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Der Lauf Der Dinge

- Mensch, Shaolan! (RPG-Titel)
von

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Veränderung

Spoiler: Kapitel 115-120 (Tsubasa RC, Band 17) ähnliche Handlung!

Warning: angst
 

A/N: Diese Fanfiction ensteht aus einem RPG. Die Kapitel wurden ein wenig überarbeitet, doch grundsätzlich sind die Posts erhalten geblieben wie sie waren.

Falls etwas Verwirrung deswegen aufkommt - einfach Bescheid sagen. C&C gerne erwünscht!
 

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Kapitel 1: Veränderung

***

Acid Tokyo.

Sie standen an dem Wasserbassin, in dem sich momentan Shaolan, Kamui und auch Fye unter Wasser befanden.

Unter Wasser schien ein Kampf statt zu finden. Zumindest konnte Kurogane etwas Blut sehen, was sich langsam an der Oberfläche auflöste.

Was war da unten nur los?

Plötzlich schoss das Wasser in einer Fontäne hoch und ein Beben ging durch die Halle.

„Was zum...?!“

Dann explodierte die Wassersäule förmlich und ein komisches Gebilde mit Strängen kam zum Vorschein. Allem Anschein nach war Sakura dort drin. Kamui war verschwunden, ihn konnte er nicht sehen. Aber Shaolan und Fye standen auf einem der Streben. Der Krieger sprang ebenfalls nach unten und ging zu den beiden herüber. „Was ist passiert?“, wollte er wissen. Doch dann fiel ihm auf, dass mit dem Jungen irgendwas nicht zu stimmen schien. Er schien nicht mehr er selbst zu sein.

Im selben Moment holte er aus und fegte Fye mit einem Tritt von den Beinen.

Es geschah so schnell, dass Fye nicht einmal mehr Zeit zum Schreien blieb.

Der Schmerz explodierte heiß und schwarz vor seinen Augen, als er Hals über Kopf auf dem harten Steinboden aufkam. Das ganze Bassin schien sich in einem Fort um ihn zu drehen, er keuchte fassungslos nach Luft, verkrampfte sich.

Er wusste, wie kräftig der Junge zutreten konnte, der Magier hatte es doch schon unzählige Male beobachtet, doch dass er das jetzt an ihm-...

"Shao-..."

Bevor er seinen Satz vollenden konnte, tauchte plötzlich die Silhouette des Jungen über ihm auf. Eine eisige Hilflosigkeit durchtränkte ihn und lähmte seine Glieder.

Er war hilflos.

"Shaolan-....?"

Fassungslos sah der Krieger zu, wie der Junge auf den Magier zu ging und sich zu ihm herunterbeugte. Dieser sagte etwas, doch was, das konnte der Krieger nicht verstehen. Allerdings konnte er die Panik, die sich auf dem Gesichts des Magiers ausbreitete, erkennen. Er sprang nun seinerseits auf die Streben und sprintete zu den beiden herüber.

"W-...was-...?" Der Blonde brachte kein einziges Wort mehr heraus.

Sein Magen fühlte sich an, als hätte er lebendige Schlangen verschluckt, und er verkrampfte sich panisch gegen Shaolans Griff, als sich dieser noch tiefer über ihn beugte- was jedoch zwecklos war.

Der Junge hielt ihn mit einem Ingrimm nach unten gepresst, den er in solch einer Form noch nie zuvor bei ihm beobachtet hatte. Sein Herzschlag explodierte in seiner Brust, als er spürte, wie sich Shaolans Mund heiß und unangenehm feucht über sein Gesicht senkte.

Und da wusste er, dass es zu spät war.
 

Unsanft packte der Ninja Shaolan am Kragen und riss ihm von dem am Boden liegenden Magier weg, um anscheinend gerade noch das Schlimmste zu verhindern.

Shaolan schien das nicht zu stören, er zuckte nicht einmal mit der Wimper, als er sich vom Boden aufrappelte und den Krieger, der jetzt zwischen ihm und seinem Ziel stand, ungerührt anstarrte.

Fye blieb völlig wehrlos am Boden liegen und rang nach Luft.

Die nachträgliche Angst überrollte ihn wie eine einzige eiskalte Welle, und er konnte sich beim besten Willen nicht mehr rühren.

Alles, was noch in seinem Kopf Platz fand, war Shaolan und das Warum, während den Krieger es momentan eher interessierte, den Jungen davon abzuhalten, erneut auf Fye loszugehen.

Doch der Junge war stark. Und schnell. Noch dazu schien ihm alles andere egal zu sein und auch Schmerzen schien er nicht zu haben, sodass er dadurch nicht behindert wurde und unerbittlich zurückschlug.

Außerdem war auf diesen Streben kaum Platz und es ging ziemlich weit nach unten - ein falscher Schritt und man könnte abstürzen.

Vor Panik fror dem Magier fast das Herz ein.

Sah er richtig? Kurogane kämpfte gegen Shaolan?

Oder halluzinierte er bloß? In seinen Händen pochte ein glühender Schmerz, als er sich nur unter dem Aufwand seiner letzten verbleibenden Kräfte an der kalten Querstrebe nach oben stemmte.

"Shaolan!! HÖR AUF!!"

Doch der Junge hörte nicht auf ihn. Er schien in völlige Raserei verfallen zu sein.

Kurogane kam zugegebenermaßen immer mehr in Bedrängnis. Der Platz war einfach nicht ausreichend, um sich vernünftig zu verteidigen.

Er wich einem Hieb aus und kam kurzzeitig aus dem Gleichgewicht. Doch genau diesen Moment nutzte der Junge um dem Krieger einen harten, gezielten Tritt gegen die Brust zu verpassen, dass es knackte. Der Treffer ließ den Ninja in die Knie gehen und er schnappte heftig nach Luft.

"Kurogane!!"

Nun gab es für Fye kein Halten mehr.

Shaolan wusste nicht, was er tat, und selbst wenn er verletzt und völlig am Ende seiner Kräfte war- er musste etwas tun! Er war der Einzige, der jetzt noch etwas tun konnte!

Er durfte nicht davonlaufen!

Der Magier fletschte wie von Sinnen die Zähne, als er sich quälend langsam an der Querstrebe empor kämpfte und schließlich blindlings auf Shaolan zustürzte.

"Hör sofort auf!!"

Kurogane wollte sich aufrichten, den Magier aufhalten, aber er bekam keine Luft und die Sicht verschwamm ihm vor den Augen.

"Nicht....", brachte er angestrengt hervor. Der Magier konnte nicht gegen den Jungen kämpfen...

Doch er selbst kam einfach nicht auf die Beine.

Es war, als würde er auf eine stählerne Wand einreden.

Der Junge zeigte absolut keine Reaktion auf seinen verzweifelten Auswurf, sondern ließ nur mit einem Ruck von dem geschwächten Ninja ab und stürzte sich auf ihn, als gelte es einen übermächtigen Fressfeind in die Knie zu zwingen.

Ungestüme Hände vergruben sich schmerzhaft in sein blondes Haar, in seinen Hals, und bevor er das Gleichgewicht wieder fand, wälzten sie sich auch schon zu einem einzigen Knäuel verschlungen verbissen kämpfend über- und untereinander her.

Fye würgte fassungslos und wehrte sich mit Zähnen und Nägeln, doch Shaolan war einfach stärker. Er war es, der die Richtung angab- und diese führte sie beide zielstrebig immer weiter zum Rand der Plattform.

Plötzlich öffnete sich ein Dimensionsspalt und heraus trat ein weiterer Shaolan.

Er schien mit dieser Situation gerechnet zu haben, denn er wirkte nicht überrascht, im Gegensatz zum anderen Shaolan. Doch dieser ließ jetzt von Fye ab und stürzte sich auf den neuen Gegner, zwischen denen nun ein verbitterter Kampf entbrannte.

Fye war jedoch viel zu benommen, um wirklich etwas davon mitzukriegen.

Halb ohnmächtig hing er bereits mit dem Rücken über der Plattform, während seine Hände verzweifelt über den Steinboden irrten, um irgendetwas zu finden, das sie umklammern konnten, sei es ein Stein, eine Strebe, eine Hand-...irgendetwas!
 

Doch kaum, dass er die kräftige Hand des Ninjas spürte, die sein Handgelenk umfasste und ihn energisch nach oben zog, wusste er, dass er gerettet war. Irgendwie hatte es Kurogane geschafft, bis zu dem Magier zu kommen und ihn vor dem Absturz zu bewahren. Allerdings waren damit seine Kraftreserven endgültig aufgebraucht.

Schwer nach Luft ringend sackte er zu Boden.

Beunruhigt versuchte der Magier den Kampf der beiden völlig identischen Jungen zu ignorieren und starrte beinahe flehend in das blasse Gesicht seines Reisegefährten.

"Kuro-...Kurogane-...?"

"Keine Luft...", knirschte dieser mühsam. Anscheinend waren ein paar Rippen gesplittert und bohrten sich nun in seine Lunge, sodass Blut hineinlief. Er würde an seinem eigenen Blut ersticken. Mit jeder Sekunde fiel es ihm schwerer, zu atmen.

Die Angst schloss sein Herz in einen eiskalten Würgegriff.

Kurogane starb.

Hier.

Jetzt!

Wenn er jetzt nichts unternahm, würde es vermutlich in wenigen Minuten zu spät sein.

Verzweifelt würgte der Magier die jähen Tränen hinunter, die ihm in die Augen schießen wollten, und sah sich fieberhaft nach einer Lösung um, doch alles, was er sah, waren Plattformen, Querstreben und zwei immer noch verbissen kämpfende Shaolans auf einem der unteren Platten.

Er war völlig allein.

Oder-...

Seinen Gedanken folgend warf der junge Mann einen herzklopfenden Blick zu der obersten Plattform.

Ohne eine weitere Sekunde zu verschwenden, wuchtete er sich auf die Beine und zerrte sich einen Arm des Ninjas über die Schulter.

"Ich bringe dich zu Kamui!"

Der Schmerz presste ihm die sowieso knappe Luft aus den Lungen, als der Magier ihn hochhievte. Doch eine andere Wahl hatten sie kaum.

Der Krieger bekam gar nicht mit, wie Fye es letzten Endes doch schaffte, ihn zumindest bis zu den Treppen zu bringen, wo ihm die hiesigen Leute halfen, Kurogane vollends ins Bett zu schaffen. Inzwischen war dieser längst bewusstlos und atmete flach und abgehackt.

Die anderen holten Kamui herbei.

"Das sieht nicht gut aus", meinte dieser, nachdem er einen kurzen Blick auf den verwundeten Krieger geworfen hatte.

"Das sehe ich auch!", erwiderte der Magier heftig und ballte unbewusst die Fäuste, "Aber ich hätte mir nicht die Mühe gemacht, ihn bis hier herauf zu schleppen, wenn ich nicht wüsste, dass du in der Lage bist, ihm zu helfen! Und das ist es, worauf ich jetzt bestehe!"

"Es gibt eine Möglichkeit - aber vielleicht ist es auch dafür schon zu spät", gab er zurück. "Wie du vielleicht gemerkt hast, sind Subaru-kun und ich Vampire... Wir sind in der Lage Verletzungen schneller zu regenerieren."

Fye nickte bloß. Was sollte man auch auf so etwas antworten?

"Ja, habe ich. Wieso?"

„Ich bin in der Lage, ihn auch zu einem Vampir zu machen. Allerdings braucht er dafür eine Beute", erklärte der schwarzhaarige Junge. "Eigentlich ist es simpel. Ich gebe etwas von meinem Blut ab und du etwas von deinem. Ich bin nur nicht sicher, ob es nicht schon zu spät ist, die Verletzungen zu heilen. Die Verwandlung wird ebenfalls schmerzhaft sein. Vielleicht hat er nicht mehr die Kraft dazu."

Er starrte den Vampir verunsichert an.

War das wirklich die einzige Möglichkeit, Kurogane am Leben zu erhalten?

Denn wenn es so war, gab es jetzt kein Zurück mehr.

Zudem hatte er keine Zeit für große Überlegungen. Mit jeder Sekunde, die er zweifelte, entsickerte dem Ninja immer wieder ein wenig mehr Energie, die er zum Überleben brauchte.

"Ja. Ich will es tun."
 

***
 

tbc/wip

Hilfe

Warning: angst, AU
 

Kapitel 2: Hilfe

***

"Gut", der Vampir nickte und ritzte sich ein wenig den Arm auf. Bei dem Magier verfuhr er genauso. Er legte den Arm auf die Wunde des Magiers, um ihr Blut ein wenig miteinander zu vermischen und ließ es dann in den Mund des verletzten Kriegers tröpfeln.

Erst passierte gar nichts, doch dann verkrampfte sich der Körper ruckartig, als die Verwandlung einsetzte und auch die Regenerierung der Wunden einsetzte. Man konnte hören, wie sich die gebrochenen Rippen wieder an den ursprünglichen Platz schoben und das Knacken der anderen Knochen.

Beklommen beobachtete der Magier die unheimliche Verwandlung, die mit seinem Weggefährten vor sich ging, und schluckte schwer, als er in den sonst flammend roten Augen des Kriegers ein jähes gelbes Glimmen bemerkte.

Es war soweit. Mit einem seltsam leeren Gefühl im Kopf ließ er sich auf einen Stuhl neben dem Bett sinken. Kamui nickte zufrieden mit dem Kopf. "Ich denke, es hat funktioniert", meinte er und wickelte ein Stückchen Verband um den Arm des Magiers - seine eigene Wunde hatte sich schon wieder geschlossen. Der nickte nur, immer noch kaum in der Lage, die Situation überhaupt zu realisieren.

"Wie-... wie wird es überhaupt sein, wenn er wieder zu sich kommt? Ich meine-... mit dem Blut...", kam es ihm nach einem langen Schweigen stockend über die Lippen.

"Genau kann ich das nicht sagen. So eine Regenerierung bedeutet Energie. Vor allem, wenn sie lebensbedrohlich ist... bei kleineren Wunden wird es kaum ins Gewicht fallen...", meinte Kamui. "Er wird sicher einige Schwierigkeiten haben, mit seinem neuen Zustand zurechtzukommen..."

Der Magier starrte beklommen auf Kuroganes Gesicht.

Es hatte einen ungesunden, leicht ins weißliche spielenden Ton angenommen und war von Schweißperlen genetzt.

"...heißt das, er wird sich von heute an nur noch von...Blut ernähren können?"

"Zumindest wird er ohne nicht mehr überleben können", antwortete Kamui. "Seine Wahrnehmung wird sich ziemlich verschärfen, das könnte ihn irritieren, weil es ganz plötzlich kommt... Ansonsten wird man es ihm kaum ansehen."

"Verstehe..." Hilflos unterdrückte der Magier ein Seufzen.

Wieso machte er sich jetzt Vorwürfe?

Er hatte Kuroganes Leben gerettet, er hatte dafür gesorgt, dass er nicht starb!

Doch um welchen Preis...

"Allerdings wird nur dein Blut ihm helfen können. Wenn du stirbst, wird er auch sterben", fuhr Kamui fort. "Wenn er zu lange ohne Blut auskommen muss, wird es sicher schwer für ihn sein, das zu kontrollieren. Er könnte dadurch sich und andere in Gefahr bringen. Dir wird nichts passieren...Auch wenn er die Kontrolle verloren haben sollte, er wird rechtzeitig aufhören, damit du nicht stirbst...."

Dazu nickte der Blonde bloß.

Es war so grotesk, dass es beinahe wieder zum Lachen gewesen wäre.

Er, der er gerade mal so sehr am Leben hing wie eine Eintagsfliege, sollte nun bewusst weitermachen? Etwas als seine 'Aufgabe' anerkennen?

Sofort unterdrückte der Magier diese Gedanken.

Er war ein Narr, wenn er jetzt nur an sich selbst dachte.

Wenn er jetzt nicht weitermachte, würde es Kurogane am ehesten treffen, und dann-...

"Einverstanden."

"Sollte er sterben, wird der Blutbann aufgelöst. Allerdings müsste er direkt tödlich verwundet werden. Mehr weiß ich auch nicht, was noch wichtig sein könnte", meinte Kamui. "Du solltest dich ausruhen, genau wie deine Freunde...."

Das Mädchen und auch der Junge schliefen bereits, beide sahen erschöpft aus. Dem Magier standen die Strapazen aber ebenso ins Gesicht geschrieben.

"...also schön", gab dieser sich lustlos geschlagen und streckte sich müde auf dem Lager neben Kuroganes aus. Noch während seine Gedanken in einem Fort nur um das Morgen kreisten, übermannte ihn nach und nach ein tiefer, traumloser Schlaf.
 

Als er die langsam und benommen die Augen aufschlug, fiel ihm ein, dass er doch eigentlich tot sein müsste.

Dem schien aber nicht so zu sein - dazu fühlte er sich einfach zu erschlagen und das Ziehen in seiner Brust, als er sich leicht bewegte schien das zu bestätigen.

Er wusste im ersten Moment nicht wo er war, bis es ihm wieder einfiel. Das Wasserbassin.

Shaolan. Fye. Der Kampf.

Mit einem Ruck setzte er sich auf und ächzte leise auf, als sich alles entschloss sich um ihn herum zu drehen.

Ein Stöhnen riss Fye unsanft aus dem Schlaf.

Kurogane!, schoss es ihm durch den Kopf, und er setzte sich sofort auf, obwohl sein Kopf sich anfühlte wie mit Wackersteinen vollgestopft.

"Kurogane-...ist alles in Ordnung...?"

Noch im selben Moment verdammte er sich für diese hirnrissige Frage.

Wie sollte auch alles in Ordnung sein? Gar nichts war in Ordnung!

Dennoch bemühte er sich, dem Ninja gerade in die Augen zu sehen und auf eine Antwort zu warten.

"Ich weiß nicht...", antwortete er wahrheitsgemäß, als das Schwindelgefühl verebbte. "Was ist passiert...?" Aber zumindest schien Fye unverletzt zu sein... Und als er den Blick durch den Raum schweifen ließ, entdeckte er die Prinzessin und den Jungen.

"Ich kann es wirklich nicht sagen. Dieser...'andere' Shaolan scheint verschwunden zu sein. Die beiden müssen sich erst einmal ausruhen." Fye schluckte schwer.

"Und-...dich habe ich hierher gebracht, weil Kamui...er hat dir geholfen, am Leben zu bleiben. Aber es hatte wohl auch seinen Preis....wir-...wir haben einen Blutspakt geschlossen. Wir mussten dich zum Vampir machen, damit du überlebst."

Sofort lag der Blick des Kriegers wieder auf dem Magier.

"Was...?", fragte der Ninja.

Ein Vampir...? Er?

Nun - es schien schon Vorteile zu haben, denn dieser Kamui war ein ziemlich hartnäckiger Gegner gewesen.

"...aber..."

Kein Wunder, dass er sich so merkwürdig fühlte... Etwas fassungslos fuhr er sich durch die Haare.

Hastig wandte der Magier den Blick ab.

Er konnte seinem älteren Gegenüber beim besten Willen nicht in die Augen sehen.

Er wusste weniger denn je, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte, ebenso wenig ob er sich nun rechtfertigen oder Kurogane lediglich vorhalten sollte, zu seinem Besten gehandelt zu haben.

"...ich...wollte nicht, dass du stirbst", murmelte er schließlich kleinlaut.

Kurogane hatte auch nicht sterben wollen.

Auf gar keinen Fall. Erst musste er doch nach Japan zurück...

Er wusste nicht, was er sagen sollte, obwohl ihm soviel durch den Kopf ging.

Fye fiel ebenfalls nicht wirklich etwas ein, das zur Situation gepasst hätte.

"Ich hätte anders gehandelt, wenn noch andere Möglichkeiten offen gewesen wären", stammelte er nur heiser und krampfte seine Hände in die Laken.

Der Ninja wollte dazu ansetzten, dem Magier Vorwürfe zu machen. Aber - wozu?

Er hätte es wohl auch getan. Außerdem schuldete er dem Magier sein Leben...

"Aa...schon gut...", meinte er stattdessen. Leichter machte es die Sache nicht unbedingt... Aber was hatte er denn für eine Wahl?

Fye schluckte schwer.

Es war beinahe wieder lustig- hätte der Ninja nun mit ihm geschimpft und ihn wegen seines überstürzten Handelns in seiner sonst üblichen Manier sinnlos angebellt, wäre er viel besser damit zurecht gekommen. Fast wünschte er sich in solch eine Situation zurück.

Er, der irgendeinen dummen Witz vom Stapel ließ und dann lachend vor einem völlig wutentbrannten Kurogane flüchten konnte, der ihn am liebsten wie ein Grillhähnchen aufgespießt hätte...

War es das, was man Wunschdenken nannte?

Vielleicht war Kurogane einfach zu müde, um sich großartig aufzuregen... wahrscheinlich lag es aber eher daran, dass er es immer noch nicht glauben konnte.

"Das ist keiner deiner dämlichen Scherze?", fragte er, obwohl er die Antwort eigentlich schon kannte.

Sein Gegenüber brachte nur ein reichlich gequältes Lächeln zusammen.

"...Nein. Diesmal nicht, Kurogane."

Sein Blick wurde müde und leer, als er den Blick abwandte.

"Diesmal nicht."

Diesmal wäre er froh gewesen, wenn der Magier wieder versucht hätte ihn reinzulegen.... um ihn damit noch wochenlang aufzuziehen...

Er hätte sich jedes mal tierisch darüber aufgeregt und alles wäre in Ordnung gewesen. Wie immer.

"Dann werde ich mich damit wohl abfinden müssen...", meinte er schließlich. Es brachte ja ohnehin nichts, zu versuchen die Tatsache zu ignorieren. "Was ist mit diesem Blutpakt...?" "Es...ist eine Art Bann. Ich habe dir ein wenig von meinem Blut gegeben, damit du überlebst. Ich bin ab heute deine 'Beute'. Das heißt, es wird allein mein Blut sein, das du trinken kannst, um am Leben zu bleiben."

Das warf ihn doch ziemlich aus der Bahn. Der Gedanke daran verursachte ihm eine schwache Übelkeit. Er hatte oft Blut gesehen oder auch abbekommen. Und damit hatte er auch nicht unbedingt ein Problem. Aber Trinken...? Das war etwas ganz anderes...

Der Ninja war sich nicht sicher, ob er das konnte. "...das ist verrückt...."

"Das weiß ich doch auch!", erwiderte der cereanische Magier ungewollt heftig und ballte die Fäuste auf der Decke. "Aber es gab keinen anderen Weg! Du musst mein Blut trinken, um am Leben zu bleiben! Wir sind voneinander abhängig!"

"Nein. Ich von dir", gab er müde zurück. Ein dumpfer Kopfschmerz breitete sich aus. Das wurde ihm gerade alles zu viel.

"Falsch", erwiderte der Andere bockig und sah ihn erbost an.

"Glaubst du etwa, ich hätte ein Problem damit, Menschen sterben zu lassen? Ich habe kein Problem damit. So etwas zu tun fällt mir leichter als atmen."

Vor Wut und Beklemmung polterte sein Herz so laut, dass es ihm fast den Atem verschlug, doch jetzt, wo er erst angefangen hatte, konnte er sich einfach nicht mehr bremsen.

"Aber ich kann dich nicht sterben lassen. Ich könnte es nicht, selbst wenn ich es wollte." Kurogane fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. Suchte nach einer Erwiderung.

"Das meinte ich ja gar nicht!....ich weiß gerade gar nichts mehr....", murmelte er dann. Fye seufzte unterdrückt. Schon wieder verplappert.

"Ruh dich aus."

Vielleicht war es das beste.

Langsam ließ er sich wieder zurücksinken.

Er war so verdammt egoistisch. Als ob der Magier damit nicht auch Probleme hätte...

Der Jüngere konnte ihm förmlich ansehen, wie viel ihm in diesem Moment durch den Kopf ging, doch er konnte nicht von sich behaupten, sich in der Lage zu fühlen, sich auf die sowieso reichlich verkorkste Gefühlswelt des Ninjas einlassen zu können.

"Schlaf ein bisschen. Ich...bleibe solange wach", brachte er nach einem langen Schweigen endlich heraus, "Wenn's dir besser geht, können wir noch einmal über alles reden."

Momentan wusste der Japaner gar nicht, ob es ihm je wieder besser gehen würde. Trotzdem nickte er und schloss die Augen. Erst mal musste er seine Gedanken ordnen...

Fye zog nur schweigend die Knie an den Bauch und starrte ins Nichts.

Wie sollte es jetzt bloß weitergehen?

Vor allem zwischen Kurogane und ihm?

Er hatte sich noch nie getraut, das, was er und der grimmige Ninja führten, gedanklich ein 'Verhältnis' oder gar eine 'Freundschaft' zu nennen- es gab zwar immer wieder diese kleinen, kurzen Augenblicke, in denen er sich etwas auf seine zahllosen Wortgefechte und stundenlangen Blödeleien mit dem großen Schwarzhaarigen einbildete...

