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Dämonen, Engel und ein Drache

Fortsetzung zu "Enthüllungen und Geständnisse"
von

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Eifersucht?!

Dämonen, Engel und ein Drache / Kapitel 1
 

So, da bin ich (endlich?) wieder. Hat ein bisschen gedauert, bis ich mich wieder an die Tastatur setzen

konnte, denn die Recherchen zu dieser FF waren weit umfangreicher, als ich gedacht hatte.

Wie ihr sicher schon gesehen habt, ist dies die Fortsetzung von „Enthüllungen und Geständnisse“; wer

also die Vorgängerin noch nicht gelesen hat, sollte das jetzt nachholen. (Jetzt wird’s aber Zeit! ^^ - Ich

bin auch nicht böse, wenn eventuell neue Leser mir dort einen Kommentar hinterlassen. ^^

*einschleim* )
 

Noch eine kleine Bemerkung vorneweg: Die Charaktere unserer Protagonisten (besonders natürlich

Kyoko und Ren) hatten sich natürlich schon im Laufe der Handlung von „Enthüllungen und

Geständnisse“ weiterentwickelt ... und das hat sich in der Zeit zwischen den beiden FFs noch verstärkt.

Die Figuren sind jetzt dadurch natürlich nicht mehr so nah am Original wie zu Anfang. Ich hoffe, es

macht euch nichts aus und ihr könnt es nachvollziehen. ^^’

Aber jetzt genug der Erklärungen. Viel Spaß beim Lesen!
 

*********************************************

„...........“ = wörtliche Rede

>..........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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Eifersucht?!
 

Kyoko entfernt das Mikrofon vom Kragen ihrer weißen Seidenbluse und reicht es dem Tontechniker, der

gerade dabei ist, den Transponder vom Bund ihrer weiten, grünen Seidenhose zu entfernen.

„Danke, Kida-san.“, sagt sie freundlich lächelnd.

„Keine Ursache, Mogami-san.“, antwortet der junge Mann und schließt gleich eine Frage an. „Gehen Sie

nachher auch noch mit der Crew essen?“

Kyoko seufzt. „Nein, Tsuruga-san und Yashiro-san können mich jetzt im Wagen mitnehmen. Wir haben

so sehr überzogen, dass ich nach dem Essen sicher keine Bahn mehr bekomme. – Und um ehrlich zu

sein, bin ich ziemlich geschafft; die letzten Wochen waren doch recht anstrengend.“

„Schade.“ Der junge Techniker scheint wirklich enttäuscht zu sein. „Dann machen Sie sich noch einen

schönen Abend, Mogami-san.“

„Danke, das werde ich. – Morgen ist nämlich mein erster freier Tag seit Wochen. Das bedeutet, ich muss

heute nichts mehr vorbereiten.“
 

Yashiro erscheint lächelnd auf der Bildfläche.

„Bist du fertig, Kyoko-chan? – Wir wollen gleich los. – Es ist ziemlich spät geworden.“

„Ja natürlich, ich hole nur schnell meine Sachen.“, antwortet sie. „Viel Spaß, Kida-san!“ Sie lacht und

hebt grinsend den Zeigefinger. „Und übertreiben Sie es nicht mit dem Feiern.“

„Och“, grinst der Tontechniker zurück, „ab und zu muss ja wohl ein bisschen Alkohol erlaubt sein. –

Und wenn Sie schon nicht dabei sind, muss ich mich ja schließlich mit irgendwas trösten.“

„Sie werden schon jemanden finden, der sie von ihrem ‚Kummer’ ablenkt, Kida-san.“, scherzt Kyoko

und wendet sich lachend der Garderobe zu, die sie sich mit Momose und Takagi teilt.

„Schönen Abend noch!“, ruft sie, während sie sich noch einmal winkend umdreht. „Man sieht sich.“
 

Eilig betritt sie dann die kleine Garderobe, hastet zu ihrem Platz und zieht sich die grüne Seidenjacke

über, die ihr Outfit zu einem Anzug komplettiert. [Dieser Seidenanzug gehört zu den Sachen, die sie

zusammen mit Ren in Matsumoto ausgesucht hat. – Na ja, eigentlich haben Koji Maruyama und Ren

Tsuruga ausgesucht; Kyoko war eigentlich nur der – höchst verlegene ^^’ (und hübsche ^^) -

Kleiderständer, der alles anprobieren durfte... ^^]

Gut gelaunt greift sie nach ihrer Handtasche.

„Tschüss, ihr beiden, habt noch einen schönen Abend.“, wendet sie sich lächelnd an ihre Kolleginnen.

„Schade, dass du nicht mitkommst...“, schmollt Takagi.

„Lass sie doch ... und mach ihr kein ein schlechtes Gewissen deswegen. – Mogami-san hat in den

letzten Wochen so viel gearbeitet... Bei diesem Arbeitspensum hätten wir beide vermutlich schlichtweg

die Segel gestrichen, Takagi-san. Gönn ihr doch mal ein bisschen Ruhe! Wenn jemand mal ein

paar freie Tage verdient hat, dann ja wohl Mogami-san.“

„Na ja“, wirft Kyoko verlegen ein, „es wird wohl nur einer sein, ... aber dafür wird es jetzt nach der

Ausstrahlung von ‚Dark Moon’ sicher erstmal ein bisschen ruhiger... Gott sei Dank.“

„Na gut.“, lenkt Takagi ebenso verlegen ein; ihr ist schlagartig klar geworden, wie egoistisch ihr

beleidigtes Getue war. „Aber ich werde dich vermissen.“

„Himmel, Takagi-san, du tust, als würde ich aus dieser Welt verschwinden!“, kichert Kyoko. „Wir werden

uns doch in Zukunft sicher noch öfter über den Weg laufen.“

„Ja, bestimmt“, lacht das Mädchen, „bis bald dann.“

„Ja, bis bald.“

„Gute Nacht.“, grinst Itsumi, „Ich freue mich schon auf das nächste Mal.“
 

Als Kyoko die Garderobe verlässt, trifft sie wie schon vermutet auf Ren und Yashiro, die schon vor der

Tür warten.

Ren hat seltsamerweise ein ziemlich glitzerndes Gentlemanlächeln im Gesicht. Verwundert runzelt das

Mädchen die Stirn und überlegt, was sie wohl diesmal angestellt haben könnte ... oder hat vielleicht

Yashiro-san etwas angestellt? ...

Kyoko ist verwirrt, beschließt jedoch, ihn erst darauf anzusprechen, wenn sie unter sich sind.

Stumm machen sie sich auf den Weg zur Tiefgarage.
 

Als die Drei schließlich im Auto sitzen (Yashiro auf dem Beifahrersitz, Kyoko hinten auf der Rückbank),

fasst Kyoko sich ein Herz und tippt Ren sachte von hinten auf die Schulter.

„Was ist los?“, fragt sie leise.

„Nichts.“, meint der junge Schauspieler leichthin.

„Unsinn!“, bricht es plötzlich aus dem Mädchen heraus. „Jedes Mal, wenn du so ein – Entschuldige bitte

den Ausdruck! – scheißfreundliches Lächeln aufsetzt, bist du sauer wegen irgendwas ... oder brütest

irgendeine Gemeinheit aus.“ Kyokos kleine Dämonen machen sich schon fertig, ihre Aura zu verdunkeln

und Gift und Galle zu sprühen...

>Oh Mann, wieso kann sie so leicht durch meine Fassade schauen...?<, denkt Ren resignierend ... und

langsam weicht das berüchtigte Gentleman-Grinsen aus seinem Gesicht.

Leise seufzend gibt er das Versteckspiel auf.

„Du hast mit Kida-san geflirtet.“, schmollt er. „Ich hab’s genau gesehen.“

Durch den Rückspiegel kann Kyoko verblüfft beobachten, wie seine Miene mit einem Mal zu der eines

beleidigten, kleinen Jungen mutiert.

Sie braucht einige Zeit, bis sie die Sprache wieder findet.

„Hab ich geflirtet?“, wendet sie sich dann höchst verwirrt an Yashiro.

„Eigentlich würde ich eher sagen, dass du ihm eine sehr freundliche Abfuhr erteilt hast.“, meint Rens

Manager. „Das habe ich Ren-kun auch schon gesagt.“

Kyoko überlegt eine Weile angestrengt, während Ren nun endlich den Wagen startet.

„Tut mir Leid, wenn ich es mit der Freundlichkeit übertrieben haben sollte“, sagt sie schließlich leise,

„aber ich wollte Kida-san nicht vor den Kopf stoßen. – Ich konnte ja nicht sagen: ‚Entschuldigen Sie

bitte, Kida-san, aber ich habe gleich noch eine Verabredung, auf die ich mich schon seit zwei Wochen

wie verrückt freue und die ich um keinen Preis platzen lassen würde. Nicht für alles Geld der Welt.’“

Rens Gesicht hellt sich sichtlich auf, ... wie sie deutlich im Rückspiegel sehen kann.

Yashiro grinst von einem Ohr zum anderen.

„Wenn du es so ausdrückst, dann ist es wohl in Ordnung.“, lenkt der junge Schauspieler leise

grinsend ein.

„Du wirst dich wohl oder übel daran gewöhnen müssen, dass sich andere Männer für Kyoko-chan

interessieren.“, lacht Yashiro. „Vor allem, solange ihr eure Beziehung nicht öffentlich machen könnt. –

Es würde ganz schön auffallen, wenn sie nur noch zu dir freundlich wäre...“

„Ja, ja“, grummelt Ren und biegt in die Straße vor dem Gebäude ein. „du hast ja Recht. – Aber musst du

so penetrant mit dem Finger in der Wunde rumrühren?“

Der Manager hebt lachend die Hände.

„In Ordnung.“ verspricht er. „Ich gelobe Besserung.“

Eine Weile ist es still im Auto, dann ergreift Yashiro erneut das Wort.

„Ernsthaft, Kyoko-chan, ... du hast dich mehr als gut geschlagen, nicht nur heute Abend. Du hast dich

so kompetent an den Diskussionen beteiligt und die Zuschauerfragen so souverän beantwortet, als

hättest du nie etwas Anderes getan. Ich wette, es kommt kaum noch jemand auf die Idee, dass du erst

17 Jahre alt bist. – Kein Wunder also, wenn sich plötzlich alle für dich interessieren, eben auch die

Männer. – Außerdem bist du bildhübsch ... und du siehst einfach fantastisch aus heute Abend, ... wenn

ich das sagen darf.“

Kyoko ist auf der Rückbank vor lauter Verlegenheit in sich zusammengesunken und puterrot

angelaufen.

Ren lächelt kurz in den Rückspiegel und wirft dann einen stirnrunzelnden Seitenblick auf seinen

Betreuer.

„Du hast ganz und gar Recht, Yukihito-kun, ... allerdings würde ich es vorziehen, ihr selbst diese

Komplimente zu machen, insbesondere das letzte.“

„Na, dann musst du einfach nur ein bisschen schneller sein, Ren-kun.“, lacht Yashiro ... und tätschelt

Ren gönnerhaft die Schulter. „Außerdem finde ich es durchaus wichtig, dass Kyoko-chan auch

Komplimente von anderen Männern als ihren Freund bekommt, ... sozusagen von Unbeteiligten.“

„Nun gut.“, antwortet Ren zähneknirschend, „Aber ich an deiner Stelle wäre trotzdem vorsichtig, was ich

sage, ... denn als ‚Unbeteiligten’ würde ich dich nicht gerade bezeichnen.“

Kyoko räuspert sich hörbar und tippt beiden Männern leicht auf die Schultern. Sie ist noch immer

hochrot im Gesicht.

„Könntet ihr bitte aufhören, so zu reden, als wäre ich ein Gegenstand im Nebenzimmer?“

„Oh, entschuldige bitte.“, kommt es ebenso postwendend wie simultan zurück.

Kyoko muss kichern. „Sagen Sie, Yashiro-san, sind Sie sicher, dass Sie nicht mit uns essen wollen?“

Yukihito wirft grinsend einen Seitenblick auf seinen Schützling.

Ganz sicher! – Ich werde mich hüten , auch nur eine Minute länger im Weg zu sein als

nötig. - Der junge Mann da neben mir ist nämlich mittlerweile heftig auf Entzug. ...Telefonate allein

machen halt auf Dauer niemanden glücklich.“

„Wem sagen Sie das...“, seufzt Kyoko leise.

„Ich würde es mir höchstens überlegen“, grinst Yashiro, „wenn du Angst hättest, dass dieser Kerl hier

sofort über dich herfällt, sobald ihr allein seid...“

Kyoko ist schon wieder knallrot im Gesicht.

„Nein, nein.“, murmelt sie verlegen und denkt für sich: >Und selbst wenn ... ich weiß wirklich

nicht, ob ich das so schlimm fände...<

Das Rot in Kyokos Gesicht wird noch eine Winzigkeit tiefer... und ein Blick in den Rückspiegel verrät ihr,

dass Ren Ähnliches denken muss...

„Also wirklich, Yukohito-kun, ... hältst du mich für so eine Art hormongesteuertes Monster?!“, empört sich

der junge Schauspieler. „Wir hatten noch nicht einmal so was Ähnliches wie ein Date, ... glaubst

du ernsthaft, ich würde gleich am ersten Abend, an dem wir endlich mal allein sein können...?“

„Natürlich nicht.“, fällt ihm Yashiro ins Wort. „Und ich halte dich nicht einmal ansatzweise für ein

Monster, ... obwohl dein Blick in letzter Zeit manchmal nah dran ist... Nein, wirklich nicht. Nur, anders

als die Leute da draußen weiß ich, dass du auch nur ein Mann bist.“

Ren wirft einen leicht verzweifelten Blick nach hinten zu Kyoko.

„Das muss ich mir jetzt schon den ganzen letzten Monat anhören, ... jeden verdammten Tag.“,

beschwert er sich.

„Na ja“, beginnt Yashiro und ist mit einem Mal sehr ernst, „ich denke eben, dass es mit ein bisschen

Galgenhumor leichter zu ertragen ist. – Ich kann mir vorstellen, dass es schwierig ist, sich nur am

Telefon ungestört unterhalten zu können und nur ab und zu ein kurzes Treffen in der Agentur oder bei

gemeinsamen Terminen zu haben ... und das ohne auch nur im Entferntesten mal allein zu sein. –

Schwierig für euch beide .“

Ein Blick in ihre Gesichter zeigt ihm, dass er ins Schwarze getroffen hat.

„Na ja“, meint Kyoko schließlich und zuckt ein wenig müde die Schultern, „eigentlich komme ich im

Moment gar nicht groß dazu, darunter zu leiden...“

Yashiro sieht mit aufgerissenen Augen nach hinten und starrt das Mädchen ungläubig an.

„Heißt das, du hast immer noch keinen Betreuer?!“

„Nicht einmal jemanden, der sie zu ihren Terminen fahren kann.“, grummelt Ren.

„Nein.“, bestätigt Kyoko, „Entweder ich fahre mit dem Taxi oder es kann mich jemand mitnehmen, der

sowieso in meine Richtung muss. – Und meine Termine werden von Matsushima-san und Sawara-san

koordiniert, ... obwohl ich mitunter den Eindruck nicht loswerde, dass sie sich nicht immer

absprechen...“ Sie lacht. „Aber bisher hat es zeitlich dann doch immer geklappt.“

„So geht das aber nicht weiter.“, meint Yashiro stirnrunzelnd. „Was denkt sich Takarada-san eigentlich

dabei? Bei deinem derzeitigen Termindruck muss dir doch jemand wenigstens die gröbsten,

organisatorischen Arbeiten abnehmen. – Ich glaube, ich muss mal ein ernstes Gespräch mit einigen

Leuten führen...“

„Hab ich schon getan.“, verkündet Ren säuerlich. „Takarada-san hat versprochen, dass sich das jetzt

ändert. Er meinte, die persönliche Assistentin, die er vorgesehen hatte, war bis jetzt noch anderweitig

verpflichtet... – Wir sind übrigens da, Yukihito-kun.“

Der Wagen hat am Straßenrand angehalten.

Yashiro greift nach seiner Aktentasche sieht sich verstohlen auf der Straße um.

„Sieht ganz so aus, als könntest du problemlos nach vorne umsteigen, Kyoko-chan. Um diese Zeit sind

hier offenbar keine Leute mehr unterwegs.“

Er öffnet die Wagentür und steigt aus dem Auto. Dann klappt er den Sitz nach vorne und reicht Kyoko

die Hand, um ihr hinaus zu helfen.

„Ich darf doch?“, grinst er in Rens Richtung.

„Bitte.“, erwidert dieser großzügig. „Das bisschen Spaß will ich dir nicht nehmen.“

Urplötzlich glitzert dem Manager ein ultrafreundliches Gentlemanlächeln entgegen. „Hast ja sonst

nichts.“

„Autsch!“ Yashiro grinst gequält und legt die Hand auf die Brust. In letzter Zeit bekommt er häufiger

durch die Blume mitgeteilt, dass er nicht einmal eine Freundin hat , von der er getrennt sein

könnte...

Kyoko tut ihr Möglichstes, um den Inhalt des Gespräches zu ignorieren, damit sie nicht schon wieder

rot anläuft und nimmt stumm auf dem Beifahrersitz Platz.

Yashiro lächelt beiden noch einmal freundlich zu und verabschiedet sich.

„Macht euch noch einen schönen Abend. – Wer weiß, wie lange es vorhalten muss...“, grinst er.

„Schließlich bin ich es, der deine schlechte Laune abkriegt, wenn sich der Frust zu lange anstaut.“

„Schließ die Tür und mach, dass du ins Bett kommst.“, gibt Ren trocken zurück und schüttelt langsam

den Kopf.

Nach einem kurzen Zwinkern in Kyokos Richtung wendet sich Yukihito Yashiro leise lachend dem

Hauseingang zu.
 

„Er hat Recht.“, stellt Ren fest, als er den Wagen wieder auf die Straße lenkt.

Kyoko sieht ihn fragend an. „Womit? – Dass er unter deinem Frust zu leiden hat?“

Ren lacht leise.

„Das vermutlich auch.“, gibt er freimütig zu. „Aber ich meinte etwas Anderes. Dass das mit dem

fehlenden Assistenten nicht so weitergehen kann. – Ich sehe doch, dass deine Kräfte langsam erschöpft

sind. – Du arbeitest zu viel.“

Kyoko muss sich beherrschen, um nicht lauthals loszuprusten, ein Kichern kann sie sich jedoch nicht

verkneifen.

Das ... ausgerechnet von dir, ... Mr. Highspeed-Workaholic!“

Unwillkürlich kann auch Ren sich das Lachen nicht mehr verkneifen, ... dabei findet er das Ganze

eigentlich nicht besonders lustig.

„Aber ich bin es gewohnt, so enge Terminpläne zu haben. – Für einen Anfänger in diesem

Geschäft ist so ein Arbeitspensum fast schon mörderisch, selbst für jemanden mit einer so eisernen

Disziplin wie du sie hast. Ich hoffe wirklich, Takarada-san hält sich an seine Zusage, dass du bald eine

persönliche Assistentin bekommst...“

In Kyoko macht sich mit einem Mal ein warmes Lächeln breit.

>Es ist wirklich schön, wenn sich jemand Sorgen um einen macht; ... egal ob es jetzt angebracht ist

oder nicht...<

„Ach“, winkt sie schließlich mit einem Lächeln ab, „es ist nicht die Arbeit an sich, die mich stresst, Koon.

– Ich bin es doch auch gewohnt, viel zu arbeiten ... und diese Arbeit macht mir sehr viel mehr

Spaß als Putzen, Bedienen, Kassieren oder sonstige Hilfsjobs. – Es ist die unorganisierte Fahrerei zu den

Drehorten, Interviews oder Fototerminen, die mich so schafft. – Ich wünschte, es würde reichen, einfach

nur die Fahrpläne von Tokyo dabei zu haben..., aber öffentliche Verkehrsmittel sind einfach zu

langsam...“

Ren bremst abrupt an einer roten Ampel und sieht entgeistert zu ihr herüber.

„Zu langsam??!!“, fragt er entsetzt. [Also, ich persönlich finde ja, dass er eher brüllt als fragt... ^^]

„Öffentliche Verkehrsmittel sind für dich vor allem zu gefährlich!! – Was glaubst du, was deine Fans mit

dir machen, wenn sie dich in die Finger kriegen?! Die würden regelrecht über dich herfallen und dich

mit Fragen und Autogrammwünschen bombardieren, bis du nicht mehr weißt, wie du heißt ... oder

Schlimmeres...! Mensch, du könntest froh sein, wenn du da ohne Verletzungen wieder raus kämst!“

Fassungslos schüttelt er den Kopf. „... langsam ...?!?!“

„Es ist grün, Koon.“, bemerkt Kyoko betreten ... und fragt sich, ob sie besser das Thema wechseln

sollte, entscheidet sich jedoch dagegen.

>Besser ich sage jetzt was dazu...<

„Das weiß ich doch.“, seufzt sie. „Aber es wäre so schön einfach...“

„Einfach wäre, wenn du endlich eine persönliche Assistentin hättest, die sich um so was kümmert.“

„Kann schon sein, - Aber meine Termine liegen jetzt, nach der letzten ‚Dark Moon’-Folge, sowieso

weiter auseinander. In nächster Zeit wird es sicher wieder etwas ruhiger.“, versucht sie ihn zu

besänftigen.

Es scheint ihr, zumindest zu Teil, zu gelingen. Mit einem lächelnden Seitenblick streicht Ren ihr über

die Wange.

„Wovon träumst du eigentlich nachts , Hime-chan?“, fragt er zärtlich.

„Du meinst, wenn ich nicht todmüde ins Bett falle und mich morgens an rein gar nichts mehr erinnern

kann?“, grinst sie zurück, „Von dir natürlich.“

>Die Interviews haben sie erstaunlich schlagfertig werden lassen... Verblüffend...! Dieses Mädchen ist

ein absolutes Naturtalent...<

„Nein, im Ernst“, meint Ren, nachdem er ihr ein zärtliches Lächeln geschickt hat, „Takarada-san brütet

irgendetwas aus. Irgendwas, das mit dir zu tun hat. – Ich würde an deiner Stelle jedenfalls nicht mit

einer längeren Ruhephase rechnen...“

„Weißt du Genaueres?“

„Nein, wir werden warten müssen, bis der alte Geheimniskrämer sich herablässt es uns mitzuteilen.“,

grummelt der junge Schauspieler.

Kyoko seufzt leise. Sie sieht müder aus als sie sich in ihrer Vorfreude auf den Abend fühlt.

„Wo fahren wir eigentlich hin, Koon? Du hast noch immer kein Wort darüber verloren...“

„Ins ‚Gouka Ichimatsu’.“, grinst Ren, „Dort ist nicht nur das Essen ausgezeichnet, sondern sie haben

auch ganz zauberhafte Speiseräume, wo wir uns wirklich ungestört unterhalten können. –

Außerdem ist dort Diskretion oberstes Gebot.“

„...mal abgesehen davon, dass es sündhaft teuer ist...“, ergänzt Kyoko seufzend und mit einem

Kopfschütteln.

„Na und?“ Rens Grinsen wird breiter, während er seiner Freundin zuzwinkert. „Es ist unser erstes

richtiges Rendez-vous und dafür kann gar nichts gut genug sein; ich möchte dich beeindrucken. –

Außerdem will ich dich endlich mal für mich allein haben.“

„Na, wenn du meinst...“, gibt Kyoko seufzend zurück ... und ergibt sich lächelnd in ihr Schicksal.

Ein schöner Abend

„........“ = wörtliche Rede

>.......< = Gedanken

[.........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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„Na und?“ Rens Grinsen wird breiter, während er seiner Freundin zuzwinkert. „Es ist unser erstes

richtiges Rendez-vous und dafür kann gar nichts gut genug sein; ich möchte dich beeindrucken. –

Außerdem will ich dich endlich mal für mich allein haben.“

„Na, wenn du meinst...“, gibt Kyoko seufzend zurück ... und ergibt sich lächelnd in ihr Schicksal.
 

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Ein schöner Abend
 

Als sie ein paar Minuten später am Eingang des traditionell japanischen Restaurants von dessen Okami-

san begrüßt werden, kann Kyoko gerade noch verhindern, unwillkürlich die Augen zu verdrehen. Das

Ambiente ist derart edel, dass das Mädchen [völlig zu Recht ^^] vermutet, dass die Speisen auf der

Karte gar nicht erst mit Preisen versehen sind. [Um genau zu sein, ist das Restaurant so vornehm, dass

es nicht mal eine Karte gibt . – Man kann also alles bestellen, was das Herz – bzw. der Magen -

begehrt... ^^]

„Guten Abend, Tsuruga-sama, ... Mogami-sama.“

Die Okami-san verbeugt sich tief.

„Verzeihen Sie bitte, dass wir so spät sind.“, entschuldigt sich Ren lächelnd, nachdem sie die Begrüßung

erwidert haben.

„Das macht überhaupt nichts.“, meint die Dame im dunkelgrünen Kimono daraufhin freundlich. „Das

hatten wir uns schon gedacht. – In der Küche steht nämlich ein Fernseher, weil die Küchenhilfen

unbedingt die Diskussionsrunde live mithören wollten. – Nach allem, was ich davon mitbekommen

habe, waren Sie beide heute Abend das absolute Highlight der Sendung, ... neben Ogata-sama

natürlich.“

„Freut mich, wenn es Ihnen gefallen hat.“, sagt Ren und lässt seinen Gentleman-Charme spielen. „Da

weiß man doch, wofür man arbeitet.“

Leicht grinsend wendet er sich an seine Begleiterin, die schon wieder rosa angelaufen ist.

„Nicht wahr, Mogami-san?“

Das Mädchen zuckt unmerklich zusammen ... und setzt blitzschnell ihr schönstes Lächeln auf.

„Ja, natürlich.“

„Folgen Sie mir bitte, ich bringe Sie zum Kranich-Zimmer, das wir heute für Sie reserviert haben.“
 

Als die Wirtin kurz darauf die Shoji [Das sind die japanischen, papierbespannten Schiebetüren.] zum

Speiseraum öffnet, bleibt Kyoko beinahe die Luft weg, ... obwohl sie sich schon auf einiges gefasst

gemacht hatte. Die Wand auf der rechten Seite ist nahezu vollständig von einem prächtigen, teils

vergoldeten Landschaftsgemälde mit eleganten, balzenden Kranichen bedeckt. Der niedrige Tisch in der

Mitte des Raumes, auf dem ebenhölzerne Platzteller mit rot lackierten Stäbchen auf roten

Porzellanbänkchen liegen, ist aus glänzend lackiertem Mahagoniholz, ebenso wie die Zeisus [=

japanische Stühle ohne Beine], die zusätzlich mit roten, golddurchwirkten Polstern bezogen sind.

Obwohl man Kyoko das Staunen gar nicht so sehr ansieht, kommt sie erst wieder richtig zur Besinnung,

als sie bereits am Tisch Platz genommen hat.

Ren, der sich zu ihrer Rechten niedergelassen hat ... und in dessen Blick sich eine gewisse Zufriedenheit

abzeichnet, wendet sich lächelnd an die Okami-san.

„Ich denke, nach dem anstrengenden Arbeitstag würde uns eine Kanne von Ihrem köstlichen Chamong

vor dem Essen gut tun. – Was meinst du, Mogami-san?“

Leicht verwirrt sieht sie ihn an und lächelt verlegen.

„Um ehrlich zu sein, bin ich ziemlich verspannt nach dem langen Tag ... da ist ein guter Tee wirklich

eine verlockende Vorstellung.“

„Wie Sie wünschen.“ Die Wirtin verbeugt sich zuvorkommend, „Möchten Sie, dass ich die Türen zum

Garten öffne? Warm genug wäre es draußen noch.“

„Ja, gerne.“, meint Ren ... und grinst verstohlen in sich hinein.

Die Okami-san schiebt die Shojis zur Seite und so fällt der Blick ihrer Gäste auf den kleinen Garten, der

von flackernden Steinlaternen und versteckt angebrachten Scheinwerfern mit erstaunlich weichem Licht

effektvoll in Szene gesetzt wird und in dem auf der linken Seite im Hintergrund ein kleiner Steinbrunnen

vor sich hin plätschert.
 

Als sie allein sind, schließt Kyoko für einen Moment die Augen und atmet tief durch. Dann seufzt sie

leise und sieht leicht errötet zu Ren auf.

„O.K., du hast gewonnen. – Das hier ist beeindruckend ... und wahrscheinlich jeden einzelnen Yen

wert. – Allein die Aussicht...“

Ren greift lächelnd nach ihrer Hand und drückt sachte einen Kuss auf den Handrücken.

„Für dich nur das Beste, Hime-chan. – Und hör endlich auf, dir wegen Geld Gedanken zu machen. Ich

hab genug davon ... und sowieso kaum Gelegenheit, es auszugeben.“

Kyoko lächelt weich und streicht ihm mit der gerade erst geküssten Hand über die Wange.

„Wenn das mal so einfach wäre.“, seufzt sie. „Ich habe mir wirklich Mühe gegeben in den letzten

Wochen, ... aber ... dieser Sparsamkeits-Tick steckt eben ganz tief in mir drin. – Und ich fürchte, das

wird sich vorerst auch nicht ändern...“

Ren grinst plötzlich von einem Ohr zum anderen.

„Tja, ... dann wirst du eben noch viel, viel üben müssen. – Ich sorge schon dafür, dass du genügend

Gelegenheiten dazu bekommst.“

Noch bevor Kyoko stöhnend die Augen verdrehen kann, öffnet sich die Schiebetür zum Gang und die

Okami-san erscheint mit dem Tee.

Der junge Schauspieler reagiert ebenso schnell wie souverän und beginnt übergangslos, über den

frühen Abend zu sprechen.

„Ogata-sensei sah richtig glücklich aus heute Abend. – Mit dem Erfolg von ‚Dark Moon’ ist er endgültig

aus dem Schatten seines Vaters getreten. – Ich finde, er hat viel an Selbstbewusstsein gewonnen seit

Beginn der Dreharbeiten.“

„Da hast du völlig Recht. – Und ich finde, dass sich das positiv auf seine Arbeit auswirkt.“, antwortet

Kyoko fast automatisch.

„M-hm, ... schon allein deshalb, weil er jetzt besser weiß, was er will.“

Die Wirtin hat inzwischen Tassen und Tee vor ihnen platziert.

„Ich komme dann gleich mit dem Essen.“, sagt sie in die entstehende, kleine Gesprächspause. „Ich

hoffe, Sie sind auch hungrig.“

„Vielen Dank.“, sagt Ren und greift nach der Teekanne, um seiner Begleiterin die Tasse zu füllen.

„Hungrig bin ich jedenfalls definitiv.“

Kyoko hebt skeptisch die Augenbrauen.

„Ich hatte heute nicht viel Gelegenheit, mir den Bauch zu füllen.“, fährt er lachend fort, als er den Blick

neben sich bemerkt.

„Na, dem werden wir dann jetzt Abhilfe schaffen.“, schlägt die Wirtin lachend vor, verlässt darauf

diensteifrig den Raum und schließt sorgfältig die Shoji hinter sich.
 

Stirnrunzelnd mustert Kyoko ihren Freund, während sie ihm nun ihrerseits den Tee eingießt.

„Du hast schon wieder den ganzen Tag nichts gegessen?“, fragt sie schließlich in einer Mischung aus

Entsetzen und Resignation.

„Doch schon.“, grinst Ren verschmitzt, „Aber nicht viel. – Ich wusste ja, was mich heute Abend erwartet.

Schließlich habe ich ja das Menü vorbestellt ... und es wäre doch wirklich ein Jammer, von diesen

ganzen - sündhaft teuren – Köstlichkeiten die Hälfte nicht mal anzurühren. – ...zumal du das

sowieso nicht zulassen würdest.“ Er zwinkert ihr breit grinsend zu. „Und wenn ich heute ein

‚anständiges’ Mittagessen zu mir genommen hätte, hätte ich mir vermutlich den freien Tag morgen

verdorben..., weil ich wegen der Magenschmerzen die ganze Nacht nicht geschlafen hätte...“

Kyoko seufzt, doch ihr Blick ist warm und ihre Augen lächeln.

„Du findest auch immer irgendeine Ausrede.“, brummt sie hlabherzig,während sie ihre Tasse aufnimmt.

Während Ren sie gespannt beobachtet und immer breiter grinst, trinkt das Mädchen mit geschlossenen

Augen einen genießerischen Schluck von ihrem Tee.

Unvermittelt reißt sie die Augen wieder auf und sieht ihren Freund ebenso fassungslos wie ungläubig

an.

„Das...“, beginnt sie, hält jedoch inne und nimmt erneut einen Schluck. Unwillkürlich entspannen sich

ihre Gesichtszüge und ein seliges Lächeln breitet sich in ihrem ganzen Gesicht aus.

„Das ist der beste Tee, den ich je getrunken habe.“, flüstert sie schließlich ehrfürchtig. „Dass etwas so

sanft die Kehle hinunter gleiten kann... Meine Güte, tut das gut.“

Zufrieden grinsend nippt nun auch Ren an seinem Tee.

„Stimmt.“, sagt er schlicht und sieht ihr zärtlich in die Augen. „Ich wusste, dass er dir schmecken wird.

Außerdem tut Chamong besonders nach einem langen Tag wahre Wunder. Egal wie stressig der Tag

war, dieser Tee zaubert einem ganz einfach ein Lächeln aufs Gesicht.“

Kyoko schüttelt mit einem halbherzigen Seufzen den Kopf. „... nach dem Preis frage ich wohl besser

nicht...“ Mit festem Blick sieht sie ihm plötzlich geradewegs in die Augen. „Wo wir gerade davon reden...

Lass mich noch mal auf deine Geschenke zurückkommen. – Es ist ja lieb gemeint, dass du mir ständig

irgendwas schickst...“

„Na, wenn ich schon nicht mit dir zusammen sein kann...“

„Ja“, unterbricht sie ihn sofort, „ich verstehe das vollkommen. – Es ist ja auch nicht so, dass ich mich

nicht darüber freuen würde, ... aber du solltest mir wirklich keine Rosen mehr in die Garderobe stellen

lassen.“

„Warum?“ Ren ist offensichtlich enttäuscht. „Ich hatte doch nie eine Karte beigelegt, es konnte also gar

nichts passieren... Du wusstest ja auch so, von wem sie waren... Das will ich jedenfalls hoffen.“

Kyoko muss unwillkürlich lächeln; irgendwie freut sie seine hilflose Eifersucht.

„Es könnte trotzdem rauskommen. – Es gibt nämlich nicht viele Leute, die wissen, wann ich mich wo

aufhalte. Wenn du also nicht vorzeitig auffliegen willst, solltest du das lieber lassen, Koon.“

Rens Gesicht hat sich mehr und mehr verdunkelt, inzwischen schmollt er wie ein kleiner Junge, dem

man sein liebstes Spielzeugauto weggenommen hat. Kyoko ist schon fast versucht nachzugeben, als ihr

mit einem Mal etwas Besseres einfällt.

„...oder denk dir wenigstens etwas Unauffälligeres aus. – Ich möchte schließlich nicht daran schuld sein,

wenn deine Karriere meinetwegen einen Knick bekommt.“

„Hmmm...“, überlegt Ren laut, „...unauffälliger...“

Aus dem kindlichen Schmollen wird plötzlich ein verschmitztes Grinsen.

„Gute Idee! – Es gibt eine Menge Dinge, die wesentlich unauffälliger als Blumensträuße, Handtaschen

oder Kleider sind... und wesentlich teurer...“

Noch ehe Kyoko Gelegenheit hat, irgendetwas zu erwidern ... oder auch nur einen entsetzten Blick

aufzusetzen, erscheint die Okami-san mit einer bildhübschen, jungen Bedienung und bringt das Essen.

Binnen kürzester Zeit haben sie die vielen, kleinen Köstlichkeiten so auf dem Tisch ausgebreitet, dass

das Ganze eher einem Kunstwerk gleicht, denn einem festlichen Abendessen.

Der junge Schauspieler greift beherzt zu einem der kostbaren Porzellanschüsselchen und reicht sie

Kyoko, die ihn zwar ein wenig verdutzt ansieht, sich jedoch ansonsten jeglichen Kommentars enthält.

Ren hingegen wendet sich mit einem freundlichen Gentlemanlächeln an die Wirtin.

„Vielen Dank, Okami-san, das sieht alles überaus köstlich aus.“

„Das ist nicht der Rede wert.“, erwidert diese lächelnd und gibt ihrem Mädchen ein Zeichen, sich zu

erheben. „Sie kommen sicher allein zurecht, Tsuruga-sama. Wenn Sie Hilfe benötigen oder noch einen

Wunsch haben, betätigen Sie einfach die Schelle an der Tischseite, ich werde mich dann darum

kümmern.“

Mit einer tiefen Verbeugung verlassen die beiden Frauen mit den Tabletts das Speisezimmer und

schließen sorgfältig die Schiebetüren hinter sich.
 

„Na endlich.“, stöhnt Ren, als die Schatten der Beiden hinter der Papierwand verschwunden sind.

„Manchmal bist du unmöglich, Koon.“, bemerkt Kyoko grinsend, während sie ihm eine kleine Auswahl

der gesündesten Köstlichkeiten vor die Nase setzt.

Ren hebt mit dem Zeigefinger ihr Kinn an, damit sie ihn ansieht ... und grinst breit zurück.

„Warum? – Ich warte schon seit mindestens vier Wochen darauf, endlich mal mit dir allein zu sein; da

wird ein bisschen Ungeduld ja wohl gestattet sein.“

Kyoko senkt verlegen den Blick ... und ehe sie sich versieht, spürt sie seine Lippen sanft und warm auf

ihren.

„Kleine Vorspeise.“, murmelt er grinsend, als er sich wieder von ihr löst, ... was in Kyokos Gesicht

natürlich erneut ein heftiges Erröten auslöst. [^__^]

„Du bist sehr süß.“, fügt er noch mit einem warmen Lächeln hinzu. „Itadakimasu.“

„Itadakimasu.“, erwidert das Mädchen verlegen.
 

„Warum sind wir hinausgegangen, Okami-san?“, fragt das Serviermädchen leise.

„Es war Tsuruga-samas ausdrücklicher Wunsch, dass sie allein speisen.“

„Oh.“, macht das Mädchen überrascht.

Nach ein paar Sekunden Stille sieht sie ihre Okami-san forschend an und ergreift – noch leiser als zuvor

– wiederum das Wort.

„Haben die beiden etwas miteinander?“, flüstert sie.

„Das glaube ich nicht.“, kommt es ebenso leise zurück. „Es ist ja schließlich nicht ungewöhnlich, dass

Filmleute unter sich bleiben wollen, um beim Essen etwas Wichtiges zu besprechen.“

„Aber es ist doch gar kein Produzent oder Manager anwesend...“, überlegt das Mädchen verwirrt.

„Das nicht“, erklärt die Okami-san, „aber ich weiß von Tsuruga-samas Manager, dass die beiden für

dieselbe Agentur arbeiten ... und dass er Mogami-samas Sempai ist.. – Und da heute Abend die letzte

Folge von ‚Dark Moon’ und die letzte dazugehörige Diskussionsrunde ausgestrahlt wurden, wird es

sicher zum Abschluss einiges an Manöverkritik geben.“

„Ich glaube nicht, dass es da viel zu kritisieren gibt.“, flüstert die junge Kellnerin skeptisch. „Mogami-

sama hat ihre Rolle wirklich gut gespielt und bei den Live-Auftritten war sie einfach cool ... und

gleichzeitig ungeheuer sympathisch.“

„Oh, es gibt sicher einiges, was uns als Laien gar nicht so auffällt ... und außerdem...“ Die Wirtin lächelt

verschmitzt. „...wird ein bisschen Feiern bei diesem Erfolg ja wohl auch erlaubt sein.“

Für einen Moment ist es still zwischen ihnen, beide Frauen lächeln vor sich hin...

„Aber sie wären sicher ein schönes Paar...“, seufzt das Mädchen schließlich leise.

„Hm, ... ja, das denke ich auch.“, stimmt die Okami-san unvermittelt zu, ... sieht die junge Kellnerin

jedoch plötzlich streng an. „Aber das wirst du schön für dich behalten. – Ich will nicht, dass hier

irgendwelche Gerüchte in die Welt gesetzt werden.“

Das Mädchen lächelt. „ Selbstverständlich .“
 

„...Koon...“

Zum dritten Mal setzt Kyoko jetzt an, etwas zu sagen, ... doch zum dritten Mal schiebt ihr Ren

unbeeindruckt eine weitere, kleine Köstlichkeit mit den Stäbchen in den Mund. Und zum wiederholten

Mal schließt das Mädchen unwillkürlich kurz die Augen, um den exzellenten Geschmack voll

auszukosten.

>Wie es scheint, kann sie gar nicht anders.<, überlegt Ren im Stillen und lächelt plötzlich warm.

>Meine Güte, ist das niedlich !<

Kyoko runzelt seufzend die Stirn und strafft sich ein wenig. Entschlossen öffnet sie die Augen wieder.

„Würde es dir etwas ausmachen, mich endlich mal ausreden zu lassen?“

Ren hat den Ellenbogen auf dem Tisch abgelegt und stützt den Kopf mit der Hand ab, während er sie

ein bisschen verträumt mustert.

„Natürlich nicht. Nur zu, Prinzessin, sprich dich aus.“ Grinsend nimmt er mit den Stäbchen ein Stück

Fisch auf und schiebt es sich in den Mund, während er den Blick keinen einzigen Moment von ihr

abwendet. [Die Frage ist ja, was er da gerade in seiner Vorstellung vernascht... ^^]

Kyoko wird mit einem Mal irgendwie heiß, und so dauert es einen Augenblick, bis sie einen erneuten

Versuch starten kann, ihre Frage zu stellen.

„Was hast du morgen vor, Koon? – Du hattest irgendwas von einem Ausflug gefaselt...“

Ein bisschen widerwillig setzt Ren sich wieder gerade hin.

„Ich geh mit meiner Liebsten in den Rikugien. Dort ist es nicht nur sehr schön, es gibt da auch einige

sehr hübsche Teehäuser.“

„Aber...“, beginnt das Mädchen verblüfft, „in einem Landschaftspark mitten in Tokyo ist die Gefahr,

erkannt zu werden doch viel zu groß! – Ich möchte nicht...“

„Mach dir keine Sorgen.“, unterbricht er sie ruhig und streicht mit einer Hand über ihren Arm. „Es ist

eigentlich ein bisschen schade, dass bisher nur ein paar einzelne Blätter rot gefärbt sind, aber dafür

werden wir dort im Park ziemlich unter uns sein. Die Leute warten mit dem Besuch, bis das Herbstlaub

geradezu in der Sonne leuchtet ... und das dürfte noch zwei bis drei Wochen dauern. – Die tun grad so,

als gäbe es außer roten Blättern nichts Sehenswertes in diesem Landschaftsgarten. Dabei ist er wirklich

grandios. ... Du wirst schon sehen.“

„Na, wenn du meinst...“ Kyoko zuckt kaum merklich mit den Schultern ... und hat plötzlich Mühe, ein

Gähnen zu unterdrücken.

Ren legt die Stirn ein wenig in Falten.

„Wie viel hast du in der letzten Woche geschlafen?“, fragt er ernst.

Das Mädchen sieht ihn verblüfft an.

„Im Schnitt ungefähr drei Stunden.“, antwortet sie schließlich. „Ich muss wegen des vollen

Terminkalenders der letzten Wochen einige Prüfungen in der Schule nachholen, darum habe ich die

letzten zwei Wochen in jeder freien Minute gelernt.“ Verlegen lächelnd zuckt sie mit den Schultern.

„Kein Wunder, dass du so müde bist.“

„Ach, halb so schlimm.“, winkt das Mädchen lässig lächelnd ab.
 

Eine Viertelstunde später ist Kyoko am Tisch eingeschlafen.

Glücklicherweise hatte Ren es bereits bemerkt, als ihr die Augen zufielen und sie sachte aufgefangen.

Jetzt lehnt sie – noch immer selig schlummernd – an seiner Schulter und hat sich in seinen Arm

gekuschelt.

Ren schaut seufzend auf seine Armbanduhr. Einen langen Moment beobachtet er sie in ihrem Schlaf,

dann rüttelt er sie sachte und küsst sanft ihre Stirn.

„Aufwachen, Hime-chan.“, sagt er leise. „Es ist Zeit, dass ich dich nach Hause bringe.“

Kyoko reißt erschrocken die Augen auf und sieht ihn – reichlich desorientiert – an.

„Oh, entschuldige. Bin ich eingeschlafen?“

„Ja, Schatz. – Ich denke, wir machen für heute Schluss und ich fahre dich heim; es ist ohnehin spät

genug. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.“
 

Als sie wenig später im Wagen sitzen und sich auf den Weg zum Daruma-ya machen, dauert es kaum

drei Minuten, bis Kyoko erneut eingeschlafen ist.

Zärtlich streicht Ren ihr über die Wange ... und das Mädchen lächelt leise seufzend in ihrem

Schlummer...
 

___________________________________________________________________________
 

Nachwort
 

Gemerkt? Ren hat ein neues Hobby: Geschenke für Kyoko besorgen.

Dass er dabei eine völlig neue Form von Mobbing erfunden hat, war zwar nicht von ihm beabsichtigt,

aber er kann nicht leugnen, dass es ihm Spaß macht, seine Liebste dadurch jedes Mal ein wenig in

Verlegenheit zubringen. ^__^

...Mobbing durch möglichst teure Geschenke... ^^ Eine Form von Quälerei, die ausschließlich bei sehr

bescheidenen Menschen funktioniert... Oder hättet ihr damit Probleme?
 

Lasst mich noch ein paar kleine Bemerkungen zu dem oben erwähnten Tee machen. ^^

Der Chamong (Ja, es gibt ihn wirklich! ^^) ist ein außergewöhnlich blumiger, chinesischer Darjeeling,

der tatsächlich ganz sanft die Kehle hinunter gleitet. Na ja, er ist nicht ganz so teuer wie Kyoko meint

(ca. 10 € für 100 Gramm), aber sie selbst hätte sich niemals einen so teuren Tee gegönnt (und in einem

Teehaus oder Restaurant schlagen sie ja noch mal ordentlich was auf den Einkaufspreis drauf. ^^). Es

lohnt sich wirklich, ihn mal zu probieren, selbst, wenn man sonst kein Teetrinker ist. (Man kann ihn

sich ja für besondere Gelegenheiten aufbewahren. ^^) *schwärm*

Ich muss allerdings sagen, dass es auch noch weit kostspieligere Tees gibt; insbesondere die

exklusiven, japanischen (Bio)Grüntees sind durchaus auch schon mal dreimal so teuer.

So, das war’s für diesmal. Ich hoffe, ich hab euch mit dem Nachwort nicht gelangweit. ^^’

"Schwiegereltern"...?

„........“ = wörtliche Rede

>.......< = Gedanken

[.........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

Als sie wenig später im Wagen sitzen und sich auf den Weg zum Daruma-ya machen, dauert es kaum

drei Minuten, bis Kyoko erneut eingeschlafen ist.

Zärtlich streicht ihr Ren über die Wange ... und das Mädchen lächelt leise seufzend in ihrem

Schlummer...
 

___________________________________________________________________________
 

„Schwiegereltern“ ...?
 

Ren biegt in die Straße zum Daruma-ya ein und wirft einen kurzen Seitenblick auf seine Freundin, die

noch immer tief und fest zu schlafen scheint.

Kurz entschlossen hält er nicht am Straßenrand vor dem Restaurant, sondern fährt durch die Einfahrt in

den Hinterhof, wo sich der Lieferanteneingang befindet.

Auf dem Hof rangiert er den Wagen ein wenig hin und her, damit man von der Beifahrertür aus einen

ungehinderten Zugang zum Hintereingang hat, der jetzt nur noch zwei Meter vom Auto entfernt ist.

Noch immer schläft Kyoko reglos auf ihrem Sitz.

Sachte berührt der junge Schauspieler sie am Arm.

„Kyoko-chan!“, ruft er gedämpft. „Hime-chan, ... wir sind da.“

Behutsam rüttelt er sie an der Schulter.

Keine Reaktion.

Nicht einmal ein leichtes Zucken.

Seufzend trifft Ren eine Entscheidung.

Er steigt aus dem Auto ... und wirft die Tür geräuschvoll in Schloss.

Ein Blick zurück ins Innere des Wagens verrät ihm, dass es zwecklos war. – Also begibt er sich zur

Beifahrertür, öffnet diese, befreit das Mädchen vom Sicherheitsgurt und trägt sie, nachdem er die

Wagentür ein bisschen umständlich mit dem Fuß geschlossen hat, zum Hintereingang. Noch bevor er

die Suche nach der Klingel starten kann, öffnet sich die Tür, hinter der ihn die Okami-san mit einem

ebenso verblüfften wie breiten Lächeln begrüßt.

„Ich dachte mir schon, dass Sie es sind“, sagt sie, „ich hatte die Wagentür gehört.“

„Oh“, erwidert Ren mit einem leisen Anflug von schlechtem Gewissen, „ich hoffe, ich habe Sie nicht

gestört.

„Ach was.“, winkt die Okami-san freundlich lächelnd ab. „Wir sind gerade mit der Küche fertig und

wollten uns vor dem Zubettgehen noch eine Tasse Tee gönnen. – Ist Kyoko-chan eingeschlafen?

[Saublöde Frage, was? ^^] – Ich sag’s ja immer, sie arbeitet einfach zu hart.“

„Ja, das habe ich ihr auch schon gesagt. – Seit wir ins Auto gestiegen sind, ist sie nicht mehr wach zu

bekommen. Ich fürchte, ich muss sie ins Bett tragen .“ [Ey, du alter Schleimer! Als ob dir das soo

unangenehm wäre...!]

„Da haben Sie wohl Recht, Tsuruga-san. Bitte folgen Sie mir, ich zeige Ihnen den Weg.“

Leise gehen sie die Treppe hinauf in Kyokos Zimmer, wo er das Mädchen sachte auf dem Bett ablegt.

Vorsichtig zieht er ihr die Schuhe aus, inzwischen sorgfältig darauf bedacht, sie nicht mehr zu wecken.

Dann küsst er sie zärtlich auf die Stirn, erhebt sich und dreht sich schließlich leicht errötet der Okami-

san zu.

„Würden Sie bitte...“, beginnt er verlegen.

„Natürlich.“, fällt ihm Hana Morinaga leise lachend ins Wort. „Ich kümmere mich um den Rest.“

Nach einem letzten, kurzen Blick auf das schlafende Mädchen, wendet er sich noch einmal an die ältere

Frau.

„Lassen Sie sie bitte morgen Früh ausschlafen, ich denke, das ist mal dringend nötig. – Und sagen Sie

ihr bitte, dass ich sie frühestens gegen Mittag abholen werde...“

„Natürlich. Gerne.“
 

Kaum hat Ren das Zimmer verlassen, da kommt ihm auch schon der Chef des Daruma-ya entgegen, ...

ein wenig brummig ... wie immer. ^^

„Ist was passiert?“, fragt der Mann besorgt.

„Nein.“, beruhigt ihn der junge Schauspieler. „Kyoko-chan ist nur auf der Rückfahrt eingeschlafen und

war nicht wieder wach zu bekommen.“

Makoto Morinaga legt die Stirn in Falten und schüttelt den Kopf.

„Wie üblich überarbeitet, hm?“

„Richtig.“, seufzt Ren.

Der ältere Mann klopft ihm auf die Schulter und schaut ihn mit einem irgendwie ernsten Lächeln an.

„Kommen Sie, Tsuruga-san. Trinken Sie noch eine Tasse Tee mit mir; das ist eine gute Gelegenheit für

ein Gespräch von Mann zu Mann.“

Man sieht es dem jungen Schauspieler zwar nicht an, aber ein wenig mulmig ist ihm plötzlich doch

zumute. Wer weiß, was ihn jetzt erwartet...?
 

Als die beiden Männer schließlich, jeder eine Tasse dampfenden Tee vor sich, am Küchentisch [der

privaten Küche] sitzen, sieht Ren den Chef des Daruma-ya fragend und voll innerer Spannung an.

„Tsuruga-san“, beginnt der Ältere schließlich, „mir ist klar, dass da etwas zwischen Ihnen und Kyoko-

chan läuft ... und ... Sie meinen es offensichtlich ernst mit ihr, nicht wahr?“

Ren sieht seinem Gegenüber geradewegs in die Augen und atmet tief durch, als ihm bewusst wird, dass

das Ganze auf eine Art Vater-Schwiegersohn-Gespräch hinauslaufen wird.

„Ja.“, sagt er schließlich entschieden. „Ich habe noch nie jemanden so sehr geliebt wie Kyoko-chan.“

Der ältere Mann sieht ihn forschend an, ganz so, als warte er noch auf weitere Erklärungen... und so

fährt Ren nach einer unangenehm angespannten Pause zögernd fort.

„Ich weiß gar nicht, ob ich vorher überhaupt je geliebt habe.“, gesteht er und senkt unsicher den Blick.

„Ich denke nicht.“, setzt er nach einer kleinen Pause leise hinzu.
 

„Ich glaube Ihnen, Tsuruga-san.“, sagt der Chef des Daruma-ya nach einer Weile ernst. „Verstehen Sie

mich bitte nicht falsch, ich bin schließlich nicht Kyoko-chans Vater; eigentlich habe ich gar nicht das

Recht mich einzumischen. Aber unsere Ehe ist kinderlos geblieben und Kyoko-chan steht offenbar

alleine da ...daher betrachten wir das Mädchen ein bisschen wie eine eigene Tochter.

Sie ist eine sehr starke Persönlichkeit mit einer ungeheuren Willenskraft und einer ordentlichen Portion

Sturheit. – Was das betrifft, könnte sie glatt als meine eigene Tochter durchgehen. – Sie gibt niemals

auf, egal wie verfahren eine Situation auch ist, ... aber ... sie hat schon einige sehr schlechte

Erfahrungen gemacht. Na ja, eigentlich weiß ich überhaupt nichts Genaues darüber, aber ... Sie sollten

wissen, dass sie schon einmal von einem Mann schwer enttäuscht wurde. Das macht sie verletzlich.

Sehr viel verletzlicher, als es nach außen den Anschein hat...“

Ren sieht dem älteren Mann offen ins Gesicht.

„Ich weiß.“, sagt er mit einem ernsten Nicken. „Obwohl ich diesen ungehobelten Schnösel wohl nicht als

‚Mann’ bezeichnen würde...“

Sein Gegenüber starrt ihn verblüfft an. „Sie wissen mehr?!“

„Ja.“, bestätigt Ren und atmet erst einmal tief durch.

„Ich bin nicht sicher, ob ich darüber ohne Kyoko-chans Wissen sprechen sollte“, erläutert er dann, „aber

mir ist nicht entgangen, dass sie Ihnen sehr am Herzen liegt ... und irgendwie finde ich, dass Sie es

wissen sollten.

Ich habe Kyoko-chan schon vor 10 Jahren in Kyoto kennen gelernt, lange bevor ich mein

Schauspieldebüt in Japan hatte. Wir hatten uns danach lange aus den Augen verloren, ... aber ich weiß

ein bisschen mehr über ihre Vergangenheit als die meisten anderen Menschen.

Ihre Sandkastenliebe, Sho Fuwa, hat sie auf eine äußerst unschöne und verletzende Art sitzen lassen,

nachdem er ihre Gefühle für eine ziemlich lange Zeit schamlos ausgenutzt und sich – zum Teil sicher

auch auf ihre Kosten – im Musikgeschäft etabliert hatte.“

Wenn er nicht schon sitzen würde, müsste Makoto sich jetzt schnellstens einen Stuhl suchen. Doch so

nimmt er erst einmal einen kräftigen Schluck Tee.

So war das also...“, murmelt er entsetzt.

„Ja“, seufzt Ren, „aber ich persönlich glaube, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist.“

Der Chef des Daruma-ya sieht ihn fragend an.

„Ich glaube, dieser Schock des ‚Verlassen-Werdens’ sitzt bei ihr noch wesentlich tiefer als es den

Anschein hat. – Sie kennt ihren Vater nicht und ihre Mutter hat sie als Kind ohne ein einziges Wort der

Erklärung einfach im Ryokan der Fuwas zurückgelassen. – Als so eine Art Dienstmagd.“

„Oh mein Gott!“, kommt es von der Tür her, wo eine entsetzte Okami-san wie versteinert dasteht ...

und das wohl schon eine ganze Weile.

„Das erklärt natürlich einiges...“, meint sie, als sie endlich ihre Sprache wieder gefunden hat.

Noch immer geschockt setzt sie sich zu den beiden Männern an den Tisch und nimmt sich mit zittrigen

Fingern eine Tasse, ... die ihr allerdings sofort von ihrem Mann wieder abgenommen wird, um ihr den

Tee einzugießen.

Mit einem blassen Lächeln nimmt sie das Getränk schließlich entgegen.

„Daher also ihre tadellosen Umgangsformen, die Leichtigkeit beim Servieren, ihre perfekte

Haltung... ...all die vielen Kleinigkeiten...“, überlegt sie fassungslos.

„Das alles hat sie auf eine sehr harte, schmerzhafte Art lernen müssen.“, erklärt Ren ernst. „Erst von

ihrer Mutter, ...die absolut niemals mit ihren Resultaten zufrieden war ... und dann als – na, sagen wir

es ruhig, wie es war – als billiges Dienstmädchen.“

„Sie wissen viel über Kyoko-chan. Das heißt, dass sie Ihnen sehr vertrauen muss.“, stellt die Okami-san

sachlich fest.

„Na ja, einiges wusste ich noch von früher und etliches habe ich mir zusammengereimt. – Sie spricht

nur ungern darüber, ... aber in den letzten Wochen haben wir viel telefoniert, dabei fällt das Sprechen

über solche Dinge sehr viel leichter...“

„Entschuldigen Sie die indiskrete Frage, Tsuruga-san“, beginnt die Wirtin ebenso verlegen wie

neugierig, „Sie beide sind etwa seit der Premiere von ‚Dark Moon’ zusammen, habe ich Recht?“

„Ja, genau seit diesem Abend, ... wenn auch leider nicht offiziell...“ Ren lacht trocken. „Die Fans würden

uns zum jetzigen Zeitpunkt womöglich beide lynchen. - Ich wünschte, es wäre einfacher. Warum fragen

Sie, Okami-san?“

„Nun“, lächelt sie, „weil Kyoko-chan sich verändert hat. Sie ist seither ausgeglichener, auch im größten

Trubel bleibt sie relativ gelassen, ...jedenfalls für ihre Verhältnisse ... und sie hat ein ganz

zauberhaftes, verträumtes Lächeln auf den Lippen, wenn sie sich unbeobachtet fühlt. – Außerdem

kommen hier alle paar Tage Päckchen oder Blumen an.“

„Na, die werden wohl alle von mir sein.“, gibt Ren verlegen grinsend zu.

„Ich hoffe doch“, meint Makoto, „jedenfalls, wenn Sie sie ihr anonym geschickt haben.“

Ren nickt.

„Das beruhigt mich.“, bemerkt der Chef des Daruma-ya ernst. „Ich hatte schon befürchtet, es hätte sich

bereits herumgesprochen, dass sie hier wohnt. – Es ist auch so schon schlimm genug.“

Bei Ren schrillen plötzlich sämtliche innere Alarmglocken.

„Seit ca. drei Wochen wird unser Restaurant zeitweise von einigen Fans belagert.“, erklärt Hana. „Sie

sind alle sehr höflich und freundlich und wenn es uns zu viel wird, ist es auch kein Problem, sie fort zu

schicken; bisher scheint es noch ein Geheimtipp zu sein, dass Kyoko-chan hier wohnt, ... aber es ist

nur eine Frage der Zeit...“

„...bis die Zustände nicht mehr tragbar sind.“, ergänzt ihr Mann. „Verstehen Sie mich bitte richtig,

Tsuruga-san. Es macht uns nichts aus, ein klein wenig belebt es sogar das Geschäft, ... aber Kyoko-

chan wird hier vermutlich bald keine ruhige Minute mehr haben. – Es wäre besser, wenn sie an einen

sichereren Ort umziehen würde.“

„Ja“, meint die Okami-san, „wir haben nur keine Ahnung, wie wir ihr das sagen sollen. Wir möchten auf

keinen Fall, dass sie glaubt, wir wollten sie loswerden. – Aber ... der Vorfall in der U-Bahn hat schon

angedeutet, dass es auch ganz schön gefährlich werden kann, von so vielen Menschen bewundert zu

werden.“

Ren ist plötzlich ziemlich blass im Gesicht, das Herz rutscht ihm vor Schreck Richtung Fußboden.

„Was war das für ein Vorfall?“, fragt er leise, ... auch wenn er schon ungefähr ahnt, um was es sich

handelt.

„Sie hat es Ihnen also nicht erzählt.“, stellt Makoto nachdenklich fest. „Na ja, es hätte mich auch

gewundert. So ist sie halt, sie will eben niemanden beunruhigen. Vermutlich wüsste auch ich nichts

davon, wenn ich nicht...

Aber lassen Sie mich die Sache von vorn berichten.

Vor vier Wochen musste sie recht früh zu einem Fotoshooting für eine Jugendzeitschrift in die

Innenstadt. Sie war der Meinung, wenn sie etwas früher losginge und die erste Bahn nähme, könne sie

sicher unbehelligt zum Verlag kommen, da ja um diese Zeit noch nicht so viele Leute unterwegs sind. –

Ein verhängnisvoller Irrtum, wie sich herausgestellt hat!

Als sie an der U-Bahn-Station ankam, war sie innerhalb kürzester Zeit von Leuten umzingelt und kam

nicht einmal zum Bahnsteig runter. Sie hat daraufhin ihr Handy genommen und mich angerufen, weil

sie wusste, dass ich um diese Zeit vom Gemüsemarkt komme und daher in der Gegend bin. – Ich habe

sie dann mit der tatkräftigen Hilfe von zwei Sicherheitsleuten der U-Bahngesellschaft mühsam aus der

Menschenmasse herausgeboxt. – Seither benutzt sie keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr und nimmt

fast jeden Umweg und jede Wartezeit in Kauf, um sicher von einem Ort zum anderen zu kommen.“
 

Ren nimmt einen kräftigen Schluck von seinem Tee, der inzwischen fast kalt ist.

>...und ich war wieder nicht da, um ihr zu helfen...<, schießt es ihm durch den Kopf.
 

„So geht das nicht weiter.“, murmelt er schließlich und sieht unvermittelt dem Ehepaar auf der anderen

Tischseite fest in die Augen. „Wenn sich in den nächsten Tagen nichts tut, muss ich noch einmal mit

Takarada-san sprechen. Sie braucht dringend eine persönliche Assistentin, die sie auch zu den

Locations fahren kann...“

Einen langen Augenblick denkt er angestrengt (und vollkommen in sich gekehrt) nach, dann hat er

plötzlich eine Idee.

„Wegen einer neuen Wohnung sollte ich auch mit ihm reden. – Mir ist nämlich gerade eingefallen, dass

in meiner Etage eine Wohnung frei wird ... und soweit ich weiß, gehört die unserer Agentur. – Das Haus

wäre eine gute Alternative, die Sicherheitsmaßnahmen dort sind beträchtlich, es kommt längst nicht

jeder rein. – In dem Haus wohnen nämlich fast ausschließlich Künstler: ... Musiker, Schauspieler,

Regisseure etc. ...

Und wenn das nicht geht, muss so bald wie möglich eine andere Lösung her...“

„Das hört sich an, als würden Sie sich schon eine ganze Weile um Kyoko-chan Sorgen machen.“, meint

Makoto ... und mit einem Mal ist in seinem Blick, der sonst eher abweisend und brummig wirkt, etwas

sehr Warmes, Liebevolles.

Ren zuckt seufzend mit den Schultern.

„Was bleibt mir übrig?“, fragt er hilflos. „Sie will ja noch immer nicht begreifen, wie prominent sie in der

kurzen Zeit geworden ist. – Aber vielleicht ist das auch ein bisschen viel verlangt. Sie hatte in den

letzten zwei Monaten so viel zu tun, dass sie vermutlich nicht einmal zum Nachdenken gekommen

ist ... geschweige denn dazu, sich die Konsequenzen ihres Erfolges auch nur annähernd auszumalen. –

Sie haben sie doch gesehen, Okami-san. ... Sie ist schon während des Essens eingeschlafen. – Dieses

Arbeitspensum ist für einen Anfänger bei diesen Arbeitsbedingungen deutlich zu hoch, ... selbst für

jemanden mit einer so professionellen Einstellung.“

„Dann sind wir gar nicht allein mit unseren Bedenken?“ Die Okami-san ist nun doch überrascht, ...

sicher nicht zuletzt deshalb, weil Kyoko selbst sich niemals beschwert, ...zumal sie eigentlich nie so

ganz zufrieden ist mit ihrer Arbeit.

„Natürlich nicht! – Und, ... um ehrlich zu sein, hab ich wegen des Betreuers schon letzte Woche unserem

Chef die Hölle heiß gemacht ... und er hat versprochen, dass der jetzige Zustand bald ein Ende hat. –

Allerdings hat er keinen Zeitpunkt genannt.

Sagen Sie aber bitte Kyoko-chan nichts davon; es wäre ihr sicher nicht recht.“

„Vermutlich.“, lacht Hana. „Das Mädchen reagiert merkwürdig empfindlich, wenn man offen Partei für

sie ergreift ... oder sie lobt. – Wahrscheinlich würde sie dann Ihnen erstmal die Hölle heiß

machen...“

Kleiner Ausflug

Hallo Schnuffis! ^^

Passend zu Ostern hab ich ein richtig romantisches Kapitel für Euch. Betrachtet es ruhig als eine Art

Osterspaziergang (obwohl in der FF ja gerade Frühherbst ist... ^^’), bei dem ihr Kyoko und Ren

begleiten könnt. – Hach, die Zwei sind einfach nur zum Knuddeln... *seufz*

Irgendwie macht es mir ganz besonderen Spaß, diese romantischen Szenen zu schreiben (typisch Frau,

was?), ... aber leider geht das nicht in jedem Kapitel, sonst würde die Handlung ja gar nicht

vorankommen...

Ich wünsch Euch jedenfalls viel Spaß beim Lesen ... und frohe Ostern! ^^
 

„.........“ = wörtliche Rede

>........< = Gedanken

[..........] = persönliche Kommentare der Autorin

unterstrichene Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Natürlich nicht! – Und. ... um ehrlich zu sein, hab ich wegen des Betreuers schon letzte Woche unserem

Chef die Hölle heiß gemacht ... und er hat versprochen, dass der jetzige Zustand bald ein Ende hat. –

Allerdings hat er keinen Zeitpunkt genannt.

Aber sagen Sie bitte Kyoko-chan nichts davon; es wäre ihr sicher nicht recht.“

„Vermutlich.“, lacht Hana, „das Mädchen reagiert merkwürdig empfindlich, wenn man offen Partei für

sie ergreift ... oder sie lobt. – Wahrscheinlich würde sie dann Ihnen erstmal die Hölle heiß

machen...“
 

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Kleiner Ausflug
 

Das sachte Kitzeln eines Sonnenstrahls, der auf ihrer Nasenspitze zu tanzen scheint, streichelt Kyoko

am nächsten Morgen sanft aus einem erholsamen Schlaf.

Die Augen noch geschlossen, ist sie für den Bruchteil einer Sekunde ein wenig erschrocken, ... doch

schon im nächsten Augenblick fällt ihr zu ihrer Erleichterung ein, dass sie heute endlich den lang

ersehnten, freien Tag hat.

Etwas träge beschließt sie, noch ein Weilchen vor sich hin zu träumen, während sie sich wohlig unter

der Bettdecke streckt und räkelt.

Schließlich öffnet sie ihre Augen doch ... und setzt sich gemächlich im Bett auf, ein zufriedenes Lächeln

auf den Lippen ... bis ihr mit einem Mal auffällt, dass die Sonne bereits verdächtig hoch am Himmel

steht.

Ein kurzer Blick auf ihren Wecker bewirkt dann, dass sie wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett

stolpert und blitzartig zum Schrank hechtet, um sich in Windeseile einen Yukata überzuziehen.

>Oh, mein Gott!! – Koon wollte mich doch abholen! Was mache ich denn jetzt?! – Vielleicht ist er schon

wieder weg...<

Wilde Panik macht sich unwillkürlich in ihr breit. In Windeseile verlässt sie ihr Zimmer und stößt auf

dem Flur heftig mit der Hausherrin zusammen, die gerade einen Stapel Handtücher in die kleine

Wäschekammer bringen will ... und eben noch verhindern kann, dass sie das Gleichgewicht oder die

Handtücher verliert.

„Langsam, Kind.“, lacht die Okami-san, ... wird jedoch gleich im nächsten Moment von einem Blick

getroffen, den man irgendwo zwischen Panik, Verwirrung und dämonischer Wut einordnen kann. [Ihre

Dämonen müssen ganz schön verwirrt sein. ^^]

„Warum haben Sie mich nicht geweckt?! – Ich...“

Stöhnend hebt sie die Hände in einer nur halben Geste und wendet sich dann unvermittelt in Richtung

Badezimmertür, wobei sie unverständliche Selbstbeschimpfungen vor sich hin brummt.

Kopfschüttelnd räumt die Wirtin die Wäsche in die Fächer der kleinen Kammer.

„Was ist denn los?“, ertönt es plötzlich sonor hinter ihr. „Ist sie endlich aufgewacht?“

„Ja, Liebling. – Und wie es scheint, regt sie sich furchtbar darüber auf, dass es schon fast Mittag ist. –

Ich hatte keine Chance, es ihr zu erklären. – Meinst Du, ich sollte...“

„Nein.“, fällt ihr Makoto ins Wort und deutet achselzuckend in Richtung Badezimmertür, hinter der man

lautes und irgendwie hektisches Gepolter vernehmen kann. „Das hat gar keinen Sinn. In diesem Zustand

kann man nicht mit ihr reden. Warte, bis sie sich ein wenig beruhigt hat.“

Just in diesem Augenblick schellt es an der Hintertür.

„Oh, ... das wird sicher Tsuruga-san sein.“, meint die Okami-san und zwinkert ihrem Mann zu. „Den hat

sicher die Sehnsucht früher hergetrieben.“

„Ja, ja, ich gehe schon und lasse ihn herein.“, grummelt Makoto, kann sich jedoch das Grinsen nicht

ganz verkneifen.

Seine Frau drückt ihm einen Kuss auf die Wange und sieht ihn dann streng an, ... allerdings nicht ohne

ein nachsichtiges Lächeln in den Augen.

„Aber verschreck mir den jungen Mann nicht. – Er hat ohnehin schon einen Heidenrespekt vor dir.“

„Ist auch gut so...“, brummt Makoto grinsend und macht sich auf den Weg zur Hintertür.
 

„Guten Morgen, Morinaga-san.“, sagt Ren mit einem leicht verlegenen Lächeln. „Ich fürchte, ich bin ein

bisschen früh dran. – Ist Kyoko-chan schon wach?“

„Guten Morgen, Tsuruga-san. – Ja, ist sie, ... seit ungefähr 10 Minuten.“, grinst der Chef des Daruma-

ya. „Und, wie nicht anders zu erwarten, steht sie völlig neben sich, weil sie glaubt, verschlafen zu

haben. – Leider ist im Moment nicht mit ihr zu reden.“

Unwillkürlich muss Ren in das Grinsen einstimmen; er kann sich lebhaft Kyokos wilde Hektik

vorstellen...

>So ist sie immer, wenn sie denkt, dass sie ihre Pflichten vernachlässigt oder jemanden enttäuscht

hat...<

„Sie ist oben.“, unterbricht Makoto die Gedankengänge des jungen Schauspielers. „Gehen Sie ruhig

hinauf, vielleicht hört sie Ihnen ja zu.“

Einen kurzen Augenblick sieht Ren den älteren Mann vor sich verblüfft an, dann beeilt er sich, die

Treppe hinauf zu kommen, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nimmt.
 

Ebenso verdutzt wie zuvor Ren starrt der Chef des Daruma-ya dem jungen Mann hinterher.

„Na, hoffentlich wird sie bei seinem Anblick jetzt nicht noch kopfloser...“, murmelt er ... und

grinst plötzlich wieder. „Bin ja mal gespannt...“

Eilig folgt er dem jungen Schauspieler ins obere Stockwerk.
 

Ren kommt gerade in dem Moment vor dem Badezimmer an [Die Okami-san hat ihm netterweise die

richtige Tür gezeigt. ^^], als Kyoko schwungvoll die Tür öffnet und heftig mit ihm zusammenstößt. Mit

hochrotem Kopf hüpft sie einen Schritt zurück und schnappt hilflos nach Luft. Sie weiß auch ohne

aufzublicken, wen sie da beinahe umgerannt hätte. Augenblicklich steigt eine unangenehme Hitze in ihr

auf, das Rot in ihrem Gesicht nimmt die Farbe von überreifen Tomaten an und sie setzt schon an, sich

überschwänglich dafür zu entschuldigen, dass sie noch nicht fertig angezogen ist, ... doch es kommt

nicht ein Laut über ihre Lippen. Außerdem scheint es, als sei plötzlich kein einziger, klarer Gedanke

mehr in ihrem Gehirn zu finden. ...außer vielleicht der Rest einer ziemlich peinlichen Erkenntnis, die ihr

kurz zuvor im Bad kam... Ihr fehlt – beunruhigenderweise – vollkommen die Erinnerung daran, wie sie

ins Bett gekommen ist ... und in ihren Schlafanzug...

Vor lauter Verlegenheit hat sie nicht einmal mehr den Mut aufzublicken.

Ren indessen lächelt leicht abwesend vor sich hin.

>Eigentlich ist sie unglaublich süß, wenn sie sich so aufregt.<, denkt er, während seine Finger schon

leise zucken vor Verlangen, ihr noch leicht feuchtes Haar zu berühren ... oder ihre rosigen Wangen ...

oder...

Kurzerhand packt er sie nachdrücklich am Arm, dreht sich kommentarlos um und zieht sie hinter sich

her, um mit ihr durch die nächstbeste Tür zu verschwinden, ... vorbei an den breit grinsenden

Morinagas.
 

Er findet sich in der Wäschekammer wieder. [...in der noch immer das Licht brennt, weil die Okami-san

bei all dem Trubel glatt vergessen hat, es auszuschalten. ^^]

Kyoko ist so verblüfft, dass sie noch immer kein Wort herausbringt, ... was jedoch die Panik in ihrem

Innern nicht im Mindesten mildert. Mit riesengroßen Augen schaut sie ihn an.

Ren lächelt weich. Mit einem kaum merklichen Achselzucken zieht er sie energisch zu sich heran und

küsst sie ausgiebig.
 

Als Kyoko endlich wieder zu Atem kommt, hat sich ihr Blick deutlich geklärt.

„Kann ich dir jetzt sagen, dass du gar nicht verschlafen hast?“, fragt Ren grinsend.

Das Mädchen sieht ihn ungläubig an.

„Ich bin früh dran.“, erklärt der junge Schauspieler ruhig. „Ich hatte die Morinagas gebeten, dich heute

ausschlafen zu lassen. Und ich kann dir verraten, dass wir in dieser Angelegenheit absolut einer

Meinung waren. – Du kannst dich also ganz in Ruhe fertig machen; ich warte.“ Er streicht ihr lächelnd

über die Wangen. „...egal, wie lange es dauert.“

Kyoko weiß nicht warum, doch die innere Unruhe und die Panik, die sie noch vor einer Minute so

geplagt haben, haben sich irgendwie in Luft aufgelöst...
 

Erst eine gute Stunde später sitzt das junge Paar endlich im Auto. [Das Ehepaar vom Daruma-ya hat die

Beiden nicht ohne ein anständiges Frühstück ziehen lassen. ^^] Ren biegt gerade vom Hinterhof in die

Straße ein, als er plötzlich leise vor sich hin lacht und langsam den Kopf schüttelt.

Kyoko sieht ihn fragend an. „Hm?“

„Ach, ... es ist nur...“, beginnt er, das ganze Gesicht ein einziges Schmunzeln. „Es ist schon seltsam, ...

mit den Morinagas, meine ich. – Einerseits ist es schrecklich peinlich, wenn einen praktisch wildfremde

Leute so betütern, ... aber andererseits erzeugt das so ein ... warmes Gefühl im Innern. So ganz anders

als bei den Fans, die sich weiß Gott was einfallen lassen, um einem eine Freude zu machen. – Schwer zu

beschreiben, aber es ist irgendwie so ein Gefühl wie ... zu Hause sein...“

„Stimmt.“ Kyoko lächelt. „Obwohl ich eigentlich so was von zu Hause gar nicht kenne. – Du weißt ja, wie

meine Mutter ist. Sie hätte nicht mal sich selbst Frühstück zubereitet. – Ich frage mich, ob sie gar nicht

kochen kann ... oder ob sie es nur als unter ihrer Würde betrachtet, sich selbst in die Küche zu

stellen...“

„Meine tut das auf jeden Fall!“, grinst Ren. „Dafür habe sie ja schließlich Personal, hat sie immer gesagt.

– Und wenn sie alle Jubeljahre mal selbst den Kochlöffel geschwungen hat, dann war es die reine

Katastrophe. Alle waren dann immer heilfroh, wenn diese Anwandlungen wieder vorbei waren, ... ganz

besonders die Köchin.“

Kyoko kichert leise bei der Vorstellung; inzwischen hat sie ein ziemlich plastisches Bild von Rens

Kindertagen.

„Hmm...“, überlegt sie schließlich laut. „Ich hab mich oft gefragt, ob meine Mutter vielleicht eine Ojiou-

sama war, die aus irgendeinem Grund von zu Hause verstoßen worden ist. – Vielleicht sogar

meinetwegen... Aber ich hab mich nie getraut zu fragen.“

Rens Blick wird ernst. Zärtlich streicht er ihr mit der Hand über den Oberarm und wirft ihr einen

aufmunternden Seitenblick zu.

„Selbst wenn... Sie hätte lieber versuchen sollen, das Beste daraus zu machen. Dich stattdessen wie ein

lästiges Übel zu behandeln zeugt nicht gerade von innerer Größe. – Als ob du daran Schuld

wärst...! – Allerdings muss ich dir Recht geben, ... dass es tatsächlich so gewesen sein könnte; ...

jedenfalls würde es einiges erklären.“

Kyoko seufzt leise und schaut zum Fenster hinaus.

Eine Weile herrscht Stille, dann greift Ren nach ihrer Hand und drückt sie sachte.

„Bitte hör auf, dich selbst zu quälen, Kyoko-chan. Selbst wenn es so war, du kannst nichts dafür, du

bist lediglich das Opfer dieser ganzen Geschichte. – Freu dich lieber auf den Rikugien, ich bin sicher, er

wird dir gefallen, Hime-chan.“

Das Gesicht des Mädchens hellt sich ein wenig auf und in ihrer Miene erscheint ein scheues Lächeln.

>Stimmt.<, denkt sie nachdrücklich. >Es ist wirklich völlig sinnlos, an der Vergangenheit zu kleben und

dabei in Selbstmitleid zu zerfließen. – Schließlich sitzt da jemand neben mir, der mir sehr viel

bedeutet ... und der zu mir hält... Koon... mein Koon... ...der begehrteste Junggeselle Japans...<

Unwillkürlich entfährt ihr ein nervöses Seufzen.

>Ich frage mich immer noch ernsthaft, warum er ausgerechnet mit mir zusammen sein will... Er

könnte doch buchstäblich jede haben...<
 

Ren hat ihr Mienenspiel von der Seite her beobachtet und legt die Stirn in Falten.

>Da sind sie wieder, ihre Selbstzweifel.<, seufzt er innerlich. >Ich wünschte, ich könnte sie ihr

nehmen... Schon merkwürdig, ... dass ich das früher nicht bemerkt habe... Heute erkenne ich

diesen Blick schon von weitem. – Meine Güte, sie ist wirklich vollkommen unfähig zu lügen, ... ihr

Gesicht ist quasi wie ein offenes Buch ... na ja, jedenfalls für jeden, der darin zu lesen versteht...<
 


 

„Koon! – Sieh dir das an!“

Kyoko, die ein paar Meter vor dem jungen Schauspieler, der jetzt mit Baseballkappe und Sonnenbrille

herumläuft, zwischen den üppigen Büschen steht, winkt ihren Freund mit leuchtenden Augen heran. Mit

einer Hand muss sie den kleinen Sonnenhut festhalten, den Ren ihr kurz vor dem Aussteigen aus dem

Wagen vorsorglich mit einem breiten Lächeln im Gesicht aufgesetzt hat, ... ebenso wie die große

Sonnenbrille, die nun fast die Hälfte ihres Gesichts verdeckt.

Lächelnd folgt er ihr auf dem schmalen Pfad.

>Das geht nun schon fast eine Stunde so.<, schmunzelt er vor sich hin. >Sie findet etwas, das sie

begeistert und ich laufe hinterher wie ein treuer Dackel. - Es ist absolut faszinierend, wie jemand so

viel Enthusiasmus aufbringen kann...<

„Ich liebe dich.“, flüstert er Kyoko ins Ohr, als er auf gleicher Höhe mit ihr ist.

Die Wangen des Mädchens verfärben sich zusehends...

Ein wenig umständlich räuspert sie sich und deutet mit einer ausladenden Geste nach vorn.

„Sieh dir diesen wunderschönen Bachlauf an, ist das nicht wie verzaubert?“

„Ja.“, stimmt ihr Freund unumwunden zu; ... dabei findet er den Anblick des vor Freude geradezu

leuchtenden Gesichts neben sich eigentlich weitaus faszinierender...

Doch Kyoko hüpft schon weiter. Lachend dreht sie sich im Kreis, die Augen geschlossen.

Als sie ins Trudeln gerät, beeilt sich Ren, an ihre Seite zu kommen, um sie sicher aufzufangen.

„Du siehst wieder die Feen und Nymphen tanzen, stimmt’s?“, fragt er schmunzelnd.

Kyoko hält inne in ihrer Begeisterung, während ihr die Röte siedendheiß ins Gesicht schießt.

„Ja.“, gibt sie schließlich zu, den Blick verlegen gesenkt. „Ich weiß, alle finden es lächerlich, ... aber ...

ich sehe sie wirklich...“

Ren drückt sie zärtlich an sich und saugt genüsslich den Duft ihrer Haare ein.

„Nein“, sagt er leise, „es ist nicht lächerlich. – Nur weil andere sie nicht sehen können, heißt das noch

lange nicht, dass sie nicht existieren. - Ich würde nur nicht damit hausieren gehen...“

Er lacht leise. „Manchmal fange ich an, mir zu wünschen, ebenfalls diese Gabe zu haben; vielleicht wäre

dann in der Vergangenheit vieles erträglicher gewesen...“

Sachte hebt er ihr Kinn an und schaut ihr tief in die Augen.

„Ich liebe es, wenn du so voller Enthusiasmus bist. – Du bist der wundervollste Mensch, der mir je

begegnet ist, Hime-chan.“

[Wie das Rot in Kyokos Gesicht sich gerade entwickelt, brauche ich wohl nicht erwähnen, oder? – Armes

Mädchen! Ihr Blutdruck und die Adrenalinwerte in ihrem Blut machen mir langsam Sorgen... ^___^]
 

Ein paar Minuten später hat Kyoko sich wieder gefangen und darüber hinaus das abgelegene Plätzchen

ausreichend gewürdigt. [^^]

Doch obwohl nur ein paar ältere Leute in dem bekannten Landschaftspark unterwegs sind, von denen

obendrein im Augenblick niemand in Sichtweite ist, traut sich keiner der beiden auch nur nach der

Hand des anderen zu greifen. [Man weiß ja nie, ob in den Büschen nicht doch irgendwelche Paparazzi

lauern... ^^]

Ein Weilchen spazieren sie still lächelnd nebeneinander her.

Schließlich seufzt Ren kaum hörbar und atmet tief durch, bevor er zögernd das Wort ergreift.

„Kyoko-chan, ... ich möchte mit dir über etwas sprechen. – Aber bitte sag nicht gleich nein, sondern

denk erst gründlich darüber nach.“

Kyoko nickt und sieht ihn erwartungsvoll an.

„Ich hatte gestern ein längeres Gespräch mit Morinaga-san. Und im Laufe dieses Gesprächs ist mir klar

geworden, dass du nicht mehr lange im Daruma-ya wirst wohnen können. – Es wird schon bald nicht

mehr sicher genug für dich sein. - Bitte, Kyoko-chan, denk darüber nach. – Ich will dich nicht drängen,

... genauso wenig wie die Morinagas, ... aber du solltest wirklich bald an einen besser geschützten Ort

umziehen, ... wo du sicher vor aufdringlichen Fans und Reportern bist.“

Kyoko seufzt tief.

„Vor ein paar Wochen noch hätte ich schlicht abgestritten, dass das überhaupt einen Gedanken wert ist.

– Und ich fühle mich auch jetzt nicht unbedingt wohl dabei; es hört sich irgendwie so an, als würde ich

mir einbilden, wer weiß wie wichtig zu sein...

Aber ich kann leider nicht mehr abstreiten, dass das Leben komplizierter geworden ist, dadurch dass

mich einige Leute auf der Straße erkennen... Seit...“ Erschrocken bricht sie ab und senkt den Blick.

„Seit dem Vorfall in der U-Bahn-Station vor vier Wochen“, ergänzt Ren leise, „weißt du, dass so was

auch ganz schön brenzlig werden kann.“

Entsetzt schaut das Mädchen auf.

„Du weißt davon?!“

Ren lächelt warm und erklärt ruhig: „Morinaga-san hat es mir gestern erzählt; auch, dass das Daruma-

ya seit ca. drei Wochen zeitweise von einigen Fans belagert wird. – Ich weiß, noch ist das alles nett und

überschaubar ... und ich kann durchaus verstehen, wenn du es sogar genießt. Es sind schließlich die

Früchte deiner ausgezeichneten Arbeit. – Aber ... das kann sich schnell ändern...“

Kyoko entfährt ein genervtes Ächzen. „Ich genieße es nicht “, bemerkt sie säuerlich, „es ist mir

eher peinlich...“

Ren ist sichtlich erleichtert und denkt einen Augenblick nach.

„Würde...“, beginnt er zögernd, „...würde es dir etwas ausmachen, bei mir im Haus zu wohnen? – In

meiner Etage wird eine Wohnung frei und meines Wissen ist es ein LME-Apartment...“ Unsicher sieht er

seine Freundin an.

Kyoko sieht ziemlich überrumpelt aus; sie braucht eine ganze Weile, bis sie antworten kann.

„Nein.“, sagt sie schließlich lächelnd, „Es würde mir nichts ausmachen, Koon.“

„Gut.“, meint Ren ... und atmet hörbar auf. „Dann werde ich mit Takarada-san darüber sprechen. – Was

hältst du davon, jetzt in dieses kleine Teehaus auf dem Hügel dort drüben zu gehen?“

„Sehr viel. – Ich hab langsam ein bisschen Hunger ... und ein Tee kann auch nicht schaden...“

Rorys neuester Coup

„........“ = wörtliche Rede

>.......< = Gedanken

[.........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Würde...“, beginnt er zögernd, „...würde es dir etwas ausmachen, bei mir im Haus zu wohnen? – In

meiner Etage wird eine Wohnung frei und meines Wissens ist es ein LME-Apartment...“ Unsicher sieht er

seine Freundin an.

Kyoko sieht ziemlich überrumpelt aus; sie braucht eine ganze Weile, bis sie antworten kann.

„Nein.“, sagt sie schließlich lächelnd. Es würde mir nichts ausmachen, Koon.“

„Gut.“, meint Ren ... und atmet hörbar auf. „Dann werde ich mit Takarada-san darüber sprechen. – Was

hältst du davon, jetzt in dieses kleine Teehaus auf dem Hügel dort drüben zu gehen?“

„Sehr viel. Ich hab langsam ein bisschen Hunger ... und ein Tee kann auch nicht schaden...“
 

___________________________________________________________________________
 

Rorys neuester Coup
 

„Vielen Dank, Mogami-sama.“ Der Taxifahrer versucht sich in seinem Sitz überschwänglich zu

verbeugen, während er Kyoko die Kreditkarte, die LME ihr extra für ihre Fahrspesen eingerichtet hat,

und die Quittung übergibt.

„Oh, ich habe zu danken.“, erwidert das Mädchen höflich ... und atmet noch einmal tief durch,

bevor es die Wagentür öffnet.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“, wendet Kyoko sich noch einmal an den Fahrer.

„Ich Ihnen auch, Mogami-sama, und vielen Dank noch mal für die Autogramme, meine Töchter werden

sich sehr darüber freuen.“

„Keine Ursache.“, meint Kyoko lächelnd, während sie bereits aus dem Wagen aussteigt. Noch einmal

nickt sie dem Taxifahrer kurz zu, dann wendet sie sich endgültig dem Haupteingang des LME-

Gebäudes zu.

Ein wenig mulmig ist ihr schon, doch nach dem gestrigen Gespräch mit Ren hat sie sich, entgegen ihrer

ursprünglichen Absicht, doch entschlossen, heute Morgen den Haupteingang zu benutzen.

Ren hatte ihr gesagt, dass es zwei Möglichkeiten gäbe, mit dem Trubel nach der letzten „Dark Moon“-

Folge umzugehen: Entweder sie benutzt, wie sie es ursprünglich vorgesehen hatte, einen der

Nebeneingänge, zu denen Sawara-san ihr vor zwei Wochen eine Chipkarte gegeben hatte, ... und geht

damit dem größten Trubel aus dem Weg... Wobei sie damit gleichzeitig riskiert, selbst in der LME-

Zentrale noch wochenlang bei jeder Gelegenheit auf das Ereignis angesprochen zu werden...

Oder sie beißt in den sauren Apfel, kämpft sich durch die Empfangshalle am Haupteingang und

anschließend durch das Gewimmel an den großen Fahrstühlen ... und bringt damit die

„Glückwunschtour“ – wie Ren es schmunzelnd nannte – gleich zum größten Teil hinter sich. – Mit dem

Nebeneffekt, dass man sie danach – zumindest innerhalb des LME-Gebäudes – vermutlich

vergleichsweise unbehelligt ihrer Arbeit nachgehen ließe.

Da Kyoko nicht die geringste Lust hat, selbst in der Agentur wochenlang mit immer denselben Fragen,

Glückwunschfloskeln und Bemerkungen bedrängt zu werden, hat sie sich dann doch für die zweite

Variante entschieden.

Sie hat den Eingang noch nicht erreicht, da geht es auch schon los mit dem Schulterklopfen, den

Glückwünschen, den Autogrammwünschen...
 

>Was für ein Glück, dass ich eine ganze Stunde früher los bin.<, seufzt sie innerlich, während sie ihr

freundlichstes Service-Lächeln aufsetzt. >Sie meinen es ja lieb ... und da ist ein Lächeln wohl das

Mindeste, was ich ihnen geben sollte...<
 

Eine gute halbe Stunde braucht sie, bis sie sich durchs Foyer gekämpft hat und schließlich in einen der

Fahrstühle steigen kann. Doch auch dort bleibt sie nicht unbehelligt.

Erst eine weitere Viertelstunde später kommt sie dann endlich im Büro vom Abteilungsleiter der Talent-

Section an und ist – obwohl man es ihr von außen kaum ansieht – völlig fertig.
 

„Guten Morgen, Mogami-san.“, flüstert Sawara, während er mir einer Hand die Hörmuschel des Telefons

zuhält. „Ich bin gleich soweit. Setz dich einen Augenblick ... und sieh dir schon mal den Plan an.“ Er

reicht ihr ein bedrucktes Blatt Papier.
 


 

„Das wär’s dann soweit.“, meint Sawara, nachdem sie alles Wichtige für die nächste Woche besprochen

haben. „Ach, bevor ich es vergesse: Takarada-san hat mich gebeten, dich zu ihm ins Büro zu schicken,

wenn wir hier fertig sind.“

Kyoko fragt sich verdutzt, ob sie vielleicht irgendetwas angestellt hat ... oder eine ihrer Pflichten

vernachlässigt ... oder ob er mit ihrer Arbeit unzufrieden ist... Doch eigentlich ist sie sich keiner Schuld

bewusst...

„Worum geht es?“, fragt sie schließlich verunsichert.

Sawara zuckt mit den Schultern und lächelt entschuldigend.

„Darf ich nicht verraten, sonst wird er sauer. Du kennst ihn ja, er will unbedingt selbst mit dir

sprechen.“

Das Mädchen erhebt sich seufzend vom Stuhl und macht sich auf den Weg in die oberste Etage.
 

Aufgeregt zupft Kyoko an ihrer Bluse unter dem hellgrauen Jackett herum, als sie in Rory Takaradas

Vorzimmer auf Einlass wartet.

Zum x-ten Mal wirbeln die immer gleichen Fragen in ihrem Kopf herum, ohne dass sie zu einem

Ergebnis kommt.

Nervös streicht sie den ebenfalls hellgrauen Rock glatt.

„Sie können jetzt hinein, Mogami-san.“, sagt die Sekretärin freundlich lächelnd und deutet auf die

ledergepolsterte Tür zum Büro des LME-Chefs.

Kyoko klopft beherzt an und tritt nach einem kurzen „Ja, bitte.“ in das geräumige Zimmer ein.
 

Eigentlich sollte sie sein Anblick nicht sonderlich überraschen, doch das Renaissance-Kostüm eines

venezianischen Dogen, das ihr Chef heute trägt, ist noch ein wenig prächtiger als die Kostüme, die er

sonst so anzieht.

„Guten Morgen, Kyoko-chan.“, begrüßt er sie lächelnd. „Nimm doch bitte Platz.“

„Guten Morgen, Takarada-san.“, erwidert das Mädchen aufgeregt, während sie sich tief verbeugt. Dann

setzt sie sich mit leicht zittrigen Knien auf einen der Besucherstühle vor dem wuchtigen Schreibtisch.

„Ich habe dich herkommen lassen, weil es einiges an Neuigkeiten gibt, die ich mit dir besprechen

möchte.“, beginnt er. „Aber zunächst einmal möchte ich dir gratulieren. Du hast großartige Arbeit

geleistet in den letzten Wochen ... und du hast meine Erwartungen dabei wieder mal weit übertroffen. –

Bei der Gelegenheit möchte ich mich auch gleich bei dir für die chaotischen Arbeitsbedingungen

entschuldigen. Eigentlich ist es nur deiner fleißigen und disziplinierten Mitarbeit zu verdanken, dass die

Terminpläne eingehalten werden konnten.

Es tut mir wirklich Leid, aber es war wichtig, den grandiosen Erfolg von ‚Dark Moon’ auszunutzen, um

sozusagen ein tragfähiges Fundament für deine Schauspielkarriere aufzubauen, ... auch wenn dir dafür

zunächst kein Betreuer zur Verfügung stand. Die persönliche Assistentin, die ich für dich im Auge habe,

hatte leider bis gestern anderweitige Verpflichtungen. – Ab morgen steht sie dir zur Verfügung; ich

denke, am besten treffen wir drei uns gegen Mittag hier in meinem Büro, dann stelle ich euch einander

vor und wir besprechen letzte Details.“

„Sie kennen sie schon länger, Takarada-san?“, fragt Kyoko schüchtern.

Rory nickt.

Das Mädchen holt tief Luft und nimmt ihren Mut zusammen.

„Darf ich fragen, was für ein Mensch sie ist?“

„Natürlich.“, gibt der Agenturchef zurück.

>Seltsam.<, denkt er für sich. >Dieselbe Frage wie von Rina-san...<

„Rina Kobayashi ist 24 Jahre alt, ziemlich groß, freundlich und aufgeschlossen. Sie macht es einem

ausgesprochen leicht, mit ihr auszukommen. Aber ihre wichtigste Eigenschaft ist ihr einzigartiges

Organisationstalent; eigentlich kommt sie erst so richtig auf Touren, wenn es wirklich stressig wird.

Drüber hinaus betreibt sie einige Kampfsportarten und sollte dir demnach auch allzu aufdringliche

Zeitgenossen vom Leib halten können, wenn das mal nötig sein sollte.“

Er mustert Kyoko eindringlich, die anscheinend noch reichlich skeptisch ist.

„Keine Sorge“, fährt er dann fort, „sie ist wirklich sehr nett, ich denke, ihr Beide werdet euch gut

miteinander vertragen.“

Kyoko sieht verlegen zu Boden, dann strafft sie sich leicht und hebt den Blick wieder, die Wangen leicht

rosa.

„Weiß sie...?“, fragt sie zögernd.

„Ja“, schmunzelt Rory, „sie weiß bereits von Ren-kun und dir ... und wird die Angelegenheit natürlich

äußerst diskret behandeln. Das war die wichtigste Vorbedingung für ihre Anstellung. – Die Einzelheiten

werde ich allerdings erst morgen Vormittag mit ihr erörtern.“
 

>Meine Güte, bin ich derart Furcht einflößend?<, überlegt Rory, während er die noch immer ziemlich

verschüchterte Kyoko betrachtet. >Oder denkt sie tatsächlich, ich hätte ernsthaft etwas an ihrer Arbeit

auszusetzen?<
 

„Entspann dich ein bisschen, Kyoko-chan, du bist schließlich nicht hier, um dir eine Standpauke

abzuholen, sondern damit wir über deine Zukunft sprechen können.“

Das Mädchen lächelt – noch immer leicht nervös – und sucht eine bequemere Haltung, die nicht ganz so

formell wirkt wie die bisherige.

„Nach dem Royal-Snow-Spot“, beginnt Rory erneut, ... während Kyokos Gedanken unwillkürlich ein

wenig in lang gehegte Träume abdriften, „wirst du ja diesen Kimono-Werbespot zusammen mit Maria-

chan machen.“

Das Mädchen kommt lächelnd in die Gegenwart zurück. „Ja, das wird bestimmt lustig.“

„Schon“, meint der LME-Chef ernst, „aber es sollte nicht nur Spaß sein. – Ich möchte, dass Maria-

chan lernt, dass auch ein Werbespot harte Arbeit ist, die man nicht einfach so nebenher macht. Bisher

habe ich den Eindruck, dass sie die ganze Schauspielerei mehr als ein abenteuerliches Spiel betrachtet.

- Ich möchte, dass du darauf achtest, dass sie wirklich ihr Bestes gibt und konzentriert mitarbeitet.“

„Ich denke, das wird kein Problem sein.“, antwortet Kyoko. „Das Konzept des Regisseurs kommt Maria-

chan sicher entgegen. Ich glaube nicht, dass es irgendwelche Schwierigkeiten geben wird.“

„Na ja“, gibt Rory zu, „dass ihr Beide als Schwestern auftretet, macht es ihr nun wirklich leicht; aber

könntest du bitte trotzdem dafür sorgen, dass sie auch mitbekommt, dass das Ganze bei allem Spaß

auch eine ernsthafte Angelegenheit ist, ... auch für die, die hinter der Kamera arbeiten. – Ich rede

mir da nämlich nur den Mund fusselig...“

„Ich werde mein Bestes tun.“, verspricht Kyoko entschlossen.

„Gut, das beruhigt mich; wenn jemand diesem wilden Kind etwas beibringen kann, dann du.

Kommen wir also zum wichtigsten Thema heute Morgen: Ich habe nach langem Suchen endlich ein

geeignetes Drehbuch für dein nächstes Filmprojekt gefunden ... und obendrein einen exzellenten

Regisseur, der ganz scharf darauf ist, mit dir zu arbeiten. – Es handelt sich um Ushio Kurosaki, mit dem

du und Kotonami-chan den Kyulala-Spot gedreht habt. – Er hat bislang nur Werbespots und Musikclips

gedreht und hier und da kleinere Kurzfilmprojekte; es ist also sein erster, abendfüllender Film.

