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Cas - Die Geschichte eines Irken

...der aus dem Kollektiv ausgegliedert wurde
von

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Heimkehr

Heimkehr
 

Es war dunkel, als ich durch die schmalen Gassen von Leta lief. Immer wieder blieb ich stehen, sah mich nach eventuellen Feinden um und schlüpfte um die nächste Ecke.

Diese Nacht leuchteten zwei Monde über dem Planeten der Heimatlosen. Der Himmel konnte, wenn er so klar war wie heute Nacht, fast den Eindruck von Arglosigkeit erwecken. Ich erlaubte mir einen flüchtigen Blick nach oben, dann sah ich mich wieder um und kroch durch ein kaum sichtbares Loch in der Außenhülle eines Hauses unbekannter Architekten.

Als ich schon ein gutes Stück vorangekommen war, sah ich ein feines Licht schimmern und hörte undeutliche Stimmen. Dann war ich kurz vor dem Ausgang. Ich holte tief Luft und betrat dann den Raum, in dem meine Mitbewohner eine Leuchtkugel in Gang gebracht hatten.

Segg, der mit dem Rücken zu mir gestanden hatte, fuhr herum. Mir war außer ihm nie jemand seiner Art begegnet: Er war etwa eine Handbreit größer als ich, hatte einen recht kleinen Kopf und Augen von einem dunklen, sehr kalten Blau, während die Haut eine helle, beigefarbene Tönung hatte. Er hatte kräftige Beine und lange Mittelfußknochen, die Arme waren nicht dazu da, darauf zu laufen. Segg hatte gesagt, er sei ein Divi 543-2-96, aber nie eine nähere Erläuterung dazu abgegeben, was ich schweigend hinnahm.

„Cas! Du stinkender Irke, wir warten schon die ganze Zeit!“ Er musterte mich von oben bis unten und sagte drohend: „Du hast doch nicht etwa vergessen, Essen zu besorgen?!“

Ich seufzte. „Ich habe es nicht vergessen. Aber gerade du solltest wissen, dass es für mich besonders schwer ist, Nahrungsmittel zu finden.“

Das stimmte. Ich war der einzige Irke auf Leta, einem Planeten, der einmal von einer fortschrittlichen Kultur bewohnt gewesen war. Es hieß, die Irken hätten sie zusammen mit anderen Völkern zerstört, aber das glaube ich nicht. Irken zerstören etwas – oder sie werden zerstört – aber sie machen keine gemeinsamen Angriffe mit anderen Völkern. Außerdem ist das schon Milliarden letalianische Jahre her, aber hier wird alles auf die Irken geschoben. Die Meisten hier kommen von Planeten, die von den Irken zerstört und dessen Volk von eben diesen versklavt worden waren.

Ich wurde aus dem Kollektiv ausgegliedert – warum, ist hier nicht von Bedeutung. Aber mein Leben auf Leta war... schwierig. Manchmal überlegte ich wirklich, ob es nicht besser war, an einem gänzlich abgeschiedenen Ort wie der Milchstraße zu leben, oder einfach mein

ID-Pak abzunehmen. Aber das lag nicht im Naturell eines Irken, ich ließ mich nicht von einem Haufen minderwertigen Kreaturen beeindrucken. Auch wenn dieser Haufen die Gesamtbevölkerung eines Planeten war, der innerhalb des Imperiums lag, wodurch ein unbemerktes Entkommen unmöglich war.

„Du jämmerliche Kreatur, willst du etwa behaupten, ich hätte es leichter?“, fuhr Segg mich an und drückte mich mit der stumpfen Seite seiner Sense an die Wand, kaum dass ich mir den Staub von der Kleidung geklopft hatte. Seine Augen glühten und er hatte die Überreste seiner Flügel gespreizt, die zwar nicht zum Fliegen taugten, aber auf die meisten Lebensformen, die ein Gehirn hatten, sehr eindrucksvoll wirkten – auf mich aber nicht. Ich fuhr meine mechanischen Monbesdawa, eine recht primitive, vom Volk der Dulsdm erfundene Verlängerung der Finger in Form von Klingen, aus und schlug die Sense beiseite.

„Ja, will ich.“, zischte ich.

Segg knurrte.

„Wie sollen wir gegen eine feindselige Welt ankommen, wenn wir untereinander streiten?“

„Wir wollen nicht gegen sie ankommen, wir wollen nur überleben und das können wir nicht, wenn dieser Irke nicht dazu in der Lage ist, Nahrung zu besorgen, Khan!“, fuhr Segg meinen zweiten Mitbewohner an.

Khan war ein lächerlich ungeschütztes Wesen, er verweigerte jede Form von Panzerung oder Projektilwaffe. Der Körperbau war dem meinen recht ähnlich, doch hatte er eher gelbliche Haut und schwarze Fellbehaarung – allerdings nur auf dem Kopf, was ihm ein ziemlich absurdes Aussehen verlieh.

Er hatte uns erklären wollen, woher er kam, aber wir hatten ihn unterbrochen. Auf Leta ist es ein ungeschriebenes Gesetz, nicht von seiner Heimat zu reden. Er war zwar nicht sehr intelligent, aber allein seine Anwesenheit hatte eine beruhigende Wirkung. Und er hatte etwas, das wir alle nicht hatten: Ich nannte es “ferne Dimensionen beschreiben“, Khan nannte es “Fantasie“. Er konnte Geschichten wie aus dem Nichts erzählen, die gar nicht seine Erlebnisse oder sein Wissen beschrieben. Er spann fremdartige Wesen und Landschaften vor unseren Augen in die Luft und lenkte uns von unserem Alltag ab – auf diesem Planeten eine großartige Gabe, weshalb wir Khan bei uns wohnen ließen und beschützten. Außerdem verfügte er über nützliche Kenntnisse der Heilung von Verletzungen.

Er kämpfte mit Waffen, die wohl kurz nach dem Urknall erfunden worden waren: Zwei langen, schmalen Streifen aus Metall, die leicht gebogen waren und sehr scharf, aber in einem Gefecht mit Lasern wenig taugten. Segg jedoch war fasziniert von ihnen gewesen und hatte eine Klinge an seinen Arm montiert. Aber er hatte genug Hirn, um sich nicht auf sie als einzige Waffe zu verlassen. Er besaß außerdem eine kleine Sammlung von Ionenfetzern, eine beeindruckende Waffe, die man nach der Aktivierung allerdings schnell aus der eigenen Reichweite entfernen sollte.

Ich nickte Khan zu und setzte mich vor die Glühkugel.

„Hast du etwas gefunden, womit du dich besser tarnen kannst?“

Ich schüttelte den Kopf. „Abgesehen von den Sachen in den Hochsicherheitsläden, nichts. Wenn doch nur meine Statur anders wäre.“ Ich warf Khan einen Blick zu. „Nichts gegen dich.“

„Na super, das heißt dann wohl, dass wir weiterhin fasten müssen, wenn der Irkenkopf hier kein Essen holen kann!“

„Du denkst auch immer nur ans Essen, was?“

„Ich denke ans Überleben und ich bin nun mal kein stinkender Irke, der sich von Snacks ernähren kann!“

Ich zuckte zusammen. „Hör auf.“, sagte ich drohend.

„Womit? Dich so zu nennen, dreckiger Irke?“

Ich sprang auf und stürzte mich auf ihn. Meine Krallen fuhren in seine Richtung, doch er blockte sie lachend mit seiner Klinge ab. Ich duckte mich unter seinem Gegenangriff durch und hörte seinen Aufschrei, als ich diesmal traf. Er zuckte zurück und betrachtete kurz die Wunde an seinem Bein, dann duckte er sich leicht, um sich im nächsten Moment auf mich zu stürzen, doch eine Klinge, die sich auf seinen Brustkorb gelegt hatte, hinderte ihn daran. Im gleichen Moment spürte auch ich einen Druck auf meiner Brust und sah nach unten. Khan stand zwischen uns, seine Arme mit den Klingen ausgestreckt, um uns auseinander zu halten. „Hört auf!“ Segg und ich sahen uns mit funkelnden Augen an, dann fuhr ich meine Monbesdawa ein und auch Segg klappte seine Sense zurück. Schweigend setzten wir uns an die Glühkugel, bis schließlich Khan und mit ihm auch Segg sich zu ihrer Ruhestätte begaben.

Irken jedoch schlafen nicht.

Ich begab mich hinaus in die erwachende Stadt.

Leta

Leta
 

Das Straßenbild von Leta wurde von fremdartigen Gebäuden und schmalen Gassen geprägt, die die ganze Oberfläche ausfüllten und zu großen Teilen unbewohnt waren. Ich begab mich zu einer der Hauptstraßen, die bereits voller Wesen der unterschiedlichsten Herkunft vollgestopft war. Keiner achtete hier auf den Anderen, es sei denn, dieser Andere war von schmaler Statur, hatte grüne Haut und schmale, schwarze Antennen.

Direkt an meinem ersten Tag auf Leta war ich von einigen Boodie Nen zusammen geschlagen worden. Segg hatte sie vertrieben, als ich schon bewusstlos war. So hatten wir uns kennen gelernt. Ich weiß nicht, warum er das getan hatte. Er hatte mir gesagt, dass er Boodie Nen nicht leiden könne, ich hatte nie weiter nachgefragt. Der Raum, in dem wir wohnten, gehörte mehr oder weniger Segg.

Khan hatten wir später aufgegriffen, als er sich in einer Kneipe mit einem grobschlächtigen Vor unterhielt, dessen Hörner unruhig zuckten. Jeder weiß, was das bedeutet und sucht schleunigst das Weite, doch Khan schien keine Ahnung gehabt zu haben, also hatten wir ihn trotz seiner Proteste hinaus gezogen. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hatte, so ahnungs- und wehrlos zu überleben, noch habe ich je einen seiner Art gesehen, aber Segg und ich hatten Khan und vor allem seine Geschichten zu schätzen gelernt.