Ja, in denen er sich sogar einzureden wagte, einen 'guten Draht' zu dem notorisch schlecht gelaunten Krieger zu haben...

Aber was machte er sich unnötige Illusionen?

Kurogane hatte ihm oft genug eindeutig demonstriert, was er von windigen Gestalten wie ihm hielt. Es war eine Narretei, anzunehmen, dass sich irgendetwas in dieser Hinsicht je zum Besseren ändern würde, vor allem nach diesem Blutspakt.

Es war hoffnungslos.

So wie immer.

Müde schloss der Magier die Augen und wartete darauf, dass er die Besinnung verlor. Irgendwie schaffte er es, einzuschlafen.
 

Als Kurogane wieder wach wurde, war es bereits dunkel.

Draußen rauschte der Regen unermüdlich weiter. Ansonsten war alles still, bis auf die Atemzüge der anderen.

Das Chaos in seinem Kopf hatte sich ein wenig gelegt. Zumindest konnte er wieder vernünftig denken.

Er hatte nur noch immer ein Problem mit dieser Blutgeschichte - aber irgendwie war er froh, dass es der Magier war und niemand anderes...

Dieser Gedanke beruhigte ihn irgendwie.

Fye hatte es im Gegensatz zu seinem Begleiter nicht wirklich geschafft, einzuschlafen, und richtete sich mühsam aus seiner Starre auf, als er merkte, dass wieder Bewegung in den Körper des Kriegers kam. "Alles klar?"

"Aa. Ein wenig", gab dieser zur Antwort, blieb diesmal aber liegen. "Es...es war wirklich nicht so gemeint", fügte er hinzu.

"Vergiss es einfach", erwiderte er tonlos und begab sich in einen losen Schneidersitz. "Wir sollten uns lieber darum kümmern, eine sinnvolle Lösung für deinen neuen Zustand zu finden. Solange ich lebe, musst du mich beißen, weil mein Blut das einzige ist, von dem du am Leben bleibst. Es ist nun einmal so, ob es dir gefällt oder nicht. Und mir macht es nichts aus, gebissen zu werden."

Es gefiel dem frischgebackenem Vampir wirklich nicht, aber er wusste, dass er Magier recht hatte.

"Es macht dir also nichts aus, hn?", fragte er aber dennoch skeptisch. Also normal war so etwas ja nicht gerade.

Fye schüttelte entschieden den Kopf, vermied es dabei jedoch, dem Krieger in die Augen zu sehen, da ihn sein Blick sonst Lügen gestraft hätte.

"Nein. Es gibt sicher schlimmeres als das. Zum Beispiel, von einem tollwütigen Shaolan ungespitzt in den Boden gerammt zu werden." Der Scherz kam ihm nur sehr halbherzig über die Lippen, doch es gelang ihm einfach nicht, offen zu bleiben.

Und Kurogane ließ es darauf beruhen, der Magier würde es ohnehin nicht zugeben und außerdem hatte er jetzt nicht die Kraft zu streiten.

"Dann werde ich mich wohl damit arrangieren müssen..."

"Das will ich meinen. Kamui hat gesagt, dass du es spüren würdest, wenn du Blut brauchst. Ich will, dass du mir dann sofort Bescheid sagst. Die Verwandlung hat dafür gesorgt, dass du einen natürlichen Jagdtrieb bekommen hast, und ich denke, er wird sich melden, wenn dein Körper Blut benötigt."

"Dann wird das wohl so sein", stimmte er zu. Der Gedanke erschien ihm viel zu absurd, um weiter darüber nachzudenken.

Es war nicht schwer, zu erkennen, dass sich der Ninja kaum mit dem Gedanken vereinbaren konnte.

"Du sagst mir Bescheid, Kurogane, verstanden? Ich sehe nicht so aus, aber auch ich kann verdammt sauer werden." Es klang so lächerlich, dass er sofort innehielt.

Hoffentlich hatte der Krieger mit diesem Wink wenigstens verstanden, wie wichtig es ihm war, dass er am Leben blieb.

"Ist ja gut", gab er ruppig zurück. Er hatte ja auch gar nicht vor, zu sterben. Nicht so. Das wäre ja so, als wenn er davon laufen würde. Und das ging ihm noch mehr gegen den Strich.

Verunsichert gab der Magier es auf, weiter in ihn dringen zu wollen und wandte beklommen den Blick ab.

Es machte keinen Sinn, noch weiter mit ihm über dieses Thema zu reden, zum Schluss würde es allenfalls damit enden, dass sie sich mal wieder zerstritten und der Ninja für die nächsten Tage, wenn nicht Wochen, nicht mehr bereit war, auch nur ein Wort mehr als nötig mit ihm zu wechseln. Es sollte nicht so enden, nicht schon wieder.

"Ich werde Bescheid sagen", wiederholte Kurogane.

Er nickte nur. Nach einem langen, unangenehmen Schweigen erhob er sich schließlich und kam vor dem Fenster zum Stehen, doch es gelang ihm nicht, sich auf irgendeinen Punkt der kargen, unfreundlichen Landschaft da draußen zu konzentrieren. Wie hatte er sich nur einbilden können, in der Lage zu sein, ihm das Leben zu retten? Kurogane beobachtete aus den Augenwinkeln, wie der Magier aufstand und lauschte seinen Schritten, während dieser sich zum Fenster bewegte.

Fye fühlte sich so entsetzlich schwach.

War er überhaupt in der Lage, Kurogane am Leben zu erhalten?

Der Ninja hatte ihn bereits öfter aus irgendwelchen haarsträubenden Bredouillen herausmanövriert als er ihn, und- überraschenderweise zu seinem Kummer- hatte es oft danach ausgesehen, als hätte er es nur mit größtem Widerwillen getan.

Er war doch eine Witzfigur im Vergleich zu ihm!

"Oi, Magier....", brach der Ninja die Stille dann nach einer Weile. "Danke."

Ein wenig irritiert wandte dieser sich zu ihm um und warf ihm einen fragenden Blick zu.

Hatte er da richtig gehört?

Der Ninja hatte sich ernstlich bei ihm bedankt?

Für solch eine Lappalie?

Schon nach wenigen Sekunden war es ihm längst wieder egal.

Dass schon wenig reichen konnte, um wieder ein wenig Platz im Kopf zu schaffen...

"Gern geschehen", erwiderte er leise, und diesmal lächelten seine Augen mit.

Er hatte sich gerade wirklich bei dem Blonden bedankt...

Aber eigentlich war das ja wohl das Mindeste, nachdem der Magier ihm das Leben gerettet hatte.

Und anscheinend freute sich dieser trotzdem darüber.

"...wie sieht’s eigentlich mit der Feder aus?", wollte Kurogane wissen.

"Frag mich was leichteres. Das werden uns wohl Shaolan-kun und Sakura-chan am ehesten verraten können. Ich bin die ganze Zeit hier oben geblieben."

Dass ihn diese seltsame Geschichte mit dem zweiten Shaolan und vor allem Shaolans seltsames Verhalten davor immer noch beschäftigte, musste er dem Ninja wohl nicht extra ins Gesicht sagen.

Kurogane sah nicht wie jemand aus, der ein gutes Gespür für die Gefühle seines Gegenübers hatte-...aber ein Schein konnte eben täuschen, wer sollte das besser wissen als er selbst? "Hm.", machte der Krieger. Die beiden waren auf jeden Fall noch in der Nähe, das konnte er spüren. Aber wenn zumindest Shaolan - oder der Junge, der so aussah wie Shaolan, schon wieder auf den Beinen war, würde er sich sicher gleich am nächsten Tag auf die Suche machen.

"Ich bin mir sicher, dass sie nicht in Gefahr sind. Shaolan-kun passt auf Sakura-chan auf", meinte Fye- ausnahmsweise restlos überzeugt von dem, was er sagte- und wandte sich dem Ninja wieder ganz zu. "Und wir passen auf die beiden auf."

"Das stimmt", gab er zurück. Auch wenn Shaolan sie nicht darum gebeten hatte und auch die Prinzessin nicht. Aber eigentlich war es auch egal.

Schließlich reisten sie zusammen und das sollte auch noch eine Weile so bleiben. Zumindest, bis alle ihr Ziel erreicht hatten.

"...was wirst du tun, wenn wir in Japan landen?", fragte er den Blonden plötzlich. Er konnte ihn schließlich nicht zwingen zu bleiben, wenn dieser nicht wollte. Noch vorgestern wäre es ihm egal gewesen.

Aber jetzt hatten sich die Dinge geändert. Wenn er nicht sterben wollte, musste der Magier bei ihm bleiben - oder er bei ihm.

Diese unerwartete Frage verwirrte ihn.

Ausdruckslos starrte er den Ninja an ahnungslos, was er erwidern sollte.

Warum gab ihm diese Frage nur so viele Rätsel auf?

Er hatte schon seit dem Beginn ihrer Reise gewusst, worin der eigentliche Wunsch des Ninjas bestand- seit dem Moment, da er ihn gegenüber der Hexe der Dimension geäußert hatte.

Kurogane wollte zurück nach Japan, das war sein einziges wahres Verlangen.

Und jedes mal, wenn dem Magier das aufs Neue klar wurde, regte sich etwas in ihm. Unruhig. Schmerzhaft.

Wenn sie Japan erreichten, würde sich Kurogane von ihnen trennen.

Wieso sollte er es auch nicht tun? Es war sein Wunsch!

Aber-...

Seine ganzen Gedanken stürzten plötzlich über ihn herein wie eine unerwartete Schneelawine, sodass er keinen vernünftigen Satz herausbekam.

"Ich, ich-...ich weiß nicht", schloss er schließlich heiser und senkte hastig den Blick, damit der Krieger nicht das Aufgewühlte in seinen Augen bemerken konnte.

"Du kannst nicht bleiben, oder?", wollte der Schwarzhaarige wissen. Warum auch sonst wollte der Magier möglichst schnell in eine andere Welt, nur um diese auch so schnell wie möglich wieder zu verlassen?

Der Magier nickte mit ausdruckslosem Gesicht.

Wenn er Ashura auch weiterhin entkommen wollte, durfte es für ihn kein Halten geben. Er konnte es sich nicht leisten, länger als unbedingt nötig an demselben Ort zu verweilen.

Er war ein Flüchtling.

Doch wenn Kurogane ihre Gemeinschaft verließ und er weiterhin vor Ashura floh, würde er sterben. Er würde im wahrsten Sinn des Wortes verdursten.

Er würde ihn sterben lassen und damit weiterleben müssen.

Der Gedanke versetzte ihm einen kleinen, schmerzhaften Stich, und ehe er sich versah, kamen ihm die Worte auch schon aus dem Mund gekullert.

"Ich lasse auf keinen Fall zu, dass du stirbst!"

Kurogane jedenfalls war nicht bereit, Japan wieder zu verlassen, wenn der Magier nicht bleiben wollte. Auch wenn das schon wieder egoistisch war. Schließlich war es nun mal seine Heimat und er wollte dahin zurück.

Nur - wenn der Magier weiterreiste, würde ihm selbst das auch nicht viel bringen, weil er nicht lange leben würde...

Aber das jetzt zu entscheiden?

"Und wenn sich die Dinge bis dahin noch einmal ändern?"

Darüber konnte der Fye nur lächeln.

"Es wird sich noch sehr vieles auf unserer Reise ändern, glaube ich. Aber dass ich nicht will, dass du stirbst – das ist wohl eine Konstante auf diesem Weg."

Der Krieger nickte. "Das will ich ja hoffen", sagte er. Aber er glaubte dem Magier. Diesmal war er ehrlich.

Leise seufzte er.

Kaum zu glauben.

Dass der ruppige, stets gewaltlüsterne Ninja solch einen weichen Kern hatte...

Jedes Mal, da ihm unverhofft eine Chance zugespielt worden war, einen Blick auf diesen zarten, verletzlichen Kern zu werfen, und sei es auch noch so kurz, hatte es ihn wirklich überrascht, was er da alles zu Gesicht bekommen hatte.

Worte waren zwischen ihnen eigentlich überflüssig, und so beließ er es bei einem leichten Nicken.

Für Kurogane war dieses Gespräch damit auch beendet.

Er dreht sich auf die Seite, um noch ein wenig weiter zu schlafen. Morgen würde es sicher anstrengend werden.

Fye blieb noch ein wenig am Fenster sitzen und starrte hinaus.

Hoffentlich stimmte es auch, was Kamui sagte, und Kurogane konnte wirklich von niemandem außer von ihm Blut trinken... der Krieger war zwar rabiat und griff bei Gefechten gnadenlos zu, doch unschuldige Menschen zu töten, indem er ihnen das Blut aussog-...nein, so brutal war nicht einmal Kurogane.

Zumindest hoffte er es.
 

Am nächsten Morgen entschloss sich die Prinzessin allein nach der Feder zu suchen, auch wenn das keinem der anderen so recht gefallen wollte, setzte sie sich durch und machte sich auf den Weg.

Der Tag war grau, aber zumindest hatte der Regen aufgehört.

Kurogane fühlte sich noch ein wenig wackelig auf den Beinen, aber das war wohl normal, wenn man noch gestern kurz davor gewesen war, zu sterben.

Der Magier konnte es ihm ja ansehen, dass es ihn kaum auf den Füßen hielt- doch war das verwunderlich? Ein wenig schien es ihm, als wäre dieser hitzige Kampf zwischen Shaolan und ihm schon Ewigkeiten her, doch sein Körper erzählte ihm eindeutig etwas anderes.

Und auch der Krieger hatte keine Lust mehr gehabt, weiter herum zu liegen und so schlecht fühlte er sich auch nicht mehr. Ganz fit allerdings auch nicht.

Aber damit schien er nicht allein zu sein, die anderen sahen auch nicht viel besser aus.

Kurz sah er zu Shaolan herüber, der im Eingang stand und nach draußen starrte. Anscheinend hatte dieser vor dort so lange zu stehen, bis Sakura wieder da war.

Aber viel konnte man hier auch nicht tun.

Der Magier folgte dem Blick des Kriegers.

Er konnte es nicht verhehlen, sich ebenfalls um die Prinzessin zu sorgen, konnte er es doch nicht abstreiten, dass sie ihm während ihrer bisherigen Reise ebenfalls ans Herz gewachsen war.

Doch wenn sie glaubte, etwas tun zu müssen, war sie einfach nicht mehr zu halten.

Hoffentlich kam sie wenigstens wohlbehalten wieder zurück.

Sie warteten den ganzen Tag und wurden mehr oder weniger immer unruhiger. Es hatte wieder an zu regnen angefangen und die Prinzessin war noch immer nicht zurück.

Plötzlich stieß der Junge einen überraschten Laut aus.

"Da ist sie ja!", rief er und sprintete los.

Die Prinzessin war erschöpft und leicht angeschlagen, als sie von dem Jungen ins Trockene geführt wurde, allerdings schien sie erfolgreich gewesen zu sein.

Sie entschlossen sich, nach einer kurzen Pause für die Prinzessin weiter zu reisen.

Mokona schien sich ebenfalls weitgehend erholt zu haben und sah bereit genug für einen nächsten Dimensionssprung aus.

"Also, dann wollen wir mal weiter! Kapuuh!"

Bereitwillig schloss der Magier die Augen und ließ sich von dem rabiaten Sog aus dem Schlund des Mediums aufsaugen.

Weg war immer gut.

Möglichst weit weg.
 

***
 

tbc/wip

Entspannung

Warning: AU, Fluff, Cliffhanger
 

Kapitel 3: Entspannung

***

Sie landeten verhältnismäßig sanft im Sand.

Offensichtlich ein Strand von einer Insel oder einer Halbinsel.

Doch die Insel schien bewohnt zu sein, denn in der Nähe waren Häuser zu erkennen und es fuhren ein paar Boote auf dem Meer herum.

Ein wenig wackelig setzte sich der Magier wieder auf, wobei er sich nicht daran störte, dass das weiße Manjuu, erschöpft von seinem wilden Dimensionsritt, geradewegs auf seinem blondbeschopften Kopf landete und sich zufrieden ächzend ausstreckte.

"Puuhh! Anstrengend!"

"Das hast du gut gemacht, Moko-chan!", lobte er das Pelztier freundlich und streichelte über seinen flauschigen Kopf, um sich anschließend ein klareres Bild ihrer neuen Umgebung machen zu können.

Der Strand wirkte im Gegensatz zum klaren, kristallblauen Meer, das sich vor ihnen erstreckte, wie ein samtiges Band aus silbrigweißem Sand. Ein gutes Stück hinter ihnen schossen üppige, leicht im warmen Südwind rauschende Palmen und andere exotische Gewächse mit verschwenderischer Pracht in den Himmel empor, und die Häuser-...ja tatsächlich, sie sahen aus wie riesige Hühnereier!

"Was für eine schöne Landschaft!"

"Und mir erscheint diese Welt friedlich", stellte der Junge fest.

"Wirklich wunderschön!", stimmte die Prinzessin dem Magier zu.

Kurogane interessierte die Landschaft eher weniger, aber dass sie nicht geradewegs auf einem Schlachtfeld gelandet waren, erleichterte ihn dann doch.

Er rappelte sich auf und klopfte sich den Sand aus den Klamotten.

"Sehen wir uns hier mal um", schlug er vor.

"In Ordnung, das wird wohl fürs Erste das Vernünftigste sein", stimmte Shaolan zu und half der Prinzessin behutsam auf die Beine.

Fye selbst hatte auch nichts dagegen einzuwenden, solange Kurogane in der Nähe blieb. Er wollte unbedingt ein Auge auf ihn haben.

Zu fünft machten sie sich auf den Weg am Strand entlang.

Sie gingen in Richtung der Häuser. Es schien wirklich jemand hier zu leben - beziehungsweise etwas, denn bald herrschte Gewusele von Wesen, die Shaolan bis ans Knie reichten. Sie hatten ebenfalls Ähnlichkeit mit Hühnereiern, nur dass sie auf Beinen liefen und Arme und Nasen und Augen hatten. Ein Mund war bisher nicht zu sehen, aber der kam zum Vorschein, wenn die Dinger redeten.

Kurogane musste aufpassen, nicht zu stolpern.

"Wo sind wir denn hier?"

Fröhlich beobachtete er das Treiben der ungewöhnlichen, eiförmigen Kreaturen und konnte nicht umhin, sich zu amüsieren.

"Vielleicht sollten wir das diese lustigen Gesellen lieber persönlich fragen! Vermutlich sind sie es, die das am besten wiss-...uwaaaaaahhh!!"

Sein angefangener Satz fand ein jähes Ende, als er von einem vorbeistürzenden Riesenei fast umgeworfen wurde.

Es trug eine große, zweifach gestreifte Fahne, einen rosa Schlapphut mit sehr spitzem Kegel und eine blaue Hose, zwischen seinen speckigen Lippen klemmte eine Trillerpfeife, und es schien sich in höchster Aufbruchsstimmung zu befinden.

"Aus dem Weg!! Aus dem WEG, was soll den das?!! Die Turnübungen, die Turnübungen!! Alle mir nach!!"

Und schon wurden sie fast von einer Lawine von diesen Dingern weggeschwemmt, als diese sich alle gleichzeitig in die gleiche Richtung in Gang setzten.

"Verdammt!", fluchte Kurogane ärgerlich, während Sakura sich an Shaolan festhielt, der sehr irritiert aussah. Mokona fand die ganze Sache eher lustig, und der Magier offensichtlich auch. "Wahahahaha, seht euch das an! Die Kerlchen machen ja sogar Morgensport!", kicherte dieser fröhlich und patschte begeistert in die Hände. Die drolligen Wesen kümmerten sich jedoch nicht im Geringsten um ihre Anwesenheit- mit todernsten Mienen versammelten sie sich in drei langen Reihen am Strand und streckten entschlossen die kurzen Stummelärmchen von sich, wie Schwimmer kurz vor dem Sprung ins Wasser.

Der Eierkopf mit der Fahne - der wohl so etwas wie eine Autoritätsrolle in diesem Durcheinander zu spielen schien - nahm die Spitze der Reihen ein und begann, energisch in seine Trillerpfeife zu blasen.

"Übung eins! Auf mein Kommando! Drehen, abrollen, springen, drehen! Und von vorn! Los los, los, schneller, wenn ich bitten darf!"

"Hyuuuuuu~, sieht das sportlich aus!", erwärmte sich der Magier nach einigen Minuten sofort für das kuriose Spektakel - und ehe sich die anderen versahen, hatte er sich der vordersten Reihe der Eierköpfe auch schon angeschlossen und machte die befremdlichen Turnübungen mit einem Elan mit, als gelte es ganze überflüssige Kilos von den Rippen zu schmelzen. Mokona musste natürlich auch gleich mitmachen.

Die anderen drei hielten sich da eher zurück.

Sakura war einfach nur zu erstaunt, Shaolan zu verwirrt und Kurogane dachte nicht mal daran, bei solchem Gehampel mit zu machen.

Der Ober-Eierkopf hingegen schien sie immer noch nicht bemerkt zu haben. Erneut blies er in seine Trillerpfeife und schwenkte energisch seine Fahne.

"Übung zwei! Box nach links, Box nach rechts, Kick, drehen! Uuuund von vorn!"

Voller Begeisterung machten der Magier und das weiße Pelztier einfach das, was ihnen gesagt wurde - doch offenbar waren seine Arme doch um ein kleines Stück zu lang, denn beim ersten Box nach rechts geriet der Eierkopf neben ihm gehörig ins Taumeln.

"Uwaaaahhh!! Pass doch auf, du langarmiger Aff-..."

Schweigen.

Kaum, dass das laufende Frühstücksei ihn genauer angesehen hatte und somit endlich realisierte, dass er definitiv nicht seiner Rasse angehörte, stieß es ein hysterisches Kreischen aus, das die anderen Morgensportler sofort in höchste Aufregung versetzte.

"AAAAAAAAAAARRRRRRGHHH!!! ALARM!! ALARM!!! EINE BOHNENSTANGE!!! UWAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAHHH!!!"

Der nackte Wahnsinn brach los. Alle Eierköpfe gaben ihre Morgenübungen binnen Sekunden auf und sprangen blindlings umeinander, übereinander und untereinander her, um sich bibbernd und bebend hinter ihrem grobschnäuzigen Animateur zu verstecken.

"Eine Bohnenstange! Heiliger Zerberus, wie groß der ist! Und wie dürr! Waaaaaaaahhh!! Meister Yamm-Salamm,beschütz uuuuuuns~!!"

"Ehhh...?", machte Sakura verwundert, als sie alle über den Haufen purzelten.

"Entschuldigung, wir wollten nicht einfach so hereinplatzen", ließ sich Shaolan auch gleich höflich vernehmen - allerdings brachte es die Wesen dazu, nochmals in Hysterie zu verfallen und noch mehr zu brüllen.

"OOOOOOOOOOH!! DA SIND JA NOCH MEEEHR!!"

Kuroganes Laune sank wieder in den Keller. Dieses Geschrei war ja nicht auszuhalten.
 

In der Tat, wenn die Eierköpfe etwas beherrschten, dann war es lautes Kreischen und Gezeter.

"HILFE!!! HILFEEE!! Meister Yamm-Salamm, so tu doch endlich was!!"

"Hehehe,tut uns leid,eigentlich wollten wir nur an diesen tollen Turnübungen-..."

"Wirklich,wir wollten nicht stören!"

"WÄÄÄÄH!! AAAAANGST!!"

"Ich,ich-..."

"RUUUUUUHEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEE!!!!!"

Der letzte Brüller, der einem Ochsen in Raserei gleichkam, stieg aus dem Mund des Eierkopfes mit der Trillerpfeife auf, der von seinen Miteiern mit Meister Yamm-Salamm angeredet wurde.

Mit einem Schlag brach das Schweigen über die verstörte Gemeinde herein, sodass es einem regelrechten Friedhof glich.

Mit gerecktem Wabbelkinn und deutlich herausgeschobenem Bauch trat Meister Yamm-Salamm vor die fünf Reisenden und musterte sie aus misstrauisch funkelnden Knopfaugen.

"Fremde Bohnenstangen! Wer seid ihr, und was wollt ihr hier? Und wie kommt ihr überhaupt hierher? Ich bestehe darauf, dass ihr mir Rede und Antwort steht!"

"Wir sind auf der Suche nach etwas", begann Shaolan.

"Und wir sind keine Bohnenstangen!", ergänzte Sakura freundlich.

"Und ihr könntet uns ruhig mal sagen, wo wir hier sind", meinte Kurogane, weitaus weniger freundlich.

"So so so. Zu deiner Frage, schwarze Bohnenstange: ihr befindet euch hier auf Goggel-Island! Der Heimat der Goggelmoggels, ein Fundus der Sonne und des guten Essens und von noch viel mehr!"

"Olé, olé, olé!", fiel ein ganzer Chor der versammelten Eierköpfe ein.

"Sonne?", trällerte der Magier begeistert.

"Gutes Essen????", trällerte Mokona sofort hinterher.

Begeisterung stand dem Krieger nicht gerade ins Gesicht geschrieben und bevor er vielleicht explodieren konnte, mischte sich Shaolan wieder ein.

