Gotcha
Die letzte große Auseinandersetzung zwischen den verhassten Whites und seiner eigenen Bande, den Blacks, hatte Jareth nicht miterlebt. Es war nur eine von vielen und die nächste würde nicht lange auf sich warten lassen. Sicher war sein Fehlen bemerkt worden und er würde sich garantiert wieder etwas anhören dürfen. So etwas wie 'Du Drückeberger' und 'Du bist eben nicht Apophis und wirst es nie sein.' Jareth sollte es egal sein und die, die das behaupteten würde er ignorieren. Natürlich war er nicht wie sein Bruder und würde es auch nie sein, aber er war kein Feigling. Ganz und gar nicht. Und auch der letzte Spötter würde spätestens bei der Erwähnung von seines Bruders Spitznamen gewahr werden, dass er genau deswegen alleine unterwegs war. Er war auf der Suche. Auf der Suche nach ihm, nach dem, der seinen Bruder vor nun genau einem Jahr getötet hatte. Immer noch hatte er keine Ahnung, welcher dieser feigen, hinterhältigen Whites es gewesen war, doch er hoffte, dass derjenige noch nicht tot war, noch nicht niedergestreckt durch die Hand eines anderen. Das wollte Jareth übernehmen, im Namen seines Bruders.
Nun stand er auf dem Dach eines Gebäudes, sah hinab auf das Lichtermeer unter ihm. Die vergangene Schlacht hatte ihre Opfer gelassen. Ein kühler Wind wehte den Lärm und den Gestank der Straßen zu ihm hoch. "Ich werde dich rächen, Bruder.", murmelte er und der Wind trug seine Worte in den dunklen Himmel. Nicht zum ersten Mal schwor er sich dies und nicht zum ersten Mal spürte er die brodelnde Welle des Hasses und der Rachegelüste seinen Körper erzittern.
Zur selben Zeit lief ein White durch das seelenleere und blutige Schlachtfeld. Die Leichen der verschiedenen Bandenmitglieder lagen noch überall verstreut und so bald würde sich auch keiner um diese kümmern, bis auf die Streuner, die nach etwas Habhaften suchten.
Gerade war die Sonne untergegangen und tauchte die Szenerie in ein friedlich, markabres Licht. Die Luft war gesättigt von Schießpulver und Blut. Wäre er es nicht gewohnt, dann hätte er sich jetzt angeekelt eine Hand vor den Mund gehalten, doch mit der Zeit war dies leider zum bitteren und traurigen Alltag geworden.
Frey stand nun Mitten auf dem Schlachtfeld. Sein Blick erhob sich gen Himmel, der friedlich über ihnen lag. Plötzlich bemerkte er eine Gestalt auf einem der umliegenden Dächer. Na Prima. Frey bot eine ziemlich gute Angriffsfläche. Doch wie es schien hatte der Fremde ihn noch nicht bemerkt. So spannte Frey einen seiner Pfeile in die Sehne seines Bogens und zielte nun direkt auf die Person. Nach wenigen Sekunden des Zielens ließ er den Pfeil von der Sehne schnellen. Dieser landete direkt vor den Füßen des Fremden und bohrte sich tief in den Dachsims. Frey hatte nicht beabsichtigt den Fremden zu treffen. Er hatte nur auf ihn zielen müssen, da der Wind die Flugrichtung stark beeinflusste.
Jareth hörte ein Sirren. Seine Augen weiteten sich. Sein Blick wandte sich vom dunkler werdenden Firmament ab, fiel herab und traf den Pfeil, der knapp unterhalb seiner Schuhsohlen im Stein des Dachsimses steckte. Verdammt. Wie hatte er so unachtsam sein können? Die Wut in ihm flammte erneut auf. Nun jedoch genauso auf sich, wie auf denjenigen gerichtet, der den Pfeil verschossen hatte. Jareth ging in die Hocke und griff nach diesem. So einen hatte er schon einmal aus einem Bandenmitglied gezogen. Seinen Bruder hatte solch einer nicht durchbohrt. Aber das war eindeutig das Werk eines White und das genügte vollauf.
Sein Blick glitt zum Boden und bald erkannte er eine Gestalt. Jareth erhob sich wieder. "Na warte....", knurrte er leise. Er lüftete den Mantel, den er trug und zog eine automatisches Schnellfeuergewehr hervor, legte es an und suchte durch den Sucher sein Ziel. Er konnte ihn zwar ausmachen, aber es war zu dunkel. Und er wollte keine Kugel verschwenden. So ließ er das Gewehr wieder verschwinden, wandte sich um und eilte über das Dach zur Feuerleiter, sprang vom Dach, kam etwa drei Meter tiefer auf der obersten Fläche der Feuerleiter auf und eilte diese dann herab.
Frey sah, wie der Lauf des Gewehres auf ihn zeigte. Doch warum schoss der andere nicht? Wahrscheinlich war er ein schlechter Schütze, dachte er sich hämisch.
Für einen winzigen Moment jedoch passte er nicht auf und verlor den anderen aus den Augen. Um ihn herum ward es vollkommen still. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so still war es. Mit Adleraugen durchkämmte er die Dächer und Schatten der kleinen Gässchen, die sich überall ringsherum auftaten. Doch er konnte den Fremden nirgends entdecken. Also blieb er regungslos stehen und scannte weiterhin die Umgebung. Sein Körper war bis aufs Äußerste gespannt. Bei der kleinsten Bewegung, würde er sofort reagieren. Seine Sinne waren geschärft und sein Atem ging lautlos.
Die letzten Meter überwand Jareth wieder durch einen Sprung und kam federnd auf dem Boden in der Gasse neben dem Gebäude auf, auf welchem er sich zuvor befunden hatte. Er griff erneut unter seinen Mantel und zog einige Wurfmesser hervor, lief auf den Schauplatz des Massakers und vor allem dem White zu. Er würde diesem seine Überheblichkeit schon austreiben und dieser sollte sich wünschen nicht auf Jareth gezielt zu haben.
Er blieb am Ende der Gasse stehen, lugte um die Ecke herum. Überall Opfer der letzten Auseinandersetzung, aber das interessierte Jareth wenig. Er suchte den noch lebenden White. Tatsächlich stand dieser noch inmitten der Leichen herum. //Vollidiot...//
Jareth trat aprubt aus dem Schatten der Gassen heraus, zielte dabei auf den White und warf eines der Messer in dessen Richtung. Ein zweites folgte dem ersten sofort und ein drittes war schnell bereit den anderen auch noch zu folgen. Dieser White sollte seine Arroganz genauso bezahlen wie die um ihn herumliegenden Mitglieder seiner verfluchten Bande.
Plötzlich war es soweit. Frey sah, wie sich etwas im Schatten einer der Gassen bewegte. Blitzschnell zog er einen Pfeil hervor, spannte diesen in seinen Bogen ein und feuerte ihn in die Richtung des anderen ab. Dann nahm er einen weiteren Pfeil und wehrte ein Wurfmesser nach dem anderen, welche auf ihn geworfen wurden, geschickt ab.
//Was für ein Schwächling...//, dachte er sich und zog zwei weitere Pfeile aus seinem Köcher. Alle drei Pfeile spannte er in seinen Bogen. In nur wenigen Sekunden zielte er genau und ließ die Pfeile anschließend von der Sehne schnellen. Zwei verfehlten den Unbekannten nur knapp, doch einer traf.
//Verflucht!// Jareth ächzte auf, als ihn der dritte Pfeil traf und seine Schulter förmlich durchbohrte. Den ersten beiden hatte er ausweichen können, aber der dritte hatte dann doch gesessen. Jareth eilte hinter einen umgestürzten, ausgebrannten Wagen, ging dort in die Hocke und griff an die verletzte Schulter. Sofort sickerte sein warmes Blut über seine Finger.
Jareths Finger umgriffen den Schaft des Pfeils. Er biss die Zähne zusammen und zog ihn mit einem Ruck heraus. Erneut ächzte er auf, warf den Pfeil dann weg. Sein Körper zitterte kurz vor Schmerz, aber Jareths Wut war größer. Das Adrenalin kochte und ließ ihn den Schmerz ertragen. Er dachte ja gar nicht daran hier und jetzt den Löffel abzugeben. Hatte er doch noch etwas zu erledigen, bevor er seinem Bruder folgen würde.
Jareth zog seine Halbautomatische hervor, strich über das kühle Metall. Na das konnte ja noch ein interessanter Abend werden.
Diese Gelegenheit hatte Frey genutzt, um sich aus der Schussbahn zu ziehen. Er hatte sich hinter einem eingestürzten Gemäuer versteckt und vertraute nun wieder ganz seinen Sinnen. In all den Jahren hatte er gelernt auf diese am meisten zu vertrauen, denn sie lügten nicht und waren ihm immer eine große Hilfe gewesen. Nun hockte er also dort mit geschlossenen Augen und horchte auf das noch so kleinste Geräusch, welches der Wind ihm zutrug.
Lange hörte er nichts, nur das Rauschen des Windes, der durch die Kleidung der Toten strich. Doch dann hörte er ihn. Der Wind trug dessen laute Worte zu ihm herüber, sodass er jedes einzelne deutlich verstand.
"Hey, White. Eins zu Null für dich.", rief dieser um das Wrack herum. "Aber denk ja nicht, dass du mich nun hast. Dein Pfeil hat mich nur ein wenig gekratzt. Und den Kampf gewinne ich. So wie meine Bande den Krieg gewinnen wird." Jareth wusste, dass es durchaus dumm laufen konnte, aber er war nicht der Typ, der sich nun einfach verkroch. Jetzt erst recht nicht. Und er konnte lange ausharren, wenn nötig. Jareth dachte dabei nicht an seine Schulter und den Blutverlust, obwohl sich diese mit einem dumpfen Pochen stetig meldete.
Frey allerdings antwortete nicht. Es wäre töricht von ihm gewesen und umso törichter war es vom anderen gewesen sich lautstark zu melden, denn nun wusste Frey in welcher Richtung sich der andere versteckte. Außerdem hatte er den Schmerz in seiner Stimme herausgehört. Der andere musste also stark verwundet sein und so wie er sich artikuliert hatte, handelte es sich bei ihm um einen Black. So schlecht Frey auch im Umgang mit seinen Worten war, wenn andere ihm zuhörten, umso besser, beinah schon unschlagbar gut, war er in der Anwendung seiner Sinne. Jahre lang hatte er diese bis zur Perfektion geschult. Sein Können lag im Orten, Zielen und Treffen. Nicht umsonst war er einer der besten Whites, auch wenn man ihn den Stummen nannte, denn er zog es vor nicht viel von sich zu geben. Sein verhasstes Manko war das Stottern.
Lautlos bewegte er sich hinter der Wand und spähte zu der Richtung, in der sich der Black versteckt halten musste. Erneut scannte er die Umgebung und es dauerte nicht lange, da wusste er den genauen Aufenthaltsort des anderen. Ein breites Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. Er zählte die Pfeile in seinem Köcher. In diesem waren noch genügend vorhanden, sodass er getrost noch einen opfern konnte. Er beschloss ein kleines Katz-und-Maus-Spiel zu beginnen. Frey liebte es seine Feinde erbarmungslos zu jagen.
Der Wind stand günstig, sodass er ohne Probleme die Abschusslinie anvisieren konnte. Dann spannte er seinen Pfeil ein und ließ diesen von der Sehne schnellen. Sofort zog er sich schnell wieder zurück.
Das Sirren des Pfeils und dessen krachendes Einschlagen in das Autowrack waren mehr als genug, um zumindest eine ungefähre Ahnung zu bekommen, wo dieser White steckte. Tja, manchmal musste man eben erstmal selbst etwas riskieren. Vor allem im Umgang mit den Whites. Jareth erhob sich leicht. Der Pfeil steckte in der Motorhaube. Nicht schlecht, das musste Jareth zugeben. Nun ja, einer der Pfeile hatte ja eh schon gesessen. Doch das war jetzt zweitrangig. Die Versorgung der Wunde käme später. Der andere hockte also irgendwo hinter den Ruinen. Gut.
Jareth ging wieder in die Hocke, sah sich um, entdeckte einen Stein und griff nach diesem. Er maß etwa die Hälfte seiner Hand, war aber keinesfalls allzu schwer und lag gut in der Hand. Nun sah Jareth sich wieder um.
Das Gebäude neben ihm schien ihm geeignet. Es reichte von seinem Schlupfwinkel bis zu den Ruinen. Eigentlich war sie selbst fast eine, sah zumindest aus wie ein Schweizer Käse.
Jareth erhob sich, die Waffe unter den verletzten Arm geklemmt, holte aus und pfefferte den Stein, in die Richtung, in der der andere in etwa stecken musste. Der Stein flog weit und erreicht sein Ziel hinter den Ruinen. Dieser White sollte ruhig wissen, dass Jareth wusste, wo dieser steckte.
Dann eilte Jareth zu dem Gebäude, huschte durch ein großes Loch, welches wohl mal ein Fenster enthalten hatte und verschwand im Inneren. Hier war es dunkel, aber nicht zu dunkel, denn die Risse und Löcher im Mauerwerk ließen genug natürliches Licht herein. Jareths Blick wanderte in die Richtung, in welcher der andere nahe des Gebäudes steckte. Er griff an seine verletzte Schulter, fühlte die klebrige Nässe des Blutes an seiner Hand.
//Mist.//, es blutete weiter und das ganz ordentlich. Aber Rückzug kam nicht in Frage. Der andere würde dafür bezahlen.
Frey hatte ganz genau gehört, wie sich der Pfeil in die Motorhaube gebohrt hatte. Außerdem hatte er gehört, wie sich etwas hinter dem Wrack bewegte. Dies hatte er sich zunutze gemacht, um sich ein anderes Versteck zu suchen. Gerade noch rechtzeitig, denn schon flog ein Stein dorthin, wo er gesessen hatte.
Der andere war wirklich nicht dumm und keineswegs zu unterschätzen. Wieder sah er sich um, denn ihm war klar, dass der andere nicht dumm genug war, in seinem Versteck zu bleiben. Also versuchte er den Black auszumachen. Doch dieser hatte sich ein wirklich gutes Versteck ausgesucht.
Wenn beide gewusst hätten, dass sie kaum hundert Meter voneinander trennten, dann wären sie womöglich aufeinander losgegangen.
Frey dachte gerade ein Geräusch gehört zu haben, als sich etwas auf dem Schlachtfeld abspielte. Dort, nur wenige Meter vor seinen Augen, liefen zwei Männer Hand in Hand über das Schlachtfeld und durchsuchten die Leichen. Auch das noch. //Geht da weg!!//, dachte er und versuchte nun den anderen ausfindig zu machen. Da das Pärchen nicht zu übersehen war, wäre es ein leichtes für den Black sie zu töten. Schließlich war Homosexualität verboten und bei Gesetzesbruch erfolgte sofortige Exekution.
Natürlich entging auch Jareth nicht, was sich draußen abspielte. Er verzog angewidert das Gesicht. //Krank, einfach nur krank.//, dachte er sich. Aber das ließ sich ja aus der Welt schaffen. Sein Blick schweifte kurz wieder in die Richtung, in der er den White vermutete. Nun, das ließ sich danach auch noch klären. Zuerst die Schwuchteln und dann der White, der mit seinem Kampf diese gottlose Veranlagung auch noch zu schützen suchte. Beides ein Vergehen auf das die Todesstrafe stand. Und Jareth würde der Scharfrichter sein.
Er legte die Waffe an, wobei ihn von der Schulter ausgehend ein scharfer Schmerz durchzuckte und seine Sicht kurz trübte. Doch ein-, zweimal die Augen zusammengekniffen und schon wurde seine Sicht wieder klar. Klar genug zumindest, um sein Ziel oder besser gesagt seine Ziele ins Augen zu fassen.
Da. Frey sah etwas glitzern. Es war der Lauf einer Halbmechanischen. Jetzt musste Frey schnell handeln. Um die beiden unschuldigen zu vertreiben und sie gleichzeitig zu retten, musste er wohl oder übel seine Deckung aufgeben. Schnell spannte er einen Pfeil ein, verließ sein Versteck und rannte hinaus. Den Pfeil schoss er direkt in Richtung der Gewehrmündung.
"V-v-verschwindet!!", brüllte er. Vor Schreck starrten die beiden Männer ihn nur fassungslos an.
//Mist.//
Wie konnte man nur so dämlich sein? Da half nichts. Er rammte einen der Kerle, woraufhin beide schnellstens die Flucht ergriffen. Jetzt stand er direkt im Schussfeld des anderen. Nirgendswo war etwas, wohinter er sich verstecken konnte.
Der erste Versuch das Pärchen auszuschalten sollte fehl schlagen, als Jareth plötzlich den White von links herausstürmen sah und im nächsten Moment wieder einem von dessen Pfeilen ausweichen musste. Verdammter Schwuchtel-Freund! Jareth legte erneut an und nun bot sich ihm ein Ziel, welches ihm viel verlockender schien. "Goodbye, White.", wisperte er, visierte dessen Kopf an und drückte ab. Leider jedoch verschwamm seine Sicht dabei im entscheidenden Moment. Er hörte, dass er getroffen hatte, aber wie, das hätte er nicht sagen können. Zu sehr kämpfte er damit sich wieder zu fangen und seine Kräfte wieder zu mobilisieren. //Diese verfluchte Wunde...//
Jareth schüttelte den Kopf und sah auf. Langsam schritt er aus seinem Versteck heraus. Er sah den White am Boden liegen, aber schon wieder verschwomm seine Sicht. Wieder ein energisches Kopfschütteln. Nein, er würde hier nicht zusammenbrechen und schon gar nicht den Löffel abgeben. Das ging einfach nicht! Er hob die Waffe an, zielte auf die verschwommenen Umrisse des Feindes. Dann würde er eben noch einmal schießen. Nur, um sicher zu gehen, solange er nicht richtig geradeaus sehen konnte. Sein verletzter Arm fühlte sich jedoch plötzlich taub an. Seine Finger wollten ihm kaum noch gehorchen.
---------------------------------------------------------------------------------
Kapitel Nr 1^^
ich hoffe euch gefällts und ihr hinterlasst ein paar nette kommis und auch Kritiken
glg sweetmilka