Ich hatte jedoch aus jenem ersten Tag eine Lehre gezogen, färbte sorgfältig meine Haut und trug immer eine Kopfbedeckung, wenn ich mich unters Volk mischte. Aber in der letzten Zeit half es immer weniger. Das Irkenimperium wurde immer mächtiger, die Bevölkerung des Planeten der Heimatlosen wuchs und mit ihr die hier herrschende Wut auf alle Irken. Die Nahrungsmittel wurden knapp, vor allem für jene mit speziellen Essgewohnheiten.

Durch die allgegenwärtige Frustration wurden häufig Wesen, die einem Irken auch nur annähernd ähnlich sahen, ermordet, verschleppt oder zumindest zusammen geschlagen. Jeden Tag hörte man die Klagen ihrer Gläubiger auf der Straße, die nun nie ihr Geld bekommen würden. „Die Meisten hier waren an Kriegen mit den Irken beteiligt und haben verloren. Weißt du, was das heißt?“ , hatte Segg mich einmal gefragt. „Dass ich auf der Hut sein muss.“ „Dass sie einen Hass auf alles entwickeln, das auch nur in entferntester Weise an die Irken erinnert. Sie erkennen dich allein schon an deinem Gang.“ „Meinem Gang?“ „Ja.“An diesem Abend war ich im Raum auf und ab gelaufen, um zu sehen, wie sich mein Gang von dem der Anderen unterscheidet. Er war etwas militärisch, aber war er so außergewöhnlich, dass man mich gleich daran erkannte?

Ich schreckte hoch und rief mich zur Wachsamkeit. Ich bewegte mich auf Feindesgebiet. Ich musterte die verbissenen Gesichter und versuchte Gefühle der Feindseligkeit wahrzunehmen. Die gab es in rauen Mengen, aber nicht ungewöhnlich viel.

Als ich an jenem ersten Tag durch die Gassen gelaufen war, war ich wie berauscht gewesen, weil ich feststellte, dass ich Gefühlsregungen mithilfe meiner Antennen wahrnehmen kann. Da die Irken recht gefühlskalte Wesen sind, war mir das vorher nie aufgefallen. Das hatte mir allerdings wenig genutzt, denn die Welle von Hass, die mir entgegen geschlagen war, hätte ich auch ohne diesen Sinn wahrgenommen. So lähmte sie mich nur und überflutete alle anderen Sinne. Bei der Prügelei rissen sie mir eine meiner Antennen bis zur Hälfte ab, ein unvorstellbarer Schmerz. Das war der Punkt gewesen, an dem ich das Bewusstsein verloren hatte.

Ich musterte die schmierigen Gebäude an den Straßenseiten, in denen einige Geschäfte waren, größtenteils für Lebensmittel, zu so absurd hohen Preisen, dass sie sich nur die reichen Bewohner, also die Politiker im Exil, die mit Taschen, vollgestopft mit Geld, hier angekommen waren, leisten konnten. Aber irgendwann würden auch diese Taschen leer sein und diese speziellen Einwohner um ihre Existenz kämpfen müssen. Wie alle anderen auch. Eigentlich war dies, auch, wenn ein Außenstehender nie darauf gekommen wäre, ein ´besseres´ Viertel, man ging sich häufiger aus dem Weg, als sich ständig anzurempeln. Was nicht hieß, dass man unversehrt umherschlendern konnte.

Ich zuckte leicht zusammen, als eine starke, mordlustige Welle an meiner Wahrnehmung zerrte, doch es war nur ein Streit vor einem der Geschäfte, ein hungriger, fauchender Drakk versuchte mit Zähnen und Klauen hineinzukommen. Ich beruhigte mich wieder ein wenig.

Wenn man sich weiter von der Hauptstraße entfernte, stieß man auf eher zwielichtige Geschäfte, in denen man Tarnungen für jede Lebensform kaufen konnte. Auch für Irken. Diese Läden waren allerdings genauso gut bewacht wie die Lebensmittelgeschäfte und die Preise ebenso unerreichbar. Es gab die erstaunlichsten Dinge: zusätzliche Köpfe, Antennen, Gliedmaßen mit allen nur denkbaren Funktionen, dauerhafte Hautfärbemittel, aber auch Amputationen wurden hier angeboten. Zu viele Hörner, Beine, Augen, Fühler? Kein Problem! Es hieß, dass sogar reiche Wesen anderer Planeten sich herablassen würden, zu diesem Ort zu reisen, um sich behandeln zu lassen und auch noch Unsummen dafür bezahlten. Es gab auch Verlängerungen der Beine oder des Halses, doch die konnte ich mir eben nicht leisten.

Ich quetschte mich ungeduldig an ein paar felligen Kreaturen vorbei, wer höflich ist, fällt sofort auf.

Was genau in diesem Moment geschah. Gerade, als ich in eine Seitenstraße einbiegen wollte, zerriss ein Schrei die Luft.

„IRKEN!“, rief jemand aus der Menge: „Ein Irke! Da! An der Ecke! Reißt ihn in Stücke!“

Ich ignorierte die Wellen von Wut und Panik, die meine Sinne bestürmten, fuhr sämtliche Krallen aus und schlug jeden um, der mir in den Weg trat. Ich rannte die Gasse hinunter und hörte das aufgebrachte Schreien meiner Verfolger. Ich spürte einen brennenden Schmerz, als sich etwas glühendes in meinen Rücken bohrte, ich ignorierte es und rannte weiter. Verwirrte Wesen aller Nationen kreuzten meinen Weg und wichen mit verzerrter Miene zurück, als ich ihre Haut, ihre Schuppen, ihre Federn durchschnitt. Ich rannte, halb in Panik, stürzte um Ecken und durch Löcher, bis die Stimmen leiser wurden. Ich rannte weiter, hier und da noch ein paar Wunden schlagend, wenn sich jemand mir in den Weg stellte, weiter, durch all den Dreck und die Panik, alle entsetzten Gesichter ignorierend, einfach immer weiter und weiter, bis ich halb besinnungslos schließlich an einer Häuserfront nieder sank und an ihr eine Blutspur zurückließ.

Erwachen

Erwachen
 

Als ich wieder zu mir kam, brannte die Sonne bereits von oben herab. Ich fluchte und stand ruckartig auf, da durchfuhr ein Schmerz meinen Rücken und gleichzeitig die Erinnerung mein Bewusstsein. Ich schrie auf und wäre fast zurück gestürzt, ich hielt mich jedoch noch an dem Gebäude fest – und fluchte erneut, als mich zwei Erkenntnisse trafen: Die Wand, an der ich gelegen hatte, war, so wie meine Kleidung, voller Blut. Das würde die Rückkehr nicht gerade einfach machen. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wo ich mich befand.

Die Häuser und Gassen sahen sich überall sehr ähnlich, doch diese Gegend war mir eindeutig fremd. Niemand war zu sehen, was aber nicht unbedingt ein gutes Zeichen sein musste, schließlich konnte sich hier auch etwas Schlimmeres eingenistet haben als der normale Pöbel. Auf jeden Fall musste ich zusehen, dass ich schnell hier weg kam. Ich betastete vorsichtig meinen Rücken und biss die Zähne zusammen. Man hatte wohl mit einer Laserwaffe oder einem Feuerball auf mich gezielt – und gut getroffen, direkt unterhalb meines ID-Paks. Dieser schien jedoch keinen Schaden genommen zu haben. Immerhin etwas. So gerne ich ihn auch loswerden wollte, sosehr brauchte ich ihn noch und ich hatte kein Interesse daran, einen geistigen Schaden davonzutragen. Auch meine Kopfbedeckung war dankenswerter Weise noch da, ich wusste nur nicht, wie es mit meinem Gesicht stand. Ich hatte meine Haut dunkel gefärbt und konnte nicht beurteilen, ob die Farbe nachgelassen hatte. Ich griff in den übelriechenden Schlamm, der die Straßen von Leta bedeckte und schmierte ihn mir ins Gesicht. Das war immer noch besser, als bei lebendigem Leib vom Mob zerrissen zu werden.

Ich begann ächzend zu gehen und wünschte mir, wie so oft, meine mechanischen Spinnbeine zurück, die mir bei der Ausgliederung abmontiert worden waren. Die Ausgliederung..., dachte ich, als ich mich schwankend wie ein betrunkener Bac durch die Straßen bewegte. Manchmal...denke ich, es wäre vielleicht doch besser gewesen...aber...man kann die Zeit nicht zurück drehen, ich zumindest nicht.

Ich wusste, dass es keinen Zweck haben würde, zu versuchen, sich an den Weg zu erinnern, auf dem ich hierher gelaufen war. Ich hatte so viele Gassen und Löcher benutzt und diese so wenig bewusst wahrgenommen, dass der ursprüngliche Weg kaum zu finden war. Außerdem würde ich so wieder auf die Hauptstraße kommen, was gewiss nicht in meinem Interesse lag. In einer Woche, wenn ein paar weitere „Irken!“ –Rufe durch die Hauptstraße geschallt waren, würden sie mich vergessen haben, die, die ich verwundet hatte. Die Anderen würden sich schon am nächsten Tag nicht mehr erinnern können, ob ich nur ein Wesen aus einem Jiujingrausch gewesen war oder real existent.

Ich seufzte und begann meinen beschwerlichen Weg durch den Schlamm, der mir bis zu den Knien reichte, während die Sonne mit hämischer Gleichgültigkeit auf mich herab brannte.

An diesem Tag ging ich wie in Trance durch die Gassen, ich wusste nicht, wohin ich ging, es war mir egal, hauptsache, ich musste nicht stehen bleiben. Einmal gab es jedoch einen klaren Moment; als die Sonne ein Stück weit über den Zenit gekrochen war, sah ich am Rand der Straße einen Farbtupfer aufblitzen. Ich wankte ungläubig darauf zu. Es war ein Tuga-Kraut, so viel wusste ich noch von meiner Ausbildung. Es sagte mir zwei Dinge: Diese Pflanze war unter den meisten Lebensformen sehr beliebt, weil sie sowohl blutstillend als auch schmackhaft war. Segg würde durchdrehen, wenn ich sie ihm geben würde, denn mir lag nichts an diesem Gemüse. Aber die Tuga-Pflanze war auch ein Hinweis dafür, dass ich mich sehr weit von bewohntem Gebiet entfernt hatte. Vorsichtig grub ich sie aus dem übelreichenden Boden aus, verbarg sie in meinem Mantel und stellte mich auf einen langen Marsch ein.

Ich erinnere mich, zwischendurch Stimmen und Schritte gehört und verschiedene Stimmungen wahrgenommen zu haben, größtenteils negativer Natur, dann hatte ich mich meistens einfach vornüber in den Schlamm fallen lassen, sodass niemand mehr Interesse daran hatte, mich näher in Augenschein zu nehmen. Zum Glück habe ich keine Nasenlöcher, sie hätten sich sonst mit dem Schlamm und den niederen Lebensformen der Gassen gefüllt. Als ich keine größeren Lebewesen mehr wahrnehmen konnte, fuhr ich angewidert aus dem Dreck hoch und ging weiter.

Als ich meine Umgebung wieder mehr bewusst wahrnahm, merkte ich, dass es bereits dunkel war. Die zwei Monde beleuchteten die Gebäude und ich glaubte, sie wieder zu erkennen. Ich schlug, nun etwas kraftvoller, den Weg ein, an dessen Ende ich meinen Unterschlupf vermutete. Ich sah mich nur noch halbherzig um, denn obwohl die Straßen hell erleuchtet waren, fühlte ich mich relativ sicher. Irken gelten als ein sehr reinliches Volk, das auf nahezu pedantische Weise Schmutzpartikel aller Art fürchtete. Was auch gar nicht so falsch war, aber ich hatte mich an die Umstände gewöhnen müssen, auf Leta durfte man nicht zimperlich sein. Aber immerhin würde nie Jemand auf den Gedanken kommen, dass es ein Irke war, der sich da durch die Gasse schleppte.

Plötzlich blieb ich verwirrt stehen und starrte an die mir gegenüberliegende Wand. Es bedurfte einiger Sekunden, in denen ich nur stumpfsinnig dastand, bevor ich begriff, dass ich am Ziel war. Ich stöhnte gequält, als ich mich bückte, um durch das Loch und den Tunnel zu meinen Mitbewohnern zu kommen. Ich zog mich mehr über die Erde als dass ich ging, bis ich den vertrauten Lichtschimmer sah. Ich stutzte, als ich bemerkte, dass die Stimmen seltsam gedämpft klangen. Wieder dauerte es einige Momente, bis ich den Grund dafür herausfand: Ich war über und über mit einer schalldämpfenden Kruste aus Schlamm bedeckt. Ich bröckelte angeekelt ein paar Stücke ab, doch eher halbherzig, ich wollte nur noch Ruhe und nicht mehr denken müssen. Noch war ich jedoch nicht angekommen. Ich zog mich schließlich die letzten paar Schritte weiter und landete mit einem dumpfen Aufprall in dem mit warmen Licht erfüllten Raum. Ich bin zu Hause, dachte ich sarkastisch, bevor sich die Dunkelheit über mein Bewusstsein legte.
 

ENDLICH kann ich weitere Kapitel ins Internet stellen! Ich möchte mich für alle bisherigen Kommentare bedanken und freue mich über Lob und konstruktive Kritik, da sie mich dazu motivieren, weiter zu machen! Danke^^

Zuhause

Zuhause
 

Ich hatte nur kurz die Besinnung verloren, denn als ich die Augen wieder öffnete, erkannte ich die schemenhaften Umrisse von Segg, der gerade abwägte, ob diese schlamm- und blutbesudelte Kreatur wirklich ich war.

„Cas! Bist du das?“ Ich lachte, was sich anhörte, als ob ein Stöpsel aus einem verstopften Abfluss gezogen wird.

„Nein“, krächzte ich, „Es ist der Allergrößte höchstpersönlich. Inkognito.“

„Du bist es! Was ist passiert?“ Segg wurde von einer zweiten Gestalt weggedrängt, die sich nun zu mir herab beugte.

„Bist du verletzt?“, fragte Khan, wartete aber gar nicht auf meine Antwort, sondern zog mich ein Stück über den Boden und lehnte mich an eine Wand. Ich wollte protestieren angesichts dieser unwürdigen Behandlung, sog aber nur die Luft zwischen den Zähnen ein, als mein Rücken auf schmerzhafte Weise gegen den Widerstand stieß.

Sterne tanzten vor meinen Augen. Ich sah zu, wie sie mir aufmunternd zublinkten und mich einluden, mich auszuruhen. Ich hatte noch nie nachvollziehen können, warum andere Wesen Schlaf brauchten. Stundenlang lagen sie unkonstruktiv da und sabberten vor sich hin, während die Zeit an ihnen vorüber zog. Khan verschlief ein Drittel des Tages, das war sogar noch mehr, als Segg benötigte. Er hatte mir mal erklärt, dass der Körper diese Phase brauche, um das Erlebte zu verarbeiten und sich von den Aktivitäten zu erhole, neue Kraft zu schöpfen. Ich hatte seine Worte wohl verstanden, aber nicht nachvollziehen können. Was für ein schwacher Körper, der sich so oft erholen muss...

„Cas!“ Ich brummte unwirsch. Kann ich nicht einmal nur nachdenken... Ich genoss es, so sanft in diesem Gedankenstrom vor sich hin zu dümpeln...war das Schlaf?

„Cas! Jetzt mach endlich die Augen auf!“ Jäh traf mich etwas Kaltes im Gesicht.

„Segg! Du Schwachkopf, ich wäre auch so aufgewacht!“ Immernoch leicht benommen sah ich an mir herunter. Ich erkannte mich kaum wieder, so schmutzig war ich.

„Das glaube ich kaum.“, murmelte Segg und kippte einen weiteren Eimer Wasser über mir aus.

„Ich bin wach!! Ja, ich bin wach! Du weißt doch, dass ich Wasser nicht ab kann!“ Ich hatte mir zwar einen Wasserschutz besorgt, aber der hielt nie lange und ich spürte es bereits auf meiner Haut zischen. Ich keuchte.

„Du bist so von stinkendem Schlamm bedeckt, dass man nicht mehr feststellen kann, ob du ein Insektenbau oder ein Lebewesen bist! Wir müssen dich einweichen, wenn du keinen Wert darauf legst, dass wir den eingetrockneten Schlamm mitsamt deiner Haut abziehen!“

Ich knirschte nur mit den Zähnen und ließ es über mich ergehen, den Schmutz von meinem Gesicht abtragen zu lassen.

Schweigend saß ich da, während ich nur am Rande meines Bewusstseins wahrnahm, wie Segg und Khan sich unterhielten. Ich lauschte dem Klang ihrer Stimmen und kam zu dem Schluss, dass die beiden eigentlich ganz in Ordnung waren. Ich blinzelte träge und geriet in einen Zustand, den ich von den Nächten kannte, in denen Khan seine Geschichten erzählte. Ich erinnerte mich an eine der faszinierendsten davon, die er erzählt hatte, als wir nicht hinaus gehen konnten, weil alle vier Monde von Leta am Himmel standen und sich mit ihnen auch einige Kraturen auf der Oberfläche zeigten, die sonst tief in den verlassenen Gebäuden des alten Planeten verborgen lebten. Die Geschichte handelte von einem kleinen, blauen Planeten, auf dem die verschiedensten Lebewesen nebeneinander existierten, die nur ihre Heimat kannten und sich nie an den Kriegen der Galaxien beteiligten. Die Geschichte war im Grunde nicht mehr als eine Ortsbeschreibung, aber das Interessante an ihr war, dass sie Eindrücke von Dingen vermittelte, die es eigentlich gar nicht gab: Ruhe und Natürlichkeit. Es mag sein, dass es sie irgendwo in diesen Weiten gab, mir wren sie jedoch noch nie begegnet. Meine Produktion verlief alles andere als natürlich, meine ursprüngliche Persönlichkeit war bereits in meinen Pak einprogrammiert gewesen und Ruhe- naja, Ruhe gehört nicht gerade zu der ohnehin auf das Wesentliche beschränkten Gefühlspalette eines Irken. Als ich noch dem Kollektiv gehörte, hatte ich einmal einen Eroberer getroffen, Grace, sie hatte mir die Augen geöffnet und gezeigt, dass- „AAAH!“ Ein Schmerz, als ob ich durchbohrt werden würde, durchfuhr meinen Körper und bündelte sich in meiner Kehle, wo er sich mit einem Schrei entlud.

„Ganz ruhig. Cas. Beruhige dich, Cas!“ Ich öffnete schwer atmend die Augen und blickte in die verschwommen wirkenden Gesichter meiner Pfleger. Ich zitterte unkontrolliert. Khan legte beruhigend seine Hand auf meinen Arm, unwirsch schlug ich sie weg. Als sich mein Blick wieder etwas klärte, setzte ich mich vorsichtig auf und stellte erleichtert fest, dass die Schlammschicht herunter war. Ich war zwar immernoch extrem dreckig, aber ich konnte mich wieder bewegen, ohne dass etwas von mir abbröckelte. Ich nickte Khan dankend zu. Dieser bedachte mich mit einem besorgten Blick, der mich unwillkürlich mit den Antennen zucken ließ. Oder eher dem, was davon übrig war.

„Du bist verwundet. Was ist passiert?“

„Ich...wurde entdeckt.“

„Diese verruchten Kreaturen!“, fuhr Segg auf, „Ständig zeigen sie auf irgendwelche Leute und behaupten, es wären Irken und erst nachdem sie ihn tot geschlagen haben, schauen sie nach, ob es wirklich einer ist!“ Ich wollte soeben leise entgegnen, dass sie bei mir richtig gelegen hatten, doch Khan las die Antwort bereits von meinen Augen ab:

„Sie haben aber nicht das Recht, ihren Frust an einem beliebigen Wesen auszulassen, Irke oder nicht!“

„Deine Moralpredigten sind auf diesem Planeten völlig unbrauchbar. Wenn-“

„Ich halte es für angebracht, das später auszudiskutieren...“ Khan wedelte unbestimmt mit seinen Händen, die überflüssig viele Finger hatten. „Erzähl weiter. Haben sie dich erwischt?“

Segg schnaubte. „Dann wäre er ja wohl kaum noch am Leben!“

„Nein, ich...konnte durch die Seitengasse-“

„Dich hat Jemand auf der Hauptstraße enttarnt?!“ Ich nickte und er verbarg resignierend sein Gesicht in den Krallen. „Warum wagst du dich da überhaupt noch hin?!“

„Segg!“ Khan stieß ihn an.

„Als ich vor ihnen weglief, traf mich einer mit...einem Laser oder Feuerball- ich bin einfach weiter gerannt, bis ich umgefallen bin...“

„Dieser Irke ist echt unglaublich!“, rief Segg, doch konnte ich nicht direkt beurteilen, ob dies positiv oder negativ gemeint war.

„Ich hatte mich verirrt und habe die meiste Zeit, in der ich weg war, versucht, den Weg zu finden.“ Plötzlich fiel mir etwas ein: „Ich habe Tuga-Kraut gefunden!“

„Du hast was?!“, fragten Segg und Khan zugleich. Vorsichtig holte ich die nunmehr etwas lädierte Pflanze aus den Überresten meiner Kleidung. Khan nahm sie sogleich aus meiner Hand, so, als würde sie aus iorakischem Laugna bestehen, zupfte ein paar Blätter davon ab und drückte mich zurück auf die Liege. Ich spürte ihn eine Weile an meiner Verletzung herumfuhrwerken. Jedem Anderen hätte ich dafür den Brustkorb zerschnitten, doch ich wusste, dass Khan etwas davon verstand, Wunden zu behandeln. Einen Moment später fühlte ich den Schmerz auf wunderbare Weise schwächer werden, bis er zu einem dumpfen Pochen abgeklungen war.

„So.“, sagte Khan zufrieden, „Das dürfte erst einmal für einige Zeit helfen. Bis dahin solltest du dich wirklich schonen.“

Ich seufzte, schloss die Augen- und schonte mich.

Zwangsweises Ausharren

Zwangsweises Ausharren
 

Während ich darauf wartete, wieder zu genesen und wieder hinaus gehen zu können, hatte ich nach langer Zeit wieder die Gelegenheit, ungestört nachzudenken. Über die Entwicklung der ständigen Konfontration des Irkenimperiums mit dem Rest dieses Universums, meine gegenwärtige Situation und meine Zukunft. Das Leben auf Leta bestand einfach daraus, den Tag zu überstehen, indem man sich möglichst unauffällig gibt und für Nahrung sorgt, in meinem Fall, sich nach einer neuen Möglichkeit, sich zu Tarnen, umsieht. Das war gegen das Naturell der Irken, es sei denn, sie waren Eroberer. Ich hatte zwar ein Ziel, ja, mich von meinem Pak zu trennen, aber selbst wenn ich das schaffen würde, was dann? Ich spürte momentan umso mehr meine Abhängigkeit davon, alsdass er den Heilungsprozess meines Körpers steuerte und beschleunigte, sodass ich in meiner momentanen Verfassung unmöglich meine Versuche fortsetzen konnte, mich von der Maschine zu trennen. Ich hatte mir eine Illusion aufgebaut, dieses Ziel als...Ziel angesehen, bis hierher gedacht und nicht weiter.

Meine Gedanken befassten sich lange mit diesem und Ähnlichem, mal mehr, mal weniger bewusst, während ich Stunde um Stunde nur still da lag und mich nur ab und zu rührte, wenn mein Rücken plötzlich stärker schmerzte.

Was soll ich tun? Das Leben, wie ich es jetzt führe, ist sinnlos. Meine Existenz ist sinnlos, wenn ich nichts erreiche...

Ich fühlte wieder den uralten Drang, der jeden Irken seit der Verbindung mit dem Pak erfüllt. Hinausziehen wollte ich, hinausziehen in ferne Welten- und diese zerstören. Mir die erbärmlichen Kreaturen untertan machen, sodass niemand mehr es wagen würde, auch nur den Finger gegen mich zu erheben. All dieses niederträchtige Pack würde mir zu Füßen liegen und jeder, der die Dreistigkeit besäße, mir zu widersprechen, würde solche Schmerzen erleiden, dass- ich schrak hoch. Ich durfte mich nicht von diesem Gefühl beherrschen lassen! Nicht jetzt...nicht auf diesem verdammten Planeten.

Ich bemerkte, dass Segg den Blick von seinem Sopin abgewendet hatte und mich anstarrte, weil ich mich so plötzlich aufgerichtet hatte. Er beschäftigte sich häufig mit einem flachen Gegenstand, dessen Sinn weder Khan noch ich nachvollziehen konnten. Nicht, dass Khan intelligenter wäre als ich, er hat nur eine andere Form von Logik. So wie Segg, der behauptete, dass diese durch die Beschäftigung mit diesem Teil gefördert werden würde.

Ich versuchte, Ordnung in meine Gedanken zu bringen.

„Wo...ist Khan?“

Segg bewegte eine der vielen Kugeln auf der Platte von einer Art Rille in eine etwa doppelt so große Vertiefung. „Ich habe ihn gehen lassen.“

Sofort war ich wach. „Gehen lassen? In seinem Zustand?! Er geht doch keine fünf Schritte, bevor er in irgendein Erdloch fällt! Das ist doch Wahnsinn-“

„Beruhige dich.“, sagte Segg mit ungewohnt leiser Stimme. Ich sah ihn wütend an und versuchte, ruhig zu atmen. „Warum...hast du das getan?“

„Er will das Tuga-Kraut an einen Unterhändler verkaufen. Es wird uns Einiges einbringen.“ Seggs Augen glänzten.

Ich ließ mich wieder auf die Liege zurück fallen-was keine Gute Idee war. „Ah! Wie...wie lange habe ich...?“

„Nicht allzu lange.“

„Wie lange?“

Segg seufzte. „Zwei Tage“

Ich zuckte mit den Antennen. Zwei Tage! Und ich war zu keinem Entschluss gelangt.

Ohne dass ich es bemerkt hatte, war Segg näher gekommen.„Du solltest dich ausruhen. Khan kommt schon zurück.“

Ich blickte ihn misstrauisch an. Ich war es nicht gewohnt und hasste es, so schwach zu sein, umso mehr missfiel es es mir, gesagt zu bekommen, dass ich mich ausruhen soll. Aber ich konnte in meiner derzeitigen Situation wirklich nicht viel ausrichten, also schloss ich die Augen und ließ mich wieder in einen Geisteszustand sinken, in dem die Gedanken viel langsamer geformt werden, jedoch kommt es einem nicht so vor, da die Schärfe derselben gleich bleibt, nur eben auf einem längeren Zeitraum. Dies hat den Vorteil, dass der Pak mehr Energie für die Regeneration des Körpers aufwenden kann, die er dem Gehirn abzieht. Ein selten notwendiger, aber nützlicher Vorgang.

Manche Wesen, so hatte ich gehört, beschlossen nicht durch Logik, sondern durch Intuition ihre nächsten Handlungen. Ich schnaubte innerlich. Intuition...eine Art instinktive Form der Entscheidung, ohne Einbeziehung der möglichen Konsequenzen. Was ist daran der Vorteil? Ich versuchte, `in mich hinein zu horchen´, wie Khan es einmal gesagt hatte. Ich versuchte, mich als Grundvoraussetzung von einem Gefühl durchfluten zu lassen, das ich nicht kannte: Ruhe. Und ich fand sie nicht, natürlich nicht, die immer währende Anspannung eines Soldaten erfüllte mich und meine Gedanken trieben meinen Geist immer weiter voran, planend, abschätzend, erinnernd und verdrängend. Der Austausch zwischen Pak und Gehirn fand weiterhin statt. Mein Squeedlyspooch pulsierte leicht, während mein Herz sich damit abmühte, mich am Leben zu erhalten. Dummes Herz.

Ich rief mich zur Ordnung. Ich sollte nicht in das Innere meines Körpers lauschen, sondern meines Bewusstseins. Aufmerksam horchte ich und fand- nichts. Wie kann man auch nach etwas suchen, von dem man nicht einmal eine hinreichende Beschreibung anfertigen könnte? Da war jener altvertraute Drang, der mich eben hatte aufschrecken lassen, der physische Schmerz, aber auch mein Hass, der sich gegen die Kreaturen dieses Planeten richtete. Gegen das Imperium der Irken, das seine potentielle Energie so maßlos verschleudert, die hohe Kunst der Eroberung so verkommen lässt, gegen mich selbst, weil ich in solch einer Situation, auf einem solchen Trabanten festsaß und noch keine zufrieden stellende Lösung gefunden hatte und gegen alles nicht-irkische, weil sie mehr oder weniger minderwertig und feindlich waren. Warum sollte man auch nur eine dieser Arten, denen ich Abneigung entgegen brachte, mit Wohlwollen begegnen? Die Irken würde es nicht kümmern und alle Angehörigen des Volkes dieses bedauernswerten Optimisten wären bereits versklavt oder getötet worden, bevor auch nur ein maschinell-biologisches Wesen, genannt Irke, den Sinn seiner Worte bewusst wahrnehmen würde. Andere Kreaturen würden zumindest mich nicht einmal den Mund öffnen lassen, sondern unmittelbar nach dem Moment des Erkennens Organe herausreißen wollen. Was mich angeht, so würde ich freundlichen Wesen zunächst misstrauen und sie dann ausnutzen. Wie Khan zum Beispiel. Er war wirklich ein exzellenter Heiler.

Ich lenkte meine Gedanken wieder in eine Richtung, die mir produktiver erschien. Sollte ich je wieder mit anderen Irken in Berührung kommen, wäre dies schlimmer als das, was geschähe, wenn mich die anderen Völker erwischten. Als ausgegliederter Elitesoldat dürfte mein Pak eigentlich gar nicht mehr existieren, geschweigedem der biologische Teil... Es musste doch eine entlegene Galaxie geben, in der ich zunächst besser als im Existenzminimum leben konnte! Das wären rückständige Systeme, es gab sie zuhauf; Andromeda, Favinior oder das Mnisttanrk-System. Das, was mich hier noch hielt, war die Tatsache, dass niemand einfach von diesem Planeten fliehen konnte.

Suche

Suche
 

Lange Zeit ließ ich mich in meinem Gedankenstrom treiben und als ich die Augen aufschlug, war ich entschlossener denn je. Ich werde diesen verdammten Planeten verlassen. Es wird zwar nicht leicht, aber es ist nicht unmöglich, ein Schiff zu besorgen, in dem man den Fängen des Imperiums entkommt! Ich werde jede mir zur Verfügung stehende Information dazu nutzen, von hier weg zu kommen. Vorher muss ich allerdings wieder voll leistungsfähig werden und dazu muss ich mich um Khan kümmern.

Vorsichtig betastete ich meinen Rücken und stellte fest, dass die Wunde sich vollständig geschlossen hatte. Ruckartig setzte ich mich auf- und zuckte zusammen. Der Heilungsprozess war noch lange nicht abgeschlossen, was sehr ungewohnt für mich war. Verletzungen optimal mit dem Pak verbundener Irken heilten extrem schnell, doch durch meine widernatürliche Lebensweise bestrafte er mich mit verminderten Vorzügen. Nichtsdestotrotz war ich noch immer anderen Kreaturen überlegen.

Ich sprang von meinem Lager herunter, landete mit angewinkelten Knien und sah mich schnell, mit schmalen Augen um, kampfbereit, ganz so, wie sie es uns in der Akademie eingebläut hatten. Erst da bemerkte ich den leicht perplexen Blick von Segg und grinste. Dann schlug meine Stimmung wieder in Wachsamkeit um. „Ist Khan noch nicht zurück?“

Segg schüttelte mit wütender Miene den Kopf. „Ich hätte auf dich hören sollen.“

Dieses Eingeständnis beunruhigte mich. „Wie lang ist er schon weg?“

Seggs Flügel zuckten unruhig. „Drei Tage.“

Ich explodierte beinahe. „Drei Tage?! Bist du wahnsinnig?! Du weißt doch, wie leicht Khan in Schwierigkeiten gerät! Und du weißt nicht einmal, wo er ist?!“

Segg wartete, bis ich wieder etwas ruhiger atmete und sah mir eindringlich in die Augen. „Ich glaube zu wissen, wo er ist. Er hat so lange auf mich eingeredet, bis ich ihn gehen ließ. Ich habe ihn noch nicht gesucht, weil ich dich für nützlicher halte als diese seltsame Kreatur, selbst mit deinem Status als wandelnde Zielscheibe.“

Ich knurrte nur. Ich wollte nicht, dass Khan starb, weil ich wusste, dass mein Gesundheitszustand noch immer nicht gerade berauschend war und weder Segg noch ich medizinisch besonders begabt waren. Außerdem interessierten mich seine Geschichten.

„Dann können wir ja los.“

Segg, der bisher damit beschäftigt gewesen war, seine Klinge zu schärfen, drehte ruckartig den Kopf in seine Richtung. „Nein! In diesem Zustand bist du eher ein Hindernis als eine Hilfe!“

Meine Augen wurden schmal. „Ich komme mit. Noch länger werde ich nicht hier bleiben. Ich habe genug. Wenn ich dir zur Last fallen sollte, kannst du dein Ding allein durchziehen und brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen. Aber du könntest mich brauchen. Wenn es zu einem Kampf kommt, und das ist bei Khans Glück bestimmt der Fall, brauchst du Rückendeckung. Ich komme mit.“

Khan knurrte. „Das ist zwar Irrsinn, aber von mir aus, wenn du dich unbedingt zerfetzen lassen willst, dann komm halt mit.“ Er zuckte mit den Flügeln und drehte sich um.

„Warte.“ Ich ging auf die dem Ausgang gegenüber liegende Wand zu, während Segg genervt stehen blieb.

„Ich bin nicht lebensmüde genug, mich ohne Tarnung hinaus zu begeben.“ Ich nahm die glatt polierte Metallplatte, die in einer Ecke des Raumes lag und betrachtete mein Spiegelbild. Meine Haut war grün. Zu grün. Ich nahm eine Schale mit braunem Pulver und rieb mein Gesicht sorgfältig damit ein, während Segg unruhig umherlief. Ich band ein Tuch aus sotadgewebe um meinen Kopf und zog es bis unter meine Augen, sodass es die untere Gesichtshälfte verdeckte. Dann setzte ich eine Kopfbedeckung aus dem selben Material auf, die ich selbst hergestellt hatte, in mühevoller Arbeit, weil ich mich ständig zusammenreißen musste, diese für einen Irken unwürdige Arbeit zu verrichten. Letztendlich klopfte ich die letzten Dreckklumpen von meinen Stiefeln, richtete mich auf und wandte mich Segg zu.

„Fertig, Schönheitskönigin?“

Ich knurrte nur und ging aus dem Ausgang.

Als wir aus dem Loch in der Fassade stiegen, hatte ich eine unangenehme Begegnung mit der Sonne. Ich kniff die Augen zusammen und hob die Hand, um sie aus meinem Sichtfeld zu befördern. Segg trat hinter mir ans Licht und ging sogleich nach links. das beruhigte mich. Wäre er nach rechts gegangen, hätte der Weg zur Hauptstraße geführt.

Ich lief hinter ihm her, über die verzweigte Oberflächenstruktur von Leta, stundenlang. Aber mein Pak ließ mich keine Erschöpfung spüren und ließ mich in einen ausdauernden Trab übergehen, sodass ich fast überrascht war, als Segg plötzlich stehen blieb. „Wir müssen auf die Hauptstraße.“

Ich zuckte leicht zusammen, knirschte mit dem Zähnen und ging voraus.

Die Straße war wie immer sehr belebt und noch etwas lauter als in anderen Abschnitten, denn hier waren die meisten Lebensmittelhändler und alle feilschten, priesen ihre Waren an und versuchten, sich gegenseitig zu betrügen. Der perfekte Ort, um in Schwierigkeiten zu geraten.

„Und wo sollen wir jetzt nach Khan suchen?“, brüllte ich gegen die Menge an, konnte mich jedoch selbst kaum hören. Segg deutete zur Antwort auf ein schmieriges Inhaliergeschäft, in dem man alle nur denkbaren Aromen und Rauschmittel konsumieren konnte. Für viele ein Suchtmittel, für andere Luxus oder notwendige Nahrungsaufnahme.

Sieht nach einem heiteren Plausch unter Verstoßenen aus..., dachte ich, während wir uns durch die Menge darauf zu wühlten. Ohne ein Zeichen trennten wir uns, sodass sich Segg durch den einen, ich durch den anderen Eingang Zugang verschaffte. Wenn zwei Wesen, die nicht derselben Art angehörten, sich zusammen sehen ließen, gerieten diese eher in die Gefahr, Aufmerksamkeit zu erhalten, und diese konnten wir gar nicht gebrauchen.

Drinnen war es dunkel und die Luft war so durchtränkt von Geruchsstoffen, dass einem buchstäblich der Atem wegblieb, wenn man hinein kam. An einem Tresen konnte man Dnetwotie ausleihen, kleine, sechsgliedrige Wesen ohne erkennbaren Kopf, dafür aber zwei langen Schwänzen. Sie ernährten sich von Gerüchen. Da ihre Jagdtechnik in ihrem normalen Lebensraum darin bestand, den Gegner mit den Schwänzen zu umklammern und erdrosseln, während sie mit ihrem Schlund den Atem desselben mit dem an ihren Nestern inhaliertem, giftigen Gas austauschten, hatte man ihnen zum Schutz der Kunden die tödlichen Gliedmaßen amputiert und das Gas duch verschiedene andere Mittel ersetzt. Schließlich sollten die Kunden ihr Geld noch möglichst häufig dort lassen. Auf diese Weise konnte man sich an diesem Ort höchst effektiv berauschen oder, je nach Gattung, den Magen vollschlagen. Ich hatte Mühe, ob der primitiven Begierde der Abhängigen nicht das Gesicht zu verziehen.

Das durschschnittliche Auge konnte nicht viel von den Kreaturen, die hier verkehrten, erkennen, was sicher auch ganz in ihrem Interesse (und dem des Betrachters) lag. Ich widerstand dem Drang, meine okkularen Implantate einzusetzen und erspähte nach angestengtem Starren einen Masri. Als Segg wie beiläufig zu mir hinüber sah, nickte ich mit dem Kopf in dessen Richtung. Er schlenderte in die angegebene Richtung. Masri waren äußerst nützliche und für letalianische Verhältnisse beliebte Wesen, da sie die meiste Zeit nur still dasaßen und ihr Umfeld observierten. Sie verfügten über ein phänomenales Gedächtnis, wenn man einen fragen würde, welches Aroma ein ormischer Stinkwurm vor dreizehn Monaten gegen Mittag bestellt hat, so wird man nicht nur diese Auskunft erhalten, sondern auch erfahren, dass besagter Wurm mit leicht pnaifischem Akzent sprach, ein Hohlkreuz hatte und das eine Auge etwas dunkler war als die anderen.

Wenn Khan hier gewesen war, würden wir es von ihm erfahren.

Selbstmord

Der Masri, der in diesem Inhaliergeschäft saß, war ein ganz typischer, dessen Aussehen jeder Beschreibung spottete. Segg ging geradewegs auf ihn zu, während ich mich an der gegenüberliegenden Wand positionierte, von wo ich alles im Blick hatte und selbst nicht gesehen wurde, weil es hier noch dunkler war als im übrigen Raum.

Ich fühlte nach, wie die Atmosphäre war und spürte die gewohnten Wellen von Frustration, Hunger und groben Verlangen nach Blut und Rache. Würde ich über einen Sinn für das besitzen, was mir Khan in einer stundenlangen Diskussion als „Ästhetik“ zu beschreiben versuchte, etwas in seiner gesamten Struktur stimmiges, so hätte ich sie in diesem heruntergekommenen Ort des kollektiven Wahnsinns vielleicht festgestellt. Die Eindrücke, die ich durch die verschiedenen Sinne gewann, hatten alle das gleiche, abweisende Muster. Die Gefühle, die ich wahrnahm, passten zu den braunroten Krewuu-Tischen, die gedrungen wie ein Rudel Zidas im Raum standen, ihre Oberfläche so unregelmäßig wie die Gesichter der Kreaturen, die hier verkehrten. Die Wände waren einst metallisch glänzend und doch relativ warm gewesen, doch hier waren sie von einer klumpigen Schicht bedeckt, die ich lieber nicht näher definieren möchte.

Ich blickte zu Segg hinüber. Anscheinend wurde er von einem benebelten vierbeinigen Rektota aufgehalten, der Geld für einen neuen Dnetwotie wollte, für ihn jedoch nicht gefährlich werden konnte, sodass ich es für besser hielt, zunächst nicht einzugreifen.

Ebenso benebelt wie die Kunden war auch die Luft, sodass es mir schwer fiel, nicht über meinen Atmosphärentransmitter, der in meinem Pak integriert war, froh zu sein, der einen Großteil der unangenehmen und desorientierenden Partikel herausfilterete. Der einzige im Raum, der mich zu dieser Zeit nicht umbringen wollte, schien die Luft einige Probleme zu bereiten, da sein Energiehaushalt extrem von der Atmung abhing. Immerhin hatte er den Rektota abwimmeln können.

Die wenigen Worte, die gewechselt wurden, waren auf das Nötigste beschränkt, unhöflich und oft kaum zu verstehen. Unweit von mir drängte ein Drakk an die Theke, an der er sich ein Stück hochzog, um größer zu wirken. „Flasssssszzzzu!“

Der Verkäufer ignorierte die Bestellung zunächst und fragte auf vortisch, der verbreitetesten Sprache nach irkisch, auf das man aber denkbar ungern zurückgriff: „Hasse überhaupt Kohle?“ Obwohl seine flatternde Zunge ihn eigentlich daran hätte hindern müssen, sprach die Kreatur, die feucht zu glänzen schien, recht deutlich, auch, wenn er sich sehr umgangssprachlich verständigte.

Der Drakk legte den Kopf schief. Offensichtlich waren seine Sprachfertigkeiten sehr begrenzt oder sein Geisteszustand schon in mitleidenschaft gezogen. Oder beides. Dann knallte er zwei Münzen auf den Tisch und zischte. „Flassszzzuuuuu!“

Sein Gegenüber musterte kritisch die Metallplättchen und hob sie dabei in die Höhe. Meine Augen weiteten sich. Diese Kreatur versuchte, mit irkischem Geld zu handeln! Hastig warf ich einen Blick auf Segg, der in das Gespräch mit dem Masri vertieft war, dann wieder auf den Verkäufer, der nun offenbar dieselbe Erkenntnis gewonnen hatte. Ich merkte, dass mein Atem sich beschleunigt hatte. Wenn er sehr dumm war oder ein anderer das Eigentum des Irkenimperiums erkannte, konnte es zu einer Schlägerei kommen, die bei derart berauschten Kreaturen extrem ungünstig werden konnte. Ein einzelner Impuls der Unsicherheit waberte zu mir herüber, den ich nur deshalb wahrnahm, weil ich mich so auf dessen Verursacher konzentrierte. Leg sie weg...leg sie einfach weg, das wäre besser für uns...du hast doch sicher die richtigen Quellen, verkauf sie...steck sie ein, eine Schlägerei bringt dir nichts...

Die Kreatur blickte nachdenklich durch den Raum und es kostete mich all meine Beherrschung, wegzublicken, damit ich ihm nicht auffiel. Nach ein paar Augenblicken spähte ich wieder zum Tresen. Ganz langsam ließ er die Münzen in seine Tasche gleiten. Dann stockte er und hob den Kopf. „Hey! YOG!“

Ich ging leicht in die Knie, bereit zum Sprint. Segg musste sehen, wie er klarkam, ich musste raus hier, sobald das I-Wort ertönte.

„Gib ma das Fleausu! Hab nix mehr davon.“

Hatte ich mich eben bemühen müssen, noch nicht wegzurennen, musste ich mich nun zurück halten, dem Verkäufer an den Hals zu springen und seine Zunge auszureißen, mindestens.

Während ich schnaufend dastand, nahm ich plötzlich eine Präsenz unmittelbar hinter mir wahr. Ich fuhr herum, die Monbesdawa auf halber Höhe meines Brustkorbs. „Segg! Bist du lebensmüde?!“ Ich sparte mir die Liste unzitierbarer Flüche für später auf. Ich wollte endlich hier raus.

„Woher soll ich denn wissen, dass du so schreckhaft bist?“, gab Segg zurück. Dann änderte er seinen Gesichtsausdruck und eine dunkle Welle ging plötzlich von ihm aus, sodass ich fast zurück gewichen wäre. „Ich weiß, wo Khan sein müsste.“

Mit diesen Worten ging er schnell hinaus, damit wir nicht zusammen gesehen wurden. Ich wartete beunruhigt, dann ging ich hinterher. Im Gewimmel konnte ich ihn zunächst nicht ausmachen, dann stand er plötzlich vor mir. Ich ließ mich von der Menge voran schieben, bis er in einer Seitengasse verschwand. Auch ich bog ab.

„Und?“, fragte ich, während auf der Hauptstraße weiterhin die Kreaturen vorüber zogen und uns nicht beachteten. Auf Leta tat man gut daran, sich nicht allzu gut umzusehen.

Segg knurrte. „Vor zwei Tagen war Khan hier und hat nach einem guten Pflanzenhändler gefragt. Irgendein Mischlingswesen hat ihn zu Kubo geschickt.“

Ich zuckte zusammen. „Zu Sagd Kubo?! Bist du sicher?“

„Natürlich bin ich das!“, fuhr er mich unwirsch an. „Und das heißt, das Khan diesmal in wirklichen Schwierigkeiten ist. Im Idealfall.“ Er begann fluchend in der Gasse umherzulaufen.

„Aber wir brauchen ihn! Wir verfügen über nicht halb so große Heilkräfte wie er!“

„Ihn zu retten wäre reiner Selbstmord!“

Ich stellte mich direkt vor ihn, sodass er gezwungen war, ebenfalls zu halten. „Was auf diesem Planeten ist nicht Selbstmord?“

Seine Flügel zuckten gereizt, doch nach einigen Augenblicken seufzte er resignierend. „Wenn wir uns mal vorstellen, ich würde mich tatsächlich auf dieses irrsinnige Vorhaben einlassen, welche Informationen haben wir überhaupt, die wir nutzen können?“

„Rein hypothetisch?“

„Wenn du´s so ausdrücken willst.“

„Nun gut, ich denke, wir wissen das Selbe über ihn, die kursierenden Gerüchte, auf die man sich jedoch nie voll und ganz verlassen sollte.“

„Und die wären? Spuck einfach die Datei aus und-“

„Behandle mich nicht, als wäre ich eine Maschine!“, fauchte ich, bemüht, es bei stechenden Blicken zu belassen, während Segg mich heimtückisch beobachtete. „Was war eigentlich eben los im Inhaliergeschäft?“

„Nichts, das hier von Bedeutung wäre.“ Er wartete. Ich ließ es nicht darauf ankommen und rief tatsächlich in meinem pak die Datei zu Kubo auf. „ Sagd Kubo ist einer der einflussreichsten Bewohner Letas, der über viele Handlanger verfügt und sich zur Zeit als Händler verdingt. Allerdings ist er nicht gerade für seine fairen Geschäfte bekannt. Da die Lebenserwartung auf Leta recht gering ist, zählt er zu den älteren Bewohnern. Er konnte sich in Zeiten, in denen der Planet noch nicht in den bewohnbaren Regionen so übervölkert gewesen war, ein festes Domizil erschließen, das auch heute noch als solches geduldet wird. Die Zugehörigkeit ist nicht bekannt, ebenso wenig der Grund seiner Verbannung.“

Segg nickte. „Weiter?“

Ich schloss kurz die Augen, dann fuhr ich fort: „Er ist dafür berüchtigt, jeden in seinen Keller sperren und verhungern zu lassen, der es wagt, ihm in die...Augen zu...blicken...verflucht.“

Entgeistert brach ich meinen Monolog ab. Eine von Khans unangenehmen Eigenschaften war, einem beim Sprechen direkt in die Augen zu sehen, was ihn an einem Ort wie diesem nicht unbedingt zu Beliebtheit verhalf.

„Ja.“, sagte Segg düster. „Vermutlich ist das aber auch von Vorteil, denn so ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass unser werter Kollege noch lebt.“

Ich legte meine Hand an die Stirn. Was muss ich jetzt tun? Ich brauche einen Plan... Ich sollte zunächst die Basis orten. Behände stieg ich auf einen Mülleimer und stieß mich schnell wieder davon ab, bevor mein Fuß zu tief in der undefinierbaren Masse versank. Ich zog mich auf das Dach und legte mich sogleich darauf, um nicht von der Straße aus gesehen zu werden. An dieser orientierte ich mich jetzt und ließ meinen Blick suchend über die flachen, meist notdürftig reparierten Dächer des Stadtplaneten gleiten, bis er das gesuchte Objekt gefunden hatte.

„Nun?“, fragte Segg, als ich wieder neben ihm auf dem Boden gelandet und dabei eine kleine Staubwolke verursacht hatte.

„Es ist nicht allzu weit von hier. Bei Dunkelheit sind wir da.“

„Dann wollen wir mal.“, seufzte er.

„Rein hypothetisch, natürlich.“

Bevor Segg etwas entgegnen konnte, war ich schon hinter der nächsten Biegung verschwunden.

Pläne schmieden

Ich bahnte mir, so oft es ging, meinen Weg durch die Seitenstraßen, denn ich verspürte nicht das Verlangen, noch einmal angegriffen zu werden, zumal mein Rücken wieder anfing zu schmerzen. So verfiel ich in einen schweigsamen Dauerlauf, bei dem ich zwischendurch immer wieder nach potenziellen Feinden und Segg Ausschau hielt, schließlich wollte ich ihn nicht abhängen.