"Vielleicht könntet ihr uns helfen? Wir suchen ein Feder. Sie ist wichtig für uns."

Die verängstigten Goggelmoggels schienen sich angesichts dieser Frage wieder ein wenig zu beruhigen, denn sie sahen sich untereinander groß an und begannen emsig miteinander zu tuscheln.

"Eine Feder, sagt die Bohnenstange-...?“

"Eine Feder...?"

"...niemals gedacht, dass Bohnenstangen so etwas..."

"...unfassbar, unfassbar, ganz unfassbar..."

"...in zwanzig Jahren so etwas noch niemals untergekommen..."

Wieder war es Meister Yamm-Salamm, der dem Durcheinander Einhalt gebot.

"Fremde reisende Bohnenstangen!", erklärte er gebieterisch und stieß das Ende seiner Fahne in den Boden, "Ihr seid wahrlich die ungewöhnlichsten fremden reisenden Bohnenstangen, die uns Goggelmoggels seit langem untergekommen sind! Ihr sucht eine Feder? Gibt es keine Vögel dort, wo ihr herkommt?"

Leises Gekicher brandete unter den Eierköpfen auf.

"Oder braucht ihr eine Feder, um damit ein Kopfkissen anzustopfen? Oder, um jemanden damit zu Tode zu kitzeln?"

"Lasst es Euch erklären", fiel der Magier höflich ein und vollführte mit beiden Händen eine beschwichtigende Geste, "Glaubt mir, Meister, hört uns an und Ihr werdet verstehen!" "Hoffentlich", knurrte Kurogane, der sich nicht sehr ernstgenommen fühlte.

Mehr sagte er allerdings nicht, weil der Magier mit einer ausschweifenden Erklärung anhob.

Sakura und Shaolan unterstützten ihn dabei eifrig.

Es musste eigentlich nicht viel gesagt werden, doch er zog es lieber vor, einige prickelnde Details in seine Geschichte mit einzuweben, in der Hoffnung, dass diese Geschöpfe eine Schwäche für lange, dramatische Geschichten hatten.

Und es schien tatsächlich der Fall zu sein, denn kaum, dass er in seiner Erzählung geendet hatte, machten die Goggelmoggels allesamt Augen wie Platzteller.

"...und um Euch den Umstand zu ersparen, uns nur mit 'Bohnenstange' betiteln zu dürfen, wollen wir Euch unsere Namen auch gleich nennen. Mein Name ist Fye, dies sind Shaolan und Sakura, und dieser schwarzhaarige Miesepeter da hinter mir heißt Kurogane, obwohl er das Kürzel Kuro-wan vorzieht!"

"Wenn es einer von euch wagt, mich so zu nennen, dann setzt’s aber was!", explodierte der Ninja augenblicklich wutentbrannt, und die Goggels zuckten allesamt zusammen.

Anscheinend hingen sie an ihrem Leben und dachten nicht daran. Wieder war es Meister Yamm-Salamm, der das Wort ergriff.

"Also schön. Wie mir scheint, habt ihr Bohnenstangen wenigstens so etwas wie Ehre und Anstand im Leib. Kommt mit in mein Haus, dort können wir weiterreden."

Das Angebot nahmen sie gerne an, auch wenn es etwas eng wurde. Die Häuser waren wirklich nicht für Menschen gemacht...

Shaolan und Sakura hatten Glück, sie konnten gerade stehen, ohne sich den Kopf zu stoßen. Fye störte sich nicht daran, in die Hocke zu gehen, so war er wenigstens mit diesen drolligen Geschöpfen auf einer Augenhöhe.

Er konnte es innerlich ja doch nicht abstreiten, dass es ihm nach diesem Höllentrip in der letzten Welt doch ziemlich gut tat, einfach wieder ein bisschen sinnlos herumblödeln zu können und einen auf Herr Sonnenschein zu machen.

Immerhin schienen es ihm diese Wesen abzukaufen.

Kurogane merkte, dass eigentlich alle in ihr altes Verhaltensmuster zurückgefallen waren - aber momentan nervte ihn das nicht, sondern er fand es beruhigend.

Die Goggels fragten sie noch ein wenig aus, und der Junge, die Prinzessin, der Magier und das Manjuu beantworteten alle Fragen.

Shaolan war aber sichtlich ungeduldig und war erleichtert, als das Thema wieder auf die Feder kam.

"...also gut, dass euch diese Feder wirklich wichtig ist, haben wir verstanden. Aber leider wissen wir nicht, ob sich solch eine von der Sorte, die ihr sucht, bei uns auf der Insel befindet."

Betreten senkte Shaolan den Blick, bevor er sich an das weiße Pelztier wandte.

"Mokona, kannst du vielleicht eine Feder spüren?"

Der schüttelte bedröppelt den Kopf.

"Nein", antwortete er. "Aber das muss ja nichts heißen, vielleicht ist sie nicht in der Nähe", fügte es hinzu, als Sakura sehr enttäuscht aussah.

Schien also schon wieder eine Sucherei zu werden...

"Aaaaber das ist doch überhaupt kein Problem!", brachte Fye sofort fröhlich an, "Wir durchkämmen einfach die gesamte Insel und schauen uns auch auf den Nachbarinseln um!" Na - besseres hatten sie ja auch nicht zu tun.

Die Goggels schienen zumindest nichts dagegen zu haben.

Allerdings wiesen sie darauf hin, dass die Boote für Bohnenstangen nicht gemacht waren und wahrscheinlich nach zwei Metern untergehen würden.

Da legte sich die anfängliche Begeisterung wieder ein wenig.

"Dann bauen wir uns eben ein Floß, so schwer dürfte das ja nicht sein!"

"Also schön, dann hört mir zu", gebot Meister Yamm-Salamm, "Wir lassen euch hier wohnen und nach eurer Feder suchen, doch ihr müsst mir euer Wort geben, dass ihr euch an die Regeln dieser Insel haltet. Erstens: ihr bringt keinen Goggelmoggel in Schwierigkeiten! Zweitens: regt alles an roter Kleidung ab, das ihr an euch tragt! Und drittens: geht nachts auf keinen Fall raus!"

Die Forderungen, so befremdlich sie auch klangen, schienen durchaus ernst gemeint, denn angesichts dessen begannen die Goggelmoggels sofort wieder beunruhigt zu tuscheln. Nun, eigentlich waren es ja keine schweren Regeln, obwohl man das ja nie so genau sagen konnte.

"Wir wollen euch wirklich keine Schwierigkeiten machen", versicherte Shaolan. Etwas rotes hatten sie ja alle nicht an und Nachts rausgehen? Dann eben nicht.

"Warum?", wollte Kurogane wissen.

Bei dieser Frage richteten sich sämtliche blauen Knopfaugen auf den Ninja,als hätte er irgendeinen besonders üblen Fluch ausgesprochen.

Selbst Meister Yamm-Salamm wurde blass wie Eiweiß, verlor jedoch nicht den ernsten Ausdruck in seinem Gesicht.

"...wegen IHNEN."

Schweigen.

Shaolan schien nicht umhin zu können, ein wenig irritiert zu sein, ebenso wie die Prinzessin und Kurogane.

"Wer-...wer sind 'sie'?"

Als Reaktion auf sein Nachhaken begann es in den Reihen der Goggelmoggels ängstlich zu summen wie in einem Bienennest.

"Wir sprechen nie über 'sie'. Aber 'sie' bringen uns Tod und Unglück, und das bereits seit Jahren."

"Aa", machte der Ninja nur. Anscheinend schienen die ja wirklich Angst zu haben - nun, seiner Ansicht nach, schienen die überhaupt vor fast allem Angst zu haben.

"Ehm, dann werden wir nachts nicht rausgehen, das hatten wir sowieso nicht vor", meinte die Prinzessin lächelnd.

Das schien die Goggels ein wenig zu beruhigen.

"Aber bitte haltet euch auch daran. Wir...haben einen Pakt mit ihnen geschlossen,der unmöglich gebrochen werden darf, wenn wir nicht alle des Todes sein wollen."

Fye spürte, wie sich gegen seinen Willen seine Kehle verengte.

So langsam konnte er das Wort 'Pakt' nicht mehr hören.

Doch wenn sie die Feder finden wollten, musste er sich wohl damit abfinden.

"Was ist das für ein Pakt?", hörte er sich fragen.

Meister Yamm-Salamm schüttelte jedoch nur den Kopf.

"Nicht jetzt. Solch eine Geschichte bedarf der passenden Tageszeit. Kommt zum Sonnenuntergang wieder hierher. Dann werde ich es euch erzählen."

Oh... eine Gruselgeschichte, dachte Kurogane sarkastisch.

Aber vielleicht fanden sie ja so etwas heraus.

"Vielleicht sollten wir uns auf der Insel dann mal umsehen", schlug Shaolan vor. "Bevor es dunkel wird", fügte er hinzu.

"Gute Idee!",stimmte der Magier fröhlich zu - wie gesagt, es war ihm völlig recht, sich umzusehen, solange Kurogane nur in der Nähe blieb - und erhob sich etwas zu abrupt, sodass er schmerzhaft mit dem Kopf an den Deckenbalken stieß.

"Uwaaah--!!"

Kurogane verdrehte innerlich die Augen, als der Magier so hastig aufsprang und sich den Kopf stieß. Natürlich, musste ja so kommen.

Er erhob sich etwas vorsichtiger und zusammen verließen sie das Haus, um sich ein wenig umzusehen.

"Hat es sehr wehgetan, Fye-san?", erkundigte sich die Prinzessin mitleidig.

"Aaach nein, mein Kopf hält noch einiges mehr aus!", meinte er und wedelte beschwichtigend mit der Hand, "Lasst uns lieber mal danach sehen, ob wir nicht doch eine Spur der Feder finden! Unverhofft kommt oft!"

"Du hast recht", stimmte Shaolan zu, nun doch wieder etwas optimistischer gestimmt, und zu fünft machten sie sich auf den Weg ins Innere des Waldes. Also, Bäume für ein Floß gab es hier zumindest genug, stellten sie nebenbei fest.

Mokona schien eifrig nach der Feder zu spüren, denn seine Ohren bewegten sich unablässig und Fye störte sich nicht daran, dass sich das weiße Pelzknäuel seinen Kopf als Hochsitz auserwählt hatte.

Wichtig war es ihm vorerst nur, ein Auge auf Kurogane zu haben. Er musste allerdings mit sehr viel Fingerspitzengefühl vorgehen, wenn er nicht sofort wieder die Ungnade des Ninjas auf sich ziehen wollte.

Vorerst begnügte er sich damit, einfach neben ihm her zu schlendern.
 

Kurogane merkte, dass der Magier ihn fast nicht aus den Augen ließ.

Als ob er gleich weglaufen oder zusammenbrechen würde...

Erst wollte er den Blonden zusammenstauchen, dass er gefälligst nicht so tun sollte, als bräuchte er irgendwelche Aufsicht, aber dann entschied er, es sein zu lassen.

Schließlich hatte Fye ihm das Leben gerettet, ob es ihm passte oder nicht - und eigentlich war er sogar mehr als froh darüber. Dem Magier seinerseits fiel es nicht schwer, das Zögern des Ninjas zu bemerken - was ausreichte, damit er wieder ein schlechtes Gewissen bekam.

Es war ja doch eine Tatsache, Kurogane brauchte kein Kindermädchen, und so eins wie ihn schon gar nicht.

Schnell, wenn auch widerwillig, konzentrierte sich der Blondling auf die üppige, heftig blühende und auch oft heftig duftende Pflanzenpracht, die sie umgab.

Es war wohl vernünftiger, erst einzugreifen, wenn es wirklich nötig war - auch wenn es ihm noch so schwer fiel.

Anscheinend brauchte der Krieger wirklich nur noch den Anschein zu machen, irgendetwas tun zu wollen, damit der Magier verstand. Er wusste nur nicht, ob das gut oder ein Nachteil war. Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Jungen und die Prinzessin, die recht gut gelaunt vor ihnen herspazierten und offenbar auch begeistert über die Landschaft waren.

Mit einem unterdrückten Seufzen gab auch Fye sich in Gedanken einen kleinen Schubs und warf übermütig beide Arme in die Luft.

"Whooooooow!! Seht euch nur all die Pflanzen an! Ob's hier wohl auch Obstbäume gibt? Ich hab mich schon die ganze Zeit über gefragt, wovon sich diese Goggelmoggels eigentlich ernähren! Ich bin schon gespannt, was es zum Abendessen gibt, ihr auch??"

"Jaaaaaaa! Yuuko sagt immer, flambierte Banane soll superlecker schmecken!"

"Flambierte was??", fragte Shaolan ganz verdutzt und die Prinzessin kicherte.

"Du und die Goggelmoggels könnt doch zusammen kochen, Fye-san, dann kommt sicher ein königliches Festmahl dabei heraus!"

Kurogane sah es schon kommen: Wahrscheinlich wieder ekelhaft süß und klebrig.

Na wunderbar. Doch einen protestierenden Kommentar sparte er sich, das hatte er schon viel zu oft vergeblich getan.

"Hehehehehehe, das will ich doch meinen!", trällerte er fröhlich.

Wenigstens bissen der Junge und seine Prinzessin jedes mal an, wenn er den lustigen Märchenonkel mimte.

"Moko-chan, spürst du schon etwas?", unterbrach der Junge das fröhliche Geblödel nach einer Weile und wandte sich an das weiße Pelztier.

Dieses seufzte jedoch nur traurig.

"Nein, kaum. Gerade noch, um sie in der Nähe zu wissen, aber kaum stark genug, um sicher zu sein."

"Aber zumindest schon mal etwas", brummte Kurogane. Eben hatte das weiße Tier nichts gespürt. Vielleicht brauchten sie dann wenigstens kein Floß bauen, denn auch hier ahnte er schon, an wem die Arbeit letzten Endes hängen bleiben würde - an ihm.

"Schaaade! Dabei wäre eine Floßfahrt sicher spaßig gewesen! Na,egal. Wollen wir uns dort hinten mal umsehen? Sakura-chan,willst du dich vielleicht ein wenig ausruhen?"

"Nein danke, Fye-san. Es geht noch."

Allmählich kamen sie immer näher an eine Felswand gepilgert, zwischen der ein mächtiger Wasserfall hervorbrach und gurgelnd und plätschernd sein Wasser über eine weitläufige Kolonie dunkler, vom Wasser glattgeschmirgelter Steine schickte.

"Whooooow! Wie schön! Wie wäre es mit einem Bad?"

Ein Bad wäre nach dem ganzen Säureregen in der letzten Welt eigentlich nicht schlecht.

Allerdings schienen auch die beiden Kinder etwas unschlüssig zu sein ob es jetzt eine gute Idee wäre.

"Ä-ähhh, Fye-san-..."

"Ah, natürlich. Entschuldige, Shaolan-kun. Wir können uns doch in Zweiergruppen aufteilen! Ich glaube, jeder von uns könnte ein wenig Wasser gebrauchen. Jetzt ist noch ein wenig Zeit..."

Er warf einen Blick zum Horizont.

"...so wie ich das sehe, wird in einer knappen Stunde die Sonne untergehen. Wenn wir uns die Zeit einteilen, könnte es noch funktionieren."

Damit schienen sie dann alle einverstanden. Shaolan würde sich wahrscheinlich eh nicht eher umdrehen, bis Sakura fertig war und bei ihr wäre das wohl genauso.

Außerdem war der See groß genug und genügend Pflanzen wucherten ins Wasser hinein um Sichtschutz zu gewähren.

"Das klingt nach einer guten Idee."

"Aaaalles klar, dann das ganze Bataillon hinter die Büsche! Unsere Kleider müssten noch sauber genug sein, um einer Wäsche zu entkommen!", kommandierte der Magier scherzhaft und hängte seinen wallenden Pelzmantel kurzerhand an den nächstbesten tief hängenden Ast.

Sakura errötete ein wenig, während Shaolan nur ein Gesicht machte, als hätte er ein rohes Ei verschluckt, und sich hastig hinter die Bäume verzog, während Mokona nur kichern konnte.

Fye selbst hatte auch leichte Hemmungen, wenn es darum ging, jemandem seine blanke Haut zu entblößen, und folgte dem Beispiel des Jungen, indem er sich vorsichtshalber hinter einem wild wuchernden Farn verschanzte.

Kurogane hatte weniger Probleme, von zuhause war er es ja gewöhnt, aber so unbedingt drauf anlegen tat er es ja nicht. Als er sich bis auf die Hosen ausgezogen hatte, watete er ein Stück ins Wasser. Es war angenehm kühl, aber nicht zu kalt. Warmes Wasser wäre ihm lieber gewesen, aber alles konnte man ja nicht haben. Der Ninja wusch sich schnell, aber gründlich.

Dass die Hose dabei nass wurde, störte ihn nicht. Schließlich war wohl Blut drauf gelandet, denn für kurze Zeit färbte sich das Wasser leicht rötlich.
 

Fye zog es ebenfalls vor, zumindest seine eng anliegende schwarze Hose zu behalten, und watete schaudernd in das glasklare, kühle Wasser, um sich kurzerhand in einer Kolonie Schlingpflanzen nieder zu lassen. Sie fühlten sich angenehm glatt und schleimig auf seiner Haut an und hinterließen einen beruhigenden, salzigen Duft.

Zudem bot seine Nische den Vorteil, ihn durch umliegende, vom Wasser hin- und hergeschaukelte Moosbetten vor unerwünschten Blicken zu schützen.

Einen flüchtigen Moment ertappte sich der Magier bei dem Gedanken, wo sich Kurogane wohl zum Baden hinbegeben haben mochte, doch er zwang sich zur inneren Ruhe und begann hastig, sich abzuschrubben.

Nicht daran denken.

Er hatte ebenfalls diverse unerfreuliche Flüssigkeiten abbekommen und sah schleunigst zu, dass alles von seiner Haut runterkam.

Mit einem unterdrückten Seufzen schüttelte er sich das Wasser aus den Haaren und wollte sich soeben wieder aus dem Algenbett erheben, als er plötzlich Sakura von irgendwo her einen spitzen Schrei ausstoßen hörte.

"Shaolan!! Fye-san, Kurogane-san!!"
 

***
 

tbc

Erzählung

Warning: angst, depri
 

Kapitel 4: Erzählung

***

Fast gleichzeitig waren sie herangestürzt - die Prinzessin war noch soweit angezogen, dass es für niemanden peinlich wurde.

"Was ist denn, Sakura-hime?", fragte Shaolan alarmiert. Es musste sich wirklich um etwas Unerfreuliches handeln, denn die junge Prinzessin war binnen Sekunden schneeweiß im Gesicht und bebte am ganzen Leib wie Espenlaub. Einen Arm hielt sie sich krampfhaft vor die Brust gepresst, als hätte sie Angst, irgendetwas Schleimiges könnte plötzlich ihren Hals streifen - mit dem anderen jedoch deutete sie angstvoll geradeaus.

Fast synchron folgten die vier ihrem Blick. Sie zeigte auf ein abgelegenes Moosbett ganz in der Nähe des Wasserfalls, das von umliegenden Sträuchern und Bäumen fast vollkommen verschattet wurde.

Doch in diesem Schatten war nach einigem Hinsehen deutlich ein fahler, heller Streifen wie von weißer Haut zu erkennen.

Mokona zuckte sofort alarmiert mit den Ohren.

"Es riecht nach Blut...“, stellte Kurogane fest. "Ich geh mal nachsehen..."

Vorsichtig watete er zu dem weißen Etwas herüber, immer auf der Hut, nicht dass hier noch etwas rumschwamm, das Hunger hatte.

Noch bevor er wirklich dort ankam, wusste er was es war - einer dieser Goggels und offensichtlich tot.

Fye, der das leichte Innehalten des Ninjas bemerkte, bevor dieser seinen Weg in Richtung des leblosen Etwas fortsetzte, schluckte schwer.

War die Geruchsaura von Blut nicht ein enormes Risiko für Kurogane?

"Wartet hier, ich gehe auch", sagte er ohne noch weiter zu zögern und folgte dem Krieger kurzerhand. Es dauerte nicht lange, bis er den Goggelmoggel ebenfalls entdeckt hatte. Er war wirklich grauenhaft zugerichtet.

Auf der Mitte seines haarlosen, eiförmigen Schädels prangte ein klaffender Bruch, aus dem immer noch dickflüssiges, geronnenes Blut tropfte. Arme und Beine schienen gebrochen und standen in einem sehr grotesken Winkel von seinem runden Körper ab.

Grün glänzende Aasfliegen schwärmten um den Leichnam, offenbar drängte es sie in das Innere seines Schädels. Ohne große Hemmungen ging der Magier weiter auf den toten Goggelmoggel zu und drehte ihn herum.

Ausdruckslose Knopfaugen starrten ihn blicklos an.

"Was immer es auch war, es hatte scharfe Zähne und sehr lange Krallen", meinte er ruhig. Kurogane nickte. "Scheint so. Ich hoffe, es schwimmt nicht noch hier herum..."

Kurz ließ er den Blick übers Wasser streifen. Bis auf die leichten Wellen, die vom Wasserfall herrührten, tat sich nichts.

"Lass uns verschwinden...",meinte Fye unbehaglich und nahm den Ninja am Arm.

Kamui hatte ihm nicht verraten, wie frisch gebackene Vampire auf Blutgeruch reagierten, doch er wollte lieber kein unnötiges Risiko eingehen.

"Ja..." Noch bewegte sich zwar nichts, aber das musste ja noch lange nichts heißen...

Zusammen wateten sie wieder zurück zu den anderen. Komisch, dass er das nicht vorher bemerkt hatte. Der Blutgeruch hing doch sehr stark in der Luft...

Dem Magier fiel es nicht schwer, das ebenfalls zu bemerken.

"Atme lieber durch den Mund", meinte er tonlos.

Er wollte es sich lieber gar nicht ausmalen, was alles passieren konnte, wenn der Ninja zuviel Blutgeruch abbekam.

Vielleicht keine so schlechte Idee.

Kurogane wurde fast übel davon, obwohl er es eigentlich gewöhnt war. Doch es hatte sich noch ein anderes Gefühl untergeschlichen und das behagte ihm gar nicht. Er versuchte es zu ignorieren, was gar nicht so leicht war.

Beklommen zog der Blonde noch etwas stärker an seinem Arm.

Vor Verunsicherung polterte sein Herz wie benommen in seiner Brust und machte ihn stolpern. Fast augenblicklich schämte er sich wieder für seine Feigheit.

Kaum zu glauben! Wenn er sich jetzt schon vor Angst fast in die Hosen machte, wie sollte es erst sein, wenn Kurogane wirklich Blut brauchen würde?

Er dachte lieber erst gar nicht daran.

"Was...ist dort hinten, Fye-san?", fragte die Prinzessin beklommen, als sie wieder nahe genug herangekommen waren.

"Eins von diesen Wesen. Ist aber tot", antwortete der Ninja knapp an Stelle des Magiers.

Shaolan und Sakura sahen sich beklommen an und auch Mokona schien erschreckt zu sein.

"Verschwinden wir am besten von hier und sagen denen in der Stadt Bescheid...", schlug Kurogane vor. Und das nicht unbedingt aus Hilfsbereitschaft, sondern eher, weil er unbedingt von hier verschwinden wollte.

"Dafür bin ich auch", meinte Fye mit einem Kopfnicken in Richtung des Horizonts, der zwischen den Lücken der Bäume erkennbar war, "Die Sonne schickt sich schon an, unter zu gehen. Und ich glaube, wir sollten nicht unnötig die Abneigung unserer Gastgeber wecken, indem wir die Regeln verletzen."

"Du hast recht", willigte Shaolan sofort ein und nahm seine Prinzessin behutsam, wenn auch etwas verlegen, bei den Schultern.

"Beeilen wir uns lieber."

Nachdem sie ihre Sachen wieder eingesammelt hatten, machten sie sich auf den Weg zurück. Selbst, als sie mehrere hundert Meter weit weg waren, hatte Kurogane immer noch diesen unangenehmen Blutgeruch in der Nase. Außerdem war er völlig angespannt und bemerkte mit Beunruhigung, dass seine Hände leicht zitterten. Er ballte die Fäuste leicht, um es zu unterdrücken. Sie hatten jetzt schon genug Sorgen.

Auch der Magier bemerkte indessen, dass er sich richtiggehend dazu zwingen musste, nicht ständig auf die körperlichen Reaktionen des Schwarzhaarigen zu starren.

In krampfhafter Konzentration richtete der Magier seinen Blick nach vorne und tat sein Bestes, zu allem und jedem zu lächeln, was der Junge oder die Prinzessin von sich gaben.

Doch in Wahrheit rauschte alles nur an seinen Ohren vorbei, ohne Spuren zu hinterlassen - seine Gedankenwelt kreiste einzig und allein nur um das Blut, den toten Goggelmoggel und vor allem um die tierischen Reflexe, die der Krieger übernommen hatte.

Er spürte die kurzen Blicke des Magiers, wenn sie zu ihm huschten, aber eigentlich auch nur nebenbei, denn mittlerweile musste er sich wirklich konzentrieren, um weiterzugehen.

In der Nähe des Dorfes klang das Gefühl wieder ein klein wenig ab, aber ganz wurde er es nicht los.
 

Die Goggels schienen beruhigt zu sein, sie wiederkommen zu sehen, denn die Sonne ging gerade unter. Anscheinend waren alle zu ihren Häusern unterwegs. Es war in der Tat kaum zu übersehen - die gesamte Siedlung schien sich in höchster Aufregung zu befinden.

Wie eine einzige Lawine aus unruhig hopsenden, strauchelnden und stolpernden Wackersteinen schubsten und drängelten sich die eiförmigen Kreaturen hastig in Richtung ihrer Häuser.

Meister Yamm-Salamm war ebenfalls zugegen- er wähnte sich damit beschäftigt, eine Dorfglocke zu läuten, die direkt neben seinem Haus stand. Offenbar war das eine Art letztes Signal, dass es Zeit war, sich in die Häuser zurück zu begeben.

Man konnte meinen, es wäre irgendwo die Pest ausgebrochen -schnell, schnell, schnell musste alles gehen, und ehe sie sich versahen, waren sie inmitten dieses hektischen Stroms gefangen und schoben sich mit ihm vorwärts.

Irgendwie landeten sie vor dem Haus von Yamm-Salamm und kurz darauf herrschte auch gespenstische Ruhe auf den Straßen.

Wieder machten sie es sich so bequem wie möglich in dem kleinem Haus.

Fye schaffte es, sich auf dem warmen Bretterboden des Hauses in einen losen Schneidersitz zu begeben, ohne sich dabei die Beine verrenken zu müssen. Kurogane, Sakura, Shaolan und Mokona suchten sich ebenfalls eine möglichst akzeptable Position.

Meister Yamm-Salamm und einige der übrigen Goggelmoggels, die sich noch in aller Eile in sein Haus geflüchtet hatten, fanden hingegen immer noch keine Ruhe.

Hastig brachte der Anführer der eiartigen Kreaturen mehrere schwere Metallschlösser an der Tür an, schob zwei mächtige Riegel aus Eichenholz davor und sicherte das Ganze noch mit einer kalt glänzenden eisernen Türkette, während seine Mitdörfler hektisch sämtliche Fenster verschlossen und ebenfalls mehr als aufwändig verriegelten.

Erst, als das geschafft war, atmeten sie auf, und die Unruhe des Abends fiel endlich zumindest teilweise von ihnen ab.

"Ich hoffe, wir sind noch rechtzeitig erschienen", meinte Shaolan höflich, um ein Gespräch in Gang zu bringen, während Meister Yamm-Salamm und seine Genossen noch einige Kerzen anzündeten, die den gesamten Raum schon bald in weiches, flackerndes Licht tauchten.

"Ja, seid ihr. Gerade in letzter Minute, um genau zu sein. Wenn niemand sterben oder verletzt werden soll, muss die Sonnenuntergangslinie unbedingt eingehalten werden."

"Ach ja?", meinte der Ninja nur, "Als wir vorhin im Wald waren ,ist allerdings schon ein Toter dort herumgelegen."

Steinernes Schweigen legte sich über den Raum.

Der Magier seufzte innerlich und warf seinem Reisegefährten einen kurzen, aber scharfen Blick zu. So, wie sich ihre Gastgeber bisher gebärdet waren, war dieser einzelne Leichnam am See sicher nicht der erste grausige Fund gewesen, den sie gemacht hatten, und es war weder taktvoll noch vernünftig, sie unnötig daran zu erinnern.

Er bemerkte den Blick des Magiers natürlich und verschränkte die Arme. "Wieso denn? Ist doch so", grollte er. Wozu es verschweigen oder schön reden...?

Die Goggels schienen gerade etwas schockiert zu sein über diese Direktheit, aber das störte Kurogane herzlich wenig.

"...es...es tut uns leid", stammelte Sakura bedrückt.

Meister Yamm-Salamm seufzte, bevor er die Entschuldigung der Prinzessin mit einer Handbewegung abtat.

"Ist schon in Ordnung. Wie ich sehe, seid ihr wirklich nicht auf den Kopf gefallen. Wir dachten, wir hätten bereits alle Toten gefunden und bestattet."

Die anderen Goggelmoggels schwiegen immer noch betroffen und starrten auf irgendeinen unbestimmten Punkt an der Decke, als hätten sie dort plötzlich den interessantesten Fliegenschiss der Welt entdeckt.

Shaolan schien ebenfalls nicht so recht zu wissen, was er hierauf erwidern sollte, denn ihm brannte eine deutliche Röte der Verlegenheit auf den Wangen, bis sich der Anführer der Goggelmoggels wieder zu Wort meldete.

"Das Essen müsste bald fertig sein. Bis dahin erzähle ich euch, was ihr wissen müsst."

"Das wäre wirklich sehr nett", bat Sakura und Shaolan nickte. Der Goggelmoggel seufzte abermals, bevor er sich schließlich am behaglich prasselnden Kaminfeuer vor den Fünfen niederließ und mit leiser Stimme zu erzählen begann.

"Nun, zuallererst solltet ihr vielleicht wissen, dass wir Goggelmoggels ursprünglich gar nicht von dieser Insel stammen. Vor hunderten von Jahren wurden unsere Ahnen von übermächtigen Fressfeinden aus ihrem Land vertrieben und waren gezwungen, umher zu ziehen und eine neue Heimat für sich und ihre Nachkommen zu finden. Also ließen sie alles hinter sich, was sie je als Volk ausgemacht hatte, und machten sich auf die Suche. Es waren sehr ungewisse, gefährliche Zeiten. Unsere Vorfahren hatten viele Misserfolge zu erleiden, wurden gejagt und immer und immer wieder vertrieben, da kein Volk bereit war, noch ein zweites neben sich zu dulden, und viele von ihnen starben noch auf der Suche. Es war ein Überlebenskampf, der fast fünfhundert Jahre andauerte, bis unsere Ahnen endlich diese kleine, abgelegene Insel hier entdeckten. Kriege, Freunde, Brüder, Schwestern und Hoffnung waren bereits verloren, doch sie beschlossen für die Zukunft ihrer Kinder, noch ein letztes Mal ihr Glück zu versuchen."

Mittlerweile war es völlig still in dem kleinen Haus. Alles hörte dem Goggelmoggel bei seiner Erzählung zu.

Dieser wirkte auf einmal gar nicht mehr energisch, sondern nur noch alt und müde. Seine rauchblauen Knopfaugen waren glasig von all den Erinnerungen, die an ihnen vorbeizogen.

Seine Stimme war inzwischen kaum lauter als ein Murmeln.

"Sie schafften es tatsächlich auf die Insel, und sie konnten es kaum fassen. Sie hatten eine Heimat gefunden, nach all diesen Jahrhunderten des Elends und der Angst, und sie nahmen sich vor, das Beste aus ihrer Situation zu ziehen. Sie...sie bauten Häuser. Sie bestellten den Boden und pflanzten die wenigen Samen der Früchte aus ihrer alten Heimat an, die ihnen noch geblieben waren. Die Familien wuchsen wieder. Kaum jemand von ihnen war unzufrieden mit dem Stand der Dinge."

Mitten in seiner Erzählung hielt der alte Goggelmoggel inne und fuhr sich mit einer Hand geistesabwesend über die Stirn.

"Bis sie eines Tages erneut die bittere Erfahrung machen mussten, dass sie auf dieser Insel nicht allein waren."

"Verstehe", meinte Sakura mitfühlend. "So ein Pech!"

Die Goggelmoggels nickten zustimmend.

"Mehr als das! Die Bewohner sind auch noch gefährlich."

Das hatten sie ja wohl heute schon genug gehört - und gesehen hatten sie es auch. "Was...genau sind diese anderen Bewohner denn?", wagte Shaolan nach einer Weile des Schweigens zu fragen.

Meister Yamm-Salamm sah geistesabwesend in seine Richtung.

"Das wissen wir selber nicht. Auf jeden Fall sind es Tiere. Aber sie sind nachtaktive Räuber und haben kein festes Beuteschema. Sie stürzen sich einfach auf alles, was ihnen vor die Klauen gerät. Und... nun ja, wie soll ich es ausdrücken? Wir Goggelmoggels waren noch nie zum Kämpfen gemacht."

"Und wie habt ihr dann diesen Pakt geschlossen?", fragte Kurogane ein wenig skeptisch. Die Viecher klangen nach etwas, mit denen sich schlecht reden ließ.

"Es...gab einen Krieg. Er dauerte fast mehr als fünf Jahre, und beide Stämme - sowohl unserer als auch der ihre - war stark geschwächt. Wir haben die Zeit genutzt, in der sie noch dabei waren, ihre Wunden zu lecken, und haben ihnen den Vorschlag gemacht, uns die Insel...quasi zu 'teilen'", erklärte der Goggelmoggel leise, "Nachts gehört sie ihnen ,tags gehört sie uns. Und keiner kommt keinem in die Quere."

"Aa", machte der Schwarzhaarige und nickte. "Klingt einleuchtend... Aber immer schient das ja nicht zu funktionieren..."

So etwas funktionierte in den wenigsten Fällen.

Der Magier seufzte unterdrückt.

Dafür, dass diese Goggelmoggels bereits ein halbes Jahrtausend der Plage und des restlosen Umherwanderns hinter sich hatten, waren sie immer noch ziemlich naiv.

Wer hält sich denn schon an ein solches Abkommen?

Der Plan in sich war sinnvoll, doch er war von vornherein zum Scheitern bestimmt - ein Abkommen von ehrlichem Herzen zerbrach immer an lebenden Geschöpfen.

"Und was genau ist dann euer-...", fing er an, doch Meister Yamm-Salamm gebot ihm mit einer plötzlichen, hektischen Handbewegung Schweigen.

"Ruhig! Niemand rührt sich!"

Sofort hielten alle anderen Goggelmoggels den Atem an.

Der Magier spürte sein Herz einen kleinen Satz machen, als er glaubte, vor den verschlossenen Fensterläden allmählich ein unterschwelliges Rascheln und Kratzen zu hören.

Fast klang es, als schlich ein lang gestrecktes Wesen mit kräftigen Gliedmaßen und drahtigem Pelz langsam immer wieder an der Hauswand vorbei. Kurogane lauschte auch angespannt und hatte automatisch die Hand auf den Schwertgriff gelegt. Irgendetwas Großes strich um die Häuser. Mehrere.

Sakura drängte sich erschreckt an Shaolan, als ein Scharren am Fenster vorbeigeisterte.

Den Goggelmoggels stand inzwischen schon der kalte Schweiß auf der Stirn.

In ihren runden Knopfaugen flackerte es, während sie sich verängstigt immer fester gegeneinander drängten, bis sie eine einzige, feste Traube bildeten.
 

Die Türschlösser klirrten. Die Tür wackelte und knirschte leise, als kratze jemand mit langen, blutbeschmutzten Krallen prüfend darüber, wie um festzustellen, ob sie vielleicht nicht doch offen war.

Das leise Ruckeln und Quietschen machte Fye fast verrückt, doch er zwang sich, ruhig zu bleiben, denn eine gewisse Ahnung, die ihm schon öfter das Leben gerettet hatte, flüsterte ihm zu, dass jetzt schon ein falscher Mucks genügen konnte, um die Nacht nicht lebend zu überstehen.

Kurogane hielt den Blick angespannt auf die Tür gerichtet. Dumm war nur, dass es hier einfach zu eng war, falls wirklich irgendwas hereinkommen würde. Obwohl - wenn diese Viecher so groß waren, wie er vermutete, kämen sie hier nicht herein.

Und wenn sie das Haus auseinander nahmen ergab sich das Platzproblem von selbst.

Der Magier schluckte schwer. Er saß der Tür am nächsten. Falls dieses Etwas, was auch immer es war, sich dafür entschied, die Tür einzureißen, würde er einem direkten Angriff am ehesten ausgeliefert sein.

Und das schlimmste war- dieses eine Exemplar schien nicht das einzige zu sein.

Die fest verschlossenen Fenster begannen ebenfalls leise zu ruckeln und zu knarzen.

Die Wesen dort draußen wussten doch längst, dass sie hier drin waren - sonst hätten sie schon längst das Interesse verloren.

Lautlos richtete der Ninja sich in eine Position auf, in der er sich besser verteidigen konnte, falls es nötig sein würde.

Shaolan hatte Sakura mittlerweile auch schützend an sich gezogen und sah sich misstrauisch immer wieder um. Meister Yamm-Salamm fielen vor Anspannung mittlerweile fast die Augen aus dem Kopf, doch er rührte sich um keinen Millimeter.

Hoffentlich legten es diese Wesen nur darauf an, eine unkontrollierte Reaktion oder etwas in dieser Richtung zu verursachen, sodass die Goggelmoggels aus Versehen irgendeine Regel verletzten.

Und es schien tatsächlich so zu sein, denn nach einer geraumen Weile wurde für kurze Zeit so etwas wie ein unwilliges Knurren hörbar, bevor sich das Scharren und Kratzen langsam wieder entfernte.

Sie entspannten sich erst ein wenig, als sie wirklich sicher waren, dass diese Viecher weg waren.

Auch die Goggelmoggels atmeten auf und lösten sich wieder von einander.

"Passiert das öfter?", fragte Kurogane.

Eigentlich hatte er gedacht, dass die Regeln auch einschlossen, dass diese Wesen nicht auch noch in die Stadt kamen - egal ob tag oder nacht. Der Anführer der Goggelmoggels vollführte nur eine vage Kopfbewegung, die man mit etwas Fantasie als Nicken deuten konnte.

"Es sind wilde, kulturlose Kreaturen. Sie halten sich auch untereinander kaum an Regeln. Sie zerstören und fressen unsere Ernte, sie schleppen nachts die Kinder weg, und wenn wir nicht aufpassen, brechen sie in die Häuser ein."

Wunderbares Abkommen, dass sie da hatten, dache Kurogane.

"Und dann vertraut ihr darauf, dass die sich an die Regeln halten? Das tun sie doch nur, weil die tagsüber schlafen!", meinte er.

Offenbar hatte er einen sehr wunden Nerv getroffen.

Alle Goggelmoggels senkten bedrückt den Blick.

"...das...mag sein. Aber wir wollen nicht verjagt werden. Nicht schon wieder."

Das war ihm klar gewesen. "Dann unternehmt halt was gegen diese Viecher", schlug er vor. Jeder der vernünftig genug war, hätte das schon getan.

Meister Yamm-Salamm seufzte nur und stellte sich in Positur.

"Sehen wir aus wie Krieger? Wir sind einfach nicht zum Kämpfen gedacht. Goggelmoggels kämpfen nicht. Sie überdauern. So ist es schon immer gewesen."

Der Ninja schien widersprechen zu wollen, doch plötzlich fiel dem Magier etwas auf, das eindeutig Priorität hatte, sodass er seinem Reisegefährten ins Wort fiel.

"Wo ist Mokona?"
 

***
 

tbc

Suche

Warning: Drama, Angst
 

Kapitel 5: Suche

***

Kurogane hatte wirklich sagen wollen, dass es auch noch andere Möglichkeiten gäbe, aber er kam ja nicht dazu.

"Keine Ahnung..."

Das Manjuu versteckte sich doch andauernd...

Sakura meinte: "Bei mir ist er nicht", und auch Shaolan zuckte die Achseln.

"Wir müssen ihn suchen!"

"Nein,tut das nicht!", fiel der Meister sofort panisch ein, "Ihr dürft nicht nach draußen gehen! Nicht jetzt! Das würde in einem Massaker enden!"

Nun - wenn sie ein Massaker mit Mokona anstellten, kamen sie hier nicht wieder weg.

"Wir können schon auf uns aufpassen", meinte er.

Sakura nickte eifrig. "Ohne Mokona-chan kommen wir hier nicht wieder weg!"

Die Gesichter der Goggelmoggels verfärbten sich kalkweiß.

"Bitte-..." Die Stimme des Meisters klang fast schon flehend.

Fye schluckte schwer. Er konnte einfach nicht anders, als Mitleid für diese Geschöpfe zu empfinden. Man konnte es ihnen regelrecht aus den Augen herausbuchstabieren, wie tief sich die Angst vor diesen Wesen bereits in das Dasein auf dieser Insel festgefressen hatte.

Ständig mussten sie sich um ihre Kinder fürchten, um ihre Ernte, um ihre Häuser und um ihr eigenes Leben. Diese permanente Angst regierte ihr Leben.

Was sollten sie jetzt bloß tun?

Einerseits war es unerlässlich, dass sie Mokona wieder fanden, doch auf der anderen Seite würden sie ihren Gastgebern den Untergang bereiten, wenn sie sich vor die Tür wagten.

"Ich werde gehen", meinte Kurogane. Er traute sich das durchaus zu - und draußen war es dunkel genug, um unbemerkt zu bleiben.

"Aber--", wollte Yamm-Salamm einwenden, doch der Ninja schüttelte den Kopf.

"Sonst ist es vielleicht zu spät.
 

Vor Schreck blieb Fye fast das Herz stehen. Hatte er richtig gehört?

Kurogane wollte wirklich da raus?

Den Pakt brechen? Mit diesen Viechern kämpfen, von denen sie nicht einmal wussten, was es war – und sich dem Blutgeruch aussetzen?

Er wusste nur zu gut, dass der Ninja jenem Männertyp angehörte, die daran gewohnt waren ,ihren Instinkten zu folgen und aus dem Bauch heraus Entscheidungen zu treffen – und, schön und gut, es hatte schon öfter Wirkung gezeigt, aber jetzt?

Nein, das war einfach zu gefährlich.

Jedenfalls, wenn er alleine da raus ging.

"Ich komme mit", sagte er kurz entschlossen und rappelte sich hoch.

Der Krieger hatte es ja geahnt. "Nein, ich werde allein gehen", meinte er bestimmt. Kam gar nicht in die Tüte, dass der Magier mitkam. Zumal er ihn schützen musste – würde er verletzt oder getötet werden, war es für ihn selbst auch vorbei. Anders herum nicht. Hoffte er zumindest.

Die schroffe Erwiderung des Kriegers versetzte Fye einen kleinen, zornigen Stich.

"Ich werde nicht diskutieren", gab er hart zurück und starrte ihn nachdrücklich an.

"Ich auch nicht", erwiderte dieser. "Du bleibst hier."

Shaolan und Sakura schienen ziemlich verwirrt über ihr Verhalten, aber das war ihm egal.

Sie beide gaben im Moment nicht viel darauf, dass die Kinder ihren Streit mitbekamen, doch es machte Fye verdammt sauer, dass der Ninja in diesem Punkt einfach nicht mit sich reden ließ. Verflucht noch mal, er wollte ihm doch nur helfen!

Seine Kehle verengte sich schmerzhaft, sodass er nur den Blick senken und auf den Boden starren konnte, während Kurogane nach seinem Schwert griff und sich aufrappelte. In letzter Zeit war der Magier wirklich stur...

Besagter Magier brachte es einfach nicht fertig, sich von der Stelle zu rühren.

Einerseits wollte er ihm zur Seite stehen, egal, was sich da draußen auch herumtreiben mochte, aber andererseits wollte er keinen Streit mit ihm. Die perfekte Zwickmühle. Na, nachher konnte sich dieser sture Bock vielleicht auf etwas gefasst machen.

Falls es ein 'nachher' geben würde.

"Hier kannst du viel besser helfen", meinte Kurogane leise, als er an dem Magier vorbei ging. Er wusste nicht genau, warum er das jetzt sagte, aber der Blonde schien ernsthaft verstimmt zu sein. Außerdem - er wollte nicht, dass der Magier ihm folgte und sich dadurch vielleicht in Schwierigkeiten brachte oder gleich sie beide. Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.

"Ist ja gut", murmelte der Blonde kleinlaut zurück und ließ den Kopf hängen.

Na wunderbar, jetzt dachte Kurogane auch noch, dass er trostbedürftig war. Wer sollte hier noch mal wen am Leben erhalten?

Vielleicht war es ja eine Notwendigkeit, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Auch, wenn es vielleicht nur auf einer Seite wirklich eine Notwendigkeit war.

Er rührte sich nicht, als die Tür lautlos ins Schloss fiel.

Aber in seinem Inneren rührte sich so einiges, und zwar schmerzhaft. Mit einem unterdrückten Seufzen schob er seine Gedanken zur Seite und ließ sich wieder im Schneidersitz nieder.

"Dann können wir wohl nur warten. Verhalten wir uns besser ruhig, und das Feuer sollten wir auch löschen, wenn wir nicht noch mehr Aufmerksamkeit wollen."
 

Draußen verbannte er alle Gedanken, die ihn von seiner Aufgabe, das weiße Tier zu finden, abhalten könnten und konzentrierte sich auf die Umgebung. Alles war ruhig und bis auf ein paar Schleifspuren, die wohl von den Viechern kamen, wies nichts darauf hin, dass diese da gewesen waren. Das Manjuu konnte noch nicht weit sein, denn sie konnten sich ja noch untereinander verstehen...

Nur stellte sich trotzdem die Frage, wo es sein könnte. Er beschloss einfach mal, den Spuren zu folgen.

Es war eine windstille, unangenehm ruhige Nacht, und am Himmel zogen schwere Gewitterwolken vorbei wie fettige schwarze Staubflocken und ließen nur dann und wann einen flüchtigen Schimmer des Mondes hindurch.

Das Rascheln und Kratzen war immer noch hörbar, aber auf den sandigen Straßen, die zwischen den Häusern der Goggelmoggels hin- und herführten, ließ sich nichts blicken. Schnell, aber so gut wie lautlos, machte er sich auf den Weg und nutzte möglichst die Schatten. Er wusste nicht, welche Sinne bei diesen Tieren besonders stark waren - vielleicht waren sie ja blind - aber er wollte kein Risiko eingehen.
 

Das Feuer war gelöscht.

Shaolan hielt Sakura schützend bei beiden Schultern fest, während die Goggelmoggels wieder zusammengerückt waren.

Er saß irgendwie ein wenig fehl am Platz daneben und behielt die Tür im Auge.

Es war sehr still in der nächtlichen Siedlung.

Viel zu still. Es zerrte einem die Nerven auseinander wie Gummi. Es musste einfach etwas passieren.

Und offenbar dachten die ungebetenen Gäste ähnlich, denn plötzlich wurde das bleierne Schweigen auf den Straßen durch ein markerschütterndes Kreischen zerrissen.

Es schraubte sich schmerzhaft in die Luft wie ein glühender Draht und endete abrupt in einem erstickten Gurgeln.

Der Prinzessin stand das Grauen im Gesicht geschrieben.

"Was-... was war-...",stammelte sie flüsternd, doch die Antwort ergab sich von selbst, als einer der Goggelmoggels offenbar nicht mehr an sich halten konnte und zu weinen begann.
 

Mittlerweile hatte schien er aufgeholt zu haben, das kleine Dörfchen lag ein Stück weit hinter ihm.

Er erstarrte bei dem Geräusch sofort auf der Stelle.

Lauschte. Das Rascheln war unruhiger, hektischer.

Und ihm stieg schon wieder dieser metallische Blutgeruch in die Nase. Fast verlor er die Konzentration. Er machte noch einige Schritte weiter in die Richtung. Schließlich musste er das Manjuu finden. Hoffentlich war es wirklich bei diesen Viechern...

Die üppige Vegetation der Insel erwies sich hier eher als hinderlich, denn sie verbarg einfach zuviel, was dahinter alles vorgehen konnte.

Doch der Sand war hell, fast weiß, und versprühte einen leichten Silberglanz in der Dunkelheit - und auf diese Weise wurde auch die breite Blutspur sichtbar, die sich in der Nähe des rauschenden Palmenwalds auf dem Sand abzeichnete.

Sie war völlig aufgewühlt und von Fußabtritten durchsetzt, und verströmte einen beißenden Geruch.

Verdammt. Wieso konnte er das nicht einfach ignorieren? Es bereitete ihm Kopfschmerzen. Nach einer Weile kam er einfach nicht mehr weiter. Was war nur los mit ihm..?

Ein plötzlicher stechender Schmerz ließ ihn fast stürzen, hätte er nicht rechtzeitig noch einen Baum als halt gefunden. Ihm war schwindelig und in seinen Ohren sirrte es.

Seine Präsenz blieb offenbar nicht unbemerkt, denn das Rascheln und Kratzen hinter den Palmen und im finsteren Wald wurde zusehends lauter.

Ganz in der Nähe jedoch wurde nach einer Weile ein leichtes, unterschwelliges Knacken und Knirschen wie von zermalmten Knochen hörbar - als würde sich irgendetwas mit langen, scharfen Zähnen über eine eben erst erlegte Beute hermachen. Der Blutgeruch stieg in immer dichteren, unsichtbaren Schlieren auf.

Und mit einem Mal leuchtete zwischen den Palmen ein schmales, stechend gelbes Augenpaar auf.