Der Film soll zunächst in den Kinos laufen – evtl. sogar in Korea [Gemeint ist natürlich Süd-Korea. ^^]

und Hong Kong, es ist zumindest von Seiten eines koreanischen Filmverleihs schon Interesse bekundet

worden – später wird er hier in Japan auch im Fernsehen gesendet.“

Kyoko lehnt neugierig den Oberkörper nach vorn.

„Um was handelt es sich genau?“, will sie wissen.

„Der Titel steht noch nicht fest, aber es ist eine Agentenkomödie mit jeder Menge Spannung und

Romantik ... und dir und Ren-kun in den Hauptrollen.“

Das Herz der jungen Schauspielerin hüpft vor Aufregung fast schon aus ihrem Brustkorb heraus; dafür

kommt aus ihrem nun offen stehenden Mund nun nichts mehr...

„Es geht um zwei Agenten“, erläutert der Agenturchef, während er es fertig bringt, Kyokos Reaktion

vollständig zu ignorieren und ein breites Grinsen zu unterdrücken, „die – unabhängig voneinander – an

demselben Fall arbeiten und zunächst in Konkurrenz zueinander stehen, ... was natürlich auch

bedeutet, dass sie deswegen ständig kräftig aneinanderrasseln.

Takeshi Nanohara, den Ren-kun spielen wird, ist Offizier beim militärischen Geheimdienst der Marine,

intelligent, ein ausgezeichneter Agent und Analytiker, der den Dingen gern auf den Grund geht ... und

ein Mann mit Prinzipen, der sich gern an die Spielregeln hält.

Ran Nekozawa, die du spielen wirst, ist fast das genaue Gegenteil: Sie arbeitet für die PSIA [siehe

Nachwort! ^^], ist impulsiv, arbeitet vor allem intuitiv, ist dabei sehr intelligent und nutzt all ihre

Fähigkeiten für ihre Arbeit, mitunter auch dann, wenn es gegen geltende Gesetze verstößt; dazu gehört

z.B. auch, dass sie eine hervorragende Taschendiebin ist. Allerdings hat sie dabei ihre ganz eigene

Ethik und überlegt sich jedes Mal genau, wie weit sie bei diesen Regelverstößen gehen will und ob es

verhältnismäßig ist.

Ziemlich schnell stellt sich dann heraus, dass die beiden Agenten sich perfekt ergänzen und die

jeweiligen Vorgesetzten beschließen, sie in diesen Fall zusammenarbeiten zu lassen, was sie dann auch

sehr erfolgreich tun.

Und natürlich verlieben sich die zwei am Ende ineinander.

Das ist – in groben Zügen – die Handlung.“

„Klingt ganz interessant.“, meint Kyoko. „Aber auch nach einer Menge Arbeit.“

„Das ist richtig.“, bestätigt Rory ernst. „Und zwar schon im Vorfeld. Ren-kun hat bereits einige kleinere

Stunts gemacht, aber du hast bisher keine praktischen Erfahrungen außerhalb des Akademie-

Unterrichts, daher wirst du alles noch mal von der Pike auf trainieren müssen. Welche und wie viele

Stunts du dann letztlich bei den Dreharbeiten selber machen kannst und willst, hängt natürlich davon

ab, was du in der kurzen Zeit alles lernen kannst. – Es wäre auf jeden Fall günstig, wenn es möglichst

viele Stunts wären, denn das würde für die Zukunft dein Rollenspektrum erweitern. – Je vielseitiger du

bist, desto mehr Offerten wirst du bekommen ... und bei einem reichhaltigen Angebot hast du dann

auch die Wahl, welche Rollen du annehmen willst. –

Ich hatte dir ja schon gesagt, dass wir jetzt vor allem darauf achten müssen, dass du schauspielerisch

nicht in eine bestimmte Ecke gedrängt wirst. Du hast ja gesehen, dass nach der Ausstrahlung der ersten

Folgen von ‚Dark Moon’ vor allem Angebote für dich rein kamen, die ähnlich geartet waren wie die Rolle

der Mio. Die Besetzungsbüros der Filmproduktionen sind leider meistens nicht unbedingt kreativ. –

Normalerweise achten wir nicht so extrem darauf, welche Angebote für unsere Nachwuchsschauspieler

in Frage kommen, meist sind wir am Anfang froh über jeden Rollenvorschlag, aber in deinem Fall wäre

es eine Schande, auch nur das Risiko einzugehen, dass dein Talent in dieser Art von Rollen

verkümmert.“

„Hmm“, überlegt Kyoko laut, „und wie soll das mit dem ... äh ... Stunt-Unterricht funktionieren?“

„Es ist bereits ein Stunt-Koordinator aus Hong Kong engagiert, der euch beide und einige der

Nebendarsteller schon vor Drehbeginn trainieren wird.

Darüber hinaus wird es jedoch auch einige Ballszenen geben, für die ihr Tanzunterricht bekommen

werdet. – Ich weiß, dass Du die Grundlagen bereits beherrschst, weil ihr ja in der Akademie

europäischen Gesellschaftstanz lernt, ... aber ihr werdet zwei vollständige Choreographien für den Film

brauchen; und dafür ist das, was du an der Akademie gelernt hast, sicher eine gute Grundlage. Ich

denke, ihr werdet genügend Zeit haben, schließlich seid ihr beide gut in Form und habt eine schnelle

Auffassungsgabe.

Was mir ein wenig heikler erscheint, ist, dass du neben ein paar Kussszenen auch einige Szenen haben

wirst, in denen du sehr viel Sexappeal beweisen musst. Diese Szenen sind zwar in keiner Weise

unanständig, aber mir ist klar, dass es für ein junges Mädchen in deinem Alter ein wenig peinlich sein

kann, als so eine Art ‚männermordender Vamp’ aufzutreten.“

Kyoko sieht ihn mit großen, unschuldigen Augen an ... und wird zusehends rot im Gesicht.

„Ich ... ich“, stammelt sie, „ich weiß nicht, ob ich so was kann, ...ich habe es noch nie ausprobiert.“

Sie sieht ihren Chef ein wenig unglücklich an, sodass er sich ein Schmunzeln nicht verkneifen kann.

„Aber du würdest es versuchen.“

Das Mädchen nickt.

„Das reicht mir doch schon für den Anfang. Es wird sich sicher auch noch jemand finden, der dir da ein

paar Tipps geben kann, die dir weiterhelfen werden.“

Rory schiebt ihr über den Schreibtisch ein Drehbuch zu.

„Sieh dir das Skript erstmal an. - Ich jedenfalls glaube, dass du kaum Schwierigkeiten haben wirst, diese

Rolle zu spielen. – Ich erwarte auch nicht, dass du den Vertrag unterschreibst, bevor du es gelesen

hast.“

Kyoko nimmt das Drehbuch und blättert darin.

„Wir schon schief gehen ...“, murmelt sie; dann sieht sie Takarada forschend an. „Ich gehe davon aus,

dass diese Szenen ohnehin nur einen kleinen Teil der Handlung ausmachen werden.“

Rory lacht. „Darauf kannst du Gift nehmen! Ich mache doch nicht schon im Ansatz das Image meiner

größten Entdeckung seit Langem kaputt!

Aber vielleicht hilft dir bei der Entscheidung auch ein wenig, dass Kanae Kotonami ebenfalls in einer

wichtigen Nebenrolle dabei sein wird.“

Kyoko sieht freudig überrascht auf und denkt einen Augenblick nach, dann klappt sie das Drehbuch zu.

„Gut, ich lese es so schnell wie möglich. Bis wann soll ich Ihnen Bescheid geben?“

„Eigentlich so bald wie möglich, aber zur Not reicht es Ende nächster Woche.

Oh, bevor ich es vergesse: Es gibt noch etwas Wichtiges. In dem Haus, in dem Ren-kun wohnt, wird

eine unserer Wohnungen frei, genau genommen im gleichen Stockwerk...“

Das Mädchen ist höchst verblüfft. „Oh, hat Ren-san schon mit Ihnen gesprochen?!“

„Ja, gestern Abend.“

Die Röte kriecht erneut in Kyokos Gesicht, die Sache ist ihr sichtlich peinlich.

„Wäre es dir recht, quasi in seiner Nachbarschaft zu wohnen? – Ich frage dich das ganz bewusst hier

unter vier Augen; mir ist durchaus klar, dass du eine sichere Wohnung brauchst, ... aber es lässt sich

bestimmt auch eine andere Lösung finden, wenn du Bedenken hast.“

Kyoko ist noch immer höchst verlegen, doch sie strafft entschlossen die Schultern und blickt ihr

Gegenüber fest an (wenn auch mit noch immer rosigen Wangen).

„Nein, Takarada-san, ich habe keinerlei Bedenken wegen Ren-san. – Und er hat leider Recht, wenn er

sagt, dass ich möglichst bald umziehen muss. Ich habe den Gedanken lange genug vor mir her

geschoben ... ich möchte nicht, dass die Leute, bei denen ich jetzt wohne, von aufdringlichen Fans

belästigt werden.“

„Gut“, meint Rory daraufhin ruhig, „dann hast du jetzt eine neue Bleibe. – Ich denke, dass du nächste,

spätestens übernächste Woche einziehen kannst. Ich lasse dir den Schlüsselchip dann zukommen. – Sag

einfach Bescheid, wenn du Hilfe oder einen Umzugswagen brauchst.“

„Schon gut“, murmelt Kyoko verlegen, „so viele Sachen hab ich ja gar nicht...“

„Mein Angebot steht trotzdem. Ruf einfach an, wenn irgendwelche Probleme auftauchen sollten. – Am

besten gebe ich auch meiner Sekretärin Bescheid, ... falls ich mal nicht da sein sollte, wenn du Hilfe

benötigst.“

Er erhebt sich und geht um den Schreibtisch herum auf das Mädchen zu.

„Dann sind wir für heute fertig. Falls einem von uns noch etwas Wichtiges einfallen sollte, können wir

das ja morgen besprechen.“
 

Nachdem Kyoko das Büro des Agenturchefs verlassen hat, schlendert Rory nachdenklich lächelnd zum

Fenster hinüber.

>Ich bin ziemlich sicher, dass sie das Angebot annehmen wird. – Hm, ...meine beiden Love-Me-

Praktikantinnen zusammen in ihrem ersten Kinofilm... Das wird bestimmt lustig...<
 

Eine Weile hängt er seinen Vorstellungen über den bevorstehenden Dreh nach und überlegt

angestrengt, wie oft er sich am Set blicken lassen kann, ohne allzu sehr zu stören. Dann geht ihm

plötzlich ein anderer Gedanke durch den Kopf.

>Ich glaube, ich war ein bisschen hart, ... die Bewährungsprobe, auf die ich Ren-kun und Kyoko-chan

die letzten Wochen gestellt habe, war richtiggehend brutal... Ich musste zwar wissen, wie sie auf eine

längere Trennung reagieren und wie sich das jeweils auf ihre Arbeit auswirkt, ... aber ich glaube, ich

habe es übertrieben. – Schließlich hat keiner der Beiden seine Arbeit auch nur im Mindesten

vernachlässigt, vielleicht ist sogar das genaue Gegenteil der Fall; zumindest Ren-kuns Leistungen sind

qualitativ deutlich besser geworden. Bei Kyoko-chan ist das sicher nicht anders, ... allerdings entwickelt

sie sich momentan ohnehin in einem so rasanten Tempo, dass man nur schwer beurteilen kann, woran

es jetzt genau liegt...

Ich finde, die Beiden haben auch charakterlich dazu gewonnen. Ren-kun ist in letzter Zeit auffallend

offener und zugänglicher. – Nur gut, dass die Meisten es darauf zurückführen, dass er sich in ‚Dark

Moon’ regelrecht frei gespielt hat...

Und von Kyoko-chan hört man, dass sie seltener in diese merkwürdigen Panik- und Hektik-Attacken

verfällt ... oder in völlig unverständliche Wutanfälle...

Außerdem muss ich zugeben, dass sie deutlich hübscher geworden ist ... und ich glaube nicht, dass das

nur mit dem veränderten Styling zusammenhängt.
 

...aber beide wirken ein bisschen ausgepowert. – Und ich fürchte, das liegt nicht nur an den vollen

Terminkalendern...

Ich hätte sie doch nicht so radikal voneinander fern halten sollen...

Kein Wunder, dass ihre Telefonrechnungen in astronomische Höhen geklettert sind...“

Plötzlich schlägt er sich in einem Moment der Erkenntnis mit der flachen Hand auf die Stirn.

„Natürlich!“, ruft er gedämpft. „Sie haben einen Weg gefunden, trotz der räumlichen Trennung und

außerordentlich viel Arbeit eine harmonische Beziehung zu führen. – Wieso ist mir das nicht

eingefallen? Als ob es früher keine Telefone gegeben hätte! Wenn ich meine Frau einfach häufiger

zwischendurch angerufen hätte, hätte sie sich sicher nicht so furchtbar vernachlässigt gefühlt...

Und mir hätte es sicher auch gut getan...“

Langsam schüttelt er den Kopf.

„Da müssen mir zwei solche Grünschnäbel vor die Nase halten, wie man eine Beziehung kreativ führen

kann...“, murmelt er zerknirscht und wendet den Blick nach oben.

„Ich bin ein Idiot! – Verzeih mir, Liebling.“
 

___________________________________________________________________________
 

Nachwort
 

Vielleicht haben sich die einen oder anderen von euch gefragt, wie es eigentlich üblicherweise unter

den Mitarbeitern von LME so zugeht. (Wenn nicht, wird die Frage bestimmt im nächsten Kapitel

auftauchen... ^^)

Normalerweise geht es dort eher entspannt zu, die meisten Mitarbeiter sind schließlich den Umgang mit

Prominenten gewohnt. Nur wenn es einen besonderen Erfolg von Künstlern der eigenen Agentur gab,

kann es schon mal zu tumultartigen Szenen kommen. ^^ Dann gibt es das, was Ren gern die

„Glückwunschtour“ nennt: Nahezu jeder Mitarbeiter gibt seinen Kommentar ab, bekundet seine

Bewunderung und seinen Respekt, man klopft dem erfolgreichen Kollegen die Schultern oder schüttelt

seine Hände; manche gehen sogar so weit, auf Autogrammjagd zu gehen. (Etwas, das normalerweise

unter den LME-Mitarbeitern eher verpönt ist!)

Ein absolutes Tabu ist es allerdings, jemanden, der in der LME-Kantine beim Essen sitzt, zu stören,

wenn es nicht etwas Dienstliches und obendrein sehr Dringendes ist.
 

Zur PSIA, dem japanischen Geheimdienst: Ja, es hat mich einige Zeit gekostet, es herauszufinden, aber

es gibt sie, die Public Security Investigation Agency, auch „Koancha“ genannt. Bitte merkt euch den

Namen, er wird später noch öfter vorkommen. Ich denke, nähere Infos dazu wird es noch geben, wenn

es mit den Dreharbeiten zur Agentenkomödie losgeht.
 

Und noch ein paar Worte zu der „Bewährungsprobe“, die Rory dem frischverliebten Paar auferlegt hat:

Der volle Terminplan, für den Rory Takarada gesorgt hat, hat u.a. auch dazu gedient, dass Kyoko

tunlichst nicht allein unterwegs war. Die einzige Möglichkeit, sie anzugreifen wäre während der

Taxifahrten gewesen, doch weil LME mit einem Taxiunternehmen, das sich u.a. auf das Chauffieren von

Künstlern und Prominenten spezialisiert hat, Exklusivverträge hat, war die Wahrscheinlichkeit relativ

gering (und es wäre auch sehr schnell aufgefallen).

Übrigens musste Kyokos Terminplan nach der ersten Woche noch mal aufgestockt werden, weil sie

zügiger und zuverlässiger gearbeitet hat, als unsere drei Verschwörer (Sawara, Matsushima und

Takarada) sich das gedacht hatten. ^^

Ren wusste übrigens von dieser Taktik, hat es allerdings nur zähneknirschend hingenommen; ihm wäre

es wesentlich lieber gewesen, wenn Takarada ihr stattdessen eine brauchbare Betreuerin zur Verfügung

gestellt hätte. Rory hingegen war der Ansicht, dass ein normaler Betreuer sie im Ernstfall sowieso nicht

schützen könne und fand, dass er das Risiko durch die engen Terminpläne minimieren könne, zumal es

so auch sofort aufgefallen wäre, wenn Kyoko etwas passiert wäre. – Man kann sich vorstellen, wie Ren

(insgeheim) getobt hat. (Das meiste davon hat übrigens der arme Yashiro abbekommen. ^^)

Unerwartetes Treffen

Dämonen, Engel und ein Drache / Kapitel 6
 

Ja, ich weiß, dieses Kapitel ist verhältnismäßig kurz, aber da ich auf Cliffhänger diesmal möglichst

verzichten möchte (Ich hab nämlich keine Ahnung, wie schnell ich die Kapitel hochladen kann), musste

ich hier einen Einschnitt machen.

Trotzdem viel Spaß beim Lesen! ^^
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Natürlich!“, ruft er gedämpft. „Sie haben einen Weg gefunden, trotz der räumlichen Trennung und

außerordentlich viel Arbeit eine harmonische Beziehung zu führen. – Wieso ist mir das nicht

eingefallen? Als ob es früher keine Telefone gegeben hätte. Wenn ich meine Frau einfach

zwischendurch angerufen hätte, hätte sie sich nicht so furchtbar vernachlässigt gefühlt...

Und mir hätte es sicher auch gut getan...“

Langsam schüttelt er den Kopf.

„Da müssen mir zwei solche Grünschnäbel vor die Nase halten, wie man eine Beziehung kreativ führen

kann...“, murmelt er zerknirscht und wendet den Blick nach oben.

„Ich bin ein Idiot! – Verzeih mir, Liebling.“
 

___________________________________________________________________________
 

Unerwartetes Treffen
 

Zwanzig Minuten später steht Kyoko erneut in der Eingangshalle der Agentur, umringt von ständig

wechselnden Menschen, die sie beglückwünschen, ihr die Hände schütteln oder Autogramme möchten.

Kyoko ist bisher nicht einmal dazu gekommen, sich ein Taxi zu rufen.

>Na, was soll’s. – Ich hab ja auch noch Zeit.<

Als sie zum wiederholten Mal einem Fan ein Autogramm auf dessen Arm schreibt und kurz aufblickt,

entdeckt sie plötzlich ein paar Meter entfernt eine nur allzu bekannte Silhouette.

„Miss Menno?!“

Kanae Kotonami dreht sich verwundert um ... und grinst von einem Ohr zum anderen.

„Kyoko-chan! Lange nicht gesehen!“

Kyoko entschuldigt sich kurz bei den Umstehenden und beeilt sich, zu ihrer Freundin zu kommen.

„Ich bin soo froh, dass ich dich treffe, meine Lieeebe!“, ruft sie dabei überschwänglich. „Ich habe gerade

erfahren, dass du in dieser Agentenkomödie mitspielst.“

Kanae Kotonamis finsterer Blick in die Runde der Umstehenden – von dem Kyoko in ihrer Freude rein

gar nichts mitbekommt - vertreibt auch noch die letzten Neugierigen.

„Du hast also zugesagt?“, fragt Kanae, als sie sich wieder ihrer Freundin zuwendet.

„Noch nicht endgültig, aber ich denke schon, dass ich es mache; immerhin ist es eine Hauptrolle ... und

es klingt wirklich interessant, so viel Neues auszuprobieren.“

Schon wieder kommen einige Leute näher heran, offenbar um Autogramme zu erbitten.

„Lass uns lieber in die Kantine gehen, da haben wir mehr Ruhe.“, schlägt Kanae vor. „Oder hast du keine

Zeit?“ Noch einmal lässt sie ihren Blick ebenso stumm wie drohend in die Runde schweifen.

„Nein, nein“, winkt Kyoko ab, während die beiden Mädchen sich bereits auf den Weg machen, „Ich hab

noch etwas Zeit, ich muss erst in 11/2 Stunden in der Schule sein.“ Sie lacht trocken. „Eigentlich bin ich

ganz froh, endlich mal wieder ein freundliches Gesicht zu sehen, das nichts von mir will.“, meint sie

leise seufzend.

[So übermäßig freundlich ist Kanaes Gesicht eigentlich nicht, da handelt es sich wohl mehr um Kyokos

Wunschdenken... ^^]

„Willst du damit sagen, dass du ständig so belagert wirst?!“, fragt die ältere Freundin ungläubig.

Kyoko lächelt verlegen. „Nein, so schlimm ist es sonst nicht. – Nur gestern...“

„...war die letzte Folge von ‚Dark Moon’ und die letzte Diskussionsrunde dazu.“, ergänzt Kanae

grinsend. „Ich weiß, ich hab keine einzige Folge verpasst. – Man muss ja schließlich wissen, was die

Konkurrenz so treibt.“ Sie zwinkert ihr fröhlich zu, während Kyokos Gesicht sich langsam rötlich

verfärbt.

„Glückwunsch übrigens, du warst wirklich beeindruckend als Mio. – Aber dieser extreme Hype um die

Serie hat mich dann doch überrascht.“

„Wem sagst du das?“, stöhnt Kyoko leise. „Aber es hat mich bei Weitem nicht so verblüfft wie die

Tatsache, dass ausgerechnet die boshafte, neidische Mio so viele Fans hat. – Ich versteh das überhaupt

nicht...“

Kanae Kotonami sieht ihre Freundin - die schon wieder rosige Wangen hat – forschend an.

„Zuerst hat mich das auch gewundert. – Und wenn ich ehrlich bin, war ich sogar ein bisschen

eifersüchtig... Aber nach der dritten Diskussionsrunde bin ich drauf gekommen: Vermutlich war es die

Art, wie du den Zuschauern ihren Charakter und ihre Gehässigkeiten erklärt hast. – Das war jedenfalls

das erste Mal, dass ich begriffen habe, dass jeder Mensch seine eigene Geschichte hat und dass es wohl

kaum jemanden gibt, der schon gemein und missgünstig geboren wird... Und dazu kam dann

wahrscheinlich noch dieser totale Kontrast zwischen deiner Rolle und deinem natürlichen,

sympathischen Auftreten in den Diskussionsrunden. – Das hat dann auch noch dem letzten Depp klar

gemacht, dass Rolle und Schauspieler zwei völlig unterschiedliche Paar Stiefel sind.“

Kyoko denkt angestrengt nach. „So hab ich das noch nie...“

„Doch“, nickt Kanae ernst, „ich hab mit etlichen Leuten darüber gesprochen und viele sehen das

ähnlich. Und ich glaube inzwischen, dass die meisten Leute gar keine Fans von Mio sind, sondern von

dir als Schauspielerin...“

„Meinst du?“ Kyoko scheint immer noch reichlich skeptisch.

Mittlerweile haben sie die Kantine fast erreicht ... und das, Dank Kanaes finsterem Rundblick, sogar

ziemlich unbehelligt. [Die Leute haben sich lediglich getraut, Kyoko freundlich zu grüßen. ^^]

Kyoko entdeckt ein bekanntes Gesicht, das ihnen aus der Kantine entgegen kommt.

„Sanada-san, wie geht es Ihnen?“, ruft sie der Garderobiere freundlich zu als diese auf die beiden

Mädchen zukommt.

„Oh, ausgezeichnet, danke, Mogami-san. Darf ich Ihnen zu Ihrer Mio in ‚Dark Moon’ gratulieren? Meine

Güte, Sie haben diesen Charakter so faszinierend dunkel gespielt, teilweise war Ihre Mio sogar richtig

gruselig ... und grausam ... und trotzdem so ... so menschlich.“

„Danke“, bringt die errötende Kyoko nur leise heraus, doch Frau Sanada ist ohnehin in ihrer

Begeisterung nicht zu bremsen.

„...und wie Sie in den Diskussionsrunden den Zuschauern ihren Charakter verständlich gemacht haben;

wie Mio so gehässig und böse geworden ist. – Und dass es eine große Charakterleistung ist, unter

solchen Umständen nicht so zu werden. – Das war großartig, Mogami-san.“

Das Mädchen ist derart verlegen, dass sie gar nicht weiß, was sie dazu sagen soll.
 

>...aber irgendwie passt es zu dem, was Miss Menno vorhin gesagt hat...<, überlegt sie. >Sollte sie

etwa Recht haben...?<
 

Schließlich strafft sie sich ein wenig ... und wechselt kurzerhand das Thema.

„Wie geht es denn den anderen bei Rock Bizarr?“, fragt sie unvermittelt.

„Oh, ganz wunderbar. Nur, dass eigentlich alle aus der Crew Sie vermissen. – Das Mädchen, das jetzt in

Bous Kostüm steckt, ist bei Weitem nicht so temperamentvoll. Sie schafft es nicht so wie Sie, derart

witzige Bewegungen in diesem sperrigen Kostüm zu machen. – Aber natürlich vermissen die Jungs von

Bridge Rock Sie am meisten.“

„Ach, ich vermisse das Bou-Sein auch ein wenig. – Bestellen Sie allen liebe Grüße von mir.“

„Das werde ich tun, Mogami-san. – Und alles Gute für die Zukunft.“

Kanae Kotonami grinst leise in sich hinein.
 

Einige Minuten später sitzen die beiden Mädchen mit ihrem Tee an einem der kleinen Tische in einer

ruhigen Ecke der Cafeteria.

„Ich hab gehört, du spielst in einer neuen Dramaserie eine Hauptrolle. Das ist toll! – Wie läuft es denn

so?“, fragt Kyoko neugierig.

„Ja, mit ‚Junge Herzen’ [JA! Diese Serie ist genauso kitschig wie der Titel klingt! ^^] läuft es prima;

anfangs fand ich es ein bisschen schwierig, in die Rolle der Miyuu rein zu kommen, dieses alberne

Teenie-Gehabe ist nun wirklich nicht mein Ding, aber jetzt ist das kein Problem mehr.“

„Und wie sind die Kollegen so?“, will Kyoko noch wissen.

„Oh, sehr nett. – Wir sind ein ziemlich großes Team und sehen uns nicht unbedingt jeden Tag, aber wir

kommen im Großen und Ganzen sehr gut miteinander aus; ich meine, ohne Zickenkrieg oder so was... –

Die Einschaltquoten sind auch ganz ordentlich; ... natürlich nicht mit ‚Dark Moon’ zu vergleichen... Aber

wer würde so was auch erwarten...?“
 

In einiger Entfernung gibt es wieder mal leise tuschelnden Aufruhr mit neugierigen Mienen, die sich auf

ihren Tisch richten. Ein düster-strenger Blick von Miss Menno lässt die schaulustigen Beobachter sofort

verstummen ... und sich überaus hastig aus dem Staub machen.
 

„Sag mal“, fragt sie, „ist das immer so, wenn du irgendwo hingehst? - Ich meine, ... ich bin ja

mittlerweile auch gewöhnt, dass man mich häufiger erkennt und ich mehr Zeit für meine Wege

einplanen muss, um noch für das eine oder andere Autogramm Zeit zu haben, ... aber dass selbst hier

in der LME-Kantine alles herschaut, ist mir neu.“

Kyoko ist schon wieder knallrot im Gesicht und hat den Blick verlegen gesenkt.

„Na ja“, sagt sie leise, „heute ist es halt besonders schlimm, ... wegen gestern...“

„...und alle stellen dieselben hohlen Fragen und machen dieselben abgedroschenen Bemerkungen,

richtig?“

Kyoko nickt seufzend. „So in etwa.“

„Dann ist es ja auch kein Wunder, dass ich dich nie telefonisch erreiche; entweder dein Handy ist aus

oder es ist besetzt...“
 

Kyoko merkt, wie eine unwillkommene Hitze unaufhaltsam in ihr aufsteigt, während sie krampfhaft

überlegt, wie sie sich aus dieser heiklen Situation retten kann. Doch ehe sie auch nur einen klaren

Gedanken fassen kann, klingelt ihr Telefon.

Hastig nimmt sie ihre Tasche auf und wühlt umständlich nach dem Handy, ... während sie inständig die

Götter bittet, dass jetzt nicht...
 

Als sie das Telefon endlich gefunden hat, nimmt sie mit zittrigen Fingern das Gespräch entgegen.

„Ja, hallo?“ Sie lächelt Kanae entschuldigend zu.

Während nun jemand, den nur Kyoko hören kann, spricht, verfärbt sich ihr Gesicht zusehends dunkler.

Allmählich baut sich hinter ihr eine dunkle Aura auf, wenn auch die kleinen Dämonen nicht übermäßig

interessiert an dem ganzen Geschehen zu sein scheinen. Schließlich strafft das Mädchen seine

Schultern, sagt ein „Vollidiot!“ in den Apparat und legt entschlossen auf.

„Ein aufdringlicher Fan?“, fragt Miss Menno leise.

„Wohl kaum.“, merkt ihre Freundin missmutig an. „Sho Fuwa. – Das ist jetzt der 15. Versuch in drei

Wochen! Ich hab keine Ahnung, woher der überhaupt meine Handynummer hat... Ich finde jedenfalls

nicht, dass wir irgendwas zu bereden hätten.“

Insgeheim ist sie jedoch nur heilfroh, dass nicht Ren am anderen Ende der Leitung war. Sie hätte nicht

gewusst, wie sie in dieser Situation hätte reagieren sollen, ohne dass Miss Menno gleich etwas geahnt

hätte.

>Ich sollte mir mal ernsthaft Gedanken dazu machen.<, beschließt sie für sich.
 

„Wie es scheint, hast du deine Rache bekommen“, lacht Kanae, „und er bereut tatsächlich, dass er dich

damals so gemein behandelt hat.“ Sie grinst von einem Ohr zum andern, während sie sich genüsslich

ausmalt, wie der „Milchbubi“ gerade verzweifelt vor dem Telefon sitzt und noch nicht so recht weiß, was

er als Nächstes tun soll...

Kyoko zuckt nur mit den Schultern.

„Kann schon sein“, meint sie lapidar, „...aber eigentlich interessiert es mich gar nicht mehr so. Nicht,

das es mir völlig egal wäre, aber ... ich wäre inzwischen froh, wenn er mich einfach in Ruhe lassen

würde; ich hab im Moment echt genug zu tun...“ [...na ja, aber die Anrufe hat sie schon noch

mitgezählt... ^^]

„Sieht ganz so aus. – Ist aber auch kein Wunder, dass dem Typen gerade jetzt plötzlich auffällt, was ihm

da durch seine eigene Schuld durch die Lappen gegangen ist.“, meint Kanae anerkennend. „Mensch,

Kyoko-chan, du hast dich ganz schön gemacht in den letzten beiden Monaten. – Vorhin hätte ich dich

beinahe nicht erkannt. Du hast noch nie so gut ausgesehen. - Man könnte fast meinen, du wärst

verliebt.“

Kyokos Gesicht nimmt erneut die Farbe einer vollreifen Tomate an, während sie verzweifelt nach Worten

sucht ... leider ohne den geringsten Erfolg.

„Da kann man mal sehen, dass Erfolg einem Mädchen auch richtig gut tun kann.“, meint Kanae lachend

... und fügt dann leicht genervt hinzu: „Mann, Kyoko-chan, hör doch auf mit diesem ständigen

Rotwerden, nimm doch das Kompliment einfach mal an.“

Ihre Freundin nickt lächelnd (was ihre Gesichtsfarbe allerdings nur mäßig verändert) ... und atmet kaum

hörbar auf. So sehr sie sich auch freut, endlich mal wieder mit Miss Menno ein freundschaftliches

Gespräch zu führen, so sehr wünscht sie sich im Augenblick doch an einen Ort, an dem ihrer Beziehung

zu Ren niemand auf die Schliche kommen kann... [... Wo könnte das wohl sein? ... ^^]

Kanae wirft einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr.

„Oh“, meint sie enttäuscht, „ich glaub, ich muss schon wieder los. Ich hab gleich ein Fotoshooting mit

der ‚Junge Herzen’-Crew.“

„Tja“, sagt ihre Freundin leichthin – im Stillen froh über den abrupten Themenwechsel, „wieso soll’s dir

besser gehen als mir?“

„Stimmt.“, lacht Miss Menno. „Ist ganz schön hektisch, so ein erfolgreiches Leben. Aber wir wollten es ja

schließlich auch nicht anders. – Und soll ich dir sagen, was das Beste ist?“

„Hn?“

„Dank der Werbeeinnahmen, die ich nebenher noch hab, verdiene ich so viel Geld, dass ich endlich

etwas mehr Ruhe in meine Familie gekriegt habe. Kein Futterneid mehr unter den Kleinen ...und weil ich

das Nachbarhaus billig erstehen konnte, ist auch endlich genug Platz für alle da. – Irgendwie ist es zu

Hause richtig ruhig geworden...“

„Das klingt ja gut.“, freut sich Kyoko mit ihr.

„Ja, aber es ist auch notwendig.“, seufzt Kanae leise. „Wenn ich abends nach Hause komme, falle ich

meistens einfach nur noch todmüde in die Kiste.“

„Geht mir ähnlich.“, schmunzelt Kyoko.

„Na, dann... Tut mir Leid, dass wir nicht mehr Zeit hatten, ich ruf dich noch mal an ... na ja, jedenfalls

werde ich es versuchen.“

Miss Menno erhebt sich vom Stuhl, um sich herzlich von ihrer Freundin zu verabschieden und sich auf

den Weg zu ihrem nächsten Termin zu machen.
 

Als sie fort ist, kramt Kyoko erneut das Handy aus ihrer Tasche. Sekundenlang starrt sie es tief in

Gedanken an, ... dann wählt sie die Nummer der Taxizentrale...

Rina Kobayashi

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Na dann... Tut mir Leid, dass wir nicht mehr Zeit hatten, ich ruf dich noch mal an ... na ja, jedenfalls

werde ich es versuchen.“

Miss Menno erhebt sich vom Stuhl, um sich herzlich von ihrer Freundin zu verabschieden und sich auf

den Weg zu ihrem nächsten Termin zu machen.
 

Als sie fort ist, kramt Kyoko erneut das Handy aus ihrer Tasche. Sekundenlang starrt sie es tief in

Gedanken an, ... dann wählt sie die Nummer der Taxizentrale...
 

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Rina Kobayashi
 

„Nein“, versucht Rory Takarada - heute im Ornat eines Shinto-Priesters gekleidet - zu erklären, „Kyoko

Mogami ist zwar mitunter ein bisschen schwierig, ... aber eher im Sinne von ... seltsam. – Sie ist nicht

im Geringsten zickig. Im Gegenteil, sie arbeitet in der Regel äußerst diszipliniert und stellt praktisch nie

irgendwelche Ansprüche an ihr Umfeld. Sie reagiert nur manchmal aus unerfindlichen Gründen ... nun

ja, ... sagen wir mal: unerklärlich emotional. – Allerdings scheint sich das in letzter Zeit etwas gegeben

zu haben. – Ich möchte nur, dass Sie in so einem Fall vorbereitet sind, Rina-san.“

„Wollen Sie damit sagen, dass sie ...drücken wir es mal so aus:... altersbedingt ein wenig labil ist?“, will

die hochgewachsene, junge Frau wissen ... und bereitet sich innerlich schon auf eine Art Babysitting

vor.

„Nein, das auch nicht.“, antwortet Rory. „In vielerlei Hinsicht ist das Mädchen sogar sehr erwachsen. Sie

hat vor ihrer Zeit bei LME bereits einige sehr unschöne Dinge durchgemacht, ... über die ich allerdings

nichts Genaueres weiß.

Hm, ...vielleicht erklärt das auch ihre manchmal so überraschenden Gefühlsausbrüche. – Aber auch

wenn sie manchmal ein recht merkwürdiges Verhalten an den Tag legt, ihre Arbeit nimmt sie

äußerst ernst und oft haben – zumindest dem Hörensagen nach - gerade ihre etwas seltsamen

Verhaltensweisen dazu beigetragen, dass sie anschließend in eine Rolle besonders gut hinein gefunden

hat.“

Rory sieht sein offensichtlich leicht verwirrtes Gegenüber an und kichert leise in sich hinein. „Ich sehe

schon, ich bringe Sie mit meinen diffusen Andeutungen mehr durcheinander als dass ich Klarheit in die

Sache bringe. – Lernen Sie die junge Dame einfach kennen; ich bin sicher, Sie beide werden sich

großartig verstehen.

Das Einzige, was ich vielleicht noch erwähnen sollte, ist, dass sie etwas zu Übertreibungen neigt. -

Insbesondere wenn es um ihre Arbeit geht, möchte ich Sie bitten, ein Auge auf sie zu haben. Statt wie

bei den meisten anderen jungen Talenten ist nämlich bei ihr nicht Disziplinlosigkeit oder ein Mangel an

Verantwortungsbewusstsein das Problem, sondern eher das Gegenteil. Sie kommt ihren Pflichten derart

gewissenhaft nach, dass sie manchmal übers Ziel hinaus schießt ... oder sich über die Maßen

verausgabt. Bitte bremsen Sie sie in so einem Fall, wenn es Ihnen notwendig erscheint.“

>Himmel, was ist dieses Mädchen für ein Mensch?!<, überlegt Rina Kobayashi angestrengt, während sie

sich nervös durch die kurzen, dunkelbraunen Haare fährt. Ihre Spannung der bevorstehenden

Begegnung gegenüber wird immer größer...

„Ich hätte noch eine Bitte an Sie, Rina-san. – Sollten sich bei Mogami-san irgendwelche Probleme

häufen – seien sie nun beruflicher Art oder persönlicher – geben Sie mir bitte Bescheid.“
 

Rina runzelt die Stirn. Misstrauisch schaut sie den LME-Chef an und entscheidet sich schließlich für

rigorose Offenheit.

„Damit bringen Sie mich in ziemliche Gewissenskonflikte, Takarada-san.“, sagt sie ernst.“ Ich verstehe

meine Arbeit nämlich grundsätzlich so, dass ich ausschließlich die Interessen meines Schutzbefohlenen

vertrete. Wenn ich meine Loyalität Mogami-san gegenüber auf eine solche Art verletzen müsste, würde

ich persönlich das als Verrat empfinden ... und dann könnte ich meiner Arbeit nicht mehr mit vollem

Einsatz nachgehen. – Oder, um es noch deutlicher auszudrücken: Ich bin kein Spion!“
 

Einen Moment ist es still, Rory ist ein wenig verblüfft über so viel Leidenschaft und Offenheit. Dann

grinst er plötzlich breit.

„Nein, verstehen Sie mich richtig, Rina-san, ich brauche keinen Spion.“, meint er gut gelaunt, wird

jedoch gleich wieder ernst. „Aber ich fühle mich dem Mädchen gegenüber verantwortlich. Sie ist noch

minderjährig und steht fast allein da. – Und sollte ihre Beziehung zu Ren Tsuruga unvorbereitet an die

Öffentlichkeit gelangen – z.B. weil die Beiden Beziehungsprobleme haben – dann könnte das für ihre

viel versprechende Karriere negative Folgen haben. Die Fans hierzulande lassen sich nämlich nur

ungern einen der begehrtesten Junggesellen des Landes vor der Nase wegschnappen... Sie hätten

wahrscheinlich das Gefühl, Mogami-san würde ihnen Ren Tsuruga wegnehmen und ihn obendrein von

der Arbeit abhalten.

Außerdem hat Mogami-san bisher nur wenig Erfahrung im Showbiz, das ja bekanntlich ein

Haifischbecken sein kann. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn ihr dabei das eine oder andere über

den Kopf wachsen würde. – Wenn ich aber früh genug von Problemen weiß, kann ich schon im Vorfeld

gegensteuern und Schlimmeres verhindern.“

Rina Kobayashi scheint erleichtert, ... doch auch Rory atmet unwillkürlich auf.

>Die Beiden passen hervorragend zusammen.<, denkt er zufrieden. >Sie werden schnell ein

eingespieltes Team werden.<
 

„Entschuldigen Sie die indiskrete Frage, Takarada-san“, meldet sich Rina schließlich noch einmal zu

Wort, „aber ich finde es wichtig, es zu wissen. - Wer weiß von der Beziehung zwischen Mogami-san und

Tsuruga-san?“

„Schon gut“, meint Rory ernst, „es ist richtig, dass Sie fragen. Schließlich müssen Sie wissen, wem Sie in

dieser Angelegenheit vertrauen können. Außer mir und Ihnen weiß nur noch Tsuruga-sans Betreuer

Yukihito Yashiro davon. – Möglicherweise könnte auch Kanae Kotonami Bescheid wissen. Sie und

Mogami-san haben einige Zeit eng zusammen gearbeitet und sind gut befreundet, soweit ich weiß. –

Aber eigentlich glaube ich das nicht; die beiden Mädchen können sich in den letzten beiden Monaten

nicht viel gesehen haben ... und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, haben sie auch nicht

miteinander telefoniert, jedenfalls nicht laut Mogamis Telefonabrechnung.“

„Sie kontrollieren ihre Anrufe?!“ Rina steht vor Entsetzen der Mund offen.

Rory registriert den fassungslosen Gesichtsausdruck der Assistentin ... und bricht in schallendes

Gelächter aus.

„Nein, nein! – Selbst wenn ich die Zeit dafür hätte...“ Herzhaftes Lachen unterbricht erneut seine

Erklärung. „Nein, wirklich, ... ich muss nur die Rechnungen selbst gegenzeichnen, damit sie möglichst

wenige Leute zu Gesicht bekommen... Auf ihrer Rechnung kommen nämlich zurzeit nur 4 Nummern

vor: die von Matsushima und Sawara, von mir und natürlich die von Ren Tsuruga. – Welche davon am

häufigsten erscheint, können Sie sich sicher denken. – Sie sehen also, es wäre mir aufgefallen, wenn

noch eine andere Telefonnummer in der Abrechnung aufgetaucht wäre...“

Während der LME-Chef sich langsam wieder beruhigt, atmet Rina Kobayashi hörbar auf.
 

„Oh, da fällt mir doch noch etwas Wichtiges ein.“, sagt Rory nach einer kurzen Pause. „Ich möchte Sie

nochmals eindringlich bitten, dem Mädchen gegenüber kein Wort darüber zu verlieren, dass Sie bis vor

kurzem als Bodyguard gearbeitet haben.

Wie es scheint, hat sie die Sache mit dem Stalker damals in Karuizawa, von der ich Ihnen neulich bereits

erzählt hatte, weitgehend ad acta gelegt ... und ich möchte, dass das nach Möglichkeit auch so bleibt. –

Es ist ja auch gar nicht gesagt, dass so etwas noch einmal passiert.

Allerdings muss ich leider zugeben, dass wir vereinzelt auch schon so eine Art Schmähbriefe für das

Mädchen erhalten haben, von denen sie bisher noch nichts weiß. Und ich muss Sie bitten, auch darüber

absolutes Stillschweigen zu bewahren, ... ich habe nämlich nicht mal Ren Tsuruga darüber informiert;

es wissen sonst nur die Abteilungsleiter.

Genau gesagt gibt es nämlich nicht den geringsten Anhaltspunkt, dass diese Briefe ernst zu nehmen

sind; es ist nur das übliche dumme Gerede von Leuten, die es nicht fertig bringen, Rolle und reale

Person auseinander zu halten.“

„... diese Typen sterben wohl nie aus...“, bemerkt Rina seufzend und überlegt einen Augenblick.

„Zeigen Sie mir die entsprechenden Schreiben bei Gelegenheit, ich würde mich gern selbst überzeugen,

ob sie wirklich harmlos sind.“

„Sie haben Erfahrungen mit so etwas?“, fragt der LME-Chef verdutzt.

„Ein wenig.“

„Gut, dann werde ich das bei Gelegenheit veranlassen. – Hmm, Moment mal, eigentlich müsste es gleich

morgen Vormittag gehen... Soweit ich weiß, ist Mogami-san dann in der Schule. – Rufen Sie einfach

vorher meine Sekretärin an, dann treffen wir uns kurz.

Im Grunde bin ich ganz froh, eine sachkundige Meinung dazu zu hören; ich möchte in dieser

Angelegenheit die größtmögliche Gewissheit haben ... und vor allem möchte ich die beiden jungen

Leute auf gar keinen Fall unnötig beunruhigen.“

Die Sprechanlage auf dem Schreibtisch summt.

„Ja?“, fragt Rory, während er auf einen der Knöpfe drückt.

„Mogami-san ist da, Takarada-san.“

„Schicken Sie sie bitte herein.“
 

„Guten Morgen.“, sagt Kyoko verlegen als sie das Büro betritt und sich höflich verbeugt.

„Guten Morgen, Kyoko-chan.“, erwidert Rory lächelnd.

Kyoko sieht den LME-Chef verwundert an. Sie ist ja einiges von ihm gewohnt, aber...

„...ist das nicht ein bisschen übertrieben? Shinto-Priester?! – Das wirkt ja wie eine Hochzeit...“, murmelt

sie.

„Na ja“, grinst Rory verschmitzt, während er ein wenig an einem seiner weiten Ärmel herumzupft, „ihr

werdet für eine hoffentlich lange Zeit eng zusammenarbeiten. – Da finde ich es schon angemessen, das

auch entsprechend zu würdigen.“

Kyoko läuft innerhalb von Sekundenbruchteilen flammend rot an.

„Ha... hab... ich ...das etwa laut gesagt?!“, stammelt sie verlegen.

Rinas Gesicht hat sich unwillkürlich aufgehellt und ihre ganze innere Spannung ist schlagartig

verflogen.

Rory nickt schmunzelnd und stellt die beiden jungen Frauen, die sich schon die ganze Zeit ebenso

verstohlen wie wohlwollend mustern, einander vor.
 

>Wow!<, schießt es Kyoko unwillkürlich durch den Kopf. >Sie ist mindestens 1,75m groß! [1,78m, um

genau zu sein.] Meine Güte, sie hat fast Modelmaße, ... auch wenn ihre Schultern vielleicht etwas

breit sind... Wieso steht sie nicht vor der Kamera?! – Wenn ich so eine Figur hätte... ...dann

müsste ich wenigstens nicht mehr auf die Zehenspitzen, um Koon...< Kyoko läuft erneut rosa an.
 

>Was für ein hübsches Mädchen!<, denkt Rina ihrerseits begeistert. >Hach, so typisch japanisch, ...

obwohl es solche Mädchen eigentlich gar nicht mehr so häufig gibt... Zierlich, anmutig, höflich,

bescheiden... und doch voller Energie und vermutlich ziemlich couragiert...< [Ja, Rina hat einen

ausgezeichneten Blick für Menschen; ... bringt der Beruf so mit sich... ^^]

Als der Blick der Beiden dann bewusst auf die Kleidung der jeweils anderen fällt, brechen sie

unwillkürlich in Gelächter aus.

Beide tragen schwarze Jeans -Rina berufsbedingt mit hohem Stretch-Anteil, weiße Blusen (Rina eine

Hemdbluse aus Baumwolle, Kyoko eine der Seidenblusen aus Kojis Kollektion ^^) und Jacketts (Rinas

Blazer ist schwarz, Kyokos hellgrau). Und auch, wenn sich die Sachen in Material und Form etwas

unterscheiden, wirkt das Ganze, als wäre es abgesprochen gewesen, im Partnerlook zu erscheinen.

„Was für ein Zufall!“, lacht Rina.

„Es gibt keine Zufälle.“, merkt Rory mit erhobenem Zeigefinger an ... während er von einem Ohr zum

anderen grinst. „Es gibt wohl nichts, was nachdrücklicher zeigen könnte, dass ihr beide ein ganz

hervorragendes Team sein werdet. – Und jetzt geht und macht euch ausgiebig miteinander bekannt.“
 


 

„Ja“, erklärt Rina und nimmt einen Schluck Wasser, „die Anrufe von der Agentur werden ab sofort über

mich laufen, ... es sei denn, es liegen besondere Gründe vor, wegen denen Sie jemand persönlich

sprechen möchte.“

Sie sitzen in einem gemütlichen, kleinen, französischen Restaurant und genießen die europäische

Küche, während sie Rinas Aufgaben erörtern.

„Das ist gut.“, merkt das Mädchen an. „Das und die Tatsache, dass Sie mich zu den Locations fahren

werden, wird mir die Arbeit schon enorm erleichtern. – Diese Anrufe stören mich nämlich fast jedes

Mal, wenn ich mich auf eine Szene oder einen Auftritt vorbereite ...meistens kommen sie zu den

ungünstigsten Zeiten.... Ich kann dann praktisch jedes Mal wieder von vorn anfangen.“

„Na, es ist ja auch meine Aufgabe, Ihnen den Rücken so gut wie möglich frei zu halten, damit Sie sich

auf Ihre Arbeit konzentrieren können, Mogami-san. – Wenn neue Angebote für Sie vorliegen, werden

wir natürlich gemeinsam besprechen, ob Sie sie annehmen können und wollen.“

Kyoko rutscht verlegen auf ihrem Stuhl herum.

„Bitte, Kobayashi-san“, beginnt sie schließlich leise, „könnten Sie meinen Vornamen benutzen? Ich finde

es schon schrecklich peinlich, wenn die Leute auf der Straße mich mit ‚Mogami-san’ oder ‚Mogami-

sama’ ansprechen. Ich weiß, sie meinen es nett, aber ... es macht mich wichtiger, als ich tatsächlich bin.

Außerdem werden wir beide uns doch ab sofort jeden Tag sehen und zusammenarbeiten...“

„Kein Problem, Kyoko-san“, antwortet Rina freundlich lächelnd, „aber nur, wenn du mich auch beim

Vornamen nennst. Ich heiße Rina.“

„Einverstanden, Rina-san.“, stimmt Kyoko erleichtert zu.
 

Von einem der Nebentische her kommen leise flüsternd zwei junge Frauen auf sie zu. Schüchtern

verbeugen sie sich, während sie sich überschwänglich entschuldigen.

„Verzeihen Sie uns bitte die Störung, Mogami-sama, dürften wir Sie um Autogramme bitten? – Meine

Freundin und ich sind große Fans von ‚Dark Moon’ und ihre Rolle hat uns ganz besonders beeindruckt.

- Es ist sicher nicht leicht, einen solchen Charakter zu spielen, wenn man selbst eine ganz andere

Lebenseinstellung hat, oder?“

Kyoko legt das Besteck beiseite und wendet sich ganz den Frauen zu.

„Oh, am Anfang war es das; ich musste erst verstehen lernen, warum sie so denkt und handelt. –

Aber als ich das geschafft hatte, war es dann gar nicht mehr so schwierig.“

Die Beiden halten mit leuchtenden Augen ihre Notizbücher hin und Kyoko unterschreibt lächelnd eine

kleine Widmung, die sie hinein geschrieben hat.

Nachdem die beiden Frauen sich nochmals überaus höflich bedankt und sich tief verbeugt haben,

verlassen sie aufgeregt tuschelnd und offensichtlich sehr glücklich das Lokal.

Kyoko nimmt seufzend das Besteck wieder auf.

Rina hat sie die ganze Zeit über eindringlich beobachtet.
 

„Diese Autogrammjäger machen dir etwas zu schaffen, nicht?“, fragt sie vorsichtig.

„Ja, ein bisschen schon.“, gibt Kyoko betreten zu. „Wenn es nur zwei sind ... und sie noch dazu so

höflich sind, dann geht das schon in Ordnung. Auch wenn so was eben auch oft stört... Aber wenn eine

ganze Horde wie aus dem Nichts auftaucht und mich im Null Komma Nichts umzingelt hat, dann macht

mir das schon manchmal Angst. – Aber ... es fällt mir trotzdem unglaublich schwer, die Leute

abzuweisen, ... sogar wenn ich eigentlich gar keine Zeit habe.“

„Wie wäre es dann, wenn du dir ein unauffälliges Zeichen überlegst, damit ich mich in so einem Fall

darum kümmern kann, ... ich meine, wenn es dir zu viel wird?“, schlägt ihre persönliche Assistentin vor.

„Hm ... gut, ich denke mir was aus...“

„Dabei fällt mir gerade ein, dass ich dir noch etwas sagen wollte, Kyoko-san. Bitte scheue dich nicht,

mir Aufträge zu erteilen. Z.B. wenn du irgendwas für die Arbeit brauchst oder für deine Vorbereitung ...

oder wenn dir etwas helfen würde, dich besser auf deine Arbeit zu konzentrieren. – Viele Schauspieler

mögen z.B. Blumen, bestimmte Getränke oder kleine Snacks in ihrer Garderobe.“ Rina kichert plötzlich

vor sich hin. „Ich hab schon die verrücktesten Sachen organisieren müssen; ... ich kann mir nicht

vorstellen, dass du das übertriffst... Wenn ich dir also mit irgendwas helfen kann...“
 

Kyoko überlegt ein Weilchen, ... dann wird sie schließlich sichtlich verlegen und ihre Wangen verfärben

sich leicht rosa.

„Ich ... äh ... ich“, stammelt sie, „ich ... muss im nächsten Film einige Szenen spielen, die... bei denen

ich ... äh ... ziemlich ... na ja ... verführerisch ... sein muss. – Aber ... ich hab nicht mal eine Ahnung

davon, wie man flirtet, ... geschweige denn, wie man Männern regelrecht den Kopf verdreht...“ Sie sieht

ihre ältere Betreuerin reichlich verzweifelt an.

„Nanu?“, wundert sich diese. „Wo du dir doch ganz offensichtlich den...“

Kyokos entsetzter Blick und der Finger warnend auf ihren Lippen unterbrechen gerade noch rechtzeitig

den Redefluss der Assistentin.

„Nun, ... du weißt schon.“, sagt die Managerin augenzwinkernd. „Aber zum Thema: Wenn’s weiter nichts

ist... Ich denke, das kriegen wir hin. Wenn du möchtest, erzähl ich dir gleich jetzt was dazu und dann

üben wir ein wenig ‚in freier Wildbahn’. – Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass du kein

Talent dafür hast.“
 

Zwei Stunden später schlendern die Beiden ausgelassen durch ein Einkaufzentrum, während sie Pärchen

beobachten, hin und wieder einen Flirtversuch wagen und immer wieder stehen bleiben, weil sie sich

die Bäuche vor Lachen halten müssen.

Rina hat Ihren Schützling mit Perücke und falscher Brille ausgestattet, damit sie sich frei bewegen

können. [Und um den „Promi-Faktor“ auszuschalten. ^^]

>Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach ist...<, wundert sich Kyoko gerade, als ihr Telefon klingelt.

„Hallo?“

„Grüß dich, Hime-chan.“, tönt es gut gelaunt am anderen Ende der Leitung.

„Koon! – Schön, dass du anrufst.“, antwortet Kyoko ... und bekommt neben glänzenden Augen auch

gleich wieder rosige Wangen.

Rina ist augenblicklich klar, wer da am anderen Ende der Leitung sein muss... ^^
 

„Und? Wie ist sie so, deine persönliche Assistentin?“, fragt Ren neugierig. „Ist sie nett?“

„Ja, sehr“, antwortet Kyoko prompt, „wir haben viel Spaß.“

„Spaß?!“, empört sich der junge Schauspieler scherzhaft. „Ihr solltet eigentlich keinen Spaß haben,

sondern arbeiten.“ Leise lacht er in den Hörer.

„Hey, Moment mal!“ Kyoko grinst übers ganze Gesicht ... was ihr weit entfernter Freund geradezu sehen

kann. „Dieser Spaß hier ist rein beruflich. Wir machen wichtige Recherchen.“

Rens Interesse ist geweckt. „Was sind denn das für Recherchen?“, will er wissen.

Kyoko kichert leise. „Lass uns das später besprechen, wir sind nämlich noch nicht ganz fertig. – Wie

geht es bei dir so voran?“

„Oh, nachdem gestern Abend doch noch alle Kleidungsstücke wieder aufgetaucht sind, kommen wir

heute ganz gut weiter. – Vielleicht können wir den Zeitplan doch noch einhalten.“

„Das wäre ja toll!“, freut sich das Mädchen.

Ren kichert leise. „Ja, Hime-chan, ich vermisse dich auch.“

Schon wieder verfärbt sich das Gesicht des Mädchens rot, während im Hintergrund am anderen Ende

der Leitung plötzlich ein undefinierbarer Trubel zu hören ist.

„Ja, ja, schon gut...“, sagt Ren zu jemandem, bevor er sich wieder an seine Freundin wendet. „Ich soll

dich ganz lieb von Yukihito-kun grüßen. – Ich muss leider Schluss machen, Hime-chan, es geht weiter. –

Ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“, flüstert Kyoko verlegen, dann legt sie auf.
 

Das Mädchen braucht fast eine Minute, um wieder vollkommen auf den Boden zurückzukehren. Immer

noch sind ihre Wangen rosig und ihr Herz klopft wie wild in ihrer Brust.

Rina lässt ihr die Zeit.

„Ist Koon...?“, fragt sie schließlich vorsichtig, ein verständnisvolles Lächeln im Gesicht.

Kyoko nickt verschämt. „Ja, er ist für ein paar Tage in Hong Kong wegen eines Modeshootings...“

„Verstehe. – Aber solche Dinge sollten wir besser an einem ruhigeren Ort besprechen.

Außerdem sind wir noch nicht ganz fertig. - Ich finde, wir sollten noch so zwei, drei Dinge

ausprobieren.“ Sie zwinkert dem Mädchen zu. „Wer weiß, wozu es außer bei den Filmaufnahmen noch

gut ist...“

„Einverstanden.“, meint Kyoko lachend.
 


 

___________________________________________________________________________
 

Nachwort
 

Noch ist nicht entschieden, was für ein Zeichen sich Kyoko ausdenken wird für Rina (für den Fall, dass

ihr der Trubel zu viel wird), ich bin also für Vorschläge offen. ^^ Also, wenn euch was Passendes

einfällt, nur zu!

Gerede

Himmel, 101 Kommis!! Jetzt schon!! ^_________^

Ihr wart wirklich fleißig, ich bin total sprachlos. ...naja, vielleicht doch nicht ganz sprachlos. ^^ Ein ganz liebes Dankeschön jedenfalls an alle 25 Kommischreiber. *verbeug* Nur weiter so! Auf diese Art macht das Schreiben gleich noch mal so viel Spaß. ^^
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

unterstrichene Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

“Ist Koon...?“, fragt sie schließlich vorsichtig, ein verständnisvolles Lächeln im Gesicht.

Kyoko nickt verschämt. „Ja, er ist für ein paar Tage in Hong Kong wegen eines Modeshootings...“

„Verstehe. – Aber solche Dinge sollten wir besser an einem ruhigeren Ort besprechen. – Außerdem sind wir noch nicht ganz fertig. – Ich finde, wir sollten noch so zwei, drei Dinge ausprobieren.“ Sie zwinkert dem Mädchen zu. „Wer weiß, wozu es außer bei den Filmaufnahmen noch gut ist...“

„Einverstanden.“, meint Kyoko lachend.
 

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Gerede
 

Rina Kobayashi wartet am Tor vor Kyokos Schule, um ihren Schützling zu den Werbeaufnahmen dieses Tages abzuholen.

Tief in Gedanken lehnt sie sich an die Mauer, während bereits die ersten Schüler durch den Haupteingang in die frühe Nachmittagssonne treten.

>Ob ich Kyoko-san etwas von den Briefen erzählen sollte...?<, überlegt sie angestrengt. >Ich meine, ... schließlich sind die meines Erachtens wirklich harmlos ... und außerdem muss früher oder später ja jeder Promi damit rechnen, dass es auch immer wieder Leute gibt, die negativ auf sie oder ihre Arbeit reagieren...

Darüber hinaus weiß ja eigentlich jeder, dass man im Showgeschäft nicht unbedingt mit Samthandschuhen angefasst wird ... und dass die Kritik leider auch nicht immer sachlich ist...

Hmm, ... ich frage mich, wie sie auf diese Beschimpfungen reagieren würde...<

Stirnrunzelnd fährt sie sich mit dem Zeigefinger über das Kinn.

>Ich glaube, sie ist zwar eine ziemlich starke Persönlichkeit, ... aber auch weit verletzlicher als es nach außen den Anschein hat ... und als sie alle glauben machen will.

...es gibt jedenfalls Momente, da wirkt sie äußerst zerbrechlich; ... allerdings immer nur dann, wenn sie sich unbeobachtet fühlt...<

Seufzend lässt sie den Arm wieder sinken.

>Vielleicht würde es auch zu einem dieser – wie Takarada es nennt – ‚berüchtigten, unheimlichen, emotionalen Ausbrüche’ führen, wenn ich es ihr sage. ...wie auch immer die aussehen mögen...<

Rina grinst plötzlich.

>Vielleicht wäre das sogar eine ganz gute Gelegenheit, mal einen dieser Ausbrüche zu erleben ...damit ich ihre Reaktionen kennen lerne...<

Doch kaum hat sie den Gedanken zu Ende geführt, wird sie auch schon wieder ernst und seufzt erneut leise vor sich hin.

>Nein, das wäre ja gemein. – Außerdem ist mir das Risiko eigentlich zu groß. – Ich kenne sie doch noch viel zu wenig...

Hm, ... ob Tsuruga-san sie in so einem Fall wohl trösten würde? – In der Öffentlichkeit wirkt er immer so aalglatt...<

Schon im nächsten Augenblick schüttelt sie leise den Kopf über diesen Gedanken.

>Ach was, privat ist er sicher anders, sonst wäre er doch nicht mit jemandem wie Kyoko-san liiert. Sie ist ja nicht unbedingt ein Mädchen, mit dem man aus Prestige-Gründen zusammen ist. – Sie ist zwar ohne Frage bildhübsch, ... aber eigentlich eher auf eine Art, die erst so richtig zur Geltung kommen wird, wenn sie mal erwachsen ist. – Quasi eine Schönheit, die sich für die meisten erst auf den zweiten Blick erschließen dürfte ...weil sie ganz tief aus dem Inneren kommt...<

Die junge Managerin atmet ein paar Mal tief durch.

>Na ja, wie dem auch sei ...früher oder später wird sie von den Briefen erfahren ... und wenn es nur zufällig sein wird...<

Mit einem leisen Ächzen stößt sie sich von der Mauer ab und wirft einen Blick auf ihre Armbanduhr.

>Ich war wohl doch ein bisschen zu früh hier...<
 

„Hast Du schon gehört?! Mogami-san hatte in der Englisch-Prüfung, die sie nachgeschrieben hat, wieder eine 100.“

„Schon wieder?! – Also wirklich, das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen, wo sie doch in letzter Zeit kaum in der Schule war...“
 

Rina wird unsanft aus ihren Gedanken gerissen, als sie registriert, dass die kleine Schülergruppe ganz in ihrer Nähe über ihren neuen Schützling redet. Unwillkürlich spitzt sie die Ohren und riskiert einen unauffälligen Blick zu den jungen Leuten.
 

„Quatsch, diese Streberin ist einfach nur krankhaft ehrgeizig. - So weit reicht der Arm ihrer Agentur nun auch nicht.“, meint eins der Mädchen.

„Glaub ich auch.“, mischt sich ein anderes Mädchen mit wunderschönen, schwarzen Locken ein, das erst kurz zuvor hinzugekommen ist. „Sie war doch immer schon merkwürdig. – Außerdem glaub ich nicht, dass es ihre Agentur war, die ihr die Rolle der Mio verschafft hat. Mein Manager hätte jedenfalls Zeter und Mordio geschrieen, wenn ich eine so negativ besetzte Rolle angenommen hätte. – Da gerät man doch Ruck Zuck in eine Schublade, aus der man nie wieder raus kommt. – Wer, außer diesem seltsamen Mädchen, will schon dauerhaft in der Öffentlichkeit als Buhmann dastehen?! – Klar, im Moment ist sie sehr gefragt, aber ich wette, diese Rolle wird sie bis in alle Ewigkeit verfolgen...“

[Das Pikante an diese Aussage ist, dass sie von einem Mädchen kommt, das ausschließlich Rollen spielt, die man mit Fug und Recht in die Schublade „hübsches Dummchen“ stecken könnte... ^__^]
 

Das Klingeln von gleich drei Handys unterbricht das Gespräch der Schülerinnen und während die betreffenden Mädchen ihre Keitais [= „Handys“ auf Japanisch] aus Schultaschen oder Jacken kramen, verabschieden sich die restlichen beiden lächelnd und verschwinden eilig in verschiedene Richtungen.
 

>Eigentlich könnte ich auch am Haupteingang warten ... und mich bei dieser Gelegenheit gleich noch ein wenig umhören, was sonst noch so über Kyoko-san getratscht wird... Es ist immer gut zu wissen, was ‚der Feind’ denkt...<, überlegt Rina und macht sich daran, gemächlich den Schulhof zu überqueren.
 

„...sich auch hoch -geschlafen ... Jedenfalls verdreht sie neuerdings anscheinend reihenweise den Männern die Köpfe.“, schnappt Rina plötzlich auf und verlangsamt daraufhin unauffällig ihre Schritte.

„Mogami-san?! – Kann ich mir gar nicht vorstellen...“
 

Rina bleibt stehen und tut so, als suche sie etwas in ihrer Handtasche. Neugierig wirft sie einen Seitenblick auf die kleine Gruppe Schüler.

„Jedenfalls hat sie definitiv Sho Fuwa den Kopf verdreht.“, meint eins der Mädchen bissig.
 

>Ist das nicht Mimori Nanokura? – Ich hätte nicht gedacht, dass die Kleine so gehässig gucken kann. – Im Fernsehen kommt sie immer so unschuldig und niedlich rüber...<, schießt es der jungen Managerin durch den Kopf, während sie ihre „Suche“ noch ein wenig umständlicher gestaltet.
 

„Außerdem soll sie ganz vertraulich mit Tsuruga-sama umgehen.“, wirft eine andere Schülerin ein. „Das hab ich von einer Freundin, die auch in ‚Dark Moon’ mitgespielt hat.“

„Ach was“, winkt ein etwas älteres Mädchen grinsend ab, „Tsuruga-sama würde sich doch nie und nimmer mit einem solchen Niemand abgeben. Sie ist und bleibt eine hässliche Landpomeranze. Außerdem ist ihr Charakter viel zu seltsam...“
 

Rina sieht Kyoko gerade aus dem Schulgebäude kommen und beeilt sich, ihr entgegen zu gehen.

„Hallo. Na, wie ist es gelaufen?“, fragt sie neugierig, als sie vor ihrem Schützling steht.

„Hallo, Rina-san. Japanisch war ganz gut, glaub ich. – Aber für Mathe hab ich wirklich bis zur letzten Sekunde gebraucht, um fertig zu werden.“, antwortet Kyoko mit einem leicht gezwungenen Lächeln.

„Hat es denn trotz Zeitmangel einigermaßen hingehauen?“, hakt Rina neugierig nach.

„Ich weiß nicht genau. Ich hatte keine Zeit mehr, die Ergebnisse noch mal zu überprüfen.“, meint Kyoko achselzuckend ... und wundert sich insgeheim, wie wenig sie sich mittlerweile über solche Dinge aufregt. [...genauer gesagt, seit Ren ihr gesagt hat, dass sie nicht unbedingt immer 100% erreichen müsse. ^^]

„Ach was“, lacht Rina, „’Ein gutes Pferd springt knapp.’, hat meine Mama immer gesagt. – In der elften Klasse war ich so schlecht in Mathe, dass mein Vater jedes Mal regelrecht die Wände hochgegangen ist, wenn ich die Ergebnisse nach Hause brachte, aber meine Mutter hat ihn wieder runter geholt und gemeint, dass es ja wohl Wichtigeres als Schulnoten gäbe. – Sie ist Deutsche, ... daher ist bei uns zu Hause wohl einiges anders gelaufen als bei meinen Klassenkameradinnen.“

Kyoko sieht ihre Betreuerin mit großen Augen an, während sichtbar der Groschen [Oder besser: eine 100¥-Münze... ^^] fällt.

„Du bist halb Japanerin, halb Deutsche? – Ich hab mich schon gewundert, weil deine Augen und Haare etwas heller sind als normal.“

„...und aus lauter Höflichkeit nicht nachgefragt.“, stellt Rina nüchtern fest. „Hör mal, Kyoko-san, ich bin dir nicht böse, wenn du mir persönliche Fragen stellst. Ich kann ja immer noch entscheiden, ob ich sie beantworte oder nicht. – Wie gesagt, meine Mutter ist Deutsche ... und vielleicht hab ich deshalb etwas weniger Hemmungen, die Dinge ohne Umschweife und falsche Scham anzusprechen als die meisten Japaner.“

Trotz des aufmunternden Lächelns ihrer Betreuerin ist Kyoko ein wenig rot geworden und senkt den Blick verlegen zu Boden.

„Komm, Kyoko-san “, wechselt Rina daraufhin abrupt das Thema, „lass uns gehen, es wird langsam Zeit, dass wir uns auf den Weg machen, damit wir rechtzeitig am Set sind. – Ich weiß nämlich nicht, ob ich den Weg auf Anhieb finde.“

Die Beiden überqueren den Schulhof ... und die peinliche Stimmung ist im Nu wie weggeblasen.

Als sie das Schultor passieren, hört man es plötzlich aus einer nahe stehenden Schülergruppe heraus tönen:

„Mag ja sein, dass Mogami-san derzeit ziemlich gefragt ist, ... vielleicht ist sie als Schauspielerin auch gar nicht mal soo schlecht... Aber reichlich merkwürdig ist sie immer noch.“

Das Ganze in einer Lautstärke, dass Kyoko es mitbekommen muss .

Unbeeindruckt und ohne das leiseste Zucken geht Kyoko weiter.
 

Als sie an Rinas Wagen ankommen, fragt die Managerin vorsichtig: „Macht es dir nichts aus, dass manche Mitschüler schlecht über dich reden? – Ich meine, ... du hast das vorhin am Schultor doch mitbekommen, oder?“

Kyoko zuckt lächelnd mit den Achseln.

„Du meinst, dass ich ‚merkwürdig’ bin?“ Kyoko kichert leise. „Das ist doch harmlos. – Hier an der Schule wird ziemlich viel dummes Zeug geredet, besonders in der Showbiz-Klasse. – Außerdem“, meint sie grinsend, „hör ich bei so was schon lange nicht mehr hin.“

>...schon lange nicht mehr...<, echot es laut in Rinas Kopf, während sie ins Auto einsteigen.

„Also, eigentlich“, setzt Kyoko noch hinzu, als sie den Gurt schließt, „macht es mir mehr zu schaffen, dass mich seit der ‚Dark Moon’-Premiere einige Mädchen derart höflich grüßen, dass es mir schon wieder Angst macht. Die meisten von denen haben mich vorher entweder vollkommen ignoriert oder in irgendeiner Form angefeindet...

Diese Anbiederei neuerdings ist so seltsam, dass ich jedes Mal sofort denke, dass sie irgendwas abgrundtief Gemeines im Schilde führen...“
 

Rina hat sich inzwischen angeschnallt und will gerade den Wagen starten, als sie mit einem Mal innehält.

Forschend sieht sie dem Mädchen ins Gesicht, ... das nun seinerseits fragend einen Blick zurück wirft.

„Du hast vorhin gesagt, dass du bei so was ‚schon lange nicht mehr hinhörst’. – Entschuldige, wenn die Frage zu direkt ist; du brauchst sie auch nicht zu beantworten, wenn du nicht willst... Geht das schon länger so? – Ich meine, ... ich hab da vorhin ein paar ziemlich hässliche Dinge auf dem Schulhof aufgeschnappt.“

Rina wird ein wenig rot; jetzt ist es ihr doch peinlich, dass sie die Sache so offen angesprochen hat.

Kyoko hingegen lacht leise.

„Na ja“, meint sie ... und wundert sich insgeheim, dass sie so entspannt darüber reden kann (ohne sich gleich über Shos nicht unbeträchtlichen Anteil daran aufzuregen ^^), „eigentlich kenne ich es gar nicht anders. Ich wurde schon im Kindergarten von den Mädchen als Außenseiterin abgestempelt, ... geschnitten ... und auch gemobbt.“

Rina scheint wirklich bestürzt und kann offensichtlich nicht verstehen, warum...

Kyoko registriert die Fragezeichen im Gesicht ihrer Assistentin und seufzt leise.

„Na ja, das lag an einem gewissen Jemand, der mir seit dem Kindergarten ständig an den Fersen klebte.“, beantwortet sie die nicht gestellte Frage ... und überlegt angestrengt, wie sie es genauer erklären soll, denn Rinas Blick wird zunehmend verwirrter.

Wieder seufzt das Mädchen.

Dann trifft Kyoko eine Entscheidung ... und fragt sich verblüfft, warum ihre kleinen Dämonen nur gelangweilt auf ihrer Schulter sitzen ...und Karten spielen.

„Gut, ich erzähle dir die Geschichte ...aber nur, wenn es unter uns bleibt. – Es ist mir nämlich ziemlich peinlich...“, sagt sie, während sich ihr Gesicht langsam erdbeerrot verfärbt. „Aber wir sollten lieber losfahren, damit wir nicht doch zu spät kommen.“
 

Als sie schließlich in der Tiefgarage des Filmstudios ankommen [natürlich sind sie alles andere als spät dran ^^], ist Kyoko gerade fertig mit ihrer Schilderung.

Einen langen Augenblick ist es still zwischen den beiden jungen Frauen.
 

>Wieso hab ich ihr das jetzt so ausführlich erzählt?<, fragt sich Kyoko nachdenklich. >Und wieso war es ... so ... einfach?! – Irgendwie wird es auch jedes Mal ein bisschen leichter, diese Dinge zu erzählen... Und warum regt mich der Gedanke an diese Zeit kaum noch auf?!<
 

„Hattest du dir die Unterlagen für den Royal-Snow-Spot durchgesehen?“, reißt Rinas Frage die junge Schauspielerin unvermittelt aus den Gedanken, als das Auto auf einem der für Mitarbeiter reservierten Parkplätze abgestellt ist.

„Ja, sicher.“ Kyoko kichert leise. „Aber ... von ‚Unterlagen’ kann ja kaum die Rede sein. – Das war doch nur eine DIN-A4-Seite, ... ich werde ja kaum Text haben.“

Unwillkürlich hellen sich die Gesichtszüge des Mädchens auf, während ihr verzückt durch den Kopf schießt, dass sie heute wahrhaftig eine Märchenprinzessin spielen darf. Der Gedanke an Sho und ihre wenig erfreulichen Kindheitserinnerungen sind plötzlich vollkommen vergessen.

Rina, die bereits ausgestiegen ist und der verträumt dreinblickenden Kyoko die Tür öffnet, um sie endlich zum Aussteigen zu bewegen, glaubt plötzlich, kleine, glitzernde Sternchen in den Augen des Mädchens und rund um seinen Kopf zu sehen...

>Sie ist wirklich ein bisschen merkwürdig ... aber niedlich...<

[Woher soll sie auch wissen, dass Kyokos Reaktion noch vor ein paar Monaten bei weitem nicht so niedlich gewesen wäre; ... jedenfalls nicht, solange der Gedanke an Sho im Spiel gewesen wäre... ^^ ...was sich selbst bei diesem Thema wohl kaum hätte vermeiden lassen...^^]
 

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Nachwort
 

So, das war also das letzte Kapitel vor dem Royal-Snow-Webespot. Leider wird die Wartezeit bis zum nächsten Kapitel etwas länger. ^^’ Sorry. Bevor die Sommerferien zu Ende sind, kann ich sicher nichts mehr hochladen, die Zeit reicht im Moment einfach nicht. Ich hoffe, dass es dafür im Spätsommer dann wieder mit neuem Elan weiter- ... und mit größeren Schritten auf die dramatischeren Kapitel zu-geht. Schließlich muss Kyoko ja auch langsam mal umziehen und obendrein wartet bald danach eine ziemlich unangenehme Überraschung auf sie... (Was nicht heißt, dass es nicht trotzdem romantisch wird... ^_-)

Hmmm, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, dann gibt es gleich danach auch wieder eine äußerst positive Überraschung für sie ... und für euch... ^_______^

Der Odette-Spot I

So, da bin ich wieder. Zurück aus der Sommerpause, die eigentlich gar keine Pause war... *seufz* Oh, mein Gott, ist das letzte Kapitel wirklich schon zwei Monate her?! 0_o

Eigentlich wollte ich ja schon letzte Woche ein Kapitel hochladen, aber da ist mir Harry Potter dazwischen gekommen... ^__^ Ich hatte also aus nachvollziehbaren Gründen ein kleines Zeitproblem. ^^’

Ich hoffe, euch ist die Pause nicht zu lang geworden und ihr könnt mir verzeihen. ^^’
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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...

Rina, die bereits ausgestiegen ist und der verträumt dreinblickenden Kyoko die Tür öffnet, um sie endlich zum Aussteigen zu bewegen, glaubt plötzlich, kleine, glitzernde Sternchen in den Augen des Mädchens und rund um seinen Kopf zu sehen...

[Woher soll sie auch wissen, dass Kyokos Reaktion noch vor ein paar Monaten bei weitem nicht so niedlich gewesen wäre; ... jedenfalls nicht, solange der Gedanke an Sho im Spiel gewesen wäre... ^^ ...was sich selbst bei diesem Thema wohl kaum hätte vermeiden lassen...^^]
 

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Der Odette-Spot I
 

„Nein, nein, nein, Arima-san, diese Kulisse brauche ich ein ganzes Stück weiter rechts!“, ruft der Mann Anfang dreißig mit der schwarzen Strubbelfrisur einem der Bühnenarbeiter zu, während er beiläufig seine Brille zurecht rückt. Das Geräusch der sich öffnenden Studiotür lenkt seine Aufmerksamkeit für den Augenblick von den Aufbauarbeiten am Set ab.

„Oh, Mogami-san! Schön, dass Sie schon da sind, dann können wir den Spot noch einmal in Ruhe besprechen. Wir haben nämlich kurzfristig einiges geändert.“

Lächelnd begrüßt Kyoko den Regisseur und stellt ihm ihre persönliche Assistentin vor.

„Schön Sie kennen zu lernen, Kobayashi-san.“, meint er daraufhin und mustert die junge Frau mit unverhohlen hungrigem Blick ...was Rina offenbar ganz und gar nicht in den Kram passt.

Mit einem subtilen Stirnrunzeln ihrerseits wird die Atmosphäre um sie herum in Sekundenbruchteilen um etliche Grad kühler und dem Regisseur kommt es unwillkürlich vor, als würde er von einer strengen Tante gemaßregelt.

„Dann lassen Sie uns doch an einen ruhigeren Ort gehen, um die Änderungen zu besprechen.“, schlägt Rina betont sachlich vor.

„Gut.“, meint der Regisseur ... und versucht krampfhaft, sich die Abfuhr, die er gerade hat einstecken müssen, nicht allzu sehr anmerken zu lassen.

Es gelingt ihm nur mäßig. „Am besten gehen wir in Mogami-sans Garderobe.“

Kyoko sieht verstohlen von einem zum anderen und fragt sich, wie Rina es geschafft hat, mit einem so minimalen Mienenspiel einen solchen Effekt bei ihrem Gegenüber zu erreichen, ... wo doch eigentlich er hier das Sagen hat...

>Wow ... sie hat Fukeda-san die Grenzen aufgezeigt, ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen. – Er hat nicht mal einen Grund, sauer zu sein...<
 

Die Ankunft in ihrer Garderobe reißt Kyoko aus ihren Gedankengängen.

Während sie noch ihre Tasche verstaut und die Jacke an einen der Garderobenhaken hängt, beginnt der Regisseur bereits mit seinen Ausführungen.

„Die größte Änderung ist, dass es von dem Spot jetzt zwei Varianten geben soll: Eine kurze TV-Version und eine längere, die in den Kinos und bei einigen Sportveranstaltungen in den Hallen bzw. Stadien laufen soll. Außerdem wird Royal Snow diese längere Version auf ihrer Homepage zeigen und auf einigen Internet-Video-Plattformen platzieren.

Das bedeutet, dass der Spot eine kleine Handlung bekommt, es wird praktisch eine alternative Kurzfassung von ‚Schwanensee’.“

Kyokos Augen beginnen unwillkürlich zu glänzen, während sie auf dem Stuhl neben Rina Platz nimmt.

„Die Vollversion wird damit beginnen, dass Odette in ihrer Gestalt als Schwan aus dem See ans Ufer steigt und sich dort in der untergehenden Sonne in eine Prinzessin zurückverwandelt.

Während sie sich in den Rosenpavillon ganz in der Nähe begibt, berichten ihr einige Elfen, dass ihr Liebster, Prinz Siegfried, sich in die Tochter des bösen Zauberers zu verlieben droht, der zuvor Odette verwunschen hat. Auf die verzweifelte Frage der Prinzessin, wie das denn passieren konnte, antworten die Elfen, dass Rotbart (der Zauberer) seiner Tochter einen Trank verabreicht hat, der bewirkt, dass sie Odette nun zum Verwechseln ähnlich sieht.

Kurz darauf sitzt die schöne Prinzessin niedergeschlagen in dem kleinen Rosenpavillon und grübelt, wie sie ihren Liebsten zurückgewinnen kann.

Um sie ein wenig aufzuheitern, reichen ihr schließlich einige Elfen ein Flakon mit einem Duftwasser, an dem sie gedankenverloren schnuppert und von dem sie dann etwas auf die Handgelenke und hinter die Ohren tupft.

Unnötig zu erwähnen, dass es sich dabei natürlich um das neue Parfüm von Royal Snow namens „Odette“ handelt.

An dieser Stelle muss natürlich deutlich zu sehen sein, dass Odette sich trotz ihres Kummers ein wenig entspannt und sich ihre Gesichtszüge merklich klären.

Auch im Morgengrauen sitzt sie noch dort und überlegt, was zu tun ist; die Sonne macht sich schon daran aufzugehen ... und als die Prinzessin noch einmal an ihren Handgelenken riecht, kommt ihr plötzlich eine Idee.

Da es sowieso an der Zeit ist, begibt sie sich wieder zum Ufer des Sees, verwandelt sich in einen Schwan, rupft sich eine ihrer Federn aus und schickt zwei der Elfen los, Siegfried diese Feder zu überbringen.
 

Als die Elfen ihren Auftrag erfüllt haben, ist Siegfried zunächst verwirrt ... zumal Odette den Elfen verboten hatte, ihm irgendeine Erklärung dazu zu geben.

Nachdenklich streicht er die weiche Feder zunächst über seinen Arm, dann durch das Gesicht.

Worauf er dann plötzlich stutzt ... und sich daraufhin sofort eiligst auf den Weg zum See macht, den er schließlich kurz vor Sonnenuntergang erreicht.

Erneut steigt der Schwan ans Ufer und verwandelt sich.

Siegfried kniet bestürzt vor Odette nieder, nimmt ihre Hände und bittet sie inständig um Verzeihung, dass er sich täuschen ließ.

Natürlich vergibt sie ihm.

In der Schlussszene küsst er glücklich ihre Hände und die Kamera blendet die Szene aus, während das Parfüm noch einmal groß ins Bild kommt.“
 

„Himmel, das ist ja ein halber Spielfilm! Wie lang soll der Spot denn werden?!“, fragt Rina.

„Keine Sorge“, winkt Fukeda ab, „10 Minuten, höchstens 15; das hört sich jetzt nur so lang an, weil ich es möglichst ausführlich erzählen wollte. – Wir haben die Dialoge nämlich erst gestern Nacht fertig geschrieben, weil der Änderungswunsch so kurzfristig kam. – Wenn Ihnen also irgendwelche Unstimmigkeiten auffallen oder Sie Verbesserungsvorschläge haben, Mogami-san, ... ich bin für jede Anregung dankbar.“

Er deutet auf den Tisch vor dem Garderobenspiegel, auf dem ein kleines Drehbuch liegt.

Kyoko greift danach und beginnt sofort darin zu lesen. Ihre Finger zittern vor lauter Freude und der Glanz in ihren Augen lässt schon fast Freudentränen vermuten.
 

„Hast du eigentlich schon mal Greenbox-Aufnahmen gemacht?“, fragt der Regisseur unvermittelt.

Kyoko blickt vom Textbuch auf und schüttelt den Kopf.

„Nein, bisher nicht. – Auch nicht in der Akademie. Ich weiß nur theoretisch, wie es funktioniert.“

„Hmm, dann werden wir vielleicht ein bisschen mehr Zeit einplanen müssen.“, überlegt der Regisseur ...lächelt dem Mädchen jedoch gleich darauf aufmunternd zu. „Keine Sorge, das klappt schon. Sie müssen für die Szenen mit den Elfen allerdings Ihre Fantasie kräftig bemühen, weil die ja beim Dreh nicht wirklich da sind; sie werden erst später mit dem Computer in die fertigen Aufnahmen eingefügt.“

Kyoko lächelt leise in sich hinein.

>Wenn’s weiter nichts ist... Naturgeister konnte ich mir schon immer gut vorstellen...<
 

„Mit welchen Szenen fangen wir an?“, fragt sie schließlich.

„Mit den Verwandlungsszenen. Dafür müssen Sie zunächst diesen grünen Anzug tragen.“ Er deutet auf einen engen, grünen Overall, der auf dem Garderobenständer neben dem glitzernden Prinzessinnenkostüm hängt.

„Sie müssen dann ein paar Mal aus der Hocke in den Stand ... und wieder zurück... Wie genau, wird Ihnen unser Mann für die Computereffekte nachher noch erklären. – Später müssen wir das Ganze noch einmal auf möglichst genau die gleiche Weise im Odette-Kostüm haben, damit die Aufnahmen übereinander gelegt und gemorpht werden können. – Bitte merken Sie sich also so genau wie möglich den Bewegungsablauf; die Genauigkeit ist daran wirklich das Schwierigste.“

Er lächelt ihr nochmals aufmunternd zu.

„Aber das schaffen wir schon.“, meint er lächelnd ... und fragt sich insgeheim, ob sein Kollege und Freund Ushio Kurosaki wohl Recht damit hat, dass man dieses Mädchen bedenkenlos und ohne Vorwarnung in ein vollkommen unerwartetes Setting stecken kann... [Für alle, die es vergessen haben: Ushio Kurosaki ist nicht nur der Regisseur der Agentenkomödie, die Kyoko demnächst drehen wird, sondern war auch der Regisseur des Kyulala-Spots, den Kyoko mit Miss Menno zusammen gedreht hat; genau genommen war das ihr Debüt...]

„Ich werde jedenfalls mein Bestes geben.“, meint Kyoko entschlossen. Stirnrunzelnd wandern ihre Gedanken zu den bevorstehenden Aufnahmen ... und dem hässlichen, grünen Teil auf dem Garderobenständer...

Rina bemerkt sowohl Kyokos nachdenklich-zerknirschte Reaktion als auch die des Regisseurs auf deren Gesichtsausdruck. – Er wirkt irgendwie ein wenig verunsichert...

„Wer wird eigentlich den Siegfried spielen?“, fragt die junge Managerin ... hauptsächlich um Fukeda abzulenken.

„Taki Nojima, der in ‚Kumi Jo’ den Sohn des Kendomeisters spielt. – Aber wir erwarten ihn in frühestens zwei Stunden; er hat noch Aufnahmen für die Drama-Serie ... und er hat ja auch nur ein paar Szenen.“
 

Kyoko hat nur mit halbem Ohr zugehört – der Name der Serie sagt ihr sowieso nichts – ihre Aufmerksamkeit gilt zum größten Teil dem Drehbuch und den Überlegungen, wie sie den Text am schnellsten in ihren Kopf bekommt.

„Wann fangen wir an?“, fragt sie nachdenklich.

„Etwa in einer Dreiviertelstunde. – Sie fragen sicher wegen des Textes, den Sie noch lernen müssen.“

Kyoko hebt kurz den Blick und nickt.

„Da ihr Kopf ja bei den ersten Aufnahmen komplett unter der grünen Kapuze steckt, brauchen Sie jetzt noch nicht in die Maske; Sie müssen sich also auch erst in einer Dreiviertelstunde umziehen. – Am besten konzentrieren Sie sich beim Lernen erstmal auf die Szenen, die Sie mit Nojima-san haben. Es ist auch nicht weiter schlimm, wenn Sie den Text nicht wörtlich auswendig können. Ich weiß, die Zeit ist knapp; ich denke, Sie und Nojima-san können ruhig ein wenig improvisieren, Hauptsache, der Sinn des Ganzen bleibt erhalten.“

Kyoko überlegt einen Moment, klappt dann das Script zu und legt es auf den Schminktisch hinter sich. Dann greift sie nach ihrer Tasche, fischt ihr Handy heraus und stellt es leise seufzend ab.

„Die Zeit ist zwar tatsächlich ein bisschen knapp, aber ich denke, es geht in Ordnung. Ich brauche nur Ruhe. – Gibst Du mir bitte Bescheid, wenn ich mich fertig machen muss, Rina-san? Dann nutze ich die Zeit bis dahin zum Lernen.“

„Brauchst Du später jemanden für die Stichworte?“, fragt ihre Assistentin nach.

„Nein“, meint Kyoko kopfschüttelnd, „ich denke, ich muss die Dialoge sowieso komplett lernen.“

Rina holt das Handy aus ihrer Handtasche und steckt es in die Hosentasche.

„Brauchst Du noch was? Was zu Trinken vielleicht?“

„Nein, danke“, winkt die junge Schauspielerin lächelnd ab, „ich hab noch was in meiner Tasche.“

„Gut.“, sagt Rina daraufhin, während sie sich vom Stuhl erhebt. „Kommen Sie, Fukeda-san, Sie haben sicher auch noch einiges zu erledigen, bis es mit dem Dreh losgehen kann.“
 

Mit einem tiefen Seufzer schlägt Kyoko das Drehbuch wieder auf und legt es vor sich auf den Schminktisch, nachdem die beiden anderen den Raum verlassen haben.

Langsam, aber nachdrücklich, macht sich ein leises Gefühl von Panik in ihr breit.

>Meine Güte, Kyoko!<, weist sie sich selbst unbarmherzig zurecht. >Du hast jetzt keine Zeit für Zweifel oder Angst! Reiß dich gefälligst zusammen!<

Entschlossen atmet sie durch und wirft einen Blick in den Spiegel vor sich, ... von wo ihr ein reichlich gequältes Lächeln entgegen kommt.

>Wie soll ich es bloß schaffen, meinen Text zu lernen und mir gleichzeitig Gedanken zu machen, wie ich diese Verwandlungsszenen hinkriegen soll?!<, überlegt sie fieberhaft und wirft einen sehnsüchtigen Blick auf das abgeschaltete Handy, das neben dem aufgeschlagenen Script liegt.

„Unsinn!“, murmelt sie entschieden. >Selbst wenn er jetzt Zeit hätte, ich habe sie nicht, um das Ganze zu diskutieren.<

Entschlossen sieht sie ihrem Spiegelbild in die Augen ... und haut dann kräftig mit der Faust auf den Tisch, sodass ihr Handy einen kleinen Hüpfer macht. [Gut, dass noch keine Schminkutensilien darauf stehen... die wären sicherlich alle durcheinander gewürfelt worden... ^^]

„Laber nicht, fang lieber an!“, schimpft sie und blättert zu der Stelle, an der die erste Szene mit ihrem Spielpartner steht...
 

„Hier bitte, Saka-san.“ Fukeda reicht seiner Regieassistentin die Schreibunterlage mit den Papieren, die er gerade unterzeichnet hat. „War es das?“

„Nein. Was sollen wir mit diesem Scheinwerfer machen?“

„Tauschen Sie ihn lieber aus. Ich will nicht wegen technischer Probleme unnötig Takes wiederholen müssen. Die Zeit sitzt uns ohnehin ein wenig im Nacken.“

„Gut, ich werde das veranlassen.“, sagt die junge Frau und macht sich auf den Weg zu den Beleuchtern.
 

Einen Moment steht der Regisseur gedankenverloren inmitten all des geschäftigen Treibens, dann sieht er forschend in Rina Kobayashis Gesicht, die ganz in der Nähe an einer Wand lehnt und die Szenerie am Set interessiert beobachtet.

„Sagen Sie, Kobayashi-san“, beginnt er, während er auf sie zugeht, „reagiert Mogami-san immer so ... so professionell, wenn man sie aus heiterem Himmel vor vollkommen veränderte Aufgaben stellt?“

Rina grinst.

„Um ehrlich zu sein, hab ich keine Ahnung. Ich habe ihre Betreuung erst gestern übernommen. Man hat mir allerdings gesagt, dass sie bei der Arbeit äußerst gewissenhaft ist ... und ich persönlich habe den Eindruck gewonnen, dass sie immer versucht, aus allem das Beste zu machen.“

„Hm ... erstaunlich...“, murmelt er und denkt: >Na, hoffentlich bringt sie dann nachher bei den Aufnahmen die romantischen Gefühle überzeugend rüber...<
 

„Was halten Sie davon, Kobayashi-san, wenn wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen und noch eine gemütliche Tasse Kaffee trinken, bevor der Stress hier richtig tobt?“, fragt der Regisseur schließlich lächelnd.

„Einverstanden.“, meint Rina und hat plötzlich ein sehr freches Grinsen im Gesicht. „Vorausgesetzt, Sie fahren Ihren Bagger-Modus ein bisschen runter. – Ich mag es nämlich ganz und gar nicht, gleich beim ersten Treffen mit den Augen regelrecht ausgezogen zu werden.“

Es ist kaum zu glauben, aber Regisseur Fukeda wird wirklich rot im Gesicht.

„Entschuldigung.“, sagt er kleinlaut. „So war das gar nicht gemeint. – Mir hat ... na ja ... mir hat halt gefallen, was ich gesehen hab...“

Das Rot in Fukedas Gesicht wird tatsächlich noch ein wenig tiefer und so kann sich Rina ein leises Kichern nicht mehr verkneifen.

„Schwamm drüber.“, meint sie versöhnlich und klopft dem Mann so kräftig auf die Schulter, dass dieser sie nur noch verblüfft anstarrt. „Kommen Sie!“, lacht sie. „Ein Kaffee ist gar keine schlechte Idee.“
 

„Hm...“ Rina nippt an ihrem heißen Kaffee, während der des Regisseurs gerade vom Automaten ausgespuckt wird. „Würden Sie mir verraten, wie Sie ausgerechnet auf Mogami-san gekommen sind für diesen Spot? – Ich meine, ...nicht dass ich es ihr nicht zutraue, ... mitnichten ... aber ... es gibt doch wirklich massenhaft junge Schauspielerinnen, die gleich auf den ersten Blick mehr nach einer niedlichen, zart fühlenden Prinzessin aussehen als Kyoko Mogami...“

Fukeda nimmt den Becher aus dem Automaten und begleitet Rina zu der kleinen Sitzgruppe, wo sie es sich ein wenig gemütlich machen.

„Einer der PR-Typen von Royal Snow hat sie auf der ‚Dark Moon’-Premiere gesehen. – Er meinte, sie hätte eine ausgezeichnete Haltung gehabt und wirkte in ihrem Kleid ausgesprochen adelig. Er fand, dass sie damit gegenüber den meisten anderen Schauspielerinnen aus der Masse heraus stach.

Ich hab mir daraufhin die Aufzeichnungen noch mal angesehen ... und musste ihm Recht geben. – Ihre Haltung war nicht nur die ganze Zeit über absolut perfekt und tatsächlich irgendwie edel, sondern vor allem wirkte sie dabei auch noch ausgesprochen natürlich. ...es hatte überhaupt nichts Aufgesetztes, wie das bei den meisten anderen Jungschauspielerinnen der Fall ist.

Eine derart von Zurückhaltung geprägte, vornehme Ausstrahlung ist heutzutage bei jungen Frauen eine Seltenheit ... und wenn wir mal ehrlich sind, ist es auch gar nicht mehr so gefragt. Heutzutage sollen die Frauen eher modern, dynamisch, sexy und weitgehend autonom sein. Ganz besonders in der Werbung.“
 

[Warte ab, Rei Fukeda! Kyoko wird dich noch umhauen ! ...allerdings noch nicht bei diesem Dreh... ^^ / Kleiner Pseudo-Spoiler am Rande... ^^]

Der Odette-Spot II

Meine Güte, war dieses Kapitel eine schwere Geburt! Ständig hab ich Szenen verfasst, mich dramaturgisch irgendwie in Sackgassen geschrieben, Szenen wieder gestrichen, neu geschrieben oder verändert. Außerdem ist es viel länger geworden, als ich eigentlich vorgesehen hatte. Aber am Ende kam dann doch alles wieder in Ordnung ... es hat halt nur ein wenig länger gedauert. ^^

Eine kleine Erklärung noch vorneweg: Ein Animator (wird meist englisch ausgesprochen) ist ein Computerspezialist, der für die Animation von Filmen und die speziellen Computer-Effekte beim Film zuständig ist; dazu gehören z.B. die 2-D und 3-D-Amnimation von Comicfiguren und Computergraphiken, mitunter auch von einzelnen Körperteilen wie z.B. Flügeln; Morphing (ein Objekt durch Überblendung und/oder Abwandlung in einzelnen Teilen in ein anderes verwandeln / Vielleicht kennt der eine oder andere noch das Video „Black and White“ von Michael Jackson. – Ach, Du liebe Güte, das zeigt eigentlich nur, wie alt ich schon bin... ^^’) und Tweening (die fortlaufende, animierte Verformung von Körpern). Äähh, war das jetzt zu unverständlich? ^^’

Diese (popelige) Information jedenfalls hat mich einen ganzen Vormittag Recherche gekostet! *stöhn* Ich hatte schon fast aufgegeben, doch - Pixar.com sei Dank! [ ^^ ] - hab ich dann doch noch herausgefunden, wie die Berufsbezeichnung korrekt lautet.
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont

___________________________________________________________________________
 

...

„...Ich hab mir daraufhin die Aufzeichnungen noch mal angesehen ... und musste ihm Recht geben. – Ihre Haltung war nicht nur die ganze Zeit über absolut perfekt und tatsächlich irgendwie edel, sie wirkte dabei auch noch ausgesprochen natürlich. ...es hatte überhaupt nichts Aufgesetztes, wie das bei den meisten anderen Jungschauspielerinnen der Fall ist.

Eine derart von Zurückhaltung geprägte, vornehme Ausstrahlung ist heutzutage bei jungen Frauen eine Seltenheit ... und wenn wir mal ehrlich sind, ist es auch gar nicht mehr so gefragt. Heutzutage sollen die Frauen eher modern, dynamisch, sexy und weitgehend autonom sein.“
 

___________________________________________________________________________
 

Der Odette-Spot II
 

„...und dann brauchen wir das Ganze auch noch mal aus der Frontalansicht; ... wenn die Prinzessin sich in den Schwan zurückverwandelt.“, schließt der Animator seine Erklärung.

Kyoko, die in ihrem grünen Overall neben ihm am Computer sitzt und sich in dem hautengen „Fetzen“ ziemlich unwohl fühlt, denkt einen Moment nach.

„Also, dann ist es am wichtigsten, die Anfangs- und Endpositionen jeweils exakt einzuhalten und den Weg dazwischen langsam und kontrolliert auszuführen. Versteh ich das richtig?“, hakt sie sicherheitshalber noch einmal nach.

„Richtig. Für den Weg zwischen den beiden Positionen halten Sie die Bewegungen am besten möglichst einfach und gradlinig. – Zur Not kann ich das auch noch ein bisschen nachbearbeiten, ... wenn die Abweichungen nicht zu groß sind...“

Wieder überlegt Kyoko angestrengt. Allmählich erscheinen mehr und mehr Falten auf ihrer Stirn.

>Verdammt! - Ich hatte nicht genug Zeit! – Der Text sitzt einigermaßen, aber ... wie man sich fühlt, wenn man sich unfreiwillig von einer Prinzessin in einen Schwan verwandelt, weiß ich immer noch nicht...<

Sie ist schon drauf und dran, sich theatralisch die Haare zu raufen... Als sie jedoch das besorgte Gesicht des Computer-Spezialisten registriert, beruhigt sie sich wieder – wenn auch nur mit einiger Mühe ^^.

>Moment mal!<, schießt es ihr plötzlich durch den Kopf. >Diese Verwandlungsszenen dürften doch gar nicht so ähnlich sein! Odette empfindet doch jedes Mal etwas Anderes, wenn der Fluch wieder zuschlägt... Nicht nur, wenn sie wieder zur Prinzessin werden darf... – Meine Güte, wo ist mein Text?<

Ihr Gesicht hat sich ein wenig aufgeklärt, doch noch immer wirkt sie angespannt.

„Ich glaub, ich hab eine Idee, aber ich brauche 5 Minuten. – Sagen Sie bitte den anderen Bescheid?“, sagt sie ... und ist auch schon Richtung Garderobe verschwunden.

An das ungute Gefühl, in einem hässlichen, grünen Overall zu stecken, verschwendet sie keinen weiteren Gedanken mehr.

[Würde Ren sie jetzt so sehen, würde er ihr im Übrigen grinsend mitteilen, dass er den engen Overall ziemlich sexy findet (jedenfalls solange sie die Kapuze nicht über den Kopf zieht ^^) ...zumal das Grün ihr eigentlich ausgesprochen gut steht... ^^]
 

Irritiert beobachten der Regisseur und Rina die Szene aus einiger Entfernung. Beide sehen sich kurz an und gehen dann hinüber zu dem jungen Mann am Computer.

„Alles in Ordnung?“, fragt Fukeda besorgt. „Warum ist Mogami-san wieder in ihrer Garderobe verschwunden?“

„Sie sagt, sie hätte eine Idee und bräuchte 5 Minuten. – Ich nehme an, sie will sich die Szene noch mal durch den Kopf gehen lassen, bevor wir anfangen.“, antwortet der Animator achselzuckend.

Fukeda sieht Kyokos persönliche Assistentin an, als wolle er fragen, ob sie nicht mal nach ihrem Schützling sehen wolle, ... doch Rina schüttelt den Kopf und meint gelassen:

„Wenn sie in 6 Minuten nicht wieder da ist, werde ich nach ihr schauen.“

>Vielleicht gehört das zu den Merkwürdigkeiten, die Takarada-san erwähnt hat... Wir werden sehen.<
 

Kyoko indessen sitzt vor ihrem Schminkspiegel, die Fingerspitzen nachdenklich am Kinn und den Blick konzentriert in ihr Textbuch versenkt.

>Hm ... bei der ersten Verwandlung ist Odette sicher erstmal froh, nach einem langen Tag als Schwan endlich wieder Frau sein zu dürfen. – Da weiß sie ja noch nichts von den beunruhigenden Nachrichten...

Hm ... sie kommt gerade aus dem Wasser, das sie den ganzen Tag wie schwerelos getragen hat, ... aber ein Schwan ist ein großer, schwerer Vogel und bewegt sich an Land vergleichsweise schwerfällig. Da empfindet sie es sicher als Erleichterung, dass sie wieder Mensch sein darf. - Das dürfte ich eigentlich auch dann deutlich machen können, wenn ich nur von hinten zu sehen bin...

...und bei der Rückverwandlung im Morgengrauen...

...da schlägt sozusagen das Schicksal wieder zu ... und das nach einer durchwachten Nacht... – Die ganze Wucht des Fluches trifft sie also ...zusätzlich zu ihrem Liebeskummer.

Das lässt sie verzweifeln ... alles wird noch schwerer, ... schwerfälliger ... dunkel ... trübsinnig ...und doch ist da der Hoffnungsschimmer, dass sie ihren geliebten Prinzen zurückgewinnen kann ...und natürlich die Zweifel, ob es gelingen wird...

Ööhm ...beim dritten Mal ist doch aber alles komplett anders... Da sieht sie schließlich ihren Prinzen weiter oben am Ufer stehen... Sie ist überglücklich, dass er ihre Botschaft verstanden hat und zum See gekommen ist... Das blendet diesen Fluch fast komplett aus ... zumindest für diesen Moment wird er völlig unwichtig, zumal ja die Sonne bereits aufgeht und sie sich jeden Augenblick verwandeln wird...<

Kyoko wird unwillkürlich rot, weil Rens verführerisch grinsendes Gesicht plötzlich vor ihrem inneren Auge erscheint.

>Meine Güte, wenn ich dieses Gesicht nachher genauso vor mir sehe, kann ich einpacken!<

Sie sieht sich selbst im Spiegel ... und das Rot in ihrem Gesicht wird noch ein wenig tiefer. Leise seufzt sie, dann fällt ihr ein, dass sie gleich eine Kapuze über dem Kopf tragen wird und man deshalb ihr Gesicht nicht wird sehen können. - Diese Tatsache beruhigt sie sichtlich. ^^

>Ich muss ja erst als Prinzessin wieder mein Gesicht zeigen. – Hoffentlich fällt mir bis dahin ein Bild ein, das meine Knie nicht ganz so weich werden lässt...

Hm ...aber ... die dritte Verwandlungsszene... die kann nicht genauso gedreht werden wie die erste. – Dann sieht man ja gar nicht, wie glücklich sie über das Erscheinen des Prinzen ist. – Aber die Totale von vorne funktioniert auch nicht, da hätte Odette ja dann den Blick nicht auf Siegfried gerichtet ... einfach die Kamera auf die andere Seite stellen geht schließlich nicht, weil die Kulisse zur Seeseite gar nicht vorhanden ist... Vielleicht im Halbprofil...<

Ein kurzer Blick auf die Wanduhr über dem Spiegel lässt sie ihre Gedankengänge beenden. Noch einmal atmet sie tief durch, erhebt sich dann, verlässt die Garderobe und betritt nur Augenblicke später das Set ... exakt 5 Minuten, nachdem sie es verlassen hatte.
 

Rina grinst über das ganze Gesicht.

„Das nenn ich pünktlich.“, murmelt sie und wirft Fukeda einen triumphierenden Blick zu.

Es dauert nur Sekunden, dann ist das Mädchen vom Regisseur und seiner Assistentin, ihrer Betreuerin und dem Animator umringt, die sie alle ebenso neugierig wie erwartungsvoll anstarren.

Leise kriecht ein zartes Rosa Kyokos Wangen hinauf.

„Alles in Ordnung?“, fragt Fukeda besorgt.

„Ja“, antwortet das Mädchen, „ja, sicher. – Ich ... bin die Verwandlungsszenen noch mal durch ... und ... eh ... es ist mir etwas aufgefallen.“

Der Regisseur hängt inzwischen ebenso neugierig an ihren Lippen wie alle anderen.

„Ich ... äh ...“, stammelt Kyoko unsicher, „Es ist nicht gut, wenn sie sich das dritte Mal genauso verwandelt wie das erste Mal und das aus genau der gleichen Perspektive aufgenommen wird. – Es ist eine vollkommen andere Situation.“

Kyoko hält inne ... und die Luft gespannt an.

>Jetzt ist es raus...<

Halb erwartet sie, gleich einen Rüffel vom Regisseur zu bekommen, weil sie sich ungefragt einmischt, ... doch Fukeda sieht sie nach wie vor interessiert an und wartet auf weitere Erklärungen.

Immer noch ein wenig unsicher erläutert sie ihre Gedankengänge der letzten Minuten.
 

„Klingt logisch.“, meint der Regisseur verblüfft als sie fertig ist.

Auch der Computertechniker und die Regieassistentin nicken zustimmend.

„Für mich ist es kein Problem. Wie bräuchten dann nur noch zwei zusätzliche Positionsmarkierungen für die Füße.“, meint der Animator.

„Das können wir später machen. Wir müssen doch dann sowieso das Licht für die letzte Szene neu einstellen. – Am besten, wir drehen zunächst die beiden ersten Verwandlungsszenen, stellen dann neu ein und machen uns danach an die dritte Szene.“, gibt der Regisseur zurück.

„Gut“, meint Saka, die Regieassistentin, „ich sag den anderen Bescheid.“
 


 

„Schön, dass du schon da bist, Nojima-kun“, ruft Fukeda knapp eine Stunde später dem jungen, dunkelhaarigen Schauspieler zu, nachdem er ihn freundlich begrüßt hat, „wir sind mit den Special-Effekt-Aufnahmen nämlich wesentlich schneller gewesen als gedacht.

Mogami-san, du bleibst bitte in Position, ich erkläre Nojima-kun kurz die Abschlussszene.“

Kyoko nickt nur freundlich ... und mustert ihren eben eingetroffenen Spielpartner eingehend.
 

>Gott sei Dank, ... er hat keine Ähnlichkeit mit Ren...< Erleichtert pustet sie die Luft aus ihren Lungen ... während sie möglichst unauffällig versucht, ihre schmerzenden Beinmuskeln zu lockern.

>Sieht aus, als wüsste er, dass er ziemlich gut aussieht...< [Natürlich nicht so gut wie Ren...^_-] Kyoko runzelt die Stirn und beobachtet interessiert, wie sich Nojima mit dem Regisseur unterhält und hin und wieder vorbeikommende Crew-Mitglieder grüßt.

>Na ja, allerdings scheint er ganz umgänglich zu sein, so wie er mit den Leuten umgeht...<

[Was Kyoko (noch) nicht weiß: Nojima kennt die meisten aus der Filmcrew schon länger; er hat schon etliche Werbespots mit Fukeda gedreht – deshalb „duzen“ die beiden sich auch.]

Kaum wahrnehmbar zuckt sie mit den Schultern und streicht geistesabwesend ihr Prinzessinnenkostüm glatt.

>Na ja, solange er nicht so arrogant wie Sho Fuwa ist...<

Wieder einmal wird ihr zu ihrer Verwunderung bewusst, dass sich trotz des Gedankens an ihren verhassten Sandkastenfreund kein einziger ihrer Dämonen blicken lässt. Stattdessen vergleicht sie in ihrem Inneren unwillkürlich Nojima mit Sho ... und Ren.

>Hm<, denkt sie schließlich, >ich glaube, ich kann diesen Nojima neutral sehen, es wird mich weder in die eine noch in die andere Richtung in Verlegenheit bringen, die Schlussszene mit ihm zu spielen...<

Ihr Blick schweift ab, wandert durch das Studio und verliert sich schließlich verträumt lächelnd im Bühnenbild...

>Der kleine Koon war ja irgendwie auch ein Märchenprinz ... ein Feenprinz...<

Abrupt fliegt ihre Hand auf den Mund. Die Augen weit aufgerissen, kommt sie zu einer plötzlichen Erkenntnis.

>Wieso ist mir das nicht früher aufgefallen?! – Koon ist doch viel eher ein Märchenprinz gewesen als dieser bekloppte Sho!

Meine Güte, ... natürlich ! Koon ist mein Märchenprinz, nicht Sho! ... Oh, mein Gott, vielleicht war das auch schon damals so...<

Ohne Vorwarnung erscheint der kleine Koon lächelnd und ein bisschen melancholisch vor ihrem inneren Auge.

>Das ist es! Jetzt hab ich das richtige Bild für die letzte Szene!<

Ein bisschen verlegen blickt sie zu Boden. >Warum ist mir der Gedanke eigentlich nicht schon eher gekommen? – Damals hatte sein Lächeln noch nicht so was gefährlich Verführerisches...< [Ich sag nur: „Eroberer der Nacht“... ^^]
 

Taki Nojima zupft unzufrieden an seinem Prinzenkostüm herum. Er fühlt sich sichtlich unwohl.

„Ja, ich weiß schon.“, lacht Fukeda leise, während er dem jungen Schauspieler auf die Schulter klopft. „Dieser Spot ist extrem uncool und kitschig ... und du magst das überhaupt nicht.“

Der 19-jährige sieht den Regisseur mit einem gequälten Grinsen an.

„Welcher Kerl läuft schon gern in Strumpfhosen und albernen Pluder-Shorts rum, noch dazu mit tonnenweise Glitzerkram drauf?", fragt er sarkastisch. „Außer vielleicht, wenn er schwul ist... Nee, ich glaub, nicht mal dann... Erwartest du vielleicht, dass ich vor Begeisterung im Achteck hüpfe beim Anblick dieses oberkitschigen Kostüms?! – Wobei meins ja nun weiß Gott das harmlosere ist. – Wenn ich so viele Strasssteinchen, Rüschen, Straußenfedern und Perlen tragen müsste wie Mogami-san, würde ich wahrscheinlich einen Kreischanfall kriegen und einfach umkippen. Aber das Schlimmste an ihrem Kostüm sind diese hellrosa Straußenfedern und diese blonden Locken. – Mooaah,... echt, ... kitschiger geht’s nun wirklich nicht...“

„Jetzt reg dich mal ab!“, verlangt der Regisseur ernst. „Der Kunde will es nun mal genau so ... und er wird auch genau wissen, warum.“

„Ja, ja, schon gut.“, lenkt Nojima leicht säuerlich ein. „Dass ich es nicht mag, heißt ja noch lange nicht, dass ich es nicht mache. – Ich werde schon mein Bestes geben, ... auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie ich dazu genügend Enthusiasmus beisteuern kann...“

Fukeda sieht seinen jungen Freund für einen Moment eindringlich an.

„Genau darüber wollte ich noch mit dir sprechen. Gib dir Mühe! Dieses Mädchen da vorn ist verdammt gut. Im Gegensatz zu dir hat sie die Änderungen erst kurz vor Drehbeginn erfahren.“

„Hey, wäre aber nicht nötig gewesen, mich zu bevorzugen...“, meint Nojima mit einem verschlagenen Grinsen im Gesicht.

Fukeda fällt es sichtlich schwer, ernst zu bleiben. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist, he? Denkst du ernsthaft, ich spinne hier Intrigen, damit du in dem Spot besser wegkommst?“ Er schlägt seinem Gegenüber leise grinsend auf die Brust. „Mal davon abgesehen, dass du das wohl kaum nötig hast... Es hatte einen anderen Grund. Als ich heute Morgen bei LME angerufen habe, hat man mir gesagt, dass Mogami-san heute in der Schule ist, um zwei Prüfungen nachzuschreiben. Es hätte also wenig Sinn gehabt, ihr schon heute Morgen das Drehbuch zukommen zu lassen.“

„Mann, da hatte sie ja schon einen richtig harten Tag hinter sich, bevor sie überhaupt angefangen hat zu drehen...“, meint der junge Schauspieler mitfühlend. „Hey, dafür sieht sie eigentlich noch ziemlich frisch aus.“

„Nicht nur das.“, nickt Fukeda. „Sie hatte nur eine knappe Dreiviertelstunde Vorbereitungszeit und sie hatte obendrein keinerlei Erfahrungen mit Computer-Effekten ...und trotzdem konnten wir die Verwandlungsszenen in knapp einer Stunde abdrehen ... inklusive Kostümwechsel und Maske zwischendurch.“

Nojima pfeift anerkennend durch die Zähne.

„Ich kann dir nur raten, dich anzustrengen“, meint der Regisseur, „sonst läufst du Gefahr, dass sie dich regelrecht an die Wand spielt.“ Fukeda beugt sich ein wenig vor und senkt seine Stimme. „Sie hat es tatsächlich geschafft, für jede Verwandlungsszene eine eigene Atmosphäre zu kreieren ... und das war sogar in den Einstellungen zu spüren, in denen sie nur von hinten zu sehen war...“

In Nojimas Gesicht breitet sich langsam ein zufriedenes Grinsen aus. „Klingt, als würde der Dreh doch nicht ganz so langweilig.“

Fukeda klopft ihm lächelnd auf die Schulter.

„Das ist die richtige Einstellung. – O.K., dann geh auf deine Position, du weißt ja Bescheid.“

„Aber vorstellen werd ich mich doch noch dürfen, oder?“, gibt Nojima grinsend zurück.

„Sieh an, sieh an“, wundert sich der Regisseur kopfschüttelnd, „die Jugend von heute weiß also doch noch, was sich gehört.“

Der Junge grinst ihn verschmitzt an. „Nö, aber ich wüsste schon gern etwas genauer, wem ich mich da gleich zu Füßen werfen soll.“

Fukeda lacht leise und gibt dem jungen Schauspieler einen scherzhaften Klaps in den Nacken.
 

>Oh, die Beiden scheinen sich schon länger zu kennen.<, schlussfolgert Kyoko, als sie Nojima und den Regisseur herumalbern sieht. >Jedenfalls scheint der „Siegfried“ ganz nett zu sein...<

Kurz darauf steht der junge Mann freundlich lächelnd vor ihr und verbeugt sich.

„Hallo. Ich bin Taki Nojima.“, sagt er und schiebt gleich noch mit einem äußerst charmanten Lächeln eine Frage hinterher. „Ich darf doch Kyoko-san sagen?“

Einen Moment schaut das Mädchen ihn nur an, vollkommen verdutzt wegen des unerwartet vertraulichen Tons und seiner unverblümten Art. Dann lächelt sie breit. [Nicht, dass dieses charmante Lächeln eine Wirkung auf sie hätte, ... aber diese Offenheit erinnert sie doch stark an ihre persönliche Assistentin. ^^]

„Natürlich, kein Problem, Taki-san.“ Statt sich zu verbeugen, macht sie einen eleganten Hofknicks und erklärt dann ein wenig verlegen: „Es tut mir Leid, aber eine anständige Verbeugung ist in diesem Kleid nicht nur schwierig, ... es sieht auch noch extrem lächerlich aus.“

Taki zuckt lächelnd die Schultern. „Von mir aus hätte es auch ein einfaches Kopfnicken getan, Hauptsache wir bringen das hier möglichst schnell und anständig hinter uns.“

Kyoko stutzt.

„Keine Lust?“, fragt sie dann leise, fast schon verschwörerisch.

Nojima wird tatsächlich ein wenig verlegen, antwortet jedoch nicht.

Kyoko hingegen kann sich ein leises Kichern nicht ganz verkneifen. „Lass mich raten.“, sagt sie leise. „Es ist dir entschieden zu kitschig.“

>Ist das so offensichtlich?“<, denkt Taki erschrocken und kratzt sich verlegen im Nacken. [...was in dem weiß-goldenen Prinzenkostüm wirklich komisch aussieht! ^^]

„Also, ich mag es, ... aber mir ist schon klar, dass das nicht Jedermanns Geschmack ist. – Betrachte es doch einfach als so eine Art Fanservice. – Es gibt da draußen eine ganze Menge Leute, die durchaus auf kitschige Märchenromanzen stehen, ...jedenfalls ab und zu. Auch wenn viele sich nicht trauen, es zuzugeben.“

„Gutes Argument. – Na, dann: Auf gute Zusammenarbeit.“ Noch einmal verbeugt sich der junge Mann leicht, bevor er sich endlich auf seine Position begibt. [Der Regisseur wird nämlich langsam ungeduldig. ^^’]
 

„O.K., wir machen erstmal einen Probedurchlauf!“, verkündet der Regisseur und bedeutet allen, sich auf ihre Ausgangspositionen zu begeben.

„Alle fertig?“

Während alle anderen schon ihre Bereitschaft signalisieren, schließt Kyoko kurz die Augen, um sich zu konzentrieren.

Nojima beobachtet interessiert, wie sich ihr Gesichtsausdruck allmählich verändert, bis sie schließlich den Blick wieder hebt und Fukeda durch ein kurzes Nicken zu verstehen gibt, dass sie soweit ist.
 

„Also gut. – Uuuund ... Action!!
 

Prinz Siegfried tritt zögernd aus dem Schatten der Bäume.

Odette sieht ihn in einer Mischung aus Erleichterung und tiefem Verständnis an. In ihren Augen glitzern Tränen...
 

Nojima ist derart perplex, dass er mit geöffnetem Mund und fast wie in Trance auf sie zugeht, schwer auf die Knie fällt und den Kopf senkt...
 

„Stopp!“, ruft Fukeda stirnrunzelnd, „Nojima-kun, ich möchte sehen , was in Siegfrieds Kopf vorgeht, wenn er sie nach dieser Sache das erste Mal wieder sieht. – Gib mir etwas mehr Emotionen, ich weiß , dass du das besser kannst. - Alles noch mal auf Anfang!
 

Seufzend erhebt sich der junge Schauspieler ... und sieht direkt in Kyokos freundlich lächelndes Gesicht.

„’tschuldigung.“, murmelt er verlegen.

„Kein Problem.“, meint Kyoko. „Wenn du Schwierigkeiten mit dem Setting hast, dann vergiss doch einfach für einen Moment, dass das hier ein total unrealistisches, kitschiges Märchen ist.“

Nojima hebt die Augenbrauen und schaut sie fragend an.

„Hast du eine Freundin?“, fragt Kyoko ... und errötet heftig, als ihr bewusst wird, wie diese Frage bei ihm ankommen muss.

Taki schüttelt verwirrt den Kopf.

„Hm“, überlegt das Mädchen, während sie den peinlichen Gedanken von eben rigoros beiseite schiebt. „Vielleicht stellst du dir dann vor, dass du einen Menschen, der dir sehr wichtig ist, hintergangen hast. – Vielleicht hast du ein Geheimnis ausgeplaudert, von dem du versprochen hattest, es für dich zu behalten. – Es war nicht ganz allein dein Fehler, vielleicht warst du betrunken und deine Freunde haben dich so lange provoziert, bis es dir rausgerutscht ist. Trotzdem hast du ein furchtbar schlechtes Gewissen. – Und als du erfährst, dass dieser Mensch von deinen Verfehlungen erfahren hat, wird alles noch schlimmer, weil du weißt, wie sehr es ihn verletzt.

Dir bleibt jetzt nur noch eins: Zu Kreuze kriechen und hoffen, dass dieser Mensch dir irgendwann vergeben kann.

Du gehst also zu dieser Person, um dich zu entschuldigen und ihr zu sagen, wie furchtbar Leid es dir tut.

Du erwartest natürlich, auf jemanden zu treffen, der tief verletzt und enttäuscht ist. Vielleicht ist er sogar schon darüber hinaus und einfach nur noch schrecklich wütend auf dich.

Du nimmst also deinen Mut zusammen und trittst dieser Person gegenüber ... mit einem reichlich flauen Gefühl im Magen.

Und was passiert? Diese Person hat überraschenderweise schon verstanden, was in dir vorgeht ... und wie es dazu kommen konnte ... und sie sagt einfach: „Schwamm drüber. Lass uns noch mal von vorn anfangen. Ich vertraue darauf, dass du aus deinen Fehlern lernst und so etwas nicht noch einmal passieren wird.“

Dieser Mensch ist so froh, dass du deinen Fehler einsiehst und bereit bist, alles Mögliche auf dich zu nehmen, nur um von diesem Menschen nicht verachtet zu werden, dass er den Schmerz darüber beiseite schiebt und dir einfach so vergibt ... ohne Bedingungen ... ohne Vorbehalte...

Wie würdest du reagieren?“

Taki lässt das Gesagte noch einen Moment auf sich wirken. Er ist – wider Erwarten – tief beeindruckt, dass man sich über eine derart unbedeutende Rolle in einem Werbeclip so viele Gedanken machen kann...
 

Fukeda hat – ebenso wie der Rest des Teams – das Gespräch der beiden interessiert beobachtet ... und jedes Wort mitbekommen. [Wovon wiederum Kyoko nicht das Geringste mitbekommen hat. ^^ Wie üblich...]

„Gut.“, meint er schließlich.

„Also noch mal!“ , brüllt er, als Nojima wieder in der Gegenwart zu sein scheint.

Heimlich gibt er seinem Team zu verstehen, vorsichtshalber die folgende Probe aufzuzeichnen.
 

„Uuuund ... Action!“
 

Siegfried tritt zögernd aus dem Schatten der Bäume, den Blick schuldbewusst gesenkt. Man sieht deutlich, dass er seinen ganzen Mut zusammennehmen muss, um Odette anzusehen.

Schließlich tut er es, bereit jede Strafe und jeden Vorwurf über sich ergehen zu lassen, wenn sie ihm nur verzeihen würde ... egal wann...

Schließlich blickt er ihr direkt in die Augen und bemerkt zu seiner Verwunderung, dass sie eher erleichtert wirkt als wütend ... und dass in ihren Augen Tränen glitzern, die ebenso von vergangenem Schmerz sprechen wie von Rührung und Freude...

Siegfried schluckt schwer, selbst schon den Tränen nahe und sich schmerzlich bewusst, dass er sie sehr verletzt hat, stürzt auf sie zu, wirft sich vor ihr auf die Knie und stammelt:

„Odette, es ... es tut mir Leid...“

Noch bevor seine Stimme vollends versagen kann, legt die Prinzessin sanft einen Zeigefinger auf seine Lippen.

Ungläubig hebt er den Blick ... in ein Gesicht, das von Vergebung und Liebe spricht und in dem Tränen wie Juwelen die Wangen hinunter perlen.

Überglücklich greift der Prinz nach den Händen seiner Liebsten und küsst diese ebenso dankbar wie gerührt.

Sachte hebt die Prinzessin ihre Hände und holt ihren Liebsten damit wieder zu sich hoch...
 


 

„Cut!“ , ruft Fukeda zufrieden, „Gestorben!“ [Wenn eine Szene oder ein Take „gestorben“, „gekauft“ oder „im Kasten“ ist, heißt das, dass die Aufnahme fertig abgedreht ist und so weiter verarbeitet (geschnitten und am Computer nachbearbeitet) werden kann.]
 

Taki Nojima schaut sich ungläubig um, ... während Kyoko noch ein paar Augenblicke braucht, um endgültig wieder ins Hier und Jetzt zurückzukehren.

„Entschuldige.“, murmelt sie schließlich verlegen, während sie versucht, sich die Tränen so aus dem Gesicht zu wischen, dass das Make-up nicht völlig ruiniert wird. „Hab mich zu sehr reingesteigert...“

Taki reicht ihr ein Taschentuch. [Weiß der Geier, wo er das her hat! ^^]

„Warum entschuldigst du dich? – Der Regisseur ist jedenfalls so zufrieden, dass die Szene bereits im Kasten ist. Und um dein Make-up brauchst du dir eigentlich auch keine Gedanken machen, du hast ja jetzt Pause und genug Zeit, es auffrischen zu lassen. Ich bin jetzt erstmal mit meinen Szenen dran.“

„Wie? ... Wir sind schon fertig damit?“, fragt Kyoko verblüfft nach.

>Oh Mann, ich hab wieder nichts mitgekriegt...<

Nojima klopft ihr lächelnd auf die Schulter. „Mach erstmal Pause, dir tun doch sicher auch die Beine weh.“

Kyoko grinst schräg. „Ohh, ja. Das gibt morgen bestimmt einen fiesen Muskelkater...“
 


 

„Interessantes Mädchen.“, meint Taki Nojima grinsend zu Fukeda, als er eine gute Stunde später – inzwischen befreit von Make-up und Kostüm – aus seiner Garderobe kommt. Mit einem Augenwink deutet er auf Kyoko, die in einiger Entfernung (und natürlich noch immer voll kostümiert) auf ihre nächste Szene wartet. [Die Crew ist gerade mit dem Umbau der Kulisse beschäftigt.]

Der Regisseur sieht den jungen Freund mit gerunzelter Stirn an.

„Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass du dich an sie ranmachen willst?“, fragt er leicht entsetzt.

„Nein, ich denke nicht.“, winkt der Junge kopfschüttelnd ab. „Irgendwie werd ich das Gefühl nicht los, dass ich nicht die geringste Chance hätte.“

„Was?!“, lacht Fukeda. „Jetzt schon abgeblitzt?! – Und das dir ...“

„Ach“, grinst Taki jungenhaft, „...‚abgeblitzt’ würde ich das jetzt nicht nennen, ... aber irgendwie war da so was wie eine Grenze... Ich weiß nicht, vielleicht bilde ich es mir auch nur ein...“

„Na ja, es ist ja auch schon merkwürdig, dass du sie überhaupt als Freundin in Betracht ziehen würdest, ... sie passt so gar nicht in dein Beuteschema.“

„Ey!“, empört sich Taki lachend, „Willst du behaupten, ich wäre ein niveauloser Aufreißer?“

„Nein, aber der Typ Frau, den du bevorzugst, ist doch eher etwas cooler, auffälliger ... und selbstbewusster.“

„Na ja, ... schon wahr ... aber es fasziniert mich, wie ernst sie diese kleine Rolle nimmt. Und wie – zum Henker! – man in einem so kitschigen, geradezu lächerlichen Märchenkostüm so überzeugend und natürlich rüberkommen kann.“

„Warum?“, fragt Fukeda ein bisschen verständnislos nach. „Du hast das doch nach den ersten Anlaufschwierigkeiten auch ganz gut hingekriegt.“

„Tja ... aber erst, nachdem sie mir auf die Sprünge geholfen hatte. – Danach war plötzlich alles so einfach ...irgendwie selbstverständlich. – Überhaupt nicht mehr kitschig oder unrealistisch... Im Gegenteil: Es war mit einem Mal erschreckend real...“
 


 

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Nachwort
 

So, die „Sauregurken-Zeit“ ist jetzt vorbei, im nächsten Kapitel kommt Ren wieder ausführlich vor, wenn auch vorerst nur am Telefon... ^___^ ...und das heißt natürlich auch, dass es demnächst wieder kräftig knistern wird zwischen den Beiden... ^_-

Feierabend

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Warum?“, fragt Fukeda ein bisschen verständnislos nach. „Du hast das doch nach den ersten Anlaufschwierigkeiten auch ganz gut hinbekommen.“

„Tja ... aber erst, nachdem sie mir auf die Sprünge geholfen hatte. – Danach war plötzlich alles so einfach ...irgendwie selbstverständlich. – Überhaupt nicht mehr kitschig oder unrealistisch... Im Gegenteil: Es war mit einem Mal erschreckend real...“
 

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Feierabend
 

Seufzend schmeißt Kyoko ihre Tasche in die Ecke und lässt sich laut ächzend auf ihr Futon plumpsen, das die Okami-san ihr netterweise schon rausgelegt hat.

„Meine Güte, bin ich fertig!“, stöhnt sie und schließt für einen Moment die Augen, um ein bisschen Kraft zu schöpfen.

Als sie sie wieder öffnet, fällt ihr Blick auf den Tisch in ihrem Zimmer, wo ein kleines Päckchen anscheinend schon den ganzen Tag geduldig auf sie gewartet hat.

„War ja abzusehen, dass ich auch heute nicht verschont werde...“, seufzt sie ... hat allerdings schon im nächsten Augenblick ein warmes Lächeln im Gesicht.

Ein wenig schwerfällig erhebt sie sich und geht hinüber zum Tisch, um das „Corpus Delicti“ näher in Augenschein zu nehmen.

Wie bereits vermutet, steht darauf nur „Koon“ als Absender. Mit heftig klopfendem Herzen greift sie nach der Schere und öffnet das kleine Päckchen, in dem ein rotes Lackkästchen mit feinen Einlegearbeiten aus Gold und Perlmutt steckt. Aufgeregt hebt sie den Deckel an. Darunter kommt eine kleine Karte zum Vorschein, die mit kunstvollen, chinesischen Schriftzeichen beschrieben ist. Neugierig nimmt sie sie aus dem kleinen Kasten und bemerkt gleichzeitig, dass unter ihr ein kleiner, aus Jade geschnitzter Schmetterling auf einem blausamtenen Kissen liegt, etwa ein Drittel kleiner als ihre Handfläche.

Unwillkürlich schießen Kyoko die Tränen in die Augen, die sie jedoch sofort versucht wegzublinzeln. Nachdem ihr das schließlich mit einiger Mühe gelungen ist, betrachtet sie noch einmal die Karte, diesmal eingehender ... und dreht sie schließlich herum. Auf der Rückseite steht – in einer nur zu bekannten Handschrift – folgendes geschrieben:

„Falls Du Schwierigkeiten mit altchinesischer Kalligraphie hast: Auf der Vorderseite steht ‚wo ai ni’ ^_^“

[Zur Erklärung: Jemandem einen Jade-Schmetterling zu schenken bedeutet, ihr/ihm zu verstehen zu geben, dass man in ihr/ihm den Seelenpartner gefunden hat. – Und natürlich weiß jeder halbwegs gebildete Japaner, dass „wo ai ni“ „Ich liebe dich“ in Chinesisch heißt. ^^]

Gerührt und mit leicht zitternden Fingern nimmt sie den ausgesprochen fein gearbeiteten Stein von seinem Kissen, lässt ihn sachte zwischen den Fingern hin und her gleiten und betrachtet ihn verträumt lächelnd, während er allmählich wärmer wird in ihren Händen ...bis ihr plötzlich siedendheiß etwas einfällt.

Vorsichtig, ja fast andächtig, legt sie jedoch zunächst den Jade-Schmetterling wieder in das Lackkästchen, stürzt dann hektisch auf ihre Tasche zu, kramt ihr Handy heraus und stellt es hastig wieder auf Empfang.

Kaum ist die SIM-Karte bereit, klingelt es auch schon.

Kyoko lässt das Handy vor Schreck beinahe fallen.

„Hallo?“, fragt sie kleinlaut ins Telefon, als sie es schließlich fertig gebracht hat, abzunehmen.

„Na endlich!“, hört sie am anderen Ende eine wohlbekannte Stimme erleichtert aufseufzen. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass dir etwas passiert ist. Ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen.“

Kyoko bekommt vor lauter schuldbewusster Verlegenheit kein Wort heraus.

„Hime-chan?“, fragt Ren leise. „Alles in Ordnung?“

Kyoko räuspert sich gedämpft.

„Ja, ja, alles O.K.. – Tut mir Leid, ich hatte nur vergessen, das Handy wieder einzuschalten. Ich bin erst vor ein paar Minuten nach Hause gekommen.“

„Jetzt erst?“, hakt Ren ein wenig besorgt nach. „Hat es Probleme beim Dreh gegeben?“

„Nein, überhaupt nicht.“, beruhigt ihn das Mädchen schnell. „Es ist nur kurzfristig so viel geändert worden, dass wir heute praktisch einen kleinen Spielfilm abdrehen mussten.“

Ausführlich schildert sie ihrem Freund die geänderte Handlung des Spots, während Ren interessiert zuhört und ab und zu ein kurzes „M-hm“ von sich gibt.

„Hmm...“, überlegt Ren schließlich laut, „hört sich an, als ob dieser Spot dir eine Menge Publicity einbringen würde. Außerdem wird es dein ‚Mio-Image’ noch nachhaltiger relativieren als die ‚Dark-Moon-Talkshows’.“

„Ich weiß nicht...“, antwortet Kyoko nachdenklich und seufzt leise. „Na ja, vielleicht hast du Recht.“

Irgendetwas in ihrer Stimme lässt Ren alarmiert aufhorchen.

„Was ist los?“, fragt er sanft. „Hat es dir nicht gefallen? - Aber du hattest dich doch schon seit Wochen auf diese Dreharbeiten gefreut.“

Kyoko zögert lange, bevor sie antwortet.

„Doch, es war schon toll, sich mal einen Tag lang wie eine richtige Märchenprinzessin zu fühlen...“

„Aber...?“

„Aber... Es war irgendwie ein bisschen...“ Sie sucht angestrengt nach dem richtigen Wort ...und als sie es endlich findet, ist es ihr fast peinlich, es auszusprechen. „Es war irgendwie ein bisschen ... langweilig. Wenn nicht diese unvorhergesehenen, umfangreichen Änderungen und die Trickaufnahmen gewesen wären, ... wäre es so gar keine Herausforderung gewesen.

Die ‚Mio’ in ‚Dark Moon’ war viel schwieriger ... aber auch viel ... na ja ... irgendwie ... befriedigender...“ Sie seufzt leise. „Ich bin bescheuert, oder?“

Ren lacht leise. „Nein, Hime-chan, überhaupt nicht. Das zeigt nur, dass die Schauspielerei genau das Richtige für dich ist. – Klar ist es schöner, wenn man nach einem Dreh weiß, dass man wirklich was geleistet hat, ... dass man wieder ein bisschen besser geworden ist. Und das geht natürlich schlecht bei Rollen, die einem sowieso schon mehr oder weniger auf den Leib geschrieben sind. [Gemerkt? Hier hat Ren unbemerkt ein Kompliment versteckt. ^_-]

Allerdings kann ich mir gar nicht vorstellen, dass die Special-Effect-Aufnahmen wirklich eine Herausforderung für dich waren. Ich glaub einfach nicht, dass es dir schwer gefallen ist, dir die nicht vorhandenen Elfen beim Spielen vorzustellen.“

Kyokos Wangen verfärben sich rosa, verlegen lächelnd antwortet sie: „Nein, das ist es tatsächlich nicht. Aber mit den Verwandlungsszenen hatte ich anfangs ein bisschen Probleme.“

„Lass mich raten!“, gibt Ren schmunzelnd zurück, „Das hat ungefähr 10 Minuten gedauert...“

„Na, ein bisschen länger schon.“, meint Kyoko verlegen. „Ich musste mir ja auch die neuen Texte in kürzester Zeit ins Gehirn prügeln. Also hatte ich nicht viel Zeit, darüber nachzudenken. Das größte Problem war dann nachher die letzte Verwandlungsszene. - Die, in der Odette wieder auf den Prinzen trifft.

Mir war ihre Gefühlslage schon in etwa klar, aber mir fehlte noch eine reale Situation als Vergleich, an der ich mich während des Dialogs hätte orientieren können.

Ich meine... Taki-san ist ja ganz nett ... und er sah schon auch ziemlich niedlich aus, wie er da so stand und sich sichtlich unwohl fühlte in seiner Verkleidung...

Er fand den Spot so was von uncool, dass ich schon fast Mitleid mit ihm hatte.“

„Und was genau war dann das Problem?“, fragt Ren vorsichtig, eine gewisse, innere Spannung in der Stimme, denn irgendwo im Hintergrund seiner Gedanken regt sich ein diffuses Gefühl von Eifersucht und verbreitet unwillkürlich ein unangenehmes Kribbeln in der Bauchgegend.

„Na ja“, versucht Kyoko zu erklären, „Taki-sans Gesicht war nicht unbedingt ein geeignetes Bild, um die Szene ... eh ... na ja ... romantisch genug rüber zu bringen...“ Wieder sucht sie angestrengt nach Worten, um es genauer zu erklären, ... findet jedoch keine.

Ren am anderen Ende der Leitung hat eigentlich schon verstanden ... und ist nun irgendwie doch erleichtert. Einen Moment lang ärgert er sich über genau diese Tatsache, schließlich hatte er bisher nie auch nur den geringsten Grund, eifersüchtig zu sein...

„Warum hast du dir dann nicht einfach mein Gesicht vorgestellt?“, fragt er dann unvermittelt ... und zieht in der nächsten Sekunde scharf die Luft ein, höchst erschrocken über seinen gewagten Vorstoß.

Kyoko antwortet nicht sofort [was Rens erneute innere Spannung nicht gerade mindert ^^]. Ein Weilchen druckst sie herum, dann murmelt sie schließlich: „Dann wäre ich echt geliefert gewesen...“

„Hä?“, kommt es verständnislos von weit her zurück, ...wobei die Aura von Rens Fragezeichen buchstäblich übers Meer von Hong Kong bis nach Tokyo wabert...

Kyoko hingegen ist inzwischen knallrot im Gesicht. Eigentlich möchte sie die letzte Aussage gar nicht näher erläutern. Da sie sich jedoch unter Zugzwang sieht, rückt sie schließlich doch mit der Sprache heraus.

„Na, genau das hab ich doch versucht!“, platzt es dann lauter aus ihr heraus, als sie beabsichtigt hat; peinlich berührt senkt sie die Stimme wieder ein wenig und fährt fort: „...als ich die Verwandlungsszenen durchgegangen bin... Glücklicherweise nur in der Garderobe...“

Langsam dämmert Ren, was sie meint ...allerdings kann er es sich nicht verkneifen, betont ahnungslos nachzuhaken.

„Und wieso hat es nicht funktioniert?“

Kyoko schießen heiße Wellen durch den ganzen Körper, vor lauter Verlegenheit weiß sie nicht einmal mehr, wie sie sich hinsetzen soll, sodass sie unruhig auf ihrem Hinterteil hin und her rutscht. „Weil...“ Sie nimmt all ihren Mut zusammen. „Na, weil ich mit diesem Bild vor Augen knallrot im Gesicht war, total weiche Knie hatte ... und dafür rein gar nichts mehr im Hirn...“

Ren stellt diese Antwort aus ziemlich nahe liegenden Gründen außerordentlich zufrieden ...und Kyoko kann sein breites Grinsen förmlich bis nach Tokyo strahlen sehen.

„Hm... Und wie hast du es dann doch noch geschafft?“, fragt der junge Schauspieler in Hong Kong unschuldig.

>...so unschuldig, wie ein hinterlistiger Dämon eben sein kann.<, denkt Kyoko zähneknirschend.

Rigoros verbannt sie die Vorstellung des „Eroberers der Nacht“ aus ihrem Kopf, um ihrem geliebten Schuft wenigstens ansatzweise die Stirn bieten zu können.

„Ich...“, stammelt sie schließlich – wohl wissend, dass sie diese Runde bereits „verloren“ hat. „Na ja, ...als ich Taki-san da so unglücklich stehen sah, hat mich das irgendwie daran erinnert, wie wir uns das erste Mal begegnet sind, damals in Kyoto. – Ich weiß gar nicht warum, ...er hat so gar keine Ähnlichkeit mit dir. Nicht im Entferntesten... – Jedenfalls hat diese Vorstellung dann funktioniert.

Allerdings ist die erste Probe dieser Szene trotzdem in die Hose gegangen.“

„Wieso?“, fragt Ren erstaunt nach.

„Taki-san hatte irgendwie noch keinen richtigen Zugang zu seiner Rolle. – Na ja, er war ja auch erst kurz vorher von einem anderen Dreh gekommen.“

Ren ist inzwischen so versunken in ihre Schilderungen, dass er gar nicht bemerkt, wie sehr er mittlerweile auf ihre Stimme fixiert ist.

„Und wie habt ihr die Szene dann in den Griff gekriegt?“, fragt er versonnen. - Wenn er ehrlich ist, mehr um die wohligen Schauer, die ihre Stimme auf seiner Haut auslöst, noch eine Weile auszukosten, als aus wirklichem Interesse...

Kyoko indessen, die sich längst wieder gefangen hat, zuckt leicht die Schultern. „Na, ich hatte meinen Ansatz ja schon, also hab ich das auf die Rolle von ‚Siegfried’ übertragen.“

Ausführlich schildert sie, was sie Nojima am Nachmittag erzählt hat.

„...na, und den Rest hab ich dann seiner eigenen Fantasie überlassen.“

>Typisch Kyoko-chan... Hach, ich wünschte, ich könnte sie jetzt in die Arme nehmen. – Ist zwar eigentlich ein bisschen spät, aber sie hat sicher echte Tränen geweint, als sie die Szene gespielt hat...<

„Und beim zweiten Mal hat es dann geklappt?“ Eigentlich ist es mehr eine Feststellung als eine Frage ... und der Ton in seiner Stimme macht keinen Hehl daraus, dass er unglaublich stolz auf seine Freundin ist.

„Ja“, bestätigt Kyoko verlegen, „aber ... ich hab mich so reingesteigert, dass ich nicht mal mitgekriegt hab, dass wir schon gedreht haben. – Wieder mal. – Wenn Nojima-kun mir nicht gesagt hätte, dass die Szene schon im Kasten ist, hätte ich sie glatt noch mal gespielt.“

„Das ist doch nicht schlimm, Kyoko.“, beruhigt Ren sie schmunzelnd. „Lieber so, als dass du die Rolle ohne Leben gespielt hättest. Mit der Zeit wirst du schon noch lernen, Rollen intensiv zu spielen, ohne dich dabei zu sehr zu verausgaben.“

„Wenn du meinst...“, sagt Kyoko seufzend.

„Ja, das meine ich. – Routine ist dabei nämlich ein wichtiger Faktor. Und die kriegt man eben erst nach einer gewissen Zeit.

Aber mal was anderes: Ist mein Päckchen eigentlich angekommen?“

Kyoko ist schlagartig wieder höchst verlegen, auf ihren Wangen breitet sich unaufhaltsam ein zartes Rosa aus, das zunehmend tiefer wird. Lächelnd holt sie das Lackkästchen vom Tisch und stellt es neben sich aufs Futon, während sie antwortet.

„Ja ... natürlich... Du...“ Zum wiederholten Mal an diesem Abend hat sie Schwierigkeiten, die rechten Worte zu finden. „Du ... du bist ja verrückt.“

„Wieso?“, fragt Ren unschuldig [allerdings mit einem fetten Grinsen im Gesicht].

„Koon... das hat doch wieder ein kleines Vermögen gekostet. – Allein das Lackkästchen... Und wenn ich das richtig sehe, ist der Schmetterling nicht nur äußerst fein gearbeitet, sondern auch noch aus besonders teurer Jade, ...hab ich Recht?“

Ren lacht leise.

„Stimmt.“, gibt er unumwunden zu ... und scheint nicht im Entferntesten ein schlechtes Gewissen zu haben. [Warum auch? ^_^ Außerdem: Sooo teuer ist Jade nun auch wieder nicht...] „Ach, Hime-chan, gib doch endlich auf! Mach dir nicht dauernd Sorgen, dass ich an dir Pleite gehen könnte...“

„Aber...“

„Kein Aber! – Um Geld brauchst du dir nun wirklich keine Gedanken zu machen. Davon hab ich mehr als genug.

Und? Gefällt er dir?“

Beinahe schon andächtig öffnet Kyoko den Deckel des Kästchens erneut und nimmt die Jade mit einer Geste heraus, die man nur als zärtlich bezeichnen kann.

„Ich...“, beginnt sie stockend, während bereits Tränen der Rührung in ihren Augenwinkeln glitzern. „Der Schmetterling ist wunderschön, genau wie das Kästchen. Aber...“

Es fällt ihr zunehmend schwer zu sprechen. „Warum ... ein Jade -Schmetterling?“

Der Kloß in ihrem Hals wird immer dicker, sodass es ihr nicht mehr möglich ist weiter zu sprechen.

„Weil ich dich liebe , Hime-chan.“, antwortet Ren sanft. Er ist sich jetzt sicher , dass sie seinen Wink verstanden hat. „Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben ... und das wollte ich dir zeigen.“

Kyoko kann die Tränen nun endgültig nicht mehr halten. „Das... Ich...“

Ren spürt fast körperlich, wie tief seine Freundin berührt ist und wird jetzt doch leicht panisch. Zum Weinen wollte er sie nun wirklich nicht bringen, ...auch wenn ihm durchaus bewusst ist, dass sie vor Rührung und Freude weint.

„Bitte, Hime-chan, ...nicht...“, flüstert er hilflos.

Das Mädchen versucht augenblicklich, sich zusammenzureißen und schluckt schwer, um wenigstens wieder sprechen zu können.

„Entschuldige... Ich wollte nicht...“

„Nicht doch, Kyoko.“, seufzt Ren. „ Für eine Entschuldigung gibt es nun wirklich keinen Grund.“

Kyoko ist verblüfft ... und damit abgelenkt, ... was die Tränen genauso schnell versiegen lässt, wie sie kamen.

„Aber...“, beginnt sie verwirrt. „Ich weiß doch, dass du es nicht magst, wenn ich so rumheule.“

Natürlich mag ich das nicht.“, meint der junge Schauspieler liebevoll. „ Niemand will seine Freundin weinen sehen... schon gar nicht, wenn man selbst die Ursache ist. Da steh ich doch nur hilflos daneben und weiß nicht weiter. Das Einzige, was ich dann noch tun kann, ist, dich in die Arme zu nehmen und dich zu trösten. - Aber wenn ich nicht bei dir bin, kann ich nicht mal das...

Kyoko, ... natürlich möchte ich, dass du glücklich bist.“

„Aber das bin ich doch!“, kommt es postwendend zurück.

„Ja, ich weiß, Liebste. – Aber ... Tränen bringen Männer nun mal ganz grundsätzlich durcheinander. Die meisten von uns können nicht mal echte von gespielten Tränen unterscheiden...“

„Und du...?“

„Na ja, ich bin in der glücklichen Lage, wenigstens das zu können. Bringt der Beruf als Schauspieler so mit sich. Ich glaub, ich hab in meinem Leben schon wesentlich mehr Krokodilstränen erlebt als echte. – Aber...“ Ren ist plötzlich ganz verlegen geworden, man kann förmlich durch den Hörer sehen, wie er sich unsicher am Hinterkopf kratzt. „In deinem Fall kommt halt noch erschwerend dazu, dass du gar nicht in der Lage bist, so was zu tun.“

„Hn?“, macht Kyoko. „Aber...“

Ren lacht leise. „Ja, ich weiß, du bist Schauspielerin, eine ziemlich gute noch dazu. – Aber du kannst keine Gefühle vortäuschen ... und du wirst es wahrscheinlich nie können, Kyoko.

Genau das ist deine große Stärke. In dem Moment, in dem du spielst, bist du die Person, die du darstellen sollst. Darum ist dein Spiel so überzeugend.“

Kyoko ist schon wieder so rot angelaufen, dass das viele Blut im Kopf ihr inzwischen die Fähigkeit des Sprechens zu überschwemmen droht.

Ren braucht sie nicht zu sehen, um zu wissen, was da gerade in ihrem Gesicht vor sich geht. Er lächelt sanft in sich hinein und lässt ihr einfach Zeit, wieder in einen halbwegs normalen Zustand zu kommen.

„Sag mal“, fällt ihm mit einem Mal ein, „in Tokyo ist es doch schon nach zehn, oder?“

„Oh, ....stimmt.“, bestätigt das Mädchen nach einem kurzen Blick auf ihren Wecker.

„Dann sollten wir langsam Schluss machen für heute. Im Gegensatz zu mir musst du schließlich morgen Vormittag arbeiten.“

„Ja, du hast Recht.“, seufzt Kyoko leise. „Wie immer... Wann kommst du morgen?“

„Irgendwann am Nachmittag. Je nachdem, ob der Flug morgen pünktlich ist und wie dann der Verkehr in Tokyo ist... Halt dir also auf jeden Fall den Abend frei.“ Ein wenig streng fügt er noch hinzu: „Also keine Verabredungen mit anderen Männern!“

Kyoko schnappt empört nach Luft. „Als ob ich ... Also wirklich, Koon!“

„Entschuldige.“, lacht Ren. „War nur ein Scherz. Gute Nacht, Hime-chan. Träum was Schönes.“

„Von dir?“, fragt Kyoko keck zurück ...und wird erneut tomatenrot, diesmal jedoch vor Schreck über ihre eigene Courage.

„Das liegt ganz bei dir, Hime-chan.“

>Wovon ich träumen werde, sag ich dir besser noch nicht...<, denkt er innerlich seufzend und laut fügt er hinzu: „Schlaf gut.“

„Du auch.“, haucht Kyoko zum Abschied in den Hörer. „Bis morgen.“
 

Lange noch sitzt sie einfach nur da, das ausgeschaltete Handy in der einen Hand, den Jade-Schmetterling in der anderen. Gedankenverloren sieht sie dabei den wunderschön gearbeiteten, grünen Stein an, noch immer ein verträumtes Lächeln auf den Lippen.

Schließlich legt sie das Telefon beiseite, bettet den Jade-Schmetterling vorsichtig wieder auf sein Samtkissen zurück und schließt den Deckel des Schmuckkästchens ebenso sachte wie andächtig. Noch einmal fährt sie mit den Fingern zärtlich über die glatte Oberfläche, dann erhebt sie sich seufzend vom Futon und legt Keitai und Lackkästchen auf dem Tisch ab.
 

Für einen langen Moment steht sie da und überlegt, ob sie noch ein Bad nehmen soll. Letztlich entscheidet sie sich jedoch dafür, heute stattdessen nur zu duschen.

Sie will sich gerade auf den Weg ins Bad machen, als es leise an ihrer Tür klopft.

„Oh, Okami-san, ... ich hoffe, ich habe Sie nicht gestört.“

„Natürlich nicht, Kyoko-chan.“, kommt es lächelnd zurück, „Kann ich einen Augenblick mit Dir reden?“

„Sicher, kommen Sie ruhig herein.“

Die Okami-san setzt sich daraufhin an den Tisch im Zimmer und klopft sachte mit der Hand neben sich auf den Boden, um dem Mädchen zu bedeuten, sich neben sie zu setzen.

„Es ist ein wenig heikel“, beginnt die Wirtin des Daruma-ya, „aber wie es scheint, hast Du ja keine Mutter, die dieses Gespräch jetzt mit Dir führen könnte.“

Kyoko sieht die ältere Dame verständnislos an und fragt sich, worauf sie hinaus will.

„Kindchen, Du bist fast erwachsen“, beginnt die Wirtin ein wenig verlegen ... und doch merkwürdig entschlossen, „du wirst schon bald in deine erste, eigene Wohnung ziehen ... und du hast jetzt einen festen Freund.“

Irgendetwas in Kyokos Hinterkopf scheint eine dunkle Ahnung zu haben, was hier gerade vor sich geht. Allerdings kann sie es nicht bewusst zuordnen, ... nur eine gewisse Unruhe macht sich unaufhaltsam in ihr breit. Nervös nickt sie.

Die Okami-san lächelt.

„Ich weiß ja nicht, wie weit ihr beide schon gegangen seid, aber ich schätze Tsuruga-san als einen ausgesprochen anständigen Kerl ein, ... daher denke ich, dass außer ein paar Zärtlichkeiten noch nicht viel zwischen euch passiert ist.“ [Nun ja, selbst wenn sie gewollt hätten, bisher war einfach keine Zeit dafür...^^]

Kyoko läuft in Sekundenbruchteilen feuerrot an und hat einen derart entsetzten Blick im Gesicht, dass die Okami-san sich ein leises Kichern nicht verkneifen kann, ... was allerdings auf Kyokos Gemütsverfassung nicht unbedingt einen positiven Effekt hat.

Hana Morinaga greift nach der Hand des Mädchens und drückt diese sachte.

„Keine Sorge, Kind, ich werde dich natürlich nicht ausfragen. Das ist etwas, das nur dich und Tsuruga-san etwas angeht. – Es geht mir um etwas Anderes.

Ich vermute mal, dass bisher noch niemand mit dir so ein Gespräch von Frau zu Frau geführt hat.“

Kyoko guckt ein bisschen verständnislos aus der Wäsche. „Was meinen Sie, Okami-san?“

Hana lächelt.

>Zwischen den Beiden ist mit Sicherheit noch nichts Intimes gewesen... Sie ist so ... unschuldig...<

„Ich meine über Sex“, sagt sie leise, „oder besser gesagt über Schwangerschaftsverhütung.“

[Hatte ich die Farbe von Kyokos Gesicht erwähnt? #^___^#]

Kyoko beginnt zu schwitzen...

„N... Nein...“, stammelt sie verlegen ... und weiß absolut nicht mehr, wohin sie sehen soll. Am liebsten würde sie auf der Stelle im Boden verschwinden...

„Ich weiß, es ist ein heikles Thema, Kyoko-chan, ...eigentlich wäre es ja auch die Aufgabe deiner Mutter... Aber die ist nun mal nicht hier, um dir den einen oder anderen Rat zu erteilen... Kurz gesagt geht es mir in erster Linie darum, dass du mit 17 einfach noch zu jung für Nachwuchs bist. – Ich weiß, Tsuruga-san wäre sicher der Letzte, der dich mit einem Kind sitzen lassen würde, aber ... deine viel versprechende Schauspielkarriere, die doch gerade erst so richtig begonnen hat, wäre damit dann wohl vorerst beendet.“

Die Gesichtsfarbe der Wirtin ist zusehends dunkler geworden, während Kyoko offenbar so überrascht ist, dass das Rot in ihrem Gesicht sich nun fast verflüchtigt hat. An so etwas hatte sie bisher noch nie gedacht...
 

Als das verfängliche Gespräch nach einer halben Stunde beendet ist, verabschiedet sich die Okami-san für die Nacht mit genauso rosigem Gesicht wie Kyoko.

„Schlaf gut, Kyoko-chan“, sagt sie mit einem verlegenen Lächeln, „und entschuldige nochmals, dass ich dir ohne dein Wissen so kurzfristig einen Termin bei meiner Frauenärztin gemacht habe.“

Kyoko ist zwar genau das ausgesprochen peinlich, trotzdem winkt sie lächelnd ab.

„Nein, nein, ... eigentlich muss ich mich eher bedanken. Es ist sehr nett, dass sie mir einen Termin außerhalb der normalen Sprechstunden gemacht haben.“

„Nicht der Rede wert. Ich kann doch nicht zulassen, dass du sogar bei einem so heiklen Termin von Fans belästigt wirst ... und der Meinung war auch meine Gynäkologin.“

„Trotzdem vielen Dank.“

Sowohl Kyoko als auch die Okami-san sind inzwischen wieder dermaßen rot, dass Kyoko schnell noch eine Frage hinterher schiebt, bevor die Fähigkeit zu sprechen beide Frauen doch noch zu verlassen droht. „Wann müssen wir dann morgen Früh los?“

„Ich denke, halb sieben reicht.“, antwortet Hana. „Wir sehen uns dann.“

„Ja, gute Nacht, Okami-san.“

„Gute Nacht, Kyoko-chan.“
 

Kyoko kann lange nicht einschlafen an diesem Abend; zu viele Dinge gehen ihr noch im Kopf herum.

Als sie das Gespräch mit der Okami-san noch einmal Revue passieren lässt, legt sich unwillkürlich wieder ein rötlicher Schimmer über ihr Gesicht.

>Meine Güte, was denkt sie bloß von mir und Koon? – Gott, war das peinlich!<

Höchst verlegen bedeckt sie mit den Händen das Gesicht, während sie sich nur ganz allmählich wieder beruhigt.

>Diese Person [= ihre Mutter]<, überlegt sie schließlich ein wenig bitter, >hätte wahrscheinlich gar nicht erst ein so ...vertrauliches... Gespräch mit mir geführt. – Oder wenn, dann höchstens auf eine sehr vorwurfsvolle Art...

Mit erhobenem Zeigefinger ... und einer äußerst detaillierten Gardinenpredigt, was ich gefälligst zu tun und zu lassen habe...

Meine Güte, ... das wäre noch tausendmal peinlicher gewesen...! ...und demütigend noch dazu...

Aber die Okami-san scheint sich meinetwegen ja richtig Sorgen gemacht zu haben. Es war ihr fast genau so peinlich wie mir. – Wahrscheinlich hat sie lange darüber nachgedacht, wie sie mit mir darüber reden soll...

Vielleicht bin ich für die Morinagas doch nicht nur irgendeine Angestellte...

Ach, du meine Güte, nein! Es wäre ja nun wirklich unfair, zu behaupten, sie hätten sich nicht um mich gekümmert. ...das könnte man ja eher von dieser Person sagen...

Schließlich waren sie es, die mich ohne Bedingungen und ohne weiter nachzufragen aufgenommen haben, als ich mich damals von Sho getrennt hatte.

Sie haben mich niemals mit unsinnigen Vorwürfen oder Vorschriften gequält ... wie diese Person... Aber sie haben mich immer darin unterstützt, den richtigen Weg zu finden ...selbst damals beim LME-Casting...

...ich hab die Beiden wirklich gern...

Und ich glaube, die Okami-san hat wirklich Recht. Koon ist ein ausgesprochen anständiger Mensch. Auch wenn er mich gern veralbert und offenbar einen besonderen Spaß daran hat, sich ab und zu mit mir zu kabbeln, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er mich sitzen lassen würde, wenn ich ungeplant schwanger würde...<

In der nächsten Hundertstelsekunde ist sie schon wieder flammend rot angelaufen und zum wiederholten Mal an diesem Abend heilfroh, dass sie jetzt hier allein und das Zimmer inzwischen obendrein in tiefe Dunkelheit getaucht ist.

Verlegen zieht sie die Decke bis zur Nase hoch ... und urplötzlich hat sie Ren vor ihrem inneren Auge ... mit einem Kleinkind auf dem Arm ... und dem offensten, glücklichsten, heiligsten Lächeln im Gesicht, das sie je bei ihm gesehen hat...

Erschrocken beißt sie in die Bettdecke.

>Du meine Güte, was fantasiere ich mir denn da zusammen?!<
 

Während sie sich ganz allmählich wieder beruhigt ... und dabei dieser Vorstellung eine gewisse, wunderbar wohlige Wärme nicht absprechen kann, ... öffnet sich ganz leise ein Kästchen, das lange Zeit fest verschlossen war... und aus einem kleinen Spalt kann ein kleiner, reinherziger Engel glücklich in die Freiheit entkommen...
 

[Kyoko hat übrigens - nicht zuletzt Dank dieses kleinen Engels - wunderbare Träume in jener Nacht. ...ein bisschen peinlich vielleicht ...aber schön... ^^]
 

Weit entfernt in einem ziemlich exklusiven Hotelzimmer in Hong Kong träumt ein gewisser Jemand eher von der Vorstufe zur Vaterschaft... [# ^____^#]

Wiedersehen mit gewissen Hindernissen

Hallo, ihr Lieben. ^^

Also, so richtig zufrieden bin ich mit dem Kapitel eigentlich nicht, besonders nicht mit dem ersten Absatz...

Gomen, ... aber ich wollte euch nicht noch länger warten lassen. ^^'

Aber die nächsten beiden Kapitel werden dafür ganz, ganz süß. Versprochen. ^^

So, und jetzt sollte ich besser mit der Jammerei aufhören. *sich selbst auf die Finger klopf*

Trotzdem viel Spaß beim Lesen!
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken
 

kursive sind betont
 

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Während sie sich ganz allmählich wieder beruhigt ... und dabei dieser Vorstellung eine gewisse, wunderbar wohlige Wärme nicht absprechen kann, ... öffnet sich leise ein Kästchen, das lange Zeit fest verschlossen war... und aus einem kleinen Spalt kann ein kleiner, reinherziger Engel glücklich in die Freiheit entkommen...
 

[Kyoko hat übrigens - nicht zuletzt Dank dieses kleinen Engels - wunderbare Träume in jener Nacht. ...ein bisschen peinlich vielleicht ...aber schön... ^^]
 

Weit entfernt in einem ziemlich exklusiven Hotelzimmer in Hong Kong träumt ein gewisser Jemand eher von der Vorstufe zur Vaterschaft... [ #^____^#]
 

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Wiedersehen mit gewissen Hindernissen
 

„Das ist viel zu eng, Onee-san!“, beschwert sich Maria Takarada, als die Kimono-Anzieherin ihr den Obi anlegt. [Nicht lachen! Den Beruf gibt es wirklich in Japan.]

Kyoko, die bereits fertig angekleidet und frisiert ist, sieht schmunzelnd zu ihrer kleinen Kollegin hinüber.

„Glaub mir, das ist völlig in Ordnung, Ozeki-san weiß schon, was sie tut.“

Das kleine Mädchen, dessen Haare ebenfalls schon kunstvoll hochgesteckt sind, sieht ihre „große Schwester“ verzweifelt an.

„Aber ich kriege kaum Luft.“, schmollt sie halbherzig.

Kyoko begibt sich seufzend zu Maria, hockt sich elegant vor sie und schiebt ihre Hand vorsichtig unter den noch nicht fertig gebundenen Obi. Der Kimono-Anzieherin wirft sie einen kurzen, entschuldigenden Blick zu.

Schließlich schaut sie das kleine Mädchen ernst an und sagt: „Tut mir Leid, Maria-chan, aber der Obi sitzt vollkommen richtig.“

Als sie das entsetzte Gesicht der Kleinen sieht, nimmt sie eines ihrer Händchen und drückt es sachte.

„Wenn der Obi zu locker sitzt, sieht der Kimono sehr schnell unordentlich aus“, erklärt sie streng ... und doch mit sehr viel Verständnis im Blick, „außerdem wird die Haltung dann automatisch nachlässiger. – Richte dich ein bisschen mehr auf, dann kannst du auch wieder besser atmen.“

Ebenso elegant wie sie zuvor in die Hocke gegangen ist, erhebt sie sich nun wieder und streicht Maria dann aufmunternd über die Wange.

„Außerdem möchtest du doch das Schauspielern zum Beruf machen, nicht?“

Maria nickt und senkt den Kopf.

„Dafür muss man eben leider manchmal Opfer bringen.“, erinnert sie Kyoko.

Maria schluckt schwer, hebt den Kopf wieder ... und nickt dann langsam.

Kyoko lacht leise.

„Nun schau doch nicht so trübsinnig.“, sagt sie. „Du schaffst das schon. Das Gehen haben wir doch auch schon fleißig geübt ... und das letzte Mal hat es schon richtig gut geklappt.

Das hier ist jetzt für die nächsten Stunden dein Job ... und ich bin mir sicher , dass du ihn richtig gut machen möchtest.“

„Ja, natürlich.“

„Na, siehst du. – Und da geht es dir genau wie jedem anderen hier am Set. – Es ist nämlich gar nicht einfach, bei Außenaufnahmen alles so einzurichten, dass es genau so perfekt wird wie im Studio. Besonders die Lichtverhältnisse in so dunklen Räumen wie diesem kleinen Schrein sind immer etwas problematisch ... darum dauert es sicher auch noch ein bisschen, bis wir wirklich loslegen können.“

„Waren deshalb alle anderen schon so gestresst, als wir angekommen sind?“, fragt Maria erstaunt.

„Ja, vermutlich. – Die Licht- und Kameraleute sind bestimmt schon seit dem frühen Morgen hier, um Kabel zu verlegen und das Equipment aufzubauen. – Ohne diese aufwändigen Vorarbeiten würde unser bisschen Schauspielerei nämlich überhaupt keinen Sinn ergeben. Filmaufnahmen sind eben immer Teamarbeit.“

Maria sieht mit einem Mal sehr nachdenklich aus und bekommt überhaupt nicht mit, dass sie mittlerweile fertig angezogen ist.

Frau Ozeki legt dem kleinen Mädchen sanft eine Hand auf die Schulter und zwinkert Kyoko kurz zu.

„Nun, meine Damen, das Werk ist vollbracht. Wie wäre es mit einem Blick in den Spiegel?“

Die beiden Mädchen sehen sich kurz an und nicken dann gleichzeitig, jede ein vorfreudiges Lächeln auf den Lippen.

Kyoko nimmt Marias Hand und geht mit ihr zum bodenlangen Spiegel, der direkt neben der Garderobentür steht.

Dem kleinen Mädchen steht die Begeisterung deutlich ins Gesicht geschrieben, die Tatsache, dass sie sich bis vor ein paar Minuten noch ausgesprochen unwohl gefühlt hat, ist plötzlich vollkommen vergessen. Doch auch Kyoko freut sich sichtlich über das, was ihr da aus dem Spiegel entgegenblickt. Ein zartes Rosa umspielt ihre Wangen...

Die Kimonos aus feinem Leinen, die die Mädchen tragen, sind zwar in denselben Grundfarben gehalten – violett, fliederfarben und rosa – jedoch sind sie mit unterschiedlichen Mustern bestückt. Über Kyokos Kimono zieht sich ein zart-lachsfarbenes Asternmuster und auf ihren Obi, der in verschiedenen Goldtönen gehalten ist, sind Ahornblätter in herbstlichen Tönen aufgestickt. Marias Kimono hingegen ist mit kleinen, hellrosa Kätzchen verziert, die mit weißen Wollknäueln spielen. Dazu trägt sie einen Obi in kräftigem Pink, der mit kleinblättrigen, roten und gelben Efeuranken verziert ist.

Beide Mädchen tragen ihre Haare elegant hochgesteckt [Kyoko natürlich mit Hilfe eines künstlichen Haarteils ^^] mit dezentem und doch edlem Haarschmuck in der Frisur.

„Zufrieden, die Damen?“, fragt die Kimono-Anzieherin lächelnd.

„Ja, sehr, danke, Ozeki-san.“, kommt es synchron von beiden zurück.

Noch einmal drehen sich die Mädchen vor dem Spiegel, um sich ausgiebig von allen Seiten zu betrachten, dann stupst Kyoko ihre „kleine Schwester“ sachte an.

„Komm, Maria-chan, lass uns Rina-san und den Regisseur suchen und nachhören, ob es bald losgehen kann.“
 

„Was soll ich mit der Tasche machen?“, fragt Yashiro, als er hinter Ren dessen Wohnung betritt.

„Ach, stell sie einfach ins Schlafzimmer, ich kümmere mich später drum.“

>Das hier ist erstmal wichtiger.<

Breit grinsend bringt der junge Schauspieler die etwas kleinere Tasche, die er selbst trägt, ins Wohnzimmer und überlegt einen langen Moment, ob er sie schon auspacken soll.

„Wenn du die Geschenke auf dem Tisch ausbreitest, wird Kyoko-chan vermutlich gleich wieder rückwärts aus der Wohnung stolpern.“, hört er von der Tür her.

Yashiro ist unbemerkt hinter Ren getreten und lacht leise bei der Vorstellung.

Ren dreht sich zu ihm herum ... mit dem breitesten Grinsen, das Yukihito je bei ihm gesehen hat.

„Könnte durchaus sein.“, gibt er lachend zurück. „Also werde ich die Tasche wohl erstmal griffbereit neben dem Sofa deponieren und erst so nach und nach mit den Geschenken rausrücken.“

Leise glucksend stellt er die Tasche an ihren Platz und zwar so, dass man sie von der Tür aus nicht sehen kann.

„Willst du auch einen Tee?“, fragt er, als er sich schließlich wieder seinem persönlichen Betreuer zuwendet.

„Ja, gern. Das im Flugzeug konnte man ja kaum als genießbaren Tee bezeichnen. Dabei sollte man meinen, dass man in der ersten Klasse etwas Besseres erwarten darf.“

„Der Kaffee war auch nicht besser...“, meint Ren achselzuckend.

„Dass du den nicht verträgst, hätte ich dir auch vorher sagen können.“, versetzt Yukihito sarkastisch.

Der junge Schauspieler sieht ihn verdutzt an. „Hn?“

Yashiro klopft ihm mit wissendem Blick auf die Schulter ... ein angedeutetes Grinsen auf den Lippen.

„Wenn man sowieso schon aufgeregt ist, sollte man nicht auch noch Kaffee trinken ...schon gar keinen Espresso, mein Lieber. – Oder meinst du, mir ist entgangen, wie ungeduldig du darauf gewartet hast, endlich in Tokyo anzukommen? Oder sollte ich besser sagen: Endlich wieder dein Mädchen in den Armen zu halten?“

Ren - der große Ren Tsuruga! – ist doch tatsächlich rosa angelaufen. Ein wenig resigniert seufzt er leise, während er die rechte Hand auf die Brust legt und sich leicht verbeugt.

„Touché.“, gibt er offen zu.

Noch einmal klopft ihm sein Manager auf die Schulter, diesmal ein bisschen kräftiger.

„Komm, machen wir uns einen Tee, Ren-kun.“
 

Als sie ein paar Minuten später gemeinsam auf dem Sofa sitzen und genüsslich ihren diesmal wirklich genießbaren Tee trinken, klingelt es plötzlich an der Tür.

Die beiden jungen Männer sehen sich fragend an, dann begibt sich der Schauspieler zur Tür ... und staunt nicht schlecht, als er dort einen bis über beide Ohren grinsenden Rory Takarada in Hakama, Gi und Haori vorfindet. [Die Hakama ist eine sehr weite, traditionell japanische Hose, wie sie z.B. oft beim Kendo getragen wird; eine Keiko-Gi (oder auch Gi) ist ein kurzer Kimono, der unter der Hakama getragen wird und ein Haori ist eine kimonoartige, hüftlange Jacke. Wer Interesse hat, kann bei Wikipedia Bilder dazu finden. ^^]

„Guten Tag, Ren-kun.“, begrüßt ihn der LME-Chef gut gelaunt und schiebt sich bereits an dem jungen Schauspieler vorbei in dessen Wohnung. „Der Concierge hat mir gesagt, dass du schon wieder zurück bist. – Eigentlich wollte ich dir nur das Drehbuch hinterlegen, aber wenn du schon hier bist... Da dachte ich, ich schau mal vorbei. – Hier!“

Ren ist ihm mit finsterem Blick ins Wohnzimmer gefolgt, wobei er mit triefender Ironie, aber kaum hörbar „Kommen Sie doch herein, Takarada-san.“ gegrummelt hat. Ziemlich verdutzt nimmt er nun das Drehbuch entgegen, das Rory ihm vor die Nase hält.

„Oh, danke.“, sagt er und wirft gleich einen Blick auf das Script. „Crazy Alliance?“ – Ich dachte, der Film hätte noch gar keinen Titel...“

„Seit gestern schon. – Hallo, Yashiro-kun.“

Rory nickt dem jungen Manager freundlich zu, der ebenso freundlich zurück grüßt.

Dann wendet sich der LME-Chef wieder an den jungen Schauspieler.

„Kyoko-chan hat zwar noch nicht unterschrieben, aber schon fest zugesagt.“, verkündet er beiläufig.

>Als ob ich das nicht schon längst wüsste...< Ren verdreht innerlich die Augen ...trotzdem kann er nicht ganz leugnen, dass schon die bloße Erwähnung ihres Namens sein Herz höher schlagen lässt. Nach außen hin ist ihm jedoch nicht das Geringste anzusehen, ... was allerdings Rory ein wenig zu enttäuschen scheint.

Kurz entschlossen setzt der Agenturchef noch eins drauf.

„Schau dir doch mal kurz Szene 32 an.“

>Plan B.<, grinst er innerlich.

Misstrauisch sieht ihn der Schauspieler an, wobei ihm das schalkhafte Grinsen in den Augen des Agenturchefs ganz und gar nicht entgeht.

Resigniert seufzend schlägt er das Drehbuch auf und sucht die entsprechende Szene.

Als er sie schließlich gefunden hat, überfliegt er den Text ... und wird zusehends rot...

...was nun wieder Rory außerordentlich (und deutlich sichtbar) zufrieden stellt...

„Auch einen Tee?“, fragt Yashiro den LME-Chef freundlich. ...innerlich jedoch knirscht der junge Manager unwillig mit den Zähnen. >Wie kann man so gemein sein? – Ich wette, er hat ihm absichtlich die heißeste Kussszene rausgesucht... und das, wo seine Nerven ohnehin schon zum Zerreißen gespannt sind... Der Arme ist doch total auf Entzug...<

Rory hingegen merkt nicht einmal, dass er von Ren abgelenkt werden soll.

„Nein, danke, Yashiro-kun, ich hab sowieso nicht viel Zeit. – Eigentlich müsste ich auch gleich Maria-chan abholen, zumal wir heute noch groß zusammen essen gehen wollen, aber mir ist kurzfristig noch ein Termin dazwischen gekommen.“

Grinsend hält er inne und überlegt einen kurzen Moment.

„Hm, könntest du sie nicht vom Set abholen, Ren-kun?“

Der junge Schauspieler hat sich längst wieder im Griff und lächelt genervt.

„Sie haben auch schon besser geschauspielert, Takarada-san.“, meint er gelassen.

Rory zuckt grinsend die Schultern.

„War nur als kleiner Ausgleich für die Peinlichkeit eben gedacht.“, sagt er schulterzuckend. „Aber wenn du nicht willst...“

Er erntet einen sehr finsteren Blick von Ren und Yashiro raunt dem LME-Chef hastig zu: „Überspannen Sie den Bogen lieber nicht, er steht schon genug unter Strom.“
 


 

Etwa eine Dreiviertelstunde später kommen Yukihito und Ren am Set an. Das Gelände um den kleinen Schrein, der am Rande von Tokyo liegt, ist für die Dreharbeiten abgeriegelt und darum stellt Ren seinen Wagen auf dem kleinen Straßenstück ab, das heute für die Crew als Parkplatz abgesperrt worden ist. Von dort hat man, trotz der kleinen Menschenmenge, die neugierig die Aufnahmen verfolgt, einen guten Blick auf die große Steintreppe, die vom Schrein herunter führt und auf der gerade gedreht wird, wie Kyoko und Maria Hand in Hand die Stufen hinunter kommen.

Ren schlägt das Herz bei Kyokos Anblick plötzlich noch schneller, als es das vor lauter Vorfreude sowieso schon die ganze Zeit getan hat. ...was Yukihito natürlich nicht verborgen bleibt.

„Sollen wir im Wagen warten, bis sie fertig sind?“, fragt er.

Ren seufzt. „Ja, ...ist besser ...sonst werd ich meine Gesichtszüge wohl kaum unter Kontrolle halten können... Außerdem hab ich jetzt keine große Lust auf Autogrammjäger.“

Ein wenig verträumt schaut er zur Frontscheibe hinaus und legt das Kinn auf dem Lenkrad ab. Auch Yukihitos Blick wandert zur Treppe vor dem Schrein.

„Ich kann dich wirklich verstehen“, sagt er schließlich schmunzelnd. „Ich hab langsam den Eindruck, Kyoko-chan wird jedes Mal ein wenig hübscher, wenn ich sie sehe.“

Ren lächelt leise seufzend.

„Und Maria-chan ist wirklich niedlich in ihrem Kimono“, kommentiert Yukihito weiter – vor allem in der aussichtslosen Hoffnung, seinen Schützling von seiner Wolke sieben wieder in irdischere Gefilde zurückzuholen. „Mensch, Kyoko-chan sieht einfach fantastisch aus in diesem Kimono. – Noch besser, als damals bei diesem Schauspielwettbewerb ...als sie mit angebrochenem Fuß gespielt hat...“

„Hm...“, macht Ren versonnen, „Grün steht ihr besser...“

>...besonders wenn sie dabei inmitten eines wahren Rosenmeeres den Tee bereitet...<, fügt er in Gedanken hinzu.

Leise schmunzelnd beobachtet Yukihito den jungen Schauspieler, der jedoch urplötzlich und offenbar ein wenig besorgt aufblickt.

„Der Regisseur hat den Take anscheinend abgebrochen.“, murmelt er.

Yashiro schaut wieder in Richtung des Sets.

„Hast du mitgekriegt warum?“, fragt er neugierig.

„Vermutlich wegen Maria-chan. Ihr Gang war ein bisschen zu federnd, besonders im Vergleich zu Kyoko.“
 

Kyoko hockt sich mit geradezu selbstverständlicher Eleganz zu ihrer kleinen Schauspielpartnerin hinunter und erklärt ihr etwas. Dann streicht sie ihr lächelnd über die Wange und erhebt sich wieder. Sachte dreht sie das kleine Mädchen herum und schiebt sie mit sanfter Gewalt die Treppe hinauf.

Bevor sie jedoch selbst den Weg nach oben antritt, dreht sie sich halb zur Seite, holt tief Luft, und zieht dabei sichtbar die Stirn in Falten.

Auf Rens Gesichtszügen ist augenblicklich eine leise Besorgnis zu erkennen ... und er beschließt, sie später darauf anzusprechen...
 

Zwei Mal noch müssen die beiden Mädchen die Treppe hinunter gehen, dann ist der Regisseur zufrieden ... und die Dreharbeiten offenkundig beendet.

Ren seufzt leise uns schickt sich an, aus dem Auto zu steigen.

„Willst du einen Tipp?“, fragt Yukihito unvermittelt.

Der junge Schauspieler neben ihm hebt überrascht die Brauen und sieht seinen Manager fragend an.

„Ich glaub, ich kann im Moment jeden konstruktiven Vorschlag gebrauchen.“, meint er in einer seltsamen Mischung aus Seufzen und Grinsen.

„Wenn du jetzt da hoch gehst, konzentrier dich einfach auf Maria-chan. Kyoko-chan wird eine unverfängliche Begrüßung vermutlich genauso schwer fallen wie dir. Tob deine Sehnsucht einfach ein bisschen an Maria-chan aus, das fällt weniger auf ... und Maria-chan wird es sicher freuen.“
 

„Hätten Sie noch einen Augenblick Zeit, Mogami-san? Der Regisseur würde gern noch kurz mit Ihnen sprechen.“ Die Regieassistentin sieht die junge Schauspielerin erwartungsvoll an.

„Natürlich.“, antwortet Kyoko zuvorkommend. „Sagen Sie ihm, ich komme sofort.“

Lächelnd beugt sie sich zu Maria hinunter.

„Du siehst immer noch sehr hübsch aus, möchtest du nicht doch heute Abend im Kimono mit deinem Großvater essen gehen? Ozeki-san sagt, das ginge in Ordnung.“

Maria sieht ihrem Gegenüber in die Augen und scheint einen Moment nachzudenken.

„Nein.“, meint sie dann entschlossen. „Ich hab jetzt Freizeit und meine Arbeit ist erledigt. Da muss ich mich nicht noch länger quälen.“

„Gut.“ Kyoko kann sich ein leises Schmunzeln nicht verkneifen. „Möchtest du dann schon mal in die Garderobe oder wartest du hier auf mich?“

„Öhm, ich glaub, ich warte hier. – Gibt ja genug zu gucken...“

„Na gut“, meint Kyoko grinsend, „aber steh nicht im Weg rum.“

„Ich doch nicht, Onee-san.“, grinst Maria, während sie unschuldig mit den langen Wimpern klimpert.

Neugierig schweift ihr Blick über den gepflasterten Platz vor dem Schrein ...bis ihre Augen plötzlich an einer großen Gestalt hängen bleiben, die gerade die große Steintreppe hinauf kommt und von einer deutlich kleineren gefolgt wird.

„Reeeeen-saaaaaan!!“, ruft sie freudestrahlend und winkt den beiden ankommenden Männern aufgeregt zu.

Kyokos Herz bleibt für einen winzigen Moment stehen, nur mühsam behält sie ihre Gesichtszüge unter Kontrolle, ... während sie verzweifelt versucht, ihrem Freund nicht direkt in die Augen zu sehen.

Ren ergeht es nicht anders ... nur dass er reflexartig den Blick auf Maria verankert und mit einem (verräterisch heiligem) Lächeln auf den Lippen zurück winkt.

Kyoko kann nicht mehr widerstehen – ebenso wenig wie Ren – und so treffen sich für einen kurzen Moment ihre sehnsuchtsvollen Blicke.

Bis ins Innerste berührt müssen beide ernsthaft um Fassung ringen und wenden hastig ihre Aufmerksamkeit wieder Maria zu.

Diese schickt sich nun an, fröhlich zu Ren zu laufen, wobei sie wie ein Flummi auf und ab hüpft. Kyoko bekommt sie gerade noch am Ärmel zu fassen.

„Halt!“, verlangt sie leise und raunt ihr hinter vorgehaltenem Kimonoärmel zu: „Zeig ihm, wie schön du den schwebenden Gang gelernt hast. Das wird ihn sicher freuen.“

Maria nickt und schwebt nun wie ein vornehmes Fräulein auf die beiden Männer zu.

Ren hebt demonstrativ die Augenbrauen und lächelt dann anerkennend.
 

Rina indessen tippt Kyoko kurz auf die Schulter, um sie daran zu erinnern, dass der Regisseur sie erwartet.

Bedauernd lächelnd blickt Kyoko noch einmal zu den beiden Männern [wobei sie peinlich darauf bedacht ist, Ren nicht mehr direkt in die Augen zu sehen], zuckt leicht die Schultern und wendet sich zum Gehen.
 

Ren atmet innerlich ein klein wenig auf, gibt ihm das doch Zeit, sich endlich mehr auf das kleine Mädchen zu konzentrieren und sich auf die Begegnung mit seiner Freundin noch ein bisschen besser vorzubereiten.

Als Maria mit kleinen Trippelschritten und breit lächelnd bei ihm ankommt, nimmt er sie bei den Händen und dreht sie langsam um die eigene Achse.

„Sehr hübsch, das junge Fräulein.“, meint er bewundernd. „Findest du nicht auch, Yukihito-kun?“

„Da kann ich nur zustimmen, Ren-kun.“, meint Yashiro lächelnd. „Sogar den schwebenden Gang hast du sehr schön hingekriegt.“

Ren zwinkert dem kleinen Mädchen verschwörerisch zu. „Den hast du von Kyoko-chan gelernt, stimmt’s?“

Maria nickt verblüfft.

„Ja, Onee-san hat mit mir geübt. – Wo... woher wusstest du das Ren-san?“

Der junge Schauspieler streicht ihr sachte über den Arm und zwinkert noch einmal.

„Ich hab sie vor der Kamera schon einmal im Kimono spielen sehen. Das ist zwar schon eine Weile her, aber so was verlernt man ja nicht.“

Das kleine Mädchen schaut ihn mit riesengroßen Kulleraugen an; die Fassungslosigkeit steht ihr geradezu ins Gesicht geschrieben.

„Aber...“, stammelt sie schließlich verwirrt, „aber ... ich ... ich hab doch alles gesehen, was je von Onee-san gesendet worden ist...“

„Du kannst diese Aufnahmen aber nicht gesehen haben“, erklärt Yashiro lächelnd, „ weil sie nie ausgestrahlt wurden. Es war so eine Art Schauspielwettbewerb ... und Kyoko-chan hat damals verloren, weil sie mit angebrochenem Fuß spielen musste.“

>Um ehrlich zu sein, war es ein abgekartetes Spiel, um dieses Schlagersternchen endlich mal aus der Reserve zu locken...<, denkt Ren Zähne knirschend ...sagt jedoch nichts.

„Mit gebrochenem Fuß?“, murmelt Maria verwirrt. „Aber ... wie kannst du dann wissen, dass sie den schwebenden Gang beherrscht, Ren-san?“ Sie sieht den jungen Schauspieler fragend an.

„Oh“, erläutert Ren grinsend, „der gebrochene Fuß hat sie nicht daran gehindert, den schwebenden Gang so gut zu meistern, dass man glatt vergessen hat, was sie für schlimme Schmerzen hatte. Sie hat danach sogar noch eine weitere Szene gedreht ... im Seiza.“ [Seiza ist der japanische Kniesitz / vgl. Act 12 im Original-Manga]

Maria steht inzwischen der Mund vor Staunen offen. >Aber ... das alles ist doch schon ohne Schmerzen nicht so einfach... Aber wieso...<

„Warum hat Onee-san dann verloren?“, entfährt ihr die gerade noch gedachte Frage plötzlich ebenso laut wie verständnislos.

„Weil sie“, erklärt Ren, während er Maria zart über die Wange streicht, „nachdem die Szene im Seiza beendet war, vor Schmerzen ohnmächtig geworden ist und nicht mehr weiter machen konnte.“

Maria ist ganz still geworden, sie kommt sich mit einem Mal ausgesprochen albern vor, weil sie sich wegen des Obis so kindisch angestellt hat.

Ren hingegen seufzt kaum hörbar auf.

>Meine Güte, ich bin so ein mieser Lügner... Ein kleines Mädchen als Ersatzobjekt zu missbrauchen...<

„Aber Ren-san“, schiebt Maria unvermittelt noch eine Frage hinterher, während sie ihn mit kugelrunden, großen Kinderaugen ansieht, „warum bist du überhaupt hier? Ich dachte, du bist in Hong Kong. Hat Opa jedenfalls gesagt.“

Dieses unschuldige Kindergesicht hat auf Ren durchaus einen „zerschmelzenden“ Effekt.

„Ich bin heute zurückgekommen.“, erklärt er deshalb bereitwillig ... und kann sich nicht verkneifen, ihr vorsichtig über den Kopf zu streichen. – Wobei diesmal nicht ganz klar ist, ob das nun eigentlich Kyoko gilt oder doch Maria. [Andererseits ist es ihm inzwischen auch schon fast egal... ^^] „Dein Großvater war vorhin bei mir, um mir ein Drehbuch vorbei zu bringen und da hat er mich gebeten, dich hier abzuholen und nach Hause zu fahren. – Ihm ist nämlich ein wichtiger Termin dazwischen gekommen, daher schafft er es nicht rechtzeitig.“

Das Gesicht des kleinen Mädchens hat sich zusehends verdunkelt und ihre Unterlippe schiebt sich schmollend nach vorn.

„Och, Manno, schon wieder! Dabei wollte er doch mit mir ausgehen...“

„Keine Sorge, Maria-chan“, tröstet sie der junge Schauspieler lächelnd, „das hat er nicht vergessen und es bleibt auch bei eurer Verabredung. – Wenn du heim kommst, sollst du dich nämlich schon mal ausgehfertig machen. Er hat gesagt, dass er dir jemanden zum Helfen schickt, damit ihr doch noch pünktlich weg kommt.“

„Wirklich?“, fragt Maria skeptisch.

Ren lächelt mild und streichelt sanft über ihre Wange.

„Ja, wirklich. Hat er jedenfalls gesagt. – Und, wenn Du mich fragst, sah er auch nicht unbedingt glücklich aus, als er zu diesem Termin gefahren ist.“

„Also gut, wenn du das sagst...“

Endlich!

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

___________________________________________________________________________
 

...

„Wirklich?“, fragt Maria skeptisch.

Ren lächelt mild und streichelt sanft über ihre Wange.

„Ja, wirklich. Hat er jedenfalls gesagt. – Und, wenn du mich fragst, sah er auch nicht unbedingt glücklich aus, als er zu diesem Termin gefahren ist.“

„Also gut, wenn du das sagst...“
 

___________________________________________________________________________
 

Endlich!
 

„Rufen Sie mich einfach an, wenn der Schnitt soweit fertig ist. Ich hoffe, es wird kein allzu großes Problem sein, einen Termin zu finden.“, sagt Rina lächelnd zum Regisseur.

„Gut. Ich denke, wir sind so etwa in einer Woche fertig damit. Es wäre wirklich schön, wenn wir die Nachsynchronisation dann gleich in Angriff nehmen könnten. – Das wär’s dann soweit. – Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie so lange aufgehalten habe, Mogami-san.“

„Ach was“, winkt Kyoko freundlich ab, „das macht doch nichts. – Wir sehen uns dann im Tonstudio.“

Mit höflichen Verbeugungen verabschiedet man sich, dankt sich nochmals für die gute Zusammenarbeit und wünscht sich einen schönen Tag.

Dann machen sich Rina und Kyoko auf den Weg zurück zu Maria.

Schon von weitem beobachtet Kyoko, wie Ren dem kleinen Mädchen väterlich über die Wange streicht, wobei er ein wirklich offenes, herzliches Lächeln im Gesicht trägt.

Unwillkürlich schießen Kyoko die Bilder durch den Kopf, die ihr gestern Nacht kurz vor dem Einschlafen vor dem inneren Auge erschienen sind. Das Herz klopft ihr auf einmal bis zum Hals und in ihrem Gesicht breitet sich unaufhaltsam ein zartes Rosa aus.

>Oh, mein Gott, was denke ich denn da schon wieder?! – Aber... Oh, mein Gott! ... Aber ... das ist einfach zu süß.< Leise seufzend senkt sie den Kopf. >...er wäre wirklich ein toller Vater...<

Nur mit einiger Mühe kann sie diesen Gedanken schließlich wieder aus ihrem Bewusstsein drängen.

Plötzlich fühlt das Mädchen eine warme Hand auf ihrem Rücken. Es ist Rina, die ihr beruhigend zulächelt. Ein paar Mal noch atmet Kyoko tief durch, dann geht sie entschlossen auf die kleine Gruppe zu.
 

„Hallo zusammen.“, begrüßt sie die jungen Männer mit einem strahlenden Lächeln. „Tut mir Leid, dass ich jetzt erst komme, aber der Regisseur wollte noch wegen der Nachsynchronisation mit mir sprechen.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln verbeugt sie sich ...was die beiden Männer natürlich freundlich erwidern.

„Nachsynchronisation?“, hakt Ren neugierig nach.

„Ja, der Regisseur hat sich kurzfristig überlegt, meine Stimme sozusagen als Erzählerin über die Bilder zu legen.“

„Ah, verstehe.“

Kyoko bemerkt Yashiros neugierigen Blick, der offensichtlich der Dame neben ihr gilt ...und äußerst verlegen fällt ihr ein, dass sie tatsächlich etwas Wichtiges vergessen hat.

„Oh, entschuldigt bitte, ich habe ganz vergessen, euch meine persönliche Assistentin vorzustellen.“ Eilig und ein wenig nervös holt sie das Versäumte nach.

„Freut mich, Sie endlich persönlich kennen zu lernen.“, merkt Ren an ...mit einem Lächeln, das irgendwo zwischen freundlicher Offenheit und verhaltenem Gentleman liegt. „Wo ich doch schon so viel über Sie gehört habe.“

„Oh, ich hoffe nur Gutes.“, lacht Rina.

„Gäbe es denn etwas Schlechtes über Sie zu berichten?“, stimmt der junge Schauspieler in das Lachen ein. [Seine Augen sehen allerdings nicht halb so amüsiert aus, wie sein Benehmen vermuten lässt... ^^’]

„Ich weiß nicht so genau. Ich glaube nicht, dass ich mir etwas vorwerfen muss, ... aber ich hab bestimmt auch meine Macken...“, gibt die junge Managerin schlagfertig zurück.

„Hey, Ren-san, bring mir meine Assistentin nicht in Verlegenheit!“, mischt sich Kyoko leicht empört ein. „Sie ist wirklich eine große Hilfe für mich.“
 

Maria hingegen sieht verwundert von einem zum anderen.

>Ren-san hat schon viel über Kobayashi-san gehört?! – Heißt das, er hat mit Onee-san telefoniert?! Von Hong Kong aus?!<

Forschend schaut sie ihrer „großen Schwester“ ins Gesicht.

>Onee-san ist ein bisschen nervös ...aber das ist sie ja eigentlich immer, wenn sie Ren-san trifft... Er ist ja auch nicht immer nett zu ihr...<

Nach einem kurzen Blick auf ihren erklärten Lieblingsschauspieler, fährt sie gedanklich fort: >Ren-san ist eigentlich auch wie immer. – Irgendwie scheint er Onee-san ganz gerne mal aufzuziehen.<

Plötzlich kommt ihr ein anderer Gedanke.

>Ach, vielleicht haben sie wegen dem Film miteinander telefoniert, den sie demnächst drehen... Großvater hatte doch so was erzählt...<
 

Maria spürt eine Hand auf ihrer Schulter und schreckt unwillkürlich aus den Gedanken hoch.

„Komm, Maria-chan, wir sollten uns umziehen gehen. Du willst doch sicher aus dem engen Kimono raus.“, sagt Kyoko lächelnd.

„Ja, schon, Onee-san...“, druckst Maria herum. „aber...“

„Was ist denn?“, fragt Kyoko verblüfft.

„Na... Das ist total toll, dass Ren-san mich nach Hause fährt ...aber ich hätte eigentlich auch gerne, dass du mich nach Hause bringst... Wenn Opa schon nicht kommt...“ Das kleine Mädchen sieht Kyoko ziemlich unglücklich an. Fast scheint es, als solle sie entscheiden, bei welchem Elternteil sie künftig leben soll.

Ren bricht unwillkürlich in Gelächter aus, ... in das die anderen (außer Maria natürlich ^^) schließlich einstimmen.

„Aber das ist doch gar kein Problem.“, meint er zwinkernd. „Ich kann doch Kyoko-chan auch mitnehmen, ist ja kein großer Umweg.“

[DAS ist eine FETTE Lüge! ...aber das weiß Maria ja nicht... ^____-]

„Ach, wo wir gerade dabei sind.“, mischt sichYukihito ein wenig schüchtern ein. „Ich wollte Sie fragen, Kobayashi-san, ob Sie noch in die Agentur müssen. Wenn ja, wäre es ausgesprochen nett, wenn sie mich mitnehmen könnten.“

„Aber natürlich können Sie bei mir mitfahren, ich muss nämlich tatsächlich noch in die Agentur.“, nickt Rina freundlich.

Marias Freude ist ganz offensichtlich, mit strahlendem Lächeln nimmt sie Kyokos Hand.

„Na gut“, meint diese, „dann ist ja alles soweit geklärt. Ich müsste dann allerdings meine Einkäufe in Ren-sans Auto umpacken.“

„Ach was, Kyoko-san“, winkt Rina lächelnd ab, „ich kümmere mich schon darum. Sieh du zu, dass ihr Beide, du und die kleine Lady, aus den Kostümen kommt.“
 

Eine gute Dreiviertelstunde später schließlich, nachdem Ren und Kyoko sich Autogramme schreibend durch eine kleine Schar hartnäckiger Fans gekämpft haben, sitzen alle in ihren Autos. [Sogar Maria musste ein paar Autogramme geben ...worüber sie sich sehr gefreut hat. ^__^]

Und während nun Maria in ihrer bekannt ungestümen Art ebenso lautstark wie lebhaft die Ereignisse des Tages rekapituliert, werfen sich Ren und Kyoko verstohlen einige scheue Blicke zu.

Als sich ihre Augen zum dritten Mal innerhalb einer einzigen Minute treffen, wenden sich beide mit einem kaum hörbaren Seufzen voneinander ab.

Ren hat vorsichtshalber ein Gentleman-Lächeln aufgesetzt und gibt ab und zu durch ein „M-hm“ oder „Wirklich?“ vor, dem kleinen Mädchen interessiert zuzuhören, während seine Gedanken in Wirklichkeit auf Wanderschaft gehen, ohne dass er irgendetwas dagegen untenehmen könnte.

>Hm ... Kobayashi-san scheint tatsächlich die richtige Wahl zu sein...<, überlegt er, >Bei diesem bekloppten Takarada hätte das auch durchaus anders aussehen können.

Hmm ... sie kommt nicht nur ziemlich gut mit Kyoko aus, sie unterstützt sie offenbar an genau den richtigen Stellen und lässt ihr gleichzeitig genügend Freiraum, damit sie ihre Kreativität voll entfalten kann.

Außerdem hatte sie vorhin im Fan-Getümmel die ganze Zeit die Situation deutlich unter Kontrolle ...und das, ohne groß etwas zu tun. Es war fast, als hätte sie einen unsichtbaren, schützenden Kokon um Kyoko geschaffen...

Und ich glaub, die hat es nicht mal bemerkt.<

Unwillkürlich stiehlt sich ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht.

>Außerdem denke ich, dass Kobayashi-san sie auch in brenzligen Situationen beschützen könnte... Ihre Bewegungen sind geschmeidig, ihr Blick aufmerksam und scharf ... und sie hat offenbar einen besonderen Sinn für potentielle Gefahren. Jedenfalls hatte sie Kyoko-chan schon vor dieser penetrant aufdringlichen Frau abgeschirmt, bevor die auch nur in ihre Nähe kam. Erst als sie sich wieder beruhigt hatte, hat sie die Frau wieder zu ihr gelassen, damit sie sich ein Autogramm abholen konnte. Und das Ganze obendrein auf eine so unauffällige Art und Weise, dass ich bezweifle, dass es außer mir noch jemand Anderem aufgefallen ist.

Und ziemlich kräftig muss sie auch noch sein, jedenfalls hat sie die 4 Einkaufstaschen mit einer solchen Leichtigkeit aus dem Kofferraum gehoben, dass man glauben konnte, es wäre nur Watte drin. – Der armeYukihito hat ziemlich geächzt als er ihr zwei der Tüten abgenommen hat.<

Ren muss schmunzeln bei diesem Bild vor Augen.

>...nicht dass er mir jetzt Minderwertigkeitskomplexe kriegt, weil er schwächer zu sein scheint als Kobayashi-san...<
 

Kyokos Gedanken indessen gehen in eine etwas andere Richtung.

>Er ist so unglaublich süß, wenn er sich um Maria-chan kümmert. – Er wäre bestimmt ein guter Vater.< Unwillkürlich kommen ihr die Bilder der letzten Nacht wieder in den Sinn.

>Oh, mein Gott, nicht schon wieder! – Ich muss mir diese unsinnigen Gedanken schnellstens abgewöhnen!<

Kyokos Gesicht ist schon wieder so rot, dass sie vorsichtshalber „interessiert“ aus dem Fenster schaut. – Bis ihr urplötzlich etwas Anderes einfällt.

>Oh Gott!<, schlägt es mit einem Mal wie ein Blitz in ihr Gehirn ein ...und sie wird genauso schnell blass wie sie vorher rot geworden ist. >Ich habe Maria-chan ihren Traummann vor der Nase weggeschnappt! – Und ich hab es ihr nicht mal gesagt!

Oh, Mann, ... ich kann es ihr gar nicht sagen!! Sie wird bestimmt ausrasten! – Mensch, ich bin so eine miese Verräterin...<
 

„Und?“, fragt Rina verschmitzt als sie neben Yukihoto sitzt und den Wagen anlässt. „Müssen Sie wirklich in die Agentur?“

„Nein.“, antwortet dieser grinsend, „Sie auch nicht, oder?“

„Nö.“, lacht die junge Managerin, während sie gut gelaunt aus der Parklücke steuert.

In einiger Entfernung kann man sehen, wie Ren Maria auf den Rücksitz seines Wagens hilft und danach Kyoko eine helfende Hand zum Einsteigen anbietet. Der Blick, den er seiner Freundin dabei zuwirft, ist mehr als zärtlich.

Kyoko hingegen schlägt verlegen die Augen nieder.

>Meine Güte, sind die zwei ein niedliches Paar!<, denkt Rina schmunzelnd ... und Yashiro scheint Ähnliches durch den Kopf zu gehen.

Die beiden Manager tauschen einen kurzen, verschwörerischen Blick und grinsen dabei von einem Ohr zum anderen.

„Sagen Sie, Yashiro-san, hätten Sie Lust, mit mir etwas essen zu gehen?“

„Ja, gern“, meint Yukihito. „Zu Hause wartet sowieso keiner auf mich ... und Hunger hab ich auch.“

„Und wohin gehen wir? – Hm... mir wäre irgendwie nach koreanischer Küche...“

„Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee!“, stimmt Yukihito lachend zu.

„Gut, ich weiß da nämlich ein sehr nettes, gemütliches Lokal, das wie geschaffen ist, einen entspannenden Feierabend einzuleiten.“, behauptet Rina und greift mit einer Hand zum Autoradio. Plötzlich hält sie abrupt inne und wirft einen kurzen, unsicheren Seitenblick auf Yashiro.

„Stört es Sie, wenn ich das Radio anmache?“, fragt sie.

„Nein, im Gegenteil.“, gibt Yukihito freundlich zurück.

Rina schaltet daraufhin ihren Lieblingssender ein ... und muss unwillkürlich lächeln.

Rhythmisch mit den Fingern auf das Lenkrad klopfend summt sie leise die Melodie mit, die den Lautsprechern entströmt. [Es handelt sich um „We love you“ von Myavi – die Version vom MYV ★POPS- Album ...falls es jemanden interessiert. ^__^]

Yashiro wirft verstohlen einen Seitenblick auf die junge Frau. – Sein Lächeln wird breiter.

Eine Weile ist es still im Auto, Yashiro ist ohnehin nicht sonderlich redselig [...vielleicht färbt Rens verschlossenes Wesen auch langsam ein wenig auf ihn ab...? ^_-] und Rina lässt noch einmal kurz die erste Begegnung mit Ren Tsuruga Revue passieren.

>Tsuruga-san hat auf jeden Fall einen messerscharfen Verstand ... und eine ausgesprochen präzise Beobachtungsgabe. Er hat mich die ganze Zeit mit solchen Argusaugen observiert, dass ich glatt hätte nervös werden können...<

Sie lacht leise.

>Meine Güte, auf der einen Seite ist er so charmant und zuvorkommend, ...aber auf der anderen Seite ist er total zugeknöpft. Es dürfte für Außenstehende ausgesprochen schwierig sein, an ihn persönlich heranzukommen.<

Auf ihrem Gesicht breitet sich unwillkürlich ein breites Grinsen aus,

>Aber Kyoko-san ist eindeutig seine „Schwachstelle“. Sobald er auch nur in ihre Richtung sieht, wird sein Blick unversehens weicher. – Und diese ganze Inspektion meiner Arbeit zeigt ja auch nur allzu deutlich, wie sehr er um Kyoko-sans Wohl und Sicherheit besorgt ist. ...und ich glaube, ich konnte ihn da ein wenig beruhigen...

Bin ja mal gespannt, wie die Beiden vor der Kamera zusammenarbeiten...<
 

Yashiro indessen wirft immer wieder verstohlene Blicke auf die junge Assistentin und kann sich ein fasziniertes Grinsen nicht ganz verkneifen.

>Ihr Mienenspiel ist fast genauso interessant wie das von Kyoko-chan. ...na ja, vielleicht etwas weniger beängstigend...<

Er lacht leise ... und unbemerkt...
 

Kyoko drückt entschlossen auf den Klingelknopf, während sie einen schmunzelnden Seitenblick auf Maria wirft. Ren hat sie auf den Arm genommen und das kleine Mädchen schmiegt sich nun wie ein kleiner Welpe an seine Brust, während sich die kleinen Hände energisch in sein Sakko krallen.

„Komm schon, Maria-chan, ich muss dich jetzt wieder runter lassen. Schließlich musst du dich doch noch für heute Abend zurecht machen.“, versucht der junge Schauspieler sie zum Loszulassen zu bewegen.

„Och, Manno, kannst du nicht noch mit reinkommen, Ren-san? ...oder wenigstens du, Onee-san?“

Schmollend blickt sie von einem zum anderen und erntet doch nur einmütiges Kopfschütteln.

„Tut mir Leid, Maria-chan“, meint Kyoko, während sie dem kleinen Mädchen liebevoll über den Rücken streicht, „ich hab heute noch einiges zu tun. – Ein andermal vielleicht. Und Ren-san ist doch gerade erst aus Hong Kong zurückgekommen. Er ist sicher ziemlich müde, du solltest ihm das bisschen Freizeit gönnen, das er hat, es ist nämlich nicht gerade viel.“

Leise seufzend sieht Maria noch einmal zu ihrem Lieblingsschauspieler auf ... und gibt unvermittelt auf.

Ren atmet leise auf und setzt sie lächelnd ab.

„Danke, Kleines. Die Reise war wirklich anstrengend.“

Die Haustür öffnet sich und der Butler – wie üblich in arabischer Kleidung – verbeugt sich tief vor den Dreien.

„Vielen Dank, dass Sie das gnädige Fräulein sicher nach Hause gebracht haben.“, sagt er.

„Keine Ursache.“, winkt Ren lächelnd ab, während er die Verbeugung dezent erwidert. „Es war uns ein ausgesprochenes Vergnügen.“

Maria verabschiedet sich artig von den Beiden und als sie zum Wagen zurückgehen, den Ren auf dem Vorplatz des Anwesens geparkt hat, winkt das kleine Mädchen ihnen ungestüm hinterher.

„Viel Spaß heute Abend!“, ruft Kyoko ihr noch zu, bevor sie einsteigt.
 

Als sie das Grundstück der Takarada-Villa [die übrigens verdächtig an das Taj Mahal erinnert... ^^] verlassen, seufzt Kyoko tief auf.

Alarmiert schaut Ren sie an.

„Was ist?“, fragt er schließlich nach einer Weile angespannten Schweigens.

Seine Freundin sieht ihn entsetzt an.

„Wieso?“, fragt sie hastig zurück und versucht, ahnungslos zu klingen.

„Na, wenn du so tief seufzt, muss ja wohl was sein.“, stellt er sachlich fest.

Kyoko läuft in Sekundenbruchteilen feuerrot an und kämpft innerlich mit sich, ob sie mit ihm reden soll oder besser doch nicht. Ihr ist sichtlich unbehaglich in ihrer Haut, doch Ren bleibt ruhig und verkneift es sich vorerst, aufdringlich nachzuhaken.

Schließlich senkt das Mädchen den Kopf, seufzt noch einmal leise und beginnt dann, stockend und fast flüsternd zu sprechen.

„Ich ... es ... es ist wegen Maria-chan.“

„Hm?“

„Na ... du weiß doch, dass sie ein Riesenfan von dir ist...“

„Ja, natürlich.“ Ren grinst breit. Irgendwie versteht er aber nicht so ganz, worauf sie hinaus will. „Ist ja auch nicht zu übersehen, dass sie regelrecht einen Narren an mir gefressen hat ... und dass sie mich als Vorbild betrachtet. – Aber das ist doch ganz niedlich, wo ist das Problem?“, fragt er verständnislos.

„Also... das Problem ... sie ... sie sieht dich nicht als Vorbild ... und sie hat auch mehr als nur einen Narren an dir gefressen.“ Sie sieht ihm in einer Mischung aus Verlegenheit und Verzweiflung ins Gesicht. „Sie ... sie ist ... in dich verliebt.“

„Oh.“, macht Ren verblüfft. „Aber sie ist doch noch ein kleines Mädchen, da brauchst du doch nicht eifersüchtig zu sein.“

Liebevoll ergreift er ihre Hand.

„Nein, du verstehst das falsch, Koon.“, flüstert Kyoko. „ Ich bin das Problem.“, erklärt sie niedergeschlagen. „Ich weiß davon schon, seit ich sie kenne ...auch dass sie dich heiraten will, wenn sie alt genug ist. ... Und jetzt hab ich ihr den Mann ihrer Träume quasi vor der Nase weggeschnappt. – Jedenfalls wird sie das so sehen.

Oh, mein Gott, und dann erzähl ich dir auch noch davon!

Ich bin nicht gerade das, was man als gute Freundin bezeichnen würde ... auch keine große Schwester, die diesen Namen verdient. Wohl eher eine Verräterin...“

Eine Weile ist es still im Auto, Ren muss erstmal verdauen, dass die kleine Maria Takarada sich so in ihre Schwärmerei verrannt hat. – Denn dass es mehr als das ist, hält er schlichtweg für unmöglich.

„Hime-chan.“, sagt er schließlich ernst und sieht ihr für einen kurzen Moment tief in die Augen. „Mach dir deswegen keine Vorwürfe. Das hat nicht das Geringste mit Verrat zu tun. Zum Verlieben gehören immer zwei ... und ... so süß Maria-chan auch ist, ich würde nicht im Traum darauf kommen, etwas in dieser Art mit ihr anzufangen. Auch dann nicht, wenn sie erwachsen wäre. Und schon gar nicht würde ich mir Takarada-san als 'Schwiegeropa' antun...

Und wenn wir die Sache mal genauer betrachten, dann war ich es, der sich ihre Onee-san geschnappt hat.

Für mich gibt es nämlich einfach nur dich.“

Noch einmal sieht er seiner Freundin in die Augen, ...die daraufhin erneut ziemlich rot anläuft.

„Danke.“, flüstert sie.

Nach einer Weile ergreift Ren erneut das Wort.

„Aber es wäre trotzdem nicht gut, wenn Maria-chan das mit uns aus den Medien erfahren würde. – Am besten wäre es, wenn du es ihr selbst sagst. Oder soll ich lieber mit ihr reden?“

„Ich ... ich weiß nicht. Wenn ich es nicht bin, die es ihr sagt, wird sie mich vermutlich erst recht lynchen...“

Ren lächelt grimmig. „Wenn sie das tut, kann sie mich von der Liste ihrer Bekanntschaften streichen!

Es hat doch aber noch ein bisschen Zeit, im Moment besteht ja kaum die Gefahr, dass sie es von anderer Seite erfährt. Es gibt also noch genügend Gelegenheiten, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Vielleicht sollten wir auch gleich gemeinsam mit ihr reden...

Auf jeden Fall solltest du dir deswegen kein schlechtes Gewissen machen, Hime-chan, jemand anders als du steht für mich als Partnerin nämlich nicht zur Debatte ... wenn’s nach mir ginge, sogar bei der Arbeit...“

Unter vier Augen

Hallo, Ihr Lieben! ^^

Einen fröhlichen Nikolaustag! (Na ja, ich hoffe mal, dass das Kapitel heute noch online ist...^^’)

Diesmal lasse ich es mal richtig knistern, als kleiner Nikolausstiefel sozusagen ... für alle, die so lieb Kommentare hinterlassen haben. ^__^

Viel Spaß beim Lesen! ^^
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken
 

kursive Worte sind betont
 

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...

Ren lächelt grimmig. „Wenn sie das tut, kann sie mich von der Liste ihrer Bekanntschaften streichen!

Es hat doch aber noch ein bisschen Zeit, im Moment besteht ja kaum die Gefahr, dass sie es von anderer Seite erfährt. Es gibt also noch genug Gelegenheiten, den richtigen Zeitpunkt zu finden. Vielleicht sollten wir auch gleich gemeinsam mit ihr reden...

Auf jeden Fall solltest du dir deswegen kein schlechtes Gewissen machen, Hime-chan, jemand anders als du steht für mich als Partnerin nämlich nicht zur Debatte ... wenn’s nach mir ginge, sogar bei der Arbeit...“
 

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Unter vier Augen...
 

„Sag mal, muss ich das alles essen?“, fragt Ren grinsend, während er die Einkauftaschen in seinen Händen demonstrativ in die Höhe hebt.

Kyoko, die natürlich die leichteren Taschen trägt, juckt es ein bisschen in den Fingern, ihm ihre Tüten um die Ohren zu hauen, was sie dann aber in Anbetracht der vergleichsweise engen Fahrstuhlkabine doch lieber bleiben lässt.

„Natürlich nicht.“, meint sie stattdessen und grinst ihn sarkastisch an. „Aber wie ich dich so kenne, herrscht in deinem Kühlschrank wieder mal gähnende Leere und da dachte ich, ich bringe lieber etwas mehr mit. Außerdem wollte ich ein bisschen mehr kochen und die Reste einfrieren. Dann hast du was da, das du einfach in der Mikrowelle warm machen kannst.“

„Bei meinen Ernährungsgewohnheiten kennst du echt kein Erbarmen, was?“ Das Grinsen des jungen Schauspielers ist um einiges wärmer geworden, genau wie der Ton seiner Stimme.

„Irgendjemand muss sich doch darum kümmern, dass du nicht irgendwann mit Magengeschwüren oder irgendwelchen Mangelerscheinungen im Krankenhaus liegst.“, murmelt Kyoko seufzend. „Dein Körper wird deine Unvernunft nämlich nicht ewig mitmachen...“

„Vermutlich.“, lenkt Ren überraschend vernünftig ein. „Aber jetzt bist du ja da.“

Ein dezentes „Bing!“ verkündet, dass sie die Etage erreicht haben, auf der die Wohnung des Schauspielers liegt.
 

Kyoko ist noch immer damit beschäftigt, sich über die unerwartete Einsicht ihres Freundes zu wundern, als sie die Wohnung betreten. Noch ganz in Gedanken streift sie ihre Schuhe ab, schlüpft in die bereitstehenden Hausschuhe und macht sich mit den Einkäufen in den Händen auf den Weg in die Küche.

Weit kommt sie allerdings nicht, denn Ren, der seine Taschen einfach an der Eingangstür hat stehen lassen, fasst sie nachdrücklich an den Schultern und drängt sie mit sanfter Gewalt rückwärts gegen die Flurwand, sein unwiderstehliches Eroberer-der-Nacht-Lächeln auf den Lippen und ihr dabei tief in die Augen blickend, ...woraufhin Kyokos Knie derart weich werden, dass sie nicht einmal mehr im Stande ist, rot zu werden... [Nicht vergessen: Sie hat immer noch die Einkaufstaschen in den Händen ...und kann sich daher nicht im Geringsten wehren. ...obwohl ja doch eher fraglich ist, ob sie sich wehren würde , ...vorausgesetzt es gäbe in ihrem Gehirn gerade so etwas Ähnliches wie Gedanken... ^^]

Grinsend registriert er, dass er sie regelrecht hypnotisiert zu haben scheint, sodass sie offenbar nichts Anderes mehr tun kann, als ihn mit großen, verblüfften Augen anzusehen.

Sachte nimmt er ihr Gesicht in beide Hände und küsst sie hauchzart auf die Lippen, während ihre Augen noch immer wie gebannt auf seine gerichtet sind.

>Oh, mein Gott... ...dieser Blick... ...wie soll ich nur...?<, schießt es dem Mädchen fragmentarisch durchs Gehirn.

Ren hat seinen Kopf ein wenig zurückgenommen und beobachtet einen langen Moment fasziniert ihr kaum noch vorhandenes und doch höchst interessantes Mienenspiel.

Die Zeit scheint still zu stehen.

Und während Ren schließlich zärtlich die Arme um ihre Schultern legt, kapituliert der letzte Rest von Kyokos Verstand vor ihren Gefühlen und der äußerst anziehenden Verlockung direkt vor ihr: Langsam schließen sich ihre Augen, während sich sein Gesicht erneut ihrem nähert.

Sanft drückt er seine Lippen auf ihre und fährt mit der Zunge sachte streichelnd ihre Unterlippe entlang, bis Kyoko mit einem kaum hörbaren Seufzen sein stilles Bitten erhört und sich auf das zärtliche Spiel der Zungen einlässt.
 

Als er sich nach einer halben Ewigkeit wieder von ihr löst, legt er eine Hand lässig an die Flurwand, während die andere sanft Kyokos Schulter und Oberarm streichelt. Lächelnd beobachtet er, wie sie aus ihrer zauberhaften Trance rückhaltloser Hingabe allmählich wieder in die Gegenwart zurückkehrt.

Schließlich öffnet sie die Augen, ein leicht entrücktes Lächeln und einen leisen Seufzer auf den Lippen.

„Meine Güte“, sagt Ren leise und mit etwas rauer Stimme, immer noch ein liebevolles Lächeln im Gesicht, „ich hab ja schon gedacht, so weit weg von dir zu sein, wäre schlimm...

Aber direkt neben dir zu sitzen und dich nicht mal so ansehen zu dürfen, wie ich das eigentlich möchte, war die reinste Folter...

Ich hab dich schrecklich vermisst, Hime-chan.“

„Ich dich auch, Koon.“, seufzt Kyoko mit belegter Stimme.

Leise räuspert sie sich und während sie das tut, melden sich ihre gepeinigten Arme und Hände zurück in ihr Bewusstsein. Die Henkel der Einkauftaschen schneiden schmerzhaft in ihre Handflächen und ihre Muskeln verkrampfen zusehends unter ihrer Last.

„Koon, bitte...“, fleht sie leise.

Ren zieht fragend eine Augenbraue hoch. „Hn?“

„Lass mich die Einkäufe in die Küche bringen, die Taschen sind schwer...“

„Warum lässt du sie nicht einfach fallen?“, fragt er mit einem verschmitzten Grinsen ...und drückt ihr im nächsten Augenblick einen federleichten Kuss auf die Nase.

Kyoko werden erneut die Knie so weich, dass sie wieder in diese wohlige Entrückung abzudriften droht.

Nur mit Mühe kann sie sich zusammenreißen.

„Weil in einer davon die Eier sind....“, erklärt sie leise, während sie zusehends roter wird, „...und ich weiß nicht, in welcher...“

„Oh.“, macht Ren schmunzelnd und geht bereitwillig einen halben Schritt zurück, ...um ihr gerade so viel Platz zu machen, dass sie die Taschen auf dem Boden abstellen kann. Jedoch schneidet er ihr noch immer mit dem linken Arm den Weg zur Küche ab.

Kyoko kommt es vor, als wären ihre Gelenke eingerostet und als müsse schon deshalb auch nur die leiseste Bewegung ein lautes Knirschen verursachen.

Sehr langsam setzt sie die Taschen ab und hat dabei einige Mühe, ihre Finger dazu zu bewegen, sich zu öffnen. Sie ist so sehr damit beschäftigt, ihren Körper wieder vollständig unter Kontrolle zu bekommen, dass sie nicht bemerkt, wie Rens Grinsen unversehens breiter wird und in seinen Augen plötzlich ein schelmisches Glitzern auftaucht.

Einen kurzen Aufschrei später findet sie sich in starke Arme gehoben und wird ebenso liebevoll wie bestimmt ins Wohnzimmer getragen.

Wortlos lässt sich der begehrteste Mann Japans mit ihr in den Armen auf dem großen Sofa nieder, sodass sie nun auf seinem Schoß sitzt, immer noch warm und fest umfangen von seinen langen, kräftigen Armen.

Der junge Schauspieler gräbt seufzend seine Nase in ihre Haare, um für einen langen Moment ihren unwiderstehlichen Duft zu atmen.

Kyoko kann nicht anders als sich noch tiefer in seine Umarmung zu kuscheln und die im Nachhinein doch schmerzlich vermissten Liebkosungen zu genießen.

Langsam lässt Koon eine Hand ihr Rückrat hinauf wandern, bis sie schließlich im Nacken inne hält, sich zärtlich in ihren Haaransatz gräbt und schließlich behutsam ihren Kopf nach hinten biegt. Noch einmal schaut er ihr tief in die Augen, dann küsst er sie genauso innig wie ausgiebig.

Doch noch bevor er den Kuss beendet, spürt Kyoko, wie sich seine Mundwinkel zu einem Grinsen verziehen.

Irritiert löst sie sich von ihm und sieht ihn fragend an.

Rens Grinsen wird breiter ... und während er schließlich nach einem kurzen Räuspern das Wort ergreift, dreht er seine Freundin mit sanfter Gewalt so auf seinem Schoß, dass sie schließlich mit dem Rücken an seiner Brust lehnt.

„Kommen wir also zum lustigen Teil.“, meint er leichthin.

Kyoko, die er von hinten ebenso zärtlich wie fest umarmt hat, sinkt merklich in sich zusammen. Sie ahnt bereits, was jetzt kommen wird...

Während Ren nun mit einer Hand etwas neben dem Sofa zu suchen scheint, hält die andere das Mädchen nach wie vor fest umschlungen. ...fast so, als müsse er sie an der Flucht hindern...

>Als ob ich eine Chance hätte, ihm zu entkommen...<, seufzt Kyoko innerlich. >Hoffentlich muss ich wenigstens nicht wieder heulen.<

Ren hat gefunden, wonach er gesucht hat: ein kleines, hübsch verpacktes Schächtelchen, das er Kyoko in die Hand drückt.

„Auspacken!“, verlangt er grinsend.

Kyoko atmet tief durch, das Herz schlägt ihr plötzlich bis zum Hals ... und dann öffnet sie leise seufzend das kleine Päckchen.

Was schließlich zum Vorschein kommt, treibt ihr fast die Freudentränen in die Augen.

„Ist das hübsch!“, flüstert sie hingerissen.

Vorsichtig nimmt sie die feine Goldkette aus dem Kästchen, um den Anhänger zu betrachten, der die Form einer geflügelten Elfe hat, während Ren seine Arme noch ein wenig fester um sie schlingt. Grinsend beugt er den Kopf zu ihrem Ohr herunter und sagt leise: „Ich wusste, sie würde dir gefallen.“

Sein warmer Hauch an ihrem Hals jagt unvermittelt wohlige Schauer durch ihren Körper und es kostet sie einige Mühe, ihren Kopf zu ihm zu drehen und zu sprechen.

„Aber...“, beginnt sie, wird jedoch sofort unterbrochen.

„Jetzt fang nicht wieder damit an.“, meint Ren sanft, während er lächelnd mit den Augen rollt. „Ich werd nicht an solch kleinen Aufmerksamkeiten Pleite gehen. – Glaub mir, ich kann ganz gut mit Geld umgehen.“

>Aufmerksamkeiten?! – Was nennt er dann ein richtiges Geschenk?!<, fragt sich Kyoko verwirrt.

Koon haucht einen zarten Kuss in ihr Haar und nimmt ihr dann sachte die Kette aus der Hand, um sie ihr um den Hals zu legen.

„Und?“, fragt er grinsend. „Krieg ich einen Kuss dafür?“

Kyoko läuft rosa an. „Natürlich.“, antwortet sie verlegen. „Danke, Koon.“

Zärtlich küsst sie ihn auf den Mund.

>Als ob er mir dafür irgendetwas schenken müsste...<

Ehe sie es sich versieht, sind ihre Zungen erneut innig ineinander verschlungen ... und die Gedanken der letzten Minuten irgendwo zwischen diesen überwältigenden Gefühlen von Wärme und Geborgenheit verloren gegangen...

Wieder spürt Kyoko, wie sich Rens Lippen zu einem Grinsen verziehen.

Leise seufzend legt sie ihren Kopf in den Nacken, lehnt sich mit dem Rücken an seine breite Brust und harrt resigniert der Dinge, die da kommen mögen...

>War ja klar, dass ihm das noch nicht reicht...<

Wieder kramt Ren in der Tasche, die er vor einigen Stunden neben dem Sofa deponiert hat und es entspinnt sich noch einmal das gleiche Spiel wie zuvor, nur dass das Mädchen diesmal einen kuscheligen, schwarzen Kaschmirpulli mit Rollkragen auspackt.

Noch drei weitere Male wiederholt der junge Schauspieler dieses Spiel [ein Mal mit einem beigefarbenen Kaschmirpulli, ein Mal mit einem Pashminaschal in Zartrosa und ein Mal mit einer weißen Bluse aus besonders schwerer Seide], an dem er anscheinend einen Heidenspaß hat. Sein Grinsen jedenfalls wird von Mal zu Mal breiter.

Als er das fünfte Mal seine „Belohnung“ kassiert und es diesmal keine fünf Sekunden dauert, bis sich erneut dieses verräterische Grinsen in seinem Gesicht ausbreitet, spricht Kyoko ihre Gedanken endlich laut aus.

„Nimmt das denn gar kein Ende mehr?“, fragt sie seufzend. Ihre Gesichtsfarbe ist bereits seit etlichen Minuten hochrot und will sich vor lauter Verlegenheit gar nicht mehr normalisieren.

„Keine Sorge.“, antwortet Ren gelassen und gibt ihr einen zärtlich Kuss auf die Stirn. „Nur noch eins, Hime-chan.“

Noch einmal greift er in die Tasche und legt ihr eine ziemlich große, flache Schachtel auf den Schoß.

Kyoko dreht sich halb zu ihm herum und sieht ihn mit einem fast schon verzweifelten Blick an. Ihre Wangen sind noch immer in Rot getaucht und sie ist vor lauter Verlegenheit ganz schön ins Schwitzen geraten.

„Wenn du in dem Tempo weiter machst, mir so teure Geschenke zu machen, Koon, wirst du irgendwann doch noch Geldprobleme kriegen.“, sagt sie ernst.

Ren lacht leise.

„Nein, Hime-chan, mach dir keine Gedanken deswegen. Es gehört schon etwas mehr dazu, um mich finanziell zu ruinieren, als dir jeden Tag eine kleine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.“

„Kleine Aufmerksamkeiten?!“, entfährt es Kyoko fassungslos, „Ich will ja ungern zusammenrechnen, was hier auf dem Sofa alles zusammenkommt, aber ich denke, dass man gut einen Monat davon leben könnte.“

„Möglich.“, gibt Ren mit einem warmen Lächeln zu, während er sie fester in die Arme nimmt. „Wenn man einigermaßen sparsam ist. - Aber das hier sind wirklich nur Kleinigkeiten, Hime-chan. Für dich sollte das Beste gerade gut genug sein ... und ich finde, als Filmstar solltest du dich sowieso daran gewöhnen.“ Er deutet auf die Sachen, die neben ihnen ausgebreitet liegen. „Das hier ist erstmal nur zum Üben, Hime-chan.“

„Was?!“ Das Mädchen sieht ihn leicht entsetzt an.

Ren lächelt mild.

„Kyoko-chan“, erklärt er ruhig, „mal abgesehen davon, dass ich diesen Gesichtsaudruck geradezu göttlich finde, wenn du ein Geschenk auspackst, musst du dich sowieso an einen gewissen Luxus gewöhnen. – Du hast es geschafft, in nur wenigen Monaten so bekannt zu werden, dass du kaum noch unbehelligt über die Straße gehen kannst. Und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass das plötzlich wieder aufhören wird; so, wie das bei diesen künstlich hochgepuschten Schlagersternchen so oft der Fall ist. Was glaubst du, was passiert, wenn die Agentenkomödie auch so einschlägt wie Takarada, der alte Fuchs, das voraussagt?“

Kyokos Augen weiten sich, ihre Gesichtsfarbe wird noch ein wenig tiefer und sie senkt verlegen den Blick.

Noch einmal nimmt Ren sie fest in die Arme, dann meint er grinsend: „Na los, mach schon, dann hast du’s hinter dir.“

>Jedenfalls für heute...<, fügt er in Gedanken noch hinzu.

Das Mädchen seufzt noch einmal tief, dann lüftet sie langsam den Deckel der Schachtel... und ihr stockt unwillkürlich der Atem.

In dem edlen, schwarz lackierten Karton liegt offenbar ein Kleid ... aus der schönsten chinesischen Seide, die sie je gesehen hat. Vorsichtig fährt sie mit zwei Fingern über den glänzenden Stoff, während Ren hinter ihr aus dem Grinsen gar nicht mehr rauskommt.

„Pack es aus.“, ermuntert er sie flüsternd. „Hm, am besten stehst du dafür auf.“

Sachte schiebt er sie von seinem Schoß in den Stand, erhebt sich selbst vom Sofa und nimmt ihr grinsend die Schachtel aus den Händen.

Vorsichtig ergreift Kyoko nun das Kleid an dessen Schultern und hebt es mit zittrigen Fingern heraus.

Es ist ein dunkelrotes, hoch geschlitztes, knielanges Xipao [gesprochen etwa: „Tschipao“; wird in Mangas auch gerne mal als „China-Dress“ bezeichnet. ^^] mit einem Muster aus goldenen Phönixen. An den kurzen, angeschnittenen Ärmeln sind Trompetenärmel aus ausgesprochen filigraner, schwarzer Spitze angebracht, die so fein ist, dass sie fast schon durchsichtig wirkt.

Kyoko fehlen schlichtweg die Worte.

„Es gefällt dir also.“, stellt Ren lächelnd fest.

„Ja ... nartürlich.“, stammelt Kyoko verlegen und setzt leise hinzu: „Es ... es ist ... wunderschön, Koon.“

Einen Moment noch betrachtet sie es andächtig, dann legt sie es sorgfältig zusammengefaltet in die Schachtel zurück, die sie darauf Ren aus den Händen nimmt und auf das Sofa zu den anderen Geschenken legt.

„Willst du es nicht wenigstens anprobieren?“, fragt der junge Schauspieler verdutzt. Offensichtlich ist er ein klein wenig enttäuscht.

„Nein, ...jedenfalls nicht jetzt.“, antwortet Kyoko fest ... und sieht ihren Freund mit einem Mal streng in die Augen. „Wenn ich nicht bald mit dem Kochen anfange, bekommst du heute nämlich nichts mehr in den Magen.“

„Och, komm schon, Hime-chan. Ich würd’s so gern an dir sehen.“, versucht er sie zu überreden. Und um seinen Worten ein wenig mehr Nachdruck zu verleihen, zieht er sie grinsend in seine Arme.

„Nein, wirklich, die Einkäufe sind noch nicht mal ausgepackt. – Und wie ich dich so kenne, hast du heute noch nicht viel gegessen.“

Der junge Schauspieler macht trotz allem keinerlei Anstalten, sie gehen zu lassen. Stattdessen zieht er sie noch ein bisschen näher zu sich heran und küsst sie zärtlich ... und ausgesprochen gründlich.

Unversehens ertönt jedoch ein laut vernehmliches Magenknurren, ...allerdings nicht etwa bei Ren, sondern eindeutig aus Kyokos Bauch.

„O.K.“, lenkt der junge Schauspieler ein. „Wahrscheinlich hast du Recht. Dann lass uns in die Küche gehen.“
 

Gesagt, getan.

Doch schon während sie die Einkäufe auspacken, sucht Ren erneut ständig Kyokos Nähe, berührt immer wieder – scheinbar zufällig – ihren Arm, ...eine Schulter, ...ihre Hand, ...streift federleicht ihre Seite... Allerdings zeigt sein permanent freches Grinsen deutlich, dass all dies pure Absicht ist.
 

Als Kyoko schließlich beginnt, das Gemüse zu schneiden, huscht er unvermittelt wie ein neugieriges Kind um sie herum, um nur ja jeden Handgriff seiner Freundin mitzubekommen.

Im Grunde hätte Kyoko gar nichts dagegen – eigentlich findet sie nichts dabei, bei der Arbeit beobachtet zu werden - ...wenn nicht Ren (wie schon zuvor) jede Gelegenheit nutzen würde, sie „unabsichtlich“ zu berühren ...und dabei jedes Mal prickelnde Stromstöße durch ihren ganzen Körper schicken würde. [^_-]

Als der junge Schauspieler jedoch zum dritten Mal mit seiner Wange ihre Schulter streift und bei Kyoko daraufhin die Konzentration zum wiederholten Mal derart gestört wird, dass sie sich zu schneiden droht, dreht sie sich entschlossen zu ihm um und schickt ihn mit (zugegeben nur mühsam aufgesetzt) strengem Blick an den Küchentisch. Sozusagen auf die Zuschauertribüne.

Oder wie Ren es in diesem Augenblick formuliert hätte: ...auf die Strafbank...

Dort sitzt er nun – zunächst schmollend wie ein kleiner Junge – und beobachtet seine Freundin mit liebevollen Argusaugen, ...deren Blick zunehmend weicher wird, je länger er ihrem emsigen Treiben zusieht.
 

Kyoko spürt auch noch beim Kochen seinen intensiven Blick in ihrem Rücken.

Einerseits macht es sie höllisch nervös, von ihm regelrecht observiert zu werden, ...andererseits löst genau dies überall in ihrem Körper ein genauso angenehmes Kribbeln aus, wie zuvor seine federleichten Berührungen.

>Meine Güte, was ist das für ein Gefühl? – Was ist denn bloß los mit mir?!<, fragt sie sich verwirrt. Aus irgendeinem Grund ist ihr auch noch ziemlich heiß geworden, ... nicht nur im Gesicht...

Heilfroh, dass Ren sie nur von hinten sehen kann, versucht sie angestrengt, sich zusammenzureißen und sich wieder auf ihre Arbeit zu konzentrieren.

Mit einiger Mühe gelingt es ihr schließlich.

Allerdings nur für ein paar Minuten, denn durch die verstärkte Konzentration auf ihr Tun, spürt sie plötzlich jede einzelne Bewegung, jede Faser ihres Körpers überdeutlich.

>Was, um Himmels Willen, ist eigentlich heute mit mir los?! Wieso wird mir schon wieder so heiß?! Das kann doch nicht am Herd liegen!<, grübelt sie verstört ... und spürt wieder geradezu greifbar Rens durchdringenden und gleichzeitig ausgesprochen zärtlichen Blick auf sich ruhen.

Nur mit äußerster Kraftanstrengung bringt sie es fertig, dem Impuls zu widerstehen, endlich seinem stummen Drängen nachzugeben und sich in seine Arme zu stürzen...

[Allerdings hauptsächlich deshalb, weil sonst das Essen anbrennen würde...]
 

Als die Beiden schließlich gut zwei Stunden später bei einer gemütlichen Tasse Tee im Wohnzimmer sitzen, legt Ren unvermittelt die Arme in den Nacken und seufzt zufrieden. Für einen Moment schließt er die Augen, dann sieht er seine Freundin lächelnd an.

„Ich hab keine Ahnung, wie du das machst.“, sagt er. „Ich bin pappsatt, aber ich hab trotzdem nicht dieses unangenehme Völlegefühl im Bauch. Ich wusste gar nicht, dass Satt-sein so angenehm sein kann...“

Kyoko lächelt verlegen und winkt hastig ab.

„Ich nehme einfach nur Zutaten, die leicht verdaulich sind.“, erklärt sie mit rosigen Wangen. „Ich weiß doch, wie empfindlich dein Magen ist.“

Rens Lächeln wird wärmer.

„Ich liebe dich.“, sagt er schlicht.

Die Gesichtsfarbe des Mädchens wechselt augenblicklich zu Dunkelrot und ihre Antwort ist leise, fast schüchtern.

„Ich dich auch.“
 

Ren bringt seine Liebste an diesem Abend recht früh heim. Sie wirkte müde, hat ihm obendrein noch von dem mörderischen Muskelkater erzählt, den sie als „kleines Andenken“ vom Odette-Spot behalten hat ... und schließlich will sie ja am nächsten Tag auch noch umziehen. [...und hatte bisher noch keine Zeit, auch nur einen einzigen Karton zu packen...]
 

Einen Augenblick sieht er ihr noch nach, wie sie schüchtern winkend und lächelnd im Daruma-ya verschwindet, dann greift er grinsend zum Handy und wählt eine Nummer aus dem Adressverzeichnis.

„Hallo, Koji-kun.“, sagt er, als die Verbindung steht. „Hast du mein Paket aus Hong Kong schon bekommen?“

„Hallo, Ren-kun. Schön, von dir zu hören. – Ja, es kam heute Früh. – Meine Güte, diese Seide ist wun-der-schön. . Wo hast du sie her?“, fragt Koji neugierig.

„Von einem Seidenhändler am Rande von Hong Kong. Ich schick dir später die Adresse, wenn du willst.“

„Oh, ich bitte darum!“, fordert der Designer lachend.

Es entsteht eine kurze Pause ... und der junge Schauspieler kann das breite Grinsen seines Freundes förmlich durch das Telefon sehen.

„Ich gehe mal davon aus, dass ich daraus was für Kyoko-chan entwerfen soll... Sag mal, wie läuft es eigentlich zwischen euch beiden so?“

„Bis auf die Tatsache, dass wir viel zu wenig Zeit füreinander haben, könnte es nicht besser sein.“, meint Ren mit einem Anflug von Seufzen in der Stimme.

„Ja“, kommt es von Koji mit einem tiefen Seufzer zurück, „...kann ich auch ein Lied von singen. – Hast du schon eine Vorstellung, was ich aus der Seide machen soll?“

„Ich dachte an einen Kimono.“, kommt es wie aus der Pistole geschossen von Ren.

Man kann regelrecht hören, wie Koji Maruyamas kreativer Kopf beginnt, auf Hochtouren zu arbeiten.

„Hmm“, überlegt er laut, „gar keine schlechte Idee... Müsste sehr edel aussehen mit dieser schweren Seide... Hm... Ein Winterkimono also...“

Offenbar hat der junge Designer den Stoff griffbereit und packt ihn gerade aus dem knisternden Seidenpapier.

„Dieses dunkle Kobaltblau [eine Farbe wie bei dem kleinen Elefanten aus der Sendung mit der Maus. ^__^] ... mit einem Muster aus goldenen Phönixen... Hm... Wie wär’s mit einem Obi in Magenta dazu ...mit aufgestickten, goldenen Drachen? – Wenn ich nicht irre, hab ich noch so einen Stoff im Lager. – Ich wusste nie, wofür ich ihn noch verwenden sollte, er ist einfach zu schön, um ihn für irgendwelche Banausen zu verschwenden ... und Sa-chan steht er leider nicht...“

„Hm, klingt doch viel versprechend.“, meint Ren zufrieden und schickt gleich noch eine Frage hinterher. „Bis wann kannst du ihn fertig haben?“

„Kommt drauf an. Brauchst du auch einen Unterkimono und den ganzen anderen Kram?“

„Ja, Kyoko hat bisher keinen eigenen Kimono.“

„Hm, dann kann ich es nicht genau sagen. – Ich ruf dich am besten an, wenn ich es absehen kann.“ Koji kichert plötzlich leise. „Sie wird bestimmt toll darin aussehen...“

„Sicher.“, meint Ren trocken. „Wenn ich sie erstmal dazu gebracht habe, ihn auch anzuziehen. – Sie liebt es nämlich nicht gerade, Kimono zu tragen.“

„Oh!“, macht Koji überrascht. „Aber wieso soll es dann unbedingt einer sein? – Ich meine, ich kann doch auch was Anderes daraus machen. Ich bin sicher, mir fällt da noch was ein...“

„Es sind schlechte Erinnerungen, die ihr das verleiden...“, fällt ihm Ren ernst ins Wort, „Und ich möchte das ändern, verstehst du?“

„Hmm, du willst also sozusagen die negativen Erinnerungen durch neue überlagern ...sie quasi wie bei einem Computerprogramm überschreiben?“

„M-hm, so in etwa. Schließlich weiß ich am besten, dass das Verdrängen solcher Dinge auf Dauer eh nicht funktioniert...“ Er lacht leise. „Außerdem liebe ich ihr Gesicht, wenn sie nicht weiß, ob sie sich freuen oder sauer auf mich sein soll...“

Abschied vom Daruma-ya

Ich hoffe, Ihr hattet erholsame Feiertage, meine Lieben. ^^ Wenn nicht, holt es doch einfach ein bisschen beim Lesen nach - bei einem extra langen Kapitel ^^-, ... damit ihr anschließend gerüstet seid für den feucht-fröhlichen Jahreswechsel, den die eine oder andere von euch sicher jetzt vor sich hat.

Viel Spaß beim Lesen ... und einen guten Rutsch ins neue Jahr! ^___-
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Sicher.“, meint Ren trocken. „Wenn ich sie erstmal dazu gebracht habe, ihn auch anzuziehen. – Sie liebt es nämlich nicht gerade, Kimono zu tragen.“

„Oh!“, macht Koji überrascht. „Aber wieso soll es dann unbedingt einer sein? – Ich meine, ich kann doch auch etwas Anderes daraus machen. Ich bin sicher, mir fällt da noch was ein...“

„Es sind schlechte Erinnerungen, die ihr das verleiden...“, fällt ihm Ren ernst ins Wort, „und ich möchte das ändern, verstehst du?“

„Du willst also sozusagen die negativen Erinnerungen durch neue überlagern ...sie quasi wie bei einem Computerprogramm überschreiben?“

„M-hm, so in etwa. Schließlich weiß ich am besten, dass das Verdrängen solcher Dinge auf Dauer eh nicht funktioniert...“ Er lacht leise. „Außerdem liebe ich ihr Gesicht, wenn sie nicht weiß, ob sie sich freuen oder sauer auf mich sein soll...“
 

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Abschied vom Daruma-ya
 

„Guten Morgen, Kyoko-san.“, grüßt Rina Kobayashi fröhlich am darauf folgenden Vormittag, nachdem die Okami-san des Daruma-ya sie an der Tür zu Kyokos Zimmer „abgeliefert“ hat.

„Morgen.“, gibt die junge Schauspielerin ein wenig atemlos zurück. Sie hat offenbar gerade einen Karton fertig gepackt und nimmt eine neue Pappe vom Boden auf, um sie aufzufalten.

Trotzdem offensichtlich erst zwei Kisten gepackt sind, ist ihr Gesicht gerötet und einige Haarsträhnen haben sich bereits aus ihrer Frisur verabschiedet, um sich ein wenig abseits ihres Kopfes und in ihrer Stirn herumzutreiben.

„Wo soll ich helfen?“, fragt Rina, während sie ihre Jacke auszieht.

„Du könntest die Schulsachen aus dem Schreibtisch einpacken. – Hmm... ich weiß allerdings nicht, ob ein Karton dafür reicht...“, meint Kyoko nachdenklich.

„Werden wir dann ja sehen.“, sagt Rina achselzuckend. „Wann wollte eigentlich die Verstärkung kommen?“

„Hm, eigentlich müssten sie bald da sein.“, antwortet Kyoko nach einem kurzen Blick auf die Uhr.
 

Zwei Umzugskartons später stehen die beiden Männer einsatzbereit vor der Zimmertür. Ren grinst von einem Ohr zum anderen, während Yukihito merkwürdig verwirrt aus der Wäsche schaut.

„Guten Morgen, die Damen.“, grüßt der junge Schauspieler gut gelaunt, doch als er seine Freundin emsig werkeln sieht, zieht er die Stirn ein wenig kraus. „Hätte ich mir ja denken können, dass du nicht wartest, bis wir zum Helfen da sind.“, rügt er sie sanft.

Kyoko läuft postwendend tomatenrot an.

„Ich... Aber...“, stammelt sie. „Aber... warum sollte ich denn nur rumsitzen und warten?“

Ren ist indessen vor sie getreten und streicht sachte über ihre Wange, während er ihr einen zarten Kuss auf die Stirn haucht.

„Weil du erstens schon Muskelkater hast und wir zweitens übermorgen unser erstes Stunttrainig haben. – Und wie ich gehört habe, lässt Jason Choi seine Schüler beim ersten Treffen ausführliche Leistungstests machen, bevor er sie mit dem Training beginnen lässt.“

„Oh...“, macht Kyoko.

Rinas Blick fällt auf Yukihito Yashiro, der das Gesicht zwar zu einem angedeuteten Lächeln verzogen hat, jedoch immer noch hochgradig verwirrt scheint.

„Was ist mit Ihnen, Yashiro-san?“, lacht die junge Managerin, „Warum sind Sie denn so durcheinander?“

„Ich...“, stammelt Yukihito, „Oh... Guten Morgen erstmal. – Nun ja, ...Morinaga-san, ... der Küchenchef... Guckt der immer so... so ...finster?“

Rina bricht in Gelächter aus und auch die anderen stimmen fröhlich ein. [Bis auf Yukihito natürlich ^^]

„Ja, meistens.“, antwortet Kyokos Assistentin schließlich, „aber er meint es gar nicht so. – Allerdings kommt heute erschwerend dazu, dass er sicher nicht gerade vor Freude Luftsprünge macht, ... schließlich zieht Kyoko-san heute aus.“

„Oh, ...ist das so?“

„Vermutlich.“, lacht Ren, während er sein Jackett schwungvoll und zielgenau auf den Schreibtischstuhl wirft.

...Kyoko ist das Gespräch derart peinlich, dass sie beschließt, sich jetzt erst recht in die Arbeit zu stürzen...
 

Als Yashiro zweieinhalb Stunden später schließlich den letzten Umzugskarton auf die anderen stapelt, ächzt Kyoko laut vernehmlich auf.

„Mensch, ...ich hätte nicht gedacht, dass es sooo viel ist.“, staunt sie.

„Ach, das ist doch immer so!“, meint Rina lachend. „Man merkt doch grundsätzlich erst beim Auszug, wie viel Zeug sich da im Laufe der Zeit angesammelt hat.“

„Trotzdem...“ Kyoko schüttelt verwundert den Kopf.

>Wenn man bedenkt, dass ich noch gar nicht so lange hier wohne ... und damals buchstäblich mit nichts hier ankam... Moooment mal! <

Kyoko zieht die Stirn in Falten.

„Eigentlich“, beginnt sie, während sie die Hände in die Hüften stemmt und Ren einen leicht vorwurfsvollen Blick zuwirft, „kam der meiste Kram erst in den letzten dreieinhalb Monaten dazu.“

„So, so, du willst also behaupten, dass ich daran Schuld bin, dass wir jetzt hier mehr Arbeit haben als du gedacht hast?“, fragt er lachend.

„Allerdings!“, schmollt Kyoko halbherzig, insgeheim froh, endlich mal ein wenigstens annähernd stichhaltiges Argument gegen seine ausgiebigen „Geschenkorgien“ zu haben.

„Hm...“, überlegt Ren schmunzelnd, während er sie langsam umkreist und sie schließlich liebevoll von hinten umarmt. „Schon mal darüber nachgedacht, dass deine neue Bleibe erheblich größer ist als dieses Zimmer? – Die neue Wohnung wäre ja dann heute Abend immer noch schrecklich leer...“

„Da hat er Recht.“, stellt Rina sachlich fest ... und zwinkert ihrem Managerkollegen grinsend zu.

Kyoko hebt resignierend die Schultern und seufzt leise. Scheinbar haben sich in dieser Angelegenheit alle gegen sie verschworen.

Ren hingegen, der noch immer hinter ihr steht, drückt sie noch ein wenig fester an sich und bringt seine Lippen ganz nah an ihr linkes Ohr, bevor er weiter spricht.

„Ich würde doch niemals zulassen, dass du in eine fast leere Wohnung einziehst.“, haucht er ihr ins Ohr, im Gesicht ein deutlich sichtbares Eroberer-der-Nacht-Grinsen. „Eher noch würde ich dich in mein Schlafzimmer verfrachten...

...und selbst im Gästezimmer schlafen...“

Kyoko ist in Sekundenbruchteilen feuerrot angelaufen und würde am liebsten auf der Stelle im Boden versinken, ... was jedoch dummerweise noch unmöglicher ist als so schon, da sie noch immer in Rens Armen gefangen ist.

Das mühsam unterdrückte Gekicher der beiden Betreuer macht die Situation für sie auch nicht unbedingt angenehmer.

Yashiro hat gar solche Schwierigkeiten sich zu beherrschen, dass er sich vorsichtshalber zur Wand wegdreht, um Kyoko nicht direkt in die Augen sehen zu müssen; immerhin hat er in gewisser Weise durchaus Verständnis für ihre Lage.

Sein Blick fällt unversehens auf eine stattliche Anzahl kleiner Löcher in der Wand.

„Huch, was ist denn hier passiert?!“, fragt er verwundert und lässt den Zeigefinger neugierig über die betreffende Stelle wandern. Als er sich wieder umwendet, fällt sein Blick auf eine erneut höchst verlegene Kyoko, die inzwischen unruhig von einem Fuß auf den anderen tritt.

Yukihito sieht verwirrt in Richtung Ren, doch dieser hebt nur ein wenig überrascht die Augenbrauen und tritt, seine „gefangene“ Freundin vor sich her schiebend, näher an besagte Wand heran.

Ganz allmählich verziehen sich seine Lippen zu einem höchst vergnügten Schmunzeln.

„Hm, ...lass mich raten...“, beginnt er ... und legt sein Kinn für einen kurzen Moment sachte auf Kyokos Kopf ab. „Ich wette, genau da hat ein Poster von Sho Fuwa gehangen.“

Kyokos ebenso unwillkürliches wie promptes Zusammenzucken scheint ihm Recht zu geben.

„Hm, mit was hast du sein Bild malträtiert? Reißzwecken? Nadeln? “

Erneut zuckt das Mädchen in seinen Armen gequält zusammen.

„Dartpfeile.“, murmelt sie verlegen.

Die Augen der beiden Betreuer weiten sich vor Überraschung, Rina formt gar ein tonloses „Au weia!“ mit den Lippen. Yashiro hingegen kann nicht anders, er muss noch einmal einen etwas genaueren Blick auf die Stelle an der Wand werfen.

„Augenblick mal! - Aber...“, überlegt er laut, „das kommt nicht ganz hin. Hier ist noch eine Stelle mit einer Ansammlung Löcher ... und die ist außerhalb dieser ... na, sagen wir mal: ‚Posterfläche’...“

Ren lacht amüsiert auf. „Vermutlich hing neben Fuwas Poster noch ein anderes ... von mir.“

Kyoko entweicht plötzlich sämtliche Farbe aus dem Gesicht und um ein Haar knicken ihr die Beine vor Scham weg.

„Kyoko-chan!!“, ruft Yukihito in einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung.

Ren hingegen lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, seine Arme umfangen nach wie vor seine Freundin auf eine so unerschütterlich zärtliche Art, dass immerhin die Farbe wieder in ihr Gesicht zurückkehrt. Sachte drückt er ihr einen Kuss aufs Haar.

„Schon O.K.“, meint er mit einem warmen Lächeln, „ich weiß schon, womit ich das verdient hatte.“ Mit einer Hand hebt er sachte ihr Kinn an, damit sie ihn ansieht. Verschmitzt zwinkert er ihr zu. „Immerhin war mein Poster offensichtlich kleiner als das von Fuwa.“

Kyokos Herzschlag beruhigt sich langsam wieder, allerdings fragt sie sich verwirrt, warum ihr Freund überhaupt nicht beleidigt oder verärgert ist.

Yashiro kann es immer noch nicht fassen.

„Aber... War es denn wirklich soo schlimm mit ihm?“, fragt er das Mädchen.

„Ich... äh...“, stammelt Kyoko, doch bevor sie auch nur ansatzweise antworten kann, drückt Ren sie für einen Moment noch etwas fester an sich und antwortet an ihrer statt.

„Ja, war es.“, gibt er offen zu. „Ich war manchmal richtig gemein. – Allerdings...“ Wieder umspielt ein verschmitztes Grinsen seine Lippen. „...war sie offenbar nie so sauer auf mich wie auf Fuwa. – Nicht nur das Poster war kleiner... Sie hat nämlich auch Voodoo-Püppchen von mir und Fuwa gebastelt ... und soweit ich das beurteilen kann, waren Fuwas wesentlich schlimmer zugerichtet...“

Abrupt dreht sich Kyoko in seinen Armen herum und sieht ihn mit einem äußerst entsetzten Ausdruck im Gesicht an. „Wo.. Woher... weißt du das?“

>Sie hat sich schon wieder selbst verraten.<, denkt Ren amüsiert. >Sie kann einfach nicht lügen.<

Liebevoll sieht er ihr in die Augen und streichelt sanft ihren Rücken, um ihr deutlich zu machen, dass er es ihr nicht übel nimmt.

„Als du damals diesen Hitzekollaps hattest, hab ich mindestens drei davon in deiner Tasche gesehen. Mir ist erst viel später aufgefallen, dass eins davon mir ausgesprochen ähnlich sah... und die anderen Sho Fuwa.“ Er grinst wie ein kleiner Junge. „Die von Fuwa jedenfalls waren geradezu gespickt mit Nadeln, während die, die mich darstellen sollte, nur ein einziges Loch im Anzugärmel hatte... Na ja, soweit ich das damals gesehen hab...“

„Und du willst uns hier weismachen, dass dir das nicht gleich aufgefallen ist?!“, fragt Yukihito ungläubig.

Ren lacht verlegen. „Ich war halt damit beschäftigt, mir Sorgen um die junge Dame hier zu machen.“ Sachte schaukelt er seine Freundin hin und her. „Und dann hatte ich es für eine ganze Weile vergessen. – Es ist mir erst wieder eingefallen, als ich ein paar ältere Fotos von Fuwa gesehen hab, auf denen er Outfits getragen hat, die denen der Puppen doch verdächtig ähnlich waren. Und dann fiel mir ein, dass ich den Anzug, den die dritte Puppe getragen hatte, vor einer ganzen Weile mal bei irgend so einem Jubiläum anhatte...

Ich muss schon sagen, Kyoko-chan, diese Püppchen waren echt toll gemacht. – Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreffen, dass es mal mit der Schauspielerei nicht mehr so klappt, könntest du glatt davon leben, diese Dinger zu verkaufen.“

Er lacht leise und küsst sie dann zärtlich auf den Mund, worauf sich das Mädchen zusehends in seinen Armen entspannt. Die Geste, mit der er sie umarmt, hat inzwischen etwas ausgesprochen Beschützendes.

„Wusstest du eigentlich“, flüstert er ihr unvermittelt ins Ohr, „dass Voodoo-Zauber gar nicht funktionieren, wenn an den Püppchen nichts Persönliches von der betreffenden Person befestigt ist? Z.B. ein persönlicher Gegenstand, eine Locke oder ein Fingernagel...“

Kyoko sieht ihn mit großen Augen an. „Nicht?!“

„Nein, Hime-chan.“, gibt er lächelnd zurück und küsst sie auf die Stirn. „Aber sag’s besser nicht weiter. – Außerdem...“, meint er nach einer Pause mit einem breiten Grinsen im Gesicht, „brauchst du ab heute sowieso nur noch bei mir klingeln, wenn ich mich mal wieder daneben benehme. Dann kannst du mir gleich harte Gegenstände an den Kopf schmeißen, live und in Farbe.“
 

Fast wie auf ein Stichwort, beginnt irgendwo in einer der Kisten etwas dumpf zu bimmeln.

„Hast Du Dein Handy etwa mit eingepackt?!“, fragt Ren verdutzt und als Kyoko verlegen nickt, bricht er in schallendes Gelächter aus.

„Ob Du Dich irgendwann mal an das Ding gewöhnen wirst?“ Glucksend entlässt er sie aus seinen Armen. „Na, dann geh mal suchen.“

Kyoko macht sich hektisch auf die Suche nach dem penetrant klingelnden Telefon. Glücklicherweise hat sie so eine Ahnung, dass sie es in eine der Kisten mit den Schulsachen gepackt haben könnte.

Fieberhaft reißt sie einen Karton auf und wühlt darin herum. Offensichtlich ist sie auf der richtigen Spur, denn nach dem Öffnen der Kiste ist das Bimmeln lauter geworden. Als sie das Handy schließlich gefunden hat, ist sie ziemlich außer Atem.

Hastig drückt sie den Knopf.

„Hallo? Mogami hier.“

„Gott sei Dank!“ hört sie am anderen Ende der Leitung eine bekannte Stimme aufatmen. „Ich dachte schon, ich würd’ Dich wieder nicht erwischen.“

„Kanae! Meine Liiieeebe!“, ruft Kyoko ebenso überrascht wie begeistert ins Telefon. „Wie geht es Dir?“

„Mir?!“, fragt Kanae verdutzt. „Na, prima. Aber was ist mit Dir? Du klingst irgendwie komisch. Stör ich Dich bei irgendwas?“

Kyoko ist sehr gerührt, dass ihre Freundin sich anscheinend Sorgen um sie macht.

„Wie man es nimmt“, antwortet sie strahlend, „ich bin nur gerade mitten im Umzug.“

„Du ziehst um?!“

„Ja, ließ sich nicht mehr vermeiden; es wissen schon zu viele Leute, wo ich wohne ... äh ... bis jetzt gewohnt habe.“, erklärt Kyoko.

„Und wieso weiß ich nichts davon?“, will Kanae wissen.

„Ähm, entschuldige, meine Liebe. Aber ... ähh ... es kam ziemlich plötzlich ... und ... ich hatte noch gar keine Gelegenheit...“ Kyoko ist vor Verlegenheit tiefrot angelaufen und hat unbewusst angefangen, sich - zutiefst peinlich berührt - zu verbeugen.

Kanae stöhnt unwillig auf. „Mann, jetzt hör auf, Dich so übertrieben zu entschuldigen!! Ich weiß doch, wie viel Du zurzeit zu tun hast.“

Sie hat so laut gebrüllt, dass Kyoko für einen Moment das Handy reflexartig vom Ohr weg hält. Was wiederum Ren dazu veranlasst, in Gekicher auszubrechen, das er mühsam zu unterdrücken sucht. Auch Rina und Koichi grinsen bis über beide Ohren.

„Ich...“, beginnt Kyoko eingeschüchtert.

„Menno, eigentlich müsste ich mich entschuldigen, dass ich Dich störe.“, fällt ihre Freundin ihr ins Wort. „Vor allem, weil ich auch noch anrufe, um Dich um etwas zu bitten.“

>Meine beste Freundin will mich um etwas bitten...<, echot es glücklich in Kyokos Kopf. >Das tun nur echte Freundinnen...<

Ren schwankt indessen zwischen einem ausgewachsenen Lachanfall und dem nur zu bekannten Sie-ist-ja-soo-niieedlich-Gefühl. Er entscheidet sich schließlich für ein breites, warmes Schmunzeln irgendwo dazwischen...

„Was kann ich denn für Dich tun, meine Liebe?“, fragt das Mädchen. Sie hat nicht einmal mitbekommen, dass ihr Verhalten alle Umstehenden zu amüsieren scheint.

„Ich wollte Dich fragen, ob Du nicht Lust hättest, in ‚Junge Herzen’ als Gaststar aufzutreten. Minako Tsunayoshi ist nämlich ausgefallen und unser Regisseur sucht kurzfristig einen brauchbaren Ersatz. Und da dachte ich sofort an Dich.“ Sie druckst ein wenig herum, bevor sie endlich weiter spricht. „Um ehrlich zu sein, vermisse ich es ein bisschen, mit Dir zusammen zu arbeiten.“

Kyoko schwebt auf Wolke sieben; das inzwischen befreite Engelchen tanzt lustige Pirouetten um die gefesselten Dämonen...

„Hallo?!“, ruft Kanae in den Hörer. „Erde an Kyoko-chan! Krieg Dich wieder ein!“

Mühsam reißt sich Kyoko zusammen und räuspert sich erst einmal umständlich.

„Minako Tsunayoshi?“, bekommt sie schließlich heraus. „Die bekannte Sängerin und Schauspielerin?“

„Ja, sie hat sich ein Bein gebrochen.“, erklärt Kanae. „Ihr Gastauftritt war schon seit längerem geplant und sie hatte entsprechend viel Zeit, sich auf die Rolle vorzubereiten; daher brauchen wir jetzt jemanden, der sich möglichst schnell in eine Rolle einarbeiten kann. – Du würdest übrigens meine herzkranke Cousine spielen, die wegen einer medizinischen Untersuchung eine Woche bei uns zu Besuch ist.“

„Das heißt, wir würden wirklich zusammen spielen... Natürlich hätte ich Lust.“ Ein Seitenblick auf ihre Betreuerin lässt sie abrupt inne halten. „Aber ich weiß nicht, ob das terminlich klappt.“, fügt sie mit deutlich gedämpften Enthusiasmus hinzu.

„Ist mir schon klar. Deswegen ruf ich ja an. Ich hätte nämlich die Drehtermine hier.“

„Hm, dann geb ich Dich am besten gleich an meine persönliche Assistentin weiter, ich hab nämlich, ehrlich gesagt, keinen genauen Überblick mehr über meinen Terminplan. – Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn wir vor der Agentenkomödie noch mal zusammen arbeiten könnten; dauert ja doch noch ein bisschen bis dahin...“

„Ich auch. – Dann gib mir die Dame mal. – Ich sag schon mal Tschüss; ich ruf Dich in ein paar Tagen noch mal an, wenn Du mit dem Umzug einigermaßen durch bist.“

„Gut, bis dann, meine Liebe.“ Kyoko reicht Rina ihr Handy, die auch gleich Kanae mit Fragen löchert.
 

Kyoko hingegen wird schon im nächsten Moment wieder von Ren in die Arme gezogen. Sanft reibt er seine Wange an ihrem Haar und grinst dabei von einem Ohr zum anderen.

„Weißt Du eigentlich, was für ein ausgesprochen süßes Mädchen du bist?“, flüstert er fragend in ihr Ohr ... und löst damit bei ihr – wieder mal – einen ganzen Platzregen wohliger Schauer aus...

Kyoko läuft – wie nicht anders zu erwarten – tiefrot an.

„Nein.“, antwortet sie schließlich genauso leise. „Woher auch? Du bist doch der Einzige, der so was sagt.“

„Dann müssen alle anderen blind sein.“, stellt Ren leise lachend fest, während er zärtlich über ihre Wange streicht.
 

„Hm“, kommentiert Rina grinsend, als sie das Telefongespräch beendet hat, „ich könnte euch Beiden ja noch stundenlang beim Turteln zusehen, aber da wir heute noch einen Umzug zu erledigen haben, schlage ich vor, wir sehen erstmal zu, dass wir die Kartons nach unten in die Autos schaffen.“

„Oh, entschuldige.“, murmelt Kyoko verlegen und löst sich mit hochrotem Kopf und gesenktem Blick von Ren, dem doch tatsächlich ebenfalls die Röte ins Gesicht gestiegen ist.

Yukihito lacht.

„Wenn mir vor einem halben Jahr jemand gesagt hätte, dass du so gucken kannst, hätte ich ihn für komplett verrückt erklärt.“, meint er und klopft seinem Schützling auf die Schulter.

Ren setzt an, etwas zu sagen, doch sein Betreuer winkt ab. „Lass nur, sag nichts. – Ich bin sehr froh, dass alles so gekommen ist. – Und jetzt lass uns die Sachen nach unten bringen.“

„Ob das mit dem Dreh bei ‚Junge Herzen’ klappt, kann ich noch nicht genau sagen.“, wechselt Rina lächelnd das Thema. „Ich muss zu Hause erst noch die genauen Terminpläne checken. – Aber ich glaube, es sieht ganz gut aus.“
 

Also machen sich die Vier wieder an die Arbeit.

Und weil Makoto Morinaga es sich nicht nehmen lässt, ebenfalls kräftig mit anzupacken, ist innerhalb kürzester Zeit alles in Yukihitos Kombi und dem kleinen Lieferwagen, den Rina besorgt hat, verstaut und fertig zum Abtransport.
 

„So, das war’s erstmal.“, meint Rina zufrieden und zwinkert Makoto kurz zu.

Dieser tritt darauf von hinten zwischen Ren und Kyoko und legt je einen Arm um sie.

„Na, dann kommt mal mit, ihr Beiden. Mein holdes Eheweib hat bestimmt schon den Tisch gedeckt.“

Kyoko schaut ihn fragend von unten an.

„Aber...“, versucht sie einzuwenden; doch bevor sie den Satz beenden kann, mischt Rina sich lachend ein.

„Lass nur, Kyoko-san, Yashiro-san und ich schaffen es schon alleine, die Kisten in die neue Wohnung zu bringen. Beim Auspacken könnt ihr ja dann wieder helfen.“

Ren schaut ein wenig verdutzt in die Runde und scheint irgendwie nicht so ganz überzeugt.

Yashiro lacht. „Kobayashi-san, das ist doch mal eine ausgezeichnete Idee! Die Beiden sollten sich körperlich ohnehin nicht übermäßig verausgaben, damit sie übermorgen fit genug sind. Und außerdem“, fügt er an Ren gewendet noch hinzu,, „gibt es in eurem Haus schließlich einen Aufzug. Also dürfte das Ganze für vier fleißige Hände auch kein Problem sein. – Bis ihr euch in Ruhe hier verabschiedet habt, sind sicher alle Kisten in der Wohnung.“

„Dazu wäre dann wohl nichts hinzuzufügen.“, findet Rina, ein breites Grinsen im Gesicht. „Außer vielleicht: Viel Spaß! – Und lassen Sie sich ruhig Zeit, Morinaga-san.“

Makoto nickt nur lächelnd und schiebt ohne weiteren Kommentar die beiden jungen Schauspieler wieder zum Hauseingang.

„Bis später!“, ruft ihnen Yukihito noch hinterher, dann sehen sich die beiden Betreuer grinsend an und steigen wie auf Kommando gleichzeitig in ihr jeweiliges Gefährt ein.
 

Während des [ausgesprochen köstlichen ^^] Mahles bleiben die Gespräche weitgehend oberflächlich. Alle versuchen angestrengt, die leicht melancholische Stimmung durch munteres Geplauder zu überspielen ... und doch spürt jeder der Beteiligten (selbst Ren) den schmerzhaften Abschied unerbittlich nahen. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass am Ende die Schüsseln mit den vielen, kleinen Köstlichkeiten längst nicht alle leer sind.

[Eigentlich muss man sagen, dass Ren an diesem Mittag von allen Anwesenden am meisten gegessen hat. – Nun ja, er hat ja auch – im Gegensatz zu den Anderen am Tisch - irgendwie nur einen Grund zum Feiern ... auch wenn ihn zugegebenermaßen die Wehmut seiner Tischgenossen nicht unberührt lässt...]

Als schließlich niemand mehr etwas nachnimmt und auch die Tischgespräche langsam ins Stocken geraten, sieht Makoto Morinaga kurz in die Runde und wendet sich dann leise seufzend an Kyoko.

„Es wird langsam Zeit für dich, Kyoko-chan. Immerhin hast du in deinem neuen Heim heute noch einiges zu erledigen.“

Das Mädchen nickt nur stumm, während der Kloß in ihrem Hals rasant größer wird.

Ein wenig zögerlich erheben sich alle von ihren Stühlen ... und sehen sich betreten an.

Während Kyoko und Hana Morinaga verzweifelt nach den richtigen Worten suchen, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, wendet sich Makoto einer der Schubladen hinter sich zu und holt etwas heraus, das er dann mit beiden Händen in einer formellen, ja geradezu feierlichen Geste Kyoko entgegenhält.

Das Mädchen schaut mit großen, überraschten Augen erst auf die große Lederrolle, dann ihren Ziehvater an.

„Nimm!“, sagt der Chef des Daruma-ya mit einem leicht wehmütigen Lächeln. „Du bist die beste Aushilfe, die wir je hatten ... Das Wort ‚Aushilfe’ ist da sowieso die Untertreibung des Jahrhunderts. Du wärst wahrscheinlich sogar in der Lage gewesen, mich zumindest zeitweise in der Küche zu vertreten, wenn das nötig gewesen wäre.“

Kyoko nimmt die Lederrolle mit zittrigen Fingern aus seinen Händen und verbeugt sich tief vor ihrem ehemaligen Chef. Das „Danke“ bleibt ihr allerdings im Halse stecken, stattdessen kullern nur zwei Tränen langsam ihre Wangen hinunter.
 

„Was ist da drin?“, fragt Ren leise flüsternd die Okami-san, der inzwischen ebenfalls Tränen der Rührung in den Augen stehen.

„Ein gutes Kochmesser-Set. – Er hat jedes einzelne Messer sehr sorgfältig ausgewählt.“, gibt Hana genauso leise zurück.
 

Auch Makotos Augen glitzern ein wenig vor Rührung, als er jetzt Kyoko ein wenig derb in die Arme nimmt und sie kurz und heftig an sich drückt. Dann dreht er sie an den Schultern herum und schiebt sie mit sanfter Gewalt in Richtung Hinterausgang.

„Zeit, dass du fliegen lernst, Küken.“, meint er leise seufzend.
 

>Das grenzt an einen Rausschmiss<, schmunzelt Ren in sich hinein, >auch wenn es ein ausgesprochen liebevoller ist .<
 

Bevor der Chef des Daruma-ya das Mädchen jedoch zur Tür hinaus komplimentieren kann, hält seine Frau ihn entrüstet auf.

„Und was ist mit mir ?!“, beschwert sie sich halb lachend, halb empört. „Darf ich mich etwa nicht ordentlich von Kyoko-chan verabschieden?!“

„Oh, entschuldige, Liebste. Natürlich darfst du.“, stammelt Makoto verlegen ... und schiebt das Mädchen, das noch immer kein Wort heraus bringt, in die Arme seiner Frau.

Diese nimmt sich reichlich Zeit, ihre Ziehtochter in eine ausgesprochen warmherzige Umarmung zu schließen und ihr leise ein paar Worte zuzuflüstern, ...wobei es beiden sichtlich schwer fällt, die Tränen zurückzuhalten.
 

Makoto indessen nimmt Ren in diesem unbeobachteten Moment beiseite.

„Passen Sie mir gut auf das Mädchen auf!“, verlangt er ernst.

„Darauf können Sie Gift nehmen!“, antwortet der junge Schauspieler genauso ernst.

„Dann bin ich ja beruhigt.“, meint der Chef des Daruma-ya lächelnd und klopft Ren leicht auf den Oberarm.
 

Kyoko und die Okami-san sind inzwischen mit ihrer persönlichen Verabschiedung fertig und auch die Tränen sind weitgehend getrocknet.

Als sie die Türschwelle überschritten hat, dreht sich Kyoko noch einmal zu dem Ehepaar herum und verbeugt sich tief. Auch Ren (der jetzt hinter ihr steht) verbeugt sich höflich.

„Vielen Dank für alles.“, sagt das Mädchen ... und muss sich plötzlich wieder ziemlich zusammenreißen, um nicht erneut in Tränen auszubrechen. „Ich kann gar nicht mit Worten ausdrücken, wie dankbar ich Ihnen bin. – Ich kann das gar nicht wieder gut machen...“

„Keine Sorge, Kind, das musst du auch gar nicht. Was wir getan haben, haben wir gern getan. Weil es für dich war.“, winkt sie Okami-san lächelnd ab. „Melde dich einfach ab und zu, damit wir wissen, ob es dir gut geht.“

„Und du bist natürlich auch herzlich eingeladen, jederzeit zum Essen vorbei zu kommen, natürlich auch gerne mit Tsuruga-san.“, fügt der Chef des Daruma-ya noch hinzu.

Kyoko fehlen die Worte ... und Ren fällt irgendwie auch nicht ein, was er zum Abschied noch sagen könnte. So verbeugen sich beide noch einmal tief vor dem Ehepaar und steigen dann in sein Auto ein.
 

Als sie vom Hof fahren, öffnet Kyoko das Fenster und winkt den beiden zum Abschied noch einmal zu...

Einzug in die neue Wohnung

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Und du bist natürlich auch herzlich eingeladen, jederzeit zum Essen vorbei zu kommen, natürlich auch gerne mit Tsuruga-san.“, fügt der Chef des Daruma-ya noch hinzu.

Kyoko fehlen die Worte ... und Ren fällt irgendwie auch nicht ein, was er zum Abschied noch sagen könnte. So verbeugen sich beide noch einmal tief vor dem Ehepaar und steigen dann in sein Auto ein.
 

Als sie vom Hof fahren, öffnet Kyoko das Fenster und winkt den beiden zum Abschied noch einmal zu...
 

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Einzug in die neue Wohnung
 

Kaum sind sie um die erste Häuserecke gebogen, entfährt Kyoko ein abgrundtiefer Seufzer.

„So schlimm, Hime-chan?“, fragt Ren verständnisvoll.

„Schon... irgendwie...“ Noch einmal seufzt sie. „Vor allem... Na ja, ...keiner von uns beiden wird ‚einfach so’ zum Essen vorbeikommen können... Schon gar nicht wir beide zusammen...“, meint sie unglücklich. „Nicht, wenn sie nicht vorher den Laden vollständig verrammeln. Wir könnten andernfalls mit Sicherheit kein vernünftiges Wort miteinander wechseln ... schon wegen der Autogrammjäger.“

„Stimmt.“, bestätigt ihr Freund trocken, dann sieht er sie kurz an und lächelt. „Und – um ehrlich zu sein - finde ich es richtig gut, dass du das endlich auch so siehst. – Ist immerhin schon mal ein Fortschritt.“

Kyoko grinst ihn säuerlich an. „Aber ... na ja ... dieser Gedanke ... ist alles andere als angenehm. - Ich meine, ich kann nicht mal einfach Leute besuchen, die mir etwas bedeuten...“

„Na ja, können kannst du schon. Allerdings nicht mehr so spontan und ohne sorgfältige Planung. – Aber dein Terminplan ist doch sowieso mittlerweile so voll, dass das ohne Vorausplanung gar nicht mehr so ohne Weiteres funktionieren würde. – Außerdem kannst du die beiden ja auch zu dir zum Essen einladen. Oder wir gehen alle zusammen in ein nettes, verschwiegenes Lokal... Eins, von dem Deine Fans nicht wissen, dass Du dort mal gewohnt hast.“

„Ja, du hast Recht. Vermutlich ist das sowieso besser. – Auf die Art kann ich mich vielleicht auch ein bisschen für ihre liebe Unterstützung revanchieren... Auch wenn das eigentlich mehr symbolisch wäre...“
 

Als die Beiden schließlich in der Tiefgarage ihres Domizils angekommen sind, hat Kyoko die trüben Gedanken weitgehend beiseite geschoben, um sich wieder auf das Naheliegende konzentrieren zu können.

„Alles in Ordnung?“, erkundigt sich Ren mit einem leicht besorgten Ausdruck im Gesicht, während er die Scheinwerfer ausschaltet.

Kyoko schenkt ihm ein dankbares Lächeln.

„Ja.“, sagt sie und atmet kurz durch. „Ja, alles O.K.. – Und jetzt hab ich sowieso keine Zeit mehr für Gefühlsduseleien.“

„Hm, ...als ‚Gefühlsduselei’ würde ich das Ganze grade nicht bezeichnen. – Ein bisschen Wehmut wird schon noch erlaubt sein, wenn man sozusagen aus dem Elternhaus auszieht...“, meint Ren und ergreift sachte die Hand seiner Freundin.

Diese überlegt einen langen Moment. Dann lächelt sie.

„Mag sein. Das Daruma-ya war wirklich ein besseres Zuhause als alles davor...“

Ren nickt und drückt sanft ihre Hand.

Einen langen Augenblick ist es still, dann ächzt Kyoko leise vor sich hin.

Auf Rens fragenden Blick hin antwortet sie stöhnend: „Da oben wartet noch eine Menge Arbeit... Und ich hab noch nicht mal einen Wohnzimmerschrank, in den ich was einräumen könnte...“

„Wann sollen die Möbel fürs Wohnzimmer denn kommen?“, will ihr Freund wissen.

„Morgen Nachmittag irgendwann.“

„Das ist doch dann aber nicht so schlimm. Im Gegenteil, dann kannst du nämlich die Kartons fürs Wohnzimmer noch gepackt lassen und räumst sie erst aus, wenn die Möbel stehen. Das reduziert sogar - als netter Nebeneffekt - das Arbeitspensum für heute.“

„Auch wieder wahr.“ Kyoko holt noch mal tief Luft, dann öffnet sie die Beifahrertür. „Also dann: Auf in den Kampf!“
 

Während sie im Aufzug darauf warten, im richtigen Stockwerk anzukommen, zieht Kyoko nachdenklich die Stirn in Falten. Auf Rens halb neugierige, halb besorgte Frage hin schreckt sie aus ihren Gedanken hoch ... und sieht ihn lächelnd an.

„Ach, ich überlege nur, ob ich mir nicht doch neue Schlafzimmermöbel hätte leisten sollen, statt nur fürs Wohnzimmer. – Ich meine, ...die Möbel meines Vormieters sind zwar noch tipptopp, ...aber trotzdem...“

Ren hat plötzlich Mühe zu verhindern, dass das Grinsen seine Gesichtszüge sprengt.

>Gut, dass du es nicht getan hast...<, denkt er vergnügt.

Laut jedoch sagt er: „Du kannst ja immer noch neue Möbel fürs Schlafzimmer kaufen, wenn du dich mit den jetzigen nicht wohl fühlst.“

>...was ich aber nicht glaube.<, fügt er in Gedanken hinzu.

„Mal sehen.“, seufzt Kyoko leise.

Der Lift ist in ihrer Etage angekommen und so begeben sich die beiden jungen Schauspieler zu Kyokos Wohnungstür.

Das Mädchen ist nun doch ziemlich aufgeregt als sie in ihre Jackentasche greift, um den Schlüssel heraus zu kramen.

Nachdem sie ihn endlich herausgefischt hat, schaut sie für einen Moment unsicher auf den Schlüsselbund in ihrer Hand.

„Wie war das noch mit diesem Ding?“, fragt sie schließlich unsicher und dreht sich unschlüssig zu ihrem Freund um.

„Du meinst mit dem Token? [Ich erkläre am Ende des Kapitels, was das genau ist. ^^’ Hier wäre das zu lang.] Du hältst das Teil einfach nah an die etwas dunklere Stelle oberhalb des Türgriffs. Wenn du keine Lust hast, anschließend den Schlüssel zu benutzen, kannst du ihn noch mal wieder wegnehmen und danach noch mal dran halten. Dann geht die Tür auch so auf. – Der Schlüssel dient eigentlich sowieso nur dazu, eventuelle Diebe in die Irre zu führen. – Die kommen dann gar nicht erst auf die Idee, dass der kleine Anhänger am Bund der eigentliche Schlüssel ist; schon gar nicht, wenn einer der Schlüssel, die auch wie einer aussehen, tatsächlich ins Schloss passt.“

Kyoko tut, was ihr Ren erklärt hat und kaum hat sie zum zweiten Mal den Token an die entsprechende Stelle gehalten, springt die Tür einen kleinen Spalt breit auf.

„Aaha!“, stellt das Mädchen erfreut fest.
 

Gerade sind sie im Flur der neuen Wohnung und entledigen sich der Schuhe, um sie danach ordentlich neben die ihrer beiden Betreuer zu stellen, da kommen eben jene eilig aus dem Schlafzimmer gestürzt, als hätte man sie bei irgendetwas Verbotenem erwischt.

„Und? Wie war das Essen?“, fragt Rina neugierig ...und verstellt dabei offenbar bewusst Kyokos Blick auf die Schlafzimmertür.

„Ausgezeichnet.“, antwortet Ren, während Kyoko ein wenig misstrauisch zwischen Rina und Koichi hin- und herschaut. „Allerdings auch ein bisschen sentimental.“

„Das war ja auch abzusehen.“, kommentiert Yukihito, der inzwischen die Tür zum Schafzimmer ebenso leise wie sorgfältig geschlossen hat.

Rina nickt nur.

Kyoko legt die Stirn in Falten und blickt forschend in die sie umgebenden Gesichter. Jedoch deutet nichts darauf hin, dass ihr Misstrauen auch nur ansatzweise gerechtfertigt ist. So zuckt sie kaum sichtbar mit den Schultern und schiebt ihren leisen Verdacht kurzerhand beiseite.

„Wie weit seid ihr gekommen?“, fragt sie stattdessen.

„Oh, die Sachen in Bad und Schlafzimmer sind schon eingeräumt. Die Kartons für Küche und Wohnzimmer haben wir nur in die entsprechenden Zimmer gestellt.“, erläutert Rina.

Plötzlich jedoch schlägt sie sich unvermittelt die Hand vor die Stirn.

„Ach, du liebe Güte! Eigentlich wollte ich dir doch den Laptop aus der Agentur mitbringen, damit du dich schon mal ein bisschen einarbeiten kannst, bevor du damit anfängst, dich um deine Fanpost zu kümmern. Tut mir wirklich Leid, Kyoko-san.“

„Ach, das macht nichts.“, winkt die junge Schauspielerin lächelnd ab. „Ich glaube sowieso nicht, dass ich heute noch die Energie hätte, mich damit zu beschäftigen.“

„Moment mal!“, schaltet sich Ren ein; irgendwie wirkt er überhaupt nicht erfreut. „Das heißt doch hoffentlich nicht, dass du die gesamte Fanpost selbst bearbeiten sollst.“

„Himmel, nein!“, lacht Rina. „Das wäre ja nun wirklich zu viel verlangt. Die Agentur schickt nur jeweils eine Auswahl per E-Mail an sie ... und davon soll sie auch nur soviel beantworten, wie sie ohne Probleme zeitlich schafft.“

„Na, dann will ich mal hoffen, dass du es damit nicht übertreiben wirst, Kyoko.“, sagt er streng.

„Ach was.“, meint das Mädchen lachend. „Viel werd ich vermutlich gar nicht schaffen. Eigentlich hab ich zurzeit auch so schon genug zu tun.“

Ren nimmt sie grinsend in die Arme.

„Ich glaub dir kein Wort, Hime-chan. So was hat dich noch nie daran gehindert, dich trotzdem zu überarbeiten.“

Kyoko verdreht die Augen und schneidet eine genervte Grimasse, sagt jedoch nichts dazu.

Ren runzelt darauf in gespielter Empörung die Stirn und hebt mit der rechten Hand ihr Kinn an, damit sie ihm in die Augen sehen muss.

„So, du willst also frech werden.“, stellt er mit erhobenen Augenbrauen fest.

Kyokos Augen weiten sich etwas, ... doch dann hellt sich ihr Blick auf und sie klimpert „unschuldig“ mit ihren langen Wimpern. [Was Ren fast die Knie einknicken lässt. ^^ - Aber natürlich lässt er sich nicht das Geringste anmerken.]

„Ich würde es niemals wagen, meinem Sempai gegenüber frech zu werden.“, behauptet sie entschieden, ... während sie ihn gleichzeitig höchst unverfroren in die Seite kneift.

Noch einmal schickt sie ihm einen geradezu engelsreinen Augenaufschlag von unten nach oben, ... allerdings hat sie mittlerweile doch Schwierigkeiten, dabei ernst zu bleiben.

„So ist das also.“, stellt Ren möglichst sachlich fest, zieht Kyoko näher zu sich heran ... und dreht sie dann schwungvoll herum.

„Wie es scheint, brauchst du mal wieder einen Denkzettel, meine Liebe.“, sagt er.

Kyoko kann sein breites Grinsen in ihrem Rücken regelrecht spüren ... und sie wird das Gefühl nicht los, dass das, was jetzt kommt, von vornherein geplant war. So sehr sie sich jedoch den Kopf zerbricht, um was genau es sich handeln könnte, sie kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, was ihr Freund nun vorhat.

Ren hingegen verlangt lautstark: „Augen zu!“

Und damit sie gar nicht erst die Möglichkeit hat sich zu widersetzen, legt er gleich die Finger über ihre Augenlider. [Na ja, eigentlich verdeckt er mit den Händen mindestens das halbe Gesicht. ^^ Aber er kann ja schließlich nichts dafür, dass er so viel größer ist als Kyoko... ^_-]

Vorsichtig schiebt er sie vor sich her den Flur entlang und Kyoko bleibt nichts anderes übrig, als brav zu tun, was er von ihr erwartet.

Rina öffnet grinsend die Schlafzimmertür ... und auch Yukihito grinst von einem Ohr zum anderen.

Sachte schiebt Ren seine Freundin in die Mitte des Schlafzimmers, drückt sie noch einmal sanft an sich und nimmt dann die Hände von ihren Augen.

Kyoko muss ein paar Mal blinzeln, um sich wieder an die helle Nachmittagssonne zu gewöhnen, die schräg durch das große Fenster ins Zimmer scheint.

Als sie sich endlich wieder an die Lichtverhältnisse gewöhnt hat, ist sie vollkommen sprachlos.

Fassungslos dreht sie sich wie in Zeitlupe um die eigene Achse und schaut sich staunend im Raum um.

Das ganz in hellblau gestrichene Zimmer [Die Farbe der Wände ist das Einzige, von dem Kyoko wusste. ^_-] ist mit hübschen, weißen Holzmöbeln eingerichtet. Eine Längsseite des Raumes ist komplett von einem riesigen, weißen Kleiderschrank verdeckt, auf dessen Türen jeweils ein goldenes Krönchen prangt und dessen Türgriffe kleine, goldene Zepter sind.

Das Fenster ist mit bodenlangen, weißen Gardinen und schweren, kobaltblauen Samtvorhängen bestückt, auf denen kleine Krönchen aufgestickt sind. In der Ecke rechts neben dem Fenster steht ein waschechter, professioneller Garderoben-Schminktisch, vor dem ein eleganter, weißer Bistrosessel aus Leder steht. Auf der Ablagefläche des Tisches stehen bereits etliche Schminkutensilien, die offenbar Rina besorgt hat; ... jedenfalls wenn man nach dem breiten Grinsen geht, das sie im Gesicht trägt...

Ungläubig fährt das Mädchen mit den Fingerspitzen über die glatte Oberfläche des weißen Schminktischchens...

Nachdem sie den Anblick einigermaßen verarbeitet hat, dreht sie sich wieder zum Herzstück des Schlafzimmers herum, das mit dem Kopfende an der gegenüberliegenden Raumseite steht.

Es ist wahrhaftig ein großes, weißes Himmelbett, an dessen Pfosten durchsichtige, weiße Seidenvorhänge drapiert und zusammengerafft sind und dessen Bettzeug mit kobaltblauer Wäsche bezogen ist! Und auf das Kissen ist eine große, goldene Krone aufgedruckt.

Rund ums Bett liegen flauschige Läufer auf dem hellen Parkettboden, in genau dem gleichen Farbton wie Vorhänge und Bettwäsche.

Neben dem Bett steht auf der linken Seite ein kleines, weißes Nachtschränkchen mit zwei Schubfächern, auf dem bereits ihr Wecker steht ... und als i-Tüpfelchen eine kleine Lüster-Lampe, ... genau passend zu dem glitzernden Bleikristall-Kronleuchter an der Zimmerdecke.
 

„Und? Gefällt es dir?“, durchbricht schließlich Ren das Schweigen, im Gesicht ein ziemlich stolzes Grinsen.

„Ich... Das... Oh, mein Gott...“, stammelt Kyoko fassungslos. Unwillkürlich schießen ihr die Tränen in die Augen ...was Ren augenblicklich veranlasst, sie sanft in seine Arme zu schließen und an sich zu drücken.

Das wiederum hat zur Folge, dass bei Kyoko nun erst recht die Tränen fließen.

Es dauert eine ganze Weile, bis sie sich wieder einigermaßen gefangen hat.

Schließlich schüttelt sie mit einem leicht resignierten Lächeln den Kopf, hebt die Schultern zu einem schwachen Zucken und sieht zu ihrem Freund hoch.

„Ich weiß gar nicht, was ich hier so rumheule“, meint sie halbwegs gefasst und mit dem Ansatz eines Grinsens, „das Zimmer ist so schön, dass mir tatsächlich die Worte dafür fehlen.“

Ren küsst sie sanft lächelnd auf die Stirn.

„Eigentlich kenne ich dich ja gut genug.“, seufzt Kyoko leise lachend. „Ich hätte damit rechnen müssen, ... wenigstens mit was Ähnlichem...“ Unvermittelt schaut sie ihm tief in die Augen. „Du bist echt der verrückteste Liebhaber, der mir je untergekommen ist.“

Ren hebt in einer gespielten Mischung aus Entsetzen und Unglauben die Brauen.

„So?“, hakt er misstrauisch nach. „Wie viele Liebhaber hattest du denn schon?“

Kyoko läuft augenblicklich feuerrot an und senkt geradezu reflexartig den Kopf.

„Genau genommen gar keinen...“, murmelt sie verlegen. „...aber man hört ja schließlich so einiges...“

Ren lacht leise und drückt sie noch einmal an sich – diesmal ein bisschen nachdrücklicher. ^^

„Weißt du eigentlich, wie süß du bist, wenn du so verlegen dreinschaust?“

Kyokos Blick bleibt gesenkt, ihre Mundwinkel jedoch verziehen sich zu einem verlegenen Lächeln. Ihre tiefe Gesichtsfarbe allerdings bleibt vorerst wie sie ist...

Ren streicht mit einer Hand liebevoll über ihren Rücken.

„Hm...“, überlegt er laut, „ich hab ja vollstes Verständnis dafür, dass deine Augen heute so extrem undicht sind, ... aber ich denke, es wäre sinnvoll, mal etwas Flüssigkeit nachzufüllen.“

Kyoko muss krampfhaft ein Lachen unterdrücken, um antworten zu können.

„Aber die Kartons für die Küche sind doch noch gar nicht ausgepackt.“, gibt sie schließlich zu bedenken.

„Dann würde ich vorschlagen, dass wir dafür zu mir rüber gehen. – Ist ja nicht so, dass ich nicht mal anständigen Tee und Wasser im Haus hätte... Und danach räumen wir dann deine Küche ein.“

„Na gut, einverstanden.“
 

Die beiden Betreuer, die sich ganz offensichtlich [außer natürlich für Ren und Kyoko, die in den letzten Minuten absolut nur Augen füreinander hatten... ^^] die ganze Zeit über schon leise tuschelnd unterhalten haben, tauschen vergnügt zwinkernde Blicke aus ... und Yukihito kann nicht verhindern, dass ihm ein kleiner, gerührter Seufzer entfährt.

Rina hingegen hat dazu lediglich ein Grinsen im 16:9-Format aufgesetzt...
 

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Nachwort
 

Ich schulde euch noch eine Erklärung. ^^

Ein „eToken“ – oder kurz auch „Token“ genannt – ist eine Art elektronischer Schlüssel, ähnlich wie eine Magnetkarte, wie ihr sie z.B. aus vielen Hotels kennt. Nur dass man sie noch komplizierter verschlüsseln kann; was sie natürlich auch noch sicherer macht.

Normalerweise handelt es sich dabei um einen USB-Stick, der den Zugang zu Computern so verschlüsselt, dass nur der Inhaber des Token ihn benutzen kann (indem er dazu den Token in eine am Gerät befindliche USB-Buchse steckt).

Das gleiche kann man auch mit Türen, Schrankenanlagen (beispielsweise in Parkhäusern) oder Aufzügen machen (damit man z.B. nur Zugang zu bestimmten Stockwerken hat. / So verhindert man in großen Bürokomplexen unbefugte „Besuche“ von Mitarbeitern anderer Firmen, die ihre Büros im gleichen Gebäude haben). Bei solchen „nicht virtuellen“ Zugangs-Schlüsseln bekommt der Token dann meist eine drahtlose Verbindung eingebaut, damit man ihn nicht erst umständlich einstöpseln muss.

Gastspiel

„.........“ = wörtliche Rede

>........< = Gedanken

[..........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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...

Die beiden Betreuer, die sich offensichtlich [außer natürlich für Ren und Kyoko, die in den letzten Minuten absolut nur Augen füreinander hatten...^^] die ganze Zeit über schon leise tuschelnd unterhalten haben, tauschen zwinkernde Blicke aus ... und Yukihito kann nicht verhindern, dass ihm ein kleiner, gerührter Seufzer entfährt.

Rina hingegen hat lediglich ein Grinsen im 16:9-Format aufgesetzt...
 

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Gastspiel
 

Als Kyoko zwei Wochen später mit Rina die Studios von „Junge Herzen“ betritt, das Gesicht noch zart gerötet vom morgendlichen Training mit Ren, ist sie innerhalb weniger Sekunden von einer kleinen Schar Menschen umringt, die sie überschwänglich begrüßen und auch gleich um Autogramme bitten. [Die müssen ihr regelrecht aufgelauert haben... ^^’]

Ein bisschen überrascht ist die junge Schauspielerin schon, dass sie derart belagert wird, bevor sie auch nur ihre Sachen in die Garderobe bringen konnte, jedoch lässt sie es sich nicht anmerken, lächelt freundlich und beantwortet geduldig alle Fragen.

Rina indessen verteilt strategisch ein paar finstere Blicke unter den Anwesenden und so bleibt die Situation bei aller überschäumenden Freude nett und kontrollierbar. Niemand wagt es jedenfalls noch, dem jungen Star allzu sehr auf die Pelle zu rücken.

Zufrieden lässt Rina den Blick über die Köpfe der kleinen Gruppe hinweg schweifen und bemerkt stirnrunzelnd einen kleinen Kreis Frauen um eine ältere, etwas pummelige Dame, die offenbar weniger begeistert von dem enthusiastischen Empfang der jungen Schauspielerin scheinen. Allerdings hat sie keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn schon kommt der Regisseur breit lächelnd und mit weit geöffneten Armen auf Kyoko zu.

Ohne dass er etwas sagt, bildet sich eine Gasse, so dass er den Neuankömmling begrüßen kann.

„Guten Morgen, Mogami-san. Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, dass sie so kurzfristig für Tsunayoshi-san einspringen konnten.“

Kyoko kriecht – natürlich! ^^ – langsam die Röte ins Gesicht. „Das ist doch kaum der Rede wert.“, winkt sie verlegen ab. „Ich hoffe nur, ich kann Ihren Erwartungen gerecht werden.“

„Oh, da bin ich ziemlich sicher. Man hört von den Kollegen eigentlich nur Gutes über Sie.“, meint der Regisseur, während er sie freundlich in Richtung ihrer Garderobe schiebt und die kleine Gruppe Fans mit einem bloßen Blick auflöst. „Obwohl ich zugeben muss, dass die Vorbereitungszeit für Sie doch etwas knapp war. – Hatten Sie Gelegenheit, sich mit dem Krankheitsbild von ‚Mimi-chan’ näher zu beschäftigen?“

„Ja, natürlich.“, antwortet das Mädchen eifrig. „Es handelt sich um einen Herzklappenfehler nach einer schweren Scharlach-Infektion, nicht?“

Der Regisseur nickt. „Nicht ganz einfach zu spielen, darum hatten wir Tsunayoshi-san schon so früh genauere Details zur Rolle mitgeteilt ... und deshalb war es jetzt auch eine besondere Herausforderung, jemanden zu finden, der sich schnell genug in eine solche Rolle hinein finden kann ... und nebenher noch den umfangreichen Text lernt.... Mimi-chans Charakter ist nun mal zwangsläufig stark dialogorientiert.

Sind Ihnen die Auswirkungen der Krankheit auf das Mädchen klar oder brauchen Sie noch Zusatzinformationen?“

„Ich weiß nicht genau. Ich hab zwar das Internet und diverse Foren durchforstet, aber es kann ja nicht schaden, die Informationen auszutauschen.“, meint Kyoko etwas unsicher. „Meinen Informationen nach sind die Symptome vor allem schnelle Ermüdung, und sehr geringe Belastbarkeit. Sie gerät schon bei kleinen Anstrengungen schnell in Atemnot und bekommt dann heftiges Herzklopfen, manchmal sogar schon im Ruhezustand.

Diese Anfälle treten besonders gegen Abend häufiger auf. Flach auf dem Rücken kann sie überhaupt nicht mehr liegen, weil sie dann das Gefühl hat, keine Luft zu bekommen. Also schläft sie nachts mit erhöhtem Oberkörper – je schlimmer ihr jeweiliger Tageszustand war, desto mehr Kissen muss sie unterlegen. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf ihren Schlaf; die Nächte sind manchmal die reine Quälerei, deshalb ist ein auch nur halbwegs normales Leben mit Schulbesuchen, Treffen mit Freundinnen oder auch nur allein aus dem Haus zu gehen, in ihrem Zustand gar nicht mehr möglich. Und weil sie das aus der Zeit vor ihrer Erkrankung noch ganz anders kennt, dürfte sie auch ziemlich darunter leiden, ...auch wenn sie sich das nach außen hin nicht anmerken lässt.

Sie wird zwar zu Hause von ein paar Schulfreundinnen ab und zu besucht, allerdings ist sie seit der Erkrankung doch ziemlich einsam, ...zumal ihre Eltern beide viel beschäftigte Karrieremenschen sind und kaum Zeit für sie haben. Ihr ist auch nicht entgangen, dass ihre Eltern (die sie offenbar trotz der spärlichen Zeit, die sie mit ihnen verbringen kann, sehr lieb hat) ein schlechtes Gewissen haben, weil sie sie wegen ihrer schweren Krankheit so häufig in der Obhut einer Pflegekraft und ihrer Haushälterin lassen müssen und sich nicht selbst um sie kümmern können.

Und weil sie meint, dass sie ohnehin schon allen zur Last fällt, statt ihre Eltern einfach nur stolz zu machen, versucht sie, ihre Traurigkeit und Einsamkeit hinter einer Fassade aus warmherzigem Lächeln und freundlichem Zuhören zu verbergen. Immerhin ist das im Moment ja das Einzige, was sie für ihre Mitmenschen tun kann. Und da das jetzt schon eine ganze Weile so geht, hat sie inzwischen ein gutes Gespür für die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse ihrer Mitmenschen entwickelt. – Darum dauert es auch nicht lange, bis sie Miyuus unglückliche Liebe bemerkt.“
 

Dem Regisseur steht der Mund offen. Es dauert ein paar Augenblicke, bis er bemerkt, dass Kyoko fertig ist mit ihren Ausführungen und ihn ebenso erwartungsvoll wie angespannt ansieht.

„Meine Güte!“, meint er schließlich. „Das ist weit mehr an Fakten als Tsunayoshi-san bis zu ihrem Ausfall recherchiert hatte. – Wenn Sie das auch noch so umsetzen können, dann dürften die Aufnahmen geradezu ein Spaziergang werden.“

„Ich werde mir große Mühe geben.“, gibt Kyoko verlegen zurück und verbeugt sich hastig. [Natürlich ist sie jetzt hochrot im Gesicht. ^^]
 

Inzwischen sind sie vor der Garderobe angekommen, die sich Kyoko in den nächsten Tagen mit Kanae Kotonami teilen wird. Miss Menno kommt gerade zur Tür heraus, erfasst die Situation mit einem Blick und verdreht prompt ein wenig die Augen.

>Mensch, Kyoko-chan! So sehr musst Du Hatozaki-san nun auch nicht in den A... kriechen.<

Sie sieht kurz zu Rina hinüber, die sich bis jetzt dezent im Hintergrund gehalten hat, grüßt mit einem kurzen Nicken und tauscht dabei einen Blick mit der Frau, die ganz offensichtlich die Betreuerin ihrer Freundin ist, der zu sagen scheint, dass Kyoko ein bisschen mehr Selbstbewusstsein ganz gut tun würde.

„Guten Morgen zusammen.“, grüßt Kanae in die Runde.

Kyokos Blick hellt sich umgehend auf und mit einem kleinen, spitzen Aufschrei stürzt sie auf die Freundin zu, die darauf gleich einen Schritt zurück stolpert und die Augen erneut leicht genervt verdreht.

„Meine Liieebe!“, freut sich Kyoko überschwänglich und macht Anstalten, ihre Freundin zu umarmen. Doch Kanaes missbilligender Blick lässt sie wieder zur Besinnung kommen. Kaum hörbar räuspert sie sich, strafft sich ein wenig, dreht sich dann noch einmal zum Regisseur herum und verbeugt sich mit einem entschuldigenden Lächeln.

„Entschuldigen Sie mich bitte, Hatozaki-san, ich glaube, es wäre besser, wenn ich mich jetzt fertig mache, damit ich in die Maske kann. – Ich freue mich schon auf die Arbeit.“, sagt sie lächelnd.

„Ja, sicher.“, antwortet der Regisseur ein bisschen verwirrt und verbeugt sich ebenfalls kurz, bevor er sich auf den Weg zum Set macht.
 

Kaum ist die Tür zur Garderobe der Mädchen geschlossen, findet sich Kanae Kotonami in einer stürmischen Umarmung wieder.

Nach den ersten Schrecksekunden schiebt sie Kyoko mit sanfter Gewalt – und einem Blick, der irgendwo zwischen leichtem Ekel und widerwilligem Schmunzeln liegt – von sich weg und sieht ihre Freundin so ernst sie kann an.

„Lass das!“, meint sie, „Du weißt doch, dass ich so was nicht mag. Stell mir lieber deine persönliche Assistentin vor. Wir kennen uns ja bisher nur vom Telefonieren.“

„Oh, entschuldige, du hast natürlich Recht.“ Hastig stellt sie die Beiden einander vor.

„Freut mich, dass sich jemand gefunden hat, der dieses schrullige Etwas mal im Auge behält. – Sie wissen, was Sie sich da aufgehalst haben?“, fragt Kanae trocken.

Kyoko weiß gerade nicht, ob sie beleidigt oder belustigt sein soll. ^^

„Ich denke, ich komme klar.“, antwortet Rina grinsend ... und zwinkert ihrem Schützling kurz zu. „Eigentlich ist sie gar nicht so schwierig, ich finde sie sogar ganz niedlich.“

Auch wenn Kyoko jetzt weiß, dass dieses leicht absurde Gespräch nicht böse gemeint ist, nimmt ihr Gesicht gerade die Farbe einer vollreifen Tomate an.

„Gib mir deine Jacke, Kyoko-san!“, wechselt die Betreuerin abrupt das Thema. „Und zieh dich um, ich schätze, du wirst vergleichsweise lange in der Maske sitzen müssen, bevor du wirklich aussiehst wie ein zerbrechliches, herzkrankes Mädchen.“

„Stimmt.“, bestätigt Kanae grinsend. „Ich glaub, niemand am Set sieht ungeschminkt so gesund aus wie du, Kyoko-chan. Wenn ich da an Kamio-san denke... Die braucht Tonnen von Make-up, um überhaupt einigermaßen menschlich auszusehen.“ Leise lacht sie in sich hinein, während sich in Kyoko ein ebenso unangenehmes wie auch vage vertrautes Gefühl breit macht.

Kanae wird plötzlich wieder ernst. „Apropos Kamio-san. Du solltest sie ein bisschen im Auge behalten. Als sie davon gehört hat, dass du für Tsunayoshi-san einspringen wirst, war sie nicht gerade begeistert ... und sie kann ganz schön fies werden, wenn ihr was nicht passt.“

„Kamio?“ Kyoko geht endlich ein Licht auf. „ Kimiko Kamio?!“ Stöhnend wirft sie die Stirn in Falten und fällt geradezu in sich zusammen. „Kein Wunder...“

Sowohl Kanae als auch Rina sehen sie verständnislos an.

„Na ja“, beginnt Kyoko verlegen zu erklären. „an meinem ersten Tag bei LME hab ich sie ziemlich unsanft umgerannt. Als Entschuldigung hab ich ihr dann zwar ihr Gepäck zum Set getragen, aber ... sie war trotzdem sehr, sehr wütend auf mich... Oh, Mann, das war ein schrecklich peinlicher Vormittag! ... Ich glaub, sie hat mir mein unmögliches Verhalten nie verziehen...“ [vgl. Act 7 Skip Beat!]

„Interessant...“, murmelt Kanae. „Aber ich glaub nicht, dass es nur daran liegt, dass ihr schon mal aneinander geraten seid.

Auffällig war nämlich, dass sie erst so richtig zickig reagiert hat, nachdem ihr jemand gesagt hatte, dass du demnächst einen Film mit Tsuruga-san spielen wirst ... und zwar als weibliche Hauptrolle. – Sie ist nämlich eine geradezu glühende Ren-Tsuruga-Verehrerin. Sie bildet sich furchtbar viel darauf ein, dass sie schon häufiger mit ihm gearbeitet hat. – Aber wenn du mich fragst, gehört sie wohl zu den Frauen, die bei Tsuruga-san die schlechtesten Karten überhaupt haben. Ich kann mir nicht mal vorstellen, dass er sie besonders gut leiden kann, jedenfalls nicht nach dem, was du über seine beruflichen Ansprüche erzählt hast. Schon allein deshalb, weil sie ständig die Diva raushängen lassen muss.“

„Oh...“, ist das Einzige, was Kyoko noch herausbringt, bevor ihr Gesicht erneut hochrot anläuft.

„Wie ‚gefährlich’ ist sie?“, fragt Rina sachlich ... durchaus auch, um von der Verlegenheit ihres Schützlings abzulenken.

„Sie spinnt gern Intrigen und macht einem mitunter auch schon mal das Leben zur Hölle, aber solange jemand ‚Wichtiges' es mitbekommen könnte, wird sie nichts tun, das ihrem Ruf schaden könnte.“, erklärt Kanae. „Allerdings hat sie hier eine kleine Schar junger, aufstrebender Schauspielerinnen um sich, die sich bessere Karrierechancen davon versprechen, wenn sie ihr wie kleine Hündchen folgen. Zumal sie über einige engere Kontakte zu wichtigen Leuten verfügen soll. Diese Gefolgschaft sollte man besser auch ein wenig im Auge behalten.“

„Kamio-san ist diese etwas moppelige Dame mittleren Alters, die bei Kyokos Ankunft so finster mit den Mädchen um sich herum getuschelt hat, nicht?“, fragt Rina stirnrunzelnd.

„Ich weiß nicht, ich war nicht dabei, aber Ihre Beschreibung dürfte ziemlich gut hinkommen.“, grinst Kanae und wendet sich noch einmal an ihre Freundin. „Wenn du sie nachher besonders respektvoll begrüßt und ihr sagst, wie sehr du dich geehrt fühlst, dass du an ihrer Seite spielen darfst, dann werden sich die Wogen sicher ein wenig glätten. Mit Schmeicheleien kann man sie sich meistens vom Hals halten. – Und die Sache mit dem Umrennen erwähnst du besser erst gar nicht, sie erinnert sich wahrscheinlich gar nicht daran, immerhin warst du damals ein absoluter ‚Niemand’. Solche Leute sind in ihren Augen sowieso eher wie Inventar.“

„Eine ziemlich unangenehme Person.“, merkt Rina ein bisschen angewidert an.

Kyoko seufzt nur leise und ist mehr als froh, dass sie sich so gründlich auf ihre Rolle vorbereitet hat, ... nicht zuletzt Dank Rens hilfreichen Tipps...

In Kyokos Gesicht nistet sich schon wieder ein leichtes Rosa ein...

„Wäre es sinnvoll, das Thema ‚Crazy Alliance’ ganz zu vermeiden?“, fragt Rina in die nachdenkliche Stille hinein.

„Hmm, ich weiß nicht...“, überlegt Kanae angestrengt. „Ich denke, eher nicht. Ich wäre mit dem Thema zwar zurückhaltend, ... aber wenn Kyoko-chan überhaupt nicht über die Vorbereitungen zum Film spricht, wird sie denken, dass da was läuft, das ihr gegen den Strich geht... Zumal sie inzwischen auch weiß, dass ich ebenfalls in dem Film mitspielen werde.“

[Über Kyokos Gesichtsfarbe lege ich mal den gnädigen Mantel des Schweigens; auch darüber, dass Kanae doch ein bisschen verwundert ist, warum ihre Freundin derart heftig reagiert... ^_-]
 

Als beide Jungschauspielerinnen fertig umgezogen sind, machen sie sich auf den Weg in die Maske, wo sie von den beiden Visagistinnen fröhlich empfangen werden.

„Guten Morgen, edle Damen!“, ruft die größere der beiden Maskenbildnerinnen, deren kurze Haare leuchtend rot gefärbt sind. „Welch Glanz in unserer bescheidenen Hütte! Es ist uns eine ausgesprochen große Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen, werte Mogami-sama.“ Einen Moment lang hält sie in ihrer Arbeit inne und verbeugt sich tief. Dann rückt sie ihr schwarzes Brillengestell zurecht und zwinkert den Neuankömmlingen verschmitzt zu, während sie leise vor sich hin kichert.

„Ohh, eine besondere Freude ist es uns jedoch, dass die bezaubernde Kotonami-san heute offenbar bester Laune zu sein scheint ... und das schon am frühen Morgen!“, kichert die andere Visagistin. Ihre langen Haare sind hellblond gefärbt und zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden, der lustig hin und her wippt.

Kyoko wirft einen kurzen Seitenblick auf ihre beste Freundin ... und kann sich das Kichern nun auch nicht mehr verkneifen.

„Entschuldige.“, gluckst sie mühsam hervor, während sie sich an Kanaes Schulter lehnt. „Ich... Irgendwie ... hat sie Recht...“

„Ja, ja, schon gut.“, gibt diese mit einem schrägen Grinsen zurück. „Ich kenn die Scherze schon.“ An die Rothaarige gewandt fügt sie hinzu. „Ich würd ja gern sagen, dass es langsam langweilt, ... aber euch beiden fällt ja immer wieder was Neues ein. – Dauert es eigentlich noch lange?“

„Nein.“, meint die Angesprochene etwas ernster. „Mit Kanno-san bin ich gleich fertig und ich wie ich das sehe, braucht Keiko-chan auch nicht mehr lange. – Stimmt’s?“

„Gib mir noch zwei Minuten, dann kümmere ich mich um Dein Make-up, Kotonami-san.“, bestätigt die andere Visagistin.

Inzwischen ist Sachiko Hashimoto [die rothaarige Maskenbildnerin mit der Brille] mit dem Schminken der jungen Schauspielerin an ihrem Platz fertig und nimmt ihr die Papiertücher aus dem Kragen und den Frisierumhang von den Schultern.

„So, Kanno-san, jetzt Sie sind fertig zum ‚Kampfeinsatz’. Heute Nachmittag haben Sie noch eine Szene mit Knieverletzung, oder?“

„Ja, je nachdem wie wir heute durch kommen, ziemlich bald nach der Mittagspause.“, antwortet die Schauspielerin.

„Gut, am besten kommen Sie dann gegen Ende der Mittagspause her. Wie groß soll die Wunde sein?“

„Laut Hatozaki-san etwa pflaumengroß.“

„Och, das wird ja schnell erledigt sein. – Wir sehen uns dann.“

„Ja, bis später.“, meint die junge Frau und erhebt sich vom Stuhl. Kurz bevor sie den Raum verlässt, wendet sie sich schüchtern an Kyoko und verbeugt sich höflich.

„Ich freue mich sehr, dass Sie hier bei ‚Junge Herzen’ mitspielen, Mogami-san. – Ich hoffe, Sie verstehen die Späße unserer beiden Sonnenscheinchen nicht falsch.“

Kyoko lächelt freundlich. „Ach was, das geht schon in Ordnung. Und ich freue mich auch auf die Zusammenarbeit, Kanno-san.“

Lächelnd und hochrot verlässt die junge Frau das Zimmer, während Kyoko Platz nimmt.
 

Sobald sie aus dem Raum ist, brechen die beiden Visagistinnen wie auf ein geheimes Zeichen in Gelächter aus.

„Sie tut gerade so, als wären wir nicht ganz richtig im Kopf.“, beschwert sich Sachiko grinsend.

„Hey! Ihr seid nicht ganz dicht, jedenfalls nach normalen Maßstäben.“, mischt sich plötzlich die etwas ältere Schauspielerin an Keikos Platz ein, von der bisher nicht einmal ein leises Schnaufen zu hören gewesen ist.

„Ach, komm, Kaede-san, irgendwer muss doch hier auch für gute Laune sorgen, wenn Kamio-san uns mal wieder alle mit ihren Allüren nervt.“, gibt Sachiko schlagfertig zurück.

„Lass sie das bloß nicht hören.“, warnt die Schauspielerin.

„Ach, die lässt sich in der Regel doch nur frühmorgens hier blicken, ...damit sie nur ja niemand ungeschminkt zu Gesicht bekommt. – Und sie weiß auch ziemlich genau warum...“

„Ich unterbreche ja nur ungern eure überaus anregende Konversation“, mischt sich Keiko grinsend ein, „aber wir sind fertig, Kaede-san.“

„Oh, prima, dann hab ich noch ein bisschen Zeit, meine Texte noch mal durch zu gehen.“

Lächelnd erhebt sie sich und wendet sich an Kyoko.

„Lass Dich von denen nicht einschüchtern.“, meint sie, während sie grinsend auf die beiden Maskenbildnerinnen deutet. „ Aber ich denke mal, dass Kotonami-chan ihnen im Bedarfsfall schon auf die Finger klopfen wird. Also keine Angst! - Freut mich übrigens, dass Sie für Tsunayoshi-san eingesprungen sind, Mogami-san.“

„Ich freue mich auch.“, gibt Kyoko verlegen zurück.
 

Inzwischen ist Sachiko fertig damit, Kyoko die Haare mit ein paar Klammern aus dem Gesicht zu stecken.

„Meine Güte, Mogami-san! Wissen Sie eigentlich, was Sie mir hier für eine Arbeit machen?!“, fragt sie todernst.

„Wirklich? Das tut mir leid.“, antwortet das Mädchen zerknirscht und errötet heftig.

Kichernd winkt die Visagistin ab. „Nein, so meine ich das doch gar nicht. Sie haben nur eine so wunderbare, feine Haut; da fällt es schwer, sie so zu verunstalten. Und außerdem sehen Sie geradezu aus wie das blühende Leben selbst; das wird richtig Arbeit, sie so herzurichten, dass sie herzkrank aussehen. Da sind ja nicht mal im Ansatz Augenringe, an denen ich mich orientieren könnte. Außerdem werden wir Dekolletee und Hände mitschminken müssen, damit der Kontrast nicht auffällt.“

Kyokos Rot wird ein wenig weniger intensiv, weigert sich jedoch nach wie vor, aus ihrem Gesicht zu verschwinden. „Ach, das mit dem ‚blühenden Leben’ liegt vermutlich nur an den Vorbereitungen zu meinem nächsten Film.“, meint sie verlegen. „Tsuruga-san scheucht mich nämlich jeden Morgen um halb sechs mindestens eine Stunde durch halb Tokio ...wenn er nicht im Fitnessstudio auf sportliche Höchstleistungen besteht. – Er kennt da absolut keine Gnade.“

[Seien wir mal ehrlich. ^_- Es ist nicht immer klar, wer da morgens wen durch die Gegend scheucht. Ren hat zwar aufgrund seines Geschlechts und seiner größeren Muskelmasse klare Vorteile beim Krafttraining, aber dafür ist Kyoko beim Laufen – trotz erheblich kürzerer Beine – die Schnellere von beiden. ^_^ Außerdem haben sie meistens so viel Spaß dabei, dass mittlerweile nicht mehr ganz so klar ist, ob sie den (regelmäßig auftretenden) Muskelkater eher vom Training oder vom Lachen haben...]

„Au weia!“, meinen Sachiko und Keiko nahezu gleichzeitig.

„Stimmt.“, fügt Keiko hinzu. „Ich hab gehört, dass Tsuruga-san ziemlich streng sein kann, was die Arbeit angeht.“

„Fragt sich, wie er dann mit Kamio-san arbeiten kann ohne auszuflippen.“, merkt Sachiko trocken an.

„Er ist vermutlich einfach nur höflich, unser Vorzeige-Gentleman.“, meint Kanae grinsend.

„Soweit ich das mitbekommen habe, ist er das vor allem dann, wenn er die Arbeit seiner Schauspiel-Partner nicht so ganz ernst nimmt.“, mischt sich Rina ein, die auf einem der Wartestühle Platz genommen hat.

Kyoko läuft in Sekundenbruchteilen rot an. Allerdings ist ihr Gesicht bereits so hell grundiert, dass es nicht wirklich auffällt.

„Das glaub ich nicht“, wendet sie leise ein, „eigentlich ist er immer sehr zuvorkommend. Und wenn mal ein Partner bei den Aufnahmen mit der Rolle nicht klar kommt ... oder mit dem Text, dann bleibt er ruhig und versucht zu helfen.“

Kanae ist der ganz besondere Glanz in Kyokos Augen nicht entgangen, den sie bisher von ihr nicht kannte. Sie sagt jedoch nichts und beschließt stattdessen, sie vorerst nur ein wenig genauer zu beobachten.

„Sag mal, Kyoko-chan, wie war es beim Stunttraining?“, wechselt sie abrupt das Thema. Ich hab ein bisschen Bammel vor Jason Choi. Ich hab nämlich gehört, dass er sehr streng und in seinen Ansprüchen an die Schauspieler geradezu unerbittlich sein soll.“

„Na ja“, antwortet Kyoko, „ich glaube nicht, dass er einen Schauspieler überfordern würde. Er meint nämlich, dass das unverantwortlich wäre, weil dabei schnell Fehler passieren, die fatale Folgen haben können. Aber er erwartet schon, dass man immer sein Bestes gibt. Und der Leistungstest am Anfang ist echt mörderisch.“

„Oh Gott!“ Kanae wird ein bisschen blass unter ihrem schon fast fertigen Make-up.

In der Zwischenzeit sind zwei junge Schauspielerinnen in den Raum gekommen und haben auf den Wartestühlen neben Rina Platz genommen. Freundlich werden sie von den bereits Anwesenden begrüßt.

„Ach, mach dir keine Sorgen deswegen.“, setzt Kyoko schließlich das Gespräch fort. „Wenn Choi-sensei merkt, dass du an deiner Leistungsgrenze bist, wird er die zwar noch ein bisschen austesten, dich aber dann in Ruhe lassen. Er hat erklärt, dass es für ihn wichtig wäre, zu wissen, was er den Schauspielern noch zumuten kann und was eben nicht. - Darum dieser ganze Aufwand am Anfang.“

„Und dann wird er mir genauso einen heftigen Trainingsplan aufdrücken wie dir und Tsuruga-san...“

Die Mädchen auf den Wartestühlen werden hellhörig.

„Na ja, vermutlich wird es nicht ganz so schlimm; du wirst ja nicht so viele Stuntszenen haben wie wir. – Außerdem: Sooo schlimm ist es auch wieder nicht. Manchmal macht es sogar richtig Spaß.“

„Ja“, lacht Rina plötzlich laut, „besonders wenn du Tsuruga-san verprügelst.“

„D... Das... war ein Versehen!!“, verteidigt sich Kyoko stammelnd.

Den Anwesenden fallen geradezu die Augen aus dem Kopf.

„Ich weiß.“, kichert Rina. „Aber es sah wirklich witzig aus, als du diesen riesigen Mann tatsächlich voll in den Magen getroffen hast. Er ist richtig zusammengezuckt.“

„Du meine Güte!“, entfährt es Sachiko, die gerade mit Kyokos Händen beschäftigt ist. Wie hat er reagiert?“

„Och, er hat’s sportlich genommen und gemeint, es wäre sicher schlimmer gewesen, wenn ihm dieses Malheur passiert wäre.“, gibt Rina zurück.

„Ich hab mich auch sofort entschuldigt.“, sagt Kyoko niedergeschlagen. „Aber... er wird sich bestimmt noch dafür rächen...“

„Ach, Quatsch!“, beruhigt sie Rina schmunzelnd. „Er weiß doch, dass es keine Absicht war.“

„Wann ist denn das passiert?“, will Kanae wissen.

„Vorgestern.“, antwortet Kyoko zerknirscht.

„Ja, aber du hast ihn doch gestern und heute beim Training gesehen, oder? Wenn er bis jetzt nichts in der Richtung unternommen hat, wird er es doch wohl dabei belassen.“, tröstet Kanae sie.

„Da verlass ich mich lieber nicht drauf. Jedenfalls nicht in den nächsten Wochen.“, ächzt Kyoko leise.

„Ach, komm, Kopf hoch, Kyoko-san, es wird in keinem Fall so schlimm werden; er muss ja schließlich noch eine Weile mit dir arbeiten. Und er kennt dich gut genug, da hätte er auch von vornherein die Rolle ablehnen können.“, sagt Rina augenzwinkernd.

[Ach, by the way: Selbstverständlich wird Ren sich rächen. ^_- ...vermutlich mit einem besonders teuren Geschenk... ...schon weil er ihren Gesichtsausdruck so niedlich fand, als sie sich so überschwänglich entschuldigt und ganz besorgt nachgefragt hat, ob sie ihn ernsthaft verletzt hat. ^__^ Seitdem hat Choi-sensei übrigens einen leisen Verdacht. – Aber da er ein äußerst diskreter Mann ist...]

Kyoko errötet seufzend unter ihrem fast fertigen Make-up ...und fühlt sich ziemlich mies, dass sie ihrer besten Freundin immer noch nichts von ihrer Beziehung zu Ren erzählt hat.

>Aber hier geht das ja erst recht nicht... Hoffentlich verplappere ich mich nicht doch noch. Nicht auszudenken, wenn Kamio-san...

Obwohl ich gar nicht glauben kann, dass sie soo schlimm ist. Es ist eigentlich auch nicht richtig, über eine so renommierte Schauspielerin mit so viel Erfahrung derart abfällig zu reden. – Na ja, aber Miss Menno ist nun mal so... Und einige andere hier scheinen ähnlich gestrickt zu sein. – Kein Wunder, dass sie sich hier so wohl fühlt.<
 

Als sie knapp eine Stunde später (endlich) ihre erste Szene zu drehen hat und das erste Mal an diesem Tag Kimiko Kamio zu Gesicht bekommt [die hat sich nämlich die ganze Zeit etwas abseits der anderen aufgehalten und war daher für Kyoko nicht auffindbar], drückt sie Rina mit einem kurzen „Halt mal.“ ihre Wasserflasche in die Hand und geht der älteren Kollegin mit freundlichen Lächeln und etwas zittrigen Fingern entgegen.

„Guten Morgen, Kamio-san.“ Sie verbeugt sich tief vor ihr. „Mein Name ist Kyoko Mogami und ich freue mich sehr, gerade mit Ihnen meine erste Szene hier zu drehen. Bitte sagen Sie mir, wenn ich etwas besser machen kann. – Es ist mir wirklich eine Ehre mit Ihnen zu arbeiten.“

„Guten Morgen, Kindchen.“, antwortet die angesprochene Dame mit einem gönnerhaften Lächeln. „Sie sind ein wenig aufgeregt, nicht?“

„Ja, ziemlich.“, antwortet Kyoko und knetet verlegen ihre Hände. „Man darf ja als Anfängerin in diesem Beruf nicht jeden Tag mit einer so renommierten Partnerin spielen. Ich hoffe, ich kann einiges von Ihnen lernen.“

„Aber, Kindchen, du darfst doch demnächst mit Tsuruga-san spielen, wie ich gehört habe. Da werden wir doch das hier auch hinkriegen.“

Kyoko wird so rot im Gesicht, dass man es glatt durch die hellen Make-up-Schichten hindurch schimmern sehen kann. „Ich... na ja, das mit Tsuruga-san...“, antwortet sie stammelnd, „das ist irgendwie ... was Anderes. Natürlich kann ich von ihm auch sehr viel lernen, aber... Takarada-san hat ihn schon vor einiger Zeit als meinen Sempai eingeteilt, ... daher ist es nicht mehr ganz so ungewohnt...“

[Mann, Kyoko, pass auf! Du willst dich doch nicht um Kopf und Kragen reden! ^^’ ]

„Ach so?“, fragt Kamio-san mit einem aufgesetzten Lächeln. „Aber dann sollte dies hier ja kein großes Problem sein, Kindchen. Wir schaffen das schon.“

Freundlich dreht sie das Mädchen herum und schiebt sie sachte in Richtung Set.

„Also los, lass uns gleich damit anfangen. Hast du dich gründlich vorbereitet?“

Kyoko nickt.

Nur Rina fällt auf, dass Kamio-sans Blick - gleich nachdem Kyoko ihr den Rücken zugewendet hat – zu stirnrunzelnder Missbilligung geworden ist.
 

Zwei abgedrehte Szenen später ist die Laune der Diva noch sehr viel tiefer gesunken.

Zwar ist sie allen gegenüber nach wie vor so freundlich, dass sich die Mitglieder der Crew schon fragen, ob sie ein erleuchtendes Erlebnis hatte, dass ihr Benehmen heute so tadellos ist, aber sobald sie sich unbeobachtet fühlt, entgleiten ihr regelmäßig ihre Gesichtszüge vor verhaltener Wut.

Allerdings scheint ebendies bisher nur Rina und Kanae, die gerade nichts zu tun und sich zu der Betreuerin gesellt hat, aufgefallen zu sein.

„Wenn das mal gut geht...“, murmelt Kanae und neigt ihren Kopf Kyokos Betreuerin zu. „Ich wusste nicht, dass Kyoko so viel dazugelernt hat in den letzten Monaten. Mann, sie spielt das herzkranke Fräulein so überzeugend, dass ich einen Moment lang glatt Mitleid hatte. Und ich bin für so was normalerweise nicht anfällig. - Sie spielt Kamio-san ja fast gegen die Wand. Die kriegt sonst nie so viele NGs hier am Set.“

„Aha. Und wie es scheint, schäumt sie fast vor Wut. Dabei kann sie Kyoko-san nicht mal Vorwürfe machen. Hm, vielleicht sollte ich ihr sagen, dass sie sich ein bisschen weniger anstrengen soll.“, überlegt Rina flüsternd.

Kanae schüttelt ernst den Kopf. „Das ist jetzt eh zu spät. Wenn dann dadurch die anderen Schauspieler vielleicht weniger NGs haben als unsere Diva, dann wird es erst so richtig ungemütlich.“
 

In der Zwischenzeit hat Kyoko die Szenen mit Kimiko Kamio fertig abgedreht, ...jedenfalls für den heutigen Tag.

Unwillkürlich tief durchatmend taucht das Mädchen wieder aus ihrer Rolle auf. Leise seufzend streckt sie ihre Glieder ein wenig, verbeugt sich dann mit einem strahlenden Lächeln vor der älteren Kollegin.

„Vielen Dank, Kamio-san, dass sie es mir so leicht gemacht haben. Es ist wirklich toll, mit Ihnen zu arbeiten.“

[Ernsthaft: Kyoko hat wirklich keine Ahnung, dass sie Kamio-san mit ihrem Spiel regelrecht gedemütigt hat. Sie wird erst merken, dass sie tatsächlich besser war, wenn sie die fertigen Aufnahmen sieht. – Und auch dann wird sie es zunächst ungläubig leugnen... *seufz* Gut, dass Ren da sein wird, um sie zu überzeugen. ^_-]
 

„Pfuh!“, macht Kyoko, als sie zu Rina und Kanae stößt. „Ist irgendwie ganz schön anstrengend, so schlapp durch die Gegend zu laufen. – Hoffentlich hab ich mich auf der Treppe für Kamio-san nicht zu schwer gemacht...“

Kanae wirft Rina einen Augen rollenden Blick zu, der „Hoffnungslos!“ zu schreien scheint.

Rina hingegen reicht Kyoko eine Wasserflasche und zuckt nur schmunzelnd die Schultern.

„Hier.“, sagt sie. „Ohne Kohlensäure, wie immer.“

„Danke.“ Kyoko nimmt ein paar große Schlucke, dann seufzt sie leise.

„Was denn?“, fragt Rina grinsend. „Immer noch Lampenfieber?“

Die junge Schauspielerin zuckt halbherzig die Schultern „Es geht. – Aber ich bin froh, dass ich jetzt ein paar schwierige Szenen mit viel Text haben werde. Das lenkt ab. Sonst bin ich heute Abend ein nervöses Wrack.“

Kanae sieht ihre Freundin verwundert an. „Was ist denn heute Abend?“, fragt sie geradeheraus.

Kyoko läuft schon wieder so rot an, dass man es durch das Make-up schimmern sieht.

„Ich... na ja, ...heute Abend hab ich mein erstes Tanztraining mit Tsuruga-san. – Und ich hab richtig Schiss davor.“

„Wieso?“, hakt ihre Freundin verständnislos nach.

„Na ja... Kannst du dir vorstellen, wie das funktionieren soll mit ihm Tango zu tanzen?! Der Mann ist zwei Köpfe größer als ich! – Außerdem weiß ich, dass er ziemlich gut tanzen kann.“, erklärt Kyoko mit einem leicht verzweifelten Blick.

Rina registriert aus den Augenwinkeln, dass sie belauscht werden. Offensichtlich von einem der Mädchen, die ständig um Kamio-san herum scharwenzeln. Um Kyoko wenigstens vor ihren lauernden Blicken zu schützen, stellt sie sich unauffällig ins Sichtfeld.

„Na und?“, kommt es derweil von Kanae. „Du warst doch auf der Akademie auch ziemlich gut in Gesellschaftstanz.“

„Schon“, gibt Kyoko verlegen zu, „aber das waren doch nur Grundkenntnisse, die da verlangt wurden.“

[Eigentlich hat sie ja hauptsächlich deshalb Angst, weil sie genau weiß, dass sie heute den ganzen Abend ziemlich eng an ihren Freund geschmiegt verbringen wird. ... Und dass er sich schon wie ein kleiner Junge darauf freut. ^_- Kyoko hat panische Angst, dass man ihr schon aus hundert Meter Entfernung ihre Gefühle wird ansehen können, wenn sie ihm so nah ist ... und zwar auch noch nach der „Eingewöhnungsphase“ ... später ... beim Dreh von „Crazy Alliance“... #^^#’]

Kanae Kotonami entgeht der besondere Glanz, der ihr heute schon ein paar Mal bei ihrer Freundin aufgefallen ist, ganz und gar nicht.

Ein kurzer Seitenblick auf Rina macht sie nur noch misstrauischer, denn obwohl deren Gesichtsausdruck kaum zu deuten ist, schmunzelt ihr Blick geradezu liebevoll.

Kanae beschließt, den mysteriösen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen.

Aufgeflogen

„.........“ = wörtliche Rede

>........< = Gedanken

[..........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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Kanae Kotonami entgeht der besondere Glanz, der ihr heute schon ein paar Mal bei ihrer Freundin aufgefallen ist, ganz und gar nicht.

Ein kurzer Seitenblick auf Rina macht sie nur noch misstrauischer, denn obwohl deren Gesichtsausdruck kaum zu deuten ist, ihr Blick schmunzelt geradezu liebevoll.

Kanae beschließt, den mysteriösen Vorkommnissen auf den Grund zu gehen.
 

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Aufgeflogen
 

Als Kanae Kotonami am nächsten Morgen reichlich außer Atem und leicht verspätet im Studio ankommt, wartet hinter den Kulissen bereits eine ziemlich besorgte Kyoko auf sie.

„Gott sei Dank!“, ruft sie erleichtert, während sie ihr entgegen eilt. „Ich dachte schon, Dir wär was passiert! Du bist doch sonst nicht so unpünktlich.“

„Entschuldigung.“, keucht ihre Freundin. „Ich hab glatt verschlafen. – Der Leistungstest gestern war absolut mörderisch. Ich hab dermaßen Muskelkater, dass ich obendrein kaum aus dem Bett kam. – Ich weiß nicht, wie du da von ‚Spaß’ sprechen kannst... Ich bin nur froh, dass ich nicht allein da war; so hat Choi-sensei nur zwei von den anderen Mädchen zusammengeschissen, die ständig gekichert und sich seiner Meinung nach nicht genug angestrengt haben.

Dich und Tsuruga-san hat er dafür übrigens in den höchsten Tönen gelobt, vor allem weil ihr trotz vollem Terminkalender in eurer Freizeit sein ziemlich straffes Trainingsprogramm durchzieht ohne euch zu beschweren.“

Kyoko wird postwendend unter ihrem blassen Make-up rot und versucht verlegen abzuwinken. „Aber... das muss nun mal sein... Es ist schließlich meine erste Hauptrolle. Und außerdem muss ich ja irgendwie mit Tsuruga-san mithalten können. Wie sieht denn das sonst aus?“

Kanae lacht. „Seit wann muss man sich für Fleiß rechtfertigen? Ich mein ja auch nur, dass ich mich ganz schön werde anstrengen müssen, um Choi-senseis Anforderungen zu erfüllen.“ Leise stöhnend fügt sie noch hinzu: „Und ich werd mich heute ganz schön anstrengen müssen, um mir diesen brutalen Muskelkater beim Spielen nicht anmerken zu lassen.“

Kimiko Kamio, die wie aus dem Nichts hinter Kyoko auftaucht und die offenbar die letzten Sätze mitbekommen hat, tritt plötzlich zwischen die beiden Freundinnen und wendet sich mit einem missbilligenden Stirnrunzeln an Kanae.

„Ein Profi hätte damit keinerlei Probleme.“, bemerkt sie spitz. „Sieh lieber zu, dass du in die Maske kommst, statt hier in Selbstmitleid zu zerfließen!“

Kanae zuckt nur leicht mit den Schultern und verabschiedet sich mit einem schiefen Lächeln von ihrer peinlich berührten Freundin. „Bis später.“
 

„Gut, dass ich dich hier erwische, Kindchen.“, säuselt die ältere Schauspielerin, als Kanae außer Sichtweite ist und Kyoko endlich aus ihrer unangenehmen Betroffenheit erwacht. „Ich soll dir etwas vom Regisseur ausrichten. Deine ersten Szenen für heute werden in ein paar Minuten im Nebengebäude gedreht.“

„Oh.“, wundert sich Kyoko. „Das wusste ich nicht. In welchem Studio denn?“

„Studio 7. Frag einfach den Pförtner, der gibt dir sicher eine Wegbeschreibung.“, erklärt Kimiko überaus freundlich.

Kyoko verbeugt sich höflich. „Vielen Dank Kamio-san, ich mache mich dann gleich auf den Weg. – Wären Sie bitte so freundlich, meiner Betreuerin auch Bescheid zu geben? Sie hat vorhin noch vor unserer Garderobe telefoniert.“ Noch einmal verbeugt sie sich tief. „Ich habe leider mein Handy nicht dabei.“, entschuldigt sie sich.

„Aber natürlich, Kindchen, das mach ich doch gern.“, antwortet Kimiko mit einem breiten Lächeln. „Geh nur.“ Sachte klopft sie ihr auf die Schulter und schubst sie dann sanft in Richtung Ausgang.

Kyoko macht sich umgehend auf den Weg.
 

Sobald sie durch die Tür verschwunden ist, verwandelt sich das freundlich lächelnde Gesicht der älteren Schauspielerin in eine gehässig grinsende Grimasse...

„Den Teufel werd ich tun, kleines Miststück!“, murmelt sie. „Wollen doch mal sehen, wer hier die Königin der Soaps ist...“

[Sie ist übrigens die Einzige, die sich so bezeichnet. – Fans würden sie als „Altmeisterin der Soaps“ bezeichnen, die meisten anderen eher als „Dinosaurier“ ^_-]
 

Kyoko betritt gerade die überdachte Brücke zum Nachbarstudio, da begegnet ihr der Regieassistent, Mamoru Yoshida.

„Wohin wollen Sie denn noch, Mogami-san? Sie wissen, dass wir in einer knappen halben Stunde anfangen wollen?“

Kyoko sieht ihn ein wenig verwirrt an. „Ich will ins Studio 7. Kamio-san hat mir gesagt, dass die ersten Szenen dort gedreht werden sollen.“

„Da hat sie sicher etwas falsch verstanden. Wir drehen wie vorgesehen. - Aber hat sie Ihnen die geänderte Textfassung gegeben?“

Kyoko schüttelt verdutzt den Kopf. „Es gab Textänderungen?!“

„Ja. – Eigentlich hätten sie die geänderte Fassung schon gestern Abend bekommen sollen. – Na, wird wohl was Wichtiges dazwischen gekommen sein...“, meint Yoshida-san achselzuckend. „Kommen Sie, Mogami-san, ich hab sicher noch ein Exemplar in meiner Tasche.“

Eilig begeben sich die Beiden ins Nebengebäude, wo Kyoko den neuen Text von ihm bekommt und sich flugs in die Garderobe begibt, um vor den Aufnahmen noch in Ruhe einen Blick hineinwerfen zu können.

[Dem Regieassistenten ist übrigens vollkommen klar, dass Kimiko Kamio den jungen Gaststar höchstwahrscheinlich in eine Falle hat laufen lassen. – Es wäre nicht das erste Mal... – Und natürlich erzählt er dem Regisseur davon, der daraufhin den Drehbeginn ein wenig verschiebt, um so Kyoko wenigstens noch eine kleine Chance zu lassen. ^_-]
 

Als sich Kanae und Kyoko schließlich in der Mittagspause in ihrer Garderobe treffen (Kyoko hat für jeden von ihnen ein Bento mitgebracht, das sie dort verspeisen wollen), schließt Kanae sorgfältig die Tür und wendet sich leicht entrüstet an Kyoko.

„Rina-san hat mir erzählt, dass Kamio-san dich heute Morgen einfach ans falsche Set geschickt und dir obendrein gestern nicht die Textänderungen zukommen lassen hat. Ist das wahr?“

Kyoko nickt, beschwichtigt jedoch gleich darauf. „Ach, das heute Morgen war sicher ein Missverständnis ... und das mit den Textänderungen war ja nicht so schlimm. So viel war es ja nun auch nicht.“

„Sei doch nicht so naiv, Kyoko-chan! Diese falsche Schlange hat das bestimmt mit voller Absicht getan. – Ich frag mich übrigens, warum sie mich nicht damit beauftragt haben...“

„Am besten sicherst du Informationen von ihr in Zukunft noch mal ab, bevor du ihr traust.“, mischt sich Rina mit ernstem Tonfall ein. „Und um die Textänderungen kümmere ich mich in Zukunft; ich werde den Regisseur oder den Regieassistenten danach fragen.“

„Wenn du meinst...“, seufzt Kyoko.

Um vom Thema abzulenken, holt sie geschäftig die Bentos aus ihrer Tasche und verteilt sie ebenso wie die Stäbchen auf dem Tisch.

Eigentlich wollte Kanae ihr ja noch ein bisschen die Leviten lesen, damit ihre Freundin in Zukunft weniger vertrauensselig ist, doch der Anblick der überaus appetitlichen Köstlichkeiten vor ihr lassen ihr das Wasser derart im Munde zusammenlaufen, dass sie keinen Ton mehr heraus bringt. Widerwillig muss sie sich eingestehen, dass sie es ausgesprochen lieb findet, wenn ihre Freundin sich so viel Mühe macht, ...auch wenn sie es nach wie vor ziemlich uncool findet...
 

Die drei haben nicht einmal die Hälfte ihres Mittagessens verspeist, da klingelt Kyokos Telefon. Eilig stürzt sie zu ihrer Tasche und kramt es heraus. Ein kurzer Blick auf das Display lässt sie dermaßen erröten, dass es sogar durch das blasse Make-up deutlich zu sehen ist.

„J... ja?“, stammelt sie.

„Oh, bist du nicht allein, Kyoko-chan? – Ich dachte, du hast Pause.“, sagt am anderen Ende der Leitung eine wohlbekannte, männliche Stimme.

„Doch, ich hab jetzt Mittagspause.“, antwortet das Mädchen, vorsichtig jedes Wort abwägend. „Ich esse gerade mit Kanae-chan und Rina-san in unserer Garderobe.“

„Das heißt, deine Freundin weiß immer noch nicht Bescheid.“, folgert Ren messerscharf.

„Nein“, gibt Kyoko gedehnt zu, „ich hatte bisher nicht wirklich Gelegenheit. Am Telefon ist das auch so blöd...“
 

Kanae spitzt die Ohren. Kyoko scheint ihre Worte sehr sorgfältig zu wählen und ihr Blick scheint etwas gehetzt zu sein. >Irgendetwas stimmt doch hier nicht!<
 

„Na ja, es ist deine Sache...“, meint Ren. „Aber weswegen ich eigentlich anrufe: Takarada-san hat ein Angebot für ein paar Schauspieler aus ‚Dark Moon’, ein Einkaufszentrum zu eröffnen. Und er meint, er könnte es arrangieren, dass den Anderen im letzten Moment was dazwischen kommt. – Das wäre dann also unser erster, offizieller, gemeinsamer Termin, ...nur zu zweit.“

Mehr als ein „Ohh...“ kommt nicht über Kyokos Lippen, dafür wird das Rot in ihrem Gesicht irgendwie noch tiefer.

„Ich dachte, wir könnten dann danach zusammen schick zu Mittag essen gehen.“, ergreift Ren unbeeindruckt noch einmal das Wort. „Wie wär’s mit dem ‚Gouka Ichimatsu’?“

„Was?!“, schreckt Kyoko unvermittelt hoch. „Bloß nicht! Nicht wieder so was Nobles! Da fühl ich mich so deplatziert.“
 

Kanae hört jetzt mit erhöhter Aufmerksamkeit zu. >Mit wem redet sie da so vertraulich?? Da läuft doch was!<
 

„Unsinn.“, lacht Ren. „Du musst das sowieso lernen. Nimm es einfach als Schauspielübung.“

„Hab ich überhaupt noch eine Chance, ‚Nein’ zu sagen?“, fragt sie resigniert.

„Nicht wirklich.“; grinst ihr Freund durch den Hörer.

„Hab ich mir fast gedacht.“ Kyoko seufzt tief.

„Sag mal, wie läuft es denn heute eigentlich so?“, wechselt Ren urplötzlich das Thema.

„Na ja, eigentlich ganz gut; nur heute Früh ist was ziemlich Merkwürdiges passiert.“ Ausführlich berichtet sie von den Vorkommnissen am Vormittag und wie die Situation doch noch ohne größere Verzögerung gerettet werden konnte.

„Diese miese, fette Heuchlerin! Kriegt selbst kaum drei Sätze Text am Stück auf die Reihe, aber talentierteren Schauspielerinnen Steine in den Weg legen und ihnen das Leben schwer machen! Diese verfluchte, eifersüchtige Möchtegern-Diva!“, wettert es am anderen Ende der Leitung nach einer kurzen, entsetzten Pause. So laut, dass Kyoko den Hörer ein wenig vom Ohr weg halten muss.

„Ren!!“, unterbricht sie ihn schließlich, als er erneut zu einer Schimpftirade ansetzt. „Du kannst doch nicht...“

Unvermittelt hält sie inne und wird sich darüber klar, was sie da gerade gesagt hat. Kyokos Gesicht ist jetzt so rot, dass man fast meinen könnte, dass die Farbe ihr aus sämtlichen Körperöffnungen entweichen müsste. Langsam dreht sie sich zu den anderen um.

Kanaes Blick ist eine Mischung aus Verblüffung, Verstehen, Schmunzeln ... und einer Spur Enttäuschung. Und dieser kleine Anflug von Enttäuschung ist es, der Kyoko die Worte regelrecht im Hals verklebt.

„Hört sich an, als sollten wir besser heute Abend weiter reden.“; stellt Ren trocken fest, als die Stille nicht weichen will.

„Ja“, seufzt Kyoko leise, „ich denke, ich muss jetzt erstmal was klären.“

„Dann bis später. Schick mir eine SMS, wie es gelaufen ist, ja? Ich liebe dich.“

„Ja, mach ich. – Dito übrigens.“ Tief seufzend beendet sie das Gespräch.
 

Eine Weile herrscht Stille zwischen den drei Frauen ... und Rina überlegt schon, wie sie die beiden Freundinnen dazu bringen kann sich endlich auszusprechen.

Dann plötzlich hellt sich Kanaes Gesicht unwillkürlich auf und sie bricht kopfschüttelnd in schallendes Gelächter aus.

„Dann hatte ich ja doch Recht damals! Tsuruga-san mag dich also doch.“, kichert sie, als sie sich wieder ein bisschen eingekriegt hat

„Es ist wohl ein bisschen mehr...“, murmelt Kyoko verlegen, während sie nervös ihre Hände knetet.

„Tja, hört sich fast so an, als wärt ihr fest zusammen.“, stellt Kanae grinsend fest. „Seit wann?“

„Seit der ‚Dark Moon’-Premiere.“, antwortet Kyoko leise.

„Das erklärt natürlich einiges.“ Auf Kyokos fragenden Blick hin, fügt sie breit grinsend hinzu: „Du siehst absolut blendend aus, bist viel weiblicher geworden ... und auch erwachsener. Und außerdem... Ach, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll...“

>Ich weiß gar nicht, ob ich es wirklich wissen will...<, überlegt Kyoko insgeheim ... und mustert ihre Freundin eingehend. „Bist du sauer, dass ich es dir nicht gesagt habe?“, fragt sie vorsichtig.
 

Einern Moment denkt Kanae über diese Frage nach, dann grinst sie breit.

„Nein, Kyoko-chan. – Ich hab zwar keinen blassen Schimmer warum, aber ich freu mich für euch. Und das Ganze bleibt natürlich auch unter uns.

Ich kann ja wohl kaum zulassen, dass eine gute Freundin von mir von wild gewordenen Tsuruga-Fans gelyncht wird, nur weil ich meine Klappe nicht halten kann.

Meine Güte, ... du und Tsuruga-san...“ Schmunzelnd schüttelt sie den Kopf.

„Na, lynchen werden sie mich hoffentlich nicht gleich, wenn sie das erfahren.“, murmelt Kyoko unglücklich. „Aber der Presserummel, der auf so eine Nachricht folgen würde, wäre schon ziemlich schlimm. Außerdem wäre Rens Image erstmal im Eimer...“

„Mach dir nichts vor, Kyoko-chan! Wenn seine Fans jetzt davon erfahren würden, wärst du möglicherweise deines Lebens nicht mehr sicher. Denk daran, dass Kamio-san beileibe nicht die einzige Tsuruga-Fanatikerin in diesem Land ist. Du hast heute einen leisen Vorgeschmack bekommen ... und eigentlich weiß sie nicht das Geringste. Die Gerüchte, die bisher kursieren, sind nämlich – soweit ich weiß – vollkommen harmlos.

Und um Tsuruga-sans Image brauchst du dich nun wirklich nicht zu kümmern; eine Affäre würde nämlich ganz gut da rein passen. Ich wette, Takarada würde wahrscheinlich sogar vor Freude Luftsprünge machen, wenn es dabei nur um ihn ginge.“

„Aber...“, beginnt Kyoko, wird jedoch sofort unwirsch von ihrer Freundin unterbrochen.

„Jetzt hör aber auf, Kyoko-chan! Stell dein Licht nicht schon wieder so unter den Scheffel! Du bist wahrscheinlich Takaradas größte Entdeckung seit Jahren und er wär ein Idiot, wenn er zulassen würde, dass deine Karriere einzig am falschen Zeitpunkt einer solchen Nachricht scheitert. Die Geheimhaltung der Beziehung dient in erster Linie dir. – Das spricht übrigens für Tsuruga-san als Mensch, wenn du mich fragst.“

„Ich... das...“ Kyoko fehlen jetzt endgültig die Worte.

„Schon gut.“ Kanae lächelt ihr aufmunternd zu. „Ich schlage vor, wir essen jetzt endlich mal zu Ende; die Mittagspause ist nämlich bald vorbei. Danach hast du dich hoffentlich wieder soweit beruhigt, dass du wieder ordentlich schauspielern kannst.“

„Ich halte das für eine ausgezeichnete Idee.“, meint Rina ... und greift beherzt wieder zu ihren Stäbchen.

Kyoko hingegen nickt nur, während sie sich stumm über ihr Essen her macht.
 

„Allerdings hab ich eine Bedingung, wenn ich den Mund halten soll.“, sagt Kanae nach einer Weile, ein breites, ziemlich verschmitztes Grinsen im Gesicht. „Ich will in den nächsten Tagen mehr Details.“

>Mann, ich hör mich schon an, wie diese „Nachmittags-Serien-Freundinnen“... Wo soll das bloß mit mir enden?< Widerwillig schüttelt sie sich, bricht jedoch gleich darauf in leises Gekicher aus.

Kyoko schaut sie nur verständnislos an...
 

„So, Herrschaften, Ruhe bitte!“, ruft der Regisseur in die Runde. „Es ist die letzte Szene für heute und die möchte ich genauso gut in den Kasten kriegen wie alle anderen. Sie können gerne noch bleiben, um sich nachher von Mogami-san zu verabschieden, aber bitte erst nach dem Dreh!“

Das aufgeregte Tuscheln verebbt. Trotz der ungewöhnlich vielen Zuschauer am Set wird es mucksmäuschenstill. Viele der Schauspieler und Crew-Mitglieder haben eigentlich schon Feierabend, sind jedoch heute länger geblieben, um Kyoko und Kanae noch einmal zuzusehen und sich später natürlich von Kyoko zu verabschieden.

„Mogami-san, Kotonami-san, sind Sie soweit?“, brüllt Sei Hatozaki die Kulissentür an.

Diese öffnet sich darauf einen Spalt und gibt eine weibliche Hand frei, die ihm kurz zuwinkt.

„Wir sind fertig und auf Position!“, hört man Kanaes Stimme von dahinter.

„O.K., dann alle auf eure Plätze!“, kommandiert der Regisseur.

„Uuuund action!“
 

Die Tür zum Wohnzimmer öffnet sich und Mimi betritt, von Miyuu gestützt, den Raum. Langsam wird sie von ihrer Cousine zum Sofa geführt und lässt sich dort schwer atmend nieder.

„Geht’s wieder? Oder soll ich Mama rufen?“, fragt Miyuu besorgt.

Mimi winkt mit einem verräterisch müden Lächeln ab. „Lass nur.“, sagt sie leise, während sie krampfhaft versucht, ein Stöhnen zu unterdrücken. „Es ist sicher gleich vorbei. Die Treppe...“

„Ja, ich weiß.“, nickt Miyuu schuldbewusst. „Die Treppen sind viel zu anstrengend für dich, wir hätten doch in die Küche gehen sollen.“

„Da wären wir aber nicht ungestört gewesen.“ Mimi schüttelt langsam den Kopf. Noch immer ringt sie nach Atem, versucht jedoch, es sich möglichst wenig anmerken zu lassen.

„So wichtig ist das Gespräch nun auch wieder nicht. Jedenfalls nicht wichtiger als deine Gesundheit, Mimi-chan.“

„Doch, es ist wichtig.“, widerspricht das Mädchen leise. „Ich seh doch, wie sehr dich die Sache beschäftigt.“ Ein paar Mal holt sie tief Luft, damit sich ihr Atem endlich wieder beruhigen kann, dann sieht sie die ältere Cousine eindringlich an. „Hast du schon mal den Versuch gemacht, Asami-sensei deine Liebe zu gestehen?“

Miyuu senkt traurig den Kopf. „Nein.“, sagt die leise. „Es geht nicht. Ich will doch nicht, dass er Schwierigkeiten bekommt; immerhin ist er mein Lehrer.“

„Aber Miyuu-chan, du sollst ja auch nicht gleich was mit ihm anfangen; aber du bist jetzt in der Abschlussklasse und er sollte es schon erfahren, bevor du die Schule verlässt, meinst du nicht?“ Leise hustend lehnt sie sich zurück und schließt für einen Moment die Augen, ehe sie ihre Cousine erneut mustert.
 

„O.K., cuut!“, ruft Hatozaki. „Nächste Einstellung!“

Alle Kamera- und Tonleute begeben sich zügig zu ihren neuen Positionen.

„Das war gut.“, lobt der Regisseur die beiden Schauspielerinnen. „Bleibt einfach so, es geht sofort weiter.“

Kanae atmet einmal kurz durch, während sie Kyoko intensiv beobachtet, ...ohne dass diese etwas davon mitbekommt. Noch immer steckt sie tief in ihrer Rolle, atmet schnell und flach und hat die Augen mit einem leichten Stirnrunzeln wieder geschlossen.

Kanae wagt es nicht, ihre Konzentration zu stören und so bleibt sie still, bis der Regisseur das Zeichen zum Weitermachen gibt.
 

„Aber... ich...“, stammelt Miyuu leise, als sie Mimis forschenden Blick bemerkt. „Das ist alles nicht so einfach.“

Mimi richtet sich mühsam wieder auf und sieht sie fragend an.

„Ich... ich hatte ja noch nicht mal Gelegenheit, ihn allein zu sprechen. – Ich bin in der Schule überhaupt nie allein.“ Verlegen senkt Miyuu den Blick und legt die Hände steif in den Schoß. „Ständig schwirren irgendwelche Jungen aus meiner Klasse um mich herum. – Noeko-chan hat mir neulich erzählt, dass...“ Miyuu holt tief Luft. „...dass sie sich gegenseitig im Auge behalten, damit sich keiner von ihnen irgendwelche Vorteile verschaffen kann.“

„Vorteile?“ Mimi schaut erst ein wenig verwirrt, dann geht ihr plötzlich ein Licht auf. „Eifersucht?!“, fragt sie fassungslos und für einen kurzen Moment geht ihr wieder die Luft aus. Als ihr Atem sich wieder ein wenig beruhigt hat, hakt sie flüsternd nach: „Sie beäugen sich gegenseitig, damit nur ja keiner ... zuviel von deiner Aufmerksamkeit erringen kann?!“

„So in etwa.“, seufzt Miyuu. „Ich kann jedenfalls in der Schule keinen Schritt mehr unbeobachtet tun...“

„Dann musst du es arrangieren, dass du ihn außerhalb der Schule treffen kannst.“, stellt Mimi sachlich fest.

„Aber wie? Ich kann doch nicht einfach so zu meinem Lehrer nach Hause gehen.“

Mimi überlegt lange.

„Ich weiß noch nicht. Aber ich bin sicher, mir fällt noch was ein.“, meint sie schließlich und seufzt tief. „Bis zu meiner Operation werde ich ohnehin mehr Zeit zum Nachdenken haben als mir lieb ist. Ich rufe dich an, wenn mir was Passendes eingefallen ist.“

Miyuu sieht ihre Cousine einen Moment entgeistert an, dann umarmt sie sie stürmisch.

„Danke, Mimi-chan.“, sagt sie ... und bemerkt zu ihrer Bestürzung, dass ihre Cousine erneut mit einem Schwächeanfall zu kämpfen hat. „Entschuldige.“, murmelt sie hastig, während sie ihren Griff lockert und ihr vorsichtig hilft, die Füße hoch zu legen und sich gegen die Armstütze zu lehnen. „Kann ich auch irgendwas für dich tun, Mimi-chan; ich meine, auch in Zukunft.“

Mimi lächelt sanft. „Es wäre schön, wenn du ab und zu anrufen würdest. Zu Hause ist mir immer so langweilig ... und ich bin so abgeschottet von allem.“

„Wenn’s weiter nichts ist...“, lacht Miyuu leise und nimmt ihre Cousine vorsichtig in die Arme.
 

„Cuuut!“, ruft Hatozaki grinsend. „Das war’s meine Herrschaften! Vielen Dank für die gute Arbeit heute. Mein ganz besonderer Dank geht natürlich dafür an Mogami-san.“ Er verbeugt sich höflich in Kyokos Richtung und klatscht.
 

Kanae stupst ihre Freundin kurz an, um sie aus ihrer Versenkung zu holen. Kyoko lächelt ihr zu, atmet ein paar Mal durch und streckt ihre Glieder ein wenig, bevor sie sich von der Couch erhebt ... und registriert, dass sie und Kanae bereits von einer kleinen Schar klatschender Kollegen umringt sind.
 

Als die Beiden eine gute halbe Stunde später nach schier endlosem Händeschütteln, herzlichen Verabschiedungen und dem Erfüllen letzter Autogrammwünsche (die natürlich samt und sonders Kyoko galten ^^) schließlich mit Rina wieder bei ihrer Garderobe ankommen, schickt die junge Managerin die letzten Fans mit ein paar freundlichen Worten fort.

„Toller Dreh mit dir.“, meint Kanae gut gelaunt. „Ich freu mich schon auf ‚Crazy Alliance’. Ich hatte schon ganz vergessen, wie schön es ist, mit jemandem zu arbeiten, der auf eine merkwürdige Art irgendwie immer das Beste aus einem rauszuholen scheint.“

Kyoko senkt verlegen den Blick und murmelt ein halbherziges „Danke.“

Kanae hingegen verdreht grinsend die Augen, öffnet die Garderobentür ... und hält bestürzt inne.

„Oh-ohh!“, entfährt es ihr.

Rina begreift nur eine Sekunde später, was sie meint. Schnell schiebt sie Kyoko hinein und schließt sorgfältig die Tür hinter sich.

„Was...?“, setzt Kyoko verdutzt an und schaut zwischen beiden hin und her. Als ihr Blick ihren Gardeobenspiegel streift, versteht sie.

Auf ihm prangt in roten Lippenstift-Lettern:
 

„LASS DIE FINGER VON UNSEREM IDOL, KLEINE SCHLAMPE!“
 

„Na toll!“, findet Kyoko mit triefendem Sarkasmus in der Stimme.

„Das tut mir Leid, Kyoko-chan“, sagt Kanae betroffen, „da steckt bestimmt Kamio-san hinter. Wahrscheinlich hat sie deshalb die Abschlussszene vorverlegen lassen, damit sie das Set früher verlassen konnte. So hat sie ein bombensicheres Alibi.“

„Also wird es wohl eine ihrer Anhängerinnen getan haben...“, überlegt Rina. „Tut mir Leid, Kyoko-chan, ich hätte besser aufpassen müssen.“

„Wie denn?“, gibt die junge Schauspielerin ruhig zurück. „Du kannst schließlich nicht überall gleichzeitig sein. – Aber ärgerlich ist das schon.“

Auf ihrer Schulter kämpfen ein kleiner Dämon und ein reinherziger Engel eifrig um die Vorherrschaft in diesem Fall. Doch so sehr sie sich auch bemühen, keinem von beiden gelingt es, sich einen Vorteil zu verschaffen, bis...

„Ach, nimm’s nicht so schwer.“, tröstet Kanae ihre Freundin. „Du hast ja gesehen, dass die meisten anderen aus dem Team hinter dir stehen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie das auch noch täten, wenn sie von Tsuruga-san und dir wüssten. – Nimm solche Angriffe einfach nicht persönlich.“

Kyoko haut unversehens kräftig mit der Hand auf den Gardeobentisch, sodass alles, was darauf steht, einen kleinen Hüpfer macht.

„Verdammt noch mal!“, schreit sie enttäuscht und man sieht kleine Tränen der Wut in ihren Augenwinkeln glitzern.

Rina streicht sachte mit einer Hand über ihre Schulter. „Komm, lass dich von so einem blöden Spruch nicht runter ziehen.“, sagt sie leise.

„Spruch?“ Kyoko braucht einen Augenblick, um zu begreifen. Dann dreht sie sich wütend zu den anderen um, den verschmierten Rest des offenbar für die „Nachricht“ benutzten Lippenstiftes in der Hand.

„Dieser dämliche Spruch ist mir vollkommen egal!“, wettert sie. „Aber der Lippenstift, den dieses Miststück benutzt hat, gehört mir! Er war ein Geschenk von Ren!“ [Und wie wir ihn so kennen, war er sauteuer! ^_-]

„Oh.“, entfährt es Rina und Kanae gleichzeitig.

Nach nicht weniger als drei Schrecksekunden bricht Kanae mit einem Mal in schallendes Gelächter aus.

„Du bist mir vielleicht eine!“, meint sie, den Lachtränen nahe. „Und ich dachte schon, du verfällst jetzt in tiefe Depressionen wegen dieser albernen... Na ja, es ist ja nicht mal eine richtige Drohung...“

Arbeitsessen

Meine Güte, dieses Kapitel war eine richtig schwere Geburt!

Ich hatte vor allem große Schwierigkeiten mit unserem lieben Yashiro; über den Guten gibt es im Original-Manga nämlich nur sehr spärliche Informationen. Was zur Folge hatte, dass ich seinen Charakter zunächst mal komplett neu ausarbeiten musste.

Dazu kam, dass neuerdings sein Vorname in der Daisuki nicht wie bisher mit „Koichi“, sondern mit „Yukihito“ angegeben wird. Vermutlich handelt es sich um einen Transkriptionsfehler, der jetzt erst berichtigt wurde.

Sehr ärgerlich und vor allem lästig. Da hält man sich schon an die „offizielle“, deutsche Übersetzung und dann so was. Ich hab lange überlegt und ich denke, ich werde den Namen ändern; zunächst in diesem Kapitel und, wenn ich Zeit habe, nach und nach auch in den vorangegangenen Kapiteln. Lasst euch also nicht durcheinander bringen. ^^

Am Anfang hab ich mich mit dem Handlungsablauf in diesem Kapitel total schwer getan, aber gegen Ende ging es glücklicherweise immer leichter von der Hand, so dass ich die Hoffnung hege, doch ganz gute Arbeit bei Yashis Charakterdesign geleistet zu haben.

Ich bin so gespannt, ob euch das Kapitel gefällt. *ganz aufgeregt ist*
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[...........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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Nach nicht weniger als drei Schrecksekunden bricht Kanae mit einem Mal in schallendes Gelächter aus.

„Du bist mir vielleicht eine!“, meint sie, den Lachtränen nahe. „Und ich dachte schon, du verfällst jetzt in tiefe Depressionen wegen dieser albernen... Na ja, es ist ja nicht mal eine richtige Drohung...“
 

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Arbeitsessen
 

„Du hättest Kotonami-sans Gesicht sehen sollen, als Kyoko-san meinte, dass es ihr nur um den Lippenstift ginge.“ Rina lacht unwillkürlich auf.

„Kann ich mir lebhaft vorstellen.“, schmunzelt Yashiro. „Kotonami-san kann beinahe so herrlich verdutzt aus der Wäsche sehen wie Kyoko-chan...“

Die beiden Betreuer sitzen in der ruhigsten Ecke eines kleinen, koreanischen Familienrestaurants, das man inzwischen mit Fug und Recht als ihr Stammlokal bezeichnen kann. Gut gelaunt geben sie ihre Bestellung bei der freundlichen Bedienung auf.

Als die Kellnerin gegangen ist, wird Rina wieder ernster. „Sag mal, könntest du dich dazu durchringen, bei Tsuruga-san Termine mit Kimiko Kamio abzublocken ...zumindest für eine gewisse Zeit? – Ich denke nämlich, dass die Dame nicht ganz ungeschoren davon kommen sollte.“

Yashiro sieht sie eine ganze Weile forschend an, dann verzieht sich sein Mund zu einem breiten Grinsen.

„Wenn Ren-kun noch ein einziges Mal einen Termin mit ihr absolvieren müsste, dann würde er vermutlich zum ersten Mal in seiner Karriere ohne jeden Kommentar das Set verlassen ... und mich anschließend obendrein lynchen.“, lacht er. „Er konnte die Dame noch nie leiden ... und er hat auch nie einen Hehl daraus gemacht, nicht mal Kamio-san gegenüber. Darum begreife ich auch ihren quasi unausrottbaren Fanatismus nicht so recht. – Ren-kun weigert sich seit dem Vorfall jedenfalls kategorisch, auch nur eine halbe Minute mit ihr mit ihr zu arbeiten.

Manchmal denke ich, er hat nur darauf gewartet, endlich einen Grund dafür zu haben. – Und welcher Grund wäre stichhaltiger? ...zumal praktisch jeder in der Branche das nachvollziehen könnte.“

„Besonders beliebt scheint sie ja nicht zu sein bei ihren Kollegen...“

„Das könnte man so ausdrücken, zumal sie zu allem Überfluss auch noch ausgesprochen nachtragend ist. Wenn sie nicht ein paar ziemlich weit reichende Beziehungen hätte, würde vermutlich kein Regisseur mehr mit ihr arbeiten wollen. – Eigentlich lebt sie auch nur noch von vergangenem Ruhm...“

„Den Eindruck hatte ich auch irgendwie.“, meint Rina mit einem schiefen Grinsen im Gesicht. „Jedenfalls bin ich froh, dass Kyoko-san die ganze Sache nicht persönlich nimmt. Sie scheint es fast mühelos wegzustecken.“

„Na ja“, meint Yashiro ernst, „ob sie das wirklich so leicht hinnimmt ist noch die Frage. Ich glaube, sie ist da sensibler als man meinen könnte. Auch wenn ich denke, dass es ihr selbst nicht bewusst ist, dass es sie belastet. – Auf der anderen Seite hat sie ohne Zweifel im Moment den besten Rückhalt, den man sich nur denken kann, da ist es natürlich auch nicht schwer, solche unangenehmen Kleinigkeiten zu verdrängen.“

„Wahrscheinlich hast du Recht.“ Rina muss unwillkürlich lächeln. „Vor allem, wenn man einen erheblichen Teil des Tages damit beschäftigt ist, die Gesichtsfarbe irgendwie unter Kontrolle zu bringen.“

„Stimmt.“, schmunzelt Yashiro. „Wenn ich da an das erste Tanztraining denke...“

„Ja, Kyoko-san war dermaßen nervös, dass ich schon Angst hatte, dass sie das Rot in ihrem Gesicht dauerhaft behält. – Ikeda-san, die Trainerin, muss wirklich Tomaten auf den Augen gehabt haben.“

„Ach, vermutlich hat sie es darauf geschoben, dass es Kyoko-chans allererstes Training war ...und das auch noch mit so einem berühmten Star als Partner.“, meint Yukihito.

„Oder sie ist auch ein Fan von Tsuruga-san... Schließlich kann nicht sein, was nicht sein darf ...“, merkt Rina trocken an, ein amüsiertes Grinsen um die Mundwinkel.

„Na ja“, lacht Yukihito, „ich würde es zumindest nicht ausschließen.“

„Aber mal was Anderes.“, wirft Rina nach einem Moment vergnügten Schweigens ein. „Tsuruga–san hat etliche Schrittkombinationen absichtlich verpatzt, oder?“

„Da kannst du drauf wetten , meine Liebe!“ Yashiro grinst von einem Ohr zum anderen. „Vermutlich, um sie möglichst oft wiederholen zu können, ohne dass es auffällt. – War es so offensichtlich?“

„Ja, schon. - Jedenfalls bei genauerem Hinsehen. Zufälligerweise waren es meist die Schrittfolgen um besonders romantischen Posen herum. Oder Passagen, in denen sie besonders eng tanzen mussten.“ Rina kichert leise. „Außerdem wurde sein Grinsen bei jedem neuen Versuch breiter.“

„Stimmt allerdings. Vielleicht sollte ich dir dazu noch erklären, dass er normalerweise Bewegungsabläufe in einem unglaublichen Tempo und mit unbeschreiblicher Präzision lernt. – Bei ‚Dark Moon’ musste er doch in einigen Szenen Klavier spielen...“

„Ja, richtig, das hab ich gesehen.“, sagt Rina und überlegt einen Moment. „Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass er vorher überhaupt nicht spielen konnte...?“

„Doch, genau das.“, gibt Yashiro zurück. „Er hatte ganze drei Stunden Unterricht. Danach hatte er die Bewegungsabläufe so gut abgespeichert, dass er damit sogar improvisieren konnte.“

„Oh, wow!“ Rina ist offensichtlich beeindruckt. „Kein Wunder, dass er dann so anspruchsvoll ist bei allem, was die Arbeit angeht.“

„Ja, kann sein; er nimmt jedenfalls längst nicht jeden Partner ernst vor der Kamera. Bei Kyoko-chan war das irgendwie von Anfang an anders, ... obwohl sie zu der Zeit echt wie Hund und Katze waren...“, sinniert Yashiro schmunzelnd.

„Wer sagt denn, dass Hunde und Katzen nicht miteinander auskommen können?“, gibt Rina lachend zu bedenken.

„Auch wieder wahr...“ Yukihito zuckt grinsend mit den Schultern.

Ihr Gespräch wird durch die Bedienung unterbrochen, die das bestellte Essen serviert.

„Hm, lecker.“, schwärmt Rina. „Reich mir mal die Schale Kimchi, Yashi-kun!“ [Kimchi ist ein scharf eingelegter Kohl, der in Korea zu fast jedem Essen gereicht wird. Lecker! ^_-]

Yukihito tut lächelnd wie ihm geheißen.

„Hach, ich liebe dieses Zeug!“, meint die junge Managerin, während sie sich begeistert ein Stück davon in den Mund schiebt ... und die Augen für einen kurzen Moment selig lächelnd schließt.

„Weißt du, dass du ausgesprochen süß aussiehst, wenn du isst?“, fragt Yukihito grinsend.

„Danke.“, grinst Rina zurück. „Vermutlich genauso knuffig wie du, wenn du deine Brille zurecht rückst.“

„Kannst du ein Kompliment nicht einfach mal annehmen?“, seufzt Yukihito resigniert.

„Wieso?“, gibt Rina schlagfertig zurück. „Hab ich doch. – Ich hatte lediglich das Bedürfnis, dir auch eines zu machen, Yashi-kun.“

Yukihito kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Na ja, immerhin tust du dich damit nicht so schwer wie Kyoko-chan.“

„Na, siehst du. – Ich werde wenigstens nicht bei jedem netten Wort rot ... so wie Kyoko-chan beim Tanztraining.“

„Tja, es war aber auch ein bisschen unfair von Ren-kun, ihr ständig irgendwelche Komplimente ins Ohr zu hauchen, während sie sich aufs Tanzen konzentrieren musste.“

„Kann man so sagen. Hast du eigentlich eine Ahnung, was er ihr zugeflüstert hat?“, fragt Rina neugierig.

„Nein, ich hab keinen blassen Schimmer. Auch mir gegenüber hat er steif und fest behauptet, dass er nur ausprobiert hat, ob es klappt, gleichzeitig zu tanzen und den Text adäquat in Szene zu setzen. Aber Kyoko-chans Gesichtsausdruck nach war es etwas sehr viel Intimeres. Ich vermute mal, auch Kyoko-chan hat sich nicht weiter dazu geäußert.“

„Nö, natürlich nicht. Sie hat mich nur nachher darum gebeten, mit ihr noch mal verstärkt das Flirten zu üben. Sie meinte, sie bräuchte einfach mehr Praxis, damit sie es irgendwann mal schafft, sich von Tsuruga-san nicht mehr so schnell durcheinander bringen zu lassen.“

„Na, ob das möglich ist...?“, zweifelt Yukihito augenzwinkernd. „Ren-kun braucht sie doch nur ansehen und sie wird verlegen.“

„Wart’s ab, mein Lieber! Ein bisschen besser ist es ja schließlich schon geworden, ihr steht halt im Augenblick noch diese extreme Verliebtheit im Weg. – Aber das Mädchen hat durchaus Talent! Du wirst schon sehen, irgendwann wird sich Tsuruga-san sehr warm anziehen müssen, um ihrem bezaubernden, warmherzigen Charme widerstehen zu können.“

„Rina-chan, das kann er doch jetzt schon nicht.“, konstatiert ihr Gegenüber trocken.

„Ach, das mein ich nicht. Sicher hast du Recht, ... aber dadurch, dass er es mit solcher Leichtigkeit schafft, sie aus dem Konzept zu bringen, sitzt er eben am längeren Hebel und hat praktisch die Fäden dieser Beziehung allein in der Hand. – Aber das wird sich in absehbarer Zeit sicher ändern.“

Yukihito lächelt. „Solange es nicht in einen Machtkampf ausartet, soll es mir recht sein.“

„Ach, das ist doch nur ein amüsantes Spielchen.“, meint Rina. „Ist dir noch nicht aufgefallen, dass die Beiden einen Heidenspaß daran haben, sich zu kabbeln?“

„Das ist kaum zu übersehen. Zumal es auch einen Riesenspaß macht, ihnen dabei zuzusehen. – Außerdem traut sich ja sonst niemand, so mit Ren-kun zu reden. Das gibt sicher lustige Dreharbeiten bei ‚Crazy Alliance’.“

„Vermutlich.“, pflichtet Rina grinsend bei. „Besonders die Stuntszenen.“

„Das glaub ich auch. Seit Choi-sensei regelrecht eine Erleuchtung hatte, wie er den Größenunterschied der beiden kreativ einsetzten kann, wirken die Choreographien enorm verblüffend und unglaublich witzig. Das wird bestimmt ein Kracher im Kino.“

„Ja ... und seit Kyoko begriffen hat, dass Stunts weniger mit Kämpfen und mehr mit Tanzen zu tun haben, sieht es bei ihr auch noch sehr viel geschmeidiger aus. - Obwohl ich das Kämpferische auch witzig fand...“ Rina kichert leise vor sich hin.

Yukihito zieht die Augenbrauen hoch. „Du hast wohl Spaß daran, wenn sie dem armen Ren-kun versehentlich derbe Schläge verpasst?“

„Ich hab vor allem Spaß daran, wenn der Stärkere mal eine verpasst kriegt.“, gibt Rina kichernd zurück.

„So, so...“ Yukihito versinkt für einen Moment in nachdenkliches Schweigen, dann sieht er Rina neugierig an. „Darf ich dir eine persönliche Frage stellen, Rina-chan?“

Rina lächelt charmant. „Yashi-kun, du darfst mir jede Frage stellen.“

In Yukihitos Gesicht breitet sich eine Spur Rosa aus, was man allerdings nur bemerkt, wenn man sehr genau hinschaut. Es dauert einen Augenblick, bis er sich wieder gefasst hat, dann stellt er seine Frage.

„Wie kommt eine junge, hübsche Frau wie du auf die Idee, ausgerechnet Bodyguard zu werden; noch dazu in so jungen Jahren?“

„Danke für das ‚hübsch’.“, sagt Rina lächelnd; auch in ihrem Gesicht ist jetzt ein leichtes Rosa zu erkennen. „Ich hatte schon in der Grundschule einen ausgesprochenen Beschützerinstinkt. Ich hab die schwächeren Schüler immer vor pöbelnden Rowdys in Schutz genommen ... und zwar egal wie groß die waren. – Tja, ich hab halt eine Schwäche für die ‚Hilflosen’...“

Yukihito sieht die junge Betreuerin mit großen, verblüfften Augen an.

„Na ja“, fährt Rina ein wenig verlegen fort, „ich hatte schon als kleines Kind mit Aikido und Karate angefangen ... und da hatte ich trotz der mitunter großen Alters- und Größenunterschiede zu meinen ‚Gegnern’ eigentlich immer ganz gute Karten. Auch wenn’s nicht immer ohne - kleinere - Verletzungen abgegangen ist.“

„Und deine Eltern haben vermutlich regelmäßig die Hände überm Kopf zusammen geschlagen vor Entsetzen...“, schlussfolgert Yukihito.

„Nicht nur die, meine Lehrer waren da fast noch schlimmer. – Aber du hättest meinen Vater erleben sollen, als ich ihm kurz vor dem Highschool-Abschluss eröffnet hab, was ich beruflich machen will.“

„Ich glaube, ich kann es mir in etwa vorstellen. – Wenn ich so darüber nachdenke, wäre ich jedenfalls ernsthaft beunruhigt, wenn meine Tochter mir so was sagen würde. – Ist ja schließlich nicht unbedingt ein ungefährlicher Job.“

„So ungefähr war auch seine Argumentation, allerdings hat er es noch ein bisschen drastischer ausgedrückt. – Außerdem war er ziemlich erschrocken, dass ich heimlich schon sechs der besten Agenturen rausgesucht hatte, bei denen eine Ausbildung für mich in Frage kam.

Na ja, das Ende vom Lied war dann, dass ich ihm zuliebe zuerst eine Ausbildung als Speditionskauffrau gemacht habe, damit ich zumindest ‚einen anständigen Beruf’ habe, den ich auch noch ausüben kann, wenn es mit dem Personenschutz mal aus körperlichen oder gesundheitlichen Gründen nicht mehr klappen sollte.“

„Ach, daher hast du von Anfang an keine Probleme gehabt, Kyoko-chans Termine und die Fahrerei so aus dem Stehgreif zu organisieren. Ich hatte mich schon gewundert.“, merkt Yukihito an.

„Och, eigentlich blühe ich bei der Arbeit erst so richtig auf, wenn es ordentlich rund geht. – Ich brauche irgendwie eine tägliche Herausforderung, damit ich auch beim Personenschutz immer aufmerksam bleibe. – Bei meinem letzten Job war das allerdings mitunter eine ziemlich ermüdende Sache...“

Yukihito sieht sie verständnislos an. „Was meinst du?“

„Ach, mein letzter Schützling war die älteste Tochter einer Industriellenfamilie in Osaka. Und sie war häufiger mal ... nun, sagen wir mal: ... ein bisschen zickig. Daher ist das Ganze auch schon mal eher in einen Babysitter-Job ausgeartet.“, erklärt Rina grinsend.

„Hattest du dich deshalb nach was Anderem umgesehen?“, fragt Yukihito.

„Ach, nein, eigentlich nicht. Es war nicht so, dass ich nicht mit ihr ausgekommen wäre. Ihr Vater meinte sogar, ich sei die Einzige gewesen, die seine Tochter im Ernstfall zur Raison bringen konnte. Aber sie hat letzten Monat einen Amerikaner geheiratet und wohnt jetzt in Los Angeles; daher wurden meine Dienste nicht mehr benötigt.“

Das Klingeln von Yashiros Handy unterbricht Rinas Ausführungen. Hastig durchsucht er seine Taschen nach Gummihandschuhen, findet jedoch offenbar keine.

Lächelnd greift Rina daraufhin in seine Jackentasche, holt das immer noch bimmelnde Telefon heraus, nimmt das Gespräch ohne ein Wort zu sagen an und hält das Gerät ihrem Sitznachbarn ans Ohr, während sie ihm kurz zuzwinkert.

Im Laufe des Telefonats, das offensichtlich hauptsächlich vom Teilnehmer am anderen Ende der Leitung bestritten wird, greift Yukihito in eine andere Jackentasche, holt einen kleinen Block heraus, überlegt einen Moment und gibt dann Rina zu verstehen, dass er einen Stift braucht. Diese lässt sich nicht lang bitten und holt – ein ultrabreites Grinsen im Gesicht – einen kleinen Kugelschreiber aus ihrem V-Ausschnitt, den sie ihm leise kichernd reicht.

Yukihito vergisst glatt, dem Anrufer eine bestätigende Antwort zu geben.

„Ja, ja“, beeilt er sich eine Schrecksekunde später zu sagen, „ich werde es natürlich weiter geben. ... Nein. ... Selbstverständlich... Ja, einen schönen Abend noch. Und grüßen Sie Ihre Familie.“

„Sawara-san?“, fragt Rina beiläufig, während sie betont langsam – und unter Einsatz von möglichst viel Körperkontakt – das Handy wieder in einer von Yashiros Jacketttaschen verschwinden lässt.

„Ja.“, antwortet Yukihito ein wenig verwirrt. „Der Termin für diese Einkaufszentrums-Eröffnung steht. – Warte mal, ich schreib dir die Einzelheiten schnell auf. Dann kannst du sie morgen Kyoko-chan mitteilen.“

Schnell kritzelt er einige Schriftzeichen auf ein neues Blatt seines Notizblocks, reißt die Seite heraus und reicht sie Rina, während er den Stift vor ihr auf dem Tisch ablegt.

Diese nimmt den Zettel verschmitzt lächelnd entgegen, wirft einen kurzen Blick darauf, faltet ihn dann sorgfältig zusammen und lässt dann Stift und Papier wie selbstverständlich in ihr Dekollete gleiten.

„Wenn Kyoko-chan nicht von dir lernt, den Männern die Köpfe zu verdrehen, dann ist sie ein absolut hoffnungsloser Fall.“, stellt Yukihito seufzend fest. „Na ja, eigentlich war es ja sehr lieb von dir, mir das Telefon ans Ohr zu halten, aber...“

„Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich dir die Handschuhe dort raus geholt hätte, wo sie jetzt noch stecken?“, unterbricht ihn Rina glucksend.

Yukihito sieht sie fragend an, woraufhin Rina in schallendes Gelächter ausbricht.

„Du hast sie in deine rechte Hosentasche gesteckt, als du aus dem Auto gestiegen bist.“, klärt sie ihn auf.

„Oh!“, entfährt es Yukihito. Kopfschüttelnd hält er die Hände vor die Stirn und stöhnt leise. „Dieses vermaledeite Problem raubt mir irgendwann noch den letzten Nerv.“, murmelt er resigniert.

„Wäre es unverschämt, wenn ich darauf Anspruch erheben würde?“, lacht Rina.

„Auf was?!“

„Na, darauf, dir den letzten Nerv zu rauben.“

Yashiro kann nicht anders, er muss einfach in ihr fröhliches Lachen einstimmen.

„Außerdem“, fährt Rina grinsend fort, „ist es ja gar kein Wunder, dass du mit deinen Händen jedes Telefon zum Absturz bringst, diese göttlichen Greifwerkzeuge sind so was von elektrisierend, ... die bringen eben alles durcheinander. - Vor allem arglose, unschuldige Frauenzimmer.“

Yukihito zieht schmunzelnd die Augenbrauen hoch. „Hm ... und welcher Körperteil genau ist an dir noch unschuldig?“

„Warum?“, stellt Rina sofort grinsend die Gegenfrage.

„Weil ich das dann noch heute Abend ändern könnte, mein Schatz. ...es sei denn, du hättest etwas dagegen...“

Rina grinst von einem Ohr zum anderen und zwinkert verschwörerisch. „Tja, ich denke, wir sollten dann mal bezahlen.“
 

„Sag mal, hat Tsuruga-san eigentlich schon was von uns Beiden mitbekommen?“, fragt Rina als sie ein paar Minuten später das Lokal verlassen.

„Vermutlich genau so wenig wie Kyoko-chan. Die Beiden sind im Augenblick einfach so sehr mit sich selbst und mit einander beschäftigt, dass ich es erst erzählen werde, wenn er mich danach fragen wird.

Du solltest Ren-kun mal beobachten, wenn er wieder auf der Jagd nach Geschenken für Kyoko-chan ist.“ Yukihito grinst breit ... und Rina stimmt unwillkürlich ein. „Ich bin so froh, dass er im Moment richtig glücklich ist – wahrscheinlich ist er das zum ersten Mal in seinem Leben. Da sollte ihn für eine Weile nichts ablenken. – Noch vor einem halben Jahr wäre das vollkommen undenkbar gewesen.

Ich hätte nicht gedacht, dass er so niedlich aus der Wäsche schauen kann...“

Dinner for Two

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

[..........] = persönliche Kommentare der Autorin

kursive Worte sind betont
 

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„... Du solltest Ren-kun mal beobachten, wenn er wieder auf der Jagd nach Geschenken für Kyoko-chan ist.“ Yukihito grinst breit ... und Rina stimmt unwillkürlich ein. „Ich bin so froh, dass er im Moment richtig glücklich ist – wahrscheinlich ist er das zum ersten Mal in seinem Leben. Da sollte ihn für eine Weile nichts ablenken. – Noch vor einem halben Jahr wäre das vollkommen undenkbar gewesen.

Ich hätte nicht gedacht, dass er so niedlich aus der Wäsche schauen kann...“

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Dinner for Two
 

Von der Tür her ist ein wohl tönender Gong zu vernehmen.

Kyoko nimmt eilig die Küchenschürze ab, bevor sie sich zu ihrer Wohnungstür begibt und sie mit klopfendem Herzen öffnet.

„Hallo. Bin ich zu früh?“, fragt Ren grinsend.

„Nein, nein.“, winkt Kyoko schnell ab. „Du kommst genau richtig, ich bin gerade fertig.“

Ren betritt die Wohnung, stellt die Tragetasche ab, die er in der Hand hält, und entledigt sich rasch seiner Schuhe.

„Was ist da drin?“, fragt Kyoko misstrauisch, während sie auf eben jene Tasche deutet.

„Och, hauptsächlich Zeitungsartikel mit der Resonanz zur Eröffnung des Einkaufszentrums gestern.“, gibt der junge Schauspieler mit einem verdächtig unschuldigen Lächeln zurück.

Kyoko denkt nur resigniert: >Aha.<

Kaum merklich mit den Achseln zuckend wendet sie sich ab und meint leichthin: „Zieh dich schon mal aus und mach es dir im Wohnzimmer bequem; ich bin gleich da. Ich muss nur noch mal kurz in die Küche.“

Ren unterdrückt glucksend ein Lachen, während Kyoko erschrocken bemerkt, was sie da gerade von sich gegeben hat. Hochrot im Gesicht wendet sie sich erneut ihrem Freund zu und verbeugt sich tief ... aus einem reinen Reflex heraus.

„Entschuldige, ich meinte natürlich, Du sollst Dein Jackett ausziehen.“

„Das weiß ich doch, Kyoko.“, lacht Ren, wird jedoch sofort wieder ernst. „Aber mal was ganz Anderes: Glaubst du ernsthaft, dass du damit durchkommst?“

„Hä, womit?“ Kyoko sieht ihn verständnislos an.

„Damit, einfach so in die Küche abzuhauen. – Du schuldest mir noch was.“

Dem Mädchen schwant langsam, worauf er hinaus will und kommt – die Wangen in zartes Rosa getaucht – zögernd näher. Ren überbrückt den letzten Rest ihrer Distanz, indem er sie grinsend an den Armen zu sich heran zieht und dann demonstrativ mit dem Zeigefinger auf seine Lippen deutet.

„Kussschulden sind Ehrenschulden.“, behauptet er frech.

Leise seufzend stellt Kyoko sich auf die Zehenspitzen und versucht, ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken. Da er jedoch nicht die geringsten Anstalten macht, ihr bei diesem Unterfangen entgegen zu kommen, hat sie keine Chance, ihre „Schulden“ zu begleichen.

Rens Grinsen wird breiter.

Kyoko überlegt einen Moment, dann hat sie eine Entscheidung getroffen.

Entschlossen greift sie nach seinem Kragen und zieht ihn mit sanfter Gewalt zu sich herunter. Ren ist überrascht ... und sucht mit geöffnetem Mund nach einer passenden Bemerkung. Die Stirn in leichte Falten gelegt, bedenkt Kyoko ihn noch mit einem halbherzig tadelnden Blick, bevor sie die Augen schließt und seine Lippen überraschend leidenschaftlich mit ihren verschließt.

Als sie ihn nach geschlagenen zwei Minuten wieder frei lässt, hat er zwar die Fassung noch nicht wieder zurück gewonnen, ... dafür hat er aber auch nicht mehr das Verlangen, irgendeine geistreiche Bemerkung zu machen. Sein Blick ist ganz weich geworden.

Kyoko verkneift sich krampfhaft ein Grinsen.

„Zufrieden?“, fragt sie stattdessen vermeintlich genervt.

„Ja.“, antwortet ihr Freund lächelnd. „Jedenfalls fürs Erste.“

„Dann werd ich jetzt mal kurz in der Küche verschwinden.“ Mühsam schafft sie es, ernst zu bleiben und wendet sich zum Gehen.
 

Einen Moment noch bleibt Ren unbeweglich dort, wo ihn seine Freundin hat stehen lassen, dann kratzt er sich – immer noch ein wenig verdutzt – am Hinterkopf.

>Wow!<

Leicht beschämt registriert er, dass seine Hormone mit ihm durchzugehen drohen.

Mir einiger Mühe schafft er es schließlich, sein erwachendes Verlangen niederzukämpfen und atmet ein paar Mal tief durch. Dann nimmt er die Tasche vom Boden auf und begibt sich ins Wohnzimmer, wo er erneut staunend inne hält.

Kyoko hat offensichtlich den Esstisch aus der Küche ins Wohnzimmer verfrachtet und all die selbst zubereiteten Köstlichkeiten auf dekorativen Tellern und in (im wahrsten Sinne) geschmackvollen Schüsselchen so stilvoll darauf in Szene gesetzt, dass man das ganze Arrangement ohne zu übertreiben als Kunstwerk bezeichnen kann.

Schwer beeindruckt lässt sich Ren auf einem der Stühle nieder, legt die Tasche neben dem Tischbein ab und versinkt tief in Gedanken, während er lächelnd den liebevoll gedeckten Tisch betrachtet.

Erst als Kyoko mit einer Kanne frischem Tee das Zimmer betritt, taucht er wieder aus seinen offensichtlich höchst angenehmen Vorstellungen auf.

„Das sieht toll aus, Kyoko.“, meint er anerkennend. „Wenn das kein Candle-Light-Dinner ist, dann hab ich keine Ahnung, wie eines aussehen könnte.“

Kyokos Gesicht verfärbt sich zartrosa. „Danke. – Tee? Oder möchtest Du lieber etwas anderes trinken?““

„Nein, Tee ist perfekt.“

Unter leisem Plätschern gießt das Mädchen die heiße, hellgrüne Flüssigkeit in seine Tasse und nimmt dann am Tisch Platz. Schweigend und verlegen lächelnd beginnen sie mit dem Essen.

„Wie war Dein Tag?“, unterbricht Ren schließlich die leicht befangene Stille.

„Aufregend.“, meint Kyoko. „Ich hatte heute mein erstes Radio-Interview.“

„Und wie ist es gelaufen?“

„Eigentlich ganz gut.“, findet Kyoko nach kurzem Nachdenken. „Ich war erst ziemlich nervös, aber es war dann doch noch ganz lustig. – Allerdings war ich überrascht, wie klein so eine Sprecherkabine sein kann. Ich mein, ich bin ja enge Zimmer durchaus gewohnt, aber diese Kabinen sind ja obendrein auch noch voll gestopft mit Technik. Da hatte ich echt Angst, mich zu bewegen.“

Ren lacht. „Was soll ich denn sagen? Bei solchen Terminen bete ich jedes Mal, dass ich wenigstens genug Platz für meine Beine hab. Bewegungsfreiheit ist da doch der reine Luxus!“

„Übertreib mal nicht.“, bemerkt Kyoko trocken. „Die Leute wissen schließlich, dass Du ziemlich groß bist und stellen sich darauf ein. Die Radiosender wollen doch nicht riskieren, dass Du nicht mehr zu ihren Interview-Terminen kommst.“

„Ist natürlich wahr.“, gibt der junge Schauspieler freimütig zu. „Aber es bleibt trotzdem eng ... und darum gehören Radio-Termine nicht unbedingt zu meiner Lieblingsarbeit. – Auf der anderen Seite hat es natürlich was, dass man mich dann nur hören kann. Keine Maske, keine aufwändige Garderobe, man muss nicht auf Kamera-Einstellungen achten... Eigentlich ist so ein Termin viel lockerer.“

„Ja, stimmt. – Allerdings musste ich mich schwer beherrschen, nicht in Lachen auszubrechen, weil wirklich jeder Mitarbeiter, der gerade nicht beschäftigt war, sich hinter der dicken Glasscheibe die Nase platt gedrückt hat. - Das sah ziemlich witzig aus; ... aber es war auch irgendwie peinlich.“

„Haben sie dich nach dem Interview noch lange aufgehalten?“, will Ren wissen.

„Ach, nein, eigentlich nicht; die meisten waren mit einem Autogramm zufrieden ... und das war vergleichsweise schnell erledigt. Die Leute waren alle sehr nett.“

Wieder herrscht für ein Weilchen Stille. Ren konzentriert sich grinsend aufs Essen, offenbar hat es ihm der gegrillte Lachs im Yuan-Stil besonders angetan.

Kyoko macht sich lächelnd eine geistige Notiz ... und bemerkt gleich darauf die wohligen Schauer, die sein Anblick durch ihren gesamten Körper laufen lässt.
 

„Du hast vorhin gesagt, dass du Zeitungsartikel dabei hast. Was schreiben sie denn so, die Klatschreporter?“, fragt sie nach einer Weile.

Ren sieht von seiner Schüssel auf und grinst von einem Ohr zum anderen. „Eigentlich gar nichts Besonderes, aber die Resonanz war durchweg positiv.

Einige Reporter meinten, es sei eine erstaunlich entspannte, heitere Veranstaltung gewesen in Anbetracht der Tatsache, dass die anderen Darsteller von ‚Dark Moon’ so kurzfristig verhindert waren. Sie hatten offenbar befürchtet, dass einige Leute so enttäuscht hätten sein können, dass es zu Ausschreitungen hätte kommen können.

Einer hat erwähnt, dass du anfangs offenbar etwas nervös warst, das aber schnell in den Griff gekriegt hast...“

Kyokos Gesicht verfärbt sich rosa und ihr schießt heiß durch den Kopf, was es ihr ermöglicht hat, ihre Aufregung zu zügeln.

>Seltsam... Sonst bringen mich seine Blicke regelmäßig durcheinander, aber gestern hatte es eine ausgesprochen beruhigende Wirkung, dass er ständig ein Auge auf mich hatte...<

„...und einer hat das kleine Mädchen erwähnt, das zuerst solche Angst vor dir ... oder vielmehr vor Mio hatte. – Kannst du dir später alles selber durchlesen.“

„Ähm“, fragt Kyoko übergangslos, „da fällt mir ein, dass ich ganz vergessen hatte, dich zu fragen, was du ihr gesagt hast, dass sie sich dann doch mit ihrer Mutter zu meiner Tischseite rüber getraut hat.“

„Ich hab ihr einfach erklärt, dass du die Mio nur gespielt hast, ... wie die Schauspieler im Kindertheater... Und dass du eine tolle Schauspielerin bist, deshalb hat es so echt gewirkt.“ Rens Grinsen scheint jetzt sein Gesicht zu sprengen. „Und dann hab ich ihr erzählt, dass du in Wirklichkeit total nett bist ... und dass du Kinder magst.“

„Ach so.“

„Dann hab ich sie gefragt, ob sie vor mir Angst hätte. Sie sagte ‚Nein’, also hab ich ihr erzählt, dass ich auch schon mal einen Bösewicht im Film gespielt hab. – Das hat ihr dann wohl die letzten Zweifel genommen. – Aber was hast du ihr gesagt, dass nachher sowohl ihre Mutter als auch die Kleine fröhlich hüpfend von dannen gezogen sind?“

„Ich? – Gar nichts Besonderes; ich hab sie nach ihren Namen gefragt, mich ein bisschen mit ihr und ihrer Mutter unterhalten und dann beiden ein Autogramm mit einer kleinen Widmung geschrieben.“

„Du willst also sagen, Du hättest keinerlei ‚Schuld’ daran, dass Du allem Anschein nach zwei Menschen über alle Maßen glücklich gemacht hast?“, bringt es Ren lachend auf den Punkt. Beiläufig greift er noch einmal mit den Stäbchen nach einem Stück Hühnchenfleisch und schiebt es sich genüsslich in den Mund. „Mensch, das Hähnchen in der Sesamkruste ist aber auch lecker!“, bemerkt er kauend, nimmt dann auch noch das letzte Stück aus der Schüssel und verspeist es breit grinsend.

Kyoko schaut ihn nur verständnislos an, dieser Themenwechsel war ihr dann doch ein bisschen zu abrupt.

Beim Anblick ihres verwirrten Gesichtsausdrucks droht Ren beinahe in schallendes Gelächter auszubrechen, er schafft es jedoch rechtzeitig, sich zu beherrschen und winkt stattdessen seine Freundin zu sich auf den Schoß.

Neugierig kommt sie seinem Verlangen nach.

„Sieh mal, Hime-chan, du hast dich bei dieser Sache nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, wie ein Anfänger verhalten, sondern wie ein ziemlich gewiefter Profi. – Kinder sind nämlich äußerst schwer vom Gegenteil zu überzeugen, wenn sie sich einmal eine feste Meinung von einem Menschen gebildet haben. Noch dazu in einer so hektischen, unübersichtlichen Situation mit solch einem Gedränge und Geschiebe wie bei einer Autogrammstunde. Obendrein stresst es auch die Begleitpersonen ungemein, wenn ein kleines Kind derart verstört reagiert. Und außerdem bedeutet so ein Menschenauflauf auch immer für die anwesenden Schauspieler Stress. Erfahrene Schauspieler wissen aber, dass sie am schnellsten Ruhe in den ganzen Ablauf bringen, wenn sie ihren eigenen Stress erstmal vergessen und sich sozusagen zunächst um das schwächste Glied kümmern. Du hast instinktiv das Richtige getan, als du dich ehrlich um das Vertrauen des kleinen Mädchens bemüht hast ... und dir dabei genügend Zeit genommen hast. Das hat nicht nur sie ungemein beruhigt, ja geradezu befreit, es hat auch der Mutter wieder die innere Ruhe ermöglicht.

Aber das ist noch gar nicht alles.

Das Ganze hatte nämlich auch positive Auswirkungen auf die gesamte Menschenmenge, die noch in der Schlange stand. Jedenfalls war die Atmosphäre nachher wesentlich entspannter und lockerer, ... was wiederum den Sicherheitskräften enorm viel Arbeit erspart hat.“

Kyoko ist – wie soll es anders sein – rot angelaufen und sucht verzweifelt nach Worten. Allerdings nicht so sehr, weil sie Rens kleine Rede in Verlegenheit bringt – eigentlich hat sie sowieso nur die Hälfte davon mitbekommen. Vielmehr spürt sie schon die ganze Zeit die Körperwärme ihres Freundes wohlig ihr Innerstes durchfluten und bemerkt zu ihrer eigenen Verwunderung, dass sie ebendies über alle Maßen genießt ... und eigentlich gar nicht genug davon bekommen kann.

„Aber...“, stammelt sie, „aber ich hab doch gar nicht viel getan, das meiste hattest du doch schon gemacht.“

„Mag sein. Ich hatte sicher einiges an Vorarbeit geleistet, damit die Kleine überhaupt wieder einigermaßen ansprechbar war, aber das hätte alles nichts genützt, wenn du dich anschließend nicht so verständnisvoll und lieb um sie gekümmert hättest ... und dir vor allem so viel Zeit dabei genommen hättest. – Und glaub mir: Das ist absolut nicht selbstverständlich.“

Liebevoll streichelt er Kyoko über den Rücken ... und hat plötzlich dieses verräterisch spitzbübische Grinsen im Gesicht, bei dem Kyoko sofort weiß, was die Stunde geschlagen hat.

„Gib mir mal die Tasche hoch!“, verlangt er.

Kyoko tut resigniert wie ihr geheißen.

Ren kramt grinsend ein relativ kleines und doch vergleichsweise schweres Päckchen heraus und reicht es seiner Freundin, während er ihr einen sanften Kuss aufs Ohr haucht.

„Für herausragend herzliches Verhalten besonders jungen Fans gegenüber.“, flüstert er.

Kyoko seufzt leise, während ihr heiße Schauer den Rücken hinauf jagen. „Du findest auch immer irgendeinen Grund. – Wenn ich nicht so schrecklich in dich verknallt wäre, würde ich dir das jetzt vermutlich um die Ohren hauen.“

„Oh“, lacht Ren, „tu das lieber nicht. Ich denke nämlich, du kannst es hervorragend gebrauchen, ... vor allem bei der Arbeit.“

Kyokos Neugier ist geweckt und auf eine aufmunternde Geste Rens hin entfernt sie das Geschenkpapier.
 

„Ein i-phone?! – Bist du wahnsinnig?!“, entfährt es ihr, als sie den kleinen Karton darunter erblickt.

„Ja.“, meint Ren grinsend. „Natürlich bin ich das. Wahnsinnig verliebt. – Und jetzt spann mich nicht so auf die Folter, ich will wissen, wie es dir gefällt; ich hab das Ding nämlich komplett betriebsbereit gemacht, mit Hintergrundbild, Klingeltönen für die wichtigsten Anrufer, drei Profilen, die du mit Sicherheit brauchen wirst und... ach, wart es ab.“

Kyoko öffnet den Karton und legt den Inhalt auf den Tisch vor sich. Dann kommt ihr ein Gedanke.

„Das hat dich den ganzen Nachmittag gekostet, oder?“, fragt sie ebenso erstaunt wie gerührt.

„Ja. Hat aber auch Spaß gemacht.“, meint Ren. „Außerdem hat dich dieses Essen hier doch auch den ganzen Nachmittag gekostet. Mindestens. Und im Gegensatz zu mir, musstest du heute in die Schule und arbeiten.“

„Ach, das ist doch was anderes.“, winkt das Mädchen verlegen ab.

„Finde ich nicht.“, widerspricht Ren trocken. „Dreh es mal um!“

Kyoko nimmt das Telefon in die Hand und streicht mit den Fingerspitzen staunend über die glatte Oberfläche, bevor sie es umdreht.

>Mein Gott, ist das lieb! Das ist...< Kyoko hält plötzlich stirnrunzelnd in ihren Gedanken inne.

„Ist das nicht ein bisschen riskant? Eine Lasergravur auf der Rückseite? Wenn das jemand sieht...“

„Warum? Wer außer uns ... und vielleicht noch zwei, drei anderen Leuten weiß denn, wer Koon ist? Außerdem ist es ziemlich klein und in Romaji geschrieben, da muss man als Japaner schon genauer hinsehen. – Und mit ‚Forever Yours’ könnte ja auch das Telefon gemeint sein.“, gibt der junge Schauspieler zwinkernd zu bedenken.

„Aber doch nicht, wenn darunter ‚Koon’ steht!“ Kyoko verdreht die Augen leicht nach oben. „Da wird mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als Rina-san zu bitten, immer gut darauf aufzupassen, wenn ich gerade zu tun habe.“, seufzt sie.
 

Eine Weile noch beschäftigen sich die Beiden mit dem stylischen Handy, indem Ren ihr dessen Funktionen ausführlich erklärt. Immer noch sitzt sie dabei auf seinem Schoß ... und langsam, aber sicher wird dem jungen Schauspieler die Situation ... zu ... angenehm.

„Hör mal, Hime-chan“, beginnt er schließlich sichtlich verlegen, „ich glaub, es ist besser, wenn du jetzt wieder an deinen Platz gehst.“

„Warum?“, will Kyoko wissen und kuschelt sich noch einmal nah an seine Brust.

Ren seufzt tief, als sie ihm so von unten her in die Augen schaut ... und augenblicklich wird ihm noch heißer, als ihm ohnehin schon war.

„Weil...“ Ren stockt einen Moment und muss hart schlucken. „Weil ich sonst nicht weiß, ob ich mich noch länger beherrschen kann. – Du fühlst dich einfach ... zu gut an.“

„Du auch.“, stellt Kyoko lächelnd fest ... und wundert sich insgeheim, wieso sie sich dabei so ganz und gar ruhig fühlt. „Und wer hat behauptet, dass du dich beherrschen musst ?“

Ren sieht seine Freundin vollkommen verdattert an.

„Na, hör mal!“, bringt er schließlich heraus. „Ich kann doch nicht einfach so über dich herfallen ... und ich will es auch gar nicht. Du bist erst 17 und...“

„Und was?“, fällt ihm Kyoko erstaunlich gelassen ins Wort. „Du willst dich nicht strafbar machen? – Wo kein Kläger, da kein Richter. – Außerdem: Wer sagt denn, dass es mir nicht gefallen würde?“

Jetzt gerät der junge Schauspieler tatsächlich ins Schwitzen; krampfhaft versucht er, vernünftig zu bleiben.

„Das ist nicht dein Ernst, oder?“, fragt er hilflos.

„Doch. Mir ist nämlich nicht entgangen, dass es dir in den letzten Wochen zunehmend schwer gefallen ist, deine Finger bei dir zu behalten.“ Sie grinst breit. „Nicht, dass es mich gestört hat. – Aber so langsam hab ich das Gefühl, dass es dir außerdem immer schwerer zu fallen scheint, auch nur klar zu denken in meiner Gegenwart. Und wenn ich dich noch lange hinhalte, werden es über kurz oder lang auch andere Leute mitkriegen.“

Ren ist so perplex, dass ihm der Mund offen steht.

Lächelnd gibt ihm Kyoko einen zarten Kuss auf die Wange und holt ihn so aus seiner geistigen Erstarrung zurück.

Er sieht ihr ernst in die Augen. „Hast du überhaupt eine Ahnung, worauf du dich da einlässt, Kyoko?“

„Nur so ungefähr“, gibt Kyoko seufzend zu; jetzt ist sie doch ein wenig rot geworden. „Woher auch? Aber das geht schon in Ordnung; ich hab lange darüber nachgedacht.“

Ren atmet seufzend durch, nimmt seine Freundin fest in seine Arme und atmet eine Weile intensiv den Duft ihrer Haare.

„Das ist sehr lieb von dir, Hime-chan“, sagt er schließlich leise. „Aber das alles sollte kein Argument sein; ich werd schon irgendwie damit fertig.“ Er küsst lächelnd ihre Hände. „Wir müssen ‚es’ nicht tun, wenn dir nicht danach ist.“

Kyoko atmet kurz durch, bevor sie antwortet. „Nein, schon gut. Ich möchte es, ich möchte dir ganz gehören.“

„Aber das muss doch nicht jetzt sein.“, versucht Ren zu argumentieren.

Sanft streichelt er ihre Wangen und lässt dabei gedankenverloren den Daumen über ihre Lippen fahren. Schließlich strafft er sich ein wenig und sieht ihr tief in die Augen.

„Ich möchte dich nicht drängen, ich möchte, dass du dich wohl fühlst dabei. – Kyoko, ich liebe dich mehr als mein Leben, ... für dich würde ich notfalls sogar meine Karriere aufgeben.“

Seine Freundin schaut entsetzt zu ihm hoch und will ihm vehement widersprechen, doch er legt nur lächelnd seine Fingerspitzen auf ihren Mund und redet weiter.

„Nicht, dass ich scharf darauf wäre, alles aufzugeben, was ich mir da teilweise in mühsamer Kleinstarbeit aufgebaut habe, aber wenn es hart auf hart käme und ich vor der Entscheidung stünde, würde ich dich wählen. – Ohne dich ist meine ganze Existenz irgendwie ... belanglos...“

Einen Augenblick ist Kyoko sprachlos.

„Aber das ist doch Unsinn!“, bricht es schließlich empört aus ihr heraus. „Du bist doch...“

„...der begehrteste Mann Japans“, ergänzt Ren sarkastisch und rollt mit den Augen. „das beste Pferd im LME-Stall... blah, blah, blah... Weswegen denn? Wegen dem, was ich verkörpere . Es ist bloß ein Image, ... eine riesige Seifenblase. – Ich verkaufe lediglich Illusionen...“

„Illusionen, die vielen Menschen Hoffnung geben ... und Inspiration“, sagt sie ernst, „...die sie sogar manchmal wieder aufrichten; die ihnen ermöglichen, mal für ein paar Stunden die Alltagssorgen abzustreifen. Und glaub mir, die können verdammt groß sein.– Außerdem ist doch nicht alles nur Image.“

Der junge Schauspieler schaut sie vollkommen verblüfft an. Aus diesem Blickwinkel hat er seine Arbeit bisher noch nie betrachtet.

>War sie schon immer so erwachsen?<, fragt er sich, während er tief seufzt. >...vielleicht hätte man doch eher mich in die Love Me Section stecken sollen...<

„Vielleicht hast du Recht.“, lenkt er schließlich ein. „Trotzdem bleibe ich dabei: Ohne dich bin ich vollkommen verloren. – Versteh doch, ich möchte, dass du glücklich bist, ... sonst weiß ich überhaupt nicht, wofür ich lebe... Und sinnlos vor mich her gelebt habe ich nun wirklich lang genug.“

„Ich bin glücklich, Koon, mehr als ich es jemals zu träumen gewagt hätte. – Ich glaube, du verstehst nicht.“ Ernst und entschlossen sieht sie ihn an, mit einem warmen Lächeln in den Augen. „Koon“, sagt sie ebenso leise wie eindringlich, „es ist mein erstes Mal. Ich werde also sowieso nervös sein, ... egal wie lange wir damit noch warten...“

>Wenn ich bloß etwas klarer denken könnte, dann könnte ich vielleicht auch besser erklären, was ich meine... Aber du siehst so verdammt scharf aus in diesem Hemd...<

Ren grinst plötzlich sehr breit. „Soll ich es ausziehen?“, fragt er verschmitzt.

Kyoko scheint gerade eine neue Sportart zu erfinden: Extrem Rot-werding. „Sag ... jetzt nicht, ich hab das ... laut gesagt....“, stammelt sie atemlos.

„Doch, hast du; zwar nicht unbedingt laut, aber doch deutlich hörbar.“, bestätigt er grinsend.

Eine Sekunde später küsst er sie so leidenschaftlich, dass sie ihre Verlegenheit schlicht vergisst.

Als eine seiner Hände dabei warm und zärtlich unter ihrer Bluse ihr Rückrat entlang nach oben wandert, während die andere sachte über ihren Oberschenkel streicht, ist sie im ersten Moment ein klein wenig erschrocken, ... doch schon einen Sekundenbruchteil später verliert sie sich wieder in ihren überquellenden Gefühlen und den sensationellen Empfindungen auf ihrer Haut.

Als Ren den Kuss schließlich nach einer kleinen, seligen Ewigkeit beendet und sie noch ein wenig fester an sich drückt, schaut sie ihn lächelnd von unten herauf an.

„Lass mich schnell das Geschirr weg räumen.“, flüstert sie mit leicht heiserer Stimme.

Ren macht jedoch keinerlei Anstalten, sie gehen zu lassen und grinst stattdessen schelmisch.

„Nein.“, entscheidet er seelenruhig, erhebt sich mit seiner Freundin auf dem Arm vom Stuhl und begibt sich schnurstracks in Richtung Schafzimmer. „Du wolltest es so ... und jetzt ziehen wir das auch durch.“

Kyoko läuft in Sekundenbruchteilen puterrot an, das Herz pocht wie wild in ihrem Brustkorb und ihr wird so heiß, dass sie sich beinahe vorkommt wie ein Milchtopf kurz vor dem überkochen. Vor Verlegenheit würde sie am liebsten im Boden versinken ... oder sich irgendwo tief in Rens Brustkorb verkriechen...

Sie entscheidet sich für Rens breite, warme Brust, auch wenn die Chancen, komplett darin zu verschwinden, doch vergleichsweise gering sind...

>Worüber reg ich mich eigentlich auf?<, fragt sie sich zwei weitere Sekunden später. > Ich war es doch, die ihn regelrecht dazu überredet hat...<
 

Als Ren sie kurz darauf vorsichtig auf ihrem Himmelbett abgelegt hat, hat sich ihr Herzschlag schon wieder einigermaßen normalisiert und auch ihre Gesichtsfarbe ist jetzt nur noch ein zartes Rosa.

Während ihr Freund nun zärtlich durch ihre Haare fährt, legt er sich sanft lächelnd neben sie und beobachtet einen langen Augenblick, wie sie ihn ein wenig verlegen - und doch offensichtlich zu allem entschlossen - ansieht.

„Ich liebe Dich, mein süßer Engel.“, sagt er leise. „Du weißt gar nicht, wie sehr.“

Bevor Kyoko irgendetwas antworten kann, hat er auch schon seine Lippen auf ihren und streichelt behutsam mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe. Er muss sie nicht lange bitten, denn sie lässt schon im nächsten Moment die ebenso vorwitzige wie liebevolle Zunge ein und erwidert den Kuss mit einer Leidenschaft, die er nie erwartet hätte.

Langsam wandern seine Hände jetzt über ihren Körper, ziehen sie noch ein wenig näher zu sich heran und er registriert, dass ebendies seine Wirkung offenbar nicht verfehlt.

Kyoko entspannt sich zusehends, streckt sich seinen Berührungen kaum merklich entgegen und vergräbt ihre eigenen Hände selbstvergessen in seinen Haaren.

Ren laufen heiße Wellen durch den Körper und konzentrieren sich schließlich intensiv zwischen seinen Beinen.

Sein Kuss wird leidenschaftlicher.

Schließlich lässt er von ihren Lippen ab und küsst sie stattdessen auf die Nase, ...auf die Augen, ...auf die Schläfe. Dann knabbert er sanft an ihrem Ohr, während er sachte ihren Nacken am Haaransatz massiert.

Kyoko spürt beinahe entrückt seinen heißen Atem auf ihrer Haut, verliert sich selbst in ihren Empfindungen und seinen Berührungen ... und bemerkt schließlich beiläufig, wie sehr sie das alles genießt.

Sie schließt genüsslich die Augen, während ein leises Stöhnen ihre Lippen verlässt.

Zufrieden lächelnd löst sich Ren kurz von ihr, um sich ein wenig aufzusetzen und sich gleich darauf küssend einen Weg ihren Hals hinunter zu bahnen. Die Hand, die zuvor noch ihren Nacken bearbeitet hat, streicht nun zärtlich ihre Seite entlang ... hinunter und wieder hinauf...

Zugleich öffnet er mit der anderen die Knöpfe seines Hemdes und zieht es - mit ein wenig Mühe – aus der Hose heraus. Dann lassen seine Lippen und die zweite Hand ab von ihrer samtweichen Haut und er entledigt sich hastig des störenden Stoffes.

Das Hemd landet in hohem Bogen auf dem Boden vor dem Bett.

Irritiert öffnet Kyoko die Augen ... und lächelt. Beinahe andächtig lässt sie nun ihre Hände über seine muskulöse Brust gleiten, jeden Zentimeter sorgfältig erkundend und einen zarten Rotschimmer auf den Wangen.

Ren schießt unwillkürlich das Blut in die Lenden. Schlagartig wird ihm klar, dass es spätestens jetzt kein Zurück mehr gibt. Ein kurzer Blick in die Augen seiner Geliebten macht ihm allerdings unmissverständlich klar, dass das ohnehin keine Option mehr wäre.

Ein warmes Lächeln breitet sich in seinem Gesicht aus.

Langsam beginnt er, auch Kyokos Bluse aufzuknöpfen, der daraufhin ein leiser Seufzer entfährt. Knopf für Knopf legt er ihre nackte Haut frei, bis er schließlich einen freien Blick auf den weißen Spitzen-BH hat ... und die verlockende Verheißung, die darunter verborgen liegt.

Doch bevor er sich den beiden verführerischen Hügeln widmet, streichelt er mit seinen großen, warmen Händen langsam und genüsslich ihren Oberkörper. Kyoko lässt ihre Arme sinken, hat erneut die Augen geschlossen und offenbar entschieden, sich diesen ebenso kräftigen wie zärtlichen Fingern vertrauensvoll hinzugeben.

Zufrieden lächelnd setzt er sich über sie, je ein Knie rechts und links neben ihren Oberschenkeln, beugt sich hinunter und bedeckt ihren Bauch mit sanften, warmen Küssen, bis er ihren Bauchnabel erreicht. Dort hält er inne und taucht seine Zunge gefühlvoll in die kleine Mulde hinein, was auf Kyokos Haut unwillkürlich eine Gänsehaut verursacht und ihr ein weiteres, leises Stöhnen entlockt.

Ein verschmitztes Grinsen schleicht sich auf Rens Lippen und er beginnt, feuchte Spuren auf ihrem Bauch zu zeichnen, was immer wieder heiße und kalte Schauer durch Kyokos Körper jagen lässt.

Quälend langsam arbeitet sich Ren nun mit Lippen und Zunge ihren Oberkörper hinauf, während seine Hände unter ihren Körper fahren und sich einen Weg hinauf zu ihren Schulterblättern bahnen. Geschickt schiebt er mit den Fingern die Enden des BH-Verschlusses zusammen, um ihn so fast unbemerkt zu öffnen.

Kyoko fühlt sich plötzlich seltsam befreit ... und spürt gleich darauf das Kribbeln ihrer Haut doppelt so deutlich wie zuvor. Diesmal steigt ihr die Hitze nicht nur ins Gesicht.

Ren setzt sich langsam wieder auf, jedoch ohne auch nur eine einzige Sekunde den Körperkontakt zu unterbrechen. Vorsichtig schiebt er mit einer Hand den BH nach oben und betrachtet das Mädchen unter sich, während seine Hände zärtlich ihre Seiten streicheln.

Kyoko wird immer wärmer. Ein wenig zaghaft öffnet sie die Augen wieder; ihr Blick trifft sich mit Rens.

Er lächelt liebevoll ... und ausgesprochen heißblütig.

„Du bist wunderschön.“, flüstert er heiser.

Kyokos Mund ist so trocken, dass sie keinen Ton heraus bekommt und paradoxerweise breitet sich - trotz ihres heftig klopfenden Herzen - eine solch unerschütterliche Ruhe in ihr aus, dass sich ihre Augen wie von selbst wieder schließen, während sich ein weiches, sinnliches Lächeln in ihrem Gesicht entfaltet.

Ren nimmt es als endgültige Einwilligung. Die darauf folgende, heiße Welle, die seinen gesamten Körper mit sich reißt, lässt seinen Atem schneller gehen und ihn leise aufseufzen.

Wieder bedeckt er ihren Bauch mit Küssen, doch diesmal wandern seine Hände zu ihren Brüsten hoch, umkreisen sie, ...umschmeicheln sie, ...massieren sie zärtlich.

Kyokos Hände finden wie von allein den Weg in seine Haare und fahren langsam durch sie hindurch, ...federleicht, ...behutsam, ...wohlige Schauer auslösend.

Ren arbeitet sich küssend zu ihren Brüsten hoch und erkundet auch hier gründlich das Terrain.

Kyoko entfährt ein Stöhnen, das nicht mehr ganz so leise ist, wie zuvor.

Leise grinsend fährt er fort, streicht mit den Händen die Schultern und ihren Nacken entlang.

Kyoko kommt es vor, als ihr stünde Ihr Körper in Flammen und würde wie von allein seinen Berührungen entgegen wachsen. Sie badet förmlich im Streicheln seiner Hände und schwelgt selbstvergessen in ihren Empfindungen. Fahrig streifen ihre Finger über seine Schultern und Oberarme.

Ren legt sich wieder neben sie und lässt eine Hand bedächtig ihre Oberschenkel hinab gleiten. Quälend langsam erkundet er seine Freundin auch dort und als er schließlich die Innenseite des Beins berührt, stöhnt das Mädchen laut auf.

Kyoko zuckt erschrocken zusammen und reißt die Augen auf, während eine Hand vor ihren Mund fliegt.

Ren lächelt sanft und nimmt die Hand wieder von ihren Lippen.

„Hab keine Angst.“, sagt er leise. „Dieses Haus wird hauptsächlich von Musikern und Schauspielern bewohnt, ... darum sind die Wohnungen hier schallisoliert. – Du kannst also so laut sein, wie du willst...“

Kyoko errötet heftig.

Ren zwinkert ihr lächelnd zu und küsst sie noch einmal leidenschaftlich, bevor er sich erneut ans Werk macht, ihr auch noch die letzten Hemmungen zu rauben.

Es dauert nicht lange, bis sie abermals laut aufstöhnt. Diesmal jedoch lässt sie es geschehen. Inzwischen windet sie sich geradezu lustvoll unter seiner zärtlichen Behandlung.

Sachte holt Ren sie schließlich auf die Knie hoch und zieht ihr zärtlich Bluse und BH aus. Er sieht sie noch einmal fragend an, dann umarmt er sie liebevoll.

In stillem Einverständnis – und mit leise zitternden Fingern – macht sich Kyoko nun an seinem Gürtel zu schaffen, um seine Hose zu öffnen.

Vorsichtig biegt Ren sie danach wieder nach hinten und legt sie erneut auf dem weichen Kissen ab. Rasch entledigt er sich Hose und Unterwäsche und beginnt dann langsam und breit grinsend, auch seiner Freundin die restlichen Kleider abzustreifen...
 


 

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Nachwort
 

So, das war’s. Alles andere muss ich leider eurer – mehr oder weniger schmutzigen – Fantasie überlassen. ^_- Ich wollte es schließlich jugendfrei halten. (Um ehrlich zu sein, finde ich es dadurch schon reichlich unspektakulär... T_T)
 

Nachzutragen ist vielleicht noch, dass Ren – selbstverständlich – ein Kondom benutzt hat, obwohl das eigentlich gar nicht nötig gewesen wäre; immerhin hatte er schon seit mehr als einem Jahr kein intimes Verhältnis mehr und Kyoko hatte - Dank der Okami-san – verhütungstechnisch schon vorgesorgt. (Sie hat sich ein Verhütungsstäbchen in den Oberarm implantieren lassen.)
 

Außerdem hat Ren danach – wieder ganz Gentleman - darauf bestanden, den Tisch alleine abzuräumen; schließlich hatte Kyoko (noch mehr als er ^^) reichlich weiche Knie und war rechtschaffen müde.
 

Oh, bevor ich es vergesse: Als die Beiden anschließend noch auf dem Bett beieinander lagen - zärtlich ineinander verschlungen und noch reichlich erhitzt - da gelang gleich zwei reinherzigen Engeln die Flucht aus der Kiste, die seit geraumer Zeit ihr Gefängnis gewesen war...

Schock am Nachmittag

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

In stillem Einverständnis – und mit leise zitternden Fingern – macht sich Kyoko nun an seinem Gürtel zu schaffen, um seine Hose zu öffnen. Vorsichtig biegt Ren sie danach wieder zurück und legt sie erneut auf dem weichen Kissen ab. Rasch entledigt er sich seiner Hose und Unterwäsche und beginnt dann langsam, auch seiner Freundin die restlichen Kleider abzustreifen...
 

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Schock am Nachmittag
 

„Hm? Was ist denn noch?“ Kyoko sieht ihren Chef verwirrt an. „Ich dachte, wir hätten alles Wichtige besprochen. Wir sind doch nur wegen der Drehbuch-Änderungen bei Crazy Alliance hier, oder hab ich das falsch verstanden?“

„Na ja“, druckst Rory Takarada herum, „damit hat es auch zu tun. Wie ihr gehört habt, hat ja Kurozaki-san die Rolle des Yakuza, Yuichi Tanaka, erweitert.“

„Und ... ähm ... was ist so besonders daran?“, hakt Kyoko verständnislos nach. Aus irgendeinem ihr nicht ersichtlichen Grund, ist sie schon seit einigen Minuten zunehmend unruhig. Sie wirft unsicher einen kurzen Blick auf Ren, der seitlich hinter ihr steht und dessen Miene ihr verdächtig ausdruckslos zu sein scheint. Auch Rina und Yashiro halten sich merkwürdig bedeckt.

Irgendetwas scheint hier ganz und gar nicht zu stimmen.

Sie wendet sich wieder Rory Takarada zu, der heute einen schwarzen Maßanzug und einen dazu passenden Hut trägt. Die verspiegelte Sonnenbrille hat er immerhin inzwischen abgenommen – sie liegt neben den schwarzen Lederhandschuhen auf dem Tisch - und so wirkt sein Yakuza-Kostüm mittlerweile verstörend normal an ihm.

Noch immer hat er nicht geantwortet und darum sammelt das Mädchen mühsam seine Gedanken wieder zusammen und versucht es erneut.

„So was kommt doch häufiger vor bei Filmprojekten ... und die Rollenverteilung hat sich doch nicht geändert, oder?“

Rory wird es in seinem Anzug offenbar zu warm.

„Das ist richtig.“, antwortet er schließlich. „Kurozaki-san hat die Probeaufnahmen gesehen und dachte, es wäre nicht nur eine lustige, sondern auch eine wirtschaftlich interessante Idee, diese Rolle auszubauen.“

Kyoko stehen noch immer deutlich die sprichwörtlichen Fragezeichen im Gesicht.

„Leider ist unser lieber Herr Regisseur ziemlich stur“, fährt er zögernd fort, „und wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat... Na ja...

Außerdem hat er – nicht ganz zu Unrecht – argumentiert, dass es hervorragende Werbung für den Film wäre, wenn einer der Soundtrack-Komponisten länger als zwei Minuten darin zu sehen sein würde; noch dazu, wenn es sich um so einen bekannten Musiker und Sänger handelt.“

Noch immer scheint Kyoko nicht das Geringste zu begreifen.

„Nun ja“, meint Rory, „und immerhin hat der junge Mann durch seine Promotion Videos auch einige Erfahrungen mit Stunts, sodass er ganz gut ins Filmkonzept passt.“

Ren ist ein wenig näher an Kyoko heran gerückt und streicht ihr mit der Hand beruhigend über den Rücken.

Langsam bekommt Kyoko eine Vorstellung, um was es hier gehen könnte. - Eine überaus unangenehme Vorstellung... Fast gewaltsam schiebt sie den Gedanken beiseite.

>Das kann doch nicht...<

„Sie wollen mir aber jetzt nicht sagen, dass dieser Musiker ausgerechnet Sho Fuwa ist?“, fragt sie mit ironischem Unterton. Das Lachen, das sie dabei hervor stößt, sollte eigentlich amüsiert klingen, ... es wirkt jedoch eher ein bisschen hilflos.

„Doch.“, lässt Rory Takarada die Bombe platzen. Irgendwie scheint er erleichtert, dass es endlich raus ist und atmet tief durch, bevor er noch einmal zusammenfasst.

„Sho Fuwa wird Yuichi Tanaka spielen ... und seine Rolle wurde nicht unerheblich ausgebaut.“

Kleine, schwarze Dämonenwölkchen wabern unvermittelt aus Kyokos Körper hervor und ihr Gesichtsausdruck verändert sich auf geradezu beängstigende Weise. Alle Anwesenden – bis auf Ren – zucken erschrocken zurück und versuchen instinktiv, in Deckung zu gehen. Der beliebteste Mann Japans hingegen holt Kyoko an den Schultern noch wenig näher und drückt sie sachte an sich. Doch auch Rens besänftigende Berührungen können sie nicht bremsen.

Im Gegenteil!

Als sie sich schließlich langsam zu ihm herum dreht, funkelt es gefährlich in ihren Augen, auch wenn sie sich noch gut genug im Griff hat, um beherrscht sprechen zu können.

„Und du wusstest davon?“, fragt sie ihren Freund, ... eigentlich ist es mehr eine Feststellung, ... wenn nicht sogar ein Vorwurf.

Ren macht keinerlei Anstalten, seinen Anteil an der Sache zu vertuschen.

„Ja.“, gesteht er schuldbewusst. „Wenn auch nicht von Anfang an. Ich wurde da mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt.

Mit der jetzigen Entwicklung bin ich übrigens auch nicht ganz einverstanden, aber da ist wohl kaum noch was zu ändern; es sei denn Fuwa-san stellt sich bei den Dreharbeiten besonders dämlich an.

Aber bis zu diesen Änderungen war er ja auch nur für einige, wenige Szenen als Gaststar vorgesehen ... und wäre darüber hinaus vielleicht noch ein paar Mal am Set aufgetaucht, um sich einen Eindruck von der Atmosphäre zu verschaffen ... für die Arbeit am Soundtrack. – Du hättest also nur wenig mit ihm zu tun gehabt ... und schließlich hast Du es schon damals bei seinem PV geschafft, ordentlich mit ihm zu arbeiten.“

Widerwillig muss Kyoko zugeben, dass ihr Freund im Grunde Recht hat ... und zumindest ihm hat sie schon halbwegs verziehen. Trotzdem...

„Und wann hattet ihr vor, mir zu sagen, dass ich mit diesem ... Kotzbrocken ... arbeiten muss?“, fragt sie grummelnd in die schuldbewusst-verlegene Runde.

Auch Ren ist ziemlich betroffen und hat ganz offensichtlich ein schlechtes Gewissen. So sollte das Ganze nicht laufen. Vielmehr hatte er vorgehabt, dafür zu sorgen, dass Kyokos Sandkastenfreund und Jugendfeind nicht näher als drei Meter an sie heran käme, was jedoch aufgrund der Änderungen im Drehbuch nun nicht mehr möglich ist.

Auch Rory lässt die Situation nicht kalt, denn obwohl die Dämonenwölkchen mittlerweile nicht mehr so ungestüm durch sein Büro jagen, ist Kyokos Aura immer noch beängstigend dunkel, vielleicht gerade weil sie sich dabei so erstaunlich gut im Griff hat.

Rory atmet einmal tief durch, dann ergreift er das Wort.

„Moment mal! Es ging dabei nicht darum, dich in irgendeiner Form zu hintergehen, Kyoko-chan. Bevor nämlich überhaupt die endgültige Entscheidung gefallen war, Fuwa-san in den Cast aufzunehmen, war er persönlich bei mir und hat mich inständig gebeten, dir nichts von seiner Beteiligung an diesem Projekt zu erzählen, weil er fürchtete, dass du dann gar nicht erst mitspielen würdest. Er meinte, er wolle dir bei deiner Karriere wirklich nicht im Weg stehen.

Glaub mir, ich habe den jungen Mann danach ordentlich ins Kreuzverhör genommen und er hat mir eindringlich versichert, dass er dir weder schaden, noch dich in irgendeiner Form reinlegen oder sonst irgendwelchen Ärger machen will. Er sagte, er wolle lediglich eine Gelegenheit, sich mit dir auszusprechen und sich zu entschuldigen. Und da er nicht damit rechnet, dass du ihm gleich bei der ersten Begegnung zuhören wirst, sah er in den Dreharbeiten die beste Chance, sich mit dir zu versöhnen.

Wenn du mich fragst, ist dein Ärger voll und ganz berechtigt, aber immerhin scheint er zu bereuen, was er dir angetan hat.“

„Ja, klar.“, wirft Kyoko sarkastisch ein.

Ich glaube ihm das.“, sagt Rory ernst. „Er hat mir nämlich alles gestanden, was er angestellt hat, ... obwohl das gar nicht unbedingt nötig gewesen wäre.“

Kyoko wird so rot wie zehn Feuerwehrautos gleichzeitig. >Oh Gott, wie peinlich!!<

Ren nimmt das Mädchen fest in seine Arme und sieht mit einem Blick in die Runde, der zu sagen scheint: „Ich hab’s euch ja gleich gesagt.“

„Warte es doch einfach erstmal ab.“, sagt er ihr nach einer kleinen Pause. „Du bist ja nicht allein und musst überhaupt nicht privat mit ihm reden, wenn du nicht willst. – Ich bin schließlich auch noch da.“ Murmelnd fügt er noch hinzu: „Wenn er frech wird, kann er durchaus auch ein paar aufs Maul kriegen...“

Rory Takarada sieht ihn zunächst verdutzt an, ... dann breitet sich ein breites Grinsen in seinem Gesicht aus.

Kyoko hingegen ist immer noch etwas sauer und stößt Ren unsanft in die Seite.

„Das krieg ich zur Not auch noch alleine hin.“, behauptet sie schmollend.

Rina lacht. „Ich denke gar nicht, dass ich ihn nah genug an dich ran lasse, dass er dich ernsthaft belästigen kann.“

„Ähm.“, meldet sich Yashiro zögernd zu Wort. „Ich kann euch ja alle verstehen. – Aber... Takarada-san meinte doch, dass der Junge sich entschuldigen will... Sollte man ihm dann nicht wenigstens eine Chance einräumen? Damit diese ganze, unselige Geschichte endlich mal zu einem Ende kommt? ... Worum auch immer es da im Einzelnen gehen mag...“

Kyoko scheint wenig begeistert, ... obwohl sie es insgeheim eigentlich ähnlich sieht, ... wenn auch mit weit weniger Optimismus. „Mal sehen...“

Ren umarmt sie liebevoll, ein charmantes, schräges Grinsen im Gesicht. „Sag mir einfach Bescheid, wenn er lästig wird.“

Rina lächelt gerührt und zwinkert Yukihito kurz zu. Dann kommt ihr ein Gedanke.

„Sieh es doch mal so, Kyoko-san: Das ist die Gelegenheit, ihm mal so richtig die Meinung zu geigen.“, gibt sie zu bedenken.

„...und ihm außerdem mal zu zeigen, was sonst noch so alles in dir steckt, ... schon immer in dir gesteckt hat.“, ergänzt Ren grinsend. „Und das alles, ohne dass er auch nur die geringste Ahnung davon hatte, ... dieser Blindfisch.“

Kyoko sieht zu ihm hoch und dann zu den anderen Anwesenden. Alle stimmen eifrig nickend zu.

Langsam breitet sich wieder ein Lächeln in Kyokos Gesicht aus und die letzten Reste ihrer dunklen Aura verpuffen nun ohne jeden Rückstand. Leise seufzend strafft sie ihre Schultern.

„Dann sollte er sich wohl besser warm anziehen, der feine Herr. Ich jedenfalls werde mein Bestes geben.“

„Recht so!“, meint Ren, grinst sie aufmunternd an und klopft ihr ebenso kurz wie sachte auf den Rücken, während er sie aus seinen Armen entlässt. „Genau so kennen wir dich: Eine Kämpfernatur durch und durch.“ Sanft drückt er ihr noch einen Kuss auf die Wange und haucht ihr flüsternd ins Ohr: „Mein, süßer, kleiner Racheengel.“

Kyoko laufen heiße Schauer über den Rücken.

„Er hat Recht.“, wirft Rina trocken ein. „Du bist gar nicht der Typ, der sich von so einem Stiesel den ganzen Spaß verderben lässt.“

Rory und Yukihito nicken einmütig, mit deutlich anschwellendem Grinsen auf den Lippen.

Kyoko hingegen kriecht unaufhaltsam die Röte ins Gesicht.
 

Draußen im Vorzimmer sind plötzlich laute Stimmen zu vernehmen und ein paar Augenblicke später wird ohne jede Vorwarnung die Tür geräuschvoll aufgerissen.

Eine gut aussehende Frau Ende dreißig mit streng hochgesteckten Haaren, die in ein elegantes Designerkostüm gekleidet ist, stürmt in das Büro des LME-Chefs, seine verzweifelte Vorzimmerdame im Schlepptau.

„Entschuldigen Sie bitte, Takarada-san, es war mir nicht möglich, die Dame aufzuhalten.“, rechtfertigt sich die Chefsekretärin noch im Hereinkommen und verbeugt sich tief. „Es tut mir wirklich leid.“

Rory erhebt sich von seinem Sessel und runzelt missbilligend die Stirn.

„Schon gut, meine Liebe.“, sagt er zu seiner Assistentin. „Wie es aussieht, hätte wohl nicht mal ein Bodyguard eine Chance gehabt.“

„Soll ich den Sicherheitsdienst rufen?“, fragt sie eifrig.

„Nein, lassen sie nur, Sato-san.“, antwortet Takarada mürrisch. „Ich schätze es zwar ganz und gar nicht, bei Besprechungen gestört zu werden, aber wir waren ohnehin so gut wie fertig. – Außerdem denke ich, wir werden auch ohne Verstärkung mit der Dame fertig. – Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich Sie brauchen sollte.“

Damit ist die Vorzimmerdame entlassen und zieht sich peinlich berührt zurück.

Die Dame hingegen, die da so selbstverständlich mitten im Raum steht, findet anscheinend rein gar nichts an dieser Situation peinlich und fixiert den LME-Chef mit einem unangenehm abschätzenden Blick.

„Wie wäre es, wenn Sie uns wenigstens Ihren Namen mitteilen würden, Gnädigste?“, knurrt Takarada sarkastisch. „Meinen dürften Sie ja bereits kennen, der steht draußen an der Tür.“

Bevor die Frau antworten kann, wirft Ren reflexartig einen Blick auf Kyoko, die rechts neben ihm steht ... und fast gänzlich erstarrt ist. – Sämtliche Farbe ist ihr aus dem zuvor noch leicht geröteten Gesicht gewichen und sie starrt wie paralysiert auf die Person in der Mitte des Raumes.

„M...Mutter...“, stammelt sie entgeistert.

„Oh, guten Tag, Kyoko-chan.“, erwidert ihre Mutter – ganz so, als sei nicht das Geringste vorgefallen. „Schön, dass ich dich gleich hier treffe. Du weißt ja gar nicht, wie ich nach dir gesucht habe.“ Seltsamerweise wirkt ihr Blick, im Gegensatz zu ihren freundlichen Worten, überaus berechnend. Lächelnd wendet sie sich wieder Rory Takarada zu.

„Entschuldigen Sie bitte mein ungestümes Eindringen, Takarada-san, aber als ich endlich herausgefunden hatte, für welche Künstleragentur meine vermisste Tochter arbeitet, konnte mich nichts mehr halten. – Mein Name ist übrigens Saena Mogami und ich bin die Mutter von Kyoko-chan, wie Sie ja gerade unzweifelhaft mitbekommen haben.“

„Und was kann ich nun für sie tun?“, fragt Rory kühl, ... obwohl er schon ahnt, worauf das Ganze hinauslaufen wird. „Ihre Tochter haben Sie ja jetzt gefunden.“

„Nun“, beginnt Saena mit falscher Liebenswürdigkeit in der Stimme. „Ihnen sollte eigentlich bekannt sein, dass meine Tochter ohne meine Einwilligung für Ihre Agentur arbeitet.“ Ihr Lächeln hat etwas Lauerndes, auch wenn sie den harten Zug um ihren Mund erfolgreich durch ein überaus höfliches Lächeln verbirgt. „Seit wir vor einiger Zeit aufgrund von unglücklichen Umständen getrennt wurden, war ich unablässig auf der Suche nach ihr ... und als ich sie vor drei Monaten das erste Mal im Fernsehen in ‚Dark Moon’ sah, war ich ziemlich überrascht. Vor allem, nachdem ich mitbekommen hatte, wie viele öffentliche Termine das arme Kind danach zu bewältigen hatte. Ich bin – gelinde gesagt – empört , dass eine so angesehene Agentur wie Ihre die - zugegeben schwierige - Situation eines allein stehenden, minderjährigen Mädchens so schamlos ausnutzt ... und ein Kind auf so impertinente Weise ausbeutet.“

Sie hat sich regelrecht in Rage geredet, trotzdem hat jeder im Raum das Gefühl, dass sie lediglich eine Show abzieht und ihr eigentliches Anliegen noch gar nicht zur Sprache gekommen ist.

Rory ist äußerlich noch immer ausgesprochen ruhig, doch in seinem Gehirn rotieren die Gedanken und suchen nach möglichen Lösungen zu einem Problem, das er noch gar nicht genau kennt. Jahrzehnte mitunter schwieriger Verhandlungen mit Künstlern, Regisseuren und Produzenten tun nun ihre Wirkung. Mit Argusaugen hat der LME-Chef schon während ihrer engagierten Rede jede noch so kleine Bewegung von Saena beobachtet. Und jetzt hat er einen begründeten Verdacht.

„Nun“, meint er ruhiger als er tatsächlich ist, „das ist Ihre Sicht der Dinge. Eine Sichtweise, über die man durchaus streiten kann. - Wie denken Sie nun, dass es weiter gehen soll?“

„Selbstverständlich werde ich mich ab sofort wieder um meine Tochter kümmern; sie ist doch vollkommen überfordert damit, ihre Interessen in diesem harten Business ausreichend zu vertreten. Und selbstverständlich werde ich dafür sorgen, dass ihre Arbeit angemessen entlohnt wird. – Natürlich auch die von meiner Wenigkeit; ... immerhin muss ich ja von irgendetwas leben, wenn ich meine Zeit jetzt voll und ganz ihrer Karriere widme.“

>Aha, ganz wie es mir dachte.<

Rory Takarada sieht sich in seinem Verdacht bestätigt und auch den anderen Anwesenden ist jetzt klar, dass es der Enddreißigerin lediglich um Geld zu gehen scheint. Jedenfalls hat sie seit der Begrüßung ihre Tochter nicht einmal mehr mit einem Blick gewürdigt.

Ren verspürt den starken Drang, seine Freundin beschützend in die Arme zu schließen, vor allem, nachdem er einen unauffälligen Blick auf sie geworfen hat. Immer noch steht sie beinahe wie versteinert da und das Entsetzen ist ihr überdeutlich ins Gesicht geschrieben. Um die Situation jedoch nicht unnötig zu verschärfen, beherrscht er sich mühsam und setzt einen kühl abwartenden, fast schon arroganten Blick auf.

Saena lässt ihren Blick stirnrunzelnd über die Anwesenden schweifen. Als sie bei Ren Tsuruga anlangt, bleiben ihre Augen für einen Moment länger an ihm hängen als bei den Anderen und für eine Sekunde zuckt erkennend ein Mundwinkel nach oben. Trotzdem wendet sie sich ohne Umschweife wieder Rory Takarada zu.

„Sollten wir das nicht besser unter vier Augen besprechen? ...oder meinetwegen auch unter sechs... Immerhin geht das Ganze Kyoko-chan ja auch an.“ Mit einer Hand macht sie eine ausholende Bewegung, mit der sie auf die anderen Personen im Raum deutet. „Wer sind diese Leute überhaupt?“

Ren hat ihren ebenso abschätzenden wie interessierten Blick durchaus registriert und sieht nun seine Chance, regulierend ins Geschehen einzugreifen.

„Entschuldigen Sie bitte meine Unhöflichkeit, Mogami-san, aber in dem ganzen Trubel ist mir völlig entgangen mich vorzustellen“, sagt er mit einem ultraglitzernden Gentleman-Lächeln im Gesicht. „Mein Name ist Ren Tsuruga.“ Er verbeugt sich höflich. „Ich bin Schauspieler und habe schon seit einiger Zeit als Kyoko-sans Sempai ein strenges Auge auf ihre Tochter. Und ich muss sagen, sie ist äußerst gewissenhaft und fleißig.“

Er deutet auf die beiden Betreuer, die sich noch immer abwartend im Hintergrund halten. Rinas Gesichtszüge sind hart geworden; es scheint ihr schwer zu fallen, (scheinbar) neutral zu bleiben.

„Der junge Herr ist mein Manager Yukihito Yashiro.“, fährt Ren ungerührt fort. „Und bei der Dame daneben handelt es sich um Rina Kobayashi, die persönliche Betreuerin von Kyoko-san. Sie sehen also, die Agentur hat ihre Tochter durchaus nicht ganz allein gelassen mit ihrer Arbeit.“

Saena hebt herablassend die Augenbrauen und meint spitz: „Nun, das mit der Betreuung seitens der Agentur hat sich ja jetzt sowieso erledigt, da ich das Management meiner Tochter natürlich selbst übernehmen werde. Und selbstverständlich werde ich ihre Interessen auch bei der Auswahl ihrer Termine und Rollen vertreten.“

Rina knirscht sichtbar mit den Zähnen und auch Ren fließt beinahe die Galle über vor Ärger über Saenas selbstherrliches Verhalten. Doch anders als bei Kyokos Betreuerin wird Rens Lächeln nur noch ein wenig glitzernder.

Kyoko hingegen ist endgültig aus ihrer entgeisterten Starre erwacht. Allmählich baut sich eine fast schwarze Dämonenaura um sie herum auf, ihre Augen funkeln noch sehr viel gefährlicher als bei der Eröffnung, dass Sho Fuwa in ihrem nächsten Film mitspielen wird und ihre Hände ballen sich unwillkürlich zu Fäusten. Wütend erkennt sie, dass sie für ihre Mutter allem Anschein nach schon immer nur Mittel zum Zweck gewesen ist, ... was ihren Ärger fast bis ins unermessliche steigert und immer mehr kleine Rachedämonen auf den Plan ruft. Ihre reinherzigen Engel dagegen (die schon seit einiger Zeit – Dank Rens liebevoller Zuwendung – nicht mehr gar so in der Minderzahl sind) haben sich ängstlich in der hintersten Ecke von Rorys Büro verkrochen.

Du willst meine Interessen vertreten?!“, explodiert Kyoko schließlich lautstark. „Du weißt doch nicht mal, was meine Interessen sind! Das hat dich doch noch nie interessiert!!

Du behauptest allen Ernstes, wir wären ‚aufgrund unglücklicher Umstände getrennt worden’?! – Ich will dir mal auf die Sprünge helfen, Mutter : Du hast mich ohne ein Wort der Erklärung einfach verlassen und an fremde Leute verschachert! – Wie alt war ich da?! Sieben, glaube ich! – Ich weiß es nicht mal mehr genau, weil ich irgendwann aufgehört habe, die Jahre zu zählen, die ich dich vermisst habe!“

Saena ist durchaus schockiert von Kyokos Wutanfall und ihrer dunklen, bedrohlichen Dämonen-Aura; mit so deutlichem Widerstand seitens ihrer Tochter hatte sie nicht gerechnet. Sie lässt sich sogar einen Schritt weit zurückdrängen.

„Du behauptest, du hättest nach mir gesucht?!“, fährt Kyoko schreiend fort. „Ich will dir was sagen: Bis ich vor gut einem Jahr nach Tokio gegangen bin, wusstest du ganz genau , wo du mich hättest finden können!! Nämlich im Ryokan der Fuwas!! Wie immer bei der Arbeit!!

Kyoko schnappt nach Luft ... und Saena nutzt die so entstehende Pause zum Gegenschlag.

„Du undankbares Gör!!“, schreit sie das Mädchen an, das darauf unwillkürlich zurück zuckt. „Das ist wohl kaum der richtige Ort oder Zeitpunkt, Dinge zu diskutieren, die du kaum beurteilen kannst! Du kannst froh sein, dass du durch Zufall eine Aufgabe gefunden hast, die du auch ausfüllen kannst, sonst bist du schließlich eine einzige Enttäuschung!!“

Sie keift noch eine Weile weiter, doch das kann außer Kyoko keiner der Anwesenden mehr verstehen, weil ihre Stimme inzwischen so schrill geworden ist, dass es heftig in den Ohren schmerzt.

Schließlich hat Ren genug. Mit einem einzigen, kühl-strengem Blick bringt er die Furie zum Schweigen.

„Lassen Sie nur, Mogami-san.“, sagt er beherrscht, „Sie sollten sich nicht auf dieses Niveau begeben. – Ich kümmere mich schon darum.“ Mit düsterem Blick wendet er sich an Kyoko, ergreift unsanft ihren Arm und macht sich mit ihr auf den Weg zu dem kleinen Umkleideraum im hinteren Teil des Büros. „Ich denke, wir haben zu reden, Fräulein.“, droht er düster.

Kyoko kann nur noch stumm hinter ihm her stolpern.
 

Als er die Tür hinter sich geschlossen hat, muss er zunächst einmal tief durchatmen.

Kyoko starrt ihn verdutzt an, sie schwankt anscheinend zwischen der Wut auf ihre Mutter und ungläubigem Entsetzen über Rens rüdes Verhalten, ... bis ihr langsam der Gedanke kommt, dass er wieder einmal alle mit seiner Schauspielkunst überrumpelt hat.

Peinlich berührt senkt sie den Kopf ... und spürt schon im nächsten Moment, wie Ren sie fest in seine Arme nimmt und sie sanft hin und her wiegt.

Kyokos kleine Rachedämonen lösen sich schneller in Luft auf als ein fliegender Funke vom Lagerfeuer in der Luft verglüht.

Ren seufzt tief auf, als er sich wieder ein wenig von ihr löst. „Ich wusste, dass sie schlimm sein muss, aber ich hatte nicht so eine berechnende ... Xanthippe erwartet.“, stöhnt er. „Es tut mir leid, ich hoffe, ich hab dir nicht allzu wehgetan, ... aber es sollte überzeugend wirken.“

„Schon gut.“, sagt Kyoko leise, während sie sich Halt suchend in seine Arme drängt.

Es dauert nicht lange, bis die Tränen fließen.

Ren bleibt nichts Anderes, als sie beruhigend zu streicheln und abzuwarten, bis sie halbwegs wieder sprechen kann.

„Ich... Ich weiß überhaupt nicht... was ich tun soll.“, stammelt sie schließlich, immer wieder von Schluchzen unterbrochen. „Sie... Sie wird alles an sich reißen, was ich so mühsam erarbeitet hab. – Ich ... werde nichts Anderes mehr tun dürfen ... als arbeiten und ... und für die Schule lernen. – Und, wie immer, ... wird sie mit nichts zufrieden sein... Es wird ihr niemals genügen, ... egal wie sehr ich mich anstrenge... Sie wird alles zerstören...

Und dann dauert es nicht mehr lange, bis das Schauspielen nur noch eine saure Pflicht für mich sein wird. Sie wird sich in alles einmischen, in mein ganzes Leben. – Angefangen von meiner Kleidung und Frisur über meine Freunde, die Rollen, die ich zu spielen habe, bis hin zu jeder einzelnen Minute meines Tages.“

Ren nimmt sie ein wenig fester in die Arme und haucht sachte einen kleinen Kuss auf ihr Haar.

„Schsch... – Du bist nicht allein, Hime-chan. Ich werde nicht zulassen, dass sie dein Leben ein weiteres Mal zerstört.“, verspricht er ihr flüsternd.

Kyoko sieht plötzlich erschrocken zu ihm hoch, schnappt entsetzt nach Luft und schaut ihm dann ernst in die Augen.

„Meine Mutter wird zu verhindern wissen, dass wir uns jemals wieder treffen.“, sagt sie verzweifelt. „Sie wird mich nirgendwohin mehr alleine gehen lassen.“ Panisch befreit sie sich aus seiner Umarmung und knetet unruhig ihre Hände, während sie hektisch nach einem Ausweg sucht. „Sie darf unter gar keinen Umständen etwas von uns erfahren.“, murmelt sie abwesend.

„Das wird sie auch nicht.“, sagt Ren fest ... und ruhiger als er eigentlich ist. „Jedenfalls nicht, bevor uns etwas eingefallen ist, mit dem wir sie stoppen können.“

Traurig schaut Kyoko ihn an. „Aber ... es wird nichts nützen“, meint sie resigniert, „nichts wird sie davon abhalten, alles unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie ist ein wahrer Kontrollfreak ... und sie sitzt am längeren Hebel. – Ich bin noch nicht volljährig; sie kann mit mir praktisch machen, was sie will.“

Ren seufzt tief.

Plötzlich kommt ihm ein Gedanke, der ihn geradezu elektrisiert.

Kyoko registriert, wie sich sein Herzschlag rasant beschleunigt und sich sein gesamter Körper anspannt. Nervös löst sie sich nun endgültig von ihm und sieht ihn reichlich beunruhigt an. Doch entgegen ihrer Erwartungen, sieht sie in seinen Augen neben der ihm eigenen Wärme und liebevollen Zuneigung für sie auch ein Fünkchen Hoffnung aufglimmen ... und einen merkwürdigen Anflug von irgendwie erwartungsvoller Nervosität.

Kyoko ist nicht zum ersten Mal an diesem Tag verwirrt.

Sachte schiebt ihr Freund sie ein wenig von sich weg, sieht ihr tief in die Augen und atmet noch ein Mal tief durch, bevor er wieder das Wort ergreift.

„Ich weiß, das hier ist der denkbar ungünstigste Zeitpunkt“, sagt er ernst, „aber es wäre eine Lösung.“

Er senkt langsam den Kopf und zu Kyokos vollständiger Überraschung, geht er elegant vor ihr auf die Knie, während er zärtlich ihre Hände ergreift. Ein wenig nervös schaut er zu ihr hoch.

Kyoko hat vor lauter Verwirrung das Denken vollständig abgestellt; sie hat nicht die geringste Ahnung, was hier geschieht.
 

„Kyoko Mogami, willst du mich heiraten?“

Ein scheues, fast entschuldigendes Lächeln fliegt zu ihr herauf, sein Blick ist plötzlich voller Selbstzweifel.

In Kyokos Gesicht breitet sich unwillkürlich ein zartes Rosa aus und ihr Mund ist mit einem Mal derart trocken, dass sie keinen einzigen Ton mehr heraus bekommt. Erst nach ein paar Schrecksekunden entfaltet sich in ihrem Gesicht ein liebevolles Lächeln und in den Augenwinkeln glitzern kleine Tränen der Rührung.
 

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Nachwort
 

Ja, ich weiß, diesmal gibt es einen Cliffhanger, aber es ließ sich leider nicht vermeiden. Andernfalls wäre das Kapitel viel zu lang geworden.

Ich finde auch, ich hab noch eine ziemlich „humane“ Stelle für den Schnitt gefunden. ^^ Immerhin ist der gute Ren seinen Heiratsantrag noch losgeworden.

Ob Kyoko nun zustimmt und ob sie es schaffen, Kyokos Mutter auf irgendeine Weise dazu bringen, Ihre Tochter in Ruhe zu lassen, muss nun das nächste Kapitel zeigen.

Es ist jedenfalls noch nicht ausgestanden...

Verdeckter Widerstand

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Kyoko Mogami, willst du mich heiraten?“

Ein scheues, fast entschuldigendes Lächeln fliegt zu ihr herauf, sein Blick ist plötzlich voller Selbstzweifel.

In Kyokos Gesicht breitet sich unwillkürlich ein zartes Rosa aus und ihr Mund ist mit einem Mal derart trocken, dass sie keinen einzigen Ton mehr heraus bekommt. Erst nach ein paar Schrecksekunden entfaltet sich in ihrem Gesicht ein liebevolles Lächeln und in den Augenwinkeln glitzern kleine Tränen der Rührung.
 

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Verdeckter Widerstand
 

„Normalerweise hätte ich mit dieser Frage noch eine ganze Weile gewartet, aber ich denke, das hier ist irgendwie ... ein Notfall.

Ich bin jedenfalls absolut nicht bereit, dich kampflos deiner Mutter zu überlassen, ... dich auch nur für ein paar Jahre zu verlieren ... bis du volljährig bist.

Ich will nie wieder ohne dich sein müssen.“

Noch immer scheint Kyoko verwirrt. „Aber ... das wird sie doch niemals zulassen...“, sagt sie hilflos.

„Genau genommen bist du nach dem Gesetz alt genug zum Heiraten, solange dein Ehemann volljährig ist. Und das bin ich ja wohl.“, erklärt er ruhig. „Ich weiß, wir brauchen zusätzlich noch eine Einverständniserklärung von Deiner Mutter, aber ich denke, dass sich das machen lässt.“

„Aber wie...“, beginnt Kyoko zweifelnd, doch Ren unterbricht sie einfach, indem er liebevoll ihre Hände küsst und dann sanft lächelnd weiter spricht.

„Mach dir keine Sorgen. Wir haben nämlich einen unschätzbaren Vorteil: Takarada-san ist auf unserer Seite. Wenn ich das richtig mitgekriegt habe, dann kann er deine Mutter auf den Tod nicht ausstehen, ... im Gegensatz zu dir. An dir hat er nämlich auf eine etwas seltsame Art einen Narren gefressen und so wie ich ihn einschätze, wird er alles tun, was in seiner Macht steht, um dir zu helfen. Und dass du nicht zu deiner Mutter zurück willst, konnte ja sogar ein Blinder mit Krückstock sehen.“

„Aber...“

Wieder küsst er ihre Hände und unterbricht damit erneut den Versuch, ihre Bedenken zu äußern. „Takarada-san ist ein verschlagener, alter Fuchs. Wenn jemand sich mit faulen Tricks auskennt und damit, wie man andere Menschen manipuliert, ohne dass sie das überhaupt mitbekommen, dann ist das Rory Takarada. Ich bin mir sicher, ihm fällt etwas dazu ein, wie wir an ihre Einverständniserklärung kommen. – Und dann hätten wir eine echte Dauerlösung, die dich vor ihrem Zugriff schützen würde, ... denn eine Heirat würde mich automatisch zu deinem Vormund machen bis du volljährig bist. So hätte deine Mutter keinerlei Befugnis mehr, sich - auf welche Art auch immer - in dein Leben einzumischen.

Es wäre jedenfalls eine einfache ... und vergleichsweise saubere Lösung.“ Etwas verlegen hält er inne. „Es sei denn, du hast Bedenken, dass ich die Situation gerade schamlos ausnutze...“

Kyoko glaubt für einen Augenblick, dass die letzte Bemerkung ein Scherz war, doch ihr Freund sieht sie dermaßen aufrichtig und unsicher an, dass sie schließlich doch zu dem Schluss kommt, dass er es tatsächlich ernst gemeint hat.

„Ich... Nein!“, stammelt sie, „Das würde ich nie denken!“

Ren atmet deutlich sichtbar auf, auch wenn er noch immer etwas angespannt ist.

„Könntest du dir dann vorstellen, den Rest deines hoffentlich noch langen Lebens mit mir zu verbringen?“, stellt er die bewusste Frage noch einmal anders.

Und - endlich - breitet sich das ersehnte, glückliche Lächeln in Kyokos Gesicht aus. „Natürlich.“, sagt sie freudestrahlend. „Ich würde nichts lieber tun, Koon.“

Ren fallen offensichtlich ganze Felsbrocken vom Herzen, lächelnd stellt er ein Knie auf und setzt seine Braut darauf, um die Verlobung mit einem ausgiebigen Kuss zu besiegeln.

Als er den Kuss schließlich beendet hat, biegt er ihren Oberkörper ein wenig zurück, um ihr geradewegs in die Augen sehen zu können.

„Es tut mir leid.“, entschuldigt er sich ein wenig zerknirscht. „Ich hab nicht mal einen Verlobungsring oder etwas Ähnliches. Und ich fürchte, die Hochzeit wird auch nur im engsten Kreis stattfinden. Dabei hätte ich dir so gerne eine echte Märchenhochzeit geboten.“

„Das ist doch jetzt nicht wichtig.“, meint Kyoko gerührt lächelnd.

Plötzlich jedoch zuckt sie gequält zusammen, als ihr ein furchtbarer Gedanke kommt.

„Aber ... was ist, ... wenn wir nicht mal eine Gelegenheit bekommen, zum Familienregister zu gehen? Meine Mutter wird mich bestimmt nachher mit sich schleifen und nicht mehr aus den Augen lassen...“, gibt sie aufgeregt zu bedenken.

Ren überlegt einen langen Moment.

„Wenn alle Stricke reißen, können wir immer noch einen fingierten Drehtermin dafür nutzen. – Wie schon gesagt, steht Takarada-san mit Sicherheit auf unserer Seite ... und ich denke, er kann es arrangieren, dass sich die Ausstellung ihres Mitarbeiter-Ausweises hinauszögert. Und ohne den kann sie dich in kein Studio begleiten.

Kyoko hat sich wieder ein wenig beruhigt, trotzdem zittert sie noch leicht am ganzen Körper.

Ren grinst schräg. „Da fällt mir ein, wir sollten unseren Chef anrufen...“

„Aber was ist, wenn meine Mutter dann Verdacht schöpft?“, gibt Kyoko leicht panisch zu bedenken.

„Keine Sorge“, beruhigt er sie lächelnd, „Takarada-san ist gar kein so übler Schauspieler ... und außerdem bin ich fest überzeugt, dass er meinen Anruf bereits ungeduldig erwartet.“

Vorsichtig schiebt er Kyoko von seinem Knie, erhebt sich, holt sein Handy aus der Hosentasche und wählt die Nummer des LME-Chefs; und während er auf die Gesprächsannahme wartet, nimmt er das Mädchen in seinen freien Arm und drückt sie beschützend an sich.
 

„Da fällt mir noch etwas ein, Mogami-san.“, sagt Rory Takarada. „Wenn Sie in Zukunft Ihre Tochter managen wollen, brauchen Sie einen Mitarbeiter-Ausweis, der sie als Ihren Betreuer legitimiert. Ansonsten wird man Sie auf kein Studiogelände lassen ... und das wäre doch ausgesprochen unpraktisch. – Also werde ich das veranlassen.

Allerdings bräuchte ich dafür noch zwei aktuelle Passfotos von Ihnen ... und ein paar Formulare mit persönlichen Angaben müssten Sie mir dafür auch noch ausfüllen.“

Saena lächelt charmant. „Das dürfte ja kein Problem sein.“

„Davon gehe ich doch aus. – Warten Sie mal, eigentlich müsste ich von diesen Dingern noch welche in meinem Schreibtisch haben...“

Beflissen, aber äußerst umständlich kramt er in einigen Schubladen herum. Als er die Papiere endlich gefunden hat, kommt ihm noch etwas in den Sinn.

„Hmm“, murmelt er vor sich hin, „hier war doch irgendwo auch noch eine Schreibunterlage...“

Als er auch die endlich hervorgekramt hat, klemmt er die Blätter darauf, reicht sie Kyokos Mutter und hält ihr mit einem freundlichen Lächeln seinen vergoldeten Kugelschreiber unter die Nase.

„Hier, nehmen Sie meinen Stift. Am besten füllen Sie die lästigen Dinger gleich aus, dann geht es ein bisschen schneller. – Es dauert ohnehin schon mindestens eine Woche, wenn nicht zwei, bis der Ausweis fertig ist.“

Saena sieht einen etwas zu langen Moment auf den Kugelschreiber, bedankt sich kurz und macht sich dann daran, die geforderten Formulare auszufüllen.

Rorys Handy klingelt. Nach einem kurzen Blick aufs Display nimmt er ab.

„Ja?“

„Nenn mich Kenji!“, verlangt Ren am anderen Ende der Leitung hastig. „Ich bin dein Finanzberater und du hast schon den ganzen Tag auf meinen Anruf gewartet.“

„Kenji!“ Rory reagiert sofort und mit einem breiten Grinsen im Gesicht. „Na endlich! Ich dachte schon, du rufst doch nicht mehr an!“

Entschuldigend lächelt er Saena zu, Yashiro und Rina, die noch immer mit im Büro sitzen, ignoriert er vollkommen.

„Warte mal kurz!“, sagt er in den Hörer und wendet sich dann leise an Kyokos Mutter.

„Tut mir leid, ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich den Anruf entgegennehme. Aber es ist wichtig und ich warte schon den ganzen Tag auf den Anruf. Es ist mein Finanzberater.“

Saena lächelt gönnerhaft. „Machen Sie nur, ich habe ohnehin gerade zu tun.“

Rory bedankt sich noch einmal mit einem Nicken und einem entschuldigenden Lächeln, dann wendet er sich mithilfe des Drehstuhls von ihr ab. „Okay, Kenji, ich bin soweit. Schieß los!“
 

„Wir haben einen Plan.“, erklärt Ren. „Ich werde Kyoko heiraten.“

Rory grinst breit und schaut zum Fenster hinaus. „Oh“, meint er gelassen, „originelle Lösung... Hätte ich auch drauf kommen können.“

„Also kann ich davon ausgehen, dass Sie uns helfen werden, an eine Einverständniserklärung von Saena Mogami zu kommen?“, fragt der junge Schauspieler vorsichtig nach.

„Worauf du Gift nehmen kannst, mein Lieber!“, kommt prompt die Antwort.

„Gut.“ Ren ist ausgesprochen erleichtert. „Wir bräuchten außerdem noch Zeit, alles zu organisieren und die Papiere zusammenzubekommen. Und vor allem brauchen wir noch Kyokos Geburtsurkunde.“

„Das ist gar kein Problem.“, meint Rory gut gelaunt. „Das hab ich schon erledigt.“

Verblüfft schnappt Ren nach Luft. „Sie haben sie schon?“, fragt er ungläubig. „Wussten Sie etwa...?

Rory unterbricht ihn lachend. „Nein, das nicht, aber die hätte ich schließlich auch für die meisten anderen Lösungen gebraucht.“

„Na gut. – Dann bleibt die Frage, wie viel Zeit Sie schon rausgeschlagen haben. – Eigentlich müssten zwei Wochen genügen, um alle Formalitäten zu erledigen.“

„Hm, das denke ich auch.“, stimmt Rory unumwunden zu. „Notfalls lässt die Frist sich aber auch im Nachhinein noch etwas verlängern.“

Ren verliert keine Zeit und stellt gleich die nächste Frage. „Denken Sie, Sie können Kyoko für diese Zeit genügend Freiräume verschaffen, dass sie unbehelligt zum Familienregister kommen kann? Ich meine, falls ihre Mutter darauf besteht, sie nachher mitzunehmen.“

Rory tut, als müsse er einen Moment nachdenken. „Ich denke ja... M-hm... Ich kann zwar das zwar nicht so genau einschätzen, aber... Sämtliche Produktionen werden davon jedenfalls unberührt bleiben.“

Ren denkt fieberhaft nach, dann hat er es begriffen. „Sie wollen damit sagen, sie zögern ihre Zugangsberechtigung zu den Sets hinaus?“

„Exakt. – Du solltest sie allerdings vorher informieren, damit es am Ende nicht noch irgendwelche unnötigen Missverständnisse gibt.“

„Sie meinen Kyoko?“

„Ja.“

„Hm, ach so! - Ich denke, wir sollten ein Codewort ausmachen, damit ich sie dann unauffällig benachrichtigen kann, wann und wo ich sie abholen werde...“, überlegt Ren laut.

„Das ist eine ausgesprochen vernünftige Idee. – War’s das erstmal?“

„Ja.“

„Oh, das ging ja erstaunlich fix heute.“, meint Roy erfreut und fragt dann etwas ernster: „Sag mal, wie geht es eigentlich deiner Frau?“

Ren kann nicht anders, er muss einfach ganz breit grinsen.

Allerdings wird er gleich wieder ernst, als er Bericht erstattet. „Sie ist ziemlich durcheinander. Aber ich denke, wir stehen das durch, wenn wir gleich wieder rein kommen. Kyoko ist schließlich ein Profi.“

„Das freut mich. Bis demnächst, Kenji. Und bestell liebe Grüße.“

„Mach ich.“, grinst Ren ins Handy und beendet das Gespräch.
 

Rory Takarada legt auf und dreht sich wieder zu Kyokos Mutter herum.

Saena hat zwar dem Telefongespräch die ganze Zeit heimlich gelauscht, konnte jedoch nichts Verdächtiges wahrnehmen und füllt jetzt wieder voll konzentriert ihre Formulare aus.

Rory Takarada, dem das Ganze - Dank der spiegelnden Fensterscheibe und der dunklen Wolken, die draußen den Himmel verhängen - ganz und gar nicht entgangen ist, riskiert es, den beiden Betreuern ein kurzes, aufmunterndes Zwinkern zuzuwerfen.
 

Ren steckt sein Handy wieder in die Hosentasche. Dann drückt er Kyoko fest an sich und küsst sie auf die Stirn.

„Es wird alles gut, Hime-chan.“

Sachte streicht er ihr über den Rücken, während er angestrengt nachdenkt.

„Vielleicht sollten wir lieber einen ganzen Satz als Code benutzen. Damit der nicht versehentlich in der Hektik untergeht... Trubel haben wir schließlich in unserem Beruf mehr als genug.“, überlegt er laut.

„Vielleicht solltest du irgendwas an mir kritisieren oder mir eine kleine Standpauke halten.“, meint Kyoko sarkastisch. „Das wird meiner Mutter sicher gefallen und ihr ganz bestimmt nicht auffallen.“

„Hmm... Ah! Ich hab’s!“, meint Ren schließlich. „Ich frage dich, ob du mit dem Stylisten wegen der Frisur und den Outfits für ‚Crazy Alliance’ gesprochen hast. – Und dann antwortest du als Bestätigung: ‚Nein, aber ich habe nächste Woche einen Termin mit ihm. – Und danach gebe ich dir einen fingierten Drehtermin durch mit den Daten, wo und wann ich dich abhole.“

Kyoko nickt. „Das klingt, als ob es problemlos funktionieren könnte.“

„Gut.“ Der junge Schauspieler entlässt sie ein wenig widerwillig aus seinen Armen. „Also gehen wir beide jetzt wieder da raus und werden eine oskarreife Vorstellung abliefern. – Ich weiß du kannst das.“

Er fasst sie bei den Schultern und sieht ihr ernst in die Augen.

„Ich hab dich gerade so richtig zur Schnecke gemacht in meiner Position als dein Sempai.“, erklärt er, während seine Stimme von einem zum anderen Moment sehr streng und kühl wird. „Es geht schließlich nicht an, dass ein junges Mädchen so mit seiner Mutter spricht, noch dazu vor anderen Leuten. – Und du wirst einsichtig sein und dich entschuldigen...“ Wieder etwas liebevoller fügt er hinzu: „So werden auch deine roten Augen nicht weiter ungewöhnlich sein.“

„Aber...“, beginnt Kyoko skeptisch, während sie sich unwillkürlich an die Augen fasst. „Wird sie nicht was merken? – Ich hab sie vorhin immerhin richtig angeschrieen.“

„Nicht reiben, Liebling, sonst wird’s nur schlimmer.“, rät er und führt ihre Hand kurzerhand zu seinem Mund, um einen sanften Kuss darauf zu hauchen.

„Ach was.“, zerstreut er dann ihre Bedenken. „Du warst halt verwirrt. Immerhin hat sie sich jahrelang nicht gemeldet. Du wusstest ja nicht mal, ob sie noch lebt.

Denk immer daran: Deine Mutter kennt die echte Kyoko Mogami gar nicht, ... die erfolgreiche Schauspielerin...“ Ren grinst plötzlich breit. „...die Frau, die bald den beliebtesten Mann Japans heiraten wird.“ Etwas ernsthafter fährt er fort. „Sie kennt nur die kleine Kyoko-chan, die immer mit allen Mitteln versucht hat, es ihrer Mutter recht zu machen, um ihre Zuneigung und Anerkennung zu bekommen. Etwas, das sie nie geschafft hat.

Stell dir einfach vor, du wärst erst 12 und sie würde aus heiterem Himmel wieder auftauchen. – Wie würdest du reagieren nach diesem ‚Ausrutscher’?“

Kyoko konzentriert sich auf die von ihm gestellte „Improvisations-Aufgabe“ und denkt einen langen Moment nach.

Dann ändert sich mit einem Mal ihre gesamte Körperhaltung; sie sinkt regelrecht in sich zusammen, beginnt, nervös ihre Finger zu kneten, beißt sich auf die Unterlippe und senkt verschämt den Blick.

Ihr Freund würde sie am liebsten wieder in die Arme schließen und ihr ermutigende Worte zuflüstern, doch er beherrscht sich und lässt es bleiben. Er weiß, dass er sie jetzt nicht mehr aus der Rolle reißen darf, wenn ihre Mutter darauf hereinfallen soll. Es wird der wohl wichtigste Schauspieltest ihres (und seines) Lebens und alles hängt davon ab, ob sie in den nächsten Minuten die reuige Tochter überzeugend spielen kann.

Ohne ein weiteres Wort schiebt er sie etwas unsanft an den Schultern vor sich her zur Tür, öffnet diese und betritt mit einem äußerst strengen Lehrerblick im Gesicht Rorys Büro.

„Ich glaube, die junge Dame ist wieder zur Vernunft gekommen.“, sagt er und lächelt Saena überaus charmant zu.

Kyokos Blick ist noch immer gesenkt und noch immer knetet sie nervös ihre Finger. Sie verbeugt sich tief vor ihrer Mutter und beginnt dann, leise zu sprechen.

„Entschuldige bitte mein Benehmen vorhin, Okaa-san. – Das was nicht richtig von mir. – Ich... Ich war nur so... schrecklich durcheinander. Ich... Es tut mir leid. Ich..“ Sie hebt ihren Blick und sieht ihrer Mutter ins Gesicht, Tränen in den Augen. „Ich... dachte, ich ... wäre nicht gut genug, um mich deine Tochter nennen zu dürfen... Bitte, ... gib mir noch eine Chance.“

Während Kyoko den Blick beschämt wieder senkt, schaut Saena triumphierend in die Runde der reichlich entsetzten Gesichter.

Nur Ren, der etwas Ähnliches erwartet hat, nickt ihr zufrieden und ein bisschen arrogant zu, obwohl ihm innerlich regelrecht das Herz blutet. – Weiß er doch etwas, dass weder die beiden Betreuer, noch der LME-Chef auch nur ahnen...

„Na ja, wie es scheint, hat sich ja doch etwas gefunden, das du einigermaßen kannst.“, wendet Saena sich schließlich von oben herab an ihre Tochter. „Immerhin hast du es ja zu bescheidenem Erfolg gebracht. – Wenn ich deine Karriere erstmal in die Hand nehme, kann ja vielleicht doch noch etwas aus dir werden.

Aber du musst mir versprechen, dass du dich mehr anstrengst.“

Kyoko schaut hoffnungsvoll zu ihr hoch. „Ja, Okaa-san.“, antwortet sie eifrig. „Ich... Meine Noten in der Schule sind schon ziemlich gut.“

„Ich weiß schon, Kind, Takarada-san hat mir davon berichtet.“, antwortet Saena einigermaßen gnädig, schlägt jedoch gleich darauf wieder einen strengen Tonfall an. „Aber deine Noten in Mathematik und Geschichte sind noch verbesserungswürdig.“ [Das sind - nebenbei bemerkt - die einzigen Fächer, in denen Kyoko „nur“ 95% hat!!]

In Ren brodelt es dermaßen heftig, dass er sich das ultraglänzendste Gentleman-Lächeln ins Gesicht meißelt, das er je zustande bekommen hat.

Yashiro und Rina sind da weit weniger beherrscht, man kann ihnen die Gedanken dazu förmlich in den entsetzten Mienen ablesen; allerdings halten sie sich so weit im Hintergrund, dass zumindest Kyokos Mutter nicht das Geringste davon mitbekommt.

Auch Rory Takarada bringt es irgendwie fertig, das Schauspiel vor seiner Nase nahezu vollständig zu ignorieren. Als sei nichts gewesen, wendet er sich an Saena Mogami.

„Dann wäre ja vorerst alles geregelt.

Ich hätte nur noch eine Bitte, Mogami-san. Wäre es möglich, dass Kyoko-chan in der Zeit, bis die neuen Verträge fertig sind, normal weiter arbeiten kann? - Ich denke, in Anbetracht der Tatsache, dass die Rechtsabteilung im Augenblick etwas überlastet ist, wird das Ganze etwa zwei Wochen dauern und es wäre ganz und gar nicht gut, wenn Kyoko-chan zum jetzigen Zeitpunkt ihrer Karriere schon wichtige Termine platzen lassen würde. Die meisten Produzenten und Regisseure schätzen das nämlich überhaupt nicht. Und sie schrecken da leider auch nicht vor übler Nachrede zurück.“

Saena denkt einen Moment nach und wirft einen kurzen Blick auf Ren, der ultraglitzernd zurück lächelt. Dann fixiert sie Kyoko mit einem derart strengen Blick, dass diese daraufhin unwillkürlich und heftig zusammenzuckt.

Saena wendet sich – scheinbar erleichtert und höchst zufrieden – erneut an Takarada.

„Ich denke, das wird gehen. Solange Tsuruga-san sich weiter als Sempai um sie kümmert, wird sie sich sicher benehmen und nicht über die Stränge schlagen.“ Noch einmal wendet sie sich ihrer Tochter zu. „Ich erwarte auch ohne meine Anwesenheit perfekte Ergebnisse, Tochter! Also, streng dich an!“

„Ja, Okaa-san.“, antwortet das Mädchen leise.

„Haben Sie bitte ein Auge auf sie.“, sagt sie zu Ren. „Man darf ihr die Zügel nicht zu locker lassen.“

Ren nickt nur lächelnd und verbeugt sich leicht.

„Wir sehen uns also in zwei Wochen, Takarada-san.“, verabschiedet sie sich dann. „Ich lasse Ihnen die Fotos so bald als möglich zukommen.“

Rory erhebt sich nun von seinem Schreibtisch-Sessel, um sich ebenfalls zu verabschieden. „Gut. Ich werde Sie benachrichtigen, sobald die Verträge und der Mitarbeiter-Ausweis fertig sind.“

Alle Anwesenden verbeugen sich ... und Saena stolziert hoch erhobenen Hauptes aus dem Büro.
 

Die beiden Betreuer atmen hörbar auf, als sich die Tür hinter ihr schließt. Rory seufzt tief und Ren muss erstmal die Hände aufs Gesicht legen, um sich ein wenig zu entspannen und tief durchzuatmen.

Als er den Blick schließlich wieder auf Kyoko richtet, ist er augenblicklich alarmiert.

Noch immer starrt das Mädchen wie versteinert auf die Tür, hinter der seine Mutter verschwunden ist. „Bitte, ... geh nicht, Okaa-san...“, flüstert sie abwesend.

Mit zwei großen Schritten ist Ren bei ihr, fasst sie sachte an den Schultern und dreht sie nachdrücklich von der Tür weg. Unaufhaltsam rinnen ihr die Tränen übers Gesicht.

„Kyoko.“, sagt er leise.

Das Mädchen schaut verzweifelt zu ihm hoch. „Sie ... Sie hat ... nicht mal nach meiner Adresse gefragt...“, schluchzt sie. „Ich ... tauge nur als ... als Arbeitssklave...“ Ihr Schluchzen wird heftiger.

Mit sanfter Gewalt bugsiert Ren sie auf einen der nahen Stühle – wohlweislich nicht auf den, auf dem sich ihre Mutter kurz zuvor noch breit gemacht hat. Kyokos Blick ist mit einem Mal erschreckend leer – sie wirkt wie paralysiert. Ren geht vor ihr in die Hocke und nimmt vorsichtig ihre Hände, um sie liebevoll zu streicheln.

Er fühlt sich reichlich hilflos.

Rory begibt zu einem der Aktenschränke, in dem sich eine kleine Bar verbirgt und nimmt eine Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit heraus. Er füllt ein wenig davon in ein kleines Glas, geht damit zu dem jungen Schauspieler und reicht es ihm.

„Hier.“, sagt er. „Gib ihr das. Das Zeug brennt dermaßen im Hals, dass es ihr sicher helfen wird, aus der Rolle wieder raus zu finden.“

Ren sieht zu ihm auf, als er das Glas annimmt, sein Blick ist mehr als ernst.

“Das ist keine Rolle.“, erklärt er besorgt. „Das hier war von Anfang an kein Spiel. – Das ist ein altes Verhaltensmuster, ... aus einer Zeit, lange bevor sie bei LME angefangen hat – vermutlich mit ausgelöst durch den Schock, ihre Mutter nach so vielen Jahren so plötzlich wieder vor sich zu sehen.“

Fürsorglich wendet er sich wieder seiner Freundin zu. „Ich wusste, das wird hart für dich, Hime-chan.“, murmelt er betroffen. „Bitte, sieh mich an!“

Vorsichtig hebt er ihr Kinn an. „Sie ist fort ... und das ist gut so.“, erklärt er. „Sie wird dir nicht noch einmal wehtun. Versprochen!“ Leise vor sich hin grummelnd ergänzt er: „Und wenn es mich meinen letzten Yen kostet...“

Liebvoll setzt er das Glas an ihre Lippen ... und Kyoko lässt sich mechanisch etwas von der Flüssigkeit einflößen.

Einen Augenblick später hustet sie heftig und verzieht das Gesicht zu einer angewiderten Grimasse, während sich allmählich ihr Blick wieder klärt.

Ren stellt das Glas beiseite, atmet hörbar auf und zieht sie fest in seine Arme.

„Verzeih mir, Kyoko.“, bittet er leise. „Aber es war so immens wichtig, dass sie uns das abnimmt.“

„Schon gut.“, winkt sie matt ab; sie scheint vollkommen fertig zu sein. „War ja meine Schuld. Ich hätte sie nicht so anschreien dürfen, das war ziemlich unklug. - Ich war nur so überrumpelt ... und so wütend über ihre Lügengeschichten.“

Sachte streicht ihr Ren über die Schulter. „Du solltest dir hier am allerwenigsten Vorwürfe machen, Kleines. – Ich wäre beinahe selbst auf sie losgegangen.“

„Ja, ging mir ähnlich.“, seufzt Rory. „Eine äußerst unangenehme Person! – Euren Auftritt hat sie aber definitiv geschluckt.“ Trotz der immer noch ernsten Lage kann er sich ein Grinsen nicht ganz verkneifen. „Ihr wart so brillant, dass ich beinahe selbst drauf reingefallen wäre.“

„Ich bin darauf reingefallen.“, wirft Yashiro blassgesichtig ein; er ist offenbar genau so betroffen wie seine Kollegin neben ihm.

„Haben die Beiden heute noch Termine?“, fragt der LME-Chef die beiden Betreuer.

Rina schüttelt nur den Kopf, sie wirkt immer noch ein bisschen geschockt.

Yashiro geht es kaum besser, aber immerhin kann er sich noch adäquat artikulieren. „Nein“, meint er erleichtert, „glücklicherweise nicht.“

„Gut. Dann wird Ren-kun jetzt Kyoko-chan nach Hause bringen und sich um sie kümmern, während wir drei ein paar Dinge organisieren werden. Das Ganze sollte generalstabsmäßig durchgeplant werden, damit uns diese ... Person ... nicht noch einmal dazwischenfunken kann.“

„Sie haben also schon einen Plan?“, fragt Rina verblüfft nach.

„Ich nicht“, grinst Rory, „aber Ren-kun. – Er will unser Küken heiraten.“ Sein Grinsen wird ein wenig breiter, als er den jungen Schauspieler direkt anspricht. „Ich geh einfach mal davon aus, dass du Kyoko-chan auch gefragt hast.“

„Blöde Frage, natürlich .“, grummelt der und hilft seiner Braut, die ein bisschen wackelig auf den Beinen zu sein scheint, vom Stuhl auf.

Rinas Laune bessert sich schlagartig, eifrig holt sie Kyokos Mantel und hilft ihr hinein. „Herzlichen Glückwunsch.“, sagt sie mit einem warmen Lächeln auf den Lippen.

Kyoko nickt nur lächelnd; sie ist anscheinend mit ihren Kräften am Ende.

Besorgt beobachtet Rory sie und als Ren mit seiner Jacke in der Hand bei ihm vorbeikommt, um sich wieder um sie zu kümmern, nimmt er ihn kurz beiseite.

„Lass sie heute Nacht nicht allein! Hörst du?“, raunt er ihm zu.

„Um keinen Preis der Welt!“, gibt Ren entschlossen zurück.

Als er wieder bei Kyoko steht und sie eindringlich gemustert hat, wendet er sich noch einmal an den LME-Chef.

„Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass das Treppenhaus D geräumt wird, Takarada-san? – Ich bitte Sie wirklich nur ungern darum, aber ich denke zum einen nicht, dass Kyoko die ganze Strecke auf ihren eigenen Beinen schafft; nicht mal, wenn wir den Aufzug benutzen. ...was ich nicht möchte. Und zum zweiten glaube ich auch, es wäre nicht gut, wenn wir unterwegs jemandem begegnen...“ Stumm deutet er auf das Mädchen, dem inzwischen - vermutlich vor seelischer und körperlicher Erschöpfung - gespenstisch still die Tränen übers Gesicht laufen.

Rory lächelt verständnisvoll und greift zum Telefon. „Kein Problem. Am besten setzt ihr euch noch einen Moment, das wird ein paar Minuten dauern.“
 


 

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Nachwort
 

Puuhh! Meine Güte, ihr habt ja keine Ahnung, wie viel Vorarbeit für dieses Kapitel notwendig war! – Es hat Wochen gedauert, bis ich die Informationen zu den Heiratsformalitäten bei Minderjährigen hatte ... und ich bin immer noch nicht so ganz sicher, ob jetzt auch wirklich alles stimmt.

Meinen Informationen nach kann man in Japan natürlich grundsätzlich erst mit 20 Jahren heiraten. (Logisch. Man darf ja auch erst offiziell mir 20 Sex haben.)

Ab 16 darf man dort aber offenbar heiraten, wenn die Eltern einverstanden sind und wenn der Ehepartner volljährig - also mindestens 20 - ist. (Heißt das eigentlich, dass die Eheleute dann im schlimmsten Fall vier Jahre warten müssen, bis sie die Ehe „vollziehen“ dürfen??).

Der volljährige Ehepartner wird dann jedenfalls automatisch der Vormund des minderjährigen Partners, ... bis dieser 20 wird.

Sollte jemand von euch andere oder genauere Informationen dazu haben, möge er sich bitte bei mir melden. – Nicht, dass ich es dann noch in jedem Fall abändern würde (nur, wenn das nicht zu kompliziert wäre), aber es würde mich wirklich interessieren. ^__^

Nachbeben

Ja, ich weiß, ich bin spät dran. Entschuldigt.

Aber im Moment hakt es einfach ein bisschen bei mir. Nicht, dass ich keine Ideen mehr hätte, aber ich hab zurzeit Schwierigkeiten mit der Umsetzung. Darum kann es sein, dass es auch bis zum nächsten Kapitel etwas länger dauert. Sorry. T_T

So und jetzt Schluss mit dem Gejammer, ich will euch ja nicht länger als nötig auf die Folter spannen. ^^

Viel Spaß!
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Könnten Sie bitte dafür sorgen, dass das Treppenhaus D geräumt wird, Takarada-san? – Ich bitte Sie wirklich nur ungern darum, aber ich denke zum einen nicht, dass Kyoko die ganze Strecke auf ihren eigenen Beinen schafft, nicht mal, wenn wir den Aufzug benutzen. ...was ich nicht möchte. Und zum zweiten glaube ich auch, es wäre nicht gut, wenn wir unterwegs jemandem begegnen...“ Stumm deutet er auf das Mädchen, dem inzwischen - vermutlich vor seelischer und körperlicher Erschöpfung - gespenstisch still die Tränen übers Gesicht laufen.

Rory lächelt verständnisvoll und greift zum Telefon. „Kein Problem. Am besten setzt ihr euch noch einen Moment, das wird ein paar Minuten dauern.“
 

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Nachbeben
 

Ein paar Minuten später ist das bewusste Treppenhaus tatsächlich für die Öffentlichkeit gesperrt. Rory hat vorsichtshalber noch über die Sicherheitskameras kontrolliert, dass sich auch wirklich niemand mehr dort herumtreibt.

Kyoko ist zwar immer noch reichlich blass, doch hat sie sich inzwischen wieder soweit gefangen, dass sie sich standhaft weigert, sich von ihrem Freund stützen oder gar tragen zu lassen.

„Bist du sicher?“, fragt Ren besorgt.

„Ja.“, lügt Kyoko nachdrücklich, obwohl ihre Knie nach wie vor ziemlich weich sind und obendrein der Alkohol, den er ihr vor ein paar Minuten eingeflößt hat, inzwischen seine Wirkung tut. [Nebenbei bemerkt: Es hat sich dabei um Kao Liang gehandelt, einen chinesischen Reisschnaps mit satten 62% Alkohol. ^_- Und er war nicht so kalt, wie er hätte sein sollen... Das Zeug kann man echt nur mit Minusgraden trinken.]

Leise seufzend erhebt sie sich von ihrem Stuhl, knöpft den Mantel zu und begibt sich mit Ren zur Tür. Rina streicht ein Mal kurz über ihrer Rücken, raunt ihr ein „Pass auf dich auf!“ zu und begleitet sie, ebenso wie Yukihito und Rory bis ins Vorzimmer, wo der LME-Chef das Paar noch einmal aufhält.

„Kommt ihr Beide mit euren Terminen morgen klar?“, fragt er überraschend fürsorglich.

„Ich denke schon.“, antwortet Kyoko. Wir haben morgen sowieso nur Stunt-Training ... und das auch erst am Nachmittag.“

Ren sieht sie eindringlich von der Seite her an. Er ist da weit weniger optimistisch.

„Ich sag Yukihito-kun rechtzeitig Bescheid, wenn wir absagen müssen.“, meint er trocken.

Kyoko knirscht innerlich mit den Zähnen, aber sie hat einfach im Moment nicht genug Energie, um Kontra zu geben. Allerdings ist sie mehr denn je entschlossen, den Termin einzuhalten, zumal sie der Ansicht ist, dass es sie von ihren derzeitigen Problemen ablenken wird, wenn sie sich körperlich verausgaben muss.

„Wie auch immer. Tut, was Ihr für richtig haltet.“, meint Rory und an seine Vorzimmerdame gewandt sagt er: „Das hier bleibt bitte unter uns, Sato-san. Auch die Vorkommnisse der letzten Stunde.“

„Selbstverständlich, Takarada-san.“, nickt die Frau. Sie ist ohnehin an Diskretion gewohnt und wäre nicht einmal im Traum auf die Idee gekommen, irgendetwas, das sich in oder um das Büro des LME-Chefs abspielt, weiterzuerzählen. Allerdings ist sie schon ein bisschen verwundert, dass ihr Chef das diesmal auch ausdrücklich von ihr fordert.

„Gut“, meint Rory leise seufzend; auch für ihn war die letzte Stunde anstrengend. „Ihr Beide macht dann, dass ihr schnell nach Hause kommt und euch ausruht, während wir den Schlachtplan ausarbeiten werden und schon das eine oder andere regeln.“ Noch einmal wendet er sich an seine Vorzimmerdame. „Und Sie kommen bitte auch mit in mein Büro, Sato-san, wir werden sicher Ihre Hilfe brauchen.“

„In Ordnung.“, nickt sie. „Ich stelle nur schnell die Telefonanlage um.“

„Und rufen Sie bitte in der Rechtsabteilung an“, fügt Rory noch hinzu, „die sollen mir Jemanden schicken, der sich mit Familienrecht auskennt.“
 

„Diese Schnepfe hat mir meinen goldenen Kugelschreiber geklaut.“, grummelt Rory, als er sich wieder auf dem Sessel hinter seinem Schreibtisch niederlässt.

Yukihito kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Nun tun Sie doch nicht so, als hätten Sie nicht genau damit gerechnet, Takarada-san! So wie sie ihn ihr unter die Nase gehalten haben.“

Rory schnaubt verächtlich durch die Nase.

Die Vorzimmerdame betritt nun ebenfalls das Büro, Notizblock und Stift bereits in den Händen. Rory bedeutet ihr, sich zu setzen.

„Was machen wir denn jetzt bezüglich der Einverständniserklärung?“, fragt Rina angespannt in die Runde.

„Was sollen wir schon damit machen?“, antwortet Rory grinsend. „Wir werden sie schreiben.“

„Wie? Schreiben?“ Rina sieht ihren Chef verständnislos an.

Yukihito hingegen scheint bereits zu verstehen, jedenfalls breitet sich ein schräges Grinsen in seinem Gesicht aus. „Ach deshalb die dreifache Ausfertigung bei der Empfangsbestätigung von Kyokos Geburtsurkunde!“ sagt er. „Normalerweise sind das bei solchen Gelegenheiten doch nur zwei. Ich hatte mich schon gewundert.“

„Unter anderem“, meint Rory und zwinkert ihm gut gelaunt zu. „Ich dachte, es wäre ganz sinnvoll, eine zweite Blanko-Unterschrift von der Dame zu haben. Sozusagen als Reserve. Darum hab ich unter die Blätter für den Mitarbeiterausweis, die sie ja einzeln unterschreiben musste, auch noch ein Blatt geschmuggelt.“

„Je mehr die Leute unterschreiben müssen, desto weniger kontrollieren sie, was sie da unterschreiben...“, murmelt Rina entgeistert. Schlagartig wird ihr klar, dass Rory Takarada noch deutlich durchtriebener ist, als sie bisher angenommen hatte; trotzdem jedoch steigen ihre Sympathiewerte für ihn gerade unmissverständlich an.

„Aber Sie hatten das schon in die Wege geleitet, bevor Sie von Ren-kuns Plan wussten.“, wirft Yashiro nachdenklich ein.

„Na ja, eine Unterschrift hätte ich auch dann von ihrer Mutter gebraucht, wenn ich für Kyoko-chan eine Adoption arrangiert hätte. Das war nämlich mein erster Gedanke.“, erklärt Rory achselzuckend ... und auf den verwirrten Gesichtsausdruck seiner Vorzimmerdame hin fährt er gleich mit den Erläuterungen fort und informiert sie umfassend über den derzeitigen Stand der Dinge.

Sato-san ist dermaßen geschockt über die Ereignisse, dass keinerlei Kommentar dazu über ihre Lippen kommt.

„Haben Sie eigentlich jemanden in der Rechtsabteilung erreicht?“, fragt Rory, nachdem er seine Ausführungen beendet hat.

Irgendwie holt diese Frage die Vorzimmerdame wieder aus ihren reichlich fassungslosen Gedankengängen heraus. „Ja, natürlich“, antwortet sie wieder in gewohnt geschäftsmäßigem Ton, „Der Leiter der Rechtsabteilung wird in ein paar Minuten selbst hoch kommen.“

„Gut, dann werden wir diese Angelegenheit besprechen, wenn er hier ist. – In der Zwischenzeit sollten wir schon mal die weitere Vorgehensweise abklären. Ich denke, als allererstes sollten wir eine erstklassige und besonders diskrete Detektei engagieren, damit wir mehr über unseren ‚Gegner’ erfahren. – Ich möchte vor allem wissen, wie ihre sozialen Kontakte aussehen und ob sie irgendwelche einflussreichen Leute kennt; dann will ich Aufklärung über ihre finanzielle Situation; ich vermute nämlich, dass sie in Geldnöten ist und deshalb die Gelegenheit nutzt, sich an ihrer Tochter ‚gesund zu stoßen’.“

Sato-san notiert eifrig die Wünsche ihres Chefs.

„Und außerdem“, fährt Rory fort, „möchte ich mehr über den Hintergrund und die Vorgeschichte zu Kyoko-chans Geburt wissen und warum sie ihre Tochter dann später einfach zu fremden Leuten abgeschoben hat.“

„Sie glauben, solche Frauen bekommen normalerweise gar keine Kinder, schon gar nicht ungewollt, nicht wahr?“, wirft Rina nachdenklich ein.

„Es sei denn, sie versprechen sich etwas davon...“, ergänzt Yukihito trocken.

„Vermutlich.“, bestätigt Rory düster. „Und das lässt auch den Schluss zu, dass diese Frau neben dem Geld vor allem an einem gesellschaftlichen Aufstieg interessiert ist.“

„Wozu ihr Kyoko-chan bei ihrem rasant steigenden Beliebtheitsgrad sicher schnell verhelfen könnte, noch dazu mit Ren Tsuruga als Sempai...“, bemerkt Yukihito grummelnd. „Habt ihr gesehen, wie diese falsche Schlange ihn taxiert hat?“

„Ja“, knirscht Rina durch die Zähne, „wie eine Raubkatze ein besonders lohnendes Beutetier. – Meine Güte, dabei ist sie doch viel zu alt für ihn!

Vielleicht sollte man der Detektei noch auftragen, möglichst viel über die Motivation und die Schwächen von Saena Mogami herauszufinden. – Jedenfalls soweit das in der kurzen Zeit möglich ist.“

„Guter Gedanke!“, findet Rory und deutet seiner Chefsekretärin an, das ebenfalls zu notieren.

„Wir sollten das zuständige Familienregister kontaktieren und dafür sorgen, dass die Hochzeit möglichst diskret über die Bühne geht.“, schlägt Yukihito unvermittelt vor.

„Richtig.“, meint Rory. „Das werde ich persönlich übernehmen. Bitte besorgen Sie mir dazu die Namen und Telefonnummern der zuständigen Beamten und ihrer Vorgesetzten, Sato-san. Dann kümmere ich mich darum.“

„Jawohl. Das dürfte kein Problem sein.“

„Dann bleibt nur noch, eine kleine Hochzeitsfeier zu organisieren. Ich denke, das sollten wir in meinem Haus veranstalten, das ist am unauffälligsten. – Würdet ihr Beide mir dabei ein wenig zur Hand gehen?“ Fragend sieht er die beiden Betreuer an. „Eine Hochzeit ist doch schließlich ein freudiges Ereignis und sollte nicht nur ein bloßer, deprimierender Verwaltungsakt sein.“

„Gerne.“, sagt Rina grinsend und Yukihito gibt ebenfalls nickend seine Zustimmung.

„Hach, schade, dass es nur ein ganz kleines Fest sein darf...“, seufzt Rory ein wenig unglücklich.

>Gott sei Dank wird es lediglich das sein!<, denkt Yashiro zufrieden. >Andernfalls würde das so eine Art Groß-Event, mit dem weder Ren-kun noch Kyoko-chan so richtig glücklich wären... Schon gar nicht, wenn Takarada-san das nach seinem eigenen Geschmack ausrichten würde.<

Rory kratzt sich nachdenklich das Kinn und scheint fieberhaft über etwas nachzudenken.

„Ist noch was?“, fragt Rina angespannt.

„Hm, ja... Ich überlege, wie ich meiner Enkelin das mit der Hochzeit von ihrem heiß geliebten Ren-san beibringe... Nicht dass sie noch mit einem unschönen Eifersuchtsanfall reagiert. – Es ihr zu verheimlichen wird jedenfalls mit tödlicher Sicherheit unmöglich sein.“

„Reden Sie doch einfach ganz vernünftig mit ihr.“, schlägt Rina ernst vor. „Soweit ich das mitbekommen habe, ist sie ein ganz cleveres Mädchen und wenn Sie ihr alles genau erklären, wird sie es bestimmt verstehen und keinen Ärger machen. Zumal Tsuruga-san ja auch nicht irgendeine dahergelaufene Tussi heiraten will, sondern ihre Onee-san...“

„Na gut, ich werde es versuchen.“, seufzt Rory.

„Falls Sie Schwierigkeiten haben, rufen Sie mich ruhig an, dann rede ich noch mal mit ihr.“ Sie grinst plötzlich von einem Ohr zum anderen und zwinkert mit einem Auge. „Ich hab ein bisschen Erfahrung mit uneinsichtigen, zickigen Prinzessinnen...

So und jetzt lassen sie uns die Zeit nutzen, bis der Leiter der Rechtsabteilung hier ist. Wie organisieren wir z.B., dass die Beiden möglichst ungesehen zum Familienregister kommen?“
 


 

Währenddessen haben die beiden jungen Schauspieler die Hälfte des Weges durch das gespenstisch leere Treppenhaus schweigend hinter sich gebracht. Kyoko hält sich schon seit geraumer Zeit beinahe krampfhaft am Geländer fest und setzt nur noch mechanisch einen Fuß vor den anderen, während Ren langsam neben ihr her geht und sie die ganze Zeit über stirnrunzelnd beobachtet.

Als sie zum wiederholten Mal auf einem Treppenabsatz innehält und sich schwer atmend und leise zitternd ans Geländer klammert, legt Ren ihr eine Hand auf die Schulter und dreht sie mit sanfter Gewalt zu sich herum.

„Bitte Kyoko, es ist genug, lass Dir endlich helfen!“, verlangt er leise. „Ich kann ja vollkommen verstehen, dass du dich von deiner Mutter nicht unterkriegen lassen willst. – Aber es nützt Niemandem etwas, wenn du dich jetzt völlig verausgabst und am Ende noch mit dem Fuß umknickst oder gar die Treppe runter fällst. Das wäre nämlich wirklich unprofessionell.“

Einen langen Moment sieht ihm das Mädchen forschend in die Augen, dann seufzt sie leise.

„Mir ist so schrecklich kalt, Koon.“, murmelt sie verzweifelt.

Ohne Zögern zieht der junge Schauspieler seine Jacke aus und wickelt sie schon im nächsten Moment zärtlich um das Mädchen vor ihm.

„Das wundert mich überhaupt nicht.“, meint er trocken, während er sachte über ihre Wange streicht. „Zum einen ist es hier wirklich kalt und zum anderen hat deine Mutter vorhin eine dermaßen eisige Atmosphäre geschaffen, dass man schon ziemlich unsensibel hätte sein müssen, um es nicht mitzukriegen.“

Sanft nimmt er sie auf die Arme und macht sich erneut auf den Weg, während sich Kyoko zögernd an seine Brust kuschelt.

Ren lächelt und küsst sie liebevoll auf die Stirn.
 

„Brauchst du noch irgendwas aus deiner Wohnung?“, fragt er Kyoko als er sie später im Aufzug ihres Hauses vorsichtig auf dem Boden absetzt.

Das Mädchen sieht ihn ein wenig verwirrt an. „Wieso?“

„Weil ich es für besser halte, wenn du heute bei mir übernachtest. Nur für den Fall, dass deine Mutter doch herausbekommen hat, wo du wohnst.“ Lächelnd streicht er ihr über das Haar. „Außerdem würde ich dich heute Nacht sowieso nicht alleine lassen ... und in meinem Bett ist einfach mehr Platz.“ Er lacht leise, als er bemerkt, wie Kyokos Gesicht sich rosa verfärbt. „Keine Sorge, ich werde ganz sicher nicht über dich herfallen, ich möchte nur nicht, dass du die ganze Zeit allein vor dich hin grübelst. – Also: Brauchst du noch was?“

„Ich weiß nicht.“, sagt Kyoko. Offenbar ist sie kaum in der Lage, klar zu denken.

„Also, unbenutzte Zahnbürsten hab ich noch und ein Schlafanzug lässt sich sicher auch für dich finden.“, meint er grinsend.

Kyoko lächelt müde. „Ich glaube, dann brauche ich nichts.“

„Ist dir noch kalt?“, fragt Ren besorgt.

„Ein bisschen, aber nicht mehr so schlimm wie vorhin in der Agentur.“, antwortet Kyoko mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen und kuschelt sich für einen Moment noch ein wenig tiefer in Rens übergroße Jacke, die immer noch über ihren Schultern hängt. Dann hält sie plötzlich inne, seufzt leise auf und nimmt die Jacke langsam von ihren Schultern, um sie dann ihrem Freund zu reichen.

„Hier. Am besten ziehst du sie wieder an.“, meint sie.

Ren legt die Stirn in Falten und sieht sie fragend an. „Warum?“

„Ich denke, es wäre nicht gut, wenn wir so auf dem Flur jemandem begegnen. Außerdem werde ich auf dem kurzen Stück schon nicht erfrieren.“

„Wie du meinst.“, entgegnet Ren und zieht sich die Jacke wieder über.

Inzwischen sind sie auf der richtigen Etage angekommen, die Fahrstuhltüren öffnen sich und die beiden können ungesehen den Flur betreten.
 

„Am besten nimmst du erstmal ein heißes Bad, Kyoko.“, schlägt Ren vor, nachdem sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen haben. „Ich bestell in der Zwischenzeit schon mal was zu Essen.“

„Aber ich hab wirklich keinen Hunger.“, gibt das Mädchen zurück, während sie ihren Mantel an die Garderobe hängt.

„Kann ich mir vorstellen, Liebling.“, seufzt der junge Schauspieler. „Mein Appetit hält sich auch ziemlich in Grenzen, ... aber wir sollten wenigstens ein bisschen was zu uns nehmen; wir werden nämlich unsere ganze Energie brauchen, um die nächsten Wochen zu überstehen.“ Sanft nimmt er sie in seine Arme. „Du brauchst ja nicht alles essen.“

„Aber wozu dann bestellen? Ich kann doch auch eben...“, beginnt Kyoko, wird jedoch sofort von Ren unterbrochen.

„Dich will ich mindestens in den nächsten acht Tagen in keiner Küche wirbeln sehen!“, fordert er bestimmt und nimmt ihr Gesicht zwischen seine großen Hände. „Ich möchte, dass du jede freie Minute nutzt, um deine Kräfte zu sammeln. Es wird sicher noch mindestens eine Konfrontation mit deiner Mutter geben und bei der solltest du so fit und souverän wie nur irgend möglich sein. Ich finde, sie sollte sich deinen Standpunkt anhören müssen, ... damit sie dich in Zukunft wirklich in Ruhe lässt.“

Kyoko seufzt tief. „Ehrlich gesagt, würde ich am liebsten überhaupt nicht mehr mit ihr reden. Ich will sie eigentlich nicht mal mehr sehen “, murmelt sie.

Renn nimmt sie fester in die Arme und küsst sie sachte aufs Haar. „Vielleicht musst du das auch gar nicht. – Aber wir sollten besser auf alle Eventualitäten gefasst sein ... und darum werden wir uns ab morgen genauer überlegen, was du ihr sagen möchtest, wenn es dazu kommt. Und jetzt sieh zu, dass du in die Wanne kommst, du bist immer noch eiskalt.“

„Ja, du hast Recht.“, murmelt Kyoko und macht sich auf den Weg, um sich ein heißes Bad einlaufen zu lassen.
 

Eine gute Stunde später haben die Beiden – freilich ohne rechten Appetit - ein wenig gegessen und es sich danach in Rens großem Bett gemütlich gemacht. Leise in sich hinein schmunzelnd betrachtet der junge Schauspieler sein Mädchen, das neben ihm in einem seiner kurzärmeligen Schlafanzugoberteile regelrecht in roter Seide zu versinken scheint. Lächelnd denkt er an den Tag zurück, an dem er sie zum ersten Mal so gesehen hat, ... bis ihm schlagartig auffällt, dass sie plötzlich noch stiller geworden ist als sie schon den ganzen Nachmittag war. Bei genauerem Hinsehen bemerkt er, dass sich allmählich Tränen aus ihren Augenwinkeln lösen.

Ohne jeden Kommentar nimmt er sie in den Arm, streichelt sie zärtlich, drückt sie ab und zu an sich und tröstet sie wortlos so gut er kann.

>Diese verdammte...! Mann!! Und ich hab mich über meine Eltern beschwert!<, denkt er, während er weiter versucht, Kyokos Schmerz ein wenig zu lindern. >Dagegen hatte ich es gar nicht mal schlecht getroffen. - Man kann meinem Vater ja einiges nachsagen ... und ihm sicher auch einiges vorwerfen, ... aber ich kann wirklich nicht behaupten, dass er mich nicht geliebt hätte... Eher hat er mich mit seiner Liebe erdrückt, ... wenn er denn mal Zeit für seinen Sohn hatte...<
 

Zwei Stunden später – Kyoko ist gerade in seinen Armen eingeschlafen – vibriert Rens Handy leise vor sich hin. Rasch greift er auf den Nachttisch und nimmt nach einem kurzen Blick auf das Display das Gespräch entgegen.

„Hallo Yukihito-kun.“, sagt er leise.

„Grüß dich. Wie geht es euch?“, fragt der junge Manager am anderen Ende der Leitung.

„Den Umständen entsprechend.“, antwortet Ren seufzend. „Kyoko hat sich stundenlang in den Schlaf geweint ... und ich fühl mich auch ziemlich ausgepowert. Ich fürchte, das wird eine ziemlich kurze, anstrengende Nacht. – Jedenfalls wenn ich dieses Gedanken-Karussel nicht doch noch loswerde.“

„Ich denke, du brauchst dir gar nicht so viele Sorgen zu machen. Wie es aussieht, hat Takarada-san die Sache bereits ganz gut im Griff.“, beruhigt ihn Yashiro. „Er hat sich regelrecht in Rage gearbeitet, nachdem ihr beide fort wart. – Meine Güte, war der nachher sauer! So habe ich ihn überhaupt noch nicht erlebt. – Saena Mogami kann wirklich froh sein, wenn sie aus Sache mit nur einem blauen Auge heraus kommt...

Hat Kyoko-chan noch etwas zu der Sache gesagt?“

„Nicht viel.“, seufzt Ren. „Eigentlich nur, dass sie ihre Mutter in Zukunft am liebsten weder sehen noch hören will. – Ansonsten hat sie die letzten Stunden hauptsächlich geweint.“

„Ach, herrje!“, murmelt Yukihito mitfühlend. „Das wird Rina-chan gar nicht gerne hören.“

Ren horcht auf. >Rina –chan ?!< ... „Hn?“

„Du hättest sie erleben sollen, nachdem diese blöde Schnepfe weg war! “, erklärt Yukihito. „Erst war sie vollkommen sprachlos vor lauter Empörung, dann hat sie sich schon fast wie besessen in die Arbeit gestürzt ... und danach hat sie stundenlang Schimpftiraden auf diese Pseudo-Mutter abgefeuert.“

Aus dem Telefon kann man irgendeinen grummeligen Kommentar im Hintergrund hören, jedoch kann Ren weder erkennen, was gesagt wird, noch wer da spricht.

„Ich nehme mal an, du musstest als Publikum dafür herhalten“, vermutet Ren schmunzelnd.

„Ja. – Mehr oder weniger.“, gibt der junge Manager genauso schmunzelnd zurück.“ Aber es gibt nun wirklich Schlimmeres.“

„Was habt ihr überhaupt mit Takarada-san ausgeheckt?“, fragt Ren und sein Manager nutzt die Gelegenheit, ihn auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen.

Während der junge Schauspieler nun aufmerksam zuhört und ab und zu ein leises „M-hm.“ vernehmen lässt, streichelt er behutsam das Mädchen, das immer noch in seinen Armen liegt und sich hin und wieder ein wenig regt.
 

Als Ren am anderen Morgen die Augen aufschlägt, liegt Kyoko ruhig atmend und leise seufzend mit dem Kopf auf seiner Brust.

Der junge Schauspieler muss lächeln; von diesem Anblick und diesem wunderbar friedlichen Gefühl am frühen Morgen hatte er insgeheim schon geraume Zeit geträumt. Sachte streicht er ihr übers Haar und nimmt in tiefen Zügen ihren Duft in sich auf.

Kyokos Finger zucken leicht und einen Moment später öffnet sie verschlafen die Augen.

„Oh, entschuldige. Hab ich dich geweckt?“

„M-m.“, verneint Kyoko lächelnd und kuschelt sich erneut auf seine Brust, um weiter seinem beruhigenden Herzschlag zu lauschen. Nur langsam kommen ihr die Ereignisse des letzten Tages wieder in Erinnerung.

Laut aufseufzend vergräbt sie schließlich ihr Gesicht unter seinem Arm, in der Hoffnung, die beängstigenden Gedanken zumindest noch für eine Weile aus ihren Kopf zu verbannen. Vergebens.

„Mach dir bitte nicht so viele Sorgen, Hime-chan“, flüstert Ren ihr ins Ohr und küsst sie zärtlich auf die Wange. „Auch wenn die Sache noch lange nicht ausgestanden ist... Takarada-san scheint die Situation trotz allem schon ganz gut im Griff zu haben. Ich hab gestern Abend noch mit Yashiro gesprochen, als du bereits geschlafen hast. Und nach allem, was er so erzählt hat, scheint er die Sache nicht nur sehr ernst zu nehmen, sondern auch bis ins kleinste Detail durchzuplanen.“

Kyokos Kopf arbeitet sich wieder unter seinem Arm hervor. Fragend schaut sie ihn an.

Ren erzählt ihr ausführlich vom gestrigen Telefonat mit seinem Manager und als er damit fertig ist, klingelt wie auf ein geheimes Stichwort sein Handy.

„Nanu? Kobayashi-san?“, wundert er sich, als er den Namen auf dem Display erblickt. Schulterzuckend nimmt er ab.

„Guten Morgen, Kobayashi-san. Was verschafft mir so früh am Morgen die Ehre?“

„Hm, na ja, ganz so früh ist es nun auch nicht mehr, Tsuruga-san.“, gibt Rina zu bedenken.

Ein kurzer Blick auf den Wecker bestätigt ihre Worte.

„Oh... Stimmt, da haben Sie Recht. Was gibt es?“

„Eigentlich nichts Besonderes. Ich wollte nur nachhören, ob es bei dem Stunttraining heute bleibt. Und da ich nicht wusste, ob Kyoko-chan schon ansprechbar ist, dachte ich, ich rufe besser Sie an.“

„Ach so, verstehe.“, antwortet Ren und sieht Kyoko forschend an. „Du willst immer noch zum Training heute, oder?“, fragt er sie.

„Natürlich. Auf jeden Fall!“, kommt es prompt zurück.

„Tja, sieht so aus, als würde mein Schatz stur bleiben.“, stellt er an Rina gewandt fest und lacht leise. „Möchten Sie selbst mit ihr sprechen? Sie ist zwar noch nicht so ganz wach, aber anscheinend munter genug, dass sie schon Streitgespräche führen könnte.“

„Nicht nötig. Sie kann mich ja später anrufen, wenn noch was sein sollte. Ansonsten sehen wir uns ja heute Nachmittag. – Aber bestellen Sie ihr liebe Grüße ... und dass wir alles Menschenmögliche tun, um ihr zu helfen. Entschuldigen Sie mich dann, Tsuruga-san, ich muss los. Yashi-kun drängelt schon, wir haben noch einiges zu erledigen.“

„Ja, gut, bis später.“, sagt Ren, dann legt er gedankenverloren auf.

„Hmm, ‚Yashi-kun’...“, murmelt er.

Kyoko sieht ihn verwirrt an. „Was?“

„Ich frage mich, ob uns da was entgangen ist...“,murmelt Ren nachdenklich. Da Kyoko seinen Gedankengängen anscheinend nicht folgen kann, erklärt er: „Gerade hat Kobayashi-san von Yukihito-kun gesprochen und ihn dabei ‚Yashi-kun’ genannt. Und gestern Abend hat er von ihr als ‚Rina-chan’ geredet. Hast du sie sich schon mal so nennen hören? Ich nämlich nicht. Aber das hörte sich beide Male so selbstverständlich an, dass ich mich frage, ob da nicht mehr zwischen den beiden läuft als nur eine kollegiale Freundschaft. Zumal Yukihito-kun gestern Abend, als ich mit ihm telefoniert hab, definitiv nicht allein war. – Leider konnte ich nicht verstehen, was da im Hintergrund gesagt wurde ... und ich konnte auch keine Stimme erkennen.“

„Meinst du?“, hakt Kyoko etwas skeptisch nach. „Aber das muss doch noch nichts heißen.“

„Na, ich weiß nicht. – Aber Yukihito-kun ist nicht unbedingt schnell mit vertraulichen Anreden, besonders Frauen gegenüber.“

„Wirklich? Aber mich hat er doch auch von Anfang an ‚Kyoko-chan’ genannt.“, wendet das Mädchen ein.

„Das ist was anderes; dich hat er mehr als kleine Schwester betrachtet ... oder zumindest so was Ähnliches.“

„Du meinst, er hat mich nie als Frau gesehen.“, fasst Kyoko leicht frustriert zusammen. „Ich wusste es: Nur ein Dummkopf käme auf die Idee, ausgerechnet mich als ... na ja ... begehrenswert zu bezeichnen. Tolles Kompliment!“

Ren stutzt einen Moment, dann lacht er. „So, du willst also behaupten, ich wäre ein Dummkopf. Und vermutlich obendrein auch noch einer ohne jeden Geschmack.“, stellt er grinsend fest, während Kyoko gerade bewusst wird, dass sie sich – wieder einmal – vollkommen missverständlich ausgedrückt hat.

„Nun“, meint Ren gelassen; sein Grinsen ist deutlich breiter geworden und er hat fast unbemerkt Kyokos Hand ergriffen, damit sie ihm nicht entkommen kann. „die Presse ist da durchaus anderer Meinung. – Ich kann dir gerne ein paar Artikel zukommen lassen, die glatt das Gegenteil behaupten.“ Langsam zieht er sie am Handgelenk zu sich heran und nimmt sie schließlich liebevoll in die Arme, während sein Grinsen nun schon fast sein Gesicht zu sprengen scheint. „Wahrscheinlich warst du dem guten Yashiro einfach ein bisschen zu jung, möglicherweise hat er sich auch von deiner offenen, ehrlichen, ein wenig naiven Art täuschen lassen...“

„Täuschen?“, fragt Kyoko verständnislos, während Ren ihr mit einer Hand unter den Schlafanzug fährt und ihr heiße Schauer durch den Körper schickt.

„Ja, du hast Recht, ‚täuschen’ ist das falsche Wort. – Lass es mich so ausdrücken: Möglicherweise hat er dich wegen deiner unverblümt offenen Art zu sehr als junges Mädchen gesehen; jedenfalls hat er erst sehr viel später gemerkt, wie schön, wie begehrenswert und wie ... sexy du bist.“ Nachdrücklich zieht er sie noch näher heran und küsst sie leidenschaftlich, bis ihr fast die Luft wegbleibt. „Warum auch immer all die Kerle nicht das Potential in dir sehen konnten“, fährt er danach fort, „ich bin jedenfalls sehr froh, dass ich damit schneller war. – Denn jetzt gehörst du zu mir ... und ich werde dich nicht mehr gehen lassen, Hime-chan.“

Kyoko droht gerade der Verstand aus dem Gehirn auszuwandern, ... bis sie unwillkürlich daran denkt, dass auch ihre Mutter offenbar nichts Gutes an ihr hat sehen können, bevor sie zur Schauspielerin geworden war und damit Erfolg hatte...

Als hätte er ihre Gedanken gelesen, drückt Ren sie liebevoll an sich; plötzlich hat seine Umarmung nichts Verlangendes mehr, sondern vielmehr etwas überaus Beschützendes.

„Versuch, ein bisschen weniger zu grübeln.“, flüstert er. „Wir werden jetzt erstmal frühstücken und dann denken wir gemeinsam darüber nach, wie wir die Dinge regeln werden. – Obwohl ich ja fast befürchte, dass wir gar nicht mehr groß was dabei zu tun haben werden...“ Er lacht kurz auf. „Außer vielleicht noch, zum Familienregister zu gehen und eine Unterschrift zu leisten. Oh, da fällt mir was ein. Hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass Takarada-san auf eine kleine Hochzeitsfeier besteht?“

Kyoko schüttelt halbwegs entsetzt den Kopf.

„Doch, das tut er. – Ich hoffe nur, diese Feier wird wirklich klein. Die ‚richtige’ Feier soll es schließlich erst geben, wenn wir das Ganze auch in der Öffentlichkeit bekannt geben können.“

Ein bisschen widerwillig löst er sich von ihr und erhebt sich lächelnd aus dem Bett.

„So, ich besorg jetzt mal was zum Frühstück.“ Einen Augenblick hält er inne und überlegt, dann nimmt er ihr Handy vom Nachttisch und drückt es ihr in die Hand.

„Am besten rufst du jetzt deine Freundin an und bringst sie auf den neuesten Stand. Oder noch besser: Du verabredest dich mit ihr.“

„Aber sie ist doch heute Nachmittag sowieso beim Training dabei.“, wendet Kyoko ein.

„Wo ihr nicht offen reden könnt ... und wo sie mit hoher Wahrscheinlichkeit schon bemerken wird, dass etwas nicht in Ordnung ist. – Sie kennt dich zu gut. Und wenn du sie wieder zu lange im Unklaren lässt, könnte sie diesmal vielleicht doch sauer reagieren. Und schließlich ist sie doch wohl ausgesprochen vertrauenswürdig, oder?“

„Ja, schon...“, druckst das Mädchen herum.

„Mir ist klar, dass es nicht einfach ist, darüber zu sprechen, aber es wird dir sicher helfen, deine Gedanken zu ordnen und ein bisschen Distanz dazu zu gewinnen. – Außerdem könnt ihr euch auch ruhig hier bei mir treffen nach dem Training, dann erzähl ich notfalls zu Ende, falls du es doch nicht schaffen solltest.

Hmm, mir ist es mir sowieso lieber, wenn du vorerst hier bleibst. Ich habe zwar gestern Abend noch mit dem Concierge gesprochen, dass er deine Mutter nicht hoch lässt und uns Bescheid gibt, falls sie unten auftauchen sollte, aber man weiß ja nie...“

Sachte küsst er sie auf die Stirn und gibt ihr mit einem leichten Schubs zu verstehen, dass sie am besten sofort mit Kanae Kotonami telefonieren sollte.

Mit zitternden Fingern sucht sie die Nummer aus dem Adressverzeichnis, während Ren bereits im Bad verschwindet.

Konsequenzen

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

Außerdem ist es mir sowieso lieber, wenn du erstmal hier bleibst. Ich habe zwar gestern Abend noch mit dem Concierge gesprochen, dass er deine Mutter nicht hoch lässt und uns Bescheid gibt, falls sie unten auftauchen sollte, aber man weiß ja nie...“

Sachte küsst er sie auf die Stirn und gibt ihr mit einem leichten Schubs zu verstehen, dass sie am besten sofort mit Kanae Kotonami telefonieren sollte.

Mit zitternden Fingern sucht sie die Nummer aus dem Adressverzeichnis, während Ren im Bad verschwindet.
 

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Konsequenzen
 

„Nun mach doch mal schneller!“, fordert Kanae ihre Freundin grinsend auf.

Irgendwie hat sie es geschafft, sich geradezu im Überschalltempo umzuziehen und steht nun mit ihrer gepackten Tasche in den Händen im Damenumkleideraum vor Kyoko und klopft ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden.

„Du kannst Tsuruga-san doch nicht warten lassen! Wenn er schon so freundlich ist, uns mitzunehmen...“ Unbemerkt von den anderen Mädchen im Raum zwinkert sie ihrer Freundin verstohlen zu.

Eigentlich ist sie nur maßlos neugierig und brennt darauf, endlich die ganze Geschichte zu erfahren, denn natürlich hat Kyoko sie am Morgen nur in groben Zügen über die neuesten Ereignisse informiert.

Kyoko verdreht seufzend sie Augen, während sie ihre Schuhe wieder anzieht. „Ja, ja. - Du hast ja Recht. Das wäre wirklich sehr unhöflich.“

Die umstehenden Mädchen, die heute ebenfalls beim Stunttraining dabei waren, beginnen „unauffällig“ in kleinen Grüppchen zu tuscheln.

Nun ist es an Kanae, heimlich die Augen zu verdrehen und Kyoko durch einen Blick zu verstehen zu geben, dass sie hier schnellstens raus möchte.

Eilig packt Kyoko ihre Sachen in die Sporttasche.

„So, fertig.“, meint sie schließlich. „Dann lass uns gehen.“ Freundlich lächelnd wendet sie sich an ihre Kolleginnen: „Tschüß zusammen, bis übermorgen! Einen schönen Tag noch!“

Auch die Mädchen verabschieden sich höflich.
 

„Puh!“, ächzt Kanae, als die Tür hinter ihnen geschlossen ist. „Das ist ja kaum auszuhalten, dieses Gegibbel, Gekicher und Getratsche, wenn Tsuruga-san am Set ist. – Manchmal könnte ich diese Hühner...“ Glucksend bricht sie ab und zwinkert Kyoko erneut zu. „Gut, dass die nicht wissen...“, flüstert sie.

Natürlich läuft Kyoko daraufhin rosa an ... und ist beinahe versucht, ihrer Freundin erschrocken über den Mund zu fahren. Da das jedoch nur noch mehr auffallen würde, ergreift sie entschlossen Kanaes Hand und zieht sie energisch hinter sich her in Richtung Parkhaus.
 

Als sie einige Minuten später auf dem Beifahrersitz des Sportwagens Platz genommen hat und Rens breites Grinsen registriert, schließt sie für einen Moment leise seufzend die Augen.

„Meine Güte, Kyoko-chan“, kommt es unvermittelt vom Rücksitz, wo sich Kanae gerade angeschnallt hat und verwundert den Kopf schüttelt, „wie kannst du nach diesem Training noch so fit aussehen? – Ich bin echt fertig, aber du ... du siehst fast noch frischer aus als vorher.“

Ren grinst sie durch den Rückspiegel an. „Oh, das Training hat sie einfach zum Abreagieren gebraucht.“, behauptet er vergnügt. „Und ich muss ehrlich zugeben: Mir hat es auch gut getan.“

Kanae bleibt skeptisch, zumindest was Kyoko betrifft. „Ich weiß ja nicht... Mal abgesehen davon, dass das Training ja eigentlich immer höllisch anstrengend ist, diese Highfalls sind ja wohl der absolute Horror!“ Unwillkürlich schaudert sie. „Mann, ich kann echt froh sein, dass ich im Film wenigstens nur aus drei Metern Höhe springen muss ... und nicht wie ihr aus sieben Metern.“

„Höhenangst?“, fragt Ren verblüfft nach.

„Ja, ein bisschen.“, seufzt Kanae.

„Hattest Du Choi-sensei etwa nichts davon gesagt?“, fragt Kyoko entsetzt.

„Wie denn?“, kommt es postwendend von ihrer Freundin zurück. „Ich bin vorher noch nie aus so einer Höhe gesprungen, woher hätte ich das also wissen sollen?“

„Hm“, überlegt Ren ernsthaft, „vielleicht wäre es dann besser gewesen, zuerst die Stunt-Choreographien durchzugehen und zu üben und dann erst die Sprünge zu machen. Dann wärst du schon etwas lockerer gewesen und hättest obendrein nicht noch mit weichen Knien Höchstleistungen an Konzentration bringen müssen... – Allerdings kommt diese Überlegung ja sowieso zu spät...“

„Bloß nicht!“, winkt Kanae energisch ab. „Dann hätte ich auch noch die ganze Zeit Zuschauer gehabt, die mich dabei beobachtet hätten, wie mir vor jedem Sprung der Angstschweiß auf der Stirn stand und ich mich jedes Mal förmlich zwingen musste, auch wirklich abzuspringen. Ich bin ja schon froh, dass ich das schon fast hinter mir hatte, als die ersten zum Choreo-Training dazukamen.“

Kyoko hat sich mit reichlich verwundertem Gesichtsausdruck zu ihrer besten Freundin umgedreht. „Aber davon hat man nicht das Geringste bemerkt.“, meint sie verdutzt.

„Das beruhigt mich.“, gibt Kanae trocken zurück. „Wäre ja noch schöner! – Ein bisschen schauspielerisches Talent sollte doch schließlich in mir stecken.“

„Zweifelsohne“, bestätigt Ren grinsend, wird jedoch nur Sekunden später nachdenklich. „Sag mal, Kanae-san“, beginnt er erneut, „kann ich dich mal was fragen? – Ich meine, wenn wir schon mal unter uns sind ... und ich die Gelegenheit habe, jemanden zu fragen, der die Sache sozusagen von außen betrachten kann...“

Kanae wird postwendend rot und denkt, wunders was für persönliche Fragen jetzt wohl folgen mögen, doch schluckt sie tapfer ihre Verlegenheit hinunter und versucht, sich nichts anmerken zu lassen. „Ja, natürlich“, sagt sie fest, „nur zu.“

Ren sucht einen Moment nach den richtigen Worten, bevor er seine Frage stellt. „Ist dir in letzter Zeit etwas aufgefallen an Yashiro- und Kobayashi-san? Ich meine daran, wie sie miteinander umgehen?“

Kanae ist ziemlich perplex; diese Frage hatte sie nicht erwartet. „Aufgefallen?“, hakt sie nach. „Inwiefern?“

„Na ja, ich weiß nicht, ... aber mir scheint, in letzter Zeit läuft da was zwischen den Beiden, was über ein reines Sich-gut-verstehen hinausgeht. – Ich möchte sie aber vorerst nicht selbst fragen...“

Kanae geht langsam ein Licht auf. „Ach so, du meinst, ob sie... – Hm, ich weiß nicht, ... schwer zu sagen, so oft sehe ich sie ja nicht zusammen.“ Sie denkt einen Moment angestrengt nach, dann breitet sich plötzlich ein amüsiertes Grinsen in ihrem Gesicht aus. „Lass es mich mal so ausdrücken, Tsuruga-kun: Wenn die Beiden noch nichts miteinander haben, dann dauert’s bestimmt nicht mehr lange. – Jedenfalls haben die Zwei sich heute verdächtig schnell aus dem Staub gemacht; das Training war noch nicht ganz zu Ende, da waren sie auch schon verschwunden ... und zwar beide mit einem ziemlich breiten Grinsen im Gesicht.“

„Meinst du?“, fragt Kyoko skeptisch. „Sie sind schließlich von Anfang an toll miteinander ausgekommen; ich kann da jedenfalls nicht großartig Veränderungen feststellen. – Und dass sie heute so früh gegangen sind, hängt sicher damit zusammen, dass sie im Moment eben eine ganze Menge Zusatzarbeit haben.“

„Kann schon sein.“, meint Kanae. „Aber wer weiß, wie lange die schon turteln? Könnte ja durchaus sein, dass ihr Beide – aus durchaus verständlichen Gründen – noch nichts davon mitgekriegt habt...“

Kyokos Gesicht nimmt augenblicklich die Farbe einer reifen Tomate an ... und auch auf Rens Wangen zeigt sich unwillkürlich ein zartes Rosa.

„Hmm, wenn ich so drüber nachdenke... Man könnte jedenfalls glatt den Eindruck bekommen, dass sie nicht groß reden müssen, um zu wissen, was der andere denkt.“, fährt Kanae ungerührt mit ihren Erklärungen fort, wobei sie geflissentlich die Verlegenheit der beiden Schauspieler auf den vorderen Sitzen übersieht. Sie schafft es sogar, ein Grinsen zu unterdrücken...
 

Eine gute halbe Stunde später sitzen die Drei gemütlich in Rens Wohnzimmer und reden bei einer guten Tasse Tee über die Ereignisse des letzten Tages.

„Na ja, das Ganze fing ja schon damit an, dass sie ohne Klopfen oder sonst eine Ankündigung in Takarada-sans Büro gestürmt kam.“, erläutert Ren gerade. „Wie eine Furie. – Allein das war ja schon reichlich daneben. – Und dann hat sie dreist behauptet, dass sie und Kyoko aufgrund ‚widriger Umstände’ getrennt wurden ... und dass sie einfach lange nicht gewusst hätte, wo sie nach ihr suchen sollte.“ Deutlich sieht man ihm an, wie langsam der Ärger vom Vortag wieder in ihm hoch kocht.

„Oh!“, macht Kanae überrascht und sieht ihre Freundin fragend an.

„Was natürlich nicht stimmt.“, erklärt Kyoko erstaunlich gefasst. Irgendwie findet sie es ausgesprochen beruhigend, dass Ren sich an ihrer Statt aufregt. „Sie hat mich schon als kleines Kind einfach bei den Fuwas zurückgelassen und ist ohne ein einziges Wort der Erklärung verschwunden. Vermutlich war ich ihr bis dahin nur ein Klotz am Bein, den man irgendwie loswerden musste. – Ich konnte jedenfalls tun, was ich wollte, ich bekam niemals auch nur ein anerkennendes Wort von ihr.“

Kanae ist ziemlich entsetzt, versucht jedoch, sich nichts anmerken zu lassen, nicht zuletzt, weil Kyoko trotz einer gewissen Traurigkeit in der Stimme ungewöhnlich gelassen klingt.

„Jedenfalls hat sie die Unverschämtheit besessen, zu behaupten, dass die Agentur Kyoko über alle Maße ausbeuten würde“, regt sich Ren erneut auf, „...und praktisch im nächsten Atemzug hat sie mehr als deutlich gemacht, dass sie ihre Tochter in Zukunft noch weit mehr arbeiten lassen wird, als das bisher schon der Fall war. – Und um das zu erreichen, wollte sie Kyokos Management und ihre Betreuung übernehmen.“

„...wobei der Clou daran ja ist, dass sie genau dafür auch noch ein Gehalt von LME fordert; natürlich zusätzlich zu den Prozenten, die sie für meine Arbeit abzukassieren gedenkt...“, ergänzt Kyoko trocken.

„Sie will also sowohl dein Management übernehmen als auch deine Betreuung?“, fragt Kanae ungläubig. „Ich bin sicher, dass sie keine Ahnung hat, was das bei Deinem Arbeitspensum bedeutet.“ Sie hat plötzlich ein ziemlich schadenfrohes Grinsen im Gesicht. „Na, das gäbe ja ein sehr unsanftes Erwachen...“, kichert sie.

Ren muss unwillkürlich in das Lachen einstimmen und selbst Kyoko grinst ein wenig.

„Vermutlich.“, meint der junge Schauspieler breit grinsend. „Glücklicherweise scheint sie einer meiner Fans und von daher mit einer gewissen Betriebsblindheit mir gegenüber geschlagen zu sein. Auf jeden Fall hat sie mir die Nummer mit Kyokos gestrengem Sempai anstandslos abgekauft.“

„Hey“, wirft Kanae schräg grinsend ein, „bis vor nicht allzu langer Zeit hat Kyoko-chan sich diese ‚Wir-sind-lediglich-Sempai-Kohai-Nummer’ selbst geglaubt!“

Natürlich läuft Kyoko postwendend rot an. „Ich...“, beginnt sie stammelnd, wird jedoch sofort von Ren unterbrochen, der ein wenig näher an sie heran rutscht, ihr Gesicht in beide Hände nimmt und sie zärtlich auf den Mund küsst.

„Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen.“, sagt er dann lächelnd. „Das war meine Schuld.“

Irgendwie fühlt sich Kanae gerade reichlich überflüssig. Auf der anderen Seite wüsste sie nicht, wem sie dieses zweisame Glück mehr wünschen würde, als ihrer besten Freundin.

„Ren hat mich dann jedenfalls zu einem strengen Vier-Augen-Gespräch abgeführt.“, fährt Kyoko fort, als sie den leicht abwesenden Gesichtsausdruck ihrer Freundin bemerkt.

„...wo ich ihr den Antrag gemacht habe.“, ergänzt Ren mit einem irgendwie stolzen Grinsen.

Kanae muss einfach mitgrinsen, allerdings verkneift sie sich – vorerst – die Frage nach Details.

„Dann hab ich von dort aus Takarada-san angerufen und mich seiner Unterstützung versichert. Immerhin war ja wichtig, an Kyokos Geburtsurkunde zu kommen und an eine Einverständniserklärung von ihrer Mutter.“

„Hat das denn so einfach geklappt?“, will Kanae wissen.

„Anscheinend war es leichter, als wir uns das gedacht hatten.“, erklärt Ren schulterzuckend. „Takarada-san hat einfach leere Blätter zwischen die Formulare geschmuggelt und so zwei Blanko-Unterschriften von ihr ergaunert ... und außerdem hat er gleich die Geburtsurkunde einkassiert, mit der Begründung, dass die Rechtsabteilung von LME das für die Vertragsänderung brauche.“

„...während ich tausend Tode gestorben bin, ob sie vielleicht doch etwas bemerkt...“, seufzt Kyoko.

„Meine Güte!“, schnappt Kanae aufgeregt. „Das ist ja hochdramatisch! Der reinste Krimi.“

„Und es besteht immer noch die Gefahr, dass sie doch noch was mitkriegt.“, meint Kyoko unglücklich.

„Das ist zwar nicht ganz von der Hand zu weisen.“, bestätigt Ren ernst und nimmt seine Braut beschützend in den Arm. „Aber es ist ziemlich unwahrscheinlich, ... zumal wir ihr glaubhaft versichert haben, dass sie dich momentan nicht zur Arbeit begleiten kann.“

Kanae sieht ihn verständnislos an. „Wie das denn?“

„Takarada-san verzögert die Ausgabe eines Mitarbeiterausweises ... und ohne den wird es zumindest schwierig, ein Studiogelände zu betreten.“, erklärt Kyoko.

„Mensch, ich sag’s ja“, platzt es aus Kanae heraus, „der reinste Krimi!“ Unwillkürlich breitet sich ein schräges Grinsen in ihrem Gesicht aus. „Mit Takarada-san als dem bösen Strippenzieher im Hintergrund...“

„Du wirst lachen“, meint Kyoko nüchtern, während sie die Augen ein wenig verdreht, „er hatte ausgerechnet gestern ein Yakuza-Kostüm an. – Vermutlich, weil er mir verklickern wollte, dass Sho Fuwa eine wichtige Nebenrolle in ‚Crazy Alliance’ spielen wird...“

„Bitte was?!“, kommt es ungläubig von ihrer Freundin. „Sho Fuwa... das ist doch...“

„Genau der.“, bestätigt Kyoko seufzend. „Du und ich waren vermutlich die Einzigen, die nichts davon wussten.“, ergänzt sie leise grummelnd.

„So kann man das nicht sagen.“, wirft Ren ein. „Eigentlich wussten nicht mehr als eine Hand voll Leute davon.“

Kyoko scheint gerade etwas Bestimmtes wieder in den Sinn zu kommen, dass ihr offenbar entfallen war ... und sie ist ganz offensichtlich nicht gerade erfreut darüber.

Ren zieht unwillkürlich den Kopf ein wenig ein.

„Stimmt, da war noch was“, überlegt sie laut, „ du warst einer dieser Leute!“ Ihr Blick verdüstert sich zusehends.

Ren atmet tief durch und drückt sie wieder fester in die Arme. „Ich weiß, Hime-chan, aber ich hatte keine große Wahl.", rechtfertigt er sich. "Erstens hab ich sowieso erst davon erfahren, als alles schon unter Dach und Fach war und zweitens hättest du dich nur länger geärgert, wenn du es früher gewusst hättest. – Außerdem ist das doch jetzt ohnehin völlig unwichtig. Wir können später noch überlegen, wie wir damit umgehen sollen.“

„Ich würde ja gerne sagen, dass du dich nur rausreden willst“, meint Kyoko seufzend, „aber du hast leider absolut Recht. – Ich wär froh, wenn die Sache mit meiner Mutter schon ausgestanden wär...“

„Hmm, Kyoko-chan“, unterbricht Kanae ihre eigenen Überlegungen ... und damit auch die Turtelei auf dem Sofa, „du hast doch heute Morgen erzählt, du hättest deine Mutter übel angeschrieen oder so was... Hatte das kein Nachspiel? – Ich meine, sie war doch sicher wütend deswegen...“

„Oh, ja, das war sie.“, bestätigt Kyoko stirnrunzelnd, „und sie hat mich ganz schön zur Schnecke gemacht, aber sie ist nicht wirklich fertig geworden, weil Ren dazwischen ging und die bewusste Sempai-Nummer abgezogen hat.“

„Oh, ach so. Und nachdem ihr wieder in Takarada-sans Büro ward?“

„Da hat Kyoko-chan die reuige Tochter gemimt. Oskarreif, wenn ich das sagen darf.“, wirft Ren ein, eine Mischung aus Stolz und Besorgnis in der Stimme.

Kyokos tiefes Seufzen und ihr plötzlich erschöpfter Gesichtsausdruck lassen ihre Freundin vermuten, dass genau das ihr den Rest gegeben haben wird; kennt sie doch ihre Art zu schauspielern ... und die Schwierigkeiten, die sie mitunter hat, aus einer intensiven Rollenarbeit wieder herauszufinden...
 

„Meine Güte, schon so spät.“, beendet Ren die Gedankengänge der jungen Serienschauspielerin. „Allerhöchste Zeit, dass wir was in den Magen kriegen. – Du hast doch sicher auch Hunger, Kanae-san?“

„Ja, schon“, gibt diese verlegen zu. „aber macht euch keine Umstände. Ich kann auch später...“

„Das macht keine Umstände.“, winkt Ren entschlossen ab. „Ich muss ohnehin noch kurz was in der Stadt erledigen, da kann ich auch gleich was zu Essen mitbringen. – Wie wär’s mit Sushi?“

„Gern.“, meint Kanae begeistert, während Kyoko nur ein wenig müde lächelt und nickt.
 

„Ren-san ist ja ganz schön fürsorglich, was? Hätte ich gar nicht gedacht.“, merkt Kanae ein wenig verwundert an, als der junge Schauspieler seine Wohnung verlassen hat – natürlich nicht ohne einen ausgiebigen Abschiedskuss.

„Ja, allerdings.“, seufzt Kyoko resignierend. „Seit gestern darf ich die Küche nur noch betreten, um Tee zu kochen, alles andere hat er mir verboten.“

Kanae mustert ihre Freundin lange. „Ich vermute aber, dass er damit vollkommen Recht hat. Die ganze Sache nimmt dich mit Sicherheit mehr mit, als du mir heute den ganzen Tag weismachen wolltest. – Ich wette, du hast heute Nacht kaum geschlafen.“

Kyoko senkt seufzend den Kopf und nickt zögernd. „Na ja, stimmt schon, die Nacht war ... nun ja ... alles andere als ruhig. – Und natürlich geht das alles nicht spurlos an mir vorbei... Manchmal wünschte ich, ich wäre ein bisschen weniger emotional...“

„Aber dann wärst du eine nicht mal halb so gute Schauspielerin, Kyoko-chan.“, meint Kanae trocken. „Außerdem würde so was ja wohl so ziemlich jeden mitnehmen. Meine Güte, wenn ich daran denke, wie meine Eltern oder meine Geschwister reagieren würden, wenn ich ihnen das erzählen würde... Mensch, ich müsste die einsperren, damit sie keine große Dummheit begehen!

Jedenfalls solltest du wissen, dass du nicht allein bist; wenn du dich mal ausquatschen musst, ruf mich einfach an, ... vor allem natürlich, wenn’s mal nicht so mit Ren-san laufen sollte. Und wenn alle Stricke reißen sollten, kannst du ganz bestimmt auch bei uns unterkommen...“

Kyoko ist dermaßen gerührt von diesem Angebot, dass ihr die Tränen in wahren Sturzbächen die Wangen hinunter laufen, ... was wiederum Kanae geradezu in Panik versetzt.

„Nicht doch, Kyoko-chan, ... nicht weinen! Bitte... Du weißt doch... Ich kann mit so was ... so gar nicht umgehen...“, stammelt sie aufgeregt und versucht verzweifelt, ihre Freundin wieder zu beruhigen.

Kyoko schafft es schließlich, ihre Tränen zu stoppen. „Danke.“, meint sie lächelnd. „Das ist so lieb von dir. – Du bist eine richtig gute Freundin, meine Liebe. Ich... Ich... Danke.“

Noch nie hat jemand Kanae so rot anlaufen sehen.

Die beiden Mädchen sehen sich einen Moment an ... und brechen plötzlich unvermittelt in schallendes Gelächter aus.

„So, und jetzt erzähl mir alles von diesem Heiratsantrag; ich will Details!“ , fordert Kanae dann lautstark und lacht erneut. „War es ein richtig klassischer Antrag auf den Knien? – Los, erzähl!“

Innerlich zuckt sie allerdings heftig zusammen. >Oh, Mann, jetzt hat sie mich endgültig geknackt! – Ich steh doch eigentlich gar nicht auf solchen Tratsch ... und schon gar nicht, wenn’s so von Romantik verklärt ist... Und ich wette, das wird es sein...< Kaum merklich seufzt sie leise, ... hängt jedoch schon im nächsten Augenblick gebannt an den Lippen ihrer Freundin, um deren Schilderungen zu lauschen...
 

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Nachwort
 

Ja, ich weiß, dieses Kapitel ist echt kurz. ☹ Es gehört eigentlich mit dem nächsten zusammen, jedoch wäre das Ganze dann viel zu lang geworden und so musste ich das Kapitel zwangsläufig teilen. Das nächste Kapitel ist dafür übrigens um einiges länger ... und wir kommen dann endlich zur Hochzeitsfeier. ☺ (Und dann erfahrt ihr auch, was Ren da noch in der Stadt zu besorgen hatte...^_-)

Ringtausch der anderen Art

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„So, und jetzt erzähl mir alles von diesem Heiratsantrag; ich will Details!“ , fordert Kanae lautstark und lacht. „War es ein richtig klassischer Antrag auf den Knien? – Los erzähl!“

Innerlich zuckt sie allerdings heftig zusammen. >Oh, Mann, jetzt hat sie mich endgültig geknackt! – Ich steh doch eigentlich gar nicht auf solchen Tratsch ... und schon gar nicht, wenn’s so von Romantik verklärt ist... Und ich wette, das wird es sein...< Kaum merklich seufzt sie, ... hängt jedoch schon im nächsten Augenblick gebannt an den Lippen ihrer Freundin, um deren Schilderungen zu lauschen...
 

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Ringtausch der anderen Art
 

Zwei Wochen später fährt eine elegante, schwarze Limousine mit tiefdunkel getönten Scheiben langsam die kleine Straße zum Takarada-Anwesen hinauf. [Ich dachte da an einen Lexus LS, falls es jemanden interessiert... ^_-] Der uniformierte Fahrer riskiert einen kurzen Blick in den Rückspiegel ... und muss beim Anblick des jungen Paares im Fond unwillkürlich schmunzeln, denn die beiden jungen Schauspieler haben offenbar nur Augen füreinander.

Ren Tsuruga versucht nun schon zum wiederholten Mal, seiner Braut den weißen Mantel zu öffnen ... und wird auch dieses Mal von einer zierlichen Hand ebenso zärtlich wie nachdrücklich daran gehindert.

„Hime-chan, biiitte...“, beginnt der junge Schauspieler fast schon verzweifelt. „Wie lang willst du mich denn noch auf die Folter spannen? – Ich will endlich wissen, was du unter dem Mantel trägst.“ Inzwischen schmollt er wie ein kleiner Junge.

Allerdings scheint seine Taktik ganz und gar nicht aufzugehen, denn Kyoko lächelt nur liebevoll, während sie mit einer Hand seine Wange streichelt und ihn dann zärtlich küsst.

Das wiederum scheint seine Wirkung nicht zu verfehlen, denn als sie sich wieder von ihm löst, hat der junge Mann einen derart verzückten Ausdruck im Gesicht, dass dem Mädchen ein kurzes, helles Kichern entfährt.

„Ich hab dir doch schon gesagt“, erklärt sie geduldig, „ich wollte nicht, dass mich wildfremde Leute eher so sehen, als die Menschen, die mir nahe stehen. Darum hab ich den Mantel auch beim Familienregister zu gelassen. Außerdem gibt es so auch nichts zu tratschen. – Und ihn hier im Auto auszuziehen, ... ist doof ... und es ist sowieso zu eng...“

Ren seufzt leise. „Vielleicht hätten wir doch Takarada-sans Rolls Royce nehmen sollen, ... dann hättest du zumindest eine Ausrede weniger gehabt...“

„...damit Reporter oder Fans eine gleich drei Mal so große Chance haben, uns auf die Spur kommen?“, kontert sie ungerührt. „Meine Güte, die zwei Minuten wirst du jetzt auch noch warten können.“

Wie aufs Stichwort fährt der Wagen vor dem prächtigen Eingang der Villa vor [oder sollte man es besser „Schloss“ nennen...?], wo sie bereits vom Butler des Hauses und noch zwei weiteren Bediensteten erwartet werden.

Ein kurzer Blick aus dem Fenster lässt Ren seine Stirn leicht in Falten legen. Dann wendet er sich kurzerhand seiner frisch angetrauten Frau zu, nimmt sie grinsend in seine Arme und küsst sie leidenschaftlich.

„...bevor ich dich der Meute da drin vorwerfen muss...“, murmelt er grinsend, als er fertig ist.
 

In der Eingangshalle der Villa werden sie vom Personal außerordentlich herzlich begrüßt und beglückwünscht, ... von den anderen Gästen ist allerdings – merkwürdigerweise – nicht die geringste Spur zu sehen oder hören.

„Darf ich Ihnen Mantel und Hut abnehmen?“, fragt einer der Bediensteten den jungen Schaupspieler zuvorkommend.

Ohne einen Kommentar gibt Ren ihm beides und wendet sofort seine Aufmerksamkeit wieder Kyoko zu, die sich ebenfalls anschickt, den langen, weißen Mantel (endlich) auszuziehen.

Leicht errötend unter seinem intensiv musternden Blick, dreht sie ihm den Rücken zu und lässt den Mantel von ihren Schultern in die Hände des Hausangestellten gleiten.

Verlegen wendet sie sich wieder um und beobachtet ein wenig schüchtern Rens Reaktion.

„Wow!“, staunt dieser unverhohlen, während sich in seinem Gesicht ein breites Grinsen ausbreitet. „Ich hatte ja schon die wildesten Vermutungen angestellt, ... aber darauf wäre ich im Leben nicht gekommen. – Du siehst fantastisch aus.“

„Danke.“, murmelt Kyoko verlegen, während sie den Arm ergreift, den er ihr galant anbietet.

Der Butler geht ihnen voran, um sie ins Kaminzimmer zu bringen, in dem die kleine Feier stattfinden soll. Immer wieder schaut Ren dabei seine Braut lächelnd von der Seite an, bis Kyoko ihn schließlich fragend ansieht.

„Was ist? Ist das Kleid nicht in Ordnung?“, fragt sie unsicher.

„Nein, nein“, lacht Ren und sieht sie liebevoll an. „Man könnte nur fast meinen, du hättest von vornherein damit gerechnet, dass ich dich schon so bald heiraten würde. – Immerhin hast du dich die ganze Zeit über immer ganz geschickt aus der Affäre gezogen, wenn ich das Kleid, das ich dir aus Hong Kong mitgebracht hatte, mal an dir sehen wollte.“

„Das ist gar nicht wahr!“, wehrt sich Kyoko verlegen. „Es gab einfach keine angemessene Gelegenheit für dieses Kleid ... und es einfach nur so zu Hause anzuziehen, wäre doch viel zu schade gewesen.“

Ren bleibt stehen und nimmt seine Frau zärtlich in die Arme, um sie zu küssen, ... während der Butler leise schmunzelnd wartet und sich diskret im Hintergrund hält.

„Wie auch immer...“, meint Ren, als sie ihren Weg fortsetzen. „Ich fühle mich jedenfalls ausgesprochen geehrt, dass du das Seiden-Xipao für diese Gelegenheit ausgesucht hast. Immerhin sind Frauen ja bekanntermaßen sehr anspruchsvoll, was ihre Hochzeitsgarderobe angeht. – Hm ... irgendwie konntest nur du auf so eine Idee kommen... Mit einem Kleid aufzutauchen, dass ich einerseits kenne und andererseits auch wieder nicht...“ Leise und glücklich lacht er vor sich hin. Kyokos Miene entspannt sich in einem schmunzelnden Lächeln.
 

Als sie schließlich das Kaminzimmer des Hauses betreten [Der Raum ist nicht ganz so klein, wie der Name vermuten lässt ^_-], finden die Beiden sich augenblicklich in einem bunten Gewitter aus Konfetti, Luftschlangen und Zimmerfeuerwerk wieder und nur Momente später bricht ein ebenso fröhliches, wie lautstarkes Gewirr von Glückwünschen, Schulterklopfen und herzlichen Umarmungen um sie herum los. Nur Makoto Morinaga ist ein wenig zurückhaltender und steht etwas abseits, um den größten Trubel erst einmal verebben zu lassen, bevor er dann schließlich Kyoko liebevoll in die Arme schließt und ihr herzlich gratuliert. Dann wendet er sich dem ungewöhnlich strahlenden, frisch gebackenen Ehemann zu, klopft ihm leicht auf den Oberarm und raunt ihm zu: „Gut gemacht, Tsuruga-san, zeigen Sie es dieser Rabenmutter! – Und machen Sie Kyoko-chan glücklich, sie hat es verdient.“

„Wird gemacht.“, grinst Ren. „Und nennen Sie mich bitte Ren, Morinaga-san.“

„Na gut, Ren-san, aber dann nennen Sie mich gefälligst auch Makoto. Verstanden?“

„In Ordnung.“

Grinsend schauen die beiden Männer Kyoko hinterher, die, von Rina, Hana Morinaga, Kanae und der kleinen Maria umringt, zu einem der Angestellten „abgeführt“ wird, die den Gästen Getränke und kleine Häppchen reichen. Kanae drückt ihr energisch ein Glas Champagner in die Hand, um mit ihr anzustoßen, während die Enkelin des Hausherrn ungeduldig von einem Fuß auf den anderen tritt und wartet, dass sie endlich mal richtig zu Wort kommt.

>Maria-chan scheint die Hochzeit nicht allzu schwer zu nehmen...<, überlegt Ren lächelnd und lässt den Blick suchend über die Gäste schweifen, nachdem Makoto sich neugierig einem der Tabletts mit besonders hübsch angerichteten, kleinen Köstlichkeiten zugewandt hat. >Meine Güte, anscheinend wollte es sich keiner der Angestellten hier im Haus entgehen lassen, bei dieser Hochzeitsfeier dabei zu sein. – Jedenfalls gibt es hier mehr Bedienstete als richtige Gäste...< Lächelnd sucht er weiter, während er immer wieder freundlich Hände schüttelt und Glückwünsche entgegennimmt.

Dann erblickt er endlich Rory Takarada, der sich direkt neben dem Kamin mit Yukihito Yashiro unterhält; in die prachtvolle Marine-Uniform eines englischen Admirals aus dem 18. Jahrhundert ist der LME-Chef heute gehüllt.

„Darf ich einen Moment stören, Takarada-san?“, fragt er höflich, als er die beiden erreicht.

„Aber du störst doch nicht, mein Lieber.“, grinst Rory, „Schließlich bist du mit deiner Frau der Mittelpunkt dieser Party. – Meinen Glückwunsch noch mal.“

„Danke.“

„Dieses dunkelrote Xipao sieht übrigens fantastisch an ihr aus. Was ist das für ein Muster? Goldene Phönixe? Wie passend! Etwas derart Ausgefallenes ... mit Trompetenärmeln ... und die auch noch aus so wunderbarer feiner Spitze... So was hab ich in Tokio noch nie gesehen. – Das Mädchen hat wirklich Geschmack.“, meint er anerkennend.

„Ich hatte es ihr aus Hong Kong mitgebracht.“, stellt Ren grinsend klar. „Aber ich hatte ehrlich keine Ahnung, dass sie es heute tragen würde.“ [Eine genauere Beschreibung des Kleides gab es schon in Kapitel 14. ^^]

„Oh!“, macht Rory verdutzt.

„Was ich fragen wollte...“, fährt der junge Schauspieler ungerührt fort. „Maria-chan scheint es nicht allzu viel auszumachen, dass ich Kyoko geheiratet habe, oder?“

„Nein.“, grinst Rory ... und auch Yukihito muss schmunzeln. „Jetzt nicht mehr. Anfangs hatte sie wohl ganz schön zu schlucken, ... aber irgendwie hat sich das ziemlich schnell gelegt, als ich sie eingeweiht habe. – Natürlich habe ich ihr nicht die ganze , unschöne Geschichte erzählt, nur genug, damit sie es verstehen kann... Aber den Ausschlag hat wohl gegeben, dass es sich um ihre selbst erwählte, heißgeliebte Onee-san handelt, die du zu ehelichen gedachtest.“

„Na, ... dann brauche ich ja jetzt nicht dazwischen zu gehen...“, merkt Ren erleichtert an. „Ach, wo wir gerade dabei sind: Was gibt es Neues über ... mein ... Schwiegermonster?“

„Sie hat sich in den letzten zwei Wochen nur ganze drei Mal gemeldet; entweder um irgendwas wegen der Verträge zu besprechen oder um nachzuhaken, ob Kyoko-chan ‘auch ordentlich arbeitet und fleißig ist’. - Keine Frage, wie es ihrer Tochter ginge, keine Nachfrage, wann oder wo sie sie sprechen könnte, nicht mal ein Gruß, den ich ihr hätte ausrichten sollen.“

Rory wird plötzlich sehr ernst. „Die Detektei hat herausgefunden, dass sie Kyoko-chan tatsächlich damals an die Fuwas verkauft hat, ... als Braut für deren Sohn und als Nachfolgerin für die Okami-san.

Sie hat dann wohl eine zeitlang ganz gut von diesem Geld gelebt, hatte in der Folge immer wieder Affären mit reichen Industriellen, die sie wohl auch finanziell unterstützt haben und hat schließlich einen ihrer wohlhabenden Verehrer geheiratet. Vor einem Jahr nun ist sie wohl beim Fremdgehen erwischt worden, was zur Folge hatte, dass sich ihr Mann von ihr getrennt hat. Derzeit ist da eine ziemlich schmutzige Scheidungsschlacht im Gange, vermutlich braucht die Dame deshalb dringend Geld. Zumal sie einen nicht gerade bescheidenen Lebensstil pflegt, den sie nicht bereit scheint, aufzugeben.

Klar ist jedenfalls, dass sie damals Kyoko-chan loswerden wollte, um einen reichen Mann an sich zu binden, der sie heiraten und ihr das Leben bieten würde, das sie anscheinend schon immer für ihr angeborenes Privileg gehalten hat.“

„Ja, natürlich“, nickt Ren nachdenklich, „reiche Leute sind nur selten daran interessiert, fremde Kinder in ihre vornehmen Familien aufzunehmen, ... schon gar nicht, wenn es sich um ein Mädchen handelt...“

„Vermutlich war das auch Saena Mogamis Gedankengang. – Über Kyokos Vater haben wir übrigens immer noch nichts herausgefunden; aber - wenn du nichts dagegen hast - werde ich da weiter dran bleiben; ich habe inzwischen ein ganz persönliches Interesse daran. – Es würde mich auch nicht wundern, wenn ihr Vater überhaupt nichts von ihrer Existenz wüsste.“

„Ich habe nichts dagegen, ... solange Sie nicht ohne Rücksprache Kontakt mit ihm aufnehmen, ... falls sie ihn denn finden sollten.“, antwortet Ren nach einer kurzen Denkpause.

„Ach, apropos Vater!“, fällt Rory plötzlich grinsend ein. „Ich hab da noch was für dich.“

Feierlich greift er in die Innentasche seiner Galauniform und zieht einen Luftpostbrief heraus, den er dem jungen Schauspieler überreicht.

„Ich habe mir die Freiheit genommen, deine Eltern von diesem wichtigen Ereignis zu unterrichten.“, sagt er.

Ren verzieht das Gesicht ein wenig und verdreht kaum merklich die Augen.

„Nun komm schon!“, lacht Rory. „Dein Vater ist zwar ein bisschen exzentrisch ... und manchmal ein bisschen unsensibel, ... aber er ist doch wohl nicht halb so schlimm wie deine ... Schwiegermutter, oder?“

„Nein, das nicht.“, stimmt Ren unumwunden zu und muss lächeln.

Leise seufzend öffnet er den Brief in seiner Hand und beginnt zu lesen.
 

Mein lieber Kuon.

Rory-kun hat mich über Deine bevorstehende Hochzeit und deren Umstände unterrichtet und ich ... Nein wir beide! ... gratulieren Euch von Herzen. Lass Dir sagen, dass wir sehr stolz auf Dich sind, nicht nur, was Deine beruflichen Erfolge angeht.

Eigentlich wären wir ja gerne auch zur Hochzeit gekommen, aber das wäre der Geheimhaltung Eurer Beziehung wohl nicht so zuträglich und so hat sich Deine Mutter schließlich doch durchgesetzt und mich hier quasi gewaltsam auf dem Sofa festgeschraubt.
 

Hach, ich wünschte, ich hätte mehr Zeit für Dich gehabt, als Du noch ein kleiner Junge warst und mich wirklich gebraucht hättest! Mir ist schon klar, dass ich nicht immer ein guter Vater war und dass ich sicher einiges gemacht habe, dass Dich ziemlich vor den Kopf gestoßen haben muss. (Auch wenn meine Fans mich so gerne als idealen Ehemann und Vater hinstellen.) Aber lass mich Dir versichern, dass ich Dich immer und zu jeder Zeit geliebt habe, mein Sohn. Und vielleicht lässt Du es mich ja in Zukunft wenigstens ein bisschen wiedergutmachen.
 

Meine Güte, die Frau, die Du da heiratest, muss ja etwas ganz Besonderes sein! Immerhin warst Du noch nie der Typ Mensch, der sich unüberlegt in irgendwelche Abenteuer gestürzt hat.

Ich wünsche Euch jedenfalls alles Glück dieser Welt.

Gib Deiner Braut einen dicken Kuss von mir

...und hebt mir was von der Hochzeitstorte auf ... oder schickt mir ein ordentliches Stück davon zu.
 

In Liebe

Dein Dad
 

PS: Vergiss das Geschwätz Deines Vaters, Kuon! Gib ihr höchstens ein Küsschen auf die Wange (mehr hat er eh nicht verdient) und untersteh Dich, das mit der Torte auch nur in Erwägung zu ziehen!

Ich hoffe, wir sehen uns bald. Zeitpunkt und Ort des Treffens überlassen wir ganz Dir und Deiner Frau. Himmel, ich bin so gespannt, sie kennen zu lernen!

In Liebe

Deine Mum
 

„Was schreibt er?“, fragt Rory neugierig, als Ren den Brief wieder zusammenfaltet und zurück in den Umschlag steckt.

„Eigentlich nichts Besonders, Glückwünsche halt. – Ach und er will ein Stück Hochzeitstorte.“

Yukihito, der nach wie vor bei den Beiden steht, schaut irritiert von einem zum anderen, während Rory ein schräges Grinsen aufsetzt.

„Er meint wohl eher, die ganze Torte.“, bemerkt dieser trocken.

„Vermutlich.“, lacht Ren. „Aber ich dürfte Ärger mit meiner Mutter bekommen, wenn ich auch nur darüber nachdenke , ihm etwas davon zu schicken. – Schreibt sie jedenfalls.“

„Ja“, lacht Rory, „hört sich ganz nach Julie an.“

Ein kurzer Blick in Richtung seiner Frau erinnert Ren daran, dass er sich besser wieder um seine Angetraute kümmern sollte; immerhin hat die ihr Champagnerglas schon fast zur Hälfte geleert und unterhält sich nun allein mit Maria-chan, die es - offensichtlich Dank ihrer kindlichen Hartnäckigkeit - doch geschafft hat, endlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu bekommen.

„Ich denke, ich gehe mal wieder zu Kyoko. Außerdem sollte ich vielleicht auch mit Maria-chan ein kleines, klärendes Gespräch führen.“, sagt er und verabschiedet sich fürs Erste von den beiden Männern.
 

„Nein, Onee-san, ich bin dir wirklich nicht böse.“, beruhigt Maria-chan leise kichernd ihre selbst auserkorene, große Schwester. „Ich bin zwar noch nicht so erwachsen, aber eins weiß ich schon: Dass man nix dagegen machen kann, wenn man sich ernsthaft verliebt.”

„Aber ich hätte es dir wenigstens sagen müssen.“, meint Kyoko schuldbewusst. „Das war nicht nett von mir. Entschuldige.“

„Ich weiß nicht, vielleicht ist es auch ganz gut so.“, winkt das kleine Mädchen leichthin ab und grinst. „Immerhin hab ich so mit Großvater einen extra-langen, extra-tollen Abend verbracht, wo er sich ganz allein um mich gekümmert hat.“ Verschwörerisch zupft sie Kyoko am Ärmel und holt sie so ein wenig näher zu sich herunter, während sie leise weiter spricht. „Ich sag dir, der hat vielleicht eine Angst gehabt, mir das mit der Hochzeit zu sagen!“ Vergnügt kichert sie vor sich hin.

Kyoko ist dermaßen erleichtert, dass sie noch einmal an ihrem Champagnerglas nippt.

Oder es zumindest versucht.

Denn plötzlich wird ihr das Glas einfach aus der Hand genommen. Verdutzt dreht sie sich um ... und hat im schon im gleichen Augenblick ein strahlendes Lächeln im Gesicht.

„Koon!“ ruft sie überrascht.

„Du solltest nicht so viel davon trinken.“, sagt er grinsend. „Du bist noch nicht volljährig. – Schon vergessen? Ich bin seit...“ Er schaut kurz auf seine Armbanduhr. „...mh ... etwa anderthalb Stunden auch dein Vormund.“ Sein Grinsen wird breiter.

„Tja“, sagt Kyoko achselzuckend, während sie sich lächelnd zu der kleinen Maria umdreht, „das ist dann wohl der Nachteil, wenn man so früh einen so verantwortungsbewussten Mann heiratet.“

„Bereust du es schon?“, fragt er zärtlich, ... aber eigentlich kennt er ihre Antwort bereits.

„Nicht im Geringsten.“

Maria tritt unruhig auf der Stelle hin und her. „Duhuu, ... Ren-saan?“

Der junge Schauspieler reißt seinen Blick von Kyokos Augen los und wendet sich lächelnd dem kleinen Mädchen zu. „Hab bitte einen Moment Geduld, Maria-chan, ich bin gleich für dich da. – Ich muss nur schnell was zu Trinken für...“ Er macht eine dramatische Pause, bevor er breit grinsend fortfährt. „...meine Frau besorgen. – Etwas Alkoholfreies. Möchtest du auch etwas?“

„M-m.“, verneint Maria kopfschüttelnd.

„Maracujasaft?“, fragt er an Kyoko gewandt, dem diese nickend zustimmt.

Sowohl Maria als auch Kyoko seufzen leise auf, als er loszieht, um die selbst auferlegte Pflicht zu erledigen.

„Du hast den tollsten Mann der Welt.“, stellt Maria leise fest.

„Ja, ich glaub schon.“, antwortet Kyoko genauso leise.

Das kleine Mädchen greift nach Kyokos Hand und seufzt ein bisschen lauter. „Ich werd wohl nie wieder so einen finden...“, murmelt sie.

Kyoko geht in die Hocke, um ihre kleine Freundin in die Arme zu nehmen. „Ach, was, Maria-chan, du wirst bestimmt jemanden finden, der perfekt zu dir passt. Jemanden, der etwa in deinem Alter ist. Du bist doch ein hübsches Mädchen ... und clever noch dazu. Außerdem wirst du bestimmt viel hübscher sein als ich, wenn du erwachsen bist. Es wäre doch gelacht, wenn irgendwo da draußen nicht jemand rumläuft, der nicht genau so eine Frau wie dich sucht.“

„Meinst du?“, fragt Maria skeptisch.

„Aber natürlich. Hey, vielleicht findest du ja sogar jemanden, den du nicht mit tausenden von Fans teilen musst.“, meint Kyoko lachend.

„Bist du eifersüchtig?“, will Maria wissen.

„Nein, Maria-chan“, kommt es von dem älteren Mädchen zurück, „es ist nur so, dass wir beide unsere Arbeit sehr lieben ... und deshalb werden wir wohl nie viel Zeit füreinander haben. Und von allen Seiten beobachtet zu werden, selbst bei den alltäglichsten Dingen, macht es nicht unbedingt einfacher, eine Beziehung zu führen.“

„Oh“, entfährt es dem kleinen Mädchen überrascht, „daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht.“

„Für so was hast du ja auch noch ein bisschen Zeit.“, findet Kyoko und erhebt sich wieder.

„Ren-saaan!“, jubelt Maria plötzlich, während ein langer Arm Kyoko warm umfängt und die Hand des anderen Arms ihr ein Glas in die Hand drückt. Sachte drückt Ren ihr einen Kuss auf die Wange, bevor er sie aus der Umarmung entlässt und sich nun endgültig dem kleinen Mädchen zuwendet.

Kurzerhand hebt er sie vom Boden hoch und drückt sie liebevoll an sich.

„Ich danke dir für dein Verständnis.“, sagt er ernst. „Es hätte mich nämlich sehr geschmerzt, wenn du Kyoko nicht als meine Frau hättest akzeptieren können.“

„Aber sie ist doch meine große Schwester“, sagt Maria verlegen, „ich kann doch gar nicht richtig böse auf sie sein. Außerdem tut ihr das ja schließlich nicht, um mich zu ärgern.“

„Nein, das nun wirklich nicht.“, wirft Kyoko ein und streichelt ihr sanft über den Arm.

„Nein, sicher nicht.“, meint auch Ren. „Aber bei dem Wort ‚Schwester’ fällt mir was ein. – Wenn ich nun – aus naheliegenden Gründen – nicht mehr dein Ehemann werden kann, ... wie wäre es dann, wenn du mich als großen Bruder bekommst?“

„Au ja!“, schreit Maria begeistert ... und zieht damit die Blicke aller Umstehenden auf sich. „Dann hab ich eine große Schwester und einen großen Bruder! Klasse!!“ Grinsend schaut sie vom Einen zur Anderen.

„Geschwisterknuddeln!“, verkündet sie lautstark und zieht Kyoko am Ärmel zu sich heran, um ihre beiden liebsten Freunde gleichzeitig umarmen zu können.

Eine Weile stehen sie so da, fast wie eine kleine Familie, dann – plötzlich – hält Maria unvermittelt inne und sieht beide nacheinander vorwurfsvoll an.

„Wieso tragt ihr eigentlich keine Eheringe?“, fragt sie streng.

„Weil unsere Beziehung vorerst geheim bleiben muss, ... damit Kyoko-chan nicht von wild gewordenen Fans belästigt wird. – Außerdem hätte ich sie ganz gern noch ein Weilchen ganz für mich allein, ohne öffentliche Beobachtung. – Aber...“, ergänzt er und drückt dem kleinen Mädchen einen Kuss auf die Stirn, bevor er sie sachte wieder auf dem Boden absetzt. „Ich denke, dass du Recht hast. Ich werde also für einen entsprechenden Ersatz sorgen, der weniger auffällig ist als Ringe.“

Sein Blick sucht nach seinem Manager und als er ihn entdeckt hat, gibt er diesem ein Zeichen, zu ihnen zu kommen.

Da die anderen Gäste ohnehin schon durch das „Geschwisterknuddeln“ aufmerksam geworden sind, kommen auch sie neugierig näher.

Als Yukihito die kleine Gruppe erreicht hat, übergibt er Ren eine recht große Schmuckschatulle, die dieser so dreht, dass Kyoko den Inhalt sehen kann, wenn er den Klappdeckel öffnet.

Als er ihn schließlich feierlich anhebt, zeigt sich, dass die Schachtel zwei Armbänder enthält:

Eines aus weichem, schwarzen Leder mit einem silbern glänzenden, rechteckigen Beschlag in der Mitte, auf dem zwei Kois in Form eines Yin-Yang-Symbols eingraviert sind und eines ganz aus Metall, das ebenfalls eine Mittelplatte mit den gleichen, eingravierten Kois hat. Zusätzlich jedoch sind auf der Platte zwei kleine Edelsteine als Augen der Fische eingelassen; ein Rubin und ein Diamant. Staunend (und ein bisschen entsetzt) hält sich Kyoko die Hand vor den Mund.

„Nimmst du sie bitte raus?“, fordert ihr Ehemann sie freundlich auf ... und Kyoko tut wie ihr geheißen. Ren gibt die Schatulle wieder an seinen Betreuer zurück.

„Dreh sie bitte herum.“, sagt er dann.

Kyoko tut es ... und bemerkt, dass auf der Rückseite das heutige Datum und ihre Namen eingraviert sind. Allerdings fällt ihr noch etwas anderes auf: der kleine Stempel am Rand der Platte des ledernen Armbandes. – Erschrocken prüft sie nach, ob das metallene Armband ebenfalls solch einen Stempel besitzt, ... dann wird sie blass.

„Das... Das... Das ist ... Platin!“, stammelt sie. Fassungslos schaut sie Ren in die Augen, der daraufhin unwillkürlich grinsen muss.

„Ja.“, meint er ungerührt. „Würdest du mir das Lederarmband bitte anlegen?“

Verwirrt wie sie ist, tut sie einfach, was er will, dann nimmt Ren das andere Armband und legt es ihr zärtlich ums Handgelenk.

„Ich liebe dich.“, sagt er leise, während er ihre beiden Hände in seine nimmt. „Für immer.“

„Ich dich auch.“, antwortet Kyoko mit Tränen in den Augenwinkeln.

Sachte zieht Ren sie zu sich und küsst sie lange und innig.

Dass um die Beiden herum daraufhin ein Jubel ausbricht, den man bei der vergleichsweise kleinen Menschenmenge gar nicht erwartet hätte, bekommen sie gar nicht mit...
 

„Du bist doch verrückt, dafür so viel Geld auszugeben, Koon!“, schimpft sie ein wenig halbherzig, als sie einige Minuten später endlich wieder weitgehend unter sich sind.

„Ja, das bin ich.“, meint er gut gelaunt. „Verrückt nach dir! Und ich finde, es ist jeden Yen wert, den ich dafür ausgegeben habe. – Und bevor du wieder damit anfängst: Nein, es wird mich nicht ruinieren. – Komm mal mit.“ Leise lachend zieht er sie hinaus auf den Flur in eine ruhige Ecke.

Dort nimmt er seine offenbar wohlgefüllte Brieftasche aus der Jacketttasche und öffnet sie vor Kyokos Augen. Doch sind darin nicht etwa Banknoten, sondern einige Briefe ... und seine letzten Kontoauszüge. „Sieh sie dir bitte an.“, ermuntert er sie.

Zögernd nimmt Kyoko die Papiere in die Hand ... und wird mit jedem Blatt Papier, das sie betrachtet, blasser.

„Oh, ... mein ... Gott!“, stammelt sie. „Ich hätte nicht gedacht, ... dass auf einen einzelnen Kontoauszug so große Beträge passen...“

„Tja“, meint Ren etwas verlegen, „ich fürchte, Sie sind jetzt die Frau eines ziemlich reichen Mannes, Mrs. Hizuri.“

>Mrs. Hizuri<, echot es fasziniert in Kyokos Gehirn, >Mrs. Kuon Hizuri...< Ihr noch ungewohnter, neuer Name verursacht ein angenehmes Kribbeln in ihrem Kopf und lindert so ein wenig den Schock von Rens „Geständnis“. Allerdings scheint er damit noch nicht ganz fertig zu sein, denn er mustert sie scharf und beginnt dann erneut zu sprechen.

„Nun, um ehrlich zu sein, ist das noch nicht alles. – Ein Teil meines Vermögens ist in Aktien angelegt, ein Teil ist fest verzinst angelegt und ein weiterer Teil befindet sich auf dem Konto einer amerikanischen Bank in Kalifornien.“

Besorgt mustert er seine Frau, die so blass geworden ist, dass sie beinahe in Ohnmacht zu fallen droht. Kurz entschlossen setzt er sich auf einen in der Nähe stehenden Stuhl und nimmt seine Frau auf den Schoß.

„Alles in Ordnung, Hime-chan?“

„Ja, es geht, Danke. – Aber wie...?“ Fragend sieht sie ihn an.

„Na ja“, beginnt er zu erklären, „ich hab schon mein erstes, selbst verdientes Geld ziemlich gewinnbringend angelegt. Dann hab ich angefangen, über einen Broker in Aktien zu investieren. Der wusste damals natürlich nicht, dass er es eigentlich mit einem Minderjährigen zu tun hatte. Na ja, eigentlich war es am Anfang nur so eine Art Spiel, irgendwie auch, um den Frust abzubauen, den ich am Anfang so oft bei der Arbeit hatte ... und es ging auch zunächst um vergleichsweise kleine Beträge ... aber es stellte sich schnell heraus, dass ich ein ziemlich gutes Händchen dafür hatte. So ist im Laufe der letzten fünf Jahre ganz schön was zusammengekommen...“ Er grinst sie so entwaffnend an, dass sie sich mit einem resignierten Lächeln an seine Brust fallen lässt.

„Hättest du mir das nicht ein bisschen schonender beibringen können?“, fragt sie leise.

Ren lacht unwillkürlich auf. „Du tust grade so, als hätte ich das Geld unrechtmäßig erworben ... oder ein Kapitalverbrechen begangen...“, stellt er lachend fest.

Kyoko schreckt wieder hoch. „Nein! Das wollte ich damit natürlich nicht sagen! Es ist nur...“

Sachte drückt er seine Frau wieder an seine Brust. „Schon gut, ich verstehe schon.“, sagt er lächelnd.

In der nächsten halben Stunde bekommt Kyoko alles nur noch wie durch einen Schleier mit. Zu viele verwirrende Gedanken treiben in ihrem Kopf ihr Unwesen und selbst, als die Beiden wieder mit Kanae zusammentreffen (die offenbar heftig mit einem der Kellner geflirtet hat), ist sie nur mit halbem Ohr bei der Sache.

Erst als plötzlich der Butler des Hauses Rory Takarada mit ernster Miene ein schnurloses Telefon reicht und meint „Die Dame am anderen Ende der Leitung sagte, es sei sehr wichtig.“, schreckt sie aus ihrem Gedankenwirrwarr hoch und verfolgt gebannt, wie ihr Chef den Anruf nur ein paar Schritte von ihr entfernt entgegennimmt. Unwillkürlich schließt sich ihre Hand ein wenig fester um die ihres frisch angetrauten Ehemannes.

„Mogami-san, wie geht es Ihnen? – Was gibt es denn?“ Rory redet besonders laut, damit die Umstehenden, die ja ohnehin alle (mehr oder weniger) eingeweiht sind, alles mitbekommen.

>Ich wusste es!<, schießt es Kyoko durchs Gehirn ... und ihr Mut scheint sie plötzlich gänzlich zu verlassen. >Oh, mein Gott, jetzt ist es aus...<

Ren nimmt sie in die Arme und drückt sie beschützend an sich.

„Nein, soweit mir bekannt ist, wird es keine weiteren Verzögerungen geben, Mogami-san. – Ja, es bleibt bei übermorgen. ... Wann passt es Ihnen denn am besten? ... Hmm ... ja, ich denke, das lässt sich einrichten. – Aber natürlich, ich bin auch froh, wenn wir diese Angelegenheit endlich unter Dach und Fach haben. Zum gegenseitigen Nutzen... – Kyoko-chans Arbeitsverhalten? Es gibt keinerlei Klagen darüber. Wie üblich. – Aber, ... wenn Sie Genaueres wissen möchten, könnte ich Sie kurz an Tsuruga-san weiterreichen, er ist nämlich gerade in der Nähe. ... Aber natürlich. – Einen Augenblick bitte.“ Zwinkernd reicht Rory das Telefon an Ren weiter, der seiner Frau aufmunternd zunickt, weil ihr offenbar gerade das Herz in die Hose zu rutschen scheint; ihr Puls hämmert jedenfalls mehr als deutlich gegen seine Brust.

„Ja? Mogami-san, schön von Ihnen zu hören!“ Ren hat ein geradezu beängstigend glitzerndes Gentlemanlächeln im Gesicht. „Danke, ausgezeichnet. ... Kyoko-chan? Nein, ihr Benehmen ist tadellos. Die Sache vor zwei Wochen war der einzige Ausrutscher, den ich jemals bei ihr erlebt habe. – Nein, nicht dass ich wüsste. – Aber ich habe den Eindruck, dass sie sich seit Ihrer Rückkehr bei der Arbeit noch ein wenig mehr anstrengt, als sowieso schon.“

Es entsteht eine längere Pause, in der Saena offenbar das Gespräch allein bestreitet.

Ren verdreht demonstrativ die Augen, bevor er wieder das bewährte Gentlemanlächeln in sein Gesicht meißelt.

„Ja, ich denke schon, dass ich bei der Vertragsunterzeichnung dabei sein werde, immerhin habe ich ja nicht ohne Grund zugestimmt, Kyoko-chan als Sempai zu betreuen. ... Ja, natürlich. Ich freue mich, Sie zu sehen. ... Bis übermorgen dann. – Ja, Ihnen auch...“

Als er das Gespräch beendet und dem Butler das Telefon zurückgibt, pustet er befreit die Luft aus den Lungen.

„Was für ein Glück, dass die Dame nicht weiß, warum ich geradezu darauf brenne, sie zu treffen!“, merkt er mit einem schrägen Grinsen an, während er Kyoko wieder zärtlich an sich drückt.

„Tja“, ergänzt Rory gut gelaunt, „ich denke, die Gute kann sich auf was gefasst machen. – Ich hätte da auch noch ein paar Takte zu zu sagen...“

Kyoko hingegen kann sich immer noch nicht so recht beruhigen, immer noch steht sie leicht zittrig in Rens Armen und versucht krampfhaft, wenigstens ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen.

Glücklicherweise kommt just in diesem Augenblick einer der Hausangestellten und verkündet, dass das Essen servierbereit sei und man sich jetzt in den kleinen Speisesaal begeben möge. Das lenkt das Mädchen zumindest so weit ab, dass immerhin das leichte Zittern aufhört.

„Geht ihr doch schon mal vor.“, wendet sich Ren an die anderen. „Wir kommen gleich nach.“

„Hast du dich schon entschieden, ob du ihr übermorgen selbst gegenübertreten willst?“, fragt er seine Frau, als die anderen außer Hörweite sind.

Kyoko schüttelt unsicher den Kopf.

„Dann lass uns morgen noch mal darüber reden.“ Zärtlich küsst er sie, erst auf die Stirn und dann lange und leidenschaftlich auf den Mund.

„Tu dir selbst einen Gefallen und verschwende heute keinen Gedanken mehr an sie. Morgen ist dafür noch Zeit genug.“, sagt er leise, als er sich wieder von ihr löst.

In Kyokos Gesicht ist das Lächeln zurückgekehrt. „Lass uns essen gehen.“, sagt sie schlicht.

Schlussstrich

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Hast du dich schon entschieden, ob du ihr übermorgen selbst gegenübertreten willst?“, fragt er seine Frau, als die anderen außer Hörweite sind.

Kyoko schüttelt unsicher den Kopf.

„Dann lass uns morgen noch mal darüber reden.“ Zärtlich küsst er sie, erst auf die Stirn und dann lange und leidenschaftlich auf den Mund.

„Tu dir selbst einen Gefallen und verschwende heute keinen Gedanken mehr an sie. Morgen ist dafür noch Zeit genug.“, sagt er leise, als er sich wieder von ihr löst.

In Kyokos Gesicht ist das Lächeln zurückgekehrt. „Lass uns essen gehen.“, sagt sie schlicht.
 

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Schlussstrich
 

Es ist noch recht früh am Morgen und nachdem Ren Tsuruga sich vorsichtig den Schlaf aus den Gliedern gestreckt hat, fällt sein Blick lächelnd auf seine noch friedlich schlafende Frau neben ihm.

Leise wendet er sich ihr ganz zu und stützt sich dabei auf dem Unterarm ab, um sie eingehend zu betrachten. Eine ganze Weile beobachtet er entzückt, wie sich ihre Brust ruhig hebt und senkt und über ihr schönes, vollkommen entspanntes Gesicht ab und zu die Andeutung eines Lächelns huscht.

>Sie ist so wunderschön.< Ren seufzt leise lächelnd. >Das ist die absolut beste Art aufzuwachen...< Einen Augenblick noch bleibt er wie verzaubert in ihrem Anblick gefangen, dann kommt ihm langsam zu Bewusstsein, was der heutige Tag möglicherweise noch bringen wird. Sein Blick wird plötzlich ernst und auf seiner Stirn kräuseln sich kleine Sorgenfalten.

>Eigentlich schien sie gestern Abend ganz stabil, nachdem ihr endlich klar war, was sie ihrer Mutter sagen will... Aber ich wünschte trotzdem, dass ich ihr diese unerfreuliche Begegnung ersparen könnte. – Niemand sollte derart respektlos behandelt werden, auch nicht von den eigenen Eltern. – Vielleicht sogar gerade nicht von denen...

Auf der anderen Seite hat sich Kyoko immer schon als ausgesprochen starke Persönlichkeit erwiesen... Sie wird das schaffen. Ganz sicher. – Und wer weiß, vielleicht ist es auch ganz gut so; dieses Kapitel sollte wirklich endgültig abgeschlossen werden und da ist es nun mal das Beste, wenn man es selbst erledigt. – Also sollte ich mich in diese Sache auch nur im absoluten Notfall einmischen.<

Hingerissen registriert der junge Schauspieler, dass erneut ein kleines Lächeln über Kyokos Gesicht huscht und sich eine Haarsträhne vorwitzig in ihr Gesicht stielt. Zärtlich schiebt er sie wieder zurück, ... was Kyoko offenbar dazu veranlasst, langsam ihre Augen zu öffnen.

„Oh, entschuldige“, sagt Ren leise, „hab ich dich geweckt?“

Kyoko schaut ihn im ersten Moment ein wenig verständnislos an, dann lächelt sie und schüttelt langsam den Kopf. „Nein, ich glaub nicht.“

„Guten Morgen, Hime-chan.“, flüstert Ren lächelnd, schließt sie sachte in die Arme und nimmt sich dann reichlich Zeit für seinen Gutenmorgenkuss.

„Dir auch“, meint Kyoko lächelnd, als er seine Lippen wieder von ihren löst, nur um sie kurz darauf liebevoll in seinen Arm zu betten.

Gedankenverloren streicht er ihr über die Haare, während Kyoko ihn ebenso eindringlich wie liebevoll dabei beobachtet.

„Du machst dir Sorgen wegen dem Termin mit meiner Mutter, oder?“, fragt sie schließlich unvermittelt.

„Ach, weißt du“, seufzt Ren, „ich mach mir weniger Sorgen wegen deiner Muter, eher schon wegen dir.“ Mit einer blitzschnellen Bewegung und einem dicken Grinsen im Gesicht ist er plötzlich über ihr und streichelt verführerisch über ihre Schulter. „Aber ich glaube, dass du das packst, mein geliebtes Eheweib.“

Die letzten drei Worte erzeugen unwillkürlich eine wohlige Gänsehaut auf Kyokos Körper und in ihrem Gesicht breitet sich ein sanftes Lächeln aus.

„Oh, Gott, du bist so was von süß.“, murmelt Ren und macht sich grinsend mit dem Mund über ihre Schultern her. Küssend und knabbernd arbeitet er sich allmählich ihren Hals hinauf und registriert schließlich leise kichernd, dass Kyoko offensichtlich an einigen Stellen kitzelig ist und mittlerweile hin und her gerissen scheint zwischen verzückter Erregung und zwanghaft unterdrücktem Lachen. Kurzerhand greift er unter ihre Arme und beginnt, sie nach allen Regeln der Kunst auszukitzeln. Gequält lacht das Mädchen auf und versucht verzweifelt, sich zu wehren, doch weil Ren immer noch schwer auf ihr liegt, kann sie sich kaum bewegen und so greift sie schließlich zu härteren Mitteln und beginnt nun ihrerseits, die reizempfindlichen Stellen, die sie erreichen kann, auf die gleiche Weise zu bearbeiten.

Eine lustige Rangelei nimmt ihren Lauf, die zunächst in eine Kissenschlacht mündet und schließlich in einer wilden Knutscherei endet.

Erst das Klingeln des Weckers lässt das frisch verheiratete Paar inne halten.

Ren stellt das nervende Ding ab und lächelt Kyoko bedauernd zu.

„Schade.“, meint er. „Jetzt müssen wir doch aufstehen.“

„Aber so spät ist es doch noch gar nicht.“, wendet Kyoko nach einem Blick auf die Uhr verwundert ein. „Theoretisch könnten wir noch...“

„Aber praktisch wird es dann knapp“, unterbricht er sie lächelnd, „wir sollten nachher besser nicht abgehetzt zu diesem Termin erscheinen.“

„Oder abgelenkt...“, murmelt Kyoko leicht verlegen. Sie atmet noch ein Mal kräftig durch, dann erhebt sie sich schwungvoll aus dem Bett.

Unversehens jedoch wird sie von einer kräftigen Hand zurück aufs Bett gezogen.

„Wo willst du denn hin, mein Herz?“

Kyoko dreht sich verwirrt herum und sieht Ren mit großen Augen an. „In die Küche.“, sagt sie verständnislos. „Frühstück machen.“

Ein tadelnder Blick und ein leichtes Kopfschütteln lassen das Mädchen förmlich in sich zusammensinken.

„Aber... Die zwei Wochen sind doch um ... und du hast gesagt...“, stammelt sie enttäuscht.

Rens Blick wird ein wenig weicher, doch wieder schüttelt er den Kopf. Dann hebt er den Zeigefinger und drückt ihn sachte auf ihre Lippen. „Heute Morgen ist die Küche noch für dich tabu“, ordnet er sanft an, „später am Tag kannst du dich von mir aus beim Kochen austoben, so viel du willst. Aber jetzt muss ich ohnehin noch kurz etwas in der Stadt erledigen und darum kann ich auch gleich was zum Frühstücken mitbringen.“

Bevor Kyoko irgendetwas einwenden kann, hat er auch schon ihren Mund mit einem innigen Kuss verschlossen und spürt dabei deutlich, wie ihre leichte Enttäuschung und schließlich ihre gesamten Gedankengänge sich übergangslos in Luft auflösen und der puren, zärtlichen Hingabe weichen.

Nur widerwillig lässt er schließlich von ihr ab. „Bleib ruhig noch einen Moment liegen, ich mach mich schnell fertig.“, meint er mit leicht rauer Stimme. „Und dann kannst du dich zurecht machen.“ Plötzlich grinst er von einem Ohr zum anderen. „Und ich würde dir raten, zum Frühstück ein Oberteil mit einem großen Ausschnitt zu tragen, ... am besten den schwarzen Kaschmirpulli mit diesem sensationellen Dekollete.“ Verschmitzt lächelnd zwinkert er ihr zu.

Kyoko läuft – wie nicht anders zu erwarten – puterrot an, doch bevor sie in die Verlegenheit kommt, irgendetwas erwidern zu müssen, drückt ihr Ren noch kurz einen Kuss auf die Stirn und zieht dann grinsend von dannen, in Richtung Badezimmer.

Als Kyoko schließlich hört, wie die Dusche im Bad zu rauschen beginnt, hat sie sich zumindest so weit beruhigt, dass ihre Gedanken wieder in halbwegs geordneten Bahnen laufen.

>Nicht schon wieder!<, stöhnt sie innerlich. >Er kann doch nicht ständig mit Geschenken hier anrücken, wenn er aus der Stadt zurückkommt... – Höchste Zeit, dass ich wieder selbst koche...< Inständig hofft sie, dass er es diesmal wenigstens nicht so maßlos übertreibt. [Maßlos übertrieben sind die Geschenke allerdings (bisher) einzig und allein in Kyokos - an disziplinierte Sparmaßnahmen gewöhnten - Augen ^_- ]
 

Als nach etwa einer Dreiviertelstunde das Klicken des elektronischen Schlosses an der Wohnungstür zu hören ist, ist Kyoko nicht nur mit ihrer Morgentoilette fertig, ... sondern auch mit den Nerven. Spätestens seit sie den Tisch gedeckt hat, drehen sich ihre Gedanken unaufhaltsam um die Frage, was er diesmal wieder ausgeheckt hat, um sie zu überraschen.

Aufgeregt fragt sie sich, ob sie sich wohl jemals daran gewöhnen wird, so mit Geschenken überhäuft zu werden, ... denn dass er das in absehbarer Zeit einstellen wird, ist wohl kaum zu erwarten.

Sie ist dermaßen in ihre Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkt, dass ihr Ehemann bereits grinsend in der Küche steht und die Lebensmittel, die er besorgt hat, auf dem Frühstückstisch ausbreitet. Erst als er sich auffällig räuspert, zuckt sie leicht zusammen und dreht sich von der kleinen Kaffeemaschine auf der Arbeitsfläche weg, die sie gerade mit frischem Wasser befüllt hat. [Na ja, eigentlich hatte sie das bereits vor Minuten erledigt... ^_- ] Mit hochrotem Kopf registriert sie die kleine, edel aussehende, dunkelrote Papiertüte, die er in der Hand hin und her baumeln lässt.

„Was...?“, beginnt sie, wird jedoch von ihrem Mann grinsend angewiesen, die Augen zu schließen und sich umzudrehen. Wie betäubt, tut sie zögerlich, was er von ihr verlangt.

Angespannt lauscht sie auf die Geräusche hinter sich, bis er nah an sie heran tritt und seine großen, warmen Hände etwas Kühles, Schweres, Metallenes um ihren Hals legen und sorgfältig in ihrem Nacken verschließen.

„Lass die Augen bitte noch zu.“, flüstert er ihr leise zu.

Seine weiche, tiefe Stimme so nah an ihrem Ohr jagt dermaßen heiße Schauer durch ihren Körper, dass sie beinahe glaubt, sich nicht mehr auf den Beinen halten zu können und als er dann nacheinander zart ihre Ohrläppchen berührt, um daran große Ohrclips zu befestigen, entfährt ihr unwillkürlich ein leises Stöhnen. Doch Ren scheint noch immer nicht fertig zu sein, denn nachdem er ein Mal mit den Zeigefingern sanft über ihre Lider gestrichen ist, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie die Augen weiterhin geschlossen halten soll, nimmt er ihre rechte Hand und steckt zärtlich einen offenbar ziemlich großen Ring an ihren Ringfinger.

Einen Moment lang scheint er ihn zu betrachten und Kyoko kann sein zufriedenes Lächeln hinter sich geradezu körperlich spüren.

Und dann kommt ihr eine Erleuchtung.

Schlagartig wird ihr klar, dass all die kleinen und großen Geschenke von Koon sie gar nicht ärgern oder necken sollen, dass sie sie nicht wirklich in eine bestimmte Richtung hin „erziehen“ sollen, ... sondern dass jedes einzelne eine sorgfältig ausgesuchte, kleine Liebeserklärung ist ... und dass er sich dabei jedes Mal unglaubliche Mühe gibt, etwas zu finden, dass ihren Geschmack trifft und dass zugleich seinen Gefühlen angemessen Ausdruck verleiht. - Eine Mühe, für die er bei seinem vollen Terminkalender eigentlich gar keine Zeit hat...

Irgendwie scheinen Kyokos Knie plötzlich noch weicher zu werden, darum ist sie ganz froh, dass er ihre Schultern ein wenig fester gepackt hat und sie nun – höchstwahrscheinlich – zum Spiegel führt. Kyoko kommt nicht einmal mehr auf die Idee , die Augen zu öffnen, bevor sie seine Erlaubnis hat, stattdessen breitet sich langsam ein entspanntes Lächeln in ihrem Gesicht aus.

Als die Beiden vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer stehen und Ren seiner jungen Frau endlich wieder ins Gesicht sehen kann, ist er irritiert.

„Was ist los?“, fragt er.

„Nichts.“, lächelt Kyoko mit immer noch geschlossenen Augen. „Mir ist nur grade was klar geworden.“

„Was denn?“, hakt Ren neugierig nach.

Kyokos Gesicht überzieht eine feine Röte. „Dass... Dass diese ganzen Geschenk-Orgien nur einem Zweck dienen: ... deine Gefühle auszudrücken.“, sagt sie leise, während die Röte in ihrem Gesicht deutlich tiefer wird.

Ren streichelt lächelnd über ihre Wange. „Und das fällt dir jetzt erst auf? – Du bist echt nicht viel Gutes gewohnt... Höchste Zeit, dass sich das ändert.“

Kyoko wird langsam unruhig in seinen Armen.

„Hm?“, macht er.

„Koon, bitte... Kann ich jetzt endlich wieder die Augen aufmachen?“

„Oh! Ja, ... natürlich. Nur zu, Hime-chan.“ Ren grinst erneut von einem Ohr zum anderen.

Kyoko öffnet langsam die Augen ... und auch, wenn sie sich innerlich schon auf einiges gefasst gemacht hatte, so stockt ihr jetzt doch der Atem ein wenig.

Aus dem Spiegel funkelt ihr ein goldenes Rubincollier mit passenden, langen Ohrclips und einem sensationellen Rubinring entgegen. Die Stücke erinnern ein wenig an altmodischen Granatschmuck, jedoch sind die Linien des Designs klarer und so wirkt der Schmuck noch um einiges edler ... und natürlich schimmern die Juwelen in einem helleren Rot.

Ungläubig fährt sie mit den Fingerspitzen über die Steine des Colliers.

„Eigentlich ist das meine Morgengabe an dich.“, meint er mit einem leicht verlegenen Grinsen. „Allerdings war es gestern noch nicht fertig.“ Er seufzt leise und zuckt die Schultern. „War halt ein Auftrag, der ein bisschen zu kurzfristig kam.“

Kyoko sieht ihn überrascht an. „Heißt das, das Design ist von dir?“

„Ja.“, bestätigt der junge Schauspieler ein wenig unsicher. „Gefällt es dir?“

„Ja, sehr.“ Kyoko strahlt übers ganze Gesicht. „Es ist wunderschön.“

„Der Ring ist übrigens ein verspäteter Verlobungsring.“, haucht Ren ihr zärtlich zu.

Ein Weilchen noch betrachten die Beiden das Geschmeide im Spiegel, ... wobei Ren eigentlich eher in die Betrachtung seiner jungen Frau vertieft ist...

Letzteres entgeht Kyoko ganz und gar nicht und so kommt sie zu der Erkenntnis, dass er tatsächlich eine geradezu kindliche Freude daran hat, sie zu beschenken.

Langsam breitet sich ein warmes Gefühl von Geborgenheit in ihrem Inneren aus ... und erneut kann ein reinherziger Engel aus seinem engen Gefängnis entkommen, begleitet von gespielt gelangweilten Buh-Rufen ihrer kleinen Dämonen.
 

„Aber du erwartest hoffentlich nicht, dass ich den Schmuck nachher trage, wenn wir meine Mutter treffen.“, fragt Kyoko später beim Frühstück misstrauisch.

„Nein, natürlich nicht.“, lacht Ren. „Nachher weckt das noch unnötige Begehrlichkeiten bei deiner werten Frau Mama. – Außerdem ist so viel Schmuck für einen späten Vormittag dann doch etwas übertrieben.“

„Na, dann ist es ja gut.“, meint Kyoko erstaunlich gut gelaunt.

Überhaupt wirkt Kyoko auf Ren heute Morgen überraschend unbeschwert, wenn man bedenkt, dass später noch die Konfrontation mit ihrer herrschsüchtigen Mutter auf sie wartet. Insgeheim fragt er sich, ob sie unter der Oberfläche auch so fühlt...
 


 

Gut zwei Stunden später stehen die beiden jungen Schauspieler mit Rory Takarada und ihren beiden Betreuern in einem der großen Konferenzräume des LME-Gebäudes und warten ungeduldig auf Saena Mogami. Rory ist diesmal wie ein chinesischer Kaiser gekleidet, ein Kostüm, dass er recht häufig in der Agentur trägt; nur mit dem Unterschied, dass er darin heute besonders beeindruckend und streng wirkt ... und natürlich sitzt er dabei auf einem überaus beeindruckenden Thron mit geschnitzten Drachenköpfen.

„Mensch, die ist jetzt schon eine halbe Stunde überfällig.“, mault Yashiro nervös. „Also, so langsam glaube ich, die will uns mürbe machen, um so ein leichteres Spiel zu haben.“

„Unwahrscheinlich.“, widerspricht Rory gelassen. „Das hieße ja dann, dass die Verträge noch einmal geändert werden müssten. Und ich denke nicht, dass die Dame diese Angelegenheit noch länger in der Schwebe halten will.“

„Ich persönlich finde ja, sie hätte wenigstens anrufen können.“, meint Rina mürrisch. „Aber sei’s drum... Hoffentlich kommt sie jetzt endlich mal.“

„Alles in Ordnung?“, fragt Ren indessen Kyoko besorgt.

„Grundsätzlich schon“, antwortet sie lächelnd, „auch wenn mich das Warten doch ganz schön nervös macht. – Aber mach dir keine Gedanken, es wird schon gehen.“ Sachte drückt sie zur Bestätigung seine Hand.

Rorys Handy klingelt. „Ja? Ah, sehr gut, schicken Sie sie bitte hoch. Oder warten Sie... Lassen Sie sie von jemandem begleiten, dann findet sie schneller hierher.“ Leise aufatmend legt der LME-Chef wieder auf und steckt das Telefon in eine der kleinen Taschen, die in den weiten Ärmeln seines Kaisergewandes versteckt sind. „Mogami-san wird in ein paar Minuten hier sein.“, verkündet er und fügt mit einem leichten Grinsen hinzu. „Wenn also noch irgendetwas zu besprechen ist, dann bitte jetzt sofort.“

Ren sieht seiner jungen Frau fragend in die Augen, doch diese schüttelt nur lächelnd den Kopf, nachdem sie ein Mal tief durchgeatmet hat. Darauf küsst er sie flüchtig auf die Stirn und tritt einen Schritt zurück, sodass er nun leicht versetzt hinter ihr steht.

>Wie mein persönlicher Fels in der Brandung.<, wird Kyoko mit einem warmen Gefühl der Zuversicht bewusst, das sich rasch von ihrem Herzen her im ganzen Körper ausbreitet. Besonnen strafft sie sich und nimmt eine überaus formelle Haltung an, um sich zu wappnen für das, was nun unweigerlich folgen wird.

Die anderen im Raum sind angespannt und ernst und als Saena Mogami einige Minuten später ein wenig gehetzt den Konferenzraum erreicht, steht ihr geradezu eine Phalanx düsterer Gesichter gegenüber, wie sie irritiert registriert. Noch mehr verwirrt sie allerdings der Anblick des LME-Chefs in seinem goldgelben, chinesischen Kaiser-Ornat in der Mitte dieser menschlichen Mauer. Angestrengt versucht sie, ihre Fassung wieder zu erlangen und sich möglichst wenig anmerken zu lassen, während sie sich fragt, ob sie hier doch noch mit Schwierigkeiten rechnen muss.

Rory indessen zeigt sich vollkommen unbeeindruckt und bedankt sich herzlich bei Saenas Begleitung, um sie schließlich mit Wünschen für einen schönen Tag zu ihrer eigentlichen Arbeit zurückzuschicken. Erst dann wendet er sich mit leicht gerunzelter Stirn der eleganten Frau Anfang Vierzig zu, die daraufhin halbherzig versucht, sich für ihre Verspätung zu entschuldigen.

„Machen Sie sich keine Umstände, Mogami-san“, unterbricht er sie kühl, „niemand hier ist Ihnen ernstlich böse, weil Sie so spät gekommen sind.“

„Ich würde die Sache zwar gern möglichst schnell beenden, aber von mir aus hätte sie auch bleiben können, wo der Pfeffer wächst.“, murmelt Ren kaum hörbar im Hintergrund.

Saena schaut verwirrt von einem zum anderen, bis ihre Augen schließlich bei Rory Takarada inne halten und ihn fragend ansehen.

„Nein, wahrlich“, fährt dieser darauf ungerührt fort und schickt ihr einen Blick, der ihr deutlich zeigen soll, was er von ihr hält, „Ihre Verspätung ist zwar mehr als nur unhöflich, aber das, was Sie Kyoko-chan in den letzten 17 Jahren angetan haben, ist meines Erachtens weitaus schlimmer. Ihr Verhalten war bisher so ganz und gar nicht angemessen für jemanden, der sich Mutter nennt.

Da wir alle hier Ihre Tochter überaus schätzen ... und das sowohl menschlich als auch, was ihre Arbeit angeht, haben wir uns hier und heute versammelt, um deutlich zu machen, dass aus Ihren Plänen wohl nichts wird, Mogami-san.“

Mit der letzten Bemerkung hat Saena ihre Arroganz offensichtlich wiedergefunden, ihre Miene wird hart. „Sie haben da wohl kaum eine Wahl.“, behauptet sie herablassend. „Solange Kyoko-chan nicht volljährig ist, sitze ich eindeutig am längeren Hebel. Sie können meine Forderungen gar nicht ignorieren!“ Streng sieht sie ihre Tochter an und deutet ihr mit einer gebieterischen Geste an, näher zu kommen. „Komm, Kyoko-chan“, sagt sie schroff, „wir suchen uns eine bessere Agentur!“

Kyoko reagiert zunächst gar nicht, dann jedoch schüttelt sie ebenso bedächtig wie standhaft den Kopf.

„Nein, Mutter.“, antwortet sie schließlich erstaunlich ruhig und mit fester Stimme. „Ich werde nicht mit dir kommen. – Du wolltest mich nicht haben, als ich dich gebraucht hätte ... und nun brauche ich dich nicht mehr.

Bitte geh und mach keinen Ärger mehr.“

Nach einer ersten Schrecksekunde verfinstert sich Saenas Miene in rasantem Tempo und eine dunkle, bedrohliche Dämonen-Aura baut sich hinter ihr auf.

„Du verkennst wohl die Realität, Kind.“, sagt sie leise und mit einer gehörigen Portion Zynismus in der Stimme. „Du brauchst mich sehr wohl, ich bin Deine Mutter und kann daher voll und ganz über dich bestimmen, solange du noch nicht volljährig bist.“

Mit einem Gentleman-Lächeln auf den Lippen mischt sich Ren Tsuruga ein. „Es tut mir leid, Mogami-san“, meint er kühl, „aber Sie sind offenbar nicht auf dem neuesten Stand der Dinge.“

Saena glotzt ihn derart verdutzt an, dass er an sich halten muss, um nicht laut loszuprusten.

„Sie sind nicht länger Kyoko-chans Vormund.“, lässt er stattdessen gelassen die Bombe platzen.

Saena Mogami fehlen vor Entsetzten die Worte.

„Vielleicht kann ich ein wenig zur Aufklärung beitragen, Mogami-san.“, bietet Rory gönnerhaft an. „Da Ihre Tochter seit zwei Tagen verheiratet ist, ist seit diesem Zeitpunkt natürlich ihr Ehemann auch ihr Vormund.“

Saena Mogami wird erst blass, dann rot vor Wut.

„Das ist ja wohl kaum möglich!“, platzt es schließlich geradezu hysterisch aus ihr heraus. „Dazu hätte ich ja wohl mein Einverständnis geben müssen! – Was also soll dieses unwürdige Schmierentheater?!“

„Jetzt sagen Sie bloß, Sie haben vor lauter Geldgier nicht bemerkt, was Sie da vor zwei Wochen unterschrieben haben?“, fragt Rory unschuldig und gespielt überrascht nach. „ Selbstverständlich hatte Kyoko-chan dafür eine Einverständniserklärung von Ihnen.“

Saena wird noch einmal blass, als ihr schmerzlich bewusst wird, dass der „Fehler“ offenbar bei ihr liegt. Reichlich verstört sucht sie nach einem Stuhl, um sich ein wenig zu beruhigen, jedoch wird ihr der Zugang zum Konferenztisch von den anderen anwesenden Personen blockiert, damit sie sich gar nicht erst häuslich niederlassen kann. Hilfe suchend schaut sie Ren an, doch dieser lächelt nur bitter. Schließlich landet ihre Aufmerksamkeit erneut bei Rory. Einen Augenblick braucht sie noch, um sich zu sammeln, dann atmet sie durch und spricht mit finsterem Blick zu dem LME-Chef.

„Das ist illegal, Takarada-san“, schnaubt sie empört, „diese Unterschrift haben Sie sich unrechtmäßig erschlichen! – Ich werde...“

„Davon würde ich Ihnen abraten.“, fällt ihr Rory gefährlich ruhig ins Wort. „Was immer Sie auch vorhaben... Meine Beziehungen sind weitaus einflussreicher als die Ihren ... und ein Rechtsstreit würde nicht nur äußerst schmutzige Dinge über Sie selbst zutage fördern, sondern wäre zu allem Überfluss auch noch immens teuer. Und meines Wissens verfügen Sie im Moment nicht gerade über besonders üppige Finanzmittel. Richtig, Mogami-san?“

Saena ist vollkommen nun außer sich. „ Sie ... Sie...“, beginnt sie hilflos. Fassungslos nach Worten suchend und doch keine findend, richtet sie schließlich ihren Blick auf ihre Tochter.

„Kyoko-chan!“, ruft sie verzweifelt. „Du kannst doch nicht... Ich bin deine Mutter !!“

„So, bist du das?“, fragt Kyoko kühl, wenn auch mit einer unerklärlichen Sanftmut im Blick. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich es jemals wirklich gespürt hätte. – Mutter, sei doch ehrlich: Du hast dich nie wirklich für mich interessiert, du hast mich ständig zu fremden Leuten abgeschoben, ...selbst als du noch bei mir warst... Sogar wenn ich krank war – was glücklicherweise nur sehr selten der Fall war...

Mutter, ich hätte damals wirklich alles gegeben, um wenigstens ein kleines, anerkennendes Wort von dir zu hören, ... aber ich habe von dir niemals auch nur etwas Ähnliches wie Zuneigung erfahren. – Und glaub mir, ich habe mich damals wirklich über alle Maßen angestrengt.

Es tut mir leid, Mutter, ich kann dir nicht mehr vertrauen.

Und ich kann auch nicht mehr deine Tochter sein, schließlich war ich in deinen Augen ohnehin nie gut genug dafür.

Weißt du, wenn ich so darüber nachdenke, muss ich heute sagen, dass eigentlich du nicht gut genug als Mutter bist.“ Ihr Blick wird ein bisschen wehmütig. „Und dabei hätte ich mich mit so wenig zufrieden gegeben... Meine Ansprüche waren nie so hoch wie deine...

Es tut mir leid, aber ... ich möchte dich nicht mehr sehen.“

Befreit pustet sie die Luft aus den Lungen, jetzt, da sie alles gesagt hat, das ihr wichtig war. Für einen kurzen Moment wendet sie ihren Blick ihrem Ehemann schräg hinter sich zu.

Ren lächelt mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken zurück und man sieht ihm deutlich an, wie stolz er auf sie ist.

Saena indessen geht abrupt ein Licht auf. „Das... Sie ?!?“, schreit sie Ren an; der allerdings reagiert eher gelassen und rückt demonstrativ näher an Kyoko heran, bis er direkt hinter ihr steht und die Hände beschützend auf ihre Schultern legt.

Sie haben meine Tochter verführt! Sie...!!“

„Ich bitte Sie, Mogami-san“, wird sie äußerst sarkastisch von Rory Takarada in ihrem Gekeife unterbrochen, „wir wollen doch nicht ausfällig werden.

Und um die Gemüter nicht noch mehr aufzuheizen, schlage ich vor, dass die jungen Leute wieder an ihre Arbeit gehen und wir beide noch ein paar Dinge unter vier Augen besprechen.“

„Ich wüsste nicht, was wir zwei noch zu bereden hätten.“, erwidert sie unwirsch.

„Nun“, erklärt Rory gelassen, „mir ist zu Ohren gekommen, dass sie momentan einige Schwierigkeiten haben. Vielleicht lässt sich ja ein Weg finden, die Dinge in ein wenig ruhigere Bahnen lenken. Dann fällt Ihnen der Abschied von Ihrer Tochter bestimmt auch nicht mehr ganz so schwer.“

Mit einer ausladenden Geste, die ganz seinem heutigen Erscheinungsbild entspricht, gibt er den Anderen ein Zeichen, den Konferenzraum zu verlassen, was diese nach einer höflichen Verbeugung auch umgehend tun.
 

Als sie die Tür hinter sich geschlossen haben, atmen alle Vier hörbar auf.

„Das lief etwa so wie erwartet.“, merkt Ren erleichtert an und zieht seine junge Frau in die Arme.

„Na ja, aber wie gut es wirklich gelaufen ist, wird sich erst noch herausstellen.“, meint Kyoko nüchtern. „Das kommt darauf an, ob sie die Situation jetzt als gegeben hinnimmt oder ob sie doch noch versucht, sich auf irgendeine Weise zu ... na ja ... zu rächen.“

„Ach, ich glaube, es sieht gar nicht so schlecht aus.“, findet Rina. „Ich denke, es ist ein kluger Schachzug von Takarada-san, das Ganze noch mal ganz in Ruhe mit ihr unter vier Augen zu besprechen ... und ihr ein wenig Hilfe in dieser Scheidungsangelegenheit anzubieten. Das nimmt ihr wahrscheinlich letztlich den Wind aus den Segeln.“

„Na, ob das reichen wird...?“, überlegt Kyoko mit leiser Skepsis in der Stimme.

„Ich gehe ja davon aus, dass Takarada-san noch irgendeinen zusätzlichen Trumpf im Ärmel hat.“, vermutet Yashiro grinsend.

„Ja“, stimmt Ren unumwunden zu, „wenn man ihn kennt, ist wirklich damit zu rechnen.“ Grinsend fügt er noch hinzu: „Außerdem sind die Ärmel ja heute auch besonders weit.“

Trotz der nach wie vor in ihrem Inneren bohrenden Skepsis muss Kyoko lachen. Der Stein, der ihr vom Herzen gefallen war, nachdem sie all das gesagt hatte, was ihr so lange auf der Seele gelegen hatte, musste wohl größer gewesen sein, als ihr bisher bewusst gewesen ist.

Sichtlich erleichtert über ihr Lachen, drückt Ren sie sanft an sich und küsst sie zart auf die Stirn. Dann fällt ihm plötzlich etwas ein.

Breit grinsend zwinkert er Kyoko kurz zu, dann entlässt er sie aus seinen Armen und wendet sich mit einer seltsam weit ausholenden Geste Yashiro zu.

„Yukihito, mein Freund!“, beginnt er gut gelaunt, während er seinen Betreuer unsanft in den Arm schießt und ihn mit sanfter Gewalt auf den Flur hinaus befördert.

Yashiro sieht ihn ebenso verstört wie eingeschüchtert an und wirft danach Rina einen reichlich hilflosen Blick zu.

„Ich hätte da mal eine Frage, mein Lieber.“, setzt Ren seinen vermeintlichen Überfall auf seinen Freund fort. „Was läuft da eigentlich zwischen dir und dieser netten, ziemlich großen Managerin, ... Yashi-kun ?“

Yukihito läuft in Sekundenbruchteilen hochrot an ...ebenso wie Rina, die darauf von ihrem kichernden Schützling am Arm zu den beiden Männern „abgeführt“ wird.

„Ich... Wir dachten...“, stammelt Yukihito hilflos. „Wir... Wir wollten uns einfach nicht in den Vordergrund drängen damit.“

„Schon verstanden.“, meint Ren und klopft seinem Manager freundschaftlich auf die Schulter. „Aber das war absolut unnötig. – Wir gönnen euch das wirklich von Herzen, nicht wahr, Kyoko?“

Kyoko nickt nur breit grinsend.

„Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt etwas essen gehen?“, fragt Ren gut gelaunt. „Ich würde gern ein paar Details zu eurer Liaison erfahren.“

„Warum nicht.“, sagt Yukihito und nimmt Rina lächelnd an die Hand. „Takarada-san wird sich ohnehin telefonisch bei einem von uns melden, wenn er fertig ist. – Also lasst uns bis dahin ruhig Kyoko-chans kleinen Etappensieg feiern.“
 

Saena und Rory indessen sitzen sich im Konferenzraum gegenüber, eine Ledermappe mit etlichen Papieren vor sich auf dem Tisch. Noch immer ist Kyokos Mutter reichlich verwirrt. Sie hatte nicht erwartet, dass ihre Tochter so kühl und gleichzeitig so erwachsen hatte reagieren können. Verblüfft wird ihr bewusst, dass sie Kyoko maßlos unterschätzt haben muss ... und widerwillig muss sie sich eingestehen, dass sie ihre eigene Tochter offenbar nicht im Geringsten kennt, ... wohl nie gekannt hat...

„Mogami-san“, ergreift schließlich Rory ernst das Wort, „ich hoffe, Sie begreifen, dass Sie sich die Sympathie Ihrer Tochter verscherzt haben, vermutlich endgültig. – Und nicht nur ihre, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“

„Ich... Aber...“, stammelt sie hilflos.

„Geben Sie sich keine Mühe, es hat gar keinen Sinn, sich vor mir zu rechtfertigen.“, erwidert Rory, irgendwie klingt seine Stimme ein wenig müde. „Wenn ich ehrlich bin, würde ich Ihnen ohnehin kein Wort mehr glauben.

Wissen Sie, ich erlebe in meinem Beruf täglich die verschiedensten Menschen ... und dass überehrgeizige Eltern ihre Kinder in die Showbranche drängen, sie überfordern, ihnen höchste Professionalität abverlangen, selbst wenn sie noch viel zu jung dafür sind, ... ist mir ganz und gar nicht fremd, wahrscheinlich ist so was in dieser Branche nicht mal ungewöhnlich. Auch in meiner Agentur gibt es ganz sicher ein paar Eltern, deren Erwartungshaltung ihren Kindern gegenüber – nun sagen wir mal – grenzwertig ist. Ich heiße so etwas ganz und gar nicht gut, aber anscheinend ist es im Vorfeld nie ganz auszuschließen, dass man Verträge unter solchen Bedingungen abschließt.

Aber was Sie mit Ihrer Tochter in den letzten 17 Jahren gemacht haben, ist das Liebloseste, wovon ich jemals auch nur gehört habe. – Haben Sie damals, als Sie sie an die Fuwas verkauft haben, auch nur einen Gedanken daran verschwendet, wie es Ihrem Kind dabei gehen könnte? Noch dazu, wo es vermutlich die ganze Zeit geglaubt hat, dass Sie fort gegangen sind, weil Sie das Mädchen für böse, ungezogen, unfähig oder minderwertig gehalten haben - oder - wie ich Kyoko-chan inzwischen kenne – gleich alles zusammen?“

„Aber das...“, will Saena einwenden, doch Rory unterbricht sie unwirsch.

„Wie hätte sie denn etwas anderes annehmen sollen? Sie war doch noch ein keines Mädchen! Haben Sie sie jemals gelobt? Haben Sie sich Ihre Tochter jemals auf den Schoß gesetzt und ihr einfach eine Geschichte vorgelesen? Oder sie einfach nur eine Weile in Ihren Armen gewiegt, wenn sie traurig war?“

Saena senkt nur den Kopf und sagt überhaupt nichts.

„Wieso überrascht mich das jetzt nicht?“, kommt es sarkastisch vom LME-Chef. „Wie kann man nur so egozentrisch sein? Ist Ihnen nicht klar, dass man ein kleines Kind mit so einem Verhalten regelrecht zerstören kann? – Na ja, vermutlich nicht...

Nur Kyoko-chans unglaublicher, innerer Stärke ist es zu verdanken, dass sie daran letztlich nicht zerbrochen ist und sie trotz allem Ihren Weg gefunden hat. Nicht auszudenken, was für ein ungeheuerer Verlust es gewesen wäre, wenn sie wegen Ihnen schließlich aufgegeben hätte!

Und - falls es Sie überhaupt interessiert – ich persönlich glaube, sie war verdammt nahe daran zu zerbrechen, als sie hier in der Agentur anfing.

Um eines von vornherein klar zustellen: Kyoko-chan hat hier ganz unten angefangen, nicht etwa als Talent oder Schauspielerin, ... nicht mal als einfacher Helfer hinter der Kamera. Sie hat sich hier mühselig hochgearbeitet, selbst die Gebühren für die Highschool aufgebracht und sich die Zulassung zur Schauspiel-Akademie erarbeitet. Soweit ich das inzwischen mitbekommen habe, hat sie quasi bis zum Umfallen geschuftet, bevor sie die ersten Erfolge verbuchen konnte. Und sie hat niemals auch nur ein Wort der Klage darüber verloren. – Ansonsten hätte ich sicher einen Weg gefunden, sie finanziell besser zu unterstützen.

Und dann kommen Sie und wollen ihr sozusagen über Nacht alles wegnehmen, was sie sich so mühsam erarbeitet hat?!“

Unwillig schüttelt er den Kopf, bevor er leiser fortfährt.

„Vermutlich hätte sie es sich sogar noch gefallen lassen... Aber glücklicherweise hat sie sich nicht nur ihren Lebensunterhalt trotz ihres jugendlichen Alters allein verdient, sondern auch den Respekt von einigen Menschen, ... zu denen auch ich mich zählen möchte.

Ich kann einfach nicht zulassen, dass Sie sich noch einmal in ihr Leben einmischen und ihr das Herz brechen.

Ich gebe zu, dass das natürlich auch im Interesse der Agentur ist: Ein gebrochener Mensch kann nämlich keine guten, schauspielerischen Leistungen abliefern. – Aber ich schätze Kyoko-chan auch einfach als Mensch. Im Gegensatz zu Ihnen ist sie nämlich ausgesprochen hilfsbereit, uneigennützig und liebenswürdig ... und sie hat ein feines Gespür für die Bedürfnisse und Nöte ihrer Mitmenschen ... und die Gabe, ihnen wirklich zu helfen.“

Unverwandt schaut er Saena in die Augen, die diese vor Verblüffung weit geöffnet hat.

„Wie es scheint, wissen Sie rein gar nichts über Ihre eigene Tochter. – Ich hoffe, sie sehen irgendwann ein, wie schade und ... furchtbar diese Tatsache ist.“

Noch einmal schüttelt er fassungslos den Kopf, dann räuspert er sich kurz und wird wieder sachlich. „So, ich denke, dann sollten wir zum geschäftlichen Teil kommen.

Ich habe hier einen Scheck über 80 Millionen Yen [Das sind knapp 500.000 €] ... und eine Art Verzichtserklärung, in der Sie zusichern, Ihre Tochter und ihren Mann künftig in Ruhe zu lassen. Ich rate Ihnen wirklich dringend, keinerlei Kontakt mehr zu ihnen zu suchen, ... es sei denn, Ihre Tochter würde das ausdrücklich wünschen. - Darüber hinaus verpflichten Sie sich zur Verschwiegenheit über alles, was diese Angelegenheit hier angeht; Genaueres haben unsere Anwälte vorsichtshalber minutiös in unserem kleinen Vertrag aufgeführt.

Sollten Sie sich nicht an diese kleine Abmachung halten, werden die 80 Millionen Yen automatisch in ein Darlehen umgewandelt, das dann auch sofort fällig zur Rückzahlung wird.“

Saena scheint ziemlich perplex. „Aber... Wieso so viel ...?“, flüstert sie ungläubig.

„Weil ich möchte, dass Sie ein für alle Mal aus Kyoko-chans Leben verschwinden.“, erklärt er kalt. „Niemand braucht eine solche Mutter.

Mir liegt viel an Kyoko-chan, ich halte sie für außerordentlich begabt. Aber sie muss auch noch viel lernen und dafür braucht sie Raum und Zeit, sich zu entwickeln. Würde ich zulassen, dass Sie sie wieder unter Ihre Fittiche nehmen, dann würde ich riskieren, die positive und ausgesprochen zügige Entwicklung, die sie die letzten Monate durchgemacht hat, zu unterbrechen, zu stören ... oder im schlimmsten Fall sogar umzukehren. – Sie haben keine Ahnung, was Ihr ‚Auftritt’ vor zwei Wochen in dem armen Mädchen ausgelöst hat...

Außerdem fühle ich mich Ihr auch persönlich verpflichtet. Sie hat nämlich meiner Enkelin und indirekt meinem Sohn aus einer tiefen Krise geholfen; da halte ich es für das Mindeste, ihr jetzt zu helfen.

Ich hoffe, ich habe mich deutlich ausgedrückt.“

„Mehr als deutlich.“, bestätigt Saena. Langsam atmet sie durch. „Wie es scheint, habe ich ohnehin keine große Wahl. Auch das haben Sie ja mehr als klar gestellt. – Also lassen Sie uns die Sache abschließen.“

Zielstrebig greift sie nach der Verzichtserklärung, liest die Papiere diesmal sehr gründlich durch und unterschreibt sie schließlich leise seufzend und mit leicht zitternden Händen.

„Bitte.“, sagt sie, während sie Rory die unterzeichneten Papiere reicht.

„Danke.“ Rory reicht ihr den Scheck, den sie auch sofort kontrolliert.

„Ich gehe mal davon aus, dass er gedeckt ist.“, merkt sie leicht ironisch an.

Rory grinst säuerlich. „Selbstverständlich. – Darüber hinaus habe ich Ihnen einen Termin mit meinem Anwalt gemacht, der Ihnen bei Ihrer Scheidung ein wenig unter die Arme greifen wird. Ich will nicht riskieren, dass Sie das Geld bereits in einem halben Jahr durchgebracht haben.

Erlauben Sie mir, Ihnen noch einen Rat mit auf dem Weg zu geben. Legen Sie das Geld gut an, ... dann werden Sie lange recht gut davon leben können; ich bin nämlich nicht bereit, Ihnen einen ‚Nachschlag’ zu gewähren, wenn Sie noch einmal in Schwierigkeiten geraten sollten. Das hier ist eine einmalige Gelegenheit für Sie.

Und noch ein kleiner Tipp von mir persönlich: Ziehen Sie möglichst weit fort von Tokyo.“

Saena nickt, offenbar hat sie verstanden. Die Beiden verabschieden sich recht frostig voneinander, nachdem Rory ihr noch die Visitenkarte eines seiner Anwälte und einen Terminzettel überreicht hat. Als sie bereits an der Tür ist, hält er sie noch einmal kurz auf.

„Eins noch, Mogami-san: Sorgen Sie dafür, dass niemand von unserem kleinen Geschäft erfährt, ganz besonders Kyoko-chan nicht.

Saena nickt nur, verbeugt sich leicht und verlässt sichtlich nachdenklich den Konferenzraum.

Als sie die Tür hinter sich geschlossen hat, schüttelt Rory traurig den Kopf und murmelt: „Ich hoffe nur, ihr wird irgendwann bewusst, was sie hier alles verloren hat...“

Besuch bei Koji

Entschuldigt bitte, dass es diesmal so lange gedauert hat, aber mein Leben ist im Moment ein bisschen chaotisch und ich hab den Kopf so voll mit anderen Dingen, dass ich kaum die Ruhe zum Schreiben finde.

Das Kapitel ist daher auch ein bisschen kurz geraten, vor allem, um euch nicht noch länger auf den Nachschub warten zu lassen.

Trotzdem viel Spaß beim Lesen! ^^
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Eins noch, Mogami-san: Sorgen Sie dafür, dass niemand von unserem kleinen Geschäft erfährt, ganz besonders Kyoko-chan nicht.

Saena nickt nur, verbeugt sich leicht und verlässt sichtlich nachdenklich den Konferenzraum.

Als sie die Tür hinter sich geschlossen hat, schüttelt Rory traurig den Kopf und murmelt: „Ich hoffe nur, ihr wird irgendwann bewusst, was sie hier alles verloren hat...“
 

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Besuch bei Koji
 

Ren nimmt sein bimmelndes i-Phone aus einem Fach der Mittelkonsole seines Wagens. Lächelnd wirft er einen kurzen Seitenblick auf seine neben ihm sitzende Frau und reicht es ihr.

„Geh Du mal dran; das ist sicher Koji. Sag ihm, wir sind in etwa zehn Minuten bei ihm.“, sagt er und wendet sich dann wieder konzentriert der Straße zu.

Ein kurzer Blick auf den kleinen Bildschirm bestätigt Rens Annahme. „Kannst Du hellsehen?“, fragt Kyoko verdutzt.

„Nein.“, lacht der junge Schauspieler. „Aber ich kenne Kojis Ungeduld, wenn er auf etwas warten muss. – Wahrscheinlich nervt er Aya-san und seinen Freund schon den ganzen Morgen mit seinem hibbeligen Rumgehampel und seiner ständigen Fragerei, wie spät es denn ist.“

Kyoko unterdrückt ein Kichern bei der Vorstellung und nimmt das Gespräch rasch entgegen, um den armen Top-Designer nicht noch länger auf die Folter zu spannen.
 

Als sie – wie angekündigt – zehn Minuten später auf dem kleinen Parkplatz vor dem Maruyama-Anwesen ankommen, steht bereits ein kleines Empfangskomitee [bestehend aus Koji und seinem Lebensgefährten] vor der Tür des Hauses.

Wieder muss Kyoko ein Lachen unterdrücken, als sie Koji erblickt, der ihnen wild gestikulierend zuwinkt.

Kaum hat Ren den Wagen geparkt, da reißt der junge Designer auch schon breit grinsend die Beifahrertür auf, um dem vollkommen verdutzten Mädchen aus dem Auto zu helfen, ... auch wenn man dabei als Außenstehender eher den Eindruck hat, er würde sie ungeduldig aus dem Gefährt zerren ... Gespielt beleidigt steigt auch Ren aus und sieht seinen Freund strafend an.

„Eigentlich ist das ja mein Job, meinem Mädchen raus zu helfen.“, schmollt er halbherzig.

„Ach was, du solltest lieber das Gepäck ausladen!“, gibt Koji frech zurück und nimmt mit einem übermütigen Lachen Kyoko demonstrativ in die Arme.

„Ja, dir auch einen schönen Tag.“, kontert Ren grinsend, während er das Auto umrundet. „Hallo, Sakuya-kun.“, meint er fast beiläufig zu dem großen, breitschultrigen Mann in eng geschnittenen Jeans und lässigem Strickpullover, der gut einen Meter von Koji entfernt steht und diesen schmunzelnd bei seinem Tun beobachtet. „Kannst du deinen Liebhaber nicht mal stoppen?“

„Ach, lass ihn.“, antwortet der Angesprochene gelassen. „Gib ihm ein paar Minuten, dann wird sich sein Benehmen schon wieder normalisieren. Wenn ich ihn jetzt ausbremse, wird er uns noch den ganzen Tag auf den Geist gehen. Er ist schon seit vorgestern ganz zappelig vor lauter Vorfreude auf euren Besuch.“

Kyoko hat sich mühsam aus Kojis Armen befreit, der sich jetzt empört zu seinem Lebensgefährten umdreht.

„Wohl eifersüchtig, was?“, stichelt der junge Designer beleidigt.

„Nicht im Geringsten, Kleiner.“, gibt Sakuya ruhig zurück. „Aber ich würde es vorziehen, wenn du uns endlich mal vorstellen würdest, ich kenne die junge Dame da in deinen überaus entzückenden Armen nämlich bisher nur vom Hörensagen.“

„Oh.“, macht Koji kleinlaut. „Natürlich... Du hast Recht.“ Eilig holt er das Versäumte nach und stellt der einzigen Frau in der Runde seinen breitschultrigen Freund vor, der heute knallrote Strähnen in seinen halblangen, schwarzen Haaren hat.

>Wow!<, fährt es Kyoko indessen fasziniert durch den Kopf. >Sakuya Katsuragi! Der Sakuya...! Von Demonic Light ! Mensch, er ist fast so groß wie Ren! Ich wusste gar nicht, dass in Japan so viele, große Männer rumlaufen. - Auf den ersten Blick wirkt er ja ein bisschen bullig, aber wie er mit Koji umgeht, ... ist einfach zu süß...<

Leicht errötend verbeugt sie sich formvollendet zum Gruß.

„Hey, hey!“, winkt Sakuya verlegen ab. „Sei doch nicht so förmlich. Das macht einem ja Angst! Und bitte komm gar nicht erst auf die Idee, mich beim Nachnamen zu nennen.“

„Gern, Sakuya-san.“, antwortet Kyoko leicht verlegen.

„Sakuya- kun , bitte.“, verlangt der Sänger ebenso freundlich wie bestimmt.

„Okay.“, nickt Kyoko; nun wird sie doch noch ein wenig rot.

„Dann will ich aber auch!“, fordert Koji grinsend.

Das Rot in Kyokos Gesicht wird noch ein wenig tiefer. „Na gut, ... Koji-kun.“

„Dann wär das ja geklärt.“, meint Ren lachend und zieht das Mädchen in seine Arme. „Na, dann kann ich ja jetzt wohl meine Liebste zurückhaben.“, stellt er beiläufig fest.

Fröhlich plaudernd holen sie das Gepäck aus dem Kofferraum und begeben sich damit zum Haus, wo sie Aya bereits lächelnd erwartet und die Gäste herzlich begrüßt.

„Meine Güte!“, ruft sie begeistert, als sie Kyoko wieder aus den Armen entlässt und sie ein wenig von sich weg hält, um sie eingehend zu betrachten. „Mädchen, du bist ja noch hübscher geworden!“

Kyoko würde sich vor Verlegenheit am liebsten in Luft auflösen und die Farbe in ihrem Gesicht nähert sich der einer vollreifen Tomate an. Unwillkürlich suchen ihre Augen Rens Blick, der jedoch nur leicht nickend zurück grinst.

„Danke, Aya-san“, bringt sie schließlich leise heraus.

Koji Blick pendelt breit grinsend von Kyoko zu Ren und wieder zurück. „Das wird dann wohl die Liebe sein...“, kommentiert er schmunzelnd. Noch einmal mustert er Ren eindringlich ... und runzelt darauf die Stirn ein wenig. „Hmm, aber ehrlich gesagt, finde ich, dass die Beiden eigentlich ziemlich abgekämpft aussehen. – Na ja, bei Ren sieht man es ja nur, wenn man ihn gut kennt, aber Kyoko-chan...“, überlegt er laut. „Meine Güte, was hast du mit dem Mädchen angestellt, Ren-kun?!“, fragt er mit schlecht gespieltem Entsetzten und übertrieben hysterischem Stimmüberschlag.

Anscheinend hat er den jungen Schauspieler damit auf dem falschen Fuß erwischt. In einer Mischung aus Empörung und Verlegenheit stammelt dieser: „ Ich?! Gar nichts! “ Kaum hörbar fügt er noch ein „Jedenfalls nichts Schlimmes“ hinzu.

Koji hebt grinsend seine Augenbrauen und sieht seinen Lebensgefährten wissend an.

Ren sieht dem jungen Designer einen Moment lang entgeistert an, dann erst begreift er endlich, was dieser zu denken scheint.

„Hey!!“, verteidigt er sich. „Auch das nicht! Dafür hatten wir die letzten beiden Wochen kaum Zeit... Jedenfalls nicht so, wie du gerade zu denken scheinst.“

„Himmel!“, ruft Koji daraufhin. „Was ist denn dann passiert?!“

Sakuya hat damit begonnen, seinem Lebensgefährten fast beiläufig den Nacken zu kraulen, ... was auf diesen ganz offensichtlich eine stark beruhigende Wirkung hat.

„Lass die Beiden doch erst mal reinkommen, Koji.“, meint der Sänger gelassen.

Aya pflichtet ihm entschieden bei und so muss der junge Designer wohl oder übel nachgeben.
 

„Das Essen war ausgezeichnet, Aya-san“, meint Ren anerkennend, als die vier nach dem Mittagessen noch bei einem guten Tee zusammensitzen. „Vielen Dank.“

Aya-san freut sich leise lachend über sein Lob und wendet sich ein wenig überrascht Kyoko zu. „Du scheinst einen guten Einfluss auf ihn zu haben. Seit er dich kennt, ist sein Essverhalten jedenfalls deutlich besser geworden.“, sagt sie und wirft Ren einen anerkennenden Blick zu, den dieser nur mit einem Lächeln erwidert. Einen Moment noch mustert sie ihn von oben bis unten, dann schüttelt sie kaum merklich den Kopf. „Aber zugenommen hast du auch nicht, mein Junge.“

Koji, der neben ihr sitzt, fasst sie ein wenig unsanft am Arm. „Lenk nicht dauernd vom Thema ab!“, fordert er ungeduldig und rutscht dabei hibbelig auf seinem Gesäß hin und her. „Ich will endlich wissen, was passiert ist!“

Während er sich dabei langsam, aber sicher in Rage redet, streicht ihm Sakuya zunächst sachte über seinen Rücken, um dann zärtlich seinen Haaransatz zu kraulen.

Wie nicht anders zu erwarten, wird Koji daraufhin merklich ruhiger und atmet schließlich tief durch, bevor er weiter spricht.

„Also:“, wendet er sich zwar deutlich gelassener, aber dennoch mit einigem Nachdruck an Ren. „Raus mit der Sprache!“

Wie auf ein geheimes Stichwort schauen sich Ren und Kyoko an, laufen geradezu gleichzeitig rot an ... und grinsen schließlich verlegen vor sich hin.

Sakuya ist mit einem Mal sehr viel interessierter am Geschehen als bisher und rückt neugierig ein Stück weiter nach vorn, um die Beiden genauer beobachten zu können.

„Oh-ha!“, meint er schließlich.

Koji sieht seinen Lebensgefährten nur verständnislos an. „Häh?! Was?“

Sakuya lacht leise auf. Zärtlich streicht er seinem Freund über die Wange. „Was ist denn heute los mit dir, Kleiner?“, fragt er dann. „Hast du dich so auf den Besuch gefreut, dass dir dein Einfühlungsvermögen abhanden gekommen ist? – Komm schon, schau sie dir doch an!“

Noch einmal atmet der junge Designer tief durch und mustert die beiden jungen Schauspieler eindringlich, die inzwischen mysteriöserweise um die Wette zu strahlen scheinen.

Dann geht ihm endlich ein Licht auf.

„Nein!“, ruft er ungläubig. „Ihr habt euch verlobt?“

„Nicht so ganz.“, antwortet Ren grinsend. „Pack noch ein bisschen was drauf, dann hast du’s.“

Kojis Augen weiten sich verblüfft. „Ihr seid verheiratet?!“

Das junge Paar nickt verlegen.

„Oh, mein Gott!“, entfährt es Koji. „Herzlichen Glückwunsch!“

Auch die anderen erwachen aus ihrer überraschten Erstarrung und gratulieren den Beiden herzlich.

„Meine Güte!“, ruft Aya ganz aufgeregt aus, während sie erfolglos versucht, Ren über den Tisch hinweg in die Arme zu nehmen. „Meine allerbesten Wünsche erstmal! Na, du bist mir vielleicht einer!“ Kopfschüttelnd lacht sie auf und knufft den jungen Schauspieler auf den Arm; dann fällt ihr plötzlich etwas ein. „Dann muss ich aber mal ganz schnell eure Zimmer umdisponieren. – Das geht ja schließlich nicht, dass ein frisch verheiratetes Paar in getrennten Zimmern nächtigt.“

Mit leicht roten Wangen verabschiedet sie sich lachend und verlässt kopfschüttelnd den Raum.

„Aber wie kam denn das so plötzlich?“, will Koji wissen, als sie fort ist. „Ich gehe mal nicht davon aus, dass ihr das schon länger geplant hattet.“

„Nein, ganz und gar nicht.“, seufzt Ren, während er kurz Kyokos Hand drückt. Dann beginnt er, die Ereignisse der letzten Wochen kurz zusammenzufassen.
 

„Oh, mein Gott!“, ruft Koji ein paar Minuten später aus. „Deine Mutter muss ja eine schlimmere Furie sein als meine! – Und sie hat dir tatsächlich den strengen Sempai abgenommen, Ren-kun?!“

„Ja.“, bestätigt dieser grinsend.

„Sie muss blind sein oder so was.“, meint Koji verdutzt.

„Ach“, winkt Ren immer noch grinsend ab, „ich glaube, es war einfach von Vorteil, dass sie ernsthaft versucht hat, sich an mich ranzuschmeißen.“

Koji schlägt lachend die Hände vors Gesicht. „Waahh!“, ruft er, „Wie peinlich!“

Genau das findet Kyoko anscheinend auch, jedenfalls ist sie plötzlich ziemlich rot im Gesicht.

Sakuya hingegen, der sich bisher ziemlich zurückgehalten hat, findet die Vorstellung offenbar eher komisch. Mühsam versucht er, sein Lachen zu unterdrücken, bis er sich schließlich doch nicht mehr beherrschen kann und hemmungslos losprustet.

„Mann!“, platzt es einen Moment später aus ihm heraus. „Echt jetzt! ... Sempai!! “ Mit Tränen in den Augen klopft er sich auf den Oberschenkel. „Da hat sie wohl unbeabsichtigt den Bock zum Gärtner gemacht! – Klassischer Fall von Selbstüberlistung, würd’ ich mal sagen...“

Immer noch kann er sich kaum einkriegen und nach und nach stimmen auch die Anderen in sein ansteckendes Lachen ein.

„Aber wie hat sie reagiert, als ihr sie vor vollendete Tatsachen gestellt habt?“, fragt Koji schließlich neugierig, als er wieder halbwegs bei Atem ist.

„Vollkommen überrascht und reichlich aus der Fassung.“, antwortet Ren grinsend ... und in seinem Blick ist durchaus eine gewisse Schadenfreude zu erkennen.

„Einen Moment lang hat sie mir fast Leid getan, als sie da so ganz allein stand und offensichtlich so gar nicht mehr weiter wusste...“, wirft Kyoko ein wenig nachdenklich ein.

Ren sieht seine junge Frau leicht entsetzt an, dann lächelt er plötzlich. „Mensch, Kyoko“, sagt er leise, „manchmal bist du echt zu gut für diese Welt.“

Ein zartes Rosa breitet sich in Kyokos Gesicht aus. „Na ja, es muss ein ähnliches Gefühl für sie gewesen sein, wie damals bei mir, als sie so ohne jede Erklärung gegangen ist.“, erklärt sie verlegen.

„Nur mit dem winzigen Unterschied“, wirft er leise grummelnd ein, „dass du ein kleines Kind warst, als sie ... einfach abgehauen ist.“ Sanft zieht er sie zu sich heran und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. „Mitleid ist in ihrem Fall nun wirklich nicht angebracht, Hime-chan.“, rügt er sie zärtlich.

Koji tauscht hingerissen einen Blick mit Sakuya, der ihn darauf grinsend in seine Arme zieht.

„Soll ich dich auch Hime-chan nennen?“, raunt er ihm kichernd ins Ohr.

Sein Lebensgefährte haut ihm leise lachend auf dem Oberarm, was Sakuya mit einem gespielt beleidigtem Schmollmund quittiert.

Dann hält Koji plötzlich inne und sieht Ren neugierig an. „Sag mal, wissen deine Eltern eigentlich von der Hochzeit?“

Der junge Schauspieler verdreht kurz die Augen. „Ja, Takarada hat gepetzt.“

„Und?“ will Koji wissen.

„Ach, sie haben eigentlich ganz gut reagiert und erst mal einen Brief geschickt, in dem sie uns lieb gratuliert haben.“, berichtet Ren ein wenig verlegen. „Na ja, eigentlich hätte ich sie ja informieren müssen, aber – ganz ehrlich – ich hatte den Kopf voll mit anderen Dingen...“ Er seufzt leise. „Wird wohl langsam Zeit, mich mal mit meinem Vater auszusprechen. – Ich denke, wir sollten uns treffen, wenn wir die Beziehung offiziell machen können.“

Koji reiß überrascht die Augen auf. „Das hört sich ja richtig versöhnlich an.“

„Na, er hat halt auch signalisiert, dass er auch seinen Anteil an der verkorksten Beziehung hat.“, erklärt Ren verlegen.

„Hm, dann ladet sie doch einfach zur offiziellen Bekanntgabe ein.“, schlägt Sakuya vor. „Ich denke mal, um eine hochoffizielle Hochzeitsfeier werdet ihr doch dabei sowieso nicht rum kommen.“

„Vermutlich nicht.“, bestätigt Ren seufzend. „Schon allein, weil Takarada alles dransetzen wird, diese Hochzeitsfeier für PR-Zwecke auszuschlachten; und es wäre ja geradezu ein Affront, meine Eltern nicht dazu einzuladen. Außerdem lässt sich Takarada das bestimmt auch nicht entgehen... zumal er gut mit meinem Vater befreundet ist.“ Sein Blick wandert zu seiner frisch angetrauten Frau und plötzlich hat er ein breites Grinsen im Gesicht. „Da fällt mir was ein, Schatz: Wenn du meinen Vater triffst, mach am besten nicht den Fehler, ihn zum Essen einzuladen.“

Kyoko sieht ihn vollkommen verblüfft an, hatte sie doch im Stillen schon überlegt, was sie beim Besuch seiner Eltern schönes kochen könnte.

„Zumindest nicht, wenn du selbst kochst. Du würdest nämlich aus der Küche für die Dauer seines Besuchs nicht mehr raus kommen.“, erklärt er lachend.

Sakuya und Koji scheinen zu wissen, wovon er redet, denn sie stimmen in sein Lachen ein, wohingegen Kyoko noch immer reichlich verständnislos aus der Wäsche schaut. „Ist er so anspruchsvoll?“, fragt sie verunsichert.

„Na, es geht.“, meint Ren grinsend. „Aber sein Magen ist so eine Art schwarzes Loch. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viel Essen dieser Kerl in kürzester Zeit in seinem Bauch verschwinden lassen kann.“

Kyoko versteht und beschließt insgeheim, in nächster Zeit herauszufinden, um welche Mengen es sich dabei genau handelt ... und wie sie...
 

Später – am Abend – sitzen die drei jungen Männer in gemütlicher Runde zusammen und trinken Sake. Kyoko hat sich erboten Aya in der Küche zu helfen, denn diese hat spontan entschieden, dass es morgen zur Feier des Tages ein Festmahl geben soll. Und natürlich hat sich die patente Haushälterin nicht lange geweigert, die Hilfe anzunehmen, schließlich ist sie höchst neugierig auf Kyokos Kochkünste ... und obendrein ist das ja auch eine wunderbare Gelegenheit, etwas über die näheren Umstände der Hochzeit mit dem begehrtesten Junggesellen Japans zu erfahren.

„Dann auf deine Frau!“, ruft Sakuya gerade fröhlich, während er die Sakeschale zum Toast erhebt. „Wenn auch nur die Hälfte von dem wahr ist, was du über sie erzählt hast, dann werden die zwei Damen in der Küche sich gegenseitig so lange inspirieren, bis Kühlschrank und Speisekammer aus allen Nähten platzen.“ Er grinst übers ganze Gesicht und die Vorfreude ist ihm deutlich anzusehen.

Koji lächelt Ren mit leicht zuckenden Schultern entschuldigend zu. „Er liebt halt gutes Essen.“

„Jo.“, stimmt Sakuya gut gelaunt zu. „Und auf Tour gibt es meist nur so lieblosen Fraß. – Ich glaub, ich muss mal dringend mit unserem Management über das Catering sprechen...“

Während der junge Rockstar leise vor sich hin lächelt und offenbar im Moment von allerlei kulinarischen Genüssen träumt, verdreht Koji nur ein wenig genervt sie Augen und wendet sich wieder Ren zu.

„Hmm, Ren–kun...“, meint er nachdenklich, „eins geht mir nicht aus dem Kopf... Hast du eine Ahnung, was der alte Takarada noch mit Kyoko-chans Mutter zu bereden hatte?“

„Doch, hab ich.“, antwortet der junge Schauspieler ernst. „Unser Big Boss konnte das nämlich doch nicht ganz für sich behalten, wahrscheinlich kann ich schon froh sein, dass Kyoko nichts davon mitbekommen hat.

Zuerst hat er ihr wohl noch mal ordentlich die Leviten gelesen und ihr vorgehalten, was er über sie raus gefunden hat. Und dann hat er ihr eine deftige Abfindung geboten, wenn sie aus Kyokos Leben verschwindet und sich bereit erklärt, Stillschweigen in dieser Angelegenheit zu wahren.“

„Und sie hat das Geld genommen.“, vermutet Sakuya grimmig.

Ren nickt. „Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. – Der Betrag war so hoch, dass sie nach seiner Aussage vor Gier gezittert hat.“

„Wie viel?“, fragt Koji leise.

„Satte 80 Millionen Yen“

Sakuya pfeift überrascht durch die Zähne, während Koji nur der Unterkiefer nach unten klappt.

„Wieso so viel?“, hakt Sakuya fassungslos nach. „Das ist ja ein Vermögen!“

„Er meinte, er wolle sicher gehen, dass wir nie wieder etwas von ihr hören.“, erklärt Ren leise. Er hat ihr dringend angeraten, das Geld gut anzulegen und am besten weit fort zu ziehen. Und er hat sie eindringlich gewarnt, diese Geschichte an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen.“

„Ach so“, meint Koji, „dann ist der Betrag vor allem deshalb so hoch, damit sie nicht in Versuchung gerät, die Geschichte an die Presse zu verkaufen.“

„Jep.“, bestätigt Ren. „Wenn sie seinen Rat befolgt, wird sie recht gut von dem Geld leben können.“

„Weiß Kyoko-chan davon?“, will Koji wissen.

„Um Himmels Willen, nein! Und ich will auch nicht, dass sie davon erfährt. – Irgendwie ist es doch, als hätte ihre Mutter sie jetzt zum zweiten Mal verkauft.“

„Stimmt.“, findet Sakuya. „Auch wenn der Preis außerordentlich hoch war. Außerdem würde sie sich Takarada-san gegenüber bestimmt zu sehr verpflichtet fühlen...“

„Mit ziemlicher Sicherheit.“, seufzt Ren. „Ich hatte ihm zwar angeboten, ihm das Geld zurückzuzahlen, aber er hat ganz entrüstet abgelehnt. Und das, obwohl er das Geld aus seinem Privatvermögen genommen hat. – Ihm muss wirklich persönlich was an ihr liegen, das ist nämlich sonst nicht seine Art.

Ich hoffe jedenfalls, dass diese leidige Geschichte damit wirklich endgültig vom Tisch ist. Es wird noch genügend Trubel und Schwierigkeiten in unserem Leben geben, da muss so was nicht auch noch sein...“ Ren hält einen Moment inne, als sei ihm etwas eingefallen, dann grinst er plötzlich von einem Ohr zum anderen. „Aber wo wir gerade hier so unter uns sitzen... Du hast doch gesagt, dass der Kimono für Kyoko fertig ist.“

Koji überlegt einen Augenblick.

„Na ja“, meint er dann zögernd, „eigentlich ist er schon fertig; aber da ich ja nicht wusste, dass sie bereits verheiratet ist, hab ich ihn natürlich mit lang herunterhängenden Ärmeln gemacht, also quasi als Jungmädchen-Kimono. Die Frage ist jetzt somit, ob ich die Ärmel noch kürzen soll; ist grundsätzlich kein großes Problem und könnte morgen früh fertig sein.“

„Hm“, mischt Sakuya sich nachdenklich ein, „dann könnte sie ihn allerdings definitiv nicht in der Öffentlichkeit tragen, solange ihr euch noch nicht ... ähm ... geoutet habt.“

Ren grinst schräg, als er antwortet. „Ach, ich kann ja schon froh sein, wenn sie den Kimono überhaupt freiwillig anzieht, öffentlich wird sie ihn vorerst ganz sicher nicht tragen ...auch wenn sie die Sache mit ihrer Vergangenheit anscheinend seit ein paar Tagen ad Acta gelegt zu haben scheint.“

„Also kürzen.“, stellt Koji grinsend fest und scheint in Gedanken bereits bei der Planung zu sein. „Hmm, Kyoko ist ja anscheinend beschäftigt... Dann lass uns doch gleich ins Atelier rüber gehen, damit ich mich jetzt sofort daran machen kann.“

„Wie lange wirst du brauchen?“, will Sakuya wissen.

„Eine Stunde etwa, vielleicht sogar noch weniger.“, meint Koji zuversichtlich.

„Gut.“, verkündet Sakuya lächelnd. „Dann geh ich jetzt in die Küche und passe auf, dass die Ladies weiter beschäftigt bleiben.“ Liebevoll wuschelt er seinem Freund durch die Haare und macht sich dann breit grinsend und fröhlich pfeifend auf den Weg in die Küche.

Im ersten Moment kann Koji seinem Freund nur sprachlos hinterher schauen, erst als er außer Hörweite ist, beginnt er pikiert zu schmollen. „Der will doch bloß vom Essen naschen, der Vielfraß...“, murmelt er.

„So viel wie mein Vater kann er unmöglich verdrücken.“, stellt Ren trocken fest und holt Koji damit wieder ins Hier und Jetzt zurück. „Komm!“, sagt er und schiebt den jungen Designer unbarmherzig an den Schultern aus dem Raum. „Je eher du fertig bist, desto eher kannst du ihn dir wieder zurückholen.“

So was wie Honeymoon?

Hallo, ihr Lieben!

Bevor ich beginne, noch eine kleine Bitte an meine hoch geschätzten Kommi-Schreiber:

Wenn ihr euren Nick ändert, schickt mir doch bitte eine kurze Nachricht. Mitunter ist es nämlich ziemlich aufwändig, die neuen Namen herauszufinden. – Es sei denn, ihr wollt sowieso keine Benachrichtigung per ENS mehr haben... ☺
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Gut.“, verkündet Sakuya lächelnd. „Dann geh ich jetzt in die Küche und passe auf, dass die Ladies weiter beschäftigt bleiben.“ Liebevoll wuschelt er seinem Freund durch die Haare und macht sich dann breit grinsend und fröhlich pfeifend auf den Weg in die Küche.

Im ersten Moment kann Koji seinem Freund nur sprachlos hinterher schauen, erst als er außer Hörweite ist, beginnt er pikiert zu schmollen. „Der will doch bloß vom Essen naschen, der Vielfraß...“, murmelt er.

„So viel wie mein Vater kann er unmöglich verdrücken.“, stellt Ren trocken fest und holt Koji damit wieder ins Hier und Jetzt zurück. „Komm!“, sagt er und schiebt den jungen Designer unbarmherzig an den Schultern aus dem Raum. „Je eher du fertig bist, desto eher kannst du ihn dir wieder zurückholen.“

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So was wie Honeymoon?
 

Kyoko blinzelt sich in aller Ruhe den Schlaf aus den Augen. Draußen ist es bereits hell, doch irgendwie fehlt ihr heute Morgen der vertraute, innere Drang, sofort aus dem Bett zu springen und sich an die Arbeit zu machen, ... welche Arbeit auch immer...

Seltsamerweise fehlt ihr dieser sonst so bohrende Antrieb - >Nein, Zwang!< , fährt es ihr blitzartig durch den Kopf – schon einige Tage. Glücklich registriert sie, um wie viel angenehmer das Aufwachen am Morgen allein schon durch diese Tatsache ist.

>Da fängt der Tag doch gleich viel besser an.<

Genüsslich kuschelt sie sich noch ein wenig tiefer in die Arme ihres frisch angetrauten Mannes, die sie offenbar die ganze Nacht liebevoll umfangen haben und atmet versonnen seinen leicht herben Duft, der sich harmonisch mit den letzten Resten seines Eau de Toilettes vermischt hat, während sie verträumt ihre Gedanken schweifen lässt.

>Wie kann ein Mensch nur so gut riechen? So beruhigend, so einhüllend und doch so ... so stark und ... männlich?< Unwillkürlich breitet sich ein zartes Rosa in ihrem Gesicht aus und sie steckt geradezu reflexartig und verlegen lächelnd ihren Kopf unter die Bettdecke ... um dort hemmungslos die wunderbare Geborgenheit, die Rens Duft in ihrem Innern auslöst, zu genießen.

Schließlich taucht sie - immer noch lächelnd - wieder über der Decke auf und dreht sich vorsichtig in seinem Armen herum, um ihn ausgiebig betrachten zu können.

Verliebt beobachtet sie, wie er langsam aufwacht, sie – noch im Halbschlaf - vorsichtig streichelt, seine Glieder ein wenig streckt, um schließlich mit einem leisen Seufzen lächelnd die Augen zu öffnen.

„Morgen, Koon.“, sagt sie leise.

Ren gibt ihr einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. „Morgen, Hime-chan. Gut geschlafen?

„Ja, sehr gut.“, haucht sie und denkt im gleichen Augenblick daran, dass sie in seinen Armen eigentlich immer gut schläft.

Wohlig räkelt sie sich und streichelt dann sanft mit dem Daumen über sein Kinn, ... was ihm ein heiliges, ja geradezu seliges Lächeln entlockt.

Eine ganze Weile noch liegen sie eng aneinander gekuschelt beieinander, bis Kyoko schließlich einen Blick auf die im Zimmer hängende Uhr wirft und sich darauf leise seufzend aus seinen Armen zu befreien sucht.

Lachend hält Ren sie zurück, indem er sie noch fester an sich zieht.

„Wo willst du denn jetzt schon hin, Hime-chan?“, feixt er gut gelaunt.

„Na, aufstehen, mich fertig machen und dann eine Runde laufen. Wie immer.“, antwortet sie verdutzt. Schließlich ist sonst eher Ren derjenige, der auf das morgendliche Training – und zwar ohne jede Ausnahme – besteht.

Ren grinst von einem Ohr zum anderen. „Heute nicht, Liebes.“, verkündet er gelassen.

Kyoko sieht ihn nur verwirrt an. Erst vor ein paar Tagen hatte sie ihn - vergeblich – gebeten, das Training auf den Abend zu verschieben, weil es tags zuvor doch recht spät geworden war.

„Aber...“, stammelt sie verblüfft. „Übermorgen beginnen die Dreharbeiten...“

„Eben.“, unterbricht sie der junge Schauspieler. „Ich denke, wir sind fit genug ... und es hat sich als günstig erwiesen, wenn man die letzten beiden Tage vor Drehbeginn nur noch Dinge tut, die nichts mit dem Film zu tun haben. Jedenfalls wenn es sich um einen Spielfilm handelt.

Außerdem möchte ich dich jetzt noch einmal ganz bewusst so genießen, wie du jetzt aussiehst.“

Gefährlich lächelnd – der „Eroberer der Nacht“ dringt ihm gewissermaßen aus jeder Pore – rollt er über sich über sie, streichelt sinnlich über ihr Haar und küsst sie dann so leidenschaftlich, dass Kyoko darüber ihre spontan aufgetretene Verlegenheit praktisch augenblicklich wieder vergisst.

Als er sich wieder von ihr löst, um sie nochmals eindringlich zu betrachten, hat sich ein seltsam vorfreudiges Grinsen in seinem Gesicht ausgebreitet.

„Übermorgen wird meine kleine, manchmal ein wenig naive, auf jeden Fall jedoch ausgesprochen süße Kyoko-chan nämlich vermutlich für ein Weilchen in der Versenkung verschwinden.“, behauptet er leise lachend.

Kyoko sieht ihn nur verständnislos an; sie versteht offensichtlich nicht das Geringste.

Ren lacht erneut leise auf.

„Wenn der Stylist dich in den Fingern hatte, wirst du wahrscheinlich kaum wieder zu erkennen sein. Die Rolle erfordert es einfach.“, erklärt er amüsiert.

Kyoko sieht ihn lange forschend an, eine Spur von Entsetzen ist plötzlich in ihrem Blick. „Und du würdest lieber alles beim Alten lassen?“, fragt sie vorsichtig.

Ren gibt einen zärtlichen Kuss auf die Stirn und lacht.

„Sagen wir es so:“, erläutert er gut gelaunt, „Wenn es nicht um die Rolle ginge, sähe ich nicht die geringste Veranlassung, irgendetwas an deinem Äußeren zu ändern. Du bist meiner Meinung nach absolut perfekt, so wie du bist. – Aber ich freue mich darauf, eine andere Seite an dir kennen zu lernen. Ich bin wahnsinnig gespannt, was dabei heraus kommt.

Außerdem wird es dir helfen, besser in die Rolle hinein zu finden ... so wie ich dich kenne.“

Kyoko wird postwendend rot, ... obwohl sie eigentlich gar nicht so genau weiß, warum.

„Ich kann eben nicht anders“, murmelt sie schließlich, „entweder ich kann mich ganz in eine Rolle hineinversetzen oder gar nicht .

„Da gibt es überhaupt nichts zu entschuldigen.“, meint Ren ernst. „Das ist eben so. Entweder du bist in dem Moment die Person, die du spielen sollst ... oder du kannst die Rolle nicht anständig spielen. So was ist ganz einfach nur eine ganzheitliche Methode, wie sie Schauspieler auf der ganzen Welt benutzen. Jedenfalls solche, die sich auch mit Recht so nennen dürfen.“

„Wirklich?“, hakt Kyoko ungläubig nach.

„Ja, Kyoko. Es gibt in Amerika Schauspielschulen, die ausschließlich so unterrichten, dass ihre Schüler es genau so lernen, wie du es von Natur aus tust. Du befindest dich da jedenfalls in allerbester Gesellschaft. – Allerdings machen sich die meisten Schauspieler die Mühe, eine Figur wirklich zum Leben zu erwecken, nicht für einen Werbespot oder eine Nebenrolle in einem Durama [gesprochen: Drama = japanische Telenovela]“

Kyoko errötet erneut. Ihr will absolut keine Entgegnung dazu einfallen und so suchen ihre Augen hektisch das Zimmer ab, um irgendein Gesprächsthema zu finden, mit dem sie von ihrer Verlegenheit ablenken kann. Sie findet nichts.

Doch genau das macht sie schließlich stutzig.

„Sag mal, wieso hast du deine neue Kaffeemaschine eigentlich nicht mitgenommen?“, fragt sie leicht schmollend. „Da schenk ich dir schon extra eine mit einem Köfferchen zur Hochzeit, damit du auch auf Reisen richtig guten Kaffee trinken kannst, statt dieser widerlichen Plörre aus den Automaten ... oder dem abgestandenen Zeug aus irgend so einer schmutzigen Büromaschine ... und dann lässt du sie einfach zu Hause stehen... Das wäre doch heute, die Gelegenheit gewesen, sie unterwegs auszuprobieren.““

„Nun“, antwortet Ren, vor Vorfreude grinsend, „ich hab sie nicht mitgenommen, weil wir heute keinen Kaffee trinken werden. Weder ich noch sonst wer.“

„Aha?“, macht Kyoko.

„Ja. Heute gibt es nämlich ein klassisch japanisches Frühstück ... und das hat auch seinen Grund.“ Das Grinsen des jungen Schauspielers droht nun fast sein Gesicht zu sprengen.

Kyoko hat so eine dunkle Ahnung, allerdings lässt sie sich nichts anmerken und sieht ihren Gatten nur stumm und erwartungsvoll an.

Irgendwie ist Ren nun doch ein wenig enttäuscht, dass sie so gar kein Theater macht. Jedoch geht er schnell darüber hinweg und freut sich stattdessen schon im nächsten Moment diebisch darauf, sie gleich in dem von Koji genähten Kimono betrachten zu können.

Noch einmal küsst er sie kurz, dann steht er mit einer erstaunlich geschmeidigen Bewegung auf und holt – immer noch breit grinsend – eine Kiste aus dem Kleiderschrank.

Kyoko sagt immer noch nichts. Sie hat sich lediglich ein wenig aufgesetzt und beobachtet gespannt, wie er die Kiste auf dem Futon abstellt. Unauffällig versucht sie, einen Blick auf den Inhalt zu erhaschen, als er sie öffnet.

Ren schüttelt lächelnd den Kopf, als er es bemerkt. „Noch nicht, Liebling. Mach bitte die Augen zu.“

Kyoko tut seufzend wie ihr geheißen.

Ren nimmt einen kleinen Seidenschal aus dem Behälter, den Koji ihm auf seine Bitte hin oben auf den Kimono gelegt hat und verbindet Kyoko damit die Augen. Dann hilft er ihr behutsam aus dem Bett, stellt sie mitten ins Zimmer ... und beginnt unter sanften Küssen und sachte streichelnden Handgriffen, seine junge Frau langsam bis auf die Unterwäsche auszuziehen.

Kyoko kann zwar nicht verhindern, dass sie flammend rot anläuft, lässt ihn jedoch ansonsten kommentarlos gewähren und genießt dabei insgeheim seine zärtlichen Berührungen.

Bedächtig nimmt Ren den Unterkimono aus der Kiste und hält einen Moment inne. Kurz entschlossen legt er ihn noch einmal beiseite und holt einige von Kyokos Haarklammern aus ihrem Badekörbchen, das sie am Vorabend griffbereit auf der Kommode abgestellt hatte. Mit ein paar Handgriffen steckt er seiner Frau die Haare hoch.

Kyoko laufen unwillkürlich heiße Schauer durch den ganzen Körper als er ihre Haare berührt, kaum hörbar seufzt sie auf und auf ihrer Haut breitet sich unaufhaltsam eine leichte Gänsehaut aus.

Koon grinst zufrieden, als er ihre Reaktion bemerkt. Flüchtig haucht er ihr einen Kuss auf die Schulter und nimmt dann den Unterkimono hoch, den er ihr mit erstaunlich geübten Griffen behutsam anlegt.

Langsam und zärtlich kleidet er sie an, nur hier und da fordert er sie stumm auf, etwas festzuhalten oder die Position der Arme leicht zu verändern ... und selbst beim Anlegen des Obi kann Kyoko zu ihrer Überraschung keinerlei Unsicherheiten in seinem Tun feststellen. Offenbar arbeitet er zwar hochkonzentriert, doch scheint er gleichzeitig auch außerordentlich zu genießen, was er da tut.

Kyoko errötet erneut. So zärtlich hat ihr noch niemals jemand beim Ankleiden geholfen, ... geschweige denn, dass es jemals jemand mit solchem Eifer und ebensolchem Vergnügen gleich vollständig für sie übernommen hätte...

Ein paar Sekunden später kommt ihr ein anderer Gedanke...

Ihr Ehemann indessen überprüft noch einmal den Sitz von Kimono und Obi und tritt vor sie, um sie eingehend zu betrachten, bevor er ihr schließlich die Augenbinde wieder abnimmt.

Genau in diesem Moment geht Kyoko ein Licht auf; weshalb sie weder einen Blick für den prächtigen Kimono noch für den höchst zufriedenen Blick ihres Ehemannes hat.

Deshalb lag diese Lehr-DVD übers Kimono-Anziehen letzte Woche bei dir im Wohnzimmer!“, ruft sie verdutzt. „Und ich dachte, die wäre für irgendeine Rollenrecherche gewesen!“

Nun ist es doch tatsächlich Ren, der ein wenig rot wird.

„Na ja“, erklärt er verlegen, „Yukihito-kun hat sich ja geweigert als Übungsobjekt herzuhalten ... und Rina-san wollte er mir auch nicht überlassen... Ich hoffe, ich hab trotzdem alles richtig gemacht.“

Kyoko lächelt gerührt. „Ich hab zwar nichts gesehen, aber ich glaube schon, es fühlte sich jedenfalls richtig an.“

Um ihre Aussage zu überprüfen, schaut sie nun zum ersten Mal an sich herab, damit sie sein Werk begutachten kann ... und sieht dabei auch erstmals die wundervolle, schwere, dunkelblaue Seide mit ihrem goldfarbenen Phönixmuster und den magentafarbenen Obi, der prachtvoll mit goldenen Drachen bestickt ist. Kyoko bleibt vor Staunen der Mund offen sehen und ihre Augen werden feucht.

>Oh, mein Gott!<, fährt es ihr durch den Kopf. >Ich muss ja aussehen wie eine vornehme Dame!< Sie betrachtet ungläubig die Ärmel. >...wie eine verheiratete Dame!<

Sie braucht einige Momente, um sich wieder zu fangen, während derer Ren sie grinsend und offensichtlich höchst zufrieden beobachtet.

„Meine Güte!“, bringt das Mädchen schließlich heraus. „Woher hast du schon wieder...“

„Die Seide hab ich zufällig in Hong Kong entdeckt.“, unterbricht sie ihr Mann lächelnd. „Der Rest war Kojis Werk.“

„Aber vermutlich nach deinen Vorgaben.“, stellt Kyoko trocken fest, ... doch ihre Augen strahlen.

„Stimmt.“, gibt Koon unumwunden zu ... und setzt dabei einen Dackelblick auf, der selbst Steine zum Schmelzen bringen könnte. „Böse?“

„Nein.“, meint Kyoko mit einem angedeuteten Lächeln. „Aber dir ist schon klar, dass ich den Kimono vorerst nur zu Hause oder allenfalls hier tragen kann? Ich mein, ansonsten könnten wir es auch gleich selbst in die Zeitung setzen, dass wir verheiratet sind.“

„Ich weiß, Schatz“, stimmt Ren ihr grinsend zu, während er sie liebevoll in seine Arme schließt. „aber – ehrlich gesagt – bin ich schon froh, dass du mir wegen dieses Geschenks nicht die Hölle heiß machst. – Oder kommt das noch?“

„Wir werden sehen.“, meint sie nüchtern und überlegt einen Moment. Nur Sekunden später hat sie ein verschmitztes Funkeln in den Augen, das Ren nichts Gutes ahnen lässt.

„Na gut.“, sagt sie streng. „So ganz ohne Buße kommst du mir diesmal nicht davon. – Stell dich da hin!“

Ein wenig unsanft führt sie ihn zum Wandschrank.

„Wo ist der Kimono, den du zu tragen gedachtest?“

„Rechts im Schrank.“, antwortet Ren leicht verunsichert.

„Gut.“

Ohne weiter auf ihren jungen Mann einzugehen, nimmt sie die Kiste mit dem Herrenkimono aus dem Schrank, setzt sich im Seiza von ihn auf den Boden, legt die Kiste vorsichtig auf den Tatami-Matten ab und breitet die einzelnen Kimonoteile sorgfältig auf dem Boden aus.

Dann erhebt sie sich elegant wieder aus dem Kniesitz und holt die seidene Augenbinde, die Ren zuvor aufs Futon hat fallen lassen.

Energisch drückt sie ihm das Stück Stoff in die Hand.

„Los, mach schon!“, fordert sie rigoros. „Verbinde dir die Augen!“

Verblüfft tut Koon, was sie von ihm verlangt ... und kann sich schließlich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Freu dich nicht zu früh, mein Lieber!“, kommt es trocken aus ihrer Richtung. „Wehe, du bewegst dich ohne meine ausdrückliche Anweisung!“

Langsam umrundet sie ihren nun blinden Mann, der dort nur in Boxershorts vor ihr steht und lässt dabei eine Hand in Hüfthöhe über seine Haut gleiten. Und diesmal ist sie es, die sich ein Grinsen nicht verkneifen kann.

Als Ren spürt, wie ihre Hand sachte und gemächlich über seine Haut fährt, begleitet vom Rascheln der Seide, die ab und zu kühl seine Haut streift, wird ihm schlagartig klar, was hier seine Strafe sein wird...

Kyoko indessen lässt wieder von ihm ab und tritt einen Schritt zurück, um ihn für einen Augenblick zu beobachten. Wie er so halbnackt da steht, die Muskeln vor nervöser Erwartung leise zuckend, wird ihr unwillkürlich heiß. Ein paar Mal muss sie tief durchatmen, bevor sie sich endlich dem Kimono ihres Mannes zuwendet und beginnt – ebenso langsam und behutsam wie Ren zuvor – ihn anzukleiden.

Sorgfältig achtet sie darauf, immer wieder seine bloße Haut zu berühren, federleicht nur, beinahe wie ein sachter Windhauch ... und registriert mit einem zufriedenen Lächeln, dass er sich offensichtlich schwer beherrschen muss, um nicht einfach auf der Stelle über sie herzufallen. Seine Arme zucken leicht an seinen Seiten, als sie den Kragen noch einmal auf seinen Sitz hin kontrolliert und als sie schließlich um ihn herum greift, um ihm den Obi anzulegen, bemerkt sie, dass sein gesamter Körper vor Erregung leise zittert. Doch noch immer hält er sich strikt an ihre Anweisungen und bewegt sich keinen Millimeter von seinem zugewiesenen Platz.

Kyoko durchflutet mit einem Mal eine Welle zärtlicher Zuneigung; sie kann einfach nicht umhin, ihm für seine Charakterstärke höchsten Respekt zu zollen ... und so löst sich der ohnehin nur klägliche Rest ihres Unmuts in Sekundenbruchteilen in einem warmen Lächeln auf.

Liebevoll beendet sie ihr Werk, nimmt ihm die Augenbinde wieder ab und stellt sich auf die Zehenspitzen, um ihn zärtlich auf den Mund zu küssen.

Ren sieht sie im ersten Moment verwundert an und zögert einen Augenblick, während er beobachtet, wie sie ihn mit geschlossenen Augen und einem hinreißenden Lächeln im Gesicht küsst. Dann schließt er sie ebenso fest wie zärtlich in seine Arme, um den Kuss nun leidenschaftlich zu erwidern.

Als er sich wieder von ihr löst, grinst er sie verschmitzt an. „Ich hoffe, ich durfte mich wieder bewegen.“

Kyoko lächelt nachsichtig. „Wenn du es nicht gleich wieder ausnutzt, lasse ich es dir diesmal durchgehen. – Ausnahmsweise.“

„Ihr seid ausgesprochen großzügig, werte Gattin.“, wispert er leise in ihr Ohr.

Kyoko laufen erneut heiße Schauer durch den Körper, als sie den sanften, warmen Lufthauch an ihrem Nacken spürt. Mühsam reißt sie sich zusammen, um sein Spiel – wenigstens vorerst - mitzuspielen.

„Das liegt vermutlich nicht zuletzt daran, dass Euer Charme mitunter unwiderstehlich ist, geliebter Ehemann.“, antwortet sie schließlich trocken.

„Das Kompliment kann ich Euch ohne Bedenken zurückgeben, meine Liebe.“, gibt Ren leise lachend zurück. Dann sieht er ihr tief in die Augen und fügt leise hinzu: „Und darüber hinaus seid Ihr derart schön, dass es mir schier den Atem raubt, Hime-sama.“

Sanft küsst er sie auf die Stirn.

Kyoko wird unweigerlich rot und kann nur mit leicht rauer Stimme darauf antworten. „Ihr seid ein Süßholzraspler, mein Lieber“, wirft sie ihm halbherzig vor, „und ein ausgezeichneter Schauspieler.“

„Das mag sein, mein geliebtes Eheweib“, meint Ren ernst, „aber hier in euren Armen ist der einzige Ort, an dem ich ganz so sein darf wie ich bin ... und auch nicht das geringste Bedürfnis oder gar eine Notwenigkeit entdecken kann, mich einer Maskierung, welcher Art auch immer, bedienen zu müssen. – Ihr wisst gar nicht, was mir das bedeutet, teure Gemahlin. Dafür bin ich Euch wahrlich zu tiefstem Dank verpflichtet.“

Kyoko errötet erneut. „Aber... Ich habe doch gar nichts gemacht, das Eure Dankbarkeit in irgendeiner Weise gerechtfertigt erscheinen lassen würde.“, murmelt sie verlegen.

Ren lächelt weich, nimmt sie wieder ein wenig fester in die Arme und drückt ihr noch einmal einen zärtlichen Kuss auf die Stirn.

„Das musstest du auch gar nicht, Kyoko.“, sagt er leise. „Es reicht, dass du einfach nur für mich da bist.

Lass uns frühstücken gehen, ich hab langsam Hunger.“

Kyoko ist im ersten Augenblick reichlich verwirrt wegen seines abrupten Themenwechsels, doch schließlich lacht sie auf.

„Du?! Hunger?!“, fragt sie grinsend. „Du willst mich doch bloß vorführen.“

„Und wenn schon.“, verteidigt sich Ren gut gelaunt. „Ich hab doch sonst nicht oft Gelegenheit, mal ein bisschen mit meiner schönen Frau anzugeben.“

Kyoko beißt sich beschämt auf die Unterlippe; eigentlich hatte sie an das Wort „vorführen“ eher im Sinne von „blamieren“ gedacht...

Plötzlich fällt ihr siedendheiß etwas ein. „Oh!“, ruft sie peinlich berührt. „Vielleicht wären wir besser vor dem Anziehen ins Bad gegangen. – Jetzt kommt nur noch eine Katzenwäsche in Frage.“

„Das ist wahr.“, stimmt Renn lachend zu. „Aber mal abgesehen davon, dass wir gestern Abend ja ausgiebig gebadet haben... Ich liebe deinen Eigengeruch.

Darf ich mich gleich ganz nah neben dich setzen?“

Kyoko verdreht gespielt genervt die Augen. „Na gut, du Quälgeist.“
 

Als die Beiden ein paar Minuten später im Frühstücksraum erscheinen, geht ein Raunen durch die kleine Schar der Wartenden, Sakuya pfeift sogar anerkennend durch die Zähne, als sein Blick auf Kyoko fällt. Er lümmelt sich gerade in schwarzer Hakama und dunkelroter Keiko-Gi auf dem Sitzkissen und stellt nun seine Teetasse ab, um sich die junge Frau genauer anzusehen, ... während Kyoko zwei Mal blinzeln muss, weil sie gerade die absurde Vorstellung überfällt, dass dort am Tisch ein cooler Ronin aus einer dieser historischen Vorabend-Serien sitzt.

„Alle Wetter!“, meint Sakuya mit einem anerkennenden Seitenblick zu seinem Liebsten. „Da hast du wahrhaftig nicht übertrieben, als du so von der Seide geschwärmt hast. – Meine Fresse, Kyoko-chan! Du siehst einfach sensationell aus in dem Teil!“

Aya macht eine Geste, als wolle sie Sakuya mit der Hand auf den vorlauten Mund schlagen.

„Also, ich würde es nicht so grobschlächtig ausdrücken.“, sagt sie dann zu Kyoko, die mit hochrotem Kopf noch immer an der Tür steht. „Aber in der Sache hat er durchaus Recht... – Setzt euch doch bitte.“

Ren, der ein ziemlich stolzes Grinsen im Gesicht trägt, schiebt Kyoko behutsam zu ihren Plätzen am Tisch. „Ich hoffe, wir haben euch nicht warten lassen.“, entschuldigt er sich.

„Ach was.“, winkt Aya lächelnd ab. „Macht euch keine Gedanken; frisch verheiratete Paare sollte man morgens schließlich nicht unnötig aus dem Schlaf reißen.“

„Oder aus wichtigeren Tätigkeiten...“, fügt Sakuya mit einem ausgesprochen breiten Grinsen hinzu.

Aya droht ihm wieder empört mit der Hand.

„Freundchen!“, ruft sie ungehalten. „Hast du gar keine Kinderstube?! – Vielleicht sollte ich indiskreterweise mal ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern, ihr Beide wart nämlich heute Nacht nicht gerade leise, mein lieber Sakuya-kun!“

„Tu, was du für richtig hältst, Aya-san.“, antwortet Sakuya gelassen. „Ich habe damit nicht die geringsten Probleme.“

„Aber ich !!“, protestiert Koji mit hochrotem Kopf. „Also hör bitte auf, so peinliche Gespräche schon am Frühstückstisch zu führen!“ Murmelnd fügt er noch hinzu: „Mann, das ist echt ein bisschen viel auf fast nüchternen Magen...“

Sakuya greift beherzt nach Kojis Schultern und zieht ihn dicht zu sich heran, ein ganz und gar anzügliches Grinsen im Gesicht. „Das hörte sich aber vorhin im Bad noch ganz anders an.“, flüstert er ihm ins Ohr.

Koji wird dermaßen rot, dass man glatt meinen könnte, dass ihm jeden Moment Dampf aus den Ohren pfeifen müsste. Er schluckt schwer und würde ganz offensichtlich am liebsten im Erdboden versinken. Auch Kyokos Gesicht ziert ein zartes, verlegenes Rosa.

Sakuya indessen wendet sich wieder dem Frühstückstisch zu, ganz so als sei nicht das Geringste gewesen, nur das breite Grinsen, das von einem Ohr zum anderen reicht, verrät, wie sehr ihn diese Situation amüsiert.

„Itadakimasu!“, meint er an Ren und Kyoko gewandt und schiebt sich dann kommentarlos mit den Stäbchen ein Stück Fisch in den Mund.

„Er hat Recht.“, versucht Aya die Situation wieder ein wenig zu normalisieren. „Lasst es euch schmecken.“

Kyoko greift ebenso wie Ren nach ihren Stäbchen und ist gerade ausgesprochen dankbar, dass Koon gegen Sakuya-kun geradezu ein Unschuldslamm zu sein scheint...
 

Nicht zuletzt Dank Ayas ausgezeichneten Kochkünsten kommen die Tischgespräche schnell wieder in unverfänglichere Bahnen.

Schließlich jedoch legt Koji leise ächzend seine Stäbchen beiseite, reibt zufrieden lächelnd seinen offenbar gut gefüllten Bauch und mustert Kyoko eine Weile nachdenklich. Dann lässt er seinen Blick leicht abwesend auch zu Ren und Sakuya schweifen ... und ist mit einem Mal wie elektrisiert.

Sakuya horcht auf und setzt sich gerader hin. „Oh, Mann, jetzt küsst ihn gerade die Muse.“, meint er vorgeblich genervt. „Das gibt Arbeit ... für uns.“

Kyoko schaut ihn verständnislos an, doch Ren streift sie sachte am Oberarm und erklärt leise: „Vermutlich hat er gerade einen zündenden Einfall. - ...und wird uns als Modelle missbrauchen.“, fügt er glucksend hinzu.

Koji ist eine Winzigkeit beleidigt, jedoch lässt ihn sein Einfall sofort wieder lächeln.

„Wenn ich dürfte...“, bettelt er schüchtern. „Ich habe gerade eine wunderbare Idee für eine originelle Kimono-Kollektion; ...eine Art Synthese aus traditionellem Stil und modernem Design mit tragbaren, alltagstauglichen Schnitten.“

Er hat plötzlich ganz glänzende Augen bekommen. „Ich weiß noch nicht, ob nur für die Bühne oder auch...“, überlegt er laut; dann wendet er sich wieder an die anderen. „Bitte, ... können wir gleich mal rüber ins Atelier? - Es würde mir sehr helfen, wenn ich mit eurer Hilfe ein paar Fotos und Skizzen machen könnte. – Sonst ist die Idee nämlich nachher futsch, wenn ich die Zeit zum Ausarbeiten hab.“

„In Ordnung.“, stimmt Ren breit grinsend zu. „Unter zwei Bedingungen. Zum einen will ich Abzüge von den Fotos ... und zum anderen dein Versprechen, dass diese Fotos nicht in die falschen Hände geraten. Die werden schön hier im Haus blieben.“

„Ja, natürlich.“ Koji nickt begeistert. „Gerne.“

Aufgeregt zappelt er auf seinem Platz herum und springt schließlich rastlos von seinem Sitzkissen auf.

„Ich geh rüber und bereite schon mal alles vor.“, verkündet er fröhlich.

Hastig macht er sich auf den Weg; an der Tür hält er jedoch noch einmal inne, dreht sich zu den Zurückgebliebenen herum und meint leicht verlegen: „Aber keine Hektik, lasst euch ruhig Zeit, in Ruhe zu Ende zu frühstücken.“ Dann dreht er sich auf dem Absatz herum und verschwindet leise pfeifend im Gang.

Kopfschütttelnd schaut Aya ihm nach.

Sakuya seufzt leise lächelnd auf und sieht Kyoko schulterzuckend an. „Ich kann ihm einfach nichts abschlagen, wenn er diesen Blick drauf hat. Das ist einfach zu süß!

Fast gleichzeitig greifen nun alle nach ihren Teetassen, um sie zu leeren; Hunger hatte ohnehin niemand mehr. Kyoko kann sich ein leises Kichern nicht verkneifen.

“Hach...“, meint Sakuya seufzend. „Ich beneide euch Beide. Ihr habt zwar im Moment ein ähnliches Problem wie wir; schließlich könnt ihr auch nicht einfach in der Öffentlichkeit turteln... Aber ihr konntet heiraten ... und es wird der Tag kommen, an dem das Ganze auch hochoffiziell wird. – Ich bin mir sicher , ihr schafft es, dass die Leute euch auch als Paar mögen werden.“

Ren wird ebenso rot wie seine junge Frau und kratzt sich verlegen am Kopf, bevor er brummend zustimmt.

Dann folgen sie dem jungen Designer ins Atelier.

Erster Drehtag

Meine Güte, war dieses Kapitel eine schwere Geburt! Zunächst hatte ich über Monate keinen Internet-Anschluss zu Hause und dann auch noch so viel um die Ohren, dass ich erst gar nicht zum Schreiben kam und später kaum mal die innere Ruhe dafür gefunden habe.

Aber – ganz ehrlich – ich hab euch keine Minute vergessen! (Mein Gewissen übrigens auch nicht... *schäm*)

Ich gebe mir Mühe, ab sofort wieder in den alten Rhythmus zu kommen, aber auch bei den nächsten Kapiteln könnte es noch zu leichten Verzögerungen kommen, denn ich hab mich entschlossen, den verbliebenen Plot noch einmal gründlich zu überarbeiten, bevor ich weiter schreibe. Bin auch schon fleißig dabei. ☺

So und jetzt will ich euch nicht länger auf die Folter spannen, ihr habt lange genug warten müssen.
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

“Hach...“, meint Sakuya seufzend. „Ich beneide euch Beide. Ihr habt zwar im Moment ein ähnliches Problem wie wir; schließlich könnt ihr auch nicht einfach in der Öffentlichkeit turteln... Aber ihr konntet heiraten ... und es wird der Tag kommen, an dem das Ganze auch hochoffiziell wird. – Ich bin mir sicher , ihr schafft es, dass die Leute euch auch als Paar mögen werden.“

Ren wird ebenso rot wie seine junge Frau und kratzt sich verlegen am Kopf, bevor er brummend zustimmt.

Dann folgen sie dem jungen Designer ins Atelier.

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Erster Drehtag
 

Als Kyoko zwei Tage später mit Rina zusammen das Studio betritt, in dem die ersten Szenen von „Crazy Alliance“ gedreht werden sollen, dauert es nur Sekunden, bis das Mädchen von etlichen jungen Leuten umlagert wird und von den zumeist weiblichen Fans in einem aufgeregten Durcheinander mit Fragen und Glückwünschen bombardiert wird.
 

„Herzlichen Glückwunsch, Mogami-san, der Odette-Spot ist ja sooo romantisch!“

„Der Spot ist großartig! Ich hab wirklich geweint vor Rührung, gestern im Eisstadion.“

„Wie war es, mit Nojima-san zu drehen? Ist er so toll wie in der Serie?“

„Oh, ich wünschte, ich dürfte auch mal mit ihm drehen!“

„Oh, mein Gott, das war ja soo schön! Wie ein richtiges Traumpaar habt ihr ausgesehen! Ich bin immer noch ganz hin und weg.“

„Darf ich bitte ein Autogramm haben, Mogami-kun?“

„Ich bitte auch! Und eins für meine kleine Schwester.“

„Oh ja, ich hätte bitte gern eins für meine Kusine.“

„Diese riesigen Plakate in der Innenstadt sind einfach der Hammer !“

„Das Kleid war einfach ein Traum!“
 

So geht es etliche Minuten turbulent durcheinander, bis Rina es endlich schafft, ein wenig Ordnung in den ganzen Trubel zu bringen und die jungen Kollegen und Kolleginnen endlich dazu zu bewegen, nacheinander zu sprechen.

Geduldig beantwortet Kyoko darauf alle Fragen und erfüllt fleißig Autogrammwünsche, bis ihr Blick schließlich auf ein nur allzu bekanntes Gesicht fällt, das ihr aus einiger Entfernung entgegenlächelt.

„Entschuldigt bitte“, wendet sie sich mit leicht rotem Kopf an die kleine Schar Fans, „könnten wir den Rest bitte später erledigen? Vielleicht in der Mittagspause? – Ich hab jetzt einen Termin und möchte den Stylisten nur ungern warten lassen.“

Peinlich berührt stimmen die Umstehenden zu, entschuldigen sich eifrig und entfernen sich dann unter aufgeregtem Gekicher und Geschnatter in Richtung der Gemeinschaftsgarderoben.
 

„Gut gemacht.“, lobt Rina lächelnd, als die Meute außer Hörweite ist. „Höflich, aber bestimmt. Du lernst schnell.“

„Ach was“, winkt Kyoko kühl ab. „Das war nur zufällig grad die Wahrheit. – Ich hasse es, zu spät zu kommen; besonders am ersten Tag.“

Rina zwinkert ihrem Schützling verschmitzt zu. „Aber für ein kleines Schwätzchen mit Kotonami-san sollte es wohl noch reichen.“

Kyoko senkt verlegen lächelnd den Kopf und nickt. „Ich wusste doch gar nicht, dass sie schon heute Morgen hier ist. – Mist, wo ist sie denn jetzt hin?“ Hektisch sucht sie mit den Augen die Umgebung ab.

„Da hinten.“, meint Rina ruhig lächelnd, während sie in die gemeinte Richtung deutet.
 

Kyoko strahlt über das ganze Gesicht, als sie ihre Freundin endlich begrüßen kann.

„Meine Liieeebe!“, beginnt sie überschwänglich ... doch Kanaes leicht genervter Blick lässt sie augenblicklich innehalten und entschuldigend den Blick senken.

„Hallo, Kyoko-chan.“, sagt Kanae versöhnlich ... was ihre Freundin dann doch wieder aufatmen lässt.

„Ich wusste gar nicht, dass du heute Morgen schon am Set bist.“, stellt Kyoko gleich darauf überrascht fest.

„Ach, es gab irgendwelche Probleme mit den Kostümen für die Stuntszenen am Nachmittag, darum ist ein zusätzlicher Termin für Anproben angesetzt worden.“, erklärt Kanae grinsend. „Was dir netterweise die Gelegenheit gibt, mich ausführlich ... über Du-weißt-schon-was ... auf den neuesten Stand zu bringen.“ Kanae spürt, wie ihr Grinsen unwillkürlich breiter wird.

>Ich kann’s nicht fassen!<, fährt es ihr ebenso schlagartig wie geschockt durch den Kopf. >Schon wieder! Ich werd echt noch zur Tratschtante! Wie uncool ist das denn?! – Und das Schlimmste ist, dass ein nicht mal unbedeutender Teil von mir das auch noch vollkommen normal findet!<

Kyokos leicht errötetes Gesicht veranlasst sie jedoch, ihren inneren Konflikt zumindest vorerst entschlossen beiseite zu schieben und ihre Freundin stattdessen verschwörerisch anzugrinsen.

„Und?“, fragt sie leise. „Was gibt es?“

„Hast du ein bisschen Zeit? Ich müsste jetzt in die Maske, der Stylist wartet sicher schon.“

„Klar. Und auf dem Weg dahin kannst du mir ja das Wichtigste berichten.“, meint Kanae mit einem hintergründigen Lächeln. „Schließlich haben die Wände hier Ohren – auch in der Maske.“

Gemächlich machen sich die Drei auf den Weg durch die engen Gänge in den hinteren Teil des Gebäudes.

„Gut so.“, meint Rina grinsend, während sie sich noch einmal umschaut. „Deine Fans müssen auch nicht unbedingt mitbekommen, dass du dir für deine Freundin Zeit nimmst, die du für sie nicht hast. Jedenfalls nicht gleich zu Anfang.“

Kyoko wirkt daraufhin wie das personifizierte schlechte Gewissen und läuft unwillkürlich rosa an.

„Also wirklich...“, murmelt Kanae und berührt ermutigend mit einer Hand den Rücken ihrer Freundin. „Du kannst es doch gar nicht allen Recht machen. Also... Ach egal. - Wieso ist Tsuruga-san eigentlich noch nicht da?“

„Er hat noch etwas in der Agentur zu erledigen.“, antwortet Kyoko leise, heilfroh über den plötzlichen Themenwechsel. „Außerdem wäre es auch ein bisschen zu auffällig, wenn wir gleich am ersten Tag gleichzeitig am Set erscheinen ... vor allem, weil ich ja heute ohnehin früher da sein muss als er.“

„Auch wieder wahr.“, meint Kanae. „Also, was gibt’s Neues?“

Kyoko wird plötzlich wieder verlegen und zieht ihre Freundin hastig zu sich heran.

„Stell dir vor:“, flüstert sie aufgeregt, „Wir waren übers Wochenende in Matsumoto bei Freunden ... und als wir zurückkamen, waren unsere Wohnungen miteinander verbunden. – Takarada-san hat einfach veranlasst, in den Wohnzimmern die Wand zu durchbrechen!“

„Einfach so?!“, lacht Kanae ungläubig ... und weiß schon im nächsten Moment, dass der LME-Chef der einzige Mensch ist, dem etwas Derartiges ohne weiteres zuzutrauen ist. „An einem einzigen Wochenende?! Und ihr hattet keine Ahnung?“

„Na ja“ erklärt Kyoko leise, „Takarada-san hat gesagt, die beiden Wohnungen wären früher auch schon mal verbunden gewesen und deshalb war es nicht besonders aufwändig. – Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Ren nichts davon wusste; immerhin müssen die Handwerker doch in mindestens eine der Wohnungen rein gekommen sein. Aber er behauptet steif und fest, dass er keinen blassen Schimmer hatte.“

„Wie hat er denn reagiert, als ihr nach Hause kamt?“

„Genauso überrascht wie ich. – Aber ... ich mein ... der Mann ist einer der besten Schauspieler Japans!“

„Hm“, denkt Kanae schmunzelnd nach, „aber nach allem, was du mir erzählt hast, macht er doch sonst keinen Hehl daraus, wer für die vielen Überraschungen verantwortlich ist, die dir in letzter Zeit so widerfahren, oder?“

Kyoko wird nachdenklich. „Oh, ... stimmt. – Vielleicht war ich doch ein bisschen voreilig...“

„Aber mal abgesehen davon ist es doch sowieso schon gelaufen.“, fügt Kanae gelassen hinzu. „Und ich denke mal nicht, dass du was dagegen hast, dass aus euren beiden Wohnungen jetzt eine große geworden ist.“

„Nein...“, antwortet Kyoko, während sich langsam ein unbestimmtes Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitet. „Nein, eigentlich nicht. Es hat sogar was äußerst Praktisches...“

„Na also.“ Kanaes Grinsen verwandelt sich in ein leicht gekünsteltes Lächeln, als sich ohne Vorwarnung in ihrer Magengegend ein leiser Stich von so etwas wie Eifersucht bemerkbar macht. Leise seufzend gibt sie dem Gefühl wenigstens zum Teil nach, indem sie betont unschuldig fragt: „Aber sag mal, Freunde in Matsumoto? Wie kommt das denn? Du hast doch selbst hier in Tokyo kaum Freunde...“

„Na ja, eigentlich sind es ja auch mehr Freunde von Koon.“, erklärt Kyoko verlegen. „Und er wollte es Maruyama-san nicht am Telefon erzählen, dass wir... Na, du weißt schon. Und deshalb haben wir ihn in seinem Haus in Matsumoto besucht.“

Kanae ist ein bisschen verwirrt. „Maruyama-san?“, hakt sie nach. „ Doch nicht Koji Maruyama, der Modedesigner, der nicht nur zurzeit ausgesprochen erfolgreich mit seinen Kollektionen ist, sondern auch noch die Bühnenoutfits für etliche berühmte Rockstars und Bands macht?!“

„Doch, genau der.“, bestätigt Kyoko verlegen.

„Moment mal. – Du hast vorhin von Freunden gesprochen. Mehrzahl!“

„Na, hm... Sakuya Katsuragi war auch da.“, flüstert Kyoko.

„Oh, mein Gott!“, entfährt es Kanae verhalten, dann grinst sie plötzlich breit. „Dann weiß ich ja, an wen ich mich wenden kann, wenn ich Karten für ein ‚Demonic Light’-Konzert brauche.“ Leise pfeift sie durch die Zähne. „Meine Güte, Kyoko-chan, du entwickelst dich ja in rasantem Tempo zu einem wahren Schwergewicht in der Branche ... bei den Beziehungen!“

„Als ob das mein Verdienst wäre.“, winkt Kyoko kleinlaut ab. „Das hat doch alles nur am Rande mit mir persönlich zu tun.“

„Ach, ich weiß nicht...“ widerspricht ihre Freundin nachdenklich, während sich ein vieldeutiges Lächeln in ihr Gesicht schleicht. „Du knackst doch jeden auf Dauer. Sieh mich an! Ich steh nicht im Geringsten auf diesen sentimentalen Beste-Freundinnen-Kram ... und was tue ich? Ich laufe hier am frühen Morgen durch die Gänge und höre mir doch tatsächlich an, was meine beste Freundin die letzten Tage alles so erlebt hat ... und ich frag auch noch selbst danach! – Und ich wette, dass es anderen mit dir genauso geht.“

„...beste Freundin...“, echot es glücklich in Kyokos Kopf und treibt ihr unwillkürlich Tränen in die Augenwinkel, ... was Kanae auf der Stelle mit purem Entsetzen registriert.

„Nein!“, verlangt sie vehement. „Nicht weinen! Nicht jetzt. – Du musst gleich in die Maske und der Stylist wird alles andere als begeistert sein, wenn du...“

„Aber... Du hast gesagt ‚beste Freundin’! Das hast du so noch nie gesagt!“, verteidigt sich Kyoko, während sie krampfhaft versucht, die Freudentränen zurückzuhalten.

Mit vereinten Kräften gelingt es Rina und Kanae allerdings recht schnell, das Mädchen zu beruhigen, denn sie sind bereits an ihrem Ziel angelangt und einigen sich rasch darauf, sich nun weniger privaten Themen zu widmen, um nicht gleich am ersten Drehtag die Gerüchteküche unnötig anzuheizen.
 

Eine gute Stunde später ist das Werk des Stylisten vollbracht.

Ren Tsuruga steht mit Yukihito Yashiro an seiner Seite bereits am Set und wartet sehnsüchtig auf seine junge Frau, während er versucht, sich seine inzwischen gewaltige Ungeduld nicht anmerken zu lassen. Es gelingt ihm; wenn auch nur mühsam ... nicht zuletzt deshalb, weil der Regisseur, Ushio Kurozaki, gerade mit ihm und seinem Betreuer die wichtigsten Drehtermine der nächsten Woche abgleicht.

Unauffällig hat der junge Schauspieler sich so platziert, dass er den Durchgang zum hinteren Gebäudeteil, in dem sich Maske, Garderoben und Requisite befinden, genau im Blick hat. Als Kyoko schließlich mit Kanae und Rina von dort das Set betritt, entfaltet sich ein breites, äußerst zufriedenes Grinsen in seinem Gesicht. Ein kurzer Seitenblick zu Yashiro lässt sein Grinsen noch ein wenig mehr anschwellen, denn diesem fällt beim Anblick des Mädchens unwillkürlich die Kinnlade herunter. Ein wenig verwirrt blickt der Regisseur zunächst den jungen Manager an, dann folgt er seinem Blick ... worauf sich auch in seinem Gesicht ein höchst zufriedenes Lächeln ausbreitet.

Die inzwischen wieder schwarzen Haare des Mädchens sind jetzt wesentlich kürzer und umrahmen in einem frechen, leicht asymmetrischen Schnitt ihr Gesicht, in das einige Strähnchen sanft und fransig hineinragen und damit ihre zierlichen Züge auf eine ausgesprochen reizvolle, geradezu verführerische Art betonen. Die Augen wirken durch das geheimnisvoll rauchige Make-up unglaublich groß, während die Lippen der jungen Frau mit einem gedeckten Rot-Ton beinahe schon wie ein mystisches Versprechen glänzen.

Verlegen kommt Kyoko näher, ein zartes Rot deutlich unter dem Make-up sichtbar, begrüßt zunächst den Regisseur und dann die beiden anderen Männer förmlich mit einer tiefen Verbeugung. Auch die anderen in der kleinen Runde grüßen einander und man versichert sich gegenseitig, wie sehr man sich auf die kommende Arbeit freut.

Der Stylist, der mittlerweile zu der kleinen Gruppe gestoßen ist, zeigt dem Regisseur gleich die mitgebrachten Polaroids.

„Wie sie sehen, ist dies das Styling für die Szenen, in denen Ran sehr weiblich und verführerisch rüberkommen soll.“ Er deutet mit einem Kopfnicken auf Kyoko, die natürlich postwendend wieder rot anläuft.

„Ja, das gefällt mir ausgesprochen gut.“, meint der Regisseur zufrieden lächelnd und reckt den Kopf bereits nach den Fotos in der Hand des Stylisten, die dieser ihm auch sofort hinüber reicht.

„Dies hier sind die anderen Stylings.“, erläutert er, während er auf die entsprechenden Bilder deutet. „Hier das ist eher burschikos für die Kampfszenen, das hier ziemlich brav, das hier wirkt streng, fast schon aggressiv und das hier ist das romantisch-weiche Styling für die Szenen, in denen Ran betont verletzlich wirken soll.“

„Jaa, ... ja.“, Kurozaki-san lächelt schon beinahe glücklich. „Das sieht doch alles sehr viel versprechend aus. Im Einzelfall können wir ja noch das Eine oder Andere modifizieren, falls sich das ergeben sollte, aber im Großen und Ganzen ist es ziemlich genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Gute Arbeit. Vielen Dank, Araki-san. – Oh, kann ich die Polaroids haben? Dann habe ich jeweils einen Anhaltspunkt.“

„Ja, natürlich.“, antwortet der junge Mann lächelnd. „Diese hier sind ohnehin für Sie; ich habe von jedem Styling zwei gemacht, damit wir jeder eins haben. Ich habe meine mit der Digitalkamera gemacht, sie sind schon im Computer, falls Ihnen eine Datei lieber ist, kann ich auch das arrangieren.“

„Das wäre prima. - Dann können Sie sich ja jetzt auch um Tsuruga-san kümmern; ich denke, die Haare müssen etwas kürzer, damit es zur Rolle passt. Ansonsten wird es sicher vergleichsweise unkompliziert.“

„Denke ich auch.“ Der junge Stylist nickt Ren kurz zu, worauf dieser freundlich zurücklächelt.

„Gut, dann wäre das ja soweit geklärt. Ich denke, wir werden etwa in einer Dreiviertelstunde beginnen; wäre das in Ordnung für Sie?“

„Ja. Das müsste auch noch fürs Umziehen reