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Maskenkönig

von

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Der Sturz

Ein König saß auf seinem Thron.

Das helle Klingen der Metallringe, mit denen sein Szepter geschmückt war, schien den ganzen Saal zu erfüllen und drängte die Geräusche, die von der Ferne heranwogten, für Sekunden in den Hintergrund.

Verträumt wiegte er das Szepter in seinen Händen hin und her.

Ching.

Chiling...

Das Lärmen von draußen wurde lauter. Man konnte deutlich hören, wie es immer näher kam. Die beiden Leibwächter zu seinen Seiten zogen ihre Waffen.

Der König ließ das Szepter neben sich auf den Thron gleiten. Chililing.

„Nicht.“

Seine Stimme klang ruhig und sanft. „Es hat keinen Sinn, ihr würdet euer Leben nur sinnlos vergeuden. Es sind zu viele als dass ihr etwas ausrichten könntet. Legt eure Waffen nieder und tretet zurück.“

Der König musste sich gar nicht erst umdrehen um zu wissen, wie die Gesichter seiner Leibwachen aussahen. Sie waren da gewesen, so lange er sich erinnern konnte und kampflos aufzugeben war ganz sicher nicht nach ihrem Geschmack. Dennoch gehorchten die beiden wortlos den Befehlen ihres Königs.

Drei Augenpaare wandten sich zum Eingangsportal des Thronsaales, vor dem das Getrappe und die wütenden Stimmen der Meute ihren Ursprung fanden.

Mit einem Ruck wurde die mächtige Tür aufgestoßen und der Mob - bewaffnet mit allem, was nur irgendwie als Waffe dienen konnte - strömte in den Thronsaal.

Allen voran schritt ein älterer Mann mit kurzem, grau meliertem Haar und Vollbart. Trotz seiner einfachen Kleidung wirkte er irgendwie erhaben und seine Augen strahlten Weißheit aus. So musste wohl ein Anführer aussehen.

Der Mann blieb stehen und auch seine Gefolgschaft hatte nun ihren Platz in dem großen Saal gefunden.

Für einen flüchtigen Augenblick kehrte schier gespenstische Ruhe in die Szene ein. Nur das Wirbeln des Staubes in den Lichtkegeln der hohen Fenster zeugte von den Bewegung, die bis vor kurzem in dem Raum geherrscht hatte.

Der Mann sprach: „Wollt ihr euch nicht zu uns gesellen, oh Großer Maskierter?“

Der König rührte sich nicht. Durch die Maske aus weißem Porzellan, die er auf dem Gesicht trug, war nicht zu erkennen ob er irgendeine Regung zeigte.

„Wie ihr wollt, Maskenkönig.“ sagte der Mann. Seine Augen funkelten. Er hob seine Stimme: „Dann muss ich euch wohl persönlich einladen!!“ Mit diesem Satz überwand er blitzschnell die wenigen breiten Stufen, die ihn noch von dem Thron trennten, packte den überraschten König am Kragen und zerrte ihn mit einem Ruck nach vorn.

Getrieben von der Wucht des Angriffs stürzte der König unsanft die Stufen hinab und blieb dort unten liegen. Seine Krone war ihm vom Kopf gerutscht und beschrieb nun einen weiten Bogen durch den Saal bis sie schließlich kippte und zum liegen kam.

Das erste, was der König aber wahrnahm, war seine Maske, die nicht weit von ihm am Boden lag. Das Band musste durch den Sturz gerissen sein, doch glücklicherweise hing ihm sein langes Haar wirr ins Gesicht. Wenn er die Maske nur rechtzeitig erreichen konnte! Vorsichtig streckte er seine Hand nach vorn.

Er hörte, wie der Bärtige hinter ihm langsam die Stufen hinabtrat, begleitet vom Klingen des Szepters, das wohl mit vom Thron gerissen worden war und nun lautstark seinen Weg die Stufen hinab fand.

Der König hatte tatsächlich seine Maske zu fassen bekommen und wollte sie schnell zu sich her ziehen, doch auf halbem Weg wurde seine Bewegung vom Stiefel des bärtigen Mannes gestoppt, der plötzlich neben ihm stand und auf die Maske trat. Der König wollte erschrocken auffahren, als er das leise Knirschen vor sich hörte, doch besann sich im letzten Augenblick eines Besseren.

„Was ist es, dass euch diese Maske so wichtig macht? Was wollt ihr dahinter verbergen?“ hörte er die tiefe Stimme über sich.

„Wisst ihr, wir einfachen Leute haben auch Dinge, die uns wichtig sind. Uns ist es zum Beispiel wichtig, das wir unsere Familien ernähren können.“

Zum Schrecken des Königs verlagerte der Mann sein Gewicht noch mehr auf die Maske.

„Durch eure drakonisch hohen Steuern nehmt ihr uns diese Möglichkeit. Und das hier entspricht nicht mal annähernd dem, wie sich das anfühlt!“

Mit einem Ruck brachte er die Maske zum Bersten. Der König musste das Gesicht abwenden, als die Splitter zu ihm herangeschlittert kamen. Und schon spürte er die Hand des Mannes, die ihn am Schopf packte und unbarmherzig nach oben zog. Er kniff die Augen zusammen. Nicht nur vor Schmerz, er konnte auch die Vorstellung nicht ertragen, in die Gesichter der Menschen vor sich sehen zu müssen.