Erst waren die Geräusche gedämpft, wie durch Watte, doch dann explodierten sie schier in seinen Ohren. Jedes noch so kleines Geräusch schlug auf ihn ein, überrollte ihn wie eine Welle.

Er wusste zwar, dass er bemerkt worden war, aber er konnte sich einfach nicht bewegen. Warum gerade jetzt...?

Ihm sackten die Knie weg, fast hatte er nicht mal die Kraft, den Fall mit den Händen abzufangen. Was war nur mit ihm los?

In den Sträuchern raschelte es unterdessen immer lauter, bis sich die hohen Farne und Gräser schließlich krachend zur Seite bogen und sich eine lang gestreckte, mit verfilztem Pelz bewucherte Kreatur langsam zwischen ihnen hervorschob.

Von weitem sah es fast aus wie ein Marder, doch es war mindestens fünfmal so groß und um einiges kräftiger. Die Muskeln seiner langen, knochigen Beine spannten sich an, als es sich misstrauisch Meter um Meter näher an den Krieger heranschob und ihn dabei aus schmalen, argwöhnisch funkelnden Augen beobachtete.

Von seinen spitzen, zerfledderten Ohren, seinen messerscharf bekrallten Vorderpfoten und seinem Maul troff das Blut in zahllosen, schleimigen Rinnsalen. In seinem langen, weichen Schweif hingen winzige Bruchstücke von Knochen.

"Naanuuu....?", fauchte es nach einem langen, unbehaglichen Schweigen schließlich leise und verharrte wenige Meter vor ihm in angespannter Habachtstellung, "Ein Gast....?"

Kurogane wandte den Blick zu dem Marder hin, allerdings verschwamm sein Blickfeld immer wieder. Das Fauchen klang in seinen Ohren wie eine Kreissäge auf Stein.

Mühsam richtete er sich ein wenig auf.

Vielleicht hätte er doch auf die anderen hören sollen.

Das Wesen schien ebenfalls zu merken, dass es mit der Gesundheit seines fremden Gegenübers anscheinend nicht wirklich zum Besten stand.

Wie in Zeitlupe schlich es einen weiteren Meter näher an ihn heran. Das Blut von seinem Maul tropfte unablässig auf den Sand unter seinen Pfoten.

"...du musst der Fremde in Meisters Haus sein...wer sind die Anderen, sind das deine Freunde...? Ihr riecht alle sehr gut, das gefällt mir..."

Seine heisere Fistelstimme verfiel in ein leises, meckerndes Gekicher, als amüsiere es ihn, den Krieger in solch einem wehrlosen Zustand zu sehen.

"Ich such nur was, das uns gehört...", meinte er. Er fühlte sich nicht unbedingt bedroht, auch wenn er sich gerade kaum auf den Beinen halten konnte. Dieser Blutgeruch irritierte ihn mehr, als die Tatsache, dass der Riesenmarder sprechen konnte.

Vielleicht würde das Vieh ihn angreifen. Gerade störte ihn das aber weniger.

Die Kreatur stieß ein leises Knurren aus und leckte sich das Blut von den Lefzen.

"Hier gehört euch nichts. Diese Insel gehört uns, und alles, was auf ihr lebt, ebenfalls."

"Ist das so?", fragte er. Er musste unbedingt, seine Sinne wieder zusammen kriegen. "Ich glaube nicht."

Das verfilzte Nackenfell des Marders sträubte sich.

"Da irrst du dich. Unser Volk lebt bereits seit ewigen Zeiten auf dieser Insel, und wir lassen sie uns nicht wegnehmen. Nicht von diesen Eierköpfen, und auch nicht von euch."

"Wir haben nicht vor, sie euch wegzunehmen...", antwortete er. "Und diese Eierköpfe auch nicht..." Es fiel ihm immer schwerer, sich zu konzentrieren und ihm wurde wärmer und wärmer, wie bei einem Fieber. „Ich...muss von hier weg…“, dachte er. „Das Blut…“, stieß er hervor.

Der Marder starrte ihn nur misstrauisch an und kam fauchend einen weiteren Schritt näher.

"Was ist mit dem Blut? Stört es dich etwa, wie wir uns ernähren, häh?!"

Seine Stimme klang mittlerweile mehr als gereizt, und er wähnte sich auch schon bereit, den Krieger anzuspringen - doch plötzlich traf ihn etwas Hartes aus der Dunkelheit geradewegs am Kopf, und das Pelztier taumelte mit einem Auffauchen zurück.
 

***
 

TBC

Rettung

Kapitel 6: Rettung

***
 

"Weg von ihm!!" ,stieß Fye voller Wut hervor und löste sich aus der Dunkelheit wie ein Schatten.

In seinen Händen hielt er einen langen Holzstab mit geschärfter Spitze, und er schien auch bereit zu sein, diese zu benutzen.

"Du...!" War ja klar, dass der Magier nicht auf ihn hörte. "...ich hätte das allein geschafft..."

Er hatte sein Schwert schon in der Hand, seitdem das Vieh seine Muskel auch nur ein wenig sprungbereit angespannt hatte - aber zum Springen kam es ja nicht mehr...

"Erzähl mir nichts", erwiderte diese er bloß, ohne sich umzudrehen.

Wem versuchte der Ninja hier Märchen zu erzählen?

Er sah eher aus, als müsste er jeden Moment zusammenbrechen- es musste wohl an dem Blutgeruch liegen, der schwer über ihren Köpfen in der Luft hing wie die unsichtbaren Ausdünstungen einer Seuche. Der Marder schien indessen nicht ganz sicher zu sein, ob er angreifen oder fliehen sollte.

"Was willst du mit diesem Zahnstocher, blonder Mensch? Willst du mich damit kitzeln?", fauchte er boshaft und starrte den Magier aus seinen gelben Augen aufstachelnd an, doch die einzige Antwort war ein eiskalter Blick.

"Abschaum", sagte der Magier ruhig. Seine Stimme war leise, aber scharf und voller Verachtung, sodass das Pelztier gegen seinen Willen ein wenig zurückzuckte.

Aber der Magier fühlte sich bei weitem nicht so selbstsicher, wie er es gerade vorgab zu sein, dennoch ließ er den Marder keinen Augenblick aus den Augen.

Dieser hatte sich inzwischen in Habachtstellung begeben - misstrauisch und fluchtbereit, doch ebenfalls angespannt, um im Moment seiner Schwäche schnell genug zuschlagen zu können.

Er würde ihm die Wirbelsäule brechen.

Mit einem verächtlichen Ausdruck in den Augen stellte er den langen Holzstab, den Yamm-Salamm ihm mitgegeben hatte, vor Kurogane quer und rammte das spitze Ende in den Sand. Eine Wut, die er von sich selbst kaum kannte, erfüllte ihn vom Scheitel bis zu den Zehen und ließ seine Knie zittern.

"Verschwinde jetzt", hörte er sich leise zu dem Pelztier sagen, "Friss Knochen und sauf Blut - aber nicht seins. Oder ich reiße dir die Eingeweide aus dem Leib. Haben wir uns verstanden?"
 

Kurogane hätte es geschafft. Das eigene Gewicht und der Schwung des Marders hätten ausgereicht. Er selbst hätte bloß das Schwert anheben müssen.

Doch jetzt war nicht die Zeit zu diskutieren...

So hatte er den Blonden wirklich noch nie erlebt - doch darüber konnte er nicht weiter nachdenken, da sich alles anfing, sich um ihn zu drehen.

Er blinzelte, um das Schwindelgefühl loszuwerden. Der Krieger hörte kaum, was der Magier sagte - er war zu beschäftigt, sein Gleichgewicht wieder zu finden. Kurz schloss er die Augen. Plötzlich waren die Schmerzen, der Schwindel und diese Schwäche weg, als wären sie nie gewesen. Nur ein leichtes Kopfbrummen war geblieben. Ein wenig überrascht richtete er sich auf und öffnete die Augen. Vorher war es hier fast finster gewesen, jetzt schien es ihm, als wäre es taghell. Dass der Magier getroffen hatte, war wohl reines Glück gewesen...

"Verschwinde", grollte er. "Hörst du nicht...?" Zur Unterstützung der Drohung fletschte er leicht die Zähne.

Der Marder zögerte sichtlich.

Offenbar schien er auch eine Art Kampfstolz zu besitzen, denn er bleckte unwillig die Zähne und sein Nackenfell sträubte sich, als der Magier die Holzlanze wieder aus dem Sand zog und damit langsam auf ihn zuging.

Dabei blieb er völlig still, denn die Waffe an sich sagte bereits genug.

"Du langes Elend!", fauchte er ihn an und wich verbissen immer weiter in Richtung der Sträucher zurück, "Wollt ihr uns etwa auch diese Insel streitig machen?"

"Ich mache niemandem etwas streitig", erwiderte Fye, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen und zielte mit der Lanze gelassen nach den Augen des Marders, "Aber sobald mir etwas streitig gemacht wird, kenne ich kein Pardon. Auch nicht bei euch. Und jetzt verschwinde."

Wieder wich der Marder unter dem drohenden Speer ein Stück zurück. Er würde ihn sicher nicht mehr lange in Schach halten können, aber nun zählte jede Minute.

Alles in dem Ninja wollte sich gerade auf diesen Marder stürzen und ihn töten. Lauernd verfolgte er jede kleinste Bewegung des Wesens. Die leise Stimme, die sagte, dass dieses Viech so gut wie geschlagen war, ignorierte er. Momentan wollte er Blut sehen.

Fye ging es im Moment nicht viel anders.

Mit einem bleiernen Gefühl im Magen wandte er sich zu dem Krieger um.

"Kurogane, hast du-..."

Darauf hatte der Marder gewartet.

Kaum, dass er den Blick abwandte, erhob er sich aus seiner Habachtstellung und sprang ihn an. Genau darauf hatte er spekuliert- und brachte nur einen einzigen gezielten Lanzenstoß an.

Ein lautes Knirschen wurde hörbar, als die Lanzenspitze die Gurgel des Pelztiers durchbohrte. Nahezu zeitgleich stieß Kurogane die Schwertklinge in die Seite des Marders. Er war fast selbst überrascht, dass er so schnell gewesen war, aber das interessierte ihn jetzt auch nicht wirklich. Der Marder stieß ein ersticktes Kreischen aus, was sich aber in einem Gurgeln verlor, als das Blut in die Luftröhre sickerte.

Wie von weiter Ferne spürte der Blonde ,dass er die Lanzenspitze immer tiefer in das Fleisch des Marders trieb, bis die gekrümmte Holzklinge ihm das Genick zermalmte.

Das schmerzvolle Flackern in den schmalen gelben Augen erlosch mit einem Schlag. Der kräftige, langgestreckte Körper der Kreatur erschlaffte, zuckte noch mehrere Male und verfiel rasch in eine klamme Totenstarre.

Wie eine Statue aus Stein verharrte er noch mehrere zähe Minuten in seiner Haltung, bis er die Lanze schließlich mit einem widerwärtigen, schmatzenden Geräusch wieder aus der Gurgel des Marders riss und ihn von sich in den Sand stieß.

Die Rippen schrappten an der Klinge vorbei, als er sie wieder herauszog. Ein Schwall Blut schwemmte hinterher und platschte auf den Boden. Es machte ihm nichts, dass er ein wenig davon abbekam. Fast schon fasziniert betrachte er die dünnen Blutrinnsale, die die Klinge herunter in den Sand liefen.

Der Magier brauchte einige Sekunden, um wieder zu sich zu finden.

Dann wandte er sich hastig um und nahm den Ninja am Arm, denn er wollte nicht riskieren, dass er womöglich noch in einen Blutrausch oder sonst was in der Richtung verfiel.

"Komm schon, verschwinden wir lieber, bevor noch mehr dieser Viecher hier auftauchen..."

"Sollen sie doch...", knurrte er. Warum nicht? Sie waren in der Nähe, schlichen unsicher herum, wagten sich aber wohl nicht weiter vor.

"Kurogane!" Er sah ihn scharf an und verstärkte seinen Griff. Vor Angst pochte sein Herz wie verrückt gegen seine Rippen, denn er wusste einfach nicht, was passieren sollte, wenn sein Reisegefährte tatsächlich wegen des Blutes den Verstand verlor. "Wir müssen Mokona finden, deswegen sind wir rausgegangen! Also finden wir sie und kehren dann zu den anderen zurück!"

Kurogane war ein wenig irritiert, als der Magier ihn so anherrschte. Ach ja. Er hatte es fast vergessen..."Nh...", machte er. Dabei würde er sich lieber noch um diese anderen Viecher kümmern...

"Dann komm mit!" Blind entschlossen zerrte er den Krieger hinter sich her.

Wenn sie sich noch mühelos verstanden, konnte das Pelzknäuel eigentlich nicht weit sein.

Ein wenig widerwillig ließ dieser sich mitziehen.

Wozu die Eile...?

Ach ja, das Pelzknäuel.

Plötzlich blieb er ruckartig stehen. Der Magier riss ihm fast das Gelenk aus, bevor er auch stoppte.

"Ich hab was gehört", meinte er nur auf einen fragenden Blick.

Der Magier musterte ihn skeptisch. "Was gehört? Von woher?"

Er lauschte noch einmal konzentriert. Nichts. Doch - da schon wieder.

"Von dort", meinte er und zeigte schräg nach rechts.

"Okay, dann sehen wir mal besser nach", willigte Fye ein und zog es diesmal vor, dem Ninja die Führung zu überlassen.

Er hatte nicht das Geringste gehört, doch es schien tatsächlich zu stimmen, dass sich Kuroganes Sinne um einiges verschärft hatten.

Zielstrebig bahnte der Krieger sich einen Weg durch das dichte Unterholz. Hinter ihm geriet Fye immer wieder ins Stolpern. Ihm fiel ein, dass der Magier wohl kaum etwas sehen musste...

Doch weit war es nicht mehr. Mokonas weißes Fell stach aus der Dunkelheit hervor wie ein Scheinwerfer. "Da vorn."

Fye schluckte den lästigen Kloß in seinem Hals runter und warf einen prüfenden Blick in die Dunkelheit.

"Moko-chan...? Bist du da?", rief er nach einigem Herzklopfen schließlich zögerlich einfach aufs Geratewohl.

Schweigen.

Man hörte nur das Rauschen des Meeres und die mannigfaltigen Laute der Nachttiere.

Bis dann plötzlich-...

"Fye! Ich bin hier oben! Bitte hol mich runter!"

Es klang ängstlich und auch ein wenig weinerlich, aber eindeutig nach Mokona.

Sofort rannte der Magier zu dem Baum, breitete die Arme aus - und tatsächlich, keine zwei Sekunden später plumpste ihm auch schon das weiße Manjuu geradewegs in die Arme.

"Fye! Kurogane! Bin ich froh, euch zu sehen!"

"Was machst du verdammt noch mal hier?", fuhr der Ninja das kleine Tier unwirsch an.

So langsam verflog der Blutgeruch - Glücklicherweise. Der leichte Kopfschmerz blieb. Mokona gab keine Antwort, sondern wühlte sich nur zielstrebig wie ein Borkenkäfer in den Kragen des Magiers und kuschelte sich schutzsuchend in seine Halsbeuge. Eine Antwort wäre ja schon drin gewesen..., dachte er angesäuert.

"Moko-chan...?"

Keine Antwort. Das weiße Wollknäuel hielt sich nur mit seinen kleinen Pfötchen an seinem Hals fest, als hinge sein Leben davon ab.

Fye seufzte tief.

Das hätte so verdammt noch mal ins Auge gehen können...

Schließlich schmunzelte er leicht und streichelte mit einem Zeigefinger über eins von Mokonas langen Ohren.

"Lasst uns zurückgehen, Freunde. Für heute nacht haben wir schon genug Wirbel verursacht."

Ohne weiter darüber nachzudenken, schlug er den Weg zurück ein.

Es dauerte eine Weile, bis sie wieder zurückwaren, denn einen vernünftigen Weg gab es nicht.

Die Goggels bekamen fast einen Herzinfarkt, als sie die Hütte betraten.

Sakura stürzte sich sofort auf Fye und erdrosselte ihn beinahe.

"Fye-san!! Oh Gott, Fye-san, ist alles in Ordnung?? Ihr seid ja von oben bis unten mit-..."

Sie brach beklommen ab, und auch Shaolan starrte sie sichtlich skeptisch an, als im schwachen Nachglühen des Feuers die Spuren des Bluts sichtbar wurden, die noch an allen möglichen und unmöglichen Stellen ihrer Kleidung klebten und sie in eine Art Farbspiel aus Rot und Rostbraun verwandelte.

"Es ist uns nichts geschehen", versicherte er mit einem beruhigenden Lächeln und setzte Mokona behutsam auf der Schulter der Prinzessin ab, "Wir mussten einen dieser Marder töten, aber anders ging es einfach nicht."

Die Googels kreischten unisono auf.

"Oh Gott!" Das schien wirklich den Todesstoß versetzt zu haben.

Salamm musste sich erst mal setzen und fuhr sich mit den Händen müde durchs Gesicht.

Fye seufzte innerlich.

Wieso hatte er so was nur kommen sehen?

"Es ging wirklich nicht anders", wiederholte er ruhig und säuberte sein Gesicht mit seinem Ärmel, bevor er sich wieder im Schneidersitz niederließ und Yamm-Salamm ansah, "Es war Notwehr. Hätten wir nicht den Marder getötet ,hätte er uns getötet. Wir haben keinen Pakt mit ihnen geschlossen. Wäre einer von euch hinausgegangen, wären die Folgen viel gravierender gewesen. Und wir haben Mokona wieder gefunden."

Seine Worte schienen den Anführer der Goggelmoggels wieder ein wenig zu beruhigen, denn er seufzte und streifte sich den Schweiß von der feisten Stirn.

Mokona war unterdessen eingeschlafen, offenbar aus Erleichterung.

"Wäre es nicht abgehauen, hätten wir uns das auch sparen können", grollte der Ninja und ließ sich ebenfalls nieder.

Obwohl der Kampf und der Weg durch den Wald nicht einfach war, fühlte er sich weder müde noch erschöpft. Eigentlich war er ziemlich angespannt und konnte innerlich kaum stillsitzen.

Der Magier bemerkte das ebenfalls. Diese Eigenschaft musste wohl mit dem neuen Vampirgen zu tun haben.

"Wir sollten schlafen. Morgen werden wir alle genug zu tun haben, denke ich", meinte er und nahm kurzerhand neben dem Ninja Platz.

Hoffentlich hatte der Ninja wenigstens so viel Vernunft im Leibe ,um ihn zu wecken, wenn irgendwas nicht stimmte...

Die Goggels schliefen wohl nur widerwillig ein. Sakura war eingeschlafen, kaum dass sie sich bequem niedergelassen hatte und Shaolan folgte eine Weile später.

Kurogane allerdings konnte nicht schlafen. Er versuchte es, aber vergeblich. Eigentlich hätte er müde sein müssen, aber es war nicht so.

Trotzdem blieb er möglichst ruhig sitzen, um die anderen nicht zu wecken.

Fye saß nur mit an den Bauch gezogenen Knien neben ihm und starrte an die gegenüberliegende Wand, ohne etwas wirklich wahr zu nehmen. Dazu gingen ihm einfach noch zu viele Gedanken im Kopf herum.

Für die erste Nacht in dieser Welt war es reichlich wild zugegangen, und er fragte sich, ob es wirklich das Beste gewesen war, jetzt schon einen dieser Marder zu erledigen.

Auf sonderlichen Beifall würde das bei seinen Artgenossen vermutlich nicht stören.

Doch es war nötig gewesen, um Kurogane zu....ja, um ihn zu beschützen.

Er hatte ihn beschützt. Verrücktes Gefühl.
 

Diesem wurde auch erst richtig bewusst, was passiert war. Er hatte fast die Kontrolle verloren. Und wahrscheinlich wäre er in verdammte Schwierigkeiten gekommen, wenn der Magier nicht eingegriffen hätte. Dass so etwas passieren würde, darüber hätte man ihn wirklich in Kenntnis setzten können...

Fye seufzte nur.

Ob es richtig war, sich deswegen noch den Kopf zu zerbrechen?

Es war passiert, und es war vorbei.

Doch wenn es noch einmal passierte...

"Ich dachte, du wolltest schlafen", bemerkte er leise, als der Magier seufzte. Der dachte wohl auch wieder zuviel nach.... Er sollte auch damit aufhören und schlafen... aber das Müdigkeitsgefühl wollte sich noch nicht so recht einstellen.

"Ich kann nicht", erwiderte er müde und suchte sich unwillig eine etwas bequemere Position.

So wie es aussah, würde er wohl nie wieder wirklichen Schlaf finden.

Das hatte Kurogane sich gedacht. "Wird schon", meinte er.

Morgen früh musste er unbedingt seine Klamotten waschen....

Der Magier brachte nur ein bitteres, kleines Lächeln zustande. "Schön wär's."

Mehr bekam er beim besten Willen nicht mehr heraus.

Und ehe er sich versah, sank ihm auch schon der Kopf leicht gegen die kräftige Schulter des Ninjas und er selbst in einen bleischweren Schlaf.

Okay. Dass es so schnell gehen würde, hätte er auch nicht gedacht. Da er den Magier nicht mehr wecken wollte, verharrte er in d er Position.

Kein Wunder, dass er nicht schlafen konnte, wenn alles so laut war. Das Meer schien direkt vor seinen Füßen zu rauschen und einige der Nachtvögel veranstalteten unerträglichen Lärm....

Und er konnte jeden einzelnen Pulsschlag im Raum hören – den des Magiers spürte er sogar.

Es war verlockend. Aber er hielt sich zurück.

***

Durst

Kapitel 7: Durst

***

Am nächsten Morgen kam er dadurch zu sich, dass ihn jemand in einem Fort mit dem Fuß unsanft gegen den Rücken stieß.

"W-...wawawawas ist denn...?",nuschelte der Magier verschlafen, aber äußerst höflich und brauchte einige Minuten, um seinen Kopf vom Boden hochzukriegen.

"Aufwachen", verlangte Meister Yamm-Salamm und knuffte ihn noch mal mit dem Fuß.

"Die anderen sind schon alle weg!"

Tatsächlich war die Hütte leer, bis auf die beiden.

"W-...waaaaaaas?"

Mit einem Ruck war er auf den Beinen, sodass er sich mal wieder den Kopf anstieß.

"Waaahhh--"

Ohne weiter darauf zu achten, schob der Eierkopf den Magier aus dem Haus. Eindeutig nicht mehr gewillt, dass die Truppe länger da blieb. Sie hatten bisher nur Ärger gebracht...

"Ich muss euch bitten, nicht mehr hierher zu kommen", sagte er zu dem Magier. "Die Anderen sind wohl wieder zum See rübergegangen."

Fragend sah der Magier ihn an, dann seufzte er jedoch.

"Na schön. Wir können euren Standpunkt verstehen. Dann mache ich mich wohl lieber auf die Suche nach meinen Gefährten..."

Gesagt, getan.

Wenigstens war es kein weiter Weg bis zum See.
 

Kurogane hatte mittlerweile das Blut so gut wie möglich aus den Klamotten bekommen und auch die Schwertklinge gesäubert. Der Tote von gestern war verschwunden.

Sakura und Shaolan hatten sich trotzdem kaum ans Wasser getraut.

Er war nur reingegangen, weil er das Blut einfach nicht mehr ertragen konnte.

"Hallooooh! Da bin ich!", zwang Fye sich zu einem fröhlichen Juchzen, untermalt von umfangreichem Armgefuchtel, als er bei ihnen ankam. Er war so müde, dass seine Beine beinahe unter ihm wegsackten, doch Lust zum Schlafen verspürte er genauso wenig.

Der Krieger nahm ihm die fröhliche Masche nun wirklich nicht ab, denn es war offensichtlich. Aber sonst beachtete er den Magier nicht weiter.

Er hoffte ja, dass es schnell warm wurde, damit seine Kleidung trocknete.

"Fye-san! Gott sei Dank, wir haben uns schon Sorgen gemacht!"

"Ist alles in Ordnung?"

"Ja ja, es ist alles okay bei mir", versicherte er sofort wohlgemut und sah sich nach allen Seiten um, "Obwohl ich es ja doch etwas unfein von unseren Gastgebern finde, dass sie uns einfach rauswerfen! Aber na ja, ansatzweise kann man ihren Standpunkt ja doch verstehen, was?"

"Ich halte es ja eher für Selbstmord...", brummte er, als er wieder ans Ufer kam. Aber bitte, sollten die Goggels eben machen, was sie wollten.

"Wir haben versucht, uns zu entschuldigen, aber sie wollten es nicht hören", meinte Sakura ein wenig bedrückt.

"Wieso geht ihr nicht und versucht, etwas zum Frühstück aufzutreiben?", fragte Kurogane die Kinder plötzlich. Die sahen zwar ein wenig überrascht aus, nickten dann aber. "Das ist eine gute Idee!", sagte Shaolan. "Komm, Sakura-hime."

"Mokona will mit!", rief das Wesen und sprang zu Sakura auf den Arm, als die Beiden sich aufmachten.