Noch bevor der erste Mond über Leta aufging, der fast immer bei Nacht zu sehen war, blieb ich zwei Häuserblocks von der verhältnismäßig großen Schutzeinheit von Kubo stehen, sodass Segg, der mit seinen längeren Beinen immer dichter hinter mir hergelaufen war, fast mit mir zusammen prallte. Er zischte wütend, doch ich hob schnell die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Also? Was jetzt?“

„Das fragst du mich? Wer ist denn hier der große Pläneschmied?“, flüsterte er zurück. Ich knirschte mit den Zähnen.

„Da er vermutlich zwei Ebenen selbst besetzt und auf der dritten die Kanalisation ist, hält er die Gefangenen vermutlich auf der vierten oder tiefer.“

Der Großteil der Bewohner von Leta wohnte unterirdisch. Das hatte die verschiedensten Gründe, die zum Teil mit dem Flüchtlingsdasein derselben zu tun hatte oder auch mit der ausgeklügelten Lüftungsanlage, die die Erbauer dieses Komplexes vermutlich mit eingefügt hatten und die heute noch funktionierte. Am beliebtesten war die erste Ebene, die direkt unter der Oberfläche lag, dann kam die zweite und dann die Kanalisation, die allerdings bedauerlicher Weise nicht mehr so gut intakt war wie das Lüftungssystem. Dort lebten jene Kreaturen mit amphibischen Eigenschaften, die Kommunikation mit ihnen war meistens unmöglich, da sie einen anfielen, bevor man auch nur Luft geholt hatte. An der Oberfläche waren sie scheu und zurückhaltend, aber etwas in dieser Unterwelt ließ sie aggressiv und äußerst gefährlich werden, so hieß es. Ich vermutete jedoch, dass diese Gerüchte von diesen Kreaturen selbst stammten, mit dem Zweck, in Ruhe gelassen zu werden. Khan hatte jedoch beteuert, diese Information bisher nur von nicht-amphibischen Kreaturen erhalten zu haben. Er hatte ein Talent dafür, Informationen aus den Köpfen der Wesen heraus zu kitzeln.

Unter der Kanalisation befanden sich noch mehr Ebenen, niemand wusste, wie viele, ich schätzte sieben bis 20 und blendete dabei sorgfältig die Struktur meines Heimatplaneten Irk aus. Die Marodität dieser Ebenen war allerdings nicht der Grund, warum niemand freiwillig dort hinunter zog: Mal ganz abgesehen von den wilden Gerüchten, die zu dieser unterirdischen Welt kursierten, kamen manchmal Kreaturen an die Oberfläche, die wirklich gefährlich und von bizarrem Aussehen waren- schlimmer als die Bewohner auf diesem an bizarren Wesen nicht armen Planeten.

Ich hatte einmal gesehen, wie man eine Kreatur ans Licht gezogen hatte, die bis zur zweiten Ebene vorgedrungen und von dessen lebenden Inhalt aufgeschreckt worden war: Aufgerichtet wäre sie so groß wie Segg mit hochgereckten Armen gewesen, doch war ihr Rücken gebeugt und sie hielt das Kinn merkwürdig vorgereckt. Vergeblich hatte es versucht, sich mit dem Arm vor der stechenden Mittagssonne zu schützen. Es hatte die Überreste einer Art schwarzen Uniform über seiner kränklich blassgrünen Haut getragen und sein Körper war zwar relativ schmal gewesen, war aber sehr zäh und muskulös erschienen. Die Beine waren lang und die Fußknochen verlängert gewesen. Es hatte sich zum Teil auf zwei, zum Teil auf vier seiner Extremitäten bewegt. Was mich jedoch am Meisten getroffen hatte, war der Anblick seines Gesichts, genauer gesagt, der Augen und Antennen: Sie hatten genau so wie die meinen ausgesehen. Ich war zurück gewichen und das Wesen hatte mir ganz langsam das Gesicht zugewandt, seine Hand mit vier schmalen, mit scharfen Krallen bewehrten Fingern in meine Richtung ausgestreckt und etwas in einer kehligen Sprache, die keiner der Umstehenden verstand, gesagt. Währenddessen schien eine Kreatur mit nur spärlich verknüpften Synapsen seine Fassung wieder erlangt zu haben: „Das ist ein Irke!“

Bevor jemand reagieren konnte, war die Kreatur herumgefahren, hatte den Sprecher mit einem gewaltigen Sprung umgeworfen und ihm sauber die Kehle durchgeschnitten. Dieser riss -zu spät- die Augen auf und ihm entwich ein überraschter Gurgellaut. Die Kreatur hatte bereits wieder von dem rasch verblutendem Körper abgelassen und sich in geduckter Haltung umgesehen, wachsam. Als die Menge endlich begriffen hatte, was geschehen war, stürzten sie sich auf das Wesen, das die ersten mich schnellen Bewegungen jeweils tödlich verletzte. Fasziniert und gleichzeitig irritiert hatte ich zugesehen, wie es sich scheinbar spielerisch gegen die blind wütende Masse zu wehren gewusst hatte, immer wieder hatte es zugeschlagen, jeder Hieb saß, keine Bewegung schien überflüssig oder willkürlich zu sein. Es hatte einen tödlichen Tanz aus präzisen Bewegungen vollführt, der die ganze Straße in Aufruhr versetzt hatte und Streitsüchtige, Neugierige, Ignoranten, Kämpfer -kurz: die gesamte Bevölkerung herbei gelockt hatte. Der behände Kampf des Wesens hatte zunächst nicht an Geschmeidigkeit eingebüßt, doch hatte es letztendlich keine Chance gehabt und war schließlich unter der blütdürstigen Menge begraben worden. Seine schrillen Schreie waren über die Hauptstraße gehallt, als ich wieder auf dem Weg zu meinem Nachtlager gewesen war.

„Hey! Noch einer da?“

Ich schreckte hoch. Segg sah mich wütend an, es war schon fast Besorgnis erregend, wenn er das nicht tat. „Ich hatte nach einem Plan gefragt, nicht nach Vermutungen!“

„Wie wäre es, wenn du mal zur Abwechslung selbst einen Plan entwirfst?“

Er ignorierte meine Bemerkung. „Wie sollen wir jetzt da unten rein kommen?“

Ich sah ihn direkt an. „Über die unteren Ebenen.“

Mit geweiteten Augen wich er zurück. „Das ist nicht dein Ernst.“

„Doch.“

Nun wurde er wirklich wütend: „Das darf doch nicht wahr sein! Nicht genug, dass wir einen Gefangenen von Kubo befreien wollen, nein, es muss wenn schon auf dem gefährlichsten Wege, den man auf dieser dreckigen Kugel einschlagen kann, getan werden!“

Ich lächelte böse. „Hast du etwa Angst im Dunkeln?“

Segg wurde noch blasser. „Das hat nichts mit Angst zu tun! Nur weil du über keinen Selbsterhaltungstrieb zu verfügen scheinst, heißt das noch lange nicht, dass das bei anderen auch der Fall ist! Weißt du eigentlich, was du da von dir gibst?!“

„Es gibt keine andere Möglichkeit. Es sei denn, du kannst deine Materie verflüssigen, um an der Technik und den Wachen vorbei zu kommen, aber davon durfte ich leider noch nie Zeuge werden. Den Weg von oben antreten zu wollen ist noch viel irrwitziger als selbst die Kanalisation zu nehmen, weil Kubo weiß, dass es niemand wagen würde, den unteren Weg zu nehmen und den gesamten oberen Bereich absichern lässt.“ Der Spott war aus meiner Stimme gewichen.

Segg spreizte langsam seine Flügel. „Bist du dir da absolut sicher? Weißt du, worauf du dich da möglicherweise einlässt?“

Ich blickte ihn ungerührt an. „Wenn dir etwas anderes einfällt, so lass es mich wissen. Ich habe genau so wenig Lust, da runter zu gehen wie du. Ich sehe nur keine bessere Möglichkeit.“

Mein Gegenüber knurrte und bedachte mich mit dem vernichtendem Blick einer Kreatur, die in die Ecke gedrängt wurde.

„Nun?“

„Wie willst du überhaupt da rein kommen?“

„Das ist doch klar: über eines der umliegenden Häuser können wir durch die Schächte nach unten und so bis zu Kubos Basis.“

Offenbar hatte ihm die aufgeschobene Zeit für einen Einfall nicht gereicht. Er zitterte kurz vor Wut, bevor er nachgab. „Wenn du unbedingt sterben willst, na gut.“, zischte er, „Aber wenn du da drinnen von was-auch-immer angegriffen wirst, werde ich nicht den Kopf für dich hinhalten.“

„Das habe ich auch nicht erwartet.“

„Gut.“

„Schön.“

„Und jetzt?“

„Werden wir die umliegenden Häuser observieren, um das für den Einstieg am besten geeignete zu finden. Wenn der zweite Mond aufgegangen ist, treffen wir uns wieder hier.“

Ohne ein weiteres Wort drehte Segg sich um und verschwand in der Dunkelheit.

Observatoren

Leise wie ein Schatten lief ich geduckt an den Häuserwänden entlang, um einen günstigen Ort für die Überwachung zu finden und hasste mich dafür, dass ich noch immer große Befriedigung dabei empfand, behände, mit antrainierten Bewegungen die Nachtluft zu durchschneiden und mit geübten Blick die Umgebung zu sondieren.

Schließlich ließ ich mich im Schutz der Dunkelheit neben einem Abfallbehälter nieder und ignorierte sowohl die üblen Gerüche als auch die nicht angenehmeren Geräusche, die daraus hervordrangen. Das mir gegenüber liegende Haus schien gut geeignet zu sein; es war nicht besonders groß und von meinem Standpunkt aus war der Eingang gut zu sehen, während ich selbst verborgen blieb, solange nicht jemand direkt über mich stolperte.Ich warf einen Blick nach oben. Der Zeitpunkt war günstig, denn nun verließen die meisten Wesen ihre Basis und die, die sich bei Tage nach draußen begaben, kamen zurück, sodass ich mir zumindest einen groben Eindruck davon machen konnte, was hier lebte. Außerdem waren die nachtaktiven Geschöpfe meistens die gefährlicheren, sodass ein nächtlicher Einstieg der taktisch günstigste war.

Ich war froh darüber, während der Observation etwas Zeit zum Nachdenken zu haben. Mir bereitete es großes Unbehagen, mich in eine Situation zu begeben, deren Umstände deart gefährlich und unvorhersehbar waren, aber ich war bereits mehrmals die Alternativen durchgegangen, immer mit dem gleichen Ergebnis: Der einzige Weg, auf dem wir zumindest theorethisch auch wieder raus könnten, war der über die unteren Ebenen, das hieß, mindestens auf der sechsten Ebene, auf der die meisten Schutzeinheiten, Berichten nach, verbunden waren. Solch ein Zugang existierte auch durch die Kanäle, aber in denen wimmelte es überall von Lebewesen und ich wollte nicht zu denen gehören, die auf schmerzhafte Weise feststellen müssen, dass die Gerüchte um die amphibischen Kreaturen wahr waren. Auf dem anderen Weg bestand zumindest die Chance, lebend durchzukommen. Dennoch wäre mir die Kanalisation fast lieber gewesen, denn die Angst vor dem Ungewissen ist meist größer als die vor Gefahren, die man zumindest ansatzweise einschätzen kann- auch, wenn es unangemessen ist.

Ich unterbrach meinen Gedankenstrom und verengte leicht die Augen, weil ich glaubte, eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Einige Augenblicke starrte ich in die Dunkelheit, dann sah ich, wie tatsächlich etwas aus dem Haus...geschlurft kam. In dem Moment, als ich ein leises Grunzen vernahm, erkannte ich, dass es ein Yeti war, ein weißfelliges, großfüßiges Wesen ohne Hals oder erkennbare Segmente, das, solange man es nicht provozierte, ein recht umgängliches Wesen war. Ich lockerte meine Anspannung etwas.

Nur mal angenommen, wir kämen tatsächlich in den Keller, wo Khan vermutlich gefangen war, wie sollten wir ihn da raus holen? Wodurch wurde er gesichert? Waren unsichtbare Barrieren errichtet worden oder vertraute Kubo darauf, dass einen auch ohne Fesseln dort unten nicht als der Tod erwartet? Was, wenn wir ihn gar nicht fanden, oder nur seine Leiche? Ich versuchte, Lösungen für verschiedene Szenarien zu finden, da es für mich undenkbar war, trotz Vorbereitungszeit, so gering sie auch ausfallen mag, ohne Strategien auf eine Mission zu gehen.

Ich biss die Zähne zusammen, als meine noch nicht ganz verheilte Wunde schmerzhaft zu pochen begann. Wie soll ich in diesem Zustand gut kämpfen können?Es ist schon so schwer genug...doch wir müssen schnell handeln, mit jeder Einheit, die Leta zurück legt, nimmt die Wahrscheinlichkeit ab, dass Khan noch lebt...er könnte noch eine entscheidende Rolle spielen...

Jäh erhöhte ich erneut meine Aufmerksamkeit, suchte die Gasse nach Lebewesen ab und nahm meine Antennen zur Hilfe. Da war eine Präsenz, die jedoch in meiner Wahrnehmung keine feste Gestalt annehmen wollte. Ich hielt den Atem an, was mir durchaus über einen langen Zeitraum möglich ist und spähte so intensiv in die Dunkelheit, dass ich glaubte, Löcher hinein zu bohren. Aber ich sah nichts. Schließlich begriff ich. Es war auch nichts: Direkt vor mir bewegte sich ein Schemen, eine der harmlosesten Kreaturen, die man hier finden konnte. Sie bestanden zwar aus fester Materie, zumindest schienen sie an die Erde gebunden zu sein und konnten nicht durch Objekte hindurch gleiten, doch waren sie in der Lage, die Farbe und Kontur ihrer Umgebung anzunehmen, egal, aus welchem Winkel man sie betrachtete- zumindest bei schlechten Sichtverhältnissen. Es war nur sehr wenig über sie bekannt, da sie sehr einzelgängerisch waren und Gesellschaft jeder Art mieden. Fasziniert betrachtete ich die nur durch einen Haarfeinen Umriss auszumachende Gestalt. Und dann verschwand er plötzlich. Ich blinzelte und suchte mit dem Blick die ganze Gasse ab, doch vermochte ich den Schemen nicht mehr ausfindig zu machen.

Während meine Gedankengänge noch in diese und jene Richtung schweiften, um möglichst vielen Gefahren halbwegs angemessene Pläne entgegenstellen zu können, huschten noch viele Kreaturen an mir vorbei in oder aus dem Gebäude, doch waren keine besonders außergewöhnlichen dabei: eine Hiku, vieltentakliges Wesen, die sich unablässig bewegte, als würde sie in einer Flüssigkeit schwimmen und Lieder einer seltsamen, weichen Sprache sang, die schon viele Kreaturen derartig in den Bann gezogen hatte, dass sie nur noch hinter der Hiku hergelaufen waren und schließlich auf mysteriöse Weise verschwanden; ein kleines Rudel Dulsdm, vierbeinige Jäger ohne zusätzliche Gliedmaßen, hautbedeckt und mit einem Schweif aus empfindsamen Antennen, von denen sie auch mindestens drei an der Hinterseite des Kopfes hatten, der recht klein war, ebenso wie die Augen, doch hatten sie viele scharfe Zähne und selbst gebaute Krallen, wie die meinen, nätürlich, schließlich hatte ich sie ja einem von ihnen abgeluchst. Ein weiterer Drakk (sie schienen mich an diesem Tag zu verfolgen) und eine Zibet, ein Nachtwesen mit telekinetischen Fähigkeiten schnauften, beziehungsweise schlichen an mir vorbei. Irgendwann sah ich nach oben und bemerkte, dass der zweite Mond, der eine bläuliche Färbung hatte, gerade über dem Rand des Daches erschienen war. Ich richtete mich ächzend auf, klopfte das Gröbste an Dreck und Parasiten von meiner Kleidung und machte mich auf den Weg.

Segg wartete schon ungeduldig in einem schattigen Hauseingang.

„Da bist du ja endlich! Was hast du gemacht?!“, zischte er mir zu, sobald er mich erkannt hatte. Ich blieb überrascht stehen. „Der Mond ist doch gerade erst aufgegangen...“

„Wenn man auf dem Boden rumkriecht, vielleicht schon, aber für die aufrecht gehenden Kreaturen steht er schon länger am Himmel.“

Ich widerstand dem Drang, selbst noch einmal hinzuschauen und ärgerte mich über mich selbst. „Was...hast du beobachtet?“

Ein klickendes Geräusch entwich seiner Kehle. „Das Haus, das ich beobachtet habe, ist nicht gut. Da haust ein ganzes Rudel Boodie Nen und die sind tagaktiv.“

Meine Augen wurden schmal und meine Antennen zuckten. „Du hast recht. Das ist nicht gut.“

„Und bei dir?“

„Ich konnte nichts gefährliches ausmachen.“ Ich erwähnte den Schemen nicht, da Segg nicht an ihre Existenz glaubte und ich nicht wieder einen unnötigen Streit riskieren wollte, jetzt war keine Zeit für so etwas. Seine Flügel erschlafften ein wenig. „Dann...sollten wir also schnell handeln und...hinunter.“

„Ja.“ Ich ließ mir mein Unbehagen nicht anmerken und führte ihn zwischen den schmutzstarrenden Häusern zu dem Punkt, an dem wir zum vielleicht letzten Mal den Himmel von Leta sahen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: abgemeldet
2008-03-20T17:13:22+00:00 20.03.2008 18:13
@Lennylein: Danke!^^ Was meinst du mit Ungenauigkeiten? Ich enthalte jetzt noch einige Informationen vor, die dann später in der Geschichte rauskommen...oder auch nicht. Ein Irke braucht seine Geheimnisse^^
Lar hat bereits ein Bild von Segg gemalt, vielleicht ist sie ja auch bereit, dies für Cas zu tun? Na?^^

@InvaderAnn: Welche meinst du? Cas, Segg und Khan sind die Hauptcharaktere, die ich so schnell nicht weglassen werde.
Von: abgemeldet
2008-01-16T17:02:45+00:00 16.01.2008 18:02
joa aber kommen die andern charas denn noch vor?


Von:  Lennylein
2007-10-14T23:18:42+00:00 15.10.2007 01:18
Echt schön geschreiben !
Ist eine sehr gute Idee, die zu weiterem Uasbau retzt! x3

Freu mich schon, wenn es denn weitergeht
*des hier mal zu den Favos stopf*

ich mag deinen Schreibstyle, selbst, wenn ich an einigen Stellen über hmm... naja, wie soll ich das beschreiben, ich weiß nicht, vielleicht könnte och es'Ungeneuigkeit om weitesten Sinne' nennen.

Bitte fass das jetzt nicht böse auf, mir gefällt die Story ur gut :3

btw: gibt 'n Bild von Cas? Würde mich mal interssieren, wie er aussieht, so rein der Befriedigung meiner Neugierde wegen ^^ x3

LG dat Lenny
Von: abgemeldet
2007-09-30T19:54:56+00:00 30.09.2007 21:54
Joa... die Geschichte ist wirklich gut... weiter so Grace... ;)
Von: abgemeldet
2007-06-15T20:28:35+00:00 15.06.2007 22:28
*auch beeil, weil die Verbindung ständig abbricht* <.<
die Geschichte ist echt super *.*
die Idee gefällt mir richtig gut...
omg...als einziger Irke auf diesem Planeten und dann auch noch von allen als "der Feind" angesehen xx"
DAS nenn ich ein hartes Leben xD
ich freu mich schon auf den nächsten Teil ^_^
Von: abgemeldet
2007-05-20T09:29:05+00:00 20.05.2007 11:29
Ich liebe deine Geschichte!! Ich beeil mich mit dem tippen, aber es ist gar nicht so einfach, wenn die alibieltern ständig den cpd blockieren TT_TT


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