Ein entsetztes Raunen wogte in der Menge auf.

„Sehr ihr?“ rief der Mann seinen Anhängern zu. „Diese Maske hat nichts magisches oder dämonisches an sich.“ Er wischte die Scherben demonstrativ mit dem Stiefel von sich. „Und dahinter verbirgt sich auch nur ein gewöhnlicher, wenn auch außergewöhnlich hässlicher Mensch!“

Jubelschreie klangen auf.

Das Mädchen

Ein entthronter König saß in einem Gefängnis.

Nicht in einem richtigen Verlies; der kleine Raum in dem er sich befand musste bis vor Kurzem ein Vorratslager gewesen sein, vielleicht ein Kartoffelkeller. Zumindest roch es dort so.

Der Boden war mit Stroh bedeckt. Bis auf einen kleinen Kreis, den eine Öllampe im Gang außerhalb der Zelle erhellte, lag fast alles im Dunkeln. Der kurze Gang war vollgestellt mit Gerümpel. Wahrscheinlich hatten die Besitzer es eilig gehabt, den Raum freizuräumen. Die Gittertür, die den Eingang zu seinem Gefängnis versperrte, sah auch nicht gerade stabil aus. Der König fragte sich, ob sie einfach umfallen würde, wenn er sich einmal mit voller Wucht dagegen warf.

Wieso hatten sie sich all die Mühe gemacht und ihn nicht gleich in den Verließen des Schlosses eingesperrt? - Aber wahrscheinlich hatten sie auch die Geschichten über die Geheimgänge dort unten gehört. Er hatte selbst einmal als er noch klein war danach gesucht, aber nichts gefunden.

Die klamme Wand, an der der König lehnte, sog all die Wärme aus seinen Gliedern, aber das nahm er kaum wahr. Gedankenverloren fuhr er über seine Wange. „Außergewöhnlich hässlich“...

Ja, so konnte man ihn wohl beschreiben. Entstellt durch eine riesige, vernarbte Brandwunde, die sich fast über seine gesamte linke Gesichtshälfte bis hinunter zur Schulter zog. Wen würde das nicht abschrecken?

Er fuhr aus seinen Gedanken hoch, also oben Stimmen erklangen. Wahrscheinlich war es wieder dieses Mädchen. In der kurzen Zeit, die er hier war, hatte sie keine Gelegenheit ausgelassen, zu ihm herunter zu kommen und ihn mit wüsten Beschimpfungen zu überhäufen. Dass die Menschen hier ihn hassten, konnte er verstehen, aber bei ihr grenzte das Ganze schon an Besessenheit.

Und da erschien sie auch schon an der Treppe, mit ihrem von wallend rotem Haar eingefassten, stolzen Blick. Diesmal trug sie einen Teller in der Hand, den sie unten angekommen harsch am Boden abstellte und unter den Gittern durchschob. „Hier, ich hoffe, ihr erstickt daran!“ warf sie ihm entgegen.

Ungerührt von ihrem Verhalten beugte er sich nach vorne und betrachtete den im Halbdunkel liegenden Teller. „Ist das... Fleisch?“ „Ooh, ist es Eurer Majestät wohl nicht recht so?“ brauste sie sofort auf. Er fragte sich, wie ihre Stimme sich wohl anhörte, wenn sie es nicht gerade darauf anlegte, möglichst herablassend zu klingen. „Wir tun natürlich unser Allermöglichstes um zu verhindern, dass Ihre Majestät verhungert, bis sie dem Scharfrichter vorgeführt wird—“

„Das ist es nicht!!“

Für einen kurzen Moment hatte er seine Maske aus Gleichgültigkeit fallen gelassen. Dieses Weib konnte einen aber auch in den Wahnsinn treiben!

„Ich meine... ich weiß, dass ihr selbst nicht viel habt. Wäre so etwas Kostbares wie Fleisch da nicht besser bei jemandem aufgehoben, der... naja, noch etwas länger was davon hat?“ Das Zucken in ihren Augen verriet ihm, dass ihr diese Antwort nicht gefiel.

„So, jetzt macht ihr wohl einen auf selbstloser Wohltäter, wie?!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. „Nachdem ihr uns alles genommen habt! Für die Mahlzeit könnt ihr euch bei meinem Vater bedanken. Ich an seine Stelle hätte—“

Weiter kam sie nicht mehr, denn das Klirren der Öllampe, die sie in ihrem Übereifer versehentlich umgestoßen hatte, zog alle Aufmerksamkeit auf sich.

Feuer!

Die Wucht des Stoßes verteilte das Öl der Lampe über den ganzen Gang. Binnen Sekunden hatte das Gerümpel dort unten Feuer gefangen. Und das Mädchen? Sie stand nur regungslos da und starrte in die auflodernden Flammen.

Der König war aufgesprungen und stürzte zu der Gittertür. „Hey, Mädchen!“ Sie rührte sich nicht. Herrgott, er kannte noch nicht einmal ihren Namen!

„Hey...“ rief er noch einmal. Er fasste durch die Gitterstäbe und versuchte, sie zu greifen. Ihre Augen waren vor Schrecken geweitet. Was war nur mit ihr los?

Der Raum füllte sich mit dunklem Qualm, als das Feuer sich weiter ausbreitete. Er musste etwas tun. Nicht wegen ihm, es machte keinen Unterschied, ob er ein paar Tage mehr oder weniger lebte. Das Feuer würde sich nur holen, was ihm schon vor Jahren zugestanden hätte. Aber irgendwie konnte und wollte er nicht zulassen, dass dieses Mädchen ein solches Ende fand.

Jetzt kam es darauf an, ob er mit seiner Einschätzung, was die Tür betraf, recht gehabt hatte. Er nahm Anlauf und warf sich mit voller Wucht dagegen. Die Tür hielt und ein stechender Schmerz durchfuhr seine Schulter. Er biss die Zähne zusammen und warf sich ein zweites Mal dagegen.

Als das Feuer dabei war, die Füße des Mädchens zu erreichen, trat sie ein paar Schritte zurück, konnte aber scheinbar den Blick noch immer nicht von den Flammen abwenden.

Rote Schleier tanzten vor den Augen des Königs. Seine Narben brannten von der Hitze. Bald würde das Feuer die ganze Luft verbraucht haben, dann wäre es aus. So sehr er konnte warf er sich noch einmal gegen das Gitter — und es gab nach!

Er stürzte nach draußen und ergriff das Mädchen. Das Feuer hatte sich schon bis zu der hölzernen Treppe entlanggefressen und Flammenwände blockierten den Weg nach oben.

Ihm wurde übel bei dem Gedanken, da durch zu müssen um den Flammen zu entkommen, aber es half ja doch nichts. Das war der falsche Zeitpunkt, um der Vergangenheit nachzuhängen. Er zog das Mädchen näher zu sich heran und warf seinen Mantel um sie. Dann packte er sie und sprang mit einem Ruck durch die Flammen. Er spürte, wie das brennende Holz unter ihm nachgab, aber er schaffte es doch hindurch. Wankend eilte er den Rest der Treppe hinauf und ließ sich dann hustend zu Boden sinken, das Mädchen immer noch fest umschlingend.

Die Decke des Raumes, in dem sie sich jetzt befanden, füllte sich auch langsam mit Rauch, aber es schien keine unmittelbare Gefahr zu drohen. Keuchend und mit tränenden Augen sah er sich um. Wie er schon vermutet hatte, gehörte der Raum zu einem Wohnhaus. Es würde wohl nicht lange dauern, bis die Bewohner das Feuer bemerkten und herkamen. Vielleicht wäre es klüger gewesen, das Mädchen loszulassen, aber er tat es nicht.

Als ihm ihr unterdrücktes Schluchzen schier unerträglich wurde, fragte er leise: „Wieso hast du so große Angst vor dem Feuer?“

„Weil... als ich noch klein war...“ kam es nach einiger Zeit schluchzend zurück, „...da war dieses Feuer im Schloss... und—“

Sie schien sich daran zu erinnern, wen sie vor sich hatte. „Was geht euch das überhaupt an?! Lasst mich los!“ Sie wand sich in seinem Griff.

In dem Augenblick stießen drei Männer die Tür auf. Einer davon packte den König und schlug ihm so hart ins Gesicht, dass ihm schwarz vor Augen wurde.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von: abgemeldet
2008-06-19T13:40:44+00:00 19.06.2008 15:40
Hey, ich hab mir die Geschichte grad mal durchgelesen (Die erste Fanfic, die in meinem Leben bis zum Ende gelesen haben / soweit man eben lesen kann, das kannst du als Kompliment nehmen, ehehe). Ich finde die Geschichte wirklich gut gemacht, das rockt wirklich! Ich finde zwar, dass der König ein wenig zu unbewacht ist für einen König, aber dennoch wirkt es nicht unrealistisch oder falsch, auch die Reaktionen der Charaktere finde ich individuell und passend.

Also ich bin wirklich begeistert, gut gemacht!
(Wann kriegt man mehr davon zu lesen?)

---ecki---
Von:  Nuke_Nin_Uchiha_Girl
2008-06-16T16:21:30+00:00 16.06.2008 18:21
HI
So etz bin ich durch des Chap durch:-)

Zu aller erst, die Idee find ich super gut.
Des is ma was anderes.... also schon mal kein Klischee, was wirklich super ist!!!

Ansonsten find ich die Geschichte ziemlich gut. Was vor allem daran liegt, dass dein Schreibstil interessant ist und wie du die Handlungen beschreibst!

Ich finde nur, du hättest die Gefühle der einzelnen Personen noch etwas ausführlicher beschreiben können..... Ich bin einfahc jemand der sowas liebt^^

Ich freu mich schon auf das nächste Kapitel und hoffe dass es wieder so interessant und gutgeschrieben weiter geht!

hdl
Nuke_nin


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