Kurogane fuhr sich kurz über die Augen - er hatte wirklich kein Auge zugekriegt heute Nacht.

Und die, jetzt schon etwas höher stehenene, Sonne blendetete ziemlich. Und immer noch war er so verdammt unruhig und angespannt.

Fye hingegen fühlte sich, als müsse er jeden Augenblick vor Müdigkeit in Ohnmacht fallen, doch er verkrampfte sich mit aller Kraft, die noch in seinen Knochen verblieben war, um sich wach zu halten und gleichzeitig nicht den Eindruck zu erwecken, kurz vor dem absoluten Aus zu stehen. Er sah den Ninja ein wenig fragend an, nachdem er die Kinder mitsamt dem weißen Pelzknäuel weggeschickt hatte und der Dreiertrupp zwischen den Palmen verschwunden war.

Es geschah so gut wie nie, dass Kurogane so etwas tat - es sei denn, irgendetwas ließ ihm keine Ruhe.

Ruhig wartete er auf eine Reaktion seines Reisegefährten.

Der Magier wirkte müde, das sah er erst jetzt. Aber jetzt waren die Kinder nun mal weg.

Und außerdem hielt er es einfach nicht mehr aus.

"Ich denke, es ist Zeit", meinte er, immer noch etwas widerwillig, weil ihm der Gedanke nun wirklich nicht behagte.
 

Er verstand und schluckte schwer.

Die Vorstellung, von Kurogane gebissen zu werden, wollte ihm nicht so recht gefallen.

Wieso eigentlich nicht? Herrgott ,es war nun mal nötig, wenn er am Leben bleiben sollte! Ohne Blut würde er sterben!

Aber...

"Also schön", hörte er sich sagen. Seine Stimme klang rau und sehr fremd, er erkannte sie fast nicht wieder. Er spürte den Blick des Ninjas unverwandt auf sich ruhen, und bemerkte irritiert, dass ihm der Schweiß ausbrach, während er sich seines schweren Pelzmantels entledigte und die Stulpe seines rechten Handschuhs umbog ,um ihn auszuziehen.

"Gib mir dein Schwert."

Kurogane reichte es ihm wortlos. Er wusste, was der Magier vorhatte, aber so war es vielleicht doch ein Bisschen angenehmer.

Verrückt. So etwas verrücktes. Fye konnte seine Gedanken kaum beisammen halten, als er das Schwert des Kriegers weiter vorne an seiner breiten, glänzenden Klinge nahm und sein Handgelenk nach oben richtete, um nach einer Stelle zu suchen, die zwar verletzlich war, aber bei der er keine Gefahr laufen würde, gleichzeitig eine Sehne oder weitere Blutgefäße zu verletzen. Sein Herz pochte zuckend auf und ab und nahm ihm den Atem, als er diese Stelle nach mehreren Minuten gefunden zu haben glaubte und mit der scharfen Schwertspitze einen schnellen, gezielten Schnitt anbrachte. Ein brennender Schmerz breitete sich in seiner Hand aus, und es kribbelte wie von tausend Ameisen auf seiner Haut, als das Blut hellrot und süß aus der Wunde strömte und seinen Arm hinablief.

"Los, komm her", sagte er mit leiser bebender Stimme, um den Schmerz zu überspielen und bot ihm seinen blutpulsierenden Arm an.

Erst war der Ninja kurz davor, es sich anders zu überlegen, doch als er das Blut sah, konnte er gar nicht anders, als die restliche Entfernung zu überbrücken. Es war, als würde sein Körper von ganz allein handeln, als er den Arm zu sich heranzog und anfing, das Blut zu trinken. Innerlich erschauderte er. Doch gleichzeitig merkte er, wie die Anspannung langsam von ihm abfiel.

Fye hielt den Blick indessen abgewendet, denn irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen, Kurogane als Vampir in die Augen zu sehen.

Er hielt die Augen fest geschlossen und schottete sein Gehör völlig gegen die Außenwelt ab.

Alles, was er noch spürte, waren die Zähne und die Lippen des Ninjas, die sich auf der Suche nach mehr Blut an seiner Haut entlang tasteten, sich gierig anpressten und fest sogen, als wollten sie ihm das Leben mit einem Zug austrinken.

Ein irres Gefühl. Sein Herz raste, und er konnte nichts anderes tun, als sich der tiefen Schwäche und der benommenen Wärme zu fügen, die mit jedem verlorenem Blutstropfen stärker in ihm aufstieg.
 

Eine Weile bekam er gar nichts mehr mit, außer dem leicht metallischen Geschmack des Blutes, welcher aber nicht unangenehm war, wie er erwartet hatte. Und die Müdigkeit und die Kopfschmerzen verschwanden langsam und er wurde ruhiger, während Fye es immer schwerer fiel, wach zu bleiben.

In seinen Beinen breitete sich indessen eine bohrende Schwäche aus, als würde jemand Luft aus einem Gummireifen pumpen. Vor seinen Augen begann sich alles allmählich zu drehen, sein Arm kribbelte immer stärker und sein Herzschlag ging nur noch schwach und stockend, dennoch zwang er sich, ruhig zu bleiben.

Kurogane sollte so viel Blut bekommen, wie nötig war. Er hatte es ihm zugesichert. Doch Kurogane spürte, dass der Magier kurz davor war, umzukippen. Er löste seine Lippen von dem Arm und leckte sich das restliche Blut von den Lippen. Er merkte, wie es auf seinen Kreislauf einzuwirken bekann. Er ließ Fye nicht los, weil er fürchtete, dass der noch umfiel und sah ihn ein wenig fragend an.

"Geht’s?“

Nur mit Mühe riss er seinen Blick vom Boden weg und starrte den Ninja an. Diese gelben, glimmenden Augen mit der starren, schmalen Pupille war ebenso hypnotisierend als auch beunruhigend. Und faszinierend.

Sein Herz flatterte wie eine verwundete Libelle.

"Ich-...", flüsterte er heiser und hielt sofort beschämt inne, als ihm nur ein schwaches, kaum hörbares Ächzen entwich. Kaum zu glauben, wegen den paar Tropfen Blut kippte er hier gleich um! Die Schamesröte explodierte förmlich auf seinen Wangen.

Er konnte Kuroganes Blick nicht standhalten.

"Setz dich hin", meinte dieser und zog ihn zu einem Baum. Er hatte keine Lust, dass der Magier hier noch kollabierte. Das konnte er nun wirklich nicht gebrauchen.

Er selbst ließ sich gleich neben den Magier ins Gras fallen. So langsam hörte sogar das Stechen in seinen Augen auf, das wohl von der Sonne herrührte.

Fye verdrehte innerlich die Augen.

Was erwartete der Ninja denn von ihm? Dass er gleich wieder aufsprang und einen Stepptanz abzog, nur um ihm zu zeigen, dass er immer noch topfit war? So wie aussah, würde er sich noch gehörig daran gewöhnen müssen. Ein wenig unbeholfen ließ sich der Magier im Gras nieder und presste seine freie Hand auf die Wunde, damit es aufhörte zu bluten.

Kurogane konnte das nicht mit ansehen. So wurde das ja nichts.

"Gib mir mal einen deiner Handschuhe...", brummte er und nachdem er den in die Hand gedrückt bekommen hatte, nutzte er ihn einfach als provisorischen Verband.

Vorsichtig wickelte er ihn um den Arm des Magiers. Es sollte zwar aufhören zu bluten, aber so fest, dass es ihm die Blutzufuhr in die Hand abschnürte sollte es natürlich auch nicht sein... Ein wenig irritiert sah er seinem Reisegefährten bei seiner Aktion zu.

Was sollte denn das werden?

Seit wann sorgte sich der Ninja denn darum, wenn er verletzt war? Vielleicht, weil...?

Ach, mach dir doch nichts vor, höhnte er sich in Gedanken sofort selbst an, Glaubst du, er gibt auch nur einen roten Heller auf dich? Er ist nicht um dich besorgt, er ist um seine Blutquelle besorgt.

Ja, wie sollte es auch anders sein? Der Ninja kümmerte sich nicht um ihn - er kümmerte sich ausschließlich darum, dass ihm sein Blutlieferant erhalten blieb, denn sein Tod bedeutete auch gleichzeitig seinen.

So einfach war das.

Während des Verbindens hielt er seinen Blick auf seine Hände gesenkt.

"Besser?", fragte er, als er fertig war und sah den Magier an. Der schien ein wenig irritiert.

Anscheinend hatte er es ihm nicht zugetraut... hätte er sich ja denken können.

Der Blonde vollführte eine Kopfbewegung, die man mit etwas Fantasie als Kopfnicken deuten konnte, und streckte sich in dem angenehm kühlen Gras aus.

Was für eine blöde Frage. Er fühlte sich, als hätte ihm jemand das Hirn durch den Hintern ausgesogen.

Ein unangenehmes Schweigen breitete sich wieder zwischen ihnen aus. Das konnte doch nicht wahr sein.... aber vielleicht sollte er den Magier erst mal in Ruhe lassen. Es war zwar nicht so schlimm gewesen, wie erwartet, aber angenehm war es auch nicht.... Aber zumindest fühlte er sich besser.

Fyes Knie kribbelten immer penetranter.

Ein Beben lief durch seinen Körper, und er spürte auch schon, wie ihm das Bewusstsein schwinden wollte. Schlafen. Träumen...

Bereitwillig ließ er sich von der Schwärze verschlingen, in der Hoffnung, wenigstens hier seine Träume erfüllt anzutreffen.
 

Nach einer ganzen Weile kamen die Kinder zurück. Er hatte sie schon bemerkt, als sie ein ganzes Stückchen wegwaren. Allerdings hatten sie sich unterhalten, da war es auch keine Schwierigkeit. Es irritierte ihn immer noch, so gut hören zu können, aber wenigstens schien er es jetzt beeinflussen zu können, und nicht wie gestern, als alles ein völliges Durcheinander gewesen war...

Auch Fye wurde vom Stimmengewirr der anderen wieder wach.

Er setzte sich mühsam auf und rieb sich den schmerzenden Kopf.

"Na, habt ihr denn was leckeres gefunden?", zwang er sich schließlich unwillig zur Heiterkeit und strahlte die Kinder an. Kurogane seufzte innerlich. Immer diese Schauspielerei...

Doch es schien die anderen zumindest zu beruhigen. Anscheinend dachten sie, dass der Magier bloß ein wenig müde war.

"Oh ja!", ereiferte sich Mokona aber auch schon. "Gaaaanz viel!"

Sakura und Shaolan hatten einige Früchte gefunden. Sahen ziemlich essbar aus. Allerdings ganz viele waren es nicht.

"Maaahhh! Das sieht ja vielleicht lecker aus!"

Ächzend stemmte der Magier eine gewaltige braune Frucht hoch, die ein wenig an einen breitbäuchigen Kontrabass erinnerte.

"Das scheint mir eine Brotfrucht zu sein! Wisst ihr noch? So eine wie gestern Abend bei Yamm-Salamm!"

"Stimmt!", meinte Shaolan eifrig und sah sich um, "Wir müssen sie grillen, dann schmeckt sie noch besser!"

"Ich bin schon auf dem Sprung für Feuerholz!", meldete er sich sofort freiwillig und sprang auf. Im Moment fiel ihm die Märchenonkel-Masche ziemlich schwer, lieber gewann er noch einige Minuten, um sich wieder einzukriegen, bevor er sich wieder in seine Rolle hineinarbeiten konnte.

Erst wollte er Fye darauf hinweisen, dass es vielleicht doch nicht so gut wäre, wenn er jetzt schon so herumturnte - aber er wollte dem Magier nicht schon wieder Vorschriften machen. Gestern hatte er sich auch nicht dran gehalten. Also ließ er es bleiben.

"Oh, gute Idee!", meinte Shaolan. "Ich helfe dir, Fye-san!"

Na toll, das war das Letzte, was er jetzt brauchen konnte.

Aber widersprechen wollte er dann doch lieber nicht, das hätte womöglich nur unnötig das Misstrauen des Jungen erregt.

"Alles klar! Auf geht's! Bis später, ihr zwei Haseeeen~!", trällerte er noch über die Schulter der Prinzessin und dem Ninja zu. Es würde sicher nicht lange dauern, hier im Wald Holz zu finden.

"Ich geh dort hin und du kannst ja da vorne suchen!, schlug der Junge dem Blonden vor.

"Okay, mach ich. Wenn was ist, einfach bescheid sagen!" Mit diesen Worten stiefelte er ein Stück weiter in den Wald hinein und bückte sich, um einige abgebrochene Zweige aufzuheben, die zwischen den Sträuchern und auf dem Boden verteilt lagen. Tagsüber schienen diese Marder tatsächlich nicht antreffbar zu sein.

"Ja", meinte Shaolan und machte sich auch ans Holz sammeln. Sakura war ja in guter Obhut und auch ihn beruhigte es, dass diese Viecher wohl nicht auftauchten. Eine Weile später konnte er kaum noch Stöcker tragen und brachte diese zu den anderen zurück. Fye war noch nicht zurück, aber der kam sicher gleich nach.

Und fürs erste reichte das Holz auch aus, um ein Feuer zu entfachen.

Sakura und Shaolan kümmerten sich derweil um die Früchte.

Als der Magier nach zehn Minuten immer noch nicht aufgetaucht war, machten sie sich ja schon ein wenig Sorgen.

"Ob ihm was zugestoßen ist?", fragte Sakura besorgt.

"Der hat sich sicher nur verlaufen", grummelte Kurogane. Typisch.

"Sollten wir ihn nicht suchen?", fragte Shaolan, doch Kurogane schüttelte den Kopf. "Der findet uns schon."

Wahrscheinlich wollte der Magier bloß eine Weile allein sein.

Außerdem war er müde.
 

Mit einem Seufzen begab Fye sich bei seiner Suchaktion immer tiefer in den Wald hinein.

Unter diesem Vorwand konnte er wenigstens ein paar Minuten zum Nachdenken gewinnen. Der Stapel unter seinem Arm war bereits mehr als schwer, doch irgendein unterschwelliger Instinkt trieb ihn immer zielstrebiger ins Waldinnere.

Wie ruhig es hier war.

Außer dem mannigfaltigen Quaken, Zirpen, Pfeifen und Gacksen der wilden Tiere, die hier lebten, war alles still. Seine Füße trugen ihn, wie von einem geheimnisvollen Trieb geleitet, immer weiter.

An einer Stelle, an der sich die Palmenkronen ein wenig nach oben auftaten und warmes Sonnenlicht auf den Waldboden durchließen, blieb er stehen und atmete ein wenig durch.

Die feuchte, angenehm nach Erde und feuchten Blütenkelchen riechende Luft legte sich in Form von kleinen Tautropfen über seine Haut. Der Boden fühlte sich glatt und lehmig unter seinen bloßen Füßen an.

So fühlte es sich also an, allein im Dschungel zu sein.

Gar nicht mal so übel.

Vor allem, weil man sich nicht verstellen musste.

Er wusste nach einer Weile gar nicht mehr, wie lange er hier eigentlich rumgestanden war, doch es musste bereits eine gute Stunde vergangen sein.

Die anderen machten sich wahrscheinlich schon wieder Sorgen.

Seufzend löste er sich aus seiner andächtigen Starre und machte sich wieder auf den Rückweg.
 

Sakura und Shaolan waren schon fertig mit Essen und hatten Fye etwas übriggelassen. Ein wenig waren sie darüber erstaunt gewesen, dass Kurogane nichts wollte, obwohl er es doch vorgeschlagen hatte. Aber sie fragten nicht weiter nach.

"Da bin ich wiiiedeeeer!", zwitscherte Fye übermütig, kaum, dass er die Lichtung betreten hatte. Die Ruhe hatte ihm wirklich geholfen, das Maskeradenspiel fiel ihm nun um einiges leichter.

Glück gehabt.

"Fye-san! Wo warst du denn so lange?", erkundigte sich die Prinzessin erstaunt und reichte ihm ein großes Stück Brotfrucht, als er sich zu ihnen setzte.

"Ach,hab mich nur ein wenig verlaufen", beruhigte er Sakura und knabberte an seiner Brotfrucht herum.

"Hab ich’s doch gewusst....", meinte Kurogane.

"Aber jetzt bist du ja wieder da~", meinte Mokona glücklich.

"Schmeckt’s?", wollte Sakura wissen.

Er wuschelte ihr wohlgemut durch das Haar.

"Ja, das habt ihr wirklich toll gemacht! Mein Kompliment! Willst du denn nichts probieren, Schwärzli?"

"Nein. Ich habe keinen Hunger", meinte dieser knapp. Er fragte sich, ob das bloß heute so war, oder ob er nun wirklich nichts mehr essen brauchte... vielleicht sollte er es in diesem Fall trotzdem tun. Sonst würden die Kinder ja sicher misstrauisch machen oder sie wären besorgt. "Na dann..."

Ohne Hast widmete der Blonde sich noch dem Rest seiner Brotfrucht, bevor er sich auf dem Boden zurücklehnte und nachdenklich gen Himmel starrte.

"Was meint ihr, ob es sich lohnt, heute noch nach der Feder zu suchen?"

"Ich weiß nicht wo sie ist", meinte Mokona. "Aber gestern Nacht, da hab ich was gespürt!"

Wohl der Grund, warum das Manjuu verschwunden war.

"Du hast was gespürt? War die Schwingung der Feder denn stark?", erkundigte sich der Magier und nahm das weiße Pelzknäuel auf die Hand. Eifrig nickte das kleine Tier.

"Ja. Ich war mir ganz sicher! Aber sie hat sich bewegt!"

Gegen seinen Willen musste der Magier lächeln.

Die drei waren immer so von Hoffnung angetrieben. Ganz anders als er.

Es war fast schon wieder rührend.

"Okay. Aber versprich mir, dass du nie wieder heimlich verschwindest, hmn?"

"Jaaa~!" Das Manjuu nickte. Es fing zu erzählen, wie grauenvoll und ängstigend dieser Ausflug gewesen war, was natürlich bei Sakura wieder Mitleid hervorrief und somit die gewünschte Aufmerksamkeit.

Fye lehnte sich indessen entspannt an den nächstbesten Baumstamm und hörte den dramatischen Ausschweifungen des kleinen Langohrs zu.

Wenigstens waren sie alle wieder beisammen.

Doch jetzt, wo die Nacht hereinbrach...

Kurogane hielt es auch nicht für die ideale Lösung, draußen zu übernachten, aber etwas anderes würden sie wohl auf die Schnelle nicht finden. Und außerdem würde er es merken, wenn diese Marder versuchten, sich an sie heranzuschleichen.

"Heute nacht sollten immer zwei von uns aufbleiben", schlug Shaolan vor, als Mokona in seiner Erzählung geendet hatte, "Wenn diese Marder wirklich so gefährlich sind, wie ihr sie beschreibt, sollten wir mit aller Vorsicht vorgehen."

Shaolan bot an, wach zu bleiben, damit Kurogane schlafen konnte, da der die letzte Nacht wach gewesen war, doch der Krieger schüttelte den Kopf. Sollte der Junge ruhig schlafen. Sakura würde nicht Wache halten und Mokona eben so wenig, also war ihm schon klar, dass nur noch der Magier übrig blieb.

Wieso hatte er das nur wieder kommen sehen?

Manchmal hatte er schon fast das Gefühl, als befände sich eine Art Zweier-Spalt zwischen ihnen und den Kindern.

Nun ja, wie sollte es auch anders sein.

Die Kinderchen bekamen immer brav vorgelogen, dass alles in bester Ordnung war, und kaum dass die Äuglein zu waren, kamen auch schon die finsteren Erwachsenengeschäfte zum Tragen. Angenervt von sich selbst schüttelte der Magier den Kopf.

Herrje, was er nur wieder für Gedanken ausbrütete in letzter Zeit...

Kurogane traute Shaolan schon zu, dass dieser Wache halten konnte, aber er war merkwürdigerweise nicht mehr müde, seit die Sonne am Untergehen war.

Dabei war er jetzt fast 48 Stunden auf. Musste wohl auch am Vampir-Sein liegen...

"Also schön. Legt euch in aller Ruhe hin, Kuro-pyon und ich passen schon auf, dass euch kein Marder in die Zehen beißt", meinte er wohlgemut und wuschelte beiden kurz übers Haar, bevor er sie unter gestenreichem Armgefuchtel zu ihrer aus Moospolstern und Palmenwedeln zusammengeschusterten provisorischen Schlafstätte lotste.

"Wenn irgendein Mangel besteht, lasst es uns wissen!"

Kurogane legte etwas Holz nach, bevor das Feuer ganz herunterbrannte und sah dem Magier zu, wie er die Kinder ins Bett brachte. Ansonsten rührte er sich wenig.

Es dauerte nicht lange, bis die beiden Schlaf gefunden hatten.

Wenigstens die hatten ihn.

Nachdenklich richtete Fye sich wieder auf und entfernte sich lautlos einige Schritte von dem Lager der Kinder, bevor er seinen Blick auf den zunehmenden Mond richtete.

Es war eine ruhige Nacht.

Man hörte nur den Sang und die Geräusche der Nachttiere und das Murmeln des Seewindes in den Palmen.

Seltsamerweise fühlte er sich hier im Wald sicherer vor einem Marderangriff als in der Siedlung der Goggelmoggels.

Diese Kinder waren wirklich ein bisschen naiv, dachte er - oder sie konnten sich ebenso gut verstellen wie sie beide es taten. Und jetzt gab es noch einen Grund mehr. Na großartig.

Wenigstens schmerzte die Wunde an seinem Arm nicht mehr.

Vorsichtig entfernte er den provisorischen Verband von seinem Handgelenk und besah sich den Schnitt.

Die blutverkrustete Wunde hob sich mehr als deutlich von seiner weißen Haut ab, doch immerhin hatte sie sich bereits verschlossen, auch wenn sein Handschuh jetzt gehörig zugesaut war. Na ja. Seufzend warf er sich den Handschuh über die Schulter, um ein wenig frische Luft an die Wunde zu lassen.
 

Geistesabwesend starrte Kurogane währenddessen ins Feuer.

Wie sollte das bloß weitergehen...?

Vor allem, wenn sie wirklich in Japan landeten.

Das würde sicher noch Diskussionen geben. Er stieß einen lautlosen Seufzer aus. Nachdenklich löste Fye seinen Blick vom Mond und kam neben dem Ninja zum Stehen.

Ein kurzer Seitenblick genügte, um sich sicher sein zu können, dass dieser mal wieder gehörig am Gedankenwälzen war, doch er hatte ja schon öfter von seinem grimmigen Reisegefährten gehörig eins auf den Deckel bekommen, wenn er zu viele Fragen bezüglich seiner Nachdenkereien zu stellen gewagt hatte.

Lieber gleich die Klappe halten.

Als der Magier neben ihn trat, sah er nur kurz zu ihm hin.

Ein wenig wunderte es ihn, dass der nicht gleich anfing, irgendwelche Fragen zu stellen, aber andererseits hatte er es irgendwie erwartet.

"Wir finden eine Lösung", meinte dieser nach einer Weile dann doch ruhig, ohne ihn anzusehen, "So wie ich das sehe, werden wir alle noch einen langen Weg zu gehen haben. Wenn der Baum noch nicht einmal in Sicht ist, sollte man sich nicht unnötig den Kopf darüber zerbrechen, wie man seine Früchte runter bekommt."

Na toll, seit wann gab er hier geistreiche Metaphern zum Besten?

Wahrscheinlich würde der Ninja ihn nur wieder für völlig plemplem erklären und die Unterhaltung damit wieder beenden, bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte.

"Aa, da wirst du wohl recht haben", meinte der. Es würde bestimmt nicht leicht werden, aber wenn sie noch weniger als sowieso schon miteinander redeten, würde das sogar den Kindern auffallen.

Das überraschte Fye nun wirklich. Wenn der Krieger ihm ohne weiteres recht gab, musste da doch irgendwas faul sein...na ja, vielleicht hing es damit zusammen, dass er jetzt schon seit über 48 Stunden nicht mehr geschlafen hatte.

"Bist du sicher, dass du nicht müde bist?"

"Ja", meinte er. Zumindest fiel es ihm nicht schwer, die Augen offen zu halten. Ein wenig matt fühlte er sich schon, aber müde nicht unbedingt.

Der Blonde zuckte die Achseln, da ihm keine Erwiderung einfiel.

Das Schweigen dehnte und dehnte und dehnte sich, sodass es ihn nach einer gewissen Weile zu nerven begann. Offenbar war ihre 'Beziehung', falls man das überhaupt so nennen konnte, keine Plauderbeziehung. Aus irgendeinem Grund spürte er, wie sich seine Kehle als Antwort auf diesen Gedanken verengte.

Dass er dieses Gefühl einfach nicht los wurde...

Unwillkürlich lächelte er leicht.

"Ich glaube, Sakura-chan und Shaolan-kun werden sehr traurig sein, wenn du gehst."

"Sie wussten es von Anfang an", meinte Kurogane. Schließlich war dies sein Ziel dieser Reise.

