with me XI
 

~ Humanities ~
 

Als Ruki pünktlich um sechs Uhr zu Hause ankam und das Wohnzimmer betrat, sah sein Vater ihn überrascht an.

„Du bist ja immer noch pünktlich.“, bemerkte er.

„Ich sollte doch immer noch um sechs nach Hause kommen. Ist es auch nicht richtig, wenn ich mich an die Regeln halte, die du aufstellst?“, wollte Ruki wissen. Das Ganze nervte ihn schon wieder. War es jetzt nicht mal richtig, wenn er wie ein Kleinkind um sechs Uhr zu Hause war?!

„Nein, das ist vollkommen richtig. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du dich so lange an diese Regel hältst. Können wir uns am Sonntag über deine Zukunftspläne unterhalten, junger Mann?“, fragte er dann. Er musterte seinen Sohn eingehend. Eigentlich suchte er nach einem verräterischen Zeichen, dass ihm dessen sexuelle Orientierung verriet.

„Können wir. Darf ich nächsten Samstag länger wegbleiben? Reita und die anderen haben mich gefragt, ob wir uns abends treffen können. Und ich würde wirklich gerne.“, antwortete Ruki. Er hasste es, wenn sein Vater ihn junger Mann nannte. Zwar schrien sie sich nicht an, aber trotzdem lag eine gewisse Spannung zwischen ihnen in der Luft, die sich jederzeit entladen konnte. Er hoffte nur, dass es dieses Mal nicht der Fall war. Er hatte immer noch so gute Laune, dass er sich diese nicht verderben lassen wollte. Doch seit er seinem Vater gegenüber stand, schlich sich ein weiteres Gefühl bei ihm ein. Er fühlte sich ein wenig dreckig. Er hatte etwas getan, für das sein Vater ihn garantiert verachten würde, wenn er davon wüsste: er hatte Sex mit seinem besten Freund gehabt.

„Wenn du mir sagst, wie es mit deiner Integration in deine Klasse aussieht, kann ich dir eine Antwort geben.“, erwiderte sein Vater.

„Ganz gut. Ich bin morgen mit ein paar Leuten verabredet.“, gab er die erwünschte Antwort. Ruki fragte sich, ob sein Vater vielleicht noch einen richtigen Beweis dafür fordern würde, so ein Kontrollfreak wie er war.

„Dann habe ich nichts dagegen.“, sagte sein Vater. „Wie war es bei Akira?“

Für einen Moment sah Ruki ihn prüfend an. Schwang da ein gewisser Unterton mit? Sonst erkundigte sich sein Vater auch nicht danach, wie es ihm bei Reita gefallen hatte. „War lustig so wie immer.“, antwortete er dann.

„Was macht ihr eigentlich immer?“, fragte er dann.

„Hm, wir unterhalten uns, hören Musik und so was…“, erklärte sein Sohn. Die Frage verunsicherte ihn irgendwie. Sein Vater konnte doch gar nichts wissen oder ahnte er etwas? Plötzlich hatte Ruki Angst, dass er sich irgendwie verraten hatte. Doch wenn sein Vater bescheid wusste, dann wäre er nicht so ruhig geblieben.

„Hat Akira eigentlich eine Freundin?“, wollte sein Vater wissen.

„Momentan nicht, seine Freundin hat ihn vor dem Umzug verlassen, darüber ist er noch nicht ganz hinweg. Aber er versteht sich gut mit einem Mädchen aus seiner Klasse.“, log Ruki ohne zu Zögern. Er war selbst ein wenig darüber erstaunt, wie leicht ihm diese Lüge über die Lippen kam. Aber so konnte er Reita und sich besser schützen. Langsam wurde das ganze Gespräch mehr als unangenehm.

„Und du?“, kam die nächste Frage, vor er Ruki sich noch mehr gefürchtet hatte.

„Hm, na ja… Momoko ist ganz nett… und hübsch…“, meinte Ruki drucksend. Er sah seinen Vater nicht direkt in die Augen, sondern sah nach unten, so als wenn ihm das Ganze peinlich war. Und es schien die gewünschte Wirkung zu haben, sein Vater sah ihn zufrieden an.

„Na, das wird deine Mutter ja auch freuen. Apropos du warst mit im Cafe?“, fragte er dann.

„Hm, ja waren wir.“, antwortete Ruki. Oh prima, darüber musste er jetzt auch noch Rechenschaft ablegen?!

„Tja, du warst schon immer eher auf deine Mutter fixiert.“, sagte sein Vater und widmete sich wieder seiner Zeitung.
 

Ruki war mehr als erleichtert, als er endlich in sein Zimmer gehen konnte. Sein Vater war ihm vorhin mehr als unheimlich gewesen. Zwar war er am Ende zufrieden mit den Lügen gewesen, doch die Fragerei war ihm mehr als verdächtig vorgekommen. Er würde auf jeden Fall mit Reita darüber reden müssen, damit die Lügen auch ja nicht aufflogen. Er war selber ein wenig erschrocken darüber, dass es ihm so einfach fiel seinem Vater direkt ins Gesicht zu lügen. Aber momentan war es ihm am Wichtigsten, dass Reita und er zusammen sein konnten. Außerdem fand er, dass es seine Eltern nicht unbedingt etwas anging, mit wem er zusammen war.

Er fragte sich, wann seine Eltern das letzte Mal etwas zusammen gemacht hatten. Zwar gingen sie zusammen auf Geschäftsessen, aber dort ging es auch um Außenwirkung. Er hatte das Gefühl, dass seine Eltern einfach nur noch nebeneinander her lebten, sich einfach aneinander gewöhnt hatten. Aber ob sie noch etwas füreinander empfanden, da war er sich nicht sicher…

Seufzend stand er nun vor seinem CD Regal und suchte nach einer passenden CD. Nachdem er eine gefunden hatte und sie in die Stereoanlage gelegt hatte, schmiss es sich auf sein Bett. Sonntag musste er sich also mit seinem Vater über seine Zukunft unterhalten. Wenigstens hatte er bis dahin noch etwas Zeit um sich darauf vorzubereiten. Er hoffte nur inständig, dass er sich von seinem Vater dieses Mal nicht den Wind aus den Segeln nehmen lassen würde.

Ruki verdrängte alle unangenehmen Gedanken an seinen Vater. Er konnte definitiv nicht wissen, was zwischen ihm und Reita lief. Er konnte es einfach nicht wissen und er würde auch den Sonntag gut hinter sich bringen. Nachdem er sich soweit beruhigt hatte, dachte er an die Stunden, die er mit seinem Freund hatte verbringen konnte. Langsam kehrte die Hochstimmung von vorhin zurück. Nur zu gerne erinnerte er sich an die Berührungen und Küsse. Eigentlich konnte er es gar nicht mehr erwarten wieder Zeit mit Reita alleine verbringen zu können.

Plötzlich klopfte es an seiner Tür.

„Ja?“, meinte er.

„Stör ich dich?“, wollte seine Mutter wissen, die das Zimmer vorsichtig betrat.

„Nee, ist schon okay.“, erklärte Ruki und lächelte sie an. Er richtete sich auf und drehte die Musik per Fernbedienung leiser. „Setz dich doch.“, fügte er hinzu.

Seine Mutter setzte sich zu ihm auf das Bett: „Spaß gehabt mit Akira?“

„Ja, war sehr lustig. Samstagabend treffen wir uns mit den anderen.“, antwortete er.

„Schön. Dann werdet ihr ja viel Spaß haben. Aber eigentlich wollte ich mit dir über etwas anderes reden. In zwei Wochen muss dein Vater zu einem geschäftlichen Termin das ganze Wochenende wegfahren und ich werde ihn begleiten. Wir müssen dann am Freitagmorgen recht früh los. Dein Bruder ist auch nicht da. Wäre es okay, wenn du alleine hierbleibst? Wenn du willst, kannst du dir ja die anderen oder auch nur Akira einladen. Dein Vater braucht das nicht zu wissen…“, sagte sie dann und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Du bist inzwischen ja alt genug.“

Überrascht sah Ruki sie an: „Klar, geht das in Ordnung.“

„Gut, wenn es soweit ist, können wir ja noch einmal in Ruhe darüber reden. Dann will ich dich auch nicht weiter stören.“, meinte seine Mutter lächelnd und stand auf.

„Mum?“, fragte Ruki, bevor sie das Zimmer ganz verlassen hatte.

„Was denn?“, erkundigte Noriko sich mit einem sanften Tonfall in ihrer Stimme.

„Als wir heute zusammen Kaffeetrinken waren… also… das war sehr nett. Vielleicht könnten wir das bei Zeiten noch einmal machen?“, erklärte er, was er auf dem Herzen hatte.

„Natürlich. Das würde mich sehr freuen.“, antwortete sie.

„Danke, das du gefragt hast…“, setzte Ruki dann leise hinzu, aber doch noch so laut, dass seine Mutter es hören konnte.

Sie lächelte: „Danke, dass du zugestimmt hast.“
 

Es hatte eine Weile gedauert bis Reita Ruki auf dem Schulhof gefunden hatte. Normalerweise verbrachten sie ihre Pausen zusammen mit Uruha, Aoi und Kai, doch Ruki war bisher nicht aufgetaucht. Das war der Grund wieso er beschlossen hatte nach ihm zu sehen. Als er Ruki dann am Hauptgebäude stehen sah, erkannte er den Grund, weshalb dieser noch nicht zu ihnen gestoßen war. Neben ihm stand Momoko und redete fröhlich auf ihn ein. Ruki selber wirkte leicht überfordert mit ihrer Art, gab sich aber Mühe es sich nicht anmerken zu lassen. Als Momoko Reita entdeckte, der auf sie zu kam, winkte sie ihm lächelnd zu.

„Hey, hier bist du also.“, meinte Reita.

„Hab ich ihn aufgehalten? Das tut mir leid.“, erklärte sie, bevor Ruki etwas sagen konnte.

„Schon okay, ich hab mich nur gewundert, wo Ruki bleibt. Du bist Momoko, oder?“, antwortete er.

„Stimmt und bist Akira, Takas bester Freund seit Kindertagen…“, erwiderte sie mit einem breiten Grinsen. Die ganze Zeit schon sah sie nur noch Reita an. Ruki kam sich vor, als wenn er plötzlich unsichtbar geworden war.

Etwas verwundert warf dieser seinem Freund einen Blick zu, eigentlich erlaubte er es anderen nicht so schnell ihn mit einem Spitznamen anzureden. Und wenn, dann ließ er sich lieber Ruki als Taka nennen. Dass er es Momoko nicht angeboten hatte ihn so zu nennen, zeugte davon, dass er doch noch lieber auf Distanz ging. Ruki erwiderte seinen Blick mit einem kurzen Augenverdrehen und zuckte mit den Schultern, was sie jedoch nicht im Ansatz bemerkte.

„Ja, ich kenne ihn schon seit er drei ist.“, antwortete er.

„Wow, ich kennen kaum Leute, die schon so lange befreundet sind. Hast du vielleicht Lust nachher mitzukommen? Wir wollten nachher irgendwas zusammen machen, aber das hat Taka dir bestimmt schon erzählt.“, wollte Momoko nun wissen. Als sie ihn fragte, wurde sie leicht rot.

Sie war so auf Reita fixiert, dass sie Rukis leichtes Kopfschütteln nicht bemerkte. Zwar wäre er sehr dankbar über dessen Gesellschaft gewesen, aber zum einen wollte er es Reita nicht antun, das er sich einen ganzen Nachmittag mit seinen Klassenkameraden herumschlagen musste. Zum anderen wollte er ihm nicht immer auf Reitas Hilfe angewiesen sein. Er wusste, dass dies etwas war, was er alleine tun musste. Aber dann gab es da noch einen weiteren Grund. Ihm war nicht entgangen, dass Momoko immer mehr als interessiert an Reita war und auch wie sie ihn jetzt anstarrte… das Ganze behagte ihm gar nicht.

„Tut mir leid, aber ich bin heute schon verabredet. Vielleicht ein anderes Mal.“, erwiderte Reita. Er hatte sich mit Aoi, Uruha und Kai verabredet, aber für Ruki hätte er darauf verzichtet.

„Oh schade. Ja, vielleicht ein anderes Mal.“, meinte sie. „Na, dann werde ich euch jetzt alleine lassen. Meine Freundinnen warten sicher schon auf mich.“

„Bis dann.“, sagte Ruki und sah ihr nach.

„Du kommst alleine klar? Ich wäre sonst auch mitgekommen.“, erkundigte sich Reita.

„Yap. Ich weiß es zu schätzen, dass du mitbekommen wärest, aber ich muss das alleine durchziehen. Außerdem hätte sie dich garantiert die ganze Zeit in Beschlag genommen. Sie hatte schon mal nach dir gefragt.“, antwortete Ruki. Dann lief er leicht rot an. Das letzte hatte er gar nicht sagen wollen, aber es war ihm einfach herausgerutscht.

„Aha, sie wollte schon mal, dass ich mitkomme?!“, wollte sein Freund belustigt wissen.

„Öhm… ja… hat sie… aber ich… ich hab gesagt, dass du keine Zeit hast.“, stotterte er als Antwort.

Reita lachte und stippte ihm gegen die Nase: „Ist hier jemand eifersüchtig?!“

Ruki verschränkte die Arme und schmollte: „Sie hätte dich vollkommen in Beschlag genommen!“

„Genau das, mein Lieber, nennt man Eifersucht.“, gab Reita zurück.

Bevor Ruki noch etwas erwidern konnte, kamen Uruha, Aoi und Kai zu ihnen.

„Wer ist eifersüchtig?!“, wollte Uruha neugierig wissen. „Unser Kurzer?“

„Nein, der Kurze ist nur gerade sehr wütend!“, bekam er von Ruki als gezischte Antwort.

„Hey, er kann nichts dafür, dass du früher nicht genügend Fruchtzwerge bekommen hast.“, grinste Aoi.

Kai und Reita legte Ruki gleichzeitig zur Beruhigung eine Hand auf die Schulter. Dieser schluckte eine weitere bissige Bemerkung herunter und verdrehte nur die Augen. Als wenn es gereicht hätte Tonnen von Fruchtzwergen zu essen…
 

Später saß Ruki zwischen Momoko und ihrer besten Freundin Aya auf der Bank in einem Restaurant einer bekannten Restaurantkette, die ähnlich wie ein Amerikanisches Diner aufgebaut waren. Neben den beiden Mädchen waren noch drei Jungen aus seiner Klasse dabei. Wie genau er allerdings zwischen den beiden gelandet war, war Ruki ein Rätsel. Momoko hatte ihn einfach mit auf die Bank gezogen und plötzlich saß Aya auf der anderen Seite neben ihm.

„Deine Eltern sind ziemlich reich, oder?“, wollte einer der Jungen, namens Shun, wissen.

„Na ja… mein Vater verdient nicht so schlecht. Er leitet ja eine erfolgreiche Firma.“, antwortete Ruki etwas drucksend. Die Einkünfte seines Vaters waren nicht gerade sein Lieblingsthema.

„Und du oder dein Bruder sollt die Firma später übernehmen?“, wollte Momoko wissen.

„Eher mein Bruder. Der ist dafür eher geeignet als ich.“, erklärte Ruki und nahm einen Schluck von seinem giftgrünen Melonensaft. Sie hatten ihre Getränke schon vor einiger Zeit erhalten, das Essen fehlte noch.

„Du hast einen Bruder?“, fragte Aya erstaunt nach. Es war ihr vollkommen neu, dass er einen Bruder hatte. Obwohl Ruki selten über seine Familie redete, hörte man ja doch so einiges.

„Einen zwei Jahre älteren, ja.“, antwortete er.

„Oh, meine Schwester ist auch zwei Jahre älter als ich.“, lächelte Aya dann.

„Vielleicht solltet ihr auf ein Doppeldate gehen?!“, feixte einer der Jungen.

„Nicht mit meinem/r Bruder/Schwester!“, entfuhr es den beiden gleichzeitig.

„Aber du hast doch keine Freundin, oder?“, erkundigte sich ein anderer.

Ruki schüttelte nur den Kopf. Warum stellten ihm eigentlich immer alle diese Frage? Drehte sich wirklich die ganze Welt darum, ob jemand eine Freundin hatte? Warum definierten sich so viele Leute über ihren Partner? Er verstand es einfach nicht. Vor allem verstand er nicht, was die Leute dagegen haben konnten, dass er einen Freund hatte. Was war daran so schlimm und was unterschied seine Liebe von den anderen? Ruki hasste es darüber nachzudenken. Es führte eh zu nichts. Deshalb war er mehr als froh, als sich die Gespräche einem anderen Thema zuwandten.
 

Reita hingegen saß neben Uruha auf dem Sofa im Wohnzimmer von Aois Eltern. Kai und Aoi saßen auf den beiden Sesseln, jeweils links und rechts davon. Da diese nicht da waren, hatten sich die vier dorthin gesetzt, statt in dessen Zimmer. Auf dem Tisch standen Kekse und etwas zu trinken.

„Und was genau hast du jetzt auf dem Herzen?“, wollte Kai wissen und sah Reita erwartungsvoll an, genau wie die anderen beiden es taten. Er hatte schon angedeutet, dass es etwas gab, worüber er mit den anderen reden wollte.

Da er nicht genau wusste, wie er es sagen sollte, entschied Reita sich, es einfach ganz direkt zu sagen: „Wir haben uns zwar darauf geeinigt es unseren Eltern nicht zu erzählen, aber wir fanden, dass ihr es wissen solltet… also… Ruki und ich, wir sind zusammen.“ Eigentlich hatte er erwartet, dass die drei überrascht waren, aber das war nicht ganz der Fall.

„Schön, das freut mich!“, bemerkte Uruha und klopfte ihm auf die Schulter.

„Wie lange seid ihr denn schon zusammen?“, fragte Aoi.

„Am Clubabend haben wir uns das erste Mal geküsst und dann hat sich das halt so ergeben.“, antwortete Reita. Allerdings klang er dabei etwas hilflos. Ihm war selber nicht ganz klar, wann sich ihre Gefühle geändert hatten. Fest stand jedoch, dass es beiden an diesem Abend klar geworden war.

„Ihr habt euch da schon geküsst?!“, erkundigte sich Uruha neugierig und stippte seinem Freund in die Rippen, um klar zu machen, dass er mehr Details wissen wollte.

„Ja, als wir uns etwas zu trinken geholt haben, wurde Ruki von seinem letzten Date belästigt. Ich habe mich als sein Freund ausgegeben und ihn geküsst. Aber das war nicht das letzte Mal an dem Abend…“, erklärte Reita.

„Und ihr wollt es sogar vor deiner Mutter geheim halten?“, wollte Kai wissen.

„Na ja, meine Mutter ist ja nun mal sehr gut mit Rukis befreundet, da wäre es unfair, wenn sie es ihr verheimlichen müsste.“, meinte er. „Natürlich wäre es uns lieber, wenn wir es gar nicht verheimlichen müssten, aber bevor Rukis Vater irgendetwas mitbekommt…“

„Das dürfte nicht sehr angenehm werden.“, stimmte Aoi zu. „Ich drücke euch die Daumen, dass er nichts davon erfährt.“ Die anderen beiden nickten zustimmend. Keiner von ihnen wollte, dass ihre beiden Freunde Ärger bekamen.

„Wir müssen halt vorsichtig sein. Wenn Ruki nächste Woche sturmfreie Bude hat, haben wir wenigstens einmal mehr Zeit für uns.“, sagte Reita seufzend.

„Habt ihr beiden eigentlich schon… na du weißt schon?!“, fragte Uruha breit grinsend. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er bemerkte, dass sein Freund rot wurde. „Hey, wir kennen uns jetzt schon so lange, das muss dir nicht peinlich sein…“

„Wenn du’s unbedingt wissen musst, nein, haben wir nicht…also nicht so richtig…“, antwortete Reita dann, immer noch rot. „Wieso seid ihr eigentlich gar nicht überrascht?“, wollte er dann wissen.

„Na, uns ist schon aufgefallen, dass ihr in letzter Zeit immer entspannter ward, wenn ihr zusammen gewesen seid. Und die kleinen Gesten zwischen euch sind uns auch nicht entgangen.“, erklärte Aoi ihm grinsend.