Ein wenig machte es ihm auch etwas aus, die Gruppe zu verlassen, weil irgendwie waren sie ein ziemlich gutes Team - bis auf einige Schwierigkeiten.

"Mag schon sein, aber ist das ein Grund?", fragte er lächelnd zurück und streckte seinen Rücken durch, dass alle Wirbel knackten. Wenn der Ninja etwas beherrschte, dann war es, von seinem Standpunkt abzulenken.

"Und wenn es so ist, ich werde meine Meinung deshalb nicht ändern", erwiderte der Schwarzhaarige. Er hoffte nur, dass das kein großes Theater mit Rumgeheule und so weiter werden würde...

"Wenn du meinst", erwiderte er kleinlaut und spürte, dass er das Lächeln beim besten Willen nicht mehr halten konnte.

Der Ninja schien wohl wirklich kein Bedürfnis zu verspüren,bei ihnen zu bleiben und weiter mit ihnen zu reisen, selbst wenn sie nach Japan kommen sollten.

Na, warum sollte er auch?

Kurogane war nun mal der geborene Einzelgänger, und wenn er etwas nicht einmal ums Verrecken riskieren wollte, dann war es, eine emotionale Bindung zu irgendetwas oder irgendjemandem einzugehen. Tod und Teufel, Blut, halbe und ganze Weltkriege - für den Krieger offenbar alles ein Klacks, solange er dabei keiner tiefer gehenden Gefühlsregung folgen musste. Dinge wie ein Schutzinstinkt, Sorgen, Schuldgefühle - Trauer?

Nein. Nicht er.

Kurogane wollte sein Ziel nicht aufgeben, denn sonst wäre die Reise ja auch irgendwo sinnlos. Natürlich nicht ganz, aber irgendwie...unvollständig.

"Was ist mit dir?", wollte er wissen.

Milde verwundert wandte er seinen Blick vom Mond ab und starrte ihn an.

"Was soll mit mir sein?", erkundigte der Magier sich freundlich, "Ich habe mein Ziel doch bereits erreicht."

"Nein, das meine ich nicht", sagte er. Und bisher war es nicht klar, ob sie nicht doch in der Heimatwelt des Magiers landeten.

"Was meinst du dann?", fragte er ruhig zurück, "Ich bin sehr zufrieden, Kurogane. Ich bin nur ein einfacher Mann, der die schlichten Dinge schätzt. Zum Beispiel eure Gesellschaft und die Aufgabe, der wir uns gemeinsam stellen. Und solange es uns nicht nach Ceres, meinem Heimatland, verschlägt, fürchte ich weder Tod noch Teufel!"

Das Lachen rutschte ihm nicht so leicht aus der Kehle, wie er es gehofft hatte, doch es war besser als nichts.

Das sah Kurogane allerdings ein wenig anders. Aber ihm war klar, dass der Magier das sicher wusste.

"Wenn du ebenfalls bleibst, werden sie dich auch vermissen, meinst du nicht?"

Fye hob die Augenbrauen. Was war bloß mit dem Krieger los, dass er sich in so ungewöhnlich philosophischer Gemütslage befand? Vielleicht hing es ja mit seinem neuen Vampir-Ich zusammen.

"Vermissen...? Du stellst vielleicht lustige Fragen ,Kuro-rin", erwiderte er fröhlich und wippte wohlgemut auf den Fußballen auf und ab, "Vermutlich haben sich die Kinder genau wie du darauf eingestellt, dass es eben nur eine Partnerschaft auf Zeit ist. Ich denke, die Beiden und du werdet keine allzu großen Probleme haben, mich zu verabschieden, falls es eines Tages so weit kommt."

"Falls...", meinte er. Also wollte der Magier wahrscheinlich nicht in Japan bleiben. Sie mussten irgendeine andere Lösung finden... Ob man die Verwandlung rückgängig machen konnte? Wahrscheinlich eher nicht...

"Ja, falls", stimmte er zu, "Ich wäre offen gesagt allerdings glücklicher, wenn es nie so weit kommt. Es gefällt mir gut, mit euch herum zu reisen. Es ist zwar nicht immer lustig, aber ich denke, das ist nur gut so."

"Die Reise wird sicher nicht ewig dauern", brummte er. Das hoffte er zumindest... Darauf hatte er nun wirklich keine Lust.

"Ja, leider", gab er lächelnd zurück.

Im Gegensatz zu dem Ninja hätte er es ja doch ganz spaßig gefunden, weiter an der Seite der Kinder und des weißen Langohrs zu bleiben. Vielleicht auch nur, weil er sich in genau einer Hinsicht von Kurogane, Sakura und Shaolan unterschied- sie alle drei hatten einen Platz, an den sie zurückkehren wollten, sobald die Prinzessin wieder im vollen Besitz ihrer Federn war.

Kurogane würde nach Japan zurückgehen. Shaolan und Sakura würden nach Clow Country zurückgehen. Und Mokona würde wahrscheinlich wieder zum Haus der Hexe der Dimension zurückkehren.

Sie alle drei hatten eine Heimat.

Er hatte keinen Platz, zu dem er gehen konnte, und es gab kein lebendes Wesen, zu dem er zurückkehren würde, sobald diese Reise beendet sein würde.

Er war wie ein Baum ohne Wurzeln.

Und Bäume ohne Wurzeln starben entweder, oder sie verkümmerten.

Er hatte schon öfter mit dem Gedanken gespielt, sich nachts heimlich fortzuschleichen und sich an irgendeinem einsamen kleinen Plätzchen den Tod zu geben.

Dann hätte er sie alle zu gern gesehen, die kleine Reisegemeinschaft im Angesicht seines Todes. Es wäre ja leicht, sich irgendwo eine Waffe oder einen starken Strick zu besorgen.

Und am anbrechenden Morgen würde statt seinem Pelzmantel dann eben Fye de Flourite da am Ast baumeln. Fast schon wieder lustig, der Gedanke.

"Man kann nicht ewig vor irgendwas davon laufen", meinte Kurogane nach einer Weile und unterbrach seinen Gedankengang. "Irgendwann muss man sich damit auseinander setzen..." "Das ist deine Auffassung, mein lieber Ninja", erwiderte er lediglich mit einem müden, kleinen Lächeln und verschränkte die Arme vor der Brust, "Ich bin kein Haudegen wie du." "Darum geht es nicht. Es geht darum, dass man niemals seine Ruhe finden wird, weil man immer davon verfolgt werden wird, auch wenn es vielleicht nicht mehr so ist", antwortete er. Er sah ihn ein wenig hilflos an und seufzte innerlich, als er spürte, dass sein Herz wie ein Presslufthammer in seiner Brust auf- und abdonnerte.

Jedes Mal nahm er sich vor, ruhig zu bleiben, und jedes Mal brachte ihn Kurogane aus der Fassung, ohne nur einen Finger krumm zu machen.

Was tat dieser Mensch nur mit ihm?

"Ruhe", wiederholte er leise, "Was ist für dich Ruhe?"

"Die Entschlossenheit und die Kraft, an sich selbst und seine Ziele zu glauben und sich davon auch nicht abbringen zu lassen. Egal was passiert", meinte er. "Sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und seine Ziele irgendwann zu erreichen."

Der Blonde fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, bis es ihm in wirren Strähnen kreuz und quer vom Kopf abstand.

"Nett formuliert, muss ich zugeben." Er schluckte schwer, da ihm seine Stimme nicht gehorchen wollte. "Aber du vergisst, dass ich kein Ziel habe. Ich habe mein Ziel schon erreicht, Kurogane. Ich brauche nichts und ich werde nicht gebraucht. Ich BIN einfach. Ich bin die Ruhe selbst. Ich stehe hier jetzt vor dir, völlig angstfrei und völlig ruhig."

Wie zur Unterstreichung seiner Worte breitete er die Arme ein wenig aus und sah dem Krieger ins Gesicht.

Dass er immer so lügen musste...

Kurogane schüttelte den Kopf.

"Das glaube ich dir nicht. Von einer Welt in die nächste zu reisen ist kein Ziel, sondern ein Weg. Du hast keinen Grund, dich irgendwie auf irgendeiner Welt aufzuhalten. Am liebsten würdest du nirgendwo landen wollen, was?"

Ein kleiner, bohrender Schmerz machte sich in seiner Kehle breit. "Ja. Vielleicht will ich das ja. Im Nirgendwo muss es prächtig sein, nicht wahr? Keiner weiß ,wer du bist, keiner will dich und keiner braucht dich. Man ist einfach nur da. Und sonst nichts. So muss der Tod sein." Er realisierte kaum mehr, was er da eigentlich rausredete, aber mittlerweile kümmerte es ihn auch nicht mehr.

"Dann verstehe ich nicht, warum das dein Ziel ist", sagte er und verschränkte die Arme. "Und so ist der Tod nicht. Wenn man stirbt, ist man nicht mehr da."

"Reisen ist das gleiche. Man kommt und geht. Ich bin nicht in Ceres, und das reicht mir. Und manchmal muss man nicht immer alles verstehen."

"Und was, wenn wir dort landen? Irgendwann? Die Hexe hat selbst gesagt, dass das Manjuu das Ziel nicht bestimmen kann. Was wirst du dann tun?", fragte er.

Das Lächeln fiel ihm aus dem Gesicht. "... Was ich dann tun werde?" Seine Stimme klang so kleinlaut und heiser, dass er sich selbst fast kaum hören konnte. "Vielleicht sterbe ich ja."

"Vielleicht. Und du würdest es einfach hinnehmen, stimmt’s? Dann hast du kein Ziel. Denn wenn du stirbst, dann kannst du nicht mehr weiterreisen. Und wenn du nicht mehr weiterreisen kannst, findest du auch keine Ruhe, da du dein Ziel verloren hast."

Es würgte ihn immer erbarmungsloser in der Kehle. Fye fiel einfach nichts mehr ein. Er war vollkommen hilflos. Er fühlte sich seltsam nackt, und plötzlich wurde ihm entsetzt bewusst, dass er weinte. Das hieß, er wurde nicht von einem Heulkrampf durchgeschüttelt oder vergaß sich in einem Tobsuchtsanfall- er stand ganz einfach da und weinte.

Keine Grimasse, kein Schluchzen, kein einziger Klagelaut kam ihm über die Lippen.

"Das muss wohl so sein. Denn dann werde ich verschwunden sein. Dann bin ich weg."

Kaum zu fassen, jetzt stand er hier wie ein fehlgeleiteter Stalaktit und heulte.

Er schämte sich vor Kurogane, dazu brauchte er erst gar nicht die brennende Röte auf seinen Wangen oder das Schlottern seiner Knie zu spüren.

Und doch konnte er einfach nichts gegen seine Tränen tun.

Wie aus einem undichten Wasserhahn rannen sie langsam seine Wangen hinab. Umrundeten seine Nase. Netzten seine Lippen.

Kurogane war ein Schwertkämpfer, aber ihn entwaffnete er, ohne auch nur einmal die Hand an sein Schwert zu legen.

Er war so ein feiges Elend.

Ein Schwächling. Ein verheulter Schöngeist.

Wenn er sich jetzt noch einen Moment der Blöße erlaubte, würde er diese Schmach vermutlich nicht überleben.
 

Dass der Magier losheulte überraschte den Ninja schon.

Er war nicht wirklich gut darin, jemanden zu trösten... Etwas überfordert sah er den Blonden an.

"...aber du willst nicht sterben", stellte er fest. "Sonst bräuchtest du dir nicht die Mühe machen, davon zulaufen, oder?", fügte er leise hinzu.

"Nicht schlecht, Kuro-wan", meinte Fye nach einem langen Schweigen mit einem schiefen Lächeln, obwohl seine Tränen immer noch am Fließen waren, "Wirklich nicht schlecht. Das nenne ich mal eine gelungene Debatte. Sollten wir öfter machen."

Anscheinend hatte der Ninja mal wieder ins Schwarze getroffen - obwohl es ihn doch verwunderte, den Magier so schnell aus der Reserve hatte locken können. Bisher war der ja immer ausgewichen.

"Wenn du meinst", antwortete er. "Übernimmst du die erste oder die zweite Wache?", fragte er dann. Er fühlte sich zwar nicht müde, aber vielleicht wäre es doch besser, ein wenig zu schlafen, bevor er morgen im Gehen einschlief...

"Das ist mir egal."

Im Moment war es das wirklich. Die Tränen liefen immer noch über sein Gesicht, und ihm wollte immer noch keine Idee kommen, wie er sie stoppen konnte.

Der Magier konnte jetzt sicher nicht schlafen.

"Dann weck mich, wenn was ist", meinte Kurogane nur und machte es sich einigermaßen bequem. Er schloss die Augen und versuchte, zumindest zu dösen. Wirklich müde war er wirklich nicht. Aber er kam mit wenig Schlaf aus, das wusste er.

Dass der Magier in Tränen ausgebrochen war, irritierte ihn immer noch.

Er hätte nicht erwartet, dass er das je tun würde. Und schon gar nicht in seiner Gegenwart.

Nach einer Weile schaffte er es sogar, alles auszublenden und zumindest in einen schlafähnlichen zustand zu gelangen. Jedoch würde er bei dem allerkleinsten Anzeichen von Gefahr wieder wach werden. Oder wenn der Magier ihn weckte.
 

"Ja." Seine Stimme klang kleinlaut und heiser, vermutlich kam es vom Weinen.

Wortlos setzte sich der Magier an das schwach nachglühende Feuer und verharrte ruhig in seiner Position. Alles, was er tat, bestand darin, die Hand ab und zu heben und sich die immer noch fließenden Tränen abzuwischen.

Mann. Offenbar hatte der Ninja mal wieder ziemlich ins Schwarze getroffen, was seinen Gefühlzustand anbelangte. Dass ihn das immer so aus der Fassung bringen musste...

Geistesabwesend starrte der Magier in die behaglich prasselnde und knackende Glut.

Er rechnete nicht damit, dass es heute Nacht noch zu einem Marderangriff kommen würde. Erstens scheuten wilde Tiere das Feuer ,und zweitens war ihr toter Kontrahent von seinen Artgenossen sicher nicht unbemerkt geblieben.

Und drittens...

Drittens wollte er es nicht.

Er hatte doch schon genug damit zu tun, seine Gedanken zu ordnen, verdammt noch mal. Wieso brachte ihn dieser rabiate Haudegen immer nur so aus dem Konzept?

Wieso war immer ER es, der ihn so zu Gesicht bekam, wie er sich niemandem auf der Welt zeigen wollte - elend und schwach, und ohne irgendein verdammtes Ziel?

Anscheinend sollte es wohl einfach so sein.

Es gab nur Fügungen, das waren die Worte der Hexe der Dimension selbst gewesen.

Und wenn es jetzt Fügung war, dass nur Kurogane ihn wirklich verstand?

Oder dass Kurogane zum Vampir geworden war.

War das auch Fügung?

Was entsprang überhaupt noch ihrem eigenen Willen?

Der Magier seufzte lautlos und rieb sich die Tränen aus den Augen, bis diese ganz verschwollen und hochrot waren.

Eigentlich wusste er es doch.

Irgendetwas in ihm wünschte sich in diesem Augenblick, dass Kurogane wieder aufstand.

Dass er zu ihm ans Feuer kam und sich neben ihn setzte.

Er musste nichts sagen. Er musste einfach da sein.

Vielleicht hätten sie ein neues Gespräch angefangen. Sich wieder versöhnt. Zukunftspläne geschmiedet.

Ekelhaft utopisch, der Gedanke.

Aber schön.

Natürlich tat er es nicht. Erstens schlief er mehr oder weniger, zweitens konnte er keine Gedanken lesen und wenn doch, hätte er es sicherlich auch eher nicht getan. Dafür war er nicht unbedingt der Typ.

Vielleicht wäre es ja wirklich besser, sich umzubringen.

Mit einem lautlosen Seufzer sah sich der Magier um.

Kein Strick da.

Schade.
 

Nach einigen Stunden wachte er auf.

Das Feuer war fast aus. Nach einem Blick auf den Magier, wusste er auch warum. Der Blonde hatte die Arme auf die Knie gelegt und den Kopf darauf und schlief.

Eigentlich hätte er ihn ja wecken sollen...

Aber es war ja nichts passiert. Glücklicherweise.

Er ließ den Magier schlafen, weil er sich erstens das Gequatsche ersparen wollte - oder was dem Magier sonst einfiel - und außerdem sah der Andere wirklich müde aus.

Kurogane legte wieder etwas Holz nach, es war kühl geworden, stellte er fest, und lauschte dann kurz, ob sich irgendwas verdächtiges tat. Tat es nicht.

Der Magier wurde von den Geräuschen über den Boden schleifender Holzscheite wach und zwang mühsam die Augen auf.

Offenbar war Kurogane wieder wach.

Ohne jede unnötige Showeinlage richtete er sich auf und rieb sich über seine Augen, die immer noch deutlich rot waren.

Er sah zu dem Blonden hin.

"Du kannst ruhig weiterschlafen", meinte er. In ein paar Stunden würde die Sonne aufgehen.

So langsam sollten sie sich auf die Suche der Feder machen... aber das Manjuu hatte gesagt, dass die Kraft Nachts sehr stark war... Bisher hatte es aber auch keine Anstalten gemacht, auf die Feder zu reagieren.

Fye nickte nur.

"Okay." Er zog es vor, ihm lieber nicht zu widersprechen.

Erstens wollte er nicht schon wieder Streit, und zweitens war er wirklich verdammt müde. Um das zu vertuschen reichten seine Schauspielkünste beim besten Willen nicht aus, also beließ er es bei einem schläfrigen Nicken, rollte sich im warmen Gras in der Nähe des Feuers zusammen und ließ den Kopf in seine Armbeuge sinken.

Unbequem, aber ausreichend.

"Gut", meinte er. Bisher war ja alles ruhig. Das schaffte er ja wohl auch allein.

Eine Weile später lauschte er nur den ruhigen Atemzügen der anderen, das Knistern und Knacken des Feuers und das Rauschen und Rascheln im Wald.

Nach einer Weile wurde es jedoch stärker.

Ein leises, in regelmäßigen Intervallen wiederkehrendes Knacken schien sich aus mehreren Richtungen des stockdunklen Walds zu nähern.

Ein kaum hörbares Schleifen und Knistern begleitete das Geraschel, als schöbe sich etwas mit langem, drahtigem Pelz zwischen den Gräsern und Sträuchern langsam vorwärts. Anscheinend zu früh gefreut.

Er lauschte angestrengt, doch die Marder hielten einen gewissen Abstand ein, zumindest schien es ihm so. In der Tat verhielten sich die bepelzten Nachträuber vorerst vorsichtig.

Sie verursachten gerade mal so viele Geräusche, um ihre Gegenwart auf das Bescheidenste zu rechtfertigen, aber sie gleichzeitig nur angedeutet zu lassen.

Der Schein hatte jedoch ein Ende, als in dem düsteren Areal am Teich mehrere gelbe Augenpaare in der Finsternis aufglommen und bewegungslos zu ihm herüberstarrten.
 

***

Akzeptoren

Kapitel 8: Akzeptoren

***

Er ließ sich nicht von Ihnen einschüchtern. Er überlegte, die anderen zu wecken, aber wenn die Marder nicht angriffen, war das eigentlich auch nicht nötig – falls doch, konnte er es immer noch tun.

Zu den ersten vier Augenpaaren gesellten sich noch fünf oder sechs weitere dazu. Ihr sämtliches Interesse schien dem Ninja zu gelten, denn keines der gelb flackernden Schlitze rührte sich auch nur einmal vom Fleck.

Für sie war er offenbar so etwas wie der Störkörper in ihrem Vorhaben, falls es da ein Vorhaben gab.

Kurogane griff nach seinem Schwert. Musste er die Viecher wohl zum Gehen überreden.

Langsam stand er auf und machte ein paar Schritte auf sie zu.

Zwei der Augenpaare zuckten instinktiv ein wenig nach hinten, doch keiner der Marder wich von seinem Platz. In den diffusen Schatten der Palmen wurde leises, angespanntes Knurren und Zischeln laut. Anscheinend fanden die drahthaarigen Wesen keinen sonderlichen Gefallen an dem Schwert des Kriegers.

Die nächtliche Luft schien bis zum Zerreißen gespannt.

Seine Drohung schien anzukommen.

Er hob sein Schwert und richtete es auf die Marder.

„Verschwindet“, zischte er leise, um die anderen nicht zu wecken.

Ein gereiztes Knurren aus mehreren Kehlen war die einzige Antwort.

Mehrere endlose Minuten vergingen, bis sich schließlich eines der Augenpaare aus der Dunkelheit löste und langsam auf ihn zukam.

Lautlos wie ein böser Traum kam ein vollkommen schwarzer Marder aus den Schatten gekrochen, mit misstrauisch gesträubtem Fell und gebleckten Zähnen, offenbar unschlüssig, ob sich ein Angriff lohnte.

Kurogane ließ den Marder nicht aus den Augen, bewegte sich aber keinen Millimeter.

„Ich warne dich. Komm nicht näher“, sagte er. Er wollte nicht unbedingt einen Kampf, aber wenn sie es darauf anlegten, konnten sie den ruhig haben.

Die spitzen Ohren des Pelztiers zuckten sichtlich angespannt, doch es ging nicht auf die Drohung seines potenziellen Kontrahenten ein.

„Du“, fauchte es nur leise zurück, „Du hast unseren Stammesführer getötet, du langes Elend.“

Wie zur Bestätigung raschelte und knurrte es deutlich erregter in den Schatten, aus denen der Marder soeben hervorgeschlichen war.

„Ach wirklich?“, meinte der Schwertkämpfer. „Dann wisst ihr ja, dass ihr euch besser nicht mit uns anlegen solltet. Außerdem hat er angefangen.“, fügte er hinzu. Mann, so langsam gingen die Viecher ihm auf die Nerven.

„Haarspalterei“, erwiderte die langbeinige Kreatur kalt und ging mit gesträubtem Schwanz in Abwehrhaltung, „Du hast ihn uns genommen. Und dafür müssen wir dir auch etwas nehmen. Und ich denke, du weißt auch, was das ist.“

Ein zähes Schweigen verging, bevor der Marder sich leicht aus seiner Haltung erhob und gen Himmel nickte.

„Siehst du das? Es ist Vollmond.“

„Ja und?“, fragte er. „Was hat das damit zu tun?“ Er wusste nun wirklich nicht, worauf der Marder hinauswollte.

In den schmalen, gelben Augen flackerte ein unheilschwangeres Glühen auf.

„Wenn Vollmond ist, sind menschliche Zauberkräfte am stärksten.“

„Versucht es gar nicht erst“, antwortete er. Sie hatten es also auf Fye abgesehen. „Was wollt ihr mit ihm, he?“

Der Marder gab keine Antwort mehr.

Wie auf ein plötzliches Signal hin wirbelte er herum und durchbrach mit einem einzigen Satz krachend das Unterholz. Kaum, dass das geschehen war, erloschen die anderen Augenpaare hinter den Palmen ebenfalls.

Der Platz an der Feuerstelle, an der bis eben noch der Magier gelegen hatte, war leer.
 

Verdammt! Er hatte sie überhaupt nicht bemerkt. Sie hatten ihn reingelegt. Und wie sie ihn hereingelegt hatten!

Er war auf einen billigen Trick hereingefallen.

„....!“ Schnell versuchte er, die Aura des Magiers zu erspüren. Er fand sie, ein ganzes Stückchen weiter rechts von ihm, und sie bewegte sich stetig weiter.

Seine Kontrahenten schienen zu bemerken, dass ihm das Verschwinden seines Reisegefährten nun auch aufgefallen war. Das Krachen und Knacken im Unterholz wurde lauter.

Offenbar hatten sich mehrere Marder des erschöpften Körpers des Magiers bemächtigt und schleiften ihn nun mit aller Gewalt vorwärts, immer tiefer in das bleischwarze Herz des Waldes hinein.

Hastig weckte er den Jungen, damit er auf die Prinzessin aufpasste und machte sich dann an die Verfolgung.

Jetzt war der verstärkte Sehsinn definitiv ein Vorteil, denn er kam schnell voran, ohne sich unnötig auch noch auf Hindernisse im Dunkeln konzentrieren zu müssen.

Ab und an leuchtete die weiße Haut des ceresianischen Magiers zwischen den Sträuchern und Bäumen auf wie frisch gefallener Schnee. Da sein Körper kein wirkliches Gewicht darstellte, hatten es die Marder nicht schwer, ihn rasch vorwärts zu transportieren.

Das einzig Unstimmige war, dass sie ihn geradewegs auf ein mächtiges Tosen zuschleiften- einen Wasserfall.

Das Geräusch des Wasserfalls übertönte das Rascheln und Knacken bald und die Marder trennten sich, sodass er nicht genau wusste, welcher von ihnen jetzt den Magier hatte...

Am See mit dem Wasserfall blieb er stehen und sah sich um.

Die Nacht war und blieb rabenschwarz. Das einzige Licht kam nur noch von dem fernen Leuchten des Mondes, dazu war es sehr bewölkt.

Allmählich verlor sich das Krachen und Rascheln des Unterholzes, bis nur noch das monotone Rauschen des Wasserfalls übrig blieb. Das Knurren und die schrillen Schreie der Marder verklangen indessen so abrupt, als hätte der Wasserfall sie verschluckt.

Die Wolken verzogen sich, und tatsächlich wurde hinter ihnen ein fetter, silberweißer Vollmond sichtbar.

Wie gerufen.
 

Wo waren sie hin?

Die Aura des Magiers spürte er auch nicht mehr.

Was war er nur für ein Idiot? Er hätte es doch merken müssen...

Na toll.

Auch noch abgehängt wie einen Anfänger.

Heute war wohl wirklich nicht sein Tag...

Er stieß ein leises Knurren aus, während er den Blick auf den Boden richtete. Eine Menge Spuren... leider zu viele, um eindeutig zu sein.

Nach mehreren Stunden dämmerte es allmählich.

Wie ein Reif aus silbernem Licht verblasste der fette Sommermond allmählich wieder und machte einer fahlen Morgensonne Platz. Und Kurogane hatte Fye immer noch nicht gefunden. Eigentlich wollte er nicht aufgeben, aber die anderen machten sich sicher auch Sorgen und er beschloss, erst mal bei ihnen nachzusehen.

Der Mond war angenehmer gewesen als die Sonne... er bekam wieder leichte Kopfschmerzen, aber nicht so schlimm wie das letzte Mal.

Man konnte regelrecht mitverfolgen, wie das Leben des Tages allmählich wieder in den Dschungel zurückkehrte.

Das Zwitschern der Paradiesvögel, das zänkische Geschwätz der Papageien und das Gacksen, Röhren und Grunzen anderer tropischer Tiere erfüllte die schaukelnden Palmenzweige und die Hitze nahm ebenfalls stündlich zu.

Wenigstens dauerte es nicht lange, bis er die anderen gefunden hatte.

Wie erwartet waren sie schon wach und bestürmten ihn mit Fragen, kaum dass er angekommen war. Müde beantwortete er sie alle, sofern er eine Antwort wusste. Der Prinzessin stand die Besorgnis förmlich ins Gesicht geschrieben.

"Waaas? Fye-san wurde im Ernst entführt? Von-...von diesen Mardern? Was sollen wir jetzt bloß tun?"

"Sie müssen doch irgendeinen Grund gehabt haben, ihn fortzuschleppen! Die Sache war immerhin riskant!", versuchte Shaolan das Vorgehen der Pelztiere nachzuvollziehen. Eigentlich hatten die es ziemlich geschickt durchgezogen.

Sie hatten ihn schlicht und einfach abgelenkt.

Wie ärgerlich.

"Ich weiß nicht wo sie sind, und was sie vollen...sie haben irgendwas von Magie gesagt..." "Magie?", fragte die junge Prinzessin erstaunt und sah den Ninja ein wenig skeptisch an.

Offenbar war das Mokonas Stichwort, denn es zuckte alarmiert mit den Ohren und sah zu den dreien hoch.

"Yuuko hat mir mal erzählt, dass die Mond-und Planetenkonstellation, also die Art, wie der Mond und die verschiedenen Planeten zueinander stehen, bei menschlichen Zauberkräften eine große Rolle spielen!"

Das genügte bereits, um Shaolans Aufmerksamkeit zu erregen.

Er nahm das kleine Pelztier auf die Hand und sah es eindringlich an.

"Was für eine Rolle meinst du, Mokona?"

"Der Mond ist dafür bekannt , dass er eine starke magische Anziehungskraft besitzt. Ihr wisst doch sicher , dass er Einfluss auf die Gezeiten hat? So ähnlich verhält es sich auch mit der Magie: je voller der Mond ist, umso stärker macht sich eine menschliche magische Aura bemerkbar, da sie von ihm angezogen wird."

"Ja, den Vollmond haben sie auch erwähnt", sagte Kurogane.

Er hoffte ja, dass der Magier nicht ernsthaft in Gefahr war.

"Wir sollten ihn suchen. Ich habe sie am Wasserfall verloren", meinte er und erhob sich wieder. Zu viert hatten sie vielleicht bessere Chancen.

"Okay. Wir sollten uns vielleicht noch ein wenig stärken und uns absprechen, wie wir vorgehen wollen, denn wenn wir völlig unvorbereitet dort hingehen, kann das Fye-san nur noch mehr gefährden", erklärte Shaolan ernst und spießte ein großes Stück Brotfrucht auf einen Zweig, bevor er das Feuer neu entfachte, "Mokona, was weißt du noch über dieses Mondphänomen?"

"Nicht viel. Diese Marder müssen allerdings auch menschliche Zauberkraft spüren können, sonst hätte Fyes Aura sie niemals so unwiderstehlich angezogen. Fye hat auch schon so eine unglaublich starke Aura."

Sakura sah Mokona für eine Weile fragend an, bevor sie zögerlich zu sprechen begann.

"Aber Mokona-...Fye-san hat doch selbst gesagt, dass er seine Zauberkräfte an Yuuko-san abgeben musste! Wie-...wie kann er dann noch eine Aura haben?"

"Das musste er nicht", antwortete er. "Er hat sie nur nicht eingesetzt. Nicht oft", fügte er hinzu. Schließlich hatte der Magier in der Bibliothek gezaubert und auch in Acid Tokyo. Aber das hatte die Prinzessin wohl nicht mitbekommen. Die Beiden sahen ihn irritiert an.

Schließlich war Shaolan es, der die Stille durchbrach.

"Du meinst also, dass die Marder Fye möglicherweise wegen seiner magischen Aura entführt haben?"

Mokona ließ nachdenklich die Ohren hängen.

"Unmöglich ist es nicht. Vielleicht brauchen sie ihn und seine Zauberkraft für irgendetwas. Hat einer der Marder noch irgendetwas gesagt, Kurogane?“

"Nein", erwiderte er.

"Gehen wir lieber los."

Nicht dass sie jetzt auch noch womöglich zu spät kämen... "Na schön."

Der Junge half der Prinzessin noch behutsam auf die Beine, bevor sie sich auf den Weg machten.

"Spürst du irgendetwas, Mokona?"

"Leider immer noch nicht", seufzte das Wollknäuel und kletterte auf Shaolans Kopf, um von dort einen besseren Überblick zu haben, "Irgendetwas muss die Schwingungen der Feder zurückhalten oder absorbieren. Fyes Aura ist auch nur gerade so stark, dass wir sicher sein können, dass er immer noch in diesem Wald ist."

"Ich kann ihn nicht lokalisieren", meinte er zerknirscht.

Eigentlich wäre es kein Problem, aber dann hätte er ihn ja schon längst gefunden. Irgendetwas hinderte ihn daran. Allmählich kam das Rauschen des Wasserfalls wieder näher.

"Hier muss irgendwo ein Wasserfall sein!", stellte Sakura erstaunt fest und sah sich nach allen Seiten um. Shaolan starrte konzentriert auf den Boden.

"Da sind Spuren...von Pfoten und von Füßen...aber die Pfoten laufen neben den Füßen!"

Bedrücktes Schweigen breitete sich aus, denn niemand wollte ernsthaft den Gedanken in Erwägung ziehen, dass der Magier freiwillig mit den Mardern mitgegangen sein könnte.

"Die waren eben aber noch nicht hier", meinte er. Das wäre ihm doch aufgefallen. Er hatte nur Schleifspuren und Pfotenabdrücke gesehen, da war er sich sicher. Aber er hatte ja auch nicht die ganze Zeit hier gestanden.

"Dann wäre es vielleicht nicht das Schlechteste, wenn wir der Spur folgen! Möglicherweise haben die Marder Fye-san irgendwo hingebracht!", schlug Shaolan vor, und die Vier setzten sich umgehend in Bewegung.

Sakura schien sich große Sorgen zu machen.

"Der arme Fye-san! Hoffentlich tun ihm die Marder nicht weh!"

Das hoffte der Ninja auch. "Ich denke nicht. Sie scheinen ihn für irgendwas zu brauchen", meinte er. Ihn umzubringen würde denen nichts bringen - zumindest hoffte er das auch.

"Ja, vermutlich", erwiderte der Junge mit einem Kopfnicken , "Ich bin sicher, dass die Marder ihn nicht ohne Grund entführt haben. Sonst hätten sie dir gegenüber sicher auch nicht all diese Andeutungen gemacht."

Mokona schien indessen immer noch nach der Aura des Magiers oder der Feder, oder auch beidem , zu spüren.

"Irgendetwas in diesem Wald reagiert sehr stark auf den Vollmond", meinte es leise, "Es saugt die magischen Auren auf wie ein Filter."

Er machte sich immer noch Vorwürfe, ließ es sich aber nicht anmerken, um die Kinder nicht noch mehr zu beunruhigen.

Er hatte rein gar nichts bemerkt - ob da auch Magie im Spiel gewesen war?

Sonst hätte er es doch gespürt, dass sie auch hinter ihm waren.

"Vielleicht haben ja die Marder irgendetwas, womit sie die Wellen auffangen?", schlug die Prinzessin zögerlich vor.

"Das kann sein."

"Es kann aber auch sein", meinte Mokona plötzlich, "Dass die Marder selbst die Auren aufsaugen."

Überraschtes Schweigen machte sich breit. Shaolan sah skeptisch zu dem weißen Manjuu auf seinem Kopf hoch.

"Die-...die Marder selbst? Bist du dir sicher, Mokona?"

"Wie meinst du das?", wollte Kurogane wissen.

Eine Möglichkeit wäre es ja und auch eine Erklärung. Wenn sie ihre Auren verbergen konnten, erklärte es, warum er sie nicht alle bemerkt hatte.

"Es gibt nicht nur Medien für Magie, wisst ihr?", erklärte das Wollknäuel und sah aufmerksam zu den Dreien hinab, "Ein Medium ist sowas wie ein 'Übersetzer' und 'Überträger' für Magie."

"So wie du, Moko-chan?", erkundigte sich Sakura.

"Ja, so wie ich", nickte das Kleine, "Aber Yuuko hat mir mal erzählt, dass es eben nicht nur 'Überträger' für Magie gibt, sondern auch 'Fänger'- also Wesen, die in der Lage sind, magische Wellen aufzufangen und sie zu behalten. Solche Wesen nennt man Akzeptoren."

"Akzeptoren?"

"Ja, das heißt so viel wie 'Annehmer' oder 'Entgegennehmer'. Möglich wäre es, dass diese Marder solche Akzeptoren sind."

"Ist das gefährlich? Für diejenigen mit Magie?", wollte Kurogane wissen. Er hatte keine Ahnung von sowas, schließlich war er kein Magier. Tomoyo beherrschte zwar Magie aber er hatte sich nicht sonderlich dafür interessiert.

"Das...kommt darauf an, wie lange und wie stark ein magisch begabtes Individuum einem solchen Akzeptor ausgesetzt ist", gab Mokona ein wenig bedrückt zurück, "Wenn es sehr viele sind und lange auf Fye einwirken, wird es ihn sicher schwächen."

"Könnte das ihn auch umbringen?", fragte der Schwertkämpfer. Die Frage war nicht unbedingt erbaulich für die anderen, aber besser, sie wurde gestellt, bevor es zu spät war. Das Pelztier starrte ihn sichtlich skeptisch an. Schließlich senkte es bekümmert den Blick.

"Das-...das ist möglich. Aber dafür müssen es wirklich sehr starke Akzeptoren sein, oder sehr viele."

Shaolan schluckte schwer, als er an die Bezeichnung 'Mardervolk' von Meister Yamm-Salamm dachte.

"Du meinst, er-...er stirbt, wenn diese Marder zu lange bei ihm sind?"

Das kleine weiße Tier seufzte.

"Magische Akzeptoren haben eine üble Aura. Sie verzehren und verschlingen dich, ohne irgendetwas zu tun. Wir müssen Fye so schnell wie möglich da rausholen."

Zumindest wussten sie ja einigermaßen, in welche Richtung sie mussten. Für Mokona würde es auch gefährlich werden, aber allein lassen konnten sie ihn ja auch nicht. Aber wenn sie erst mal da waren, würden sie das schnell über die Bühne bringen.

Shaolan und Sakura schienen ebenfalls beunruhigt, doch beide versuchten, sich nichts anmerken zu lassen.
 

Die Spuren hatten sie mittlerweile immer tiefer ins Herz des Waldes geführt. Die fetten Palmen und das hohe, dichte Gestrüpp ließ kaum Sonnenlicht durch.

Ab und zu flatterten Nachtvögel und Fledermäuse vorbei.

Es war unheimlich still.

Kurogane wurde es ziemlich unbehaglich, dass musste er sich eingestehen.

Irgendwie fühlte er sich beobachtet. Bestimmt diese Marder... Wieso kamen sie nicht einfach raus?

Shaolan schien sich dieser unbewussten Drohung ebenfalls bewusst zu sein, denn er zog die Prinzessin schützend ein wenig näher zu sich und sah sich unablässig nach allen Seiten um, während Mokona einen schwungvollen Satz auf Kuroganes Kopf vollführte und sich in seinem breiten Kragen versteckte.

"Stop", meinte er nach einer Weile und alle kamen dem sofort nach.

Es war mittlerweile düster im Wald, aber vor ihnen glommen die Augen einiger Marder auf.

Sie hatten wirklich keine Aura.

Das weiße Manjuu zuckte jedoch alarmiert mit den Ohren.

"Sie tragen Schwingungen in ihrem Fell-...", flüsterte es hektisch, und Shaolan merkte sofort auf, als seine winzigen Knöpfäuglein groß und strahlend aus ihren Höhlen traten.

"Mokona, deine Augen!" Das konnte ja nur bedeuten, dass die Feder hier irgendwo war. Doch wo war Fye?

Misstrauisch behielt der Ninja die Umgebung im Auge, diesmal achtete er auch darauf, was hinter ihnen geschah.

Sakura schien ebenfalls angesichts der Reaktion des Mediums aufmerksam zu werden- doch die Marder zeigten ihrerseits auch Reaktionen.

Die Augen glommen misstrauisch auf und verschwanden teilweise wieder.

Die Luft war so still, dass sie zu zerreißen drohte.

"Kannst du spüren, wo genau die Feder ist?", fragte er das Manjuu leise - schließlich war das kein Problem, da es ihm im Kragen saß.

Die Ohren des weißen Wollknäuels standen wie zwei Antennen von seinem flauschigen Kopf ab und bewegten sich unablässig.

"Sie ist in der Nähe!", flüsterte es aufgeregt zurück, "Aber-...aber die Marder tragen ihre Schwingungen völlig verstreut mit sich, die Hauptquelle ist noch ziemlich weit weg-..."

"Und Fye-san?", wisperte Shaolan angespannt.

Mokona konzentrierte sich für einige Minuten, bevor es ein wenig verwirrt seine Ohren abklappte.

"Seine Aura ist mit der der Feder vermischt!"

"Was heißt das?", fragte er. "Er ist da, wo sich die Feder befindet?" Na, das wäre doch zumindest mal nicht schlecht.

"Ja, unmöglich ist es nicht! Aber...aber seine Aura löst sich völlig in der der Feder auf..."

"Heißt das, er ist bereits von der absorbierenden Kraft der Marder geschwächt?"

Statt einer Antwort senkte das Manjuu nur beklommen den Blick - was allerdings bereits genug sagte.

"Beeilen wir uns lieber. Los führ uns“, sagte er zu dem weißen Wesen. Sie befanden sich zwar mitten im Marderterritorium wie es aussah, aber noch schienen sie nicht vorzuhaben, anzugreifen.

"Geradeaus."

Sofort folgten die drei der Anweisung des Wollknäuels. Es war gewiss riskant, einfach mitten im Revier der Marder drauf los zu rennen, doch das Strahlen in Mokonas Augen nahm mit jedem Schritt, den sie taten, stärkere Formen an. Außerdem hatten sie keine Zeit. Und wenn die Viecher anscheinend nichts dagegen hatten, wieso nicht.

Er fragte sich allerdings, ob das nicht doch etwas zu leicht war.

Vor ihnen mussten jetzt wirklich viele Marder sein, denn er hörte ihr Rascheln und Huschen. Mokona hielt mittlerweile kaum noch still.

"Die Schwingungen werden immer stärker! Offenbar sind sie zu intensiv, um ganz von den Mardern aufgesogen zu werden! Ich bin sicher, Fye ist-..."

Weiter kam es nicht. Mit einem spitzen Aufschrei duckte es sich tief in Kuroganes Kragen, als plötzlich ein langgezogener, schwarzer Schatten fauchend an ihnen vorüberschnellte.

Krachend durchbrach er das Unterholz und verschwand ebenso schnell, wie er gekommen war. Sie waren alle in Deckung gegangen, aber das Vieh tauchte nicht wieder auf.

Er hatte nicht erkennen was es war. Eigentlich wollte er es auch nicht wissen.

Aber sie mussten weiter.

Mit Mokona schien plötzlich etwas nicht zu stimmen. Es ächzte krampfhaft nach Luft und fiel plötzlich um ein Haar wie betäubt aus dem Kragen des Ninjas.

"Mokona!", stieß Sakura besorgt hervor und nahm das kleine Tier auf ihre Hand, "Was ist los mit dir?"

"Die-...sie absorbieren-...", wisperte das Manjuu schwach.

"Die Magie", stellte Kurogane fest. Sie waren zu nah für das Tier. "Geht zurück, damit es ihm nicht noch schlechter geht", sagte er zu den Kindern. Wenn das Manjuu keine Magie mehr hatte, kamen sie hier nicht weg. "Ich finde die Feder und den Magier schon."

"Aber, Kurogane-san-...", wandte Shaolan zögerlich ein - doch ein Blick des Ninjas genügte bereits, um ihn zum Schweigen zu bringen.

"In Ordnung. Viel Glück. Wenn irgendetwas ist, ruf uns bitte."

Er nickte knapp.

Sie hatten sowieso keine Zeit zum Diskutieren und er wusste, dass Shaolan Sakura auf keinen Fall alleine lassen würde - genauso wenig wie Sakura das Manjuu.

Es war nicht mehr weit.
 

***
 

[tbc]
 

Endlich mal wieder ein Kapitel geschafft XD

Hin und wieder überkommt es mich spontan, doch eines zusammenzustückeln...

Mal shene wann das nächste kommt~^^



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Kommentare zu dieser Fanfic (44)
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Von:  BabyTunNinjaDrac
2010-02-08T20:04:21+00:00 08.02.2010 21:04
Yay, ein neues Kapitel! :D Freut mich! <3
Alsooo~ es gefällt mir gut! Sehr spannende Wendung!
Der Anfang ist klasse - die Andeutungen, die die Marder machen und Kuro, der sich davon ablenken lässt - super geschrieben! Interessant zu wissen, dass die Marder sich an Fai rächen wollen, indem sie ihm Fai wegnehmen... ;D
Die Suchaktion finde ich auch sehr gut - besonders Mokonas Akzeptoren-ERklärpart (dabei musste ich an die "Rezeptoren" in Bio denken xD) ist schlüssig und gut dargestellt. Es passt gut, dass Mokona es am Ende nicht mehr schafft, mitzugehen und so Kurogane als alleiniger Retter gehen muss, schließlich wollen sich die Marder auch nur an ihm rächen!
Ich habe zwei kleine Rechtschreibfehlerchen gesehen, aber die sind leicht zu überlesen ;D
Gutes Kapitel! <3
Von:  Zelos
2010-02-01T19:07:08+00:00 01.02.2010 20:07
Omg es ist spannend >_______<'
Aber argh ich will wissen wies weitergeht!
Das ist echt cool geschrieben und mal was ganz anderes aber sowas ist gemein wenn man nicht weis wie die Handlung vorran geht XD!

Auf jedenfall gute FF ;3;
Von: abgemeldet
2010-01-29T16:51:28+00:00 29.01.2010 17:51
Das hast du sehr schön zusammengestückelt XD
War super! Und spannend! *hibbel*
Stückel mal schön weiter XDD
Von:  _Shary_
2010-01-27T20:53:25+00:00 27.01.2010 21:53
Juhuu, endlich wieder was zu Lesen^^
Also diese Marder sind ja echte Biester. Wehe sie töten Fye! Aber Kuro wird ihn ja hoffentlich retten.
Natürlich musste das Kapi an der spannendsten Stelle aufören.><
Da kann ich nur sagen:Schreib schnell weiter!^^
Von:  Eiichi
2010-01-26T21:21:16+00:00 26.01.2010 22:21
Also ich muss sagen...
HER MIT DEM NÄCHSTEN!!! >,<
dass ihr immer an so spannenden Stellen beenden müsst *schmoll*
Wie immer sehr sehr gelungen^^~
Ich frag mich was mit Fye is o.ô
Von:  Schneeblume
2009-09-13T16:29:57+00:00 13.09.2009 18:29
Wie heißt es so schön: Besser spät als nie~ ^^' Dann will ich mal kommentieren:

Kapi 6
Hui, ein spannender Kampf. War klar, dass das Vieh keine Chance hat :3 Ziemlich bildlich dargestellt, dadurch konnte man sich das Gemetzel gut vorstellen ~___~ *etwas leidend das Gesicht verzieht* Stilistisch gut, aber schon etwas eklig xD"
Aber Moko-chan gehts gut <3 Das ist die Hauptsache~
Und zum Schluss... *zu Kuro schiel* Los, fall über ihn her, halte dich nicht zurück! *muahahaha* ...ähm *hüstel* Was denn, das hätte doch was! *schmoll*

Kapi 7
Das kleine Gnubbeltier tritt Fye, um ihn zu wecken... oô Wie charmant.
Hm... die gewöhnen sich schon noch dran, an das Bluttrinken. Und wenn Fye beim nächsten Mal fit ist, machts auch mehr Spaß für alle Beteiligten *unschuldig smile* xD"
> und kaum dass die Äuglein zu waren, kamen auch schon die finsteren Erwachsenengeschäfte zum Tragen.
Irgendwie fand ich den Satz witzig. Ist er zwar nicht, aber irgendwie... ich weiß auch nicht ^^''
Ach Mensch... so schwermütig. Die sollen nicht so viel grübeln, davon gibts Falten :(
Und als Fye geweint hat... irgendwie war das in dem Moment ein schönes, wenn auch sehr trauriges Bild. Schade, dass ihn niemand getröstet hat, mir tat er leid. ;_;
Woah grusel! Diese Viecher... bin ja mal gespannt, wie es weitergeht...

LG Franzi *winks*
~Schneeblume~
Von:  BabyTunNinjaDrac
2009-09-06T19:53:48+00:00 06.09.2009 21:53
Es geht weiter mit meiner Kommi-Aufholjagd! ;D
Wieder ein sehr schönes Kapitel - besonders toll ist das Gespräch zwischen Fai und Kuro hervorzuheben. Das hast du echt sehr gut beschrieben, die Antworten und Fragen haben echt super gepasst und alles! Wirklich sehr prägnant.... *war ganz gebannt*
Auch schön waren wieder Fais Gedankengänge - der arme Junge kann einem wirklich sehr leid tun - und Kuros Trinkszene. Die Wirkung des Blutes hast du hier sehr gut dargestellt.
Sehr niedlich finde ich persönlich immer Syao, Sakura und Mokona in dieser FF. Sie sind so die absolute Positivpower und alles >,< So süß!
Bezüglich der Perspektive muss ich Faypier aber recht geben - teilweise, vor allem am Anfang, war es sehr schwer, die beiden auseinander zu halten. Am Ende war es dann aber wieder gut.
Weiter so! :D
Von:  BabyTunNinjaDrac
2009-09-03T19:38:03+00:00 03.09.2009 21:38
Yeah, ein neues Kapitel! :D
Obwohl es so kurz ist, gefällt es mir richtig gut - besonders die Veränderung in Fai war interessant. Es war toll zu lesen, wie er auf einmal total "böse" wurde und Kuro gegen den Magier beschützt hat... das hast du echt gut beschrieben, ich konnte es regelrecht vor meinem eigenen Auge sehen.
Auch Kuros Probleme mit dem Vampirdasein werden immer spannender - besonders am Ende kam nochmal raus, dass er sich kaum zurückhalten kann. Ich bin schon sehr gespannt, wie das weitergehen wird... *schielt auf den namen des nächsten kapitels*
Alles in allem ein sehr gelungenes Kapitel!
Von:  Schreiberling
2009-08-20T12:03:42+00:00 20.08.2009 14:03
Ach Mist.
Schon gelesen, aber noch nicht kommentiert. Seufz
Also ich finde es auch gut, dass sie Mokona wiederhaben, allerdings scheint es noch lange nicht rum zu sein mit den Problemen.
Freu mich schon auf den nächsten Teil
Von:  Schreiberling
2009-07-27T11:44:02+00:00 27.07.2009 13:44
Oh mann wie fies, wenn es spannend wird, ist immer gleich Ende. Schnüff.
Aber ich find es schon seltsam, was die zwei für Gespräche führen. Aber auch irgendwie wieder passend. Schwer zu beschreiben.
Freu mich schon auf den nächsten Teil


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