„War das SO offensichtlich?!“, wollte er mit einem leicht panischen Unterton wissen. Wenn es den dreien gleich aufgefallen war, hatten es dann andere auch bemerkt?

„Nein, ganz ruhig. Es war nicht so offensichtlich. Ihr wart in der Öffentlichkeit ganz normal, sieht man jetzt von dem Club ab, aber ich denke nicht, dass Rukis Vater dort jemanden kennt.“, beruhigte ihn Kai.

Langsam entspannt sich Reitas Gesichtsausdruck wieder. Er musste sogar, wie die anderen auch, bei Kais letztem Satz lachen.
 

Obwohl seine Eltern heute Abend nicht da waren, war Ruki pünktlich zu Hause. Zwar war sein Nachmittag ganz okay gewesen, aber er war nicht scharf darauf gewesen, mehr Zeit als nötig mit ihnen zu verbringen. Von daher kam es ihm sehr gelegen, dass er eigentlich um sechs zu Hause sein sollte. Seine Klassenkameraden wussten ja nicht, dass seine Eltern nicht da waren. Sie hatten ihn nur mitleidig angesehen, als er das Ganze erklärt hatte.

Zu seiner Überraschung sah er seinen Bruder im Wohnzimmer auf dem Sofa sitzen. Eigentlich hatte er ihn bei seiner Freundin erwartet. Zum Glück hatte er Reita nicht gefragt, ob er vorbei kommen wollte. Andererseits war das hier eine Chance über ein paar Dinge zu reden, die ihm schon eine Weile auf der Seele brannten. Nur hatte er diese bisher immer recht gut von sich geschoben, wie so vieles andere auch.

Ruki ging in die Küche und schenkte sich ein Glas Saft ein. Damit ging er ins Wohnzimmer.

„Hi, darf ich mich setzen?“, wollte er wissen.

„Du tust doch eh, was du willst.“, bemerkte sein Bruder etwas spitz.

Ruki wertete das als eher als ja und setzte sich einfach. „Hör mal Hiro, ich will mich nicht streiten.“, meinte er dann. Sein Verhältnis zu seinem Bruder war seit Jahren nicht besondern gut gewesen, doch momentan war es ziemlich extrem. Sie gingen sich die meiste Zeit aus dem Weg, doch hin und wieder gerieten sie ziemlich heftig aneinander. Ruki konnte nicht mal sagen, wer von ihnen dafür verantwortlich war. Soweit er sich erinnern konnte, war es nicht immer so gewesen. Als er noch sehr klein gewesen war, war sein Bruder immer sein Vorbild gewesen und dieser hatte oft auf ihn aufgepasst, doch dann hatte es sich verändert.

„Na dann. Was möchtest du dann? Wieso bist du überhaupt schon hier? Ich dachte, wo unsere Eltern nicht da sind, kommst du später…“, wollte sein Bruder wissen.

„Nee war mir ganz recht früher nach Hause zu müssen. Aber ich dachte, du bist bei deiner Freundin.“, erwiderte Ruki.

„Die muss lernen.“, erklärte Hiro schlicht. Dann sah er ihn auffordernd an, als wenn er keine Lust mehr auf diesen Smalltalk hatte.

„Die Frage ist vielleicht komisch, aber meinst du unsere Eltern lieben sich noch? Ich meine, sie reden kaum noch miteinander und auch sonst…“, versuchte er seine Gedanken darzulegen.

„Du machst dir also tatsächlich noch Gedanken um andere Leute? Ich weiß nicht, ob sie sich noch lieben, aber sie scheinen ja damit zufrieden zu sein.“, antwortete sein Bruder. Damit schien das Thema für ihn erledigt zu sein.

Ruki sah ein, dass er wahrscheinlich keine weitere informativere Antwort bekommen würde. Also stand er auf und wollte in sein Zimmer gehen. Kurz bevor er das Wohnzimmer verlassen hatte, drehte er sich noch einmal um.

„Wieso verstehen wir uns eigentlich nicht mehr?“, fragte er. Seine Stimme war recht leise und unsicher gewesen, sodass er zuerst glaubte, Hiro hätte ihn nicht gehört. Deshalb erwartete er auch keine Antwort. Umso mehr überraschte es ihn, dass er doch eine bekam.

„Du hast doch irgendwann Akira gehabt. Da war für mich kein Platz mehr…“, meinte sein Bruder tonlos.
 

Als Reita schließlich den Appartementkomplex betreten wollte, in dem er mit seiner Mutter wohnte, drehte er sich um. Er hatte schon den ganzen Weg bis zur Tür das Gefühl gehabt, dass ihn jemand beobachtetet. Als er bei Aoi losgegangen war, hatte er es noch nicht gehabt. Erst als er hier um die Ecke gebogen war, hatte ihn ein mulmiges Gefühl beschlichen. Er sah sich leicht nervös um. Es war niemand zu sehen. Auf dem Parkplatz vor dem Haus standen lediglich drei Autos. Das hinterste kannte er nicht, doch er konnte auch nicht erkennen, ob jemand darin saß. Dazu war es zu dunkel. Er steckte ein wenig erleichtert den Schlüssel in das Schloss. Wahrscheinlich hatte er sich das nur eingebildet. Vielleicht sollte er damit aufhören Horrorfilme zu gucken…
 


 

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Oh wow, doch mal ein neues Kapitel *g* Ich werd ja oft das Gefühl nicht los, dass eigentlich nicht viel passiert, aber naja, das dürfte sich ja bald ändern ^.^

Wie immer vielen lieben Dank für Kommis und Favoriten! ^^

baibai

Rho

Swallow Rain

Here with me XII
 

~ Swallow rain ~
 

Als Reita an diesem Freitag nach Hause kam, klingelte er, da seine Mutter bereits dort sein musste. Nach der Schule war er mit Ruki verabredet gewesen. Sie waren zusammen in einem Cafe gewesen und danach zu Uruha gegangen, um sich mit den anderen dreien zu treffen. Reita war den ganzen Vormittag über nervös gewesen. Das Gefühl beobachtet zu werden, war einfach nicht verschwunden. Erst als Ruki mit dem Rücken gegen seinen Oberkörper gelehnt zwischen seinen Beinen saß, hatte er sich entspannen können. Seinen Freund physisch nahe zu spüren und das vor allem ohne in Sorge zu sein, dass sie jemand erwischte, tat einfach gut.

Reita wartete ein paar Minuten, doch seine Mutter öffnete nicht. Entweder hatte sie ihn nicht gehört oder sie war doch noch nicht wieder da. Im letzteren Fall hätte sie ihm normalerweise eine Nachricht hinterlassen. Es hätte ihr überhaupt nicht ähnlich gesehen, ihn nicht über eine Verspätung in Kenntnis zu setzen. Sie wusste genau, dass er sich sonst Sorgen machte.

Da sie nicht aufzumachen, suchte er seinen Schlüssel aus seiner Tasche und schloss auf. Verwundert stellte er fest, dass das Licht brannte. Als er die Wohnung heute Morgen verlassen hatte, war das nicht der Fall gewesen. Er war sich sicher, dass er es ausgeschaltet hatte.

„Mum?“, fragte Reita und schloss die Tür hinter sich.

Keine Antwort.

Reita zog seine Schuhe und Jacke aus. Zuerst ging er in die Küche. Auch dort war seine Mutter nicht. Doch auf dem Küchentisch lag ein Zettel. Vielleicht hatte sie ihm hier eine Nachricht hinterlassen? Reita griff danach und erstarrte förmlich, als er erkannte, dass es sich definitiv nicht um eine Nachricht seiner Mutter handelte. Es stand nur ein Wort mit Computer darauf geschrieben: gefunden.

Ihm gefror das Blut in den Adern…
 

„Was?“, rief Ruki entsetz in sein Handy. Er hörte eine Weile zu: „Verstanden, wir sind gleich da.“ Dann legte er auf und lief die Treppe hinunter ins Wohnzimmer, wo seine Mutter saß. Irgendwie war er froh, dass sein Vater nicht da war. Sie sah ihn erschrocken an, als sie sah wie geschockt und gehetzt ihr Sohn wirkte.

„Wir müssen ins Krankenhaus!“, sprudelte es aus ihm hervor, kaum dass er im Wohnzimmer war.

„Ist dir was passiert?“, fragte sie verwirrt und erhob sich. Er sah nicht als, als wenn ihm etwas passiert war.

„Nein, nicht mir. Yui liegt im Krankenhaus. Reita hat eben angerufen.“, erklärte Ruki hastig.

Jetzt war Noriko mindestens genauso erschrocken wie ihr Sohn: „Du kannst mir im Auto erzählen, was passiert ist. Ich schreibe deinem Vater kurz einen Zettel und dann fahren wir. Setz dich am besten schon mal ins Auto.“

Damit drehte sie sich um und suchte hektisch etwas zu schreiben. Ruki zog sich schnell ein Paar Schuhe an und warf sich eine Jacke über. Dass er dabei eine für diese Jahreszeit zu dünne Jacke erwischte, bemerkte er gar nicht. Dann hastete er zum Auto. Ihm blieb nichts anderes über, als auf seine Mutter zu warten. Mit der Bahn wäre er eh nicht schneller dort gewesen. Nervös begann er auf seiner Unterlippe zu kauen. Reita hatte am Telefon fertig geklungen, was jedoch angesichts der Umstände nicht weiter verwunderlich erschien.

Ruki hörte wie seine Mutter zum Auto gelaufen kam. Auch sie hatte nur kurz Jacke und Schuhe übergeworfen.

„Wohin genau müssen wir?“, wollte sie wissen, als sie sich auf den Fahrersitz setzte und sich anschnallte. Während sie den Wagen startete, nannte er ihr den Namen des Krankenhauses.

„Was hat Akira erzählt?“, fragte Noriko dann.

„Als er nach Hause kam, hat er Yui im Wohnzimmer gefunden. Sie war bewusstlos, in wieweit sie verletzt ist, weiß ich jetzt nicht. Reita meinte nur, wir sollten kommen, wenn es ginge. Er klang so fertig…“, antwortete Ruki. Man konnte ihm seine Besorgnis deutlich anzusehen. Eigentlich wollte er nur noch zu seinem Freund, um ihm bei zu stehen. Vor allem, da er wusste, dass er ihn brauchte. Es versetzte ihm einen Stich im Herzen, das er jetzt noch nicht bei ihm war. Unruhig rutschte er auf seinem Sitz hin und her.

„Ganz ruhig, wir sind gleich da.“, meinte Noriko. Sie bemühte sich ruhig zu wirken, da sie wusste, dass sie stark sein musste. „Akira kann auf jeden Fall bei uns bleiben.“

„Danke.“, antwortete Ruki. Er war erleichtert, dass seine Mutter das vorschlug. So wie Reita geklungen hatte, würde er Gesellschaft dringend nötig haben. Rukis Gedanken drifteten ab. Was sich heute Nachmittag ereignete hatte, erschien ihm plötzlich in einem anderen Licht. Warum hatte er Recht behalten müssen? Und warum hatte er nichts dagegen tun können?
 

Ruki saß auf Tribüne der Sporthalle der Schule und sah Reita beim Fußballtraining zu. Es war das erste Mal, dass er hier wartete. Aber es gab schlimmere Orte um auf Reita zu warten. Es war ja nicht so, als wenn er den verschwitzten Anblick seines Freundes nicht genießen konnte. Eigentlich hätte er sofort nach der Schule nach Hause kommen sollen, doch er hatte seinen Vater davon überzeugen können, dass er sich mit ein paar Leuten zum Lernen traf. Eigentlich war es schon fast zu einfach gewesen, dachte er. Ihm sollte es recht sein, wenn sein Vater in dieser Hinsicht so berechnend war. Mit wachsender Besorgnis bemerkte er, wie bei Reita ein weiterer Pass daneben ging. Er schien irgendwie nicht ganz anwesend zu sein. Schon am Morgen, als er ihn abgeholt hatte, war ihm Reita ungewöhnlich nervös vorgekommen. Was ganz im Gegensatz zu seiner sonst schon fast unerschüttlichen Ruhe stand. Er hatte sich häufiger umgeguckt, als wenn jemand hinter ihm her gewesen wäre. Da sich das nicht gebessert hatte, hatte er beschlossen ihn nachher danach zu fragen. Sie hatten beschlossen nach der Schule zuerst zusammen in ein Cafe zu gehen und sich dann mit den anderen zu treffen.

„Sonst war Akira-senpai besser.“, stellte eine weibliche Stimme neben Ruki plötzlich fest. Er zuckte zusammen und blickte auf. Neben ihm stand Aya. Er hatte sie überhaupt nicht gehört.

„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken.“, meinte sie dann.

„Schon gut. Woher weißt du das?“, fragte er überrascht.

Aya setzte sich neben ihm: „Momoko hat mich schon das letzte Mal mit hierher geschleppt. Sie mag ihn ja. Dieses Mal konnte sie jedoch nicht kommen. Ich hab ihr versprochen zumindest mal vorbeizugucken. Was auch immer sie sich davon verspricht.“ Sie verdrehte kurz die Augen.

Ruki lachte, obwohl ihm eigentlich gar nicht danach zu mute war. Es gefiel ihm gar nicht, dass Momoko hier saß und seinem Freund zusah. Wobei es irgendwie auch komisch war, dass sie sich in diesem einen Punkt so ähnlich waren. Anscheinend waren Verliebte wirklich ziemlich bescheuert. Angeblich sollte ja der Zustand Verliebter, dem eines Geisteskranken gleich kommen.

„Total bescheuert ich weiß. Vor allem, da ich nicht denke, dass er sie wahrnimmt. Aber ich finde es ja süß, dass du auf ihn wartest.“, meinte Aya grinsend.

„Für alte Freunde macht man sich schon mal zum Deppen.“, erwiderte Ruki ebenfalls grinsend.
 

Einige Zeit später saßen sie zusammen in einem kleinen gemütlichen Cafe. Reita hatte ihm gegenüber Platz genommen. Ruki hatte seinen Freund die ganze Zeit über beobachtet. Es war ihm immer noch anzumerken, dass er sichtlich nervös war. Auch auf dem Weg hierher hatte er sich einige Male umgesehen.

„Ist eigentlich irgendwas? Du wirkst heute so nervös…“, wollte Ruki besorgt wissen.

„Eigentlich ist nichts.“, antwortete Reita. Es überraschte ihn nicht, dass es Ruki aufgefallen war. Wenn er ehrlich war, hatte er nur darauf gewartet, dass er fragte. Schon die ganze Zeit hatte er überlegt, was er ihm antworten sollte.

„Und uneigentlich?“, fragte Ruki weiter. Er wollte die Sache nicht einfach so auf sich beruhen lassen.

„Das klingt wahrscheinlich ziemlich paranoid, aber ich fühle mich seit gestern Abend irgendwie beobachtet.“, erklärte er dann doch. Ihm war schon klar, dass Ruki nicht einfach so locker lassen würde. Wenn er sich Sorgen um ihn machte, würde er nicht aufhören, bis er eine Antwort bekam. „Das ist alles, total albern, also…“

„Na wer weiß, vielleicht stalkt Momoko dich jetzt? Beim Fußballtraining guckt sie dir schließlich auch zu.“, erwiderte Ruki mit einem Grinsen. Doch dann wurde er ernst: „Wenn das Gefühl nicht besser wird, dann ist es vielleicht doch etwas ernstes?“

„Wahrscheinlich hab ich nur zu viele Horrorfilme geguckt…“, meinte Reita und hob abwehrend die Hand. „Aber ich finde es ja sehr süß, dass du dir so Sorgen machst und dass du eifersüchtig auf sie bist. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass sie da war.“ Er grinste Ruki an. Eigentlich war er kurz davor, ihm durch die Haare zu wuscheln, doch dummerweise befanden sie sich in der Öffentlichkeit.

„Bei dir immer doch.“, erwiderte dieser. Dann wurde er ein weiteres Mal ernst. Er wusste nicht genau wie er es sagen sollte, doch vielleicht hatte Reita schon Grund sich beobachtet zu fühlen. Er machte sich einfach große Sorgen um seinen Freund, vor allem nachdem er das blanke Entsetzen in dessen Augen gesehen hatte, als dieser ihm von Expartner seiner Mutter erzählt hatte. „Ich will jetzt nichts beschreien oder dir irgendwie was einreden, aber wenn du dich jetzt so beobachtet fühlst…“, druckste er ein wenig herum. Er räusperte sich: „Hast du vielleicht schon einmal daran gedacht, dass der Exfreunde deiner Mutter…“ Ruki brachte den Satz nicht zu Ende, als er Reitas entsetztes Gesicht sah. In seinen Augen konnte er eine so tiefgehende Angst ablesen, dass ihn das schlechte Gewissen überkam. Er hätte doch den Mund halten sollen. Aber Reita hatte ihm bisher nicht erzählt, was aus dem Mann geworden war und wenn er wirklich so fanatisch war, würde er dann nicht versuchen die beiden zu finden?

„Es tut mir leid!“, beeilte er sich zu sagen. Seine Hand legte sich auf Reitas Arm. Er verteufelte, dass sie sich in der Öffentlichkeit befanden, sonst hätte er ihn besser trösten können, beziehungsweise seiner Entschuldigung mehr Nachdruck zu verleihen können.

„Es ist in Ordnung. Du… kannst nichts dafür, er kann uns nicht gefunden haben. Das geht einfach nicht…“, antwortete er stockend. Ihm fielen plötzlich die Anrufe wieder ein. Konnte das zusammenhängen? Ihn beherrschte eigentlich nur noch ein Gefühl. Angst.

Er sah Ruki an: „Wir sind in einer Nacht und Nebelaktion abgehauen, keiner wusste wohin. Er kann es nicht wissen. Trotzdem hab ich oft Angst, dass er doch eines Tages vor der Tür steht. Ich… hab einfach Angst davor ihn jemals wieder sehen zu müssen.“ Er sah ein wenig so aus, als wenn er sich dafür schämte.

„Das ist doch vollkommen normal. Wer hätte da keine Angst? Ich wollte, dich nicht so erschrecken. Ich mache mir nur Sorgen um dich und irgendwie hat mich dieser Gedanke verfolgt, seit du mir davon erzählt hast. Ich will nicht, dass er dir noch einmal weh tut. Es tut mir wirklich leid.“, antwortete Ruki.

Reita seufzte einmal tief: „Ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast. Es ist wirklich okay.“ Plötzlich lachte er und fuhr sich leicht nervös durch die Haare: „Jedem anderem hätte ich dafür den Kopf abgerissen, aber bei dir weiß ich, dass du es nicht böse gemeint hast. Schon verrückt, oder?“

„Schon. Du hast es dir bestimmt nur eingebildet. Aber wenn tatsächlich etwas sein sollte, dann komm zu mir, okay?“, erklärte er sanft und lächelte ihn. Mit diesem Lächeln fühlte Reita sich doch besser.

„Mach ich. Versprochen. Aber du siehst auch aus, als wenn dich etwas bedrückt.“, meinte Reita dann. Er war froh, wenn sie das Thema wechseln konnten.

„Hm, das ist glaub ich nicht das richtige Wort. Mein Vater will sich am Sonntag mit mir über meine Zukunftspläne unterhalten. Ich hab nur keine Lust darauf, dass es schon wieder in einem Desaster endet.“, erklärte Ruki. „Oh ja, und ich frage mich langsam ernsthaft, ob meine Eltern wirklich glücklich miteinander sind.“ Von seinem Bruder wollte er noch nicht erzählen. Im schlimmsten Falle würde sein Freund sich dafür in gewisser Weise verantwortlich fühlen und das wollte er nicht.

„Versuch dich nicht von ihm aus der Ruhe bringen zu lassen, auch wenn dich sein Verhalten ärgert. Ich weiß, das ist nicht immer leicht, aber versuch tief durchzuatmen. Dann dürftest du das doch hinkriegen.“, erwiderte sein Freund und versuchte ihm Mut zu machen. „Meinst du wirklich, dass es so schlimm ist zwischen deinen Eltern?“

„Danke, ich werde versuchen mich daran zu halten. Aber mal ehrlich machen meine Eltern den Eindruck als wenn sie glücklich wären?“, wollte Ruki wissen. Sein Blick machte klar, dass er eine ehrliche Antwort haben wollte.

„Ich sehe sie ja nun nicht jeden Tag, aber sie wirken auf mich wie ein Ehepaar, das sich im Laufe der Jahre aneinander gewöhnt hat. Ich befürchte mehr kann ich dir dazu nicht sagen, weil ich sie wie gesagt ja nicht so privat erlebe, wie du. Hast du Angst, dass sie sich trennen könnten?“, fragte Reita.

„Nein, nicht wirklich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich trennen werden. Wie würde das denn in der Öffentlichkeit aussehen? Mein Vater würde das nie zulassen. Das ist doch auch ein Grund weshalb ich ihm nicht sagen kann, dass es nichts mit den Enkelkindern wird.“, antwortete er. „Was das angeht, bin ich echt froh, wenn ich ausziehen kann. Dann muss ich mir nicht mehr so viele Gedanken darum machen, dass ich mich verraten könnte.“

„Du kannst dann bei mir einziehen und ich meine das vollkommen ernst.“, meinte Reita lächelnd. Ob sie das nun als Pärchen oder Freunde zusammen zogen, war ihm egal. Er wollte nur nicht, dass sein Freund länger als er unter seinem Vater leiden musste, als er wollte.

Ruki grinste: „Darauf kannst du Gift nehmen.“
 

Ruki war froh, dass seine Mutter dabei war, als sie das Krankenhaus betraten. Das einzig positive, was er mit dieser Institution verband, war, dass er Reita hier kennengelernt hatte. Ansonsten wirkten Krankenhäuser ziemlich bedrückend auf ihn. Das sterile weiß wirkte so, als wenn es einen gleich verschlucken würde. Außerdem hätte er gar nicht gewusst, was er hätte sagen sollen. Da seine Mutter das nun übernahm, fühlte er sich wenigstens etwas erleichtert.

Als sie den Flur zum richtigen Zimmer betraten, konnten sie Reita schon auf einem der Stühle davor sitzen sehen. Ruki beschleunigte seine Schritte. Sein Freund sah auf, als er Schritte näher kommen hörte. Auf seinem blassen Gesicht war Erleichterung abzulesen ihn zu sehen.

„Hey…“, meinte Ruki behutsam, als er sich neben ihn setzte.

Reita rückte wortlos näher und ließ sich von ihm in den Arm nehmen. Es war beiden gerade egal, was andere denken konnten. Vielleicht lag hier ein Vorteil, dass es im Krankenhaus einfach nicht so verwerflich war, wie anderswo. „Er hat uns gefunden…“, seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Erschreckenderweise konnte man trotzdem den blanken Horror trotzdem darin hören.

„Hast du ihn gesehen?“, wollte Ruki wissen und verstärkte seine Umarmung. Er konnte spüren, wie sich Reitas Finger leicht in seinen Arm gruben.

„Nein, ich nicht.“, antwortete er. „Er war weg, als ich kam.“

Nun war auch Noriko bei den beiden angekommen. Reita schälte sich ein wenig aus Rukis Umarmung: „Danke, dass sie gekommen sind.“

„Dafür nicht. Wie geht es Yui? Und was ist überhaupt passiert?“, wollte sie wissen und setzte sich auf den freien Platz links neben ihm.

„Als ich nach Hause kam, war das ganze Wohnzimmer verwüstet und Mum lag bewusstlos auf dem Boden… ihr Exfreund hat uns tatsächlich gefunden.“, er stockte kurz. Während Reita nach den richtigen Worten suchte, legte Ruki seine Hand auf dessen Oberschenkel. „Er hat ihr das angetan. So schlimm hat er sie noch nie geschlagen. Jetzt geht es ihr den Umständen entsprechend. Da sie wohl gestürzt ist, als er sie geschlagen hat, hat sie sich am Kopf verletzt. Sie nähen die Wunde gerade noch. Danach dürften wir zu ihr.“, fuhr er schließlich fort.

Spätestens jetzt war auf Norikos Gesicht das Entsetzen abzulesen: „Wie furchtbar! Ihr beide könnt auf jeden Fall erst einmal bei uns wohnen! Auch wenn Yui heute hier bleiben muss, kommst du mit zu uns.“

„Danke…“, erwiderte Reita erleichtert. Es wäre der blanke Horror für ihn gewesen, in ihrer Wohnung übernachten zu müssen. Wenn er einmal herein gekommen war, dann konnte er es auch ein zweites Mal…

„Ihr könnt schlecht in der Wohnung bleiben, wenn er weiß, wo ihr wohnt. Was ist mit der Polizei?“, erkundigte sie sich.

„Die waren bereits hier. Mit mir haben sie schon gesprochen und morgen wollten sie wieder kommen, wegen Mum.“, erklärte er.

„Ich bin mir sicher, sie werden ihn finden.“, erklärte Noriko. Zum einen wollte sie Akira beruhigen und zum anderen hoffte sie, dass sie recht haben würde. Bevor sie jedoch noch weiter über das Thema reden konnte, ging die Tür zu dem Krankenhauszimmer auf und ein jung aussehender Arzt kam heraus. Er ging direkt auf sie zu: „Sie sind Freunde von Suzuki-san?“

„Ja, mein Name ist Matsumoto Noriko und das ist mein Sohn Takanori. Yui und ich sind schon seit der Schulzeit befreundet.“, antwortete Noriko. Sie stand auf und verbeugte sich. „Wie geht es ihr?“

„Sie ist noch etwas durcheinander wegen der Kopfverletzung und ihr Gesicht sieht übel zugerichtet aus. Wir würden sie gerne noch ein paar Tage zur Beobachtung hier behalten, um sicher zu gehen, dass sie keine Gehirnerschütterung davon getragen hat. Wenn sie möchten, können sie jetzt zu ihr. Allerdings kann ich sie nicht allzu lange zu ihr lassen, da sie dringend Ruhe braucht.“, erklärte er und sah sie mitfühlend an.

„Ja, natürlich. Wir werden sie nicht lange belästigen.“, antwortete Noriko.

„Sie können morgen gerne zur Besuchszeit kommen und länger bleiben.“, meinte der Arzt freundlich.

Ruki war wirklich geschockt, als er Yui sah. Zwar hatte er sich seine Gedanken gemacht, wie sie aussehen würde, doch das übertraf seine schlimmsten Erwartungen. Ihm wurde schmerzhaft bewusst, dass es zwei verschiedene Dinge waren, nur davon berichtet zu bekommen und es mit eigenen Augen zu sehen. Ruki verstand nicht, wie jemand einem anderen so etwas antun konnte. Gleichzeitig machte es ihn wütend, dass er nichts hatte tun können. Genau das musste auch Reita zusetzen, dachte er.

Der Ausdruck in Yuis Augen war müde und immer noch etwas fassungslos. Ihr rechtes Auge war blau, genau wie ihre linke Wange. Ihre Lippe war aufgeplatzt und geschwollen. An der Schläfe prangte ein weißes Verbandspflaster. Soweit man ihre Arme sehen konnte, waren auch dort etliche Blessuren zu sehen.

Reita war schnell an der Seite seiner Mutter: „Mum! Wie geht es dir?“ Er griff besorgt nach ihrer Hand.

„Es geht. Hat er dir irgendetwas getan?“, wollte sie matt wissen. Obwohl ihre Stimme so klang, wurde deutlich, dass sie sehr besorgt war.

„Nein, er war nicht mehr da.“, beeilte er sich zu sagen.

„Dann bin ich beruhigt.“, stellte Yui fest. Sie gähnte. „Takanori, kannst du dich gleich um Akira kümmern? Ich würde gerne mit Noriko reden.“

„Natürlich.“, brachte Ruki hervor. Er wusste gerade gar nicht wie er reagieren sollte. Es überforderte ihn schlichtweg einfach. Aber er würde es schon schaffen, sich um seinen Freund kümmern zu können.

Yui streichelte mit dem Daumen über die Hand ihres Sohnes: „Es wird alles gut. Dieses Mal gehen wir zur Polizei. Ich will nicht, dass er dich noch einmal anfasst.“

„O…okay. Die Polizei war schon hier und hat mit mir geredet. Sie wollten morgen wieder kommen, um dich zu befragen.“, antwortete Reita.

„Gut, denn so geht es nicht mehr weiter. Er ist zu weit gegangen. Bevor noch etwas Schlimmeres passiert, müssen wir uns endgültig von ihm trennen.“, erwiderte sie. Ihre Stimme hatte ein wenig an Stärke zurückgewonnen und auch in ihrem Blick lag plötzlich Entschlossenheit. Reita wollte ihr in einem Punkt widersprechen. Für ihn war es schon schlimm genug, dass sie hier zusammengeschlagen lag, doch sie ließ ihn erst gar nicht zu Wort kommen: „Besuch mich morgen wieder, ja? Dann geht es mir bestimmt besser und ich bin nicht so müde.“ Ihr Blick suchte Rukis.

„Mach ich. Gute Besserung…“, erwiderte er. Er spürte wie Ruki ihn am Arm berührte. Nach einem letzten Blick zu seiner Mutter, stand er auf. Gemeinsam mit seinem Freund verließ Reita das Zimmer. Es behagte ihm nicht seine Mutter alleine zu lassen, aber da sie Yui sowieso nicht lange besuchen durften…
 

Weder Ruki noch Reita hatten viel zum Abendbrot gegessen. Noriko hatte ihnen eine Kleinigkeit eher aufgeschwatzt, genau wie jeweils eine Tasse Tee. Ihr war anzumerken gewesen, dass sie erleichtert war, nachdem die beiden etwas gegessen hatten. Besorgt hatte sie den beiden hinterher gesehen. Obwohl sie Yui versprochen hatte, sich um Akira zu kümmern, war ihr klar, dass ihr Sohn ihm besser beistehen können würde. Dann hörte sie wie die Haustür aufging. Ihr Mann schien nach Hause zu kommen. Ob ihm überhaupt auffallen würde, dass sie aufgewühlt war? Und hoffentlich störte er Takanori und Akira nicht.
 

Oben in Rukis Zimmer lag Reita in dessen Arm. Er hatte sein Gesicht leicht in Rukis T-Shirt Ärmel vergraben. Sein Freund strich ihm beruhigend durch die Haare.

„Ich versteh nicht wie er uns finden konnte… ich…“, murmelte Reita fassungslos. „An dem Abend bevor meine Mutter den Entschluss gefasst hat, ihn zu verlassen… an dem Abend kam sie erst später nach Hause. Deshalb war er wütend, hat getrunken und seine Wut an mir ausgelassen. Er war kurz davor mit noch eine Narbe zu verpassen. Ich weiß nicht genau, warum, aber es hat mir gereicht. Es war einfach zu viel… also habe ich mich gewehrt. Dabei ist er mit dem Kopf gegen die Sofakante geschlagen und musste deshalb ins Krankenhaus. Diese Zeit haben wir genutzt um unsere Sachen zu packen und zu gehen.“

Ruki wusste nicht so recht, was er sagen sollte. Doch er verließ sich darauf, dass er es mit Gesten ausdrücken konnte. Zärtlich küsste er ihn auf die Stirn. Reita erhob sich ein wenig und suchte mit seinen Lippen Rukis.

„Habt ihr damals der Polizei etwas gesagt?“, wollte der Jüngere dann wissen.

„Nein, ich hab auch gar nicht daran gedacht. Ich wollte einfach nur noch weg.“, antwortete er.

„Wusste er eigentlich, wo ihr vorher gewohnt habt?“, fragte Ruki.

Reita schüttelte nur den Kopf, bevor er sich wieder an seinen Freund kuschelte. Er war einfach froh, dass er Ruki hatte. Das ganze Gefühlschaos und vor allem die panische Angst waren zwar nicht ganz verschwunden, aber es fühlte sich erträglicher an. Als er seine Mutter bewusstlos auf dem Boden liegen sah, sie zum Krankenhaus gefahren waren und er dann alleine hatte warten müssen, hatte er das Gefühl gehabt, dass ihn das alles auffressen würde. Doch als Ruki für ihn dagewesen war, hatte er sich beruhigen können. Dieser war froh, dass sein Freund sich langsam wieder beruhigte. Er spürte wie Reitas Atem immer gleichmäßiger ging. Es dauerte nicht lange bis er eingeschlafen war. Spätestens in diesem Moment hatte Ruki beschlossen, dass er nicht zu lassen würde, dass dieser verdammte Kerl Reita noch einmal weh tat. Ganz egal, was er selber dafür tun musste.
 

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Oi, dieses Kapitel hat mir nun echt den letzten Nerv geraubt! o.O Ich habs tausend Mal umgeschrieben bis ich halbwegs zufrieden war. Ich hoffe, dass ich mich für die beste Lösung entschieden hab. ^^'

Mir blöden Kuh ist ja letztens erst aufgefallen, dass zuerst immer die Formatierung raus sind und somit alle Rückblenden, die ich vorher kursiv gemacht hatte, nicht mehr kursiv waren. o.O Ich bin so ein Depp! Aber jetzt gibt es sie in kursiv! *lach*

Und wie immer vielen Dank für alle, die das lesen und kommentieren.

lg

A heavy cross to carry alone

Here with me XIII
 

~ A heavy cross to carry alone ~
 

Am nächsten Morgen öffnete Rukis Vater die Tür zum Zimmer seines jüngsten Sohnes und erstarrte. In dessen Bett lagen sowohl Ruki, als auch dessen bester Freund. Dieser hatte sein Gesicht so in dessen Shirt vergraben, dass man beinahe nur noch einen Schopf blonder Haare sehen konnte. Alles in allem wirkten die beiden sehr vertraut miteinander.

Etwas zu vertraut für seinen Geschmack.

Rukis Vater schloss die Tür, ohne darauf zu achten, es leise zu tun. In der Küche traf er auf seine Frau, die über einer Tasse Tee die Zeitung las.

„Du weißt, dass die beiden in einem Bett schlafen?“, wollte er wissen.

Noriko sah überrascht auf: „Guten Morgen. Ja, das weiß ich.“ Sie überging wohlweislich, dass ihr Mann ihr keinen guten Morgen gewünscht hatte.

„Dann weißt du auch, dass die beiden engumschlungen in Takanoris Bett liegen?“, fragte er weiter.

„Nein, aber das wundert mich nicht, nachdem was gestern passiert ist. Akira war mit den Nerven am Ende.“, erwiderte sie und nahm einen Schluck von ihrem Tee.

„Schön, dass du das so ruhig sehen kannst.“, meinte er leicht vorwurfsvoll.

„Wie sollte ich es sonst sehen? Soll ich mich schreiend neben das Bett stellen und sie rauszerren? Yui ist gestern krankenhausreif geprügelt worden und ihr Exfreund hat Akira sonst auch nicht verschont, ist es da nicht verständlich, dass er fertig ist? Und das Takanori ihm beisteht?“, wollte Noriko nun etwas gereizter wissen.

„Sollte er das Ganze nicht wie ein Mann nehmen und sich einfach wehren?!“, gab ihr Mann zurück. „Und überhaupt sie sind beides Jungen! Die schlafen nicht engumschlungen im selben Bett!“ Ohne die Antwort seiner Frau abzuwarten, stapfte er verärgert davon. Noriko sah ihm ebenfalls verärgert nach. Die Engstirnigkeit ihres Mannes nervte sie. Konnte er nicht ein einziges Mal Verständnis zeigen? Es war genau wie gestern Abend. Auch da hatte er nur einen blöden Spruch übriggehabt. Sie nahm einen letzen Schluck von ihrem Tee, dann stellte sie die Tasse in die Spülmaschine und machte sich auf den Weg nach oben. Vor der Zimmertür ihres Sohnes blieb sie stehen. Sie lauschte kurz, doch es war nichts zu hören. Die beiden schienen noch zu schlafen. Vorsichtig öffnete sie die Tür und sah die beiden schlafend zusammen im Bett liegen. Noriko musste lächeln, die beiden waren schon niedlich. Während sie die Tür wieder schloss, beschloss sie wenn etwas Ruhe eingekehrt war mit Ruki und vielleicht auch mit Yui darüber zu reden. Wenn die beiden mehr als bloße Freundschaft verband, dann wäre sie froh, dass es Akira war und nicht jemand anderes. Bevor sie ihren Sohn irgendjemanden überließ, wusste sie ihn lieber in guten Händen. Und bei Akira war er zweifellos in guten Händen.
 

„Hey, gut geschlafen?“, wollte Ruki führsorglich wissen, als Reita aufwachte.

„Besser als ich dachte.“, antwortete dieser und küsste ihn sanft. „Danke. Und du?“

„Wunderbar.“, lachte er. „Willst du gleich zuerst duschen gehen?“

„Kann ich machen, obwohl ich dich lieber mitnehmen würde.“, grinste Reita.

Statt etwas zu erwidern küsste Ruki seinen Freund noch einmal. „Ich freu mich schon, wenn wir nächste Woche alleine sind.“, meinte er dann. Einen Moment später bereute er allerdings schon wieder, was er gesagt hatte. Es stand nach gestern noch gar nicht fest, dass sie das nächste Wochenende alleine verbringen würden. Wenn Yui bis dahin entlassen worden war und ihr Exfreund noch nicht gefasst worden war, würde sie hier sein. Und dann blieb vielleicht auch Noriko. Außerdem hatte er ein schlechtes Gewissen, das er im Anbetracht der Situation nur an so was dachte. „Es tut mir leid…“, sagte Ruki betroffen.

„Ist doch nicht schlimm. Wir werden dieses Wochenende bestimmt alleine haben.“, antwortete Reita. Egal wie viele Sorgen er sich machte, er sehnte sich trotzdem nach zeit mit Ruki. Alleine schon, da es einfach auch ein wenig Normalität versprach. Am liebsten hätte er ihn noch einmal geküsst oder gestreichelt, doch auf dem Flur waren Schritte zu hören.

„Was ist mit heute Abend? Willst du lieber hier bleiben? Wenn ja, dann bleib ich auch hier.“, fragte Ruki.

„Nein, ich denke wir sollten uns trotzdem mit Uruha, Aoi und Kai treffen. Außerdem sollte es an der Zeit sein, dass sie erfahren, was passiert ist.“, erklärte er. „Ich würde gerne meine Mutter vorher besuchen. Wir könnten uns ja dort treffen und zusammen zu Uruha fahren.“

„Klar, ich hole dich ab.“, entgegnete Ruki.
 

Als Reita sich auf den Weg zum Krankenhaus machte, war er nervöser als er zugeben mochte. Er befürchtete immer noch, dass der Exfreund seiner Mutter plötzlich auftauchen würde und ihn verprügeln würde. Dass dieser es nicht dabei belassen würde, sich nur seine Mutter vorzuknöpfen stand für ihn außer Frage. Schließlich war es gewesen, der ihn gegen die Sofakante gestoßen hatte. Unabsichtlich oder nicht, spielte hier keine Rolle. Er würde es ihm nie vergeben, dass er sich gewehrt hatte.

Niemals.

Trotzdem wollte Reita ihm nicht die Genugtuung geben und sich nicht mehr aus dem Haus trauen. Wenn Ruki ihn begleitet hätte und er aufgetaucht wäre, dann wusste er nicht wie er reagieren würde. Nur eins war ihm klar, er hätte es nicht zugelassen, dass Ruki verletzt würde.

Niemals.

Inzwischen stand er vor der Tür zum Zimmer seiner Mutter. Er klopfte und trat dann ein. Sie lag in ihrem Bett und blätterte in einer Zeitschrift. Zwar hatten sich ihre Blutergüsse nur noch dunkler verfärbt, aber Yui wirkte um einiges munterer als gestern.

„Hi Mum.“, begrüßte er sie.

„Akira! Schön, dass du da bist!“, lächelte sie ihn an.

Reita kam näher an ihr Bett und setzte sich auf den Stuhl, der daneben stand: „Wie geht es dir?“

„Besser, aber mit den Schmerzmitteln ist das wohl nicht verwunderlich. Die Polizei war auch schon hier. Sie suchen ihn.“, antwortete sie.

„Ich hoffe, sie finden ihn!“, entgegnete er. Sein Tonfall klang hart und ein wenig bitter, aber er würde auch kein Mitleid haben. Im Gegenteil es würde ihn freuen, wenn er endlich seine Strafe erhalten würde für all die Demütigungen, die er und seine Mutter hatten hinnehmen müssen.

„Das werden sie. Bist du alleine hergekommen?“, erkundigte Yui sich.

„Ja, aber Ruki holt mich nachher ab.“, antwortete Reita. Er sah, dass seiner Mutter die Aussicht, dass er alleine gekommen war, nicht besonders gefiel. Natürlich, sie machte sich ja auch Sorgen um ihn. Sie wusste genau wozu ihr Exfreund in der Lage war und inzwischen auch, was er ihrem Sohn angetan hatte. „Es sind doch überall Leute. Wie soll er sich da an mir vergreifen?“, beeilte er sich zu sagen.

„Ich weiß, aber ich habe wirklich Angst, dass er dir noch einmal etwas tut. Ich hab dir versprochen, dass er das nie wieder tun wird.“, antwortete Yui ernst.
 

Zu Hause lag Ruki auf seinem Bett, hörte Musik und dachte nach. Vorher hatte er kurz mit den anderen dreien telefoniert, um sie vorzuwarnen, dass es ihrem Freund nicht so gut ging und dass seine Mutter in Krankenhaus lag. Obwohl sie alle neugierig gewesen waren, hatten sie Verständnis dafür gezeigt, dass Reita ihnen die Details persönlich erzählen sollte.

Ruki hatte ihn nur ungern gehen lassen. Der springende Punkt war nicht, dass er ihm die Zeit bei seiner Mutter im Krankenhaus nicht gönnte. Es war vielmehr, dass er ihn nicht alleine gehen lassen wollte. Er machte sich große Sorgen um ihn. Besonders nachdem er gesehen hatte, was der Mann Yui angetan hatte. Natürlich hatte Reita ihm inzwischen anvertraut was passiert war, aber er hatte nur die Narben gesehen. Sowohl die physischen als auch die psychischen. Als er Yui mit ihren Blutergüssen im Krankenhausbett hatte liegen sehen, war es etwas ganz anderes gewesen. Es war so als wenn ein Film oder eine böse Ahnung Realität geworden war.

Ihm war klar, dass er Reita wohl kaum vor einem ausgewachsenen brutalen Mann beschützen können würde, doch trotzdem hatte er beschlossen, dass er ihn das nächste Mal nicht alleine gehen lassen würde. Er konnte einfach nicht…

Ruki seufzte und stand auf. Er ging die Treppe hinunter in die Küche um sich einen Tee zu machen. In der Küche stand seine Mutter, die gerade Kaffee aufsetzte.

„Du siehst ein wenig fertig aus.“, stellte sie fest.

„Hm, ich mache mir Sorgen um Reita und Yui.“, antwortete er und füllte Wasser in den Wasserkocher. Dann spürte er wie die Hand seiner Mutter ihm durch die Haare strich.

„Ich weiß, aber ich bin mir sicher, dass die Polizei ihn erwischen wird.“, antwortete Noriko zuversichtlich. Sie sagte es nicht einfach nur um ihren Sohn zu beruhigen, sondern sie beruhigte sich damit auch selbst. Ihr behagte der Gedanke gar nicht, dass dieser Mann noch frei herumlief. Sie hoffte, dass sie recht behalten würde.

„Das hoffe ich. Ich will Reita nicht auch noch im Krankenhaus besuchen müssen.“, seufzte Ruki, während er sich eine Tasse aus dem Schrank holte.

„Das wirst du nicht. Wie hat Akira eigentlich geschlafen? Er war gestern so fertig mit den Nerven. “, wollte sie wissen. Als sie ihn heute Morgen gesehen hatte, hatte er viel besser ausgesehen, als am vorherigen Tag.

„Letztendlich war er so fertig, dass er recht schnell eingeschlafen ist.“, antwortete er. Er seufzte erneut. Auch auf die Gefahr hin, wie ein kleines Kind zu klingen, fuhr er fort: „Mum, warum kann ich Reita nicht auch mal beschützen? Er hat mich früher immer beschütz. Und ich? Ich könnte ihn nicht mal gegen diesen Scheißkerl verteidigen…“

„Taka…“, sie zog ihn in ihren Arm. „Ich verstehe dich wirklich gut. Ich hätte Yui auch gerne vor allem beschützt, aber das konnte ich nicht. Aber Akira ist froh, dass du für ihn da bist. Gestern im Krankenhaus war er sehr erleichtert, als du da warst. Man musste kein Genie sein um das zu erkennen.“
 

Als Reita das Krankenhaus verließ, sah er Ruki schon draußen auf ihn warten. Dieser hatte einen breiten schwarzen Schal umgeschlungen, der einen guten Teil seines Gesichts verdeckte.

„Du hättest nicht in der Kälte warten müssen.“, stellte Reita fest.

„Schon okay, ich bin grad erst gekommen.“, erwiderte Ruki. „Wie geht es deiner Mutter?“

„Schon besser als gestern, aber ich denke ein Teil davon machen die Schmerzmittel aus. Die Polizei war heute Morgen schon bei ihr. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich hoffe, dass sie das Schwein endlich drankriegen.“, antwortete Reita. Beim letzten Satz klang seine Stimme erschreckend kalt. Doch bei den ganzen Demütigungen war es wohl nicht überraschend.

„Du besuchst sie morgen wieder, oder?“, wollte Ruki wissen. Nachdem der andere genickt hatte, fuhr er fort: „Ich würde dich gerne morgen zum Krankenhaus bringen. Immerhin läuft er noch frei herum.“

„Das geht nicht. Wir hätten uns auch heute bei Uruha treffen sollen und nicht hier.“, erklärte er ungewöhnlich schroff. Er wusste selber nicht genau, wieso er auf einmal so reagierte, aber die Aussicht, dass der Exfreund seiner Mutter Ruki eventuell in die Finger kriegen konnte, machte ihm einfach Angst. Ihm war klar geworden, dass er in letzter Zeit wirklich beobachtet worden war und es sich nicht nur eingebildet hatte. Das wiederum bedeutete, dass er bescheid wusste, dass er und Ruki gut miteinander befreundet waren. Und was tat er? Er ließ Ruki hier einfach alleine warten!

„Aber Reita!“, protestierte der Jüngere. „Ich mache mir Sorgen um dich, verdammt noch mal! Ich weiß ganz genau, dass ich dich nicht vor ihm beschützen kann, aber ich will dich nicht auch zusammengeschlagen im Krankenhaus besuchen! Ich… scheiße, ich hasse es, dass ich höchstens hinterher für dich da sein kann!“ Am Anfang war Rukis Stimme lauter und aufgebracht gewesen, doch zum Ende hin wurde sie brüchig.

Erschrocken über den Ausbruch und dass er ihn verursacht hatte, zog Reita ihn fest in seinen Arm. Er hörte den anderen schniefen und strich ihm sanft über den Rücken: „Es tut mir leid, Ruki. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich will nur nicht, dass er dir auch etwas antut. Weißt du, ich konnte Mum auch nicht beschützen, wie soll ich dich dann beschützen?“

„Das weiß ich doch, aber auf dem Weg sind so viele Leute… meinst du nicht, dass ich dich dann begleiten kann…?“, erwiderte Ruki.

„Aber nur wenn du mir versprichst, dass du auf dich aufpasst. Wenn er dich in die Finger kriegt, ich weiß nicht… was ich dann tue.“, antwortete Reita ernst.

Ruki löste sich aus seiner Umarmung und lächelte ihn an: „Versprochen.“ Er fühlte sich besser als vorher, nicht mehr ganz so hilflos. Obwohl ihm klar war, dass er im Notfall nicht viel gegen den Mann würde ausrichten können. Trotzdem fühlte es sich besser an.

Sie waren viel zu sehr damit beschäftigt ihre kleine Meinungsverschiedenheit aus der Welt zu schaffen, als dass sie die dunkle Gestalt abseits des Weges, der zum Eingang des Krankenhauses führte, wahrnahmen. Seit Reita das Gebäude verlassen hatte, waren sie beobachtet worden.
 

Als Ruki und Reita bei Uruha zu Hause ankamen, waren Kai und Aoi bereits da. Sie sahen Reita mit einer Mischung aus Besorgnis und Führsorge an. Obwohl er relativ gut geschlafen hatte, sah er doch inzwischen ziemlich fertig aus. Er war blasser und wirkte auch nicht so entspannt wie sonst. Man konnte ihm einfach deutlich ansehen, dass er sich Sorgen machte und dass ihn einige Dinge beschäftigten.

„Wie geht es deiner Mutter?“, wollte Kai besorgt wissen, nachdem die beiden sich Schuhe und Jacken ausgezogen hatten.

„Ruki hat uns erzählt, dass sie im Krankenhaus liegt, aber er wollte uns nicht sagen wieso. Er meinte, das müsstest du tun, da er nicht darüber entscheiden können.“, fügte Aoi hinzu.

„Es ist nichts Lebensgefährliches oder? Du siehst nämlich recht fertig aus.“, meinte Uruha. Es war deutlich, dass alle drei sich Sorgen machten, aber auch auf eine gewisse Weise neugierig waren, was vorgefallen war. Was Reita ihnen allerdings auch nicht verübeln konnte.

„Nein, es ist nicht lebensgefährliches. Es geht ihr soweit den Umständen entsprechend, wenn man zusammen geschlagen wurde von seinem Exfreund.“, meinte Reita, während sie sich ins Wohnzimmer setzten. Er brauchte gar nicht in die Gesichter seiner Freunde zu sehen, um zu wissen dass sie geschockt waren. Er war ein wenig erleichtert, als Ruki ihn näher an sich heran zog. Es würde einfacher sein die ganze Geschichte zu erzählen, wenn dieser ihm seelischen Beistand leistete. „Es tut mir leid, dass ich euch nicht gleich davon erzählt habe. Aber wenn ich ehrlich bin, habe ich mich geschämt.“, fuhr er fort. Er verharkte seine Finger mit denen von Ruki.

„Er hat dich auch geschlagen, oder?“, wollte Uruha wissen. Er ahnte plötzlich woher sein Freund die Narbe am Oberarm hatte, die er damals vor dem Sportunterricht gesehen hatte. Das erklärte in seinen Augen auch Reitas damals so ablehnende Reaktion. Wer hätte schon gleich erzählt, dass er misshandelt worden war? Es war demütigend und nichts, was man jedem sofort unter die Nase rieb.

Dessen Antwort bestätigte Uruhas Vermutung: „Die Narbe am Arm, die du gesehen hast, die habe ich von ihm.“

„Du hast sogar Narben davon?“, wollte Kai sehr besorgt wissen.

Als Antwort nickte Reita nur. Er spürte wie Ruki seine Hand etwas stärker drückte.

„Wie lange ging das so?“, fragte Aoi.

„So an die 2 Jahre. Meine Mutter hatte ihn ungefähr einanderhalb Jahre nachdem wir umgezogen sind, kennengelernt. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis sie ihn mir vorgestellt hat, obwohl ihr anzusehen war, wie verliebt sie war. Am Anfang war auch alles in Ordnung und dann ist er bei uns eingezogen. Dann fing er langsam an sich mir gegenüber seltsam zu verhalten, allerdings nur wenn wir alleine waren. Zuerst waren es nur so komische Blicke und er hat versucht meiner Mutter in die Erziehung reinzureden. Wegen meiner geblichenen Haare und so. Als nächstes hat er immer häufiger blöde Bemerkungen gemacht, von wegen, dass ich meiner Mutter das Leben zerstört habe und ähnliches.“, antwortete Reita. Er sah die entsetzen Gesichtsausdrücke seiner Freunde. Inzwischen lag er mehr oder weniger auf dem Sofa, während sein Kopf auf Rukis Schoss ruhte. Dieser hatte einen Arm um ihn gelegt, sodass ihre Finger immer noch ineinander verharkt waren. Mit der anderen Hand strich er ihm gerade eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Er wurde immer eifersüchtig, wenn meine Mutter länger arbeiten musste oder mit Kollegen noch etwas trinken gegangen ist, obwohl er es sich ihr gegenüber zuerst nicht anmerken lassen hat. Eines Abends hatte er etwas viel getrunken und wir haben uns gestritten. An diesem Abend hat er mich zum ersten Mal geschlagen.“, fuhr Reita fort. Er seufzte: „Ihr fragt euch bestimmt, wieso ich mich nicht gewehrt habe. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich es selber nicht so. Auf der einen Seite wollte ich Mum ihre Beziehung nicht kaputt machen und ich wollte auch nicht der er sie schlägt. Ich dachte es ist besser, wenn ich es abbekomme und nicht sie. Ich weiß, dass das bescheuert war, aber…“ Er brach ab, da er nicht mehr wusste, was er danach sagen sollte. Er war sich nicht sicher, ob die anderen ihn verstanden. Eigentlich verstand er sich ja selber kaum.

„Wenn er betrunken war, war es vielleicht besser wenn du dich nicht gewehrt hast. Nicht dass ich gut finde, dass er dich geschlagen hat, aber wer weiß, was er dir sonst angetan hätte. Schließlich war er in diesem Moment nicht berechenbar.“, meinte Aoi.

„Du hast dafür gesorgt, dass deine Mutter nichts merkt?“, erkundigte Kai sich behutsam.

„Ja und das war gar nicht so einfach. Mit der Zeit haben auch wir uns immer mehr gestritten. Es war wirklich furchtbar.“, erklärte Reita. Er erinnerte sich noch genau an den Tag als seine Mutter entdeckt hatte, was passiert war.
 

Reita war erleichtert. Vor rund fünf Minuten war der Freund seiner Mutter endlich verschwunden. Er hatte keine Ahnung, wo er hingegangen war. Aber das interessierte ihn auch nicht. Hauptsache der Kerl war weg. Wahrscheinlich würde er sich Nachschub an Alkohol besorgen, schließlich war sein Bier schon eine Weile alle.

Reita öffnete die Tür zu seinem Zimmer, in das er sich so schnell wie möglich zurück gezogen hatte, nachdem er hatte fliehen können. Seine Lippe schmerzte und sie war aufgeplatzt. Er hatte gleich gemerkt, dass es geblutet hatte. Aber so wie der Freund seiner Mutter zugeschlagen hatte, wunderte es ihn gar nicht. Und er hatte ihn nicht nur im Gesicht getroffen.

Bevor er in den Flur trat, horchte er noch einmal, ob er ihn auf der Treppe nicht zurückkommen hören konnte. Doch es war nichts zu hören.

Reita ging ins Badezimmer um sich anzusehen, wie schlimm es war. Als er in den Spiegel sah, fluchte er. Seine Wange war dabei sich bläulich zu verfärben und der Riss an seiner Lippe sah übel aus.

Wie sollte er das bitteschön seiner Mutter erklären?

Sie hatte ihn schon beim letzten Mal, als er behauptet hatte, dass er sich geprügelt hatte, so komisch angesehen. Damals hatte er für einen Moment gedacht, dass sie es durchschaut hatte. Doch sie hatte sich dann damit zufrieden gegeben.

Reita suchte sich einen Waschlappen um sich das Blut aus dem Gesicht zu wischen.

Plötzlich hörte er, wie die Haustür aufgeschlossen wurde. Mit einem Mal schlug sein Herz schneller. Er konnte doch nicht schon zurück sein…

Hektisch griff er nach dem Waschlappen und wollte in sein Zimmer hasten. Unter keinen Umständen wollte er ihm wieder begegnen.

Im Flur wäre er beinahe mit seiner Mutter zusammengestoßen. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn sah, mit blutverschmierter Lippen und geschwollener Wange.

„Akira…?“, mehr brachte sie nicht hervor.

Reita schaffte es nicht ihr ins Gesicht zu sehen. Er fühlte sich ertappt und wollte an ihr vorbei in sein Zimmer, doch sie hielt ihn am Arm fest.

„Akira? Was ist passiert?”, fragte sie.

„Ich… also…“, begann er. Doch ihm fiel nicht mal eine Ausrede ein.

Sie sah ihn forschend an. Er konnte förmlich sehen, wie sie überlegte, wo er heute gewesen sein könnte: „Du bist gleich nach der Schule nach Hause gekommen?“

„Ja…“, antwortete er schlicht.

„Du warst zwischendurch nicht mehr weg?“, wollte sie weiter wissen.

Reita brachte nicht mehr als ein leichtes Kopfschütteln zu Stande. Er hatte gerade keine Kraft mehr ihr irgendetwas vorzumachen. Seine gesamte Kraft hatte er die letzten zwei Jahre verbraucht…

Und Yui verstand in diesem Moment endlich. Als ihr Sohn ihr in die Arme fiel, wurde ihr klar, was sie die ganze Zeit übersehen hatte. Auf einmal passte alles zusammen. Die ständigen Streitereien zwischen Akira und ihrem Freund, Akiras ablehnendes Verhalten, seine Verschlossenheit und die Verletzungen. Nicht zu vergessen ihre eigenen Erfahrungen. Am liebsten hätte sie sich geohrfeigt. Wie hatte sie die ganze Zeit nur so blind sein können?

Mit einem dumpfen Geräusch fiel ihre Aktentasche auf den Boden, da sie beide Arme um ihren Sohn schlang.

„Es tut mir leid! Es tut mir wirklich leid!“, wiederholte Yui immer wieder. Tränen liefen ihr über die Wange.
 

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Okay, nach ner halben Ewigkeit mal wieder ein neues Kapitel!!! Ich möchte mich erstmal bei allen, die die Fanfic lesen, die einen Favo gesetzt haben oder mir Kommentare schreiben herzlich bedanken! Es freut mich, wenn es euch gefällt *g* Und es tut mir leid, dass ich mich bei ein paar Leuten nicht für den favo direkt bedankt habe, aber ich hab leider etwas den Überblick verloren, wer neu dazu gekommen ist und wer nicht... und manche ändern dann ja ihre Namen und so! Ich hoffe, dass verzeiht ihr mir! Aber bei den Kommentaren ist es für mich etwas leichter nachzuvollziehen, bei wem ich mich bedankt habe.
 

So warumm hat es dieses Mal so lange gedauert?!

Ich wollte erstmal den zweiten Fall der G Files zu Ende schreiben und der wurde immer länger und länger, dann musste ich auch noch mal lernen für die Uni, so nich... und jetzt ja, ich muss zugeben, ich HÄNGE (T.T) ein wenig!!!! Ich weiß schon wo ich weiter hinwill, aber mein Problem ist grad, dass ich meine erste Lösung von einem Aufeinandertreffen von Reita und dem Mistkerl von Exfreund verworfen habe. Allerdings habe ich noch keine Idee, wie ich es sonst lösen kann T.T Wenn also vielleicht jemand ne Idee hat, wäre ich dankbar!!! Oder nur ein Anstoß... desto schneller bekommen die beiden auch ihr Wochenende zu zweit! XD
 

Oki das war's erstmal von mir! ^^

lg Miya

Closer to the edge

Sorry, dieses Mal melde ich mich mal vorweg! Vielen Dank für die Kommentare und Favouriten! Das bedeutet mir sehr viel und hey dieses Mal ging's auch schneller mit dem neuen Kapitel! Besonderer Dank geht dieses Mal an Kazu, ich weiß nicht, ob ich so schnell gewesen wäre, wenn wir nicht über den weiteren Verlauf gesprochen hätten! Danke! ^^

So eins noch, der Grund wieso ich mich vorweg melde... dieses Kapitel enthält ein wenig mehr Gewalt als die davor. Wem das nicht gefällt, sollte bitte nicht weiter lesen. Aber ich denke, es war klar, dass es irgendwann zu einer Konfrontation kommt, oder?! (Gut, es ist keine Blutspritzorgie, aber das ist ja auch nicht das Thema dieses Fanfiction.)

Trotzdem viel Spaß beim Lesen! Ich hoffe, es ist nicht zu abgedreht geworden...
 


 

Here with me XIV
 

~ Closer to the edge ~
 

Noriko war doch erleichtert als sie hörte wie Ruki und Reita spät am Abend nach Hause kamen. Zwar lag sie bereits im Bett, doch sie hatte nicht schlafen können, während sie sich nicht sicher war, ob den beiden nicht doch etwas passiert war. Den ganzen Tag hatte sie sich Sorgen gemacht, allerdings wollte sie auch nicht als übervorsichtige Glucke erscheinen und die beiden waren auch nicht allzu weit weggewesen.

Doch nun wusste sie, dass die beiden da waren und konnte schlafen. Sie gähnte müde. Morgen würde sie ihre Freundin im Krankenhaus besuchen, das hatte sie ihr versprochen.
 

Wie schon den Abend zuvor kuschelte Reita sich an Ruki als sie im Bett lagen. Dieser strich ihm sanft durch die Haare, wie er es bereits getan hatte, als sie bei Uruha gewesen waren. Während Reita den anderen alles erzählt hatte, hatte Ruki nicht viel gesagt. Er hatte ihm schweigend beigestanden und Reita war froh darüber gewesen. Alleine durch Rukis Anwesenheit hatte er das Gefühl, als wenn ein gutes Stück der Last von seinen Schultern genommen wurde. Er fühlte sich endlich wieder aufgehoben, gut aufgehoben. Ihm wurde klar, wie sehr er sich danach gesehnt hatte.

„Irgendwie tat es gut, den anderen alles zu erzählen.“, meinte Reita plötzlich.

„Es tut oft gut, wenn man darüber redet, was einen belastet.“, erwiderte Ruki.

„Ja und wenn man weiß, dass man Freunde hat, denen man so etwas auch anvertrauen kann.“, sagte der Blonde. „Weißt du, es tat mir echt weh, als ich Uruha am Anfang eine so schroffe Abfuhr erteilt habe, als er nach der Narbe gefragt hat. Aber ich konnte in diesem Moment nicht, ich habe mich wirklich geschämt.“

„Er hat dir das nicht übel genommen. Im Gegenteil er hat mich danach angerufen und sich nach dir erkundigt. Und nachdem er und auch Kai und Aoi wissen, was passiert ist, verstehen sie mit Sicherheit wieso du ihnen nicht gleich davon erzählt hast.“, erklärte Ruki und küsste ihn sanft auf die Stirn.

„Danke, Ruki.“, war die schlichte Antwort von Reita.

„Wofür?“, fragte der Jüngere etwas verwirrt. Er wusste gerade nicht genau, wie er das danke einordnen sollte.

„Weil du da bist.“, bekam er eine zweite schlichte Antwort. Egal wie schlicht sie war, sie bedeutete Ruki eine Menge.
 

Der Sonntag war ohne großartige Ereignisse vorüber gegangen. Reita hatte zusammen mit Ruki und Noriko seine Mutter in Krankenhaus besucht. Den Rest des Tages hatten sie Hausaufgaben gemacht und sich die Zeit mit Filmen vertrieben. Jedes Mal, wenn sie Rukis Vater begegnet waren, hatte dieser sie mit einem prüfenden Blick gemustert. Er wartete auf ein verräterisches Zeichen, dass seine schlimmsten Befürchtungen wahr werden ließen, doch nichts geschah. Obwohl er sie nicht gerade unauffällig musterte, bemerkten die beiden es nicht.

Reita war froh, dass Montag wieder Schule war. Wenigstens lenkte ihn das etwas ab. Denn ob er nun wollte oder nicht, es machte ihm Angst, dass der Exfreund seiner Mutter irgendwo dort draußen war.

„Warst du gestern wieder bei deiner Mutter?“, wollte Uruha wissen als Reita sich neben ihn setzte.

„Ja, es geht ihr auch schon besser. Der Arzt meinte, dass er sie bald entlassen könne.“, antwortete dieser.

„Sie haben ihn aber noch nicht gefasst, oder? Was macht ihr so lange, er weiß ja wo ihr wohnt…“, meinte sein Freund. Die Sorge stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.

„Nein, aber Rukis Mutter hat angeboten, dass wir so lange bei ihnen wohnen. Sie will nicht, dass wir in der Wohnung bleiben, so lange er noch rumrennt. Ich wohne ja eh grad bei ihnen.“, erklärte Reita.

Nun grinste Uruha ihn an und senkte seine Stimme verschwörerisch: „Direkt bei Ruki?!“

Bevor er antwortete, wurde er tatsächlich ein wenig rot: „Ganz direkt…“

„Hey, das muss dir doch nicht peinlich sein. Du brauchst ihn doch gerade.“, erwiderte er und schlug ihm freundschaftlich gegen den Arm. Er freute sich für seine beiden Freunde. In seinen Augen waren sie ein wunderbares Paar und er hatte gesehen, welche Wirkung Ruki auf Reita gehabt hatte.

„Sieht so aus. Er macht alles irgendwie erträglicher.“, antwortete Reita.
 

Ruki hatte eine Stunde eher Schluss als die anderen vier. Er hatte versprochen zu warten, so dass Reita und er zusammen nach Hause gehen konnten. Anstatt seine Zeit jedoch einfach mit Warten zu verschwenden, hatte er beschlossen seine Hausaufgaben bereits jetzt zu erledigen. Gerade verließ er das Gebäude, in dem sein Klassenraum lag, um hinüber zur Bibliothek zu gehen. Dort würde er Ruhe haben. Da er getrödelt hatte, als er seine Sachen eingepackt hatte, waren die anderen Schüler bereits gegangen oder wieder im Unterricht.

Ruki war so in Gedanken versunken, dass er kaum merkte, wie er mit dem Schuhe gegen etwas stieß und strauchelte. Er schaffte es nicht das Gleichgewicht zu halten, sondern stürzte. Der Schmerz durchzuckte seine Hände und Knie, als er auf den Boden aufschlug. Bestimmt hatte er sich zumindest die Hände aufgeschürft. Doch vor lauter Überraschung gab er keinen Laut von sich.

„Weh getan?“, wollte plötzlich eine tiefe Stimme wissen.

Ruki rappelte sich ein wenig auf, sodass er zwar noch auf dem Boden saß, aber den Mann mustern konnte, dem die Stimme gehörte. Der Mann war um die 40, groß und kräftig. Er hatte einen drei Tage Bart und trug einen Anzug.

Ruki konnte sich nicht daran erinnern ihn schon einmal gesehen zu haben. „Nein, es geht.“, meinte er dann.

„Du solltest aufstehen, es ist sehr kalt.“, erwiderte der Mann nun. Er streckte ihm eine Hand entgegen, die er impulsartig ergriff. Es wunderte ihn schon ein wenig, dass der Mann nicht einfach seine Hand nahm, sondern sein Handgelenk umfasste. Er wurde auf die Beine gezogen, doch anstatt ihn wieder loszulassen, wurde der Griff des Mannes fester. Notgedrungen stolperte Ruki näher an ihn heran, da dieser an seinem Handgelenk zog.

„Du bist der kleinen Freund von dem Nichtsnutz Akira, nicht wahr?!“, fragte Mann nun. Seine Stimme klang frostig, vor allem als Reitas Name fiel. Außerdem nahm er eine leichte Alkoholfahne war. In seinen Augen blitzte etwas auf, was Ruki ganz und gar nicht gefiel. Es machte ihm Angst. Doch plötzlich wurde ihm klar, wer ihn dort festhielt.

„Sie… sie sind Yuis Exfreund…“, stammelte er. Langsam stieg die Panik in ihm auf. Was zum Teufel wollte der Kerl von ihm?! Woher wusste er überhaupt von ihm?!

„Nicht Ex, aber sonst hast du das ganz gut durchschaut, Kleiner! Da hat sich das blöde Rotzgör tatsächlich mal jemand ausgesucht, der nicht den Verstand einer Pfütze besitzt.“, lachte der Mann. Dann funkelte er Ruki an und verstärkte seinen Griff um dessen Handgelenk, das es schmerzte: „Und du hörst mir jetzt genau zu! Du wirst jetzt mit mir mitkommen und zwar ohne rum zu zicken! Denn wenn du das tust, wirst du es bereuen. Ich nehme an, du hast gesehen, wie es Yui geht…“

„O…okay… aber sie bezeichnen sie noch als ihre Freundin, nach allem was sie ihnen angetan haben?!“, antwortete Ruki. Wobei er seine Antwort fast sofort bereute, denn ehe er es sich versah, bekam er eine geklatscht. Seine Wange brannte fürchterlich und ihm stiegen beinahe die Tränen in die Augen. Doch die konnte er sich gerade noch verkneifen.

„Wir halten uns also für ganz schlau, was?! Kleiner, halt dich lieber zurück, wenn du nicht noch mal eine gewischt kriegen willst! Heb deine verfluchte Tasche auf und komm!“, knurrte ihm der andere entgegen. Ruki beeilte sich seine Tasche aufzuheben, dann wurde er bereits in Richtung des Schultores gezogen.

Wenig später verließen sie das Schulgelände und kamen zu einem kleinen Parkplatz. Dort stand das Auto des Exfreundes, auf dessen Beifahrersitz er Ruki etwas unsanft beförderte.

„Wann hat das Mistbalg Schulschluss? Ich nehme nicht an, dass ihr in einer Klasse seid.“, wollte er gereizt wissen.

Ruki sah auf die Uhr, bevor er antwortete: „In einer halben Stunde ungefähr. Was haben sie eigentlich vor?!“ Er konnte nicht verhindern, dass er etwas panisch klang, doch alleine die Tatsache, dass er alleine mit dem Kerl war, machte ihm Angst. Große Angst. Er wünschte sich seinen Freund dringend herbei.

„Er schuldet mir noch etwas.“, war die lapidare Antwort. Dann lachte er: „Und du wirst mir helfen, es zu bekommen. Er fickt dich doch, oder? Ich hab euch gesehen, wie ihr euch vor dem Krankenhaus umarmt habt. Also wird er kommen, wenn er erfährt, dass du bei mir bist.“

„Er fickt mich nicht!“, entfuhr es Ruki ein wenig verärgert. Er war für gewöhnlich nicht zimperlich was seine Wortwahl anging, aber er fühlte sich beleidigt, wenn dieser Irre, das was Reita und er hatten auf so etwas Vulgäres reduzierte. Vor allem, wo sie noch nicht einmal miteinander geschlafen hatten.

„Tststs, Akira kann also nicht einmal das! Er ist wirklich zu nichts zu gebrauchen.“, erwiderte der Mann mit deutlichem Hohn in der Stimme.

Nun war Ruki empört. Er hatte vergessen, dass er eben schon eine geklatscht bekommen hatte: „Sie haben doch gar keine Ahnung! Wir sind Freunde!“

„Kleiner, hast du schon vergessen, was passiert, wenn du frech wirst?!“, herrschte er ihn an. Eine Hand löste sich schon vom Lenkrad, um seiner Drohung noch etwas mehr Nachdruck zu verleihen.

„Nein… nicht wirklich.“, seufzte dieser ergeben und dachte an seine schmerzende Wange, die rot geworden war. Wie könnte er das auch vergessen?

„Gut, dann haben wir das ja geklärt. Also du bist doch auch so eine verdammte Schwuchtel wie Akira, oder? Wenn du mein Sohn wärst, hätte ich dir das schon ausgetrieben!“, kam die Antwort.

Ruki rutschte näher zur Tür hin. Dieser Mann war komplett irre und er war ihm gerade ausgeliefert…
 

Reita war überrascht, als er Ruki nicht am Schultor sah, so wie sie es verabredet hatten. Auch Aoi, Kai und Uruha, die mit ihm zusammen das Schulgebäude verlassen hatten, waren überrascht. Es sah Ruki nun wirklich nicht ähnlich unpünktlich an ihrem Treffpunkt zu erscheinen. Schon gar nicht, wenn es sich um ein Treffen mit Reita handelte.

Dieser kramte nervös in seiner Tasche nach seinem Handy. Vielleicht hatte Ruki ihm eine Nachricht hinterlassen, dass er etwas später kam? Er konnte gar nicht anders, als sofort in leichte Panik zu verfallen. Dazu war die Tatsache, dass der Exfreund seiner Mutter frei war, zu fest in seinem Hinterkopf verankert. Auch wenn diese Angst vielleicht irrational war, weil er nichts von Ruki wusste, aber er hatte auch ihre neue Adresse herausgefunden…

Da Reita sein Handy während des Unterrichts ausgeschaltet hatte, musste er es erst wieder anschalten. Wenig später konnte er tatsächlich sehen, dass er eine SMS von Ruki bekommen hatte.

„Er hat mir eine SMS geschrieben…“, meinte er zu den anderen.

„Was schreibt Ruki denn?“, wollte Uruha neugierig wissen. Als er direkt in Reitas Gesicht blickte, stellte er erschrocken fest, dass dieser sehr blass geworden war und sich dessen Augen vor Entsetzten geweitet hatten. Auch Kai und Aoi hatten das wahrgenommen.

„Was ist los Reita?!“, fragte Aoi besorgt nach.

„Der… der Exfreund meiner Mutter… er hat Ruki…“, brachte dieser schließlich hervor.

„Was?!“, meinte Kai entsetzt.

„Hier steht: Ich hab deinen kleinen Freund. Komm zu eurem Appartement, wenn du ihn wiedersehen willst. Natürlich alleine! Wir haben noch eine Rechnung offen, nicht wahr?! Keiichiro.“, las er vor. Zum ersten Mal seit langer Zeit sprach er den Namen aus. Eigentlich hatte Reita es wohlweislich vermieden und nur Pronomen benutzt. Er hatte dem Schrecken nicht noch einmal einen Namen geben wollen. Bevor die anderen jedoch noch etwas sagen konnten, hatte er schon auf den anrufen Knopf gedrückt. Allerdings hatte er vorher noch auf Lautsprecher gedrückt.

„Akira! Wie schön von dir zu hören! Ihr seid ja einfach so abgehauen, ohne euch zu verabschieden…“, meldete sich Keiichiro wenig später am anderen Ende. Alleine diese Stimme jagte Reita Schauder über die Haut.

„Was willst du von Ruki?!“, wollte er kühl wissen. In Gedanken ermahnte er sich immer wieder, dass er sich die Panik nicht anmerken lassen durfte.

„Ach Ruki heißt der Kleine. Er ist ja schon recht schnuckelig, dein Süßer… eigentlich will ich nur sicherstellen, dass du alleine kommst. Oder traust du dich nicht?!“, wollte er höhnisch wissen. „Hier mach dich mal bemerkbar, damit er weiß, dass du wirklich bei mir bist…“, fuhr er dann an Ruki gewandt fort.

„Reita!“, war aus dem Hintergrund zu hören.

„Wenn du ihm irgendetwas tust, dann…“, weiter kam Reita nicht, denn er wurde unterbrochen.

„Was dann Akira? Was willst du schon tun? Du konntest weder Yui noch dich retten. Denk an die Narben! Beweisen sie nicht, dass du rein gar nichts ausrichten kannst?! Aber ich gebe dir die großzügige Chance, ihn zu retten. Aber dafür musst du alleine kommen, verstanden? Und noch was beeil dich lieber, ich weiß nicht, wie schnell mir langweilig wird…“, erwiderte Keiichiro und legte einfach auf.

Die anderen drei waren geschockt, nur der Horror auf Reitas Gesicht war größer. Er wollte sich auf dem Absatz umdrehen und losrennen, doch Aoi hielt ihn zurück.

„Du gehst nicht alleine!“, stellte er fest. Er hatte nicht die Absicht seinen Freund einfach in sein Verderben laufen zu lassen und sich zusammenschlagen zu lassen. Denn genau das würde passieren, wenn er einfach loslief.

„Aber Ruki…“, erwiderte Reita panisch.

„Nichts aber! Du gehst nicht alleine. Dadurch wird es doch nicht besser! Die Sache ist zu groß für dich alleine.“, erklärte Aoi noch einmal in einem ruhigen Tonfall.

„Genau.“, stimmte Kai zu. „Ich schlage vor, wir begleiten dich, bis wir in Sichtweite des Appartements sind. Dann kannst du alleine hochgehen, lässt dabei aber dein Handy an. Dann sieht es so aus, als wenn du alleine gekommen wärst, aber im Notfall wissen wir bescheid und können Hilfe holen.“

Drei überraschte Gesichter wandten sich ihm zu.

„So viel kriminelle Energie hätte ich dir gar nicht zugetraut.“, meinte Uruha mit einem schiefen Grinsen.

„O… okay…“, meinte Reita zögerlich. Er war nicht mehr wirklich in der Lage einen klaren Gedanken zu treffen. Er hatte nur noch Angst um Ruki. Er musste ihn beschützen und das nicht nur, weil er es ihm vor Jahren versprochen hatte. Aber trotzdem ahnte er, dass Kais Vorschlag besser war als einfach Hals über Kopf alleine loszurennen. „Aber wir sollten uns beeilen!“
 

Ruki beobachtete Keiichiro misstrauisch, nachdem dieser aufgelegt hatte. Er saß gefesselt auf einem der Küchenstühle. Seine Füße waren je an einem der vorderen Stuhlbeine festgebunden, genau wie seine Handgelenke je an einer Lehne. Außerdem war er mit dem Oberkörper an die Rückenlehne gefesselt. Vor allem die Fesseln an seinen Handgelenken waren sehr fest gezogen, sodass sie in seine Haut schnitten. Dass die Ärmel seines Schuluniformhemdes hochgekrempelt worden waren, half auch nicht. Er hatte schon vor einer Weile aufgegeben sich davon zu befreien. Es hatte ihm nur noch mehr Schmerzen bereitet. Bis auf den Schlag gegen die Wange hatte Keiichiro ihm nicht weiter weh getan. Er hoffte nur, dass Reita nicht wirklich alleine kam.

Plötzlich fuhr der Mann herum und musterte Ruki mit einem schwer deutbaren Blick, der ihm Angst machte. Dieser Blick ließ einem das Blut in den Adern gefrieren und ihm war klar, dass ihn nichts gutes erwartete.

„Was machen wir nur so lange, wie Akira noch nicht da ist?!“, überlegte er laut und kniete sich neben Ruki. Erst jetzt bemerkte dieser, dass Keiichiro eins der scharfen Küchenmesser in der Hand hatte.

Langsam wurde Ruki panisch… der Kerl würde doch nicht auf die Idee kommen und ihn erstechen! Er ruckte an seinen Fessel, was nur zum Ergebnis hatte, dass dieser stärker in seine Haut schnitten.

„Oh, wir haben Angst?! Entspann dich, Kleiner, sonst tust du dir noch weh mit den Fesseln.“, grinste ihn Keiichiro an. Er strich ihm sanft über die Wange, was Ruki jedoch nicht beruhigte, sondern ihm nur noch mehr in Panik versetzte. Während er fieberhaft überlegte, wie er reagieren sollte, gruben sich seine Zähne in seine Unterlippe. Dann spürte er zu seinem großen Entsetzten die Klinge an seinem Arm. Ruki konnte gar nicht anders als auf das Messer zu starren. Seine Augen weiteten sich noch mehr, als er sah und spürte wie sich die Klinge leicht in die blasse Haut seines Unterarms bohrte. Er war entsetzt wie einfach es ging, allerdings wirkte es schon fast unreal wie das dunkelrote Blut aus dem Schnitt quoll.
 

Reita hastete die Treppen zu ihrem Appartement hoch. Er nahm so gut es ging zwei Stufen auf einmal, auch wenn er deshalb mehr als einmal strauchelte. Aber das war ihm egal. Er wollte nur noch zu Ruki und sehen, dass es ihm gut ging. In der Hosentasche hatte er sein Handy, das per Anruf mit Kais verbunden war.

Etwas außer Atem stand er schließlich vor der Tür der Wohnung. Hektisch steckte er den Schlüssel ins Schloss und öffnete sie. Geräuschvoll fiel die Tür ins Schloss und Reita war in der Küche. Dort fühlte er sich in einen seiner schlimmsten Alpträume versetzt. Ruki saß gefesselt auf dem Stuhl mit einem Ausdruck von blankem Horror auf dem Gesicht. Seine eine Wange war gerötet, wahrscheinlich hatte er also einen Schlag abbekommen und sein linker Arm wies ein paar blutige Schnitte auf.

„Reita!“, rief er erleichtert, als er ihn sah.

„Geht’s dir gut?!“, wollte er hektisch wissen, bemüht Keiichiro noch nicht in die Augen zu blicken. Erst Ruki, dachte er. Am wichtigsten war es ihn hier raus zu kriegen.

„Sieht er nicht so aus, als wenn ich mich gut um ihn gekümmert hätte, Akira?!“, mischte sich nun Keiichiro ein.

„Mir geht’s ok.“, antwortete Ruki. Er sah seinem Freund an, dass er nervös war. Allerdings bekam er dafür noch eine geklatscht. Das Geräusch von der Hand, die mit Rukis ohnehin schon geröteter Wange kollidierte, hallte erschreckend laut durch die Küche.

„Ich hab dir nicht erlaubt zu reden!“, herrschte Keiichiro ihn an.

In diesem Moment setzte Reitas Verstand komplett aus und er stürzte sich auf den Exfreund seiner Mutter. Dieser sah ihn jedoch kommen und reagierte schneller, als er erwartet hatte. Er packte Reita am Kragen und funkelte ihn an.

„Was?! Willst DU MIR weh tun?! So wie damals, als du Glück hattest und ich gegen die Sofakante geschlagen bin?“, brüllte er ihn an. Er hob sein Knie und rammte es ihm in den Magen. Reita stöhnte leicht, doch sein Gehirn registrierte den Schmerz nur am Rande.

„Verdammt ja! Ich will, dass du uns endlich in Ruhe lässt! Du sollst endlich aus unserem Leben verschwinden! Und es hätte mich nicht gestört, wenn dir an dem Abend mehr passiert wäre!“, erwiderte Reita wütend und versuchte sich frei zu winden. Doch er musste ein weiteres Mal feststellen, dass der andere zu stark war. Mal wieder. Reita spürte wie ihm ein Stoß versetzt wurde, er rückwärts taumelte und schließlich zu Boden stürzte. Er konnte sich gerade noch mit den Händen abstützen, sonst wäre der Sturz schlimmer ausgegangen. Über ihm hatte sich gleich Keiichiro aufgebaut.

„Das hättest du wohl gerne gehabt was?! Ich hab dir doch gesagt, dass du verdammte Schwuchtel nichts tun kannst. Deine Mutter liegt im Krankenhaus und wo warst du um sie zu beschützen? Sie hat sich aufgeopfert für dich! Aber ich habe ihr ja immer gesagt, dass du zu nichts zu gebrauchen bist. Langsam sollte sie das endlich mal einsehen. Dann könnten wir wieder eine nette Zeit miteinander haben – ohne dich!“, lachte er.

„Sie wird aber nicht mehr zu dir zurück kommen. Du hast sie gedemütigt und das verzeiht sie dir nie!“, erwiderte Reita und sah ihn herausfordernd an. Er hoffte, dass die anderen gehört hatten, dass es hier ganz und gar nicht gut lief und dass er Hilfe brauchte. Er kassierte einen schmerzhaften Tritt gegen die Hüfte. Als Reaktion verzog Reita nur kurz das Gesicht, er hatte schon schlimmeres erlebt. Keiichiro ging in die Knie und griff nach seinem Kinn. Er zog Reitas Gesicht nach oben, sodass er ihn angucken musste und schlug zu. Ein weiteres Mal hallte das Geräusch von Haut auf Haut durch die Küche.

Dieses Mal spürte er den Schmerz. Reita konnte nicht verhindern, dass ihm die Tränen in die Augenwinkel schossen und er schmeckte Blut von seiner aufgeplatzten Lippe.

„Reita!“, rief Ruki entsetzt und rüttelte verzweifelt an seinen Fesseln. Ihm war die Angst um seinen Freund deutlich anzumerken. Er fühlte sich unglaublich hilflos, noch hilfloser als die Tage vorher als er Reita so fertig gesehen hatte. Jetzt musste er mit ansehen, wie dieser sogar geschlagen wurde. Außerdem hatte er am eigenen Leib erfahren, wie krank der Mann war. „Lassen sie ihn doch in Ruhe! Er hat ihnen nichts getan!“, machte er weiter auf sich aufmerksam. Er hoffte, dass Reita so wenigstens die Möglichkeit bekam wieder auf die Beine zu kommen.

Tatsächlich bekam Ruki die gewünschte Aufmerksamkeit. Keiichiro drehte sich ruckartig herum und nahm nun ihn wieder ins Visier.

„Du meldest dich auch noch zu Wort?! Ich dachte, dass hätte ich dir ausgetrieben?!“, knurrte er.

„Vielleicht hätten sie mich knebeln sollen?!“, gab Ruki zurück. Ihm war klar geworden, dass sie beide in dieser Situation nicht mehr viel zu verlieren hatten. Wenn er Reita irgendwie helfen konnte, dann jetzt. Außerdem konnte er sehen, wie Reita sich wieder aufrichtete.
 

Reita hatte schnell begriffen, dass Ruki ihm eine Chance gab, indem er die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hatte. So schnell es ging, zog er sich auf die Beine und sah sich nach irgendetwas um, was er als Waffe gebrauchen konnte. Der Messerblock war zu weit entfernt, doch die Bratpfanne lag praktisch gleich neben ihm auf der Arbeitsplatte. Ohne zu zögern griff er zu und machte einen großen Schritt auf den Mann zu. Er hob die Pfanne über den Kopf, atmete einmal tief durch und schlug zu, bevor Keiichiro die Chance hatte Ruki noch erneut etwas zu tun. In diesem Moment dachte er nicht weiter über die Konsequenzen nach, genau wie damals, als er sich das erste Mal gewehrt hatte. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen, dass andere leiden mussten und er sie nicht beschützen konnte. Er konnte die Demütigungen, die mit den Schlägen einher gingen, einfach nicht mehr ertragen.

Keiichiro gab einen dumpfen, überraschten Laut von sich, dann knickten seinen Beine ein und er ging stöhnend zu Boden. Es war nicht ganz ersichtlich, ob er ohnmächtig war oder nicht. Aber für das erste schien er außer Gefecht gesetzt zu sein.

Von diesem Moment an ging alles sehr schnell. Es waren schwere Schritte im Flur zu hören und Reita ließ die Pfanne achtlos auf den Boden fallen, um zu Ruki zu stürzen. Während die Tür zur Wohnung aufflog und zwei Polizeibeamte in die Küche kamen, machte Reita sich mit zittrigen Fingern an den Fesseln zu schaffen. Nachdem er sie gelöst hatte, fiel Ruki ihm erleichtert in die Arme. Reita zog ihn fest an sich, glücklich ihn befreit zu haben. So saßen sie zusammen auf dem Küchenboden und nahmen das Chaos um sie herum gar nicht wahr.

Silhouette

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

We all fall down

Here with me XVI
 

~ We all fall down ~
 

Es war früher Vormittag, vielleicht gegen elf Uhr, als Rukis Vater, Takahiro, den Wagen auf der Auffahrt parkte. Er war alleine. Da sein Geschäftstermin bereits früher zu Ende war, war er früh nach Hause gefahren. Seine Frau hatte sich entschlossen noch ihre Mutter zu besuchen, die ganz in der Nähe des Konferenzortes wohnte. Am Abend würde sie mit der Bahn nach Hause kommen.

„Takanori?“, rief er in den Flur hinein, als er eintrat. Er lauschte, bekam jedoch keine Antwort.

Wahrscheinlich schlief der Nichtsnutz noch. Ein weiteres Mal fragte er sich, wieso sein jüngster Sohn nicht einfach ein wenig mehr wie sein Bruder war. Es war wie bei seinen Halbbruder und ihm. Auch dieser war jünger und schlug etwas aus der Art, weshalb er kaum Kontakt zu ihm hatte. Außer es ließ sich nicht vermeiden.

Nachdem Takahiro die Taschen in das Schlafzimmer gebracht hatte, beschloss er nach seinem Sohn zu sehen. Er legte die paar Meter über den Flur zurück und öffnete dessen Zimmertür. Als er einen Schritt in das Zimmer machte, traute er seinen Augen nicht. Dort lagen sein Sohn und dessen bester Freund eng umschlungen in dem Bett. Von Ruki sah man eigentlich mehr viel außer dem schwarzen Haarschopf, der auf der nackten Brust seines Freundes ruhte. Sein Blick fiel auf die Kleidung der beiden, die auf dem Boden verstreut lag. Von dort aus wanderte er zu Rukis Nachttisch, auf dem eine geöffnete Kondomverpackung und eine Tube Gleitgel lag. Ein letzter Blick in den Mülleimer bestätigte seine schlimmste Vermutung: sein minderjähriger Sohn hatte Sex mit seinem bester Freund gehabt!

Seine Hand ballte sich zur Faust.

„Takanori!“, brüllte er dann.

Im Bett regte sich etwas. Ruki grummelt und wand sich aus Reitas Arm, der ebenfalls langsam die Augen aufschlug. Verschlafen und mit verwuschelten Haaren, blickte er seinen Vater an. Als ihm bewusst wurde, wer genau dort vor seinem Bett stand, war er schlagartig wach und zog panisch die Decke weiter über seinen und Reitas Körper. In einem Bruchteil einer Sekunde war ihm klar, dass er sagen konnte, was er wollte… es gab einfach nichts mehr zu leugnen. Die Situation war klar: sein Vater wusste bescheid.

„Zieht euch was an und kommt runter! Wir haben zu reden!“, fügte er hinzu und stapfte wutentbrannt aus dem Zimmer.

„Scheiße! Scheiße! Scheiße!“, fluchte Ruki verzweifelt. Er wusste, dass sie nichts Gutes erwarten würde. Dann spürte er Reitas Hand auf seiner Schulter. Dieser sah zwar ebenfalls etwas verzweifelt aus, versuchte aber zuversichtlich zu wirken. Er wollte seinen Freund nicht noch mehr verunsichern. Dabei wusste er genau, dass die Situation mehr als heikel war.

„Wir sollten tun, was er sagt.“, meinte Reita. Dann strich er Ruki über die Wange und küsste ihn dann. „Egal was gleich passiert, ich möchte, dass du weißt, dass es nichts zwischen uns ändert. Wir bleiben ein Paar und wir werden auch das hier überstehen.“

Sein Freund seufzte: „Das wird auch nichts ändern. Aber ich will trotzdem nicht wissen, was uns gleich unten erwartet.“

Schwererherzens standen beide auf und zogen sich an.
 

Als sie ins Wohnzimmer kamen, ging Takahiro aufgebracht auf und ab. Sein Gesicht hatte an manchen Stellen rote Flecken bekommen, so wie immer, wenn er sich über etwas aufgeregte.

„Was soll ich deiner Mutter bloß sagen, wenn sie nach Hause kommt?!“, brüllte er laut.

Ruki war verwirrt, er verstand nicht, wieso seine Mutter nicht da war, aber er traute sich nicht nachzufragen. Nicht bei der Laune, die sein Vater hatte. Ein falsches Wort oder eine Frage und es konnte passieren, dass dieser komplett ausrastete.

„Sie sitzt ahnungslos bei ihrer Mutter und du hast es einfach schamlos ausgenutzt, dass sie dich immer in Schutz nimmt! Sie wollte dich das Wochenende alleine lassen, nicht ich! Ich wusste, dass man dich nicht alleine lassen kann!“, schrie sein Vater wutentbrannt. „Verdammt Takanori, hast du dir mal überlegt, was die Leute sagen werden, wenn sie herausfinden, dass du intimen Kontakt zu Männern hast?! Das ist einfach nur widerlich! Wie soll ich meinen Freunden unter die Augen treten, wenn bekannt wird, dass du eine Schwuchtel bist?“

„Aber was ist so schlimm daran, dass wir uns auf diese Art und Weise mögen? Das muss doch keiner erfahren!“, versuchte Reita einen Schlichtungsversuch zu unternehmen. Er fühlte sich gerade schlecht. Er hatte seinen Freund beschützen wollen und jetzt musste er zusehen, wie dieser von seinem eigenen Vater verletzt wurde. Er fühlte sich schuldig. Wenn sie nicht miteinander geschlafen hätten, wäre es wahrscheinlich nicht aufgeflogen. Sie hätten sich dafür einen anderen Ort suchen sollen.

Takahiro machte einen schnellen Schritt auf ihn zu und tippte ihm hart mit dem Zeigefinger gegen die Brust: „Du! Kommen wir zu dir! Was bildest du dir eigentlich ein? Takanori zu verführen?! Er ist noch minderjährig! Ich wusste schon am ersten Tag, als ihr wieder hier aufgetaucht seid, dass du Ärger bedeutest!“

Bevor Reita jedoch etwas erwidern konnte, platzte Ruki vollkommen der Kragen. In diesem Moment, wo er die Anschuldigungen an seinen Freund hörte, schwang seine Verzweiflung in Wut um. Er war wütend auf seinen Vater, da dieser ihn einfach nicht akzeptieren konnte, wie er war. Dass er jetzt noch die Dreistigkeit besaß Reita die Schuld an dieser Situation zu geben, war das Letzte.

„Lass ihn! Reita hat nichts getan, was ich nicht wollte! Außerdem ist es nicht so, als wenn ich nicht wüsste worauf ich mich da eingelassen habe!“, brüllte er zurück.

„Soll das heißen, dass du schon mit mehreren Kerlen Sex gehabt hast?!“, entfuhr es seinem Vater entsetzt.

„Mit mehr als du denkst!“, kam die schnelle Antwort. Ruki konnte gar nicht so schnell gucken, wie die flache Hand Takahiros auf seiner Wange landete. Ein brennender Schmerz breitete sich dort aus und er wich einen Schritt zurück. Er konnte nicht verhindern, dass ihm erste Tränen in die Augen stiegen, als er sich die schmerzende Wange hielt. Hätte er in den Spiegel sehen können, hätte er sehen können wie sich die Stelle rot verfärbte. Man konnte sogar die Finger sehen.

„Du bist also nicht nur eine verdammte Schwuchtel, sondern auch eine Schlampe!“, schrie er.

„Ruki!“, rief Reita entsetzt und wollte einen Arm um seinen Freund legen, doch er kam nicht dazu. Takahiro ließ ihn nicht. Er packte ihn am Kragen und funkelte ihn an: „Ich will dich hier nicht mehr sehen! Verschwinde, bevor ich etwas Unüberlegtes tue und dich vielleicht sogar anzeige!“

Als er sah, dass dieser nickte, ließ er ihn los. Trotzdem wechselten Ruki und Reita noch einen verzweifelten Blick.

„Ruki, es tut mir leid.“, flüsterte Reita ihm geknickt zu. Er wusste, dass es besser war, bevor die Situation noch mehr eskalierte und seine Anwesenheit machte Takahiro nur noch wütender. Allerdings hoffte er tief in seinem Herzen, dass Ruki schlimmeren Anfeindungen durch seinen Vater entgehen würde.

„Muss es nicht. Ich stehe das hier durch und melde mich nachher.“, erwiderte dieser ebenfalls im Flüsterton. So gerne er ihn auch an seiner Seite gehabt hätte, auch er wusste, dass es besser war, wenn er ging. Dann würde sich sein Vater hoffentlich etwas beruhigen. Schwerenherzens sah er Reita nach, als dieser ging.

„So und jetzt werden wir uns unter vier Augen unterhalten!“, schnaubte sein Vater. Etwas unsanft stieß er Ruki in Richtung des Sofas. Dieser fiel mehr darauf, als er sich setzte.

„Wie lange geht das jetzt schon so mit Akira?“, wollte er wissen. Auf einmal klang er etwa ruhiger.

Ruki sah ihn nicht an, sondern fixierte irgendeinen Punkt an der Wand: „Seit einem Monat… oder länger… ich weiß nicht genau.“

„Und seit wann betreibst du diesen widerlichen Lebenswandeln?!“, fragte er weiter.

„Es ist nicht widerlich nur weil es dir nicht in den Kram passt! Überhaupt…“, schnappte Ruki zurück, doch als er sah, dass sein Vater die Hand ein weiteres Mal erhobt, verstummte er. Abwehrend hob er die Hand. „Letztes Jahr das erste Mal…“, nuschelte er dann.

Von der folgenden Reaktion war Ruki mehr als überrascht. Sein Vater klatschte: „Dann hast du es ja ziemlich lange verheimlichen können!“ Doch dann wurde er schlagartig wieder ernst: „Ich will, dass das aufhört. Du kannst es dir aussuchen: wenn du hier wohnen bleiben willst, dann trennst du dich von Akira und suchst dir eine Freundin. Jedenfalls keine Beziehungen, egal welcher Art, zu Kerlen, verstanden?!“

„Und wenn ich nicht zustimme?“, wollte er mit angsterfüllter Stimme wissen, obwohl er schon ahnte, worauf es hinauslaufen würde.

„Ganz einfach, dann kannst du dir ein neues zu Hause suchen. Hier bist du nicht mehr willkommen. Ich erwarte nicht, dass du sofort antwortest. Du gehst in dein Zimmer und kannst in aller Ruhe darüber nachdenken. Ich bin in meinem Arbeitszimmer!“, damit erhob Takahiro sich und verließ das Wohnzimmer. Zurück ließ er seinen verzweifelten Sohn.
 

Reita sah fertig aus, als er nach Hause kam. Er machte sich nicht einmal die Mühe seine Schuhe richtig hinzustellen. Da er hörte, dass der Fernseher lief, ging er kurz ins Wohnzimmer, um seine Mutter zu begrüßen. Yui war überrascht ihn zu sehen, sie hatte ihn nicht vor morgen Abend zurückerwartet und sie sah auf den ersten Blick, dass etwas nicht stimmte.

„Akira, was ist passiert?“, wollte sie besorgt wissen. Sie saß in eine Decke eingekuschelt auf dem Sofa.

„Das ist eine längere Geschichte…“, erwiderte er. Auf der einen Seite wollte er gerne mit ihr reden, aber er wollte seine Mutter auch nicht damit belasten.

Yui schaltete den Fernseher aus und machte Platz auf dem Sofa, sodass er sich neben sie setzten konnte: „Das macht nichts.“

„Ok.“, erwiderte Reita und setzte sich seufzend. „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll…“

„Am besten gehst du einmal in dich und erzählst einfach.“, erwiderte sie geduldig.

„Also… Ruki und ich… wir sind nicht nur Freunde. Wir sind inzwischen ein Paar. Als wir mit den anderen im Club waren, haben wir uns zum ersten Mal geküsst und dann hat sich das einfach so entwickelt. Ich wollte das nicht vor dir geheim halten… wir dachten nur es sei besser nichts zu sagen, wegen Rukis Vater. Und ich habe dann nichts gesagt, weil du doch mit Noriko befreundet bist. Nicht, dass ich dir nicht vertraue…“, begann er zögerlich.

Yui streichelte ihm einmal durch die Haare: „Das ist ok. Ich weiß doch, dass du mir vertraust.“

„Du bist gar nicht überrascht, dass Ruki und ich…?“, wollte er wissen.

„Ein wenig vielleicht, aber irgendwie auch nicht. Ich kann das schwer beschreiben, aber es freut mich für euch. Takanori hat dir schließlich sehr gut getan und du ihm auch.“, erwiderte sie. „Aber was ist jetzt passiert, dass du so fertig aussiehst?“

„Wir… wir haben gestern miteinander geschlafen und als Rukis Vater heute morgen früher nach Hause kam, hat er uns im Bett gesehen. Es lag alles da! Unsere Klamotten, das Kondom… er hat uns ins Wohnzimmer zitiert und angeschrien. Er… er hat Ruki sogar eine geknallt. Als ich ihm beistehen wollte, hat er mich rausgeschmissen.“, erklärte ihr Sohn. Er vergrub das Gesicht in beiden Händen.

Schockiert sah sie ihn an. Sie wusste, dass es ihm besonders weh tat, dass er hatte zusehen müssen, wie Ruki geschlagen worden war. Sie zog ihn in ihre Arme: „Das ist schrecklich! Aber ich denke nicht, dass er ihn noch einmal schlägt. Nicht dass ich ihn in Schutz nehmen möchte, aber das war bestimmt nur die erste heftige Reaktion. Ich bin mir sicher, dass Noriko ihm ins Gewissen reden wird. Sie liebt Takanori, egal was ist. Da bin ich mir sicher. Sollte er trotzdem Probleme haben, kann er auch erst einmal zu uns kommen.“

„Danke, Mum. Ich werde ihn nachher auf dem Handy anrufen und gucken wie es bei ihm aussieht.“, antwortete Reita.

„Wir kriegen das hin, ganz sicher.“, meinte sie.
 

Wütend stopfte Ruki seine wichtigsten Sachen in eine Tasche. Er hatte ungefähr eine halbe Stunde lag auf seinem Bett gelegen und nachgedacht. Je länger er es gedacht hatte, desto wütender war er geworden. Er sollte sich also entscheiden?!

Wenn er nur hier wohnen bleiben durfte, wenn er sich seinem Vater unterwarf und sich verleugnete, dann gab es nur eine Antwort: Er würde gehen.

Für ihn stand fest, dass er sich nicht wegen seinem Vater von Reita trennen würde. Niemals! Er hatten endgültig die Schnauze voll sich zu verstecken. Sollte sein Vater doch sehen, was er davon hatte!

Ruki hatte kurz überlegt seine Mutter anzurufen, doch dann hatte er sich dagegen entschieden. Das hatte einen einfachen Grund: er wollte, dass sein Vater ihr sagen musste was passiert war und das er deshalb abgehauen war.

Gerade stopfte er seinen letzten Pulli in die Tasche. Jetzt musste er nur noch warten, bis er sich aus dem Haus schleichen konnte, schließlich sollte sein Vater auch einen Schreck kriegen. Den hatte er verdient, nachdem, was er getan hatte. Er hatte vorhin im Spiegel gesehen, dass man den Abdruck von dessen Hand immer noch auf seiner Wange erkennen konnte. Das würde er ihm nicht so schnell verzeihen, wenn er es überhaupt tun würde.

Ruki wusste auch schon wo er hingehen würde. Da er Reita, Yui und auch die anderen drei nicht in Schwierigkeiten bringen wollte, hatte er beschlossen zu seinem Onkel zu fahren. Er hatte sich immer gut mit ihm verstanden und war traurig gewesen, dass sie nicht sehr viel Kontakt zu ihm hatte. Natürlich wollte sein Vater es nicht, da er ebenfalls schwul war und zu solchen Subjekten sollten seine Söhne keinen Kontakt haben. Geschweige denn, dass er wollte, dass seine ach wie feinen Freunde davon erfuhren. Trotzdem hatte Ruki oft hinter seinem Rücken mit seinem Onkel, Keisuke, telefoniert und war zu dem Schluss gekommen, dass er dort erst einmal am Besten aufgehoben war. Zum Glück wohnte er auch nicht allzu weit weg. Mit der Bahn dauerte es nicht lange, bis er in Yokohama ankommen würde.
 

Circa eine Stunde später stand er vor der Haustür seines Onkels und klingelte. Er wohnte etwas weiter außerhalb in einem kleinen Haus. Vor ein paar Jahren hatte er dort zusammen mit seinem Freund gelebt, bis sie sich getrennt hatten. Ruki hatte Reita in der Bahn eine SMS geschickt, dass es ihm gut ging und er ihn nachher anrufen würde. Eigentlich hatte er seinen Onkel vorwarnen wollen, doch dieser war nicht zu erreichen gewesen, weder auf Handy noch auf Festnetz.

Wenig später öffnete Keisuke ihm die Tür. „Taka! Wie siehst du denn aus?!“, meinte er entsetzt. Sein Onkel war groß, trug lässige Kleidung und hatte recht kurze braune Haare.

„Hi… kurz zusammen gefasst, hat mein Vater herausgefunden, dass ich einen Freund habe, mir eine verpasst und mich vor die Wahl gestellt, entweder trenn ich mich von ihm und suche mir eine Freundin oder ich kann ausziehen. Also bin ich gegangen.“, erklärte dieser kurz.

Sein Onkel sah ihn ernst an, dann zog er ihn in den Flur und nahm ihn in den Arm: „Das ist übel! Aber du kannst so lange bleiben wie du willst. Was sagst deine Mutter denn dazu?“

„Die weiß es noch gar nicht. Sie ist noch bei Oma.“, antwortete Ruki. Er fühlte sich gerade wohl in der Umarmung. Es tat gut zu wissen, dass jemand für ihn da war.

„Ok. Ich würde sagen, du kommst erstmal rein. Wenn du willst, kannst du gleich mitessen, ich bin mir sicher, dass Wataru-kun genug gekocht hat und dann unterhalten wir uns in aller Ruhe.“, meinte Keisuke.

„Wataru-kun? Dein neuer Freund?“, erkundigte er sich neugierig.

Nun lachte sein Onkel: „Nein, das nicht. Ich hatte noch keine Gelegenheit dir von den beiden zu erzählen, da wir schon länger nicht mehr miteinander telefoniert haben. Na, aber du weißt ja, dass bei mir ab und zu Jugendliche wohnen, die rausgeschmissen wurden, weil sie schwul sind. Gerade sind es halt Wataru-kun und Tohru-chan. Ich bin mir sicher, dass du die beiden mögen wirst.“

„Wenn du das sagst.“, erwiderte Ruki mit einem leichten Grinsen. Er war sich sicher, dass sein Onkel Recht hatte. Dass bei ihm Jugendliche Unterschlupf finden konnten, war ein Grund für, dass er sich entschieden hatte, hierher zu kommen. Er wusste, dass es eine gute Freundin seines Onkels bei einer Beratungsstelle für Jugendliche arbeitete und sich das Ganze aus einem Gefallen heraus entwickelt hatte. Ihm war klar gewesen, dass er von hier nicht weggeschickt werden würde.

Gemeinsam betraten sie die Küche. Dort stand ein junger, brünetter Mann, der vielleicht so alt wie Reita war, am Herd und widmete seine Aufmerksamkeit einer Pfanne. Neben ihm stand ein weiterer junger Mann, der blonde Haare hatte. Er schien ein wenig jünger zu sein und deckte gut gelaunt den Tisch.

„Keisuke-san, wen hast du denn da mitgebracht?“, erkundigte er sich, als er die beiden sah.

Auch der Brünette sah auf. Erst jetzt fiel Ruki auf, dass er ein Pflaster oberhalb des linken Auges und einen Verband um das rechte Handgelenk hatte.

„Darf ich euch meinen Neffen Takanori vorstellen? Er wird für das erste bei uns wohnen.“, erklärte dieser. Dann wandte er sich an Ruki: „Der Blonde heißt Tohru und der Brünette Wataru.“

„Freut mich dich kennen zu lernen, Takanori. Dann deck ich für eine Person mehr. Wataru kocht eh immer genug.“, erwiderte Tohru mit einem freundlichen Lächeln.

„Mich auch.“, erklärte Wataru, etwas wortkarger, aber trotzdem mit einem Lächeln.

„Mich freut es euch kennen zu lernen. Aber ihr könnt mich gerne Ruki nennen, ich mag meinen Namen nicht so gerne. Kann ich euch etwas helfen?“, antwortete Ruki und lächelte zurück. Er war erleichtert, dass er sich so willkommen fühlte.

„Ok, dann also Ruki.“, sagte Tohru gut gelaunt.

„Das passt schon. Ich bin gleich fertig.“, meinte Wataru abwinkend.

Es dauerte tatsächlich nicht lange bis sie essen konnten. Ruki war beeindruckt von dem Essen, das der Brünette gezaubert hatte. Es war keine einfache Tiefkühlkost oder andere Fixprodukte, er hatte Fisch, Gemüse und Soße selber gekocht. Sein Onkel selber war kein begnadeter Koch.

„Wataru-kun ist gut oder? Ich habe noch nie so gut zu Hause gegessen.“, meinte Keisuke lachend.

„Es ist wirklich sehr lecker.“, bestätigte Ruki.

Nun grinste Wataru: „Danke, freut mich zu hören.“

„Wie alt bist du eigentlich?“, erkundigte Tohru sich neugierig. Er fand den anderen von Anfang an sehr sympathisch. Natürlich war ihm der blass rote Abdruck auf dessen Wange aufgefallen und er nahm an, dass er aus demselben Grund hier war wie sie beide auch.

„16 und ihr?“, wollte dieser dann wissen. Während der Blonde den Eindruck machte, dass er kein Wässerchen trüben konnte, wirkte der Brünette nachdenklicher.

„Ich bin 15, werde aber bald 16 und Wataru ist 18.“, bekam er als Antwort.

„Allerdings wird er auch dann nicht vernünftiger werden.“, kommentierte Wataru ungerührt die Ausführungen seines Freundes, wofür er sich einen Knuff in die Seite einfing.

Tohru sah ihn schmollend an: „Werd ich wohl!“

„Seid ihr beiden zusammen?“, fragte Ruki dann nach. Von Anfang an hatten die beiden auf eine seltsame Weise einen sehr vertrauten Eindruck auf ihn gemacht, obwohl sie sich weder geküsst noch in den Arm genommen hatten.

„Sind wir.“, erwiderte nun Wataru.
 

Nach dem Essen führte Keisuke Ruki ins Obergeschoss des kleinen Hauses. Es gab hier oben vier Räume. Gleich links von der Treppe befand sich das Badezimmer. Das Zimmer daneben war das von seinem Onkel.

„Das erste Zimmer rechts ist das von Wataru-kun und Tohru-chan. Du kannst dich gerne im Zimmer daneben ausbreiten.“, meinte Keisuke und öffnete die Tür. Das Zimmer war schlicht eingerichtet mit einen Schreibtisch, einen Bett, einem Kleiderschrank und ein zwei Bücherregalen an der Wand. Auf dem Schreibtisch stand ein kleiner Fernseher und in den Regalen standen ein paar Bücher und Mangas.

„Wenn du gleich reden willst, dann setzte ich uns etwas Tee auf.“, sagte er dann.

„Gern, aber ich würde gerne vorher Reita anrufen, damit er weiß, dass ich in Ordnung bin.“, antwortete Ruki.

„Ist er dein Freund?“, erkundigte sich Keisuke.

„Ja.“, antwortete er schlicht.

„Sag ihm bescheid, ich warte unten im Wohnzimmer auf dich. Und er kann dich natürlich besuchen…“, meinte sein Onkel und klopfte ihm aufmuntert auf die Schulter.

Als sich die Tür hinter ihm schloss, kramte Ruki nach seinem Handy. Schnell hatte er die Nummer gewählt. Es dauert nicht lange, bis Reita abnahm.

„Ruki! Endlich! Wie geht es dir?“, wollte er wissen. Er war so unglaublich erleichtert die Stimme des anderen hören zu können.

„Ich weiß nicht genau… ich… ich bin abgehauen.“, begann er langsam.

„Scheiße, wo bist du?!“, entfuhr es Reita. Er machte sich Sorgen, dass war ganz klar zu hören.

„Keine Sorge, ich bin bei meinem Onkel. Ich kann erstmal bei ihm wohnen, bis wir eine Lösung gefunden haben. Mum weiß ja auch noch nichts.“, er seufzte. „Aber mein Vater hat mich vor die Wahl gestellt entweder wir trennen uns und ich höre auf schwul zu sein oder ich kann mir ein neues zu Hause suchen. Ich kann dort nicht bleiben, wenn er mich nicht akzeptiert, so wie ich bin. Ich konnte irgendwie damit leben, dass ich ihn enttäusche und dass ich einfach nicht so klug bin wie mein Bruder, aber damit… damit kann ich nicht leben!“

„Das… das ist furchtbar! Du kannst auch zu uns kommen…“, brachte Reita nach einer Weile des Schweigens hervor. Es tat ihm weh, dass er gerade nicht für ihn da sein konnte. Zu gerne hätte er ihn einfach in den Arm genommen.

„Nein, das ist ok. Ich will nicht, dass du noch mehr Ärger bekommst und Yui soll auch keinen bekommen. Bei euch würde er mich als erstes vermuten und er weiß, was er dann tun würde. Das ist jetzt nichts gegen dich, aber ich brauche ein wenig Zeit für mich alleine, ok? Aber morgen würde ich mich gerne mit dir treffen. Mein Onkel hat gesagt, dass du gerne hier vorbeikommen kannst.“, erwiderte Ruki.

„Ist ok. Ich verstehe das. Gib mir einfach die Adresse und ich komme vorbei. Aber du musst mir versprechen, wenn etwas sein sollte, dann rufst du mich an. Ich bin da für dich, ok?“, antwortete er. Als der Exfreund seiner Mutter ihm um die Ohren gehauen hatte, wie widerlich er es fände, dass er schwul war und ihm deswegen die Narbe zugefügt hatte, war er geschockt gewesen. Aber er hatte Zeit für sich gebraucht danach. Er hatte das Haus verlassen und war ziellos umhergewandert. Er hatte Abstand gebraucht. Deshalb konnte er nachvollziehen, dass auch sein Freund gerade welchen brauchte.

„Danke, versprochen.“, entgegnete dieser erleichtert, dass Reita ihm nicht böse war deswegen.
 

Es war gegen halb 10 Abends als Noriko nach Hause kam. Verwundert betrat sie das Haus. Es sah leer aus, als ob niemand zu Hause wäre.

„Hallo? Ich bin wieder da.“, rief sie in den leeren Flur hinein, als sie eintrat. Doch sie erhielt keine Antwort. Vermutlich saß ihr Mann bereits wieder im Arbeitszimmer, was bedeutete, dass er nicht gestört werden wollte. Also beschloss sie zuerst nach ihrem Sohn zu sehen. Sie ging die Treppe nach oben. Auch hier brannte kein Licht, geschweige denn, dass ein Lichtstrahl unter der Zimmertür ihres Sohnes hervor schien.

Noriko klopfte an die Tür: „Hallo Takanori, ich bin wieder da.“

Doch ein weiteres Mal erhielt sie keine Antwort.

Sie klopfte noch einmal: „Ich komme jetzt rein.“

Als sie die Tür öffnete, stellte sie fest, dass das Zimmer leer war. Ihr Sohn war nicht hier. Auf dem Bett lagen ein paar Kleidungsstücke und die Tür zum Kleiderschrank stand weit offen. So verließ er sein Zimmer eigentlich nie, dazu war er viel zu ordentlich.

Noriko spürte wie sie ein seltsames Gefühl überkam und es war bei Weitem kein Positives.

Sie beeilte sich zum Arbeitszimmer ihres Mannes zu kommen. Dieses Mal hielt sie sich gar nicht erst damit auf zu klopfen. Sie riss die Tür auf: „Wo ist Takanori?!“
 

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OMG! Ich habs geschafft! Ein neues Kapitel! Yahoi~!

Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch wenn es viel Drama gab, aber wir wussten alle, dass es so kommen würde oder?

Ich hoffe, es erinnert sich noch jemand an die Fanfic... >.< Ist ja doch ne Weile her... ich hoffe, dass nächste Kapitel dauert nicht so lange, den Anfang hab ich immerhin schon. ^^

Noch eine kurze Anmerkung: ich weiß nicht genau, ob es sooo schlimm ist mit dem Altersunterschied, aber na ja es ist ja auch Fiction irgendwo...
 

lg Miya

Take my hand

Here with me XVII
 

~ Take my hand ~
 

„Wo ist Takanori?!“, fragte Noriko noch einmal. Dieses Mal klang sie um einiges fordernder als zuvor. Sie hatte ihre Arme verschränkt.

„Oben in seinem Zimmer, nehme ich an. Dort habe ich ihn hingeschickt.“, erklärte er. Er wusste nicht genau wieso seine Frau so wütend war. Eigentlich konnte er sich nicht mal genau daran erinnern, wann er seine Frau das letzte Mal so erlebt hatte.

„Nein, dort ist er nicht und er antwortet auch nicht. Was ist mit Akira, er sollte doch hier übernachten?“, erwiderte sie.

Nun wurde ihr Mann wütend. Geräuschvoll schob er seinen Stuhl nach hinten und stand auf: „Diesen Namen will ich in diesem Haus nie wieder hören! Das habe ich auch deinem Sohn gesagt! Weißt du, wo ich die beiden heute Morgen gefunden habe?! In Takanoris Bett, nackt! Sie haben Sex gehabt! Also habe ich ihm gesagt, wenn er weiterhin so leben will, dann kann er das woanders tun! Aber nicht in diesem Haus!“

„Du hast ihn rausgeschmissen?!“, wollte Noriko ungläubig wissen. Auch ihre Stimme war lauter geworden.

„Wenn du es so nennen willst! Dich scheint das ja gar nicht zu stören! Am liebsten würde ich ihn anzeigen! Er ist schließlich 18, er hat ihn verführt!“, brüllte Takahiro wutentbrannt.

„Ich habe dir bereits gesagt, dass Takanori immer noch mein Sohn ist, selbst wenn er schwul ist. Du scheinst dich ja auch entschieden zu haben. Aber dann entscheidest du dich auch gegen mich!“, erwiderte sie. Nun klang ihre Stimme erschreckend ruhig und beherrscht. „Und du wirst Akira nicht anzeigen! Er würde Takanori nie zu etwas zwingen!“

Bevor ihr Mann zu einer Antwort ansetzen konnte, drehte sie sich auf dem Absatz um und wollte gehen.

„Wo… wo willst du hin?“, stammelte er verwirrt. Die Bedeutung ihrer Worte war noch nicht richtig in seinen Verstand gesickert.

„Meinen Sohn suchen!“, erwiderte sie und ging.
 

Noriko war auf direktem Weg zu dem Appartement ihrer besten Freundin gefahren. Sie war so wütend über ihren Mann und gleichzeitig mehr als besorgt um ihren Sohn. Sie hoffte nur, dass es ihm gut ging und sie ihn bei Yui und Reita finden würde. Als sie die Stufen zur Wohnungstür hoch hastete, wäre sie um ein Haar gestolpert und hingefallen. Selbst wenn ihr Sohn nicht hier sein sollte, so würde Reita wissen, wo er war. Er bedeutete ihm zu viel, als dass er die Unwissenheit ertragen konnte.

Sie klingelte aufgeregt an der Tür.

Es dauerte nicht lange, da öffnete Yui die Tür. Als sie ihre Freundin sah, fiel ihr sofort der Ausdruck von Angst und Besorgnis in ihren Augen auf. Auf eine gewisse Art und Weise war sie erleichtert, da es bedeutete, dass die Beziehung ihrer Söhne sie nicht abstieß.

„Hallo Noriko, komm rein.“, sagte sie freundlich.

„Hallo Yui, danke sehr gern.“, erwiderte sie. „Ist Takanori bei euch?“, erkundigte sie sich besorgt.

„Nein, leider nicht. Bei euch ist er nicht mehr? Akira sagte, dass er gehen musste und Takanori mit Takahiro sprechen sollte.“, antwortete Yui. Langsam ahnte sie, wieso ihre Freundin so aufgewühlt wirkte.

„Dann… dann ist er wirklich weggelaufen!“, mutmaßte sie panisch.

„Ganz ruhig. Wir setzen uns jetzt ins Wohnzimmer und dann reden wir in Ruhe darüber. Vielleicht weiß Akira ja auch etwas.“, entgegnete ihre Freundin beruhigend.

Sie führte Noriko ins Wohnzimmer und sorgte dafür, dass sie sich setzte.

„Möchtest du eine Tasse Tee?“, wollte sie wissen. Auf dem Tisch stand noch eine Kanne auf dem Stövchen.

„Gerne, danke.“, erwiderte Noriko.

„Ich hole dir eine Tasse und sage Akira bescheid.“, antwortete Yui und verließ kurz das Wohnzimmer. Nachdem sie eine Tasse aus der Küche geholt hatte, klopfte sie an der Zimmertür ihres Sohnes. Wenig später begleitete er sie ins Wohnzimmer.

„Es… es tut mir leid, was passiert ist! Ich wollte nicht, dass es soweit kommt.“, begann er etwas zögerlich. Es war ein seltsames Gefühl Rukis Mutter unter die Augen zu treten, nach dem Drama heute Morgen.

„Das denke ich auch gar nicht. Allerdings weiß ich nicht einmal was genau passiert ist. Ich hoffe, du kannst es mir ausführlicher erzählen als mein Mann und vor allem hoffe ich, dass du weißt wo Takanori ist. Ich schätze, er ist weggelaufen…ich kann ihn nicht mal auf dem Handy erreichen!“, entgegnete Noriko. Ihr war anzumerken, dass sie fertig mit den Nerven war. Nervös trommelte sie mit ihren Fingernägeln auf ihrem Oberschenkel.

Während Reita auf dem freien Sessel Platz nahm, setzte sich seine Mutter neben ihre Freundin. Er räusperte sich und erzählte ihr, was zuvor passiert war. Je mehr er erzählte, desto mehr Sorge zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab.

„Weißt du wo Takanori jetzt ist? Bitte, Akira, ich mache mir wirklich große Sorgen um ihn. Wenn du weißt wo er ist, dann sag mir das bitte! Ich… ich möchte ihn wieder zu Hause haben, auch wenn ich mich von meinem Mann scheiden lassen muss. Aber was er getan hat, geht nicht! Er kann ihn deshalb nicht rausschmeißen! Und ich mache weder dir noch ihm irgendwelche Vorwürfe. Ich bin froh, wenn du sein Freund bist und nicht jemand anderes.“, bat sie ihn. Ihre Stimme hatte etwas Eindringliches und traf ihn mitten ins Herz. Selbst wenn er es Rukis versprochen hatte, er brachte es nicht übers Herz Noriko anzulügen.

„Ich sollte das eigentlich nicht sagen, aber Ruki ist davon ausgegangen, dass er zu Hause nicht mehr erwünscht ist… er ist bei seinem Onkel. Und wir hatten abgemacht, dass ich ihn morgen besuche, weil er einfach ein wenig Zeit für sich braucht.“, antwortete Reita.

Als sie das hörte, war es, als wenn Noriko eine große Last genommen worden war. Endlich wusste sie wo ihr Sohn war und sie wusste, dass er in Sicherheit war. Die Horrorszenarien, die sie sich unweigerlich ausgemalt hatte, lösten sich gerade auf.
 

Ruki hatte das Gespräch mit seinem Onkel gut getan. Zwar hatte er irgendwann seine Tränen nicht mehr zurück halten können, so fertig war er gewesen. Was im Anbetracht der Tatsache, dass er geschlagen und praktisch vor die Tür gesetzt worden war, nicht weiter verwunderlich war. Er war erleichtert gewesen, dass Keisuke ihn einfach in den Arm genommen hatte und getröstet hatte. Es hatte unglaublich gut getan von jemand anderem Zuspruch zu bekommen.

Da Keisuke noch eine Verabredung am Abend hatte und Ruki ihn keinesfalls davon abhalten wollte, saß er mit Tohru und Wataru ihm Wohnzimmer und sah einen Film. Aber er war froh ein wenig Ablenkung zu bekommen.

Sie saßen alle drei an dem kotatsu, einem traditionellen Heiztisch, den sein Onkel immer im Winter herausholte. Als kleines Kind hatten sie bei ihm zu Hause immer einen gehabt und er war oft darunter eingeschlafen.

Gerade lief Werbung und Wataru stand auf: „Ich bin kurz eine rauchen.“

„Mach das.“, erwiderte Tohru grinsend und gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Er bekam ein charmantes Grinsen und den Mittelfinger.

„Du wurdest auch rausgeschmissen oder?“, fragte Tohru plötzlich. Dann wurde ihm bewusst, dass er vielleicht etwas direkt gefragt hatte: „Oh Entschuldigung! Ich wollte nicht so direkt sein… ich hab nur die roten Stellen auf deiner Wange gesehen…“

Zwar war Ruki zuerst etwas überrascht gewesen, da die Frage so direkt kam, doch jetzt schüttelte er den Kopf: „Ist ok. Ja, ich bin mehr oder weniger rausgeschmissen worden. Mein Vater hat gesagt entweder trenne ich mich von meinem Freund und werde hetero oder ich kann mir ein neues zu Hause suche. Also bin ich gegangen.“

„Das ist hart oder, so etwas zu hören bekommen? Ich bin auch gegangen. Du hast doch bestimmt das Pflaster und den Verband bei Wataru gesehen, oder? Das war mein Vater. Als er erfahren hat, dass wir zusammen sind, hat er Wataru Krankenhausreif geprügelt. Deshalb bin ich gegangen.“, erklärte Tohru nun. Auf einmal wirkte er sehr ernst, nicht mehr so unbekümmert wie sonst.

„Er hat was?“, erkundigte Ruki sich entgeistert.

„Er hat ein paar Tage im Krankenhaus verbringen müssen und die ersten Tage, die wir hier waren, durfte er sich kaum anstrengen. Es war wirklich schlimm zu sehen, wie mein Vater auf ihn eingeschlagen hat, selbst als er am Boden lag. Ich wollte ihm helfen, aber er hat mich immer wieder weggestoßen und als ich kam, war es auch schon fast zu spät. Da konnte ich ihm schon gar nicht mehr helfen. Ich werde mich zwar mit meiner Mutter und meinen Schwestern treffen, aber ob ich meinem Vater jemals verzeihen kann, das weiß ich nicht.“, führte Tohru ein wenig detaillierter aus. Man konnte in seinen Augen sehen, dass die Erinnerung an diesem Moment weh tat.

„Das ist furchtbar…“, antwortete er. Es tat ihm wirklich leid, was die beiden durchgemacht hatten. „Dagegen ist es ja harmlos, dass mein Vater mir nur eine geknallt hat…“

„Aber das macht es trotzdem nicht richtig. Keiner hat das Recht jemanden nur wegen seiner sexuellen Präferenzen zu schlagen.“, erwiderte Tohru. „Vor die Wahl gestellt zu werden, ist einfach nicht fair.“

Ruki nickte nachdenklich: „Wie hat Wataru das weggesteckt? Er wirkt so… gefasst.“

„Das ist tagsüber so, aber nachts ist er oft ziemlich fertig. Er wollte auch nicht, dass ich von zu Hause weggehe, obwohl er natürlich versteht, dass ich es mit meinem Vater nicht aushalte. Aber er macht sich immer Sorgen um mich und er würde nie etwas tun, was ich nicht will.“, erklärte er.

„Und du? Wie kommst du damit klar?“, wollte Ruki nun wissen. Er nahm an, dass Tohru zwar ein fröhlicher Mensch war, dass er aber auch genau damit leicht etwas überspielen konnte.

„Das gleiche. Tagsüber habe ich es meist verdrängen, aber abends ist es oft hart. Dann bin ich froh, dass ich Wataru habe. Dabei ist er ja eigentlich schlimmer dran, als ich. Er wurde ja rausgeschmissen und verprügelt. Ich bin gegangen.“, antwortete Tohru nachdenklich. Er erinnerte sich noch gut an gestern Nacht, als er aus einem Alptraum aufgewacht war, in dem Wataru ein weiteres Mal verprügelt worden war. Da er aufgeschreckt war, hatte er auch seinen Freund geweckt, der ihn in den Arm genommen hatte, bis er wieder eingeschlafen war.

Wenig später kam Wataru wieder herein. Er fröstelte ein wenig und setzte sich neben Tohru. Dieser drückte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Zieh dir nächstes Mal was über.“, meinte er dann in einem leicht tadelnden Tonfall.

Wataru lächelte: „Ja, Mama.“ Dann wandte er sich an Ruki: „Hat Tohru dir erzählt woher der Verband stammt?“

Dieser nickte schlicht. Für einen kleinen Moment hatte er Angst, dass es dem anderen nicht Recht war, dass er bescheid wusste.

„Wenn ich an den Abdruck auf deiner Wange denke, hat dich auch jemand geschlagen oder?“, erkundigte dieser sich.

Ruki nickte: „Mein Vater. Wenn Reita nicht auf meinen Vater gehört hätte und geblieben wäre, wäre es bestimmt für uns beide schlimmer ausgegangen.“

„Reita ist dein Freund?“, erkundigte Tohru sich.

„Ja genau, er ist so alt wie Wataru.“, antwortete er.

„Wir sollten auf ein Doppeldate gehen!“, lachte dieser dann und kassierte einen leichten Knuff von seinem Freund mit dem Ellenbogen.

„Du solltest vielleicht erst mal fragen, ob die beiden etwas mit uns unternehmen wollen!“, meinte Wataru leicht tadelnd.

„Aber Wachi! Du kannst doch nicht immer davon ausgehen, dass man niemandem vertrauen kann und dass du allen lästig bist!“, erwiderte Tohru leicht schmollend.

„Wenn du mich Wachi nennst, klingt das wie ein Hund!“, gab der andere zurück. Er setzte an noch etwas zu sagen, doch Tohru war schneller.

„Du bist doch auch wie ein Hund! Wenn dir jemand zu nahe kommt, dann bellst du, um sie zu vertreiben und du musst Leute immer erst beschnuppern, bevor sie dir nahe kommen dürfen. Aber wenn du jemanden gern hast oder vertraust, dann bist du eine sehr treue Seele und beschützt diese Person, komme was wolle.“, antwortete er.

„Dann kauf mir doch ein Halsband!“, stellte Wataru mit verschränkten Armen fest.

Etwas verdattert blickten sie nun zu Ruki, der sich ein Lachen nicht mehr verkneifen konnte. Er fand die beiden einfach süß, ihr Wortwechsel hatte schon etwas von einem alten Ehepaar.

„Es tut mir leid, aber ihr seid einfach… witzig und süß gerade. Wie ein altes Ehepaar…“, erklärte er kichernd. Es tat gerade gut einfach mal wieder lachen zu können. Vielleicht hatte er auch deshalb Schwierigkeiten sich wieder zu beruhigen.

„Schön, dass wir so zu deiner Erheiterung beitragen.“, erwiderte Wataru, aber man konnte an seinem Tonfall hören, dass er es nicht böse meinte. Da Rukis Lachen aber doch ansteckend wirkte, konnte auch Tohru und Wataru sich ein Lachen nicht mehr verkneifen.

Nach einer ganze Weile lagen sie alle drei ausgestreckt auf dem Boden. Ruki hatte eine Hand auf seinem Bauch liegen und seufzte: „Das hat gut getan…“

„Und wie.“, stimmte Tohru zu.

„Nur um das jetzt klar zu stellen, wenn ihr wollt, können wir auch auf ein Doppeldate gehen!“, meinte Wataru dann. „Von mir aus, ist das ok.“

„Na dann müssen wir nur noch Reita überzeugen.“, lachte Ruki.
 

Als Ruki am nächsten Morgen gegen zehn Uhr in die Küche schlurfte, sah er Wataru mit der Zeitung am Tisch sitzen. Vor ihm stand eine Tasse mit heißem Kaffee. Zwar hatte er eigentlich Schule, doch zum einen lagen seine Schulsachen noch zu Hause und zum anderen wollte er heute wirklich nicht dorthin. Mit seinem Onkel hatte er gestern darüber gesprochen und dieser hatte ihm gesagt, dass er sich erstmal erholen sollte.

„Guten Morgen, magst du auch einen Kaffee? In der Kanne ist noch was, du kannst dich gerne bedienen.“, begrüßte Wataru ihn.

„Guten Morgen, gern.“, meinte er. Während Ruki sich Kaffee einschenkte und sich ein Toast machte, drehte sich der andere zu ihm hin.

„Heute keine Schule?“, wollte er wissen.

„Nein, nicht wirklich. Meine Sachen sind zu Hause und wenn ich ehrlich bin, schwänze ich heute lieber. Auch wenn ich Reita jetzt schon gerne sehen würde, aber ich weiß nicht, ob ich einen ganzen Schultag durchstehe. Und du auch nicht?“, antwortete Ruki.

„Das verstehe ich. Tohru hätte auch lieber geschwänzt, aber ich hab ihn zur Schule geschickt. Ich wäre auch gegangen, aber ich darf nicht. Ich bin noch krank geschrieben.“, erklärte Wataru. „Reita kommt heute Nachmittag vorbei, wenn ich mich recht erinnere, oder?“

„Geht ihr eigentlich auf die gleiche Schule?“, wollte er wissen. „Und ja du erinnerst dich richtig.“

„Ja, tun wir. Eigentlich geh ich nicht gern zur Schule, aber jetzt wo ich seit Wochen nicht mehr darf, ist mir so langweilig, dass ich tatsächlich wieder hin will. Immerhin bringt Tohru mir nachher die Hausaufgaben mit.“, lachte der andere. „Das freut mich, dann habt ihr auch ein wenig Zeit für euch.“
 

Am Nachmittag saßen Tohru und Wataru am Küchentisch und machten ihre Hausaufgaben. Während Rukis Onkel auf dem Sofa im Wohnzimmer saß und die Zeitung las, saß Ruki im Sessel daneben und las ein Buch. Je näher die Uhr auf die verabredete Zeit rückte, desto unkonzentrierter wurde er. Doch er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen.

Dann klingelte es plötzlich. Es hätte nicht viel gefehlt und Ruki wäre aufgesprungen und zur Tür gerannt, doch der amüsierte Blick seines Onkels hielt ihn zurück.

„Lass mich mal die Tür aufmachen, sonst wirkst du komplett verzweifelt.“, grinste er.

„Ok.“, erwiderte Ruki ebenfalls grinsend.

Sein Onkel stand auf und ging zur Tür. Er öffnete sie und Ruki konnte hören, wie geredet wurde. Er konnte jedoch nicht ausmachen was geredet wurde, es war selbst schwer die Stimmen auseinander zu halten. Hibbelig wartete er, dass die beiden endlich ins Wohnzimmer kommen würden.

Nach einer Weile, die Ruki beinahe wie eine Ewigkeit vorkam, kam Reita schließlich ins Wohnzimmer. Jetzt hielt ihn nichts mehr auf dem Sessel. Er sprang auf und fiel seinem Freund in die Arme. Reita schloss ihn erleichtert in die Arme.

„Hi.“, meinte er sanft.

„Hi. Ich bin so froh dich zu sehen!“, erwiderte Ruki. Er löste sich ein wenig aus der Umarmung und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Reita überbrückte das letzte bisschen an Distanz zwischen ihnen. Ihre Lippen berührten sich zu einem zärtlichen Kuss. Sie hatten sich vermisst, auch wenn sie nicht wirklich lange getrennt gewesen waren. Aber in dieser kurzen Zeit war eine Menge passiert.

„Ich bin aber nicht alleine hier. Ich habe dir noch jemanden mitgebracht.“, meinte Reita dann.

Ruki sah ihn fragend an: „Hu? Wen denn?“

„Takanori…“, hörte er dann auf einmal die Stimme seiner Mutter.

Er drehte sich um und sah sie neben seinem Onkel im Wohnzimmer stehen.

„Mum?!“, fragte er ungläubig. „Was machst du denn hier?!“

Sie machte ein paar Schritte auf ihn zu und zog ihn in ihre Arme: „Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“

„Bist du nicht wütend auf mich?“, fragte er ängstlich, doch dabei war er schon dabei die Umarmung seiner Mutter zu erwidern. Wie bereits zuvor tat es gut die Wärme eines Menschen zu spüren, den man liebte. Und er liebte seine Mutter. In dem Moment als er sie gesehen hatte, war die Hoffnung da gewesen, dass er nicht für seine komplette Familie gestorben war.

„Auf dich? Höchstens, weil du mir nicht gesagt hast wo du bist. In erster Linie bin ich wütend auf deinen Vater und wenn er weiterhin auf seiner Meinung beharrt, werde ich mich scheiden lassen. Wir können dann in ein kleines Appartement ziehen.“, antwortete Noriko.

„Mum… ist das dein ernst?!“, erkundigte er sich. Er konnte nicht verhindern, dass erste Tränen in seinen Augen aufstiegen. Aber dieses Mal war es nicht, weil er traurig oder wütend war. Nein, als seine Mutter seine Frage bestätigte, fühlte er sich erleichtert. Sie hasste ihn nicht und würde zu ihm halten. Es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass er immer noch ihr Sohn war.
 

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So und auch hier ein neues Kapitel! ^.^ Hier gibts wenigstens einen Lichtblick für Ruki... ich hoffe euch gefällt das Kapitel! ^^

Wie immer vielen dank dafür, dass ihr meine Geschichte lest, auch wenn sie super langsam geupdatet wird. Danke auch für die Kommis und Favos, ich freu mich wirklich immer sehr darüber.
 

lg Miya, die mal wieder gelobt zu versuchen, das nächste Kapitel schneller fertig zu bekommen! XD



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Von:  Toffelchan
2016-10-15T20:14:24+00:00 15.10.2016 22:14
Hey :)
Ich hab mir gedacht ich lese diese ff hier nochmal <3
Auch wenn sie nicht fertig ist und noch einige Kapitel fehlen, so lese ich sie immer wieder gern :)

Ich finde es einfach super süß, wie Reita und Ruki sich nach so langer Zeit Wiedersehen und am Ende auch ein Liebespaar werden. Sie sind einfach unheimlich süß zusammen! Reituki ist und bleibt einfach mein Favorit.
Ich finde auch das Thema toll, dass Reita und seine Mutter vor dem Ex flüchten und Ruki gleichzeitig mit den hohen Ansprüchen seines Vaters zu kämpfen hat. Ich liebe Reitas und Rukis Mütter! Die sind einfach mal die besten und super cool drauf!

Ich gebe einfach, mal die Hoffnung nicht auf, dass du eventuell irgendwann hier noch ein Ende hinzufügen wirst oder es eventuell sogar einfach noch ein bisschen fortsetzen wirst wie bei den G-Files.
Ich werde auf jeden Fall immer wieder mal vorbei schauen, ob es etwas Neues gibt :)


Liebe Grüße
Toffel ❤️
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-15T07:31:23+00:00 15.03.2011 08:31
*sprachlos bin*
Einfach nur genial!!!
Das war...WOW!!!
Ich weis echt nicht was ich schreiben soll!!!
Einfach suuuupeeeeeer!!!
Bin gespannt wie das weiter gehen wird!!!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-15T07:14:34+00:00 15.03.2011 08:14
OmG die arme!!!
Kommt nach hause und ihr Sohn ich weg!!!
Der Schock ihres Lebens!!! *mitfühlen tu*
Wirklich gutes Kappi!!!
LG -^-^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-15T06:54:46+00:00 15.03.2011 07:54
Oha genial geschrieben mal wieder!!!
Brutal aber hat perfekt gepasst!
Kai hat echt geniale Ideen und ich bin voll froh das die Polizisten jetzt gekommen sind!!!
Echt genial!!!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-14T19:55:59+00:00 14.03.2011 20:55
Oha nciht das er sich an Ruki jetzt vergreift!!!
*angst haben tu*
Eirklich genial geschrieben!!! Man fühlt richtig mit!!!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-14T19:28:06+00:00 14.03.2011 20:28
Oha wie spannend!!!!!!!!!!
Ich liebe diese FF einfach!!!!
Also ich weiß schon garnicht mehr, was ich an lob hier schreiben soll!!!
Als...einfach...toll!!!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-14T18:59:17+00:00 14.03.2011 19:59
Achja Reita und Ruki sind einfach nur toll zusammen!!!
Echt klasse!!!
Ahhh bei dem ende des Pitels hat man Angst das ReiRei etwas passiert!!!
Also bin gespannt wie es weiter geht!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-12T19:20:44+00:00 12.03.2011 20:20
Ich freu mich total für Ruki und seine Mutter!!!
Aber mir macht das mit dem Anruf bei Reita ein wenig Sorgen...*böse Vorahnung haben tu*
Insgesamt wieder echt klasse und total stimmig!
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-12T18:47:35+00:00 12.03.2011 19:47
Wunderschöööön!!!
Vorallem der letzte Teil berührt ja das Herz!
Mir fehlen die Worte...im positiven Sinne!!! ^-^
LG -^.^-
Von:  klene-Nachtelfe
2011-03-12T18:05:58+00:00 12.03.2011 19:05
*quieck*
Wie genial!!!!!!!!!!!!!!!!
Atemberaubend!!!
Echt klaqsse!
*rumhibbeln tu*
DAS WAR SOOOOOOOOOOOOOO TOLL!!!!!!!xD
LG -^.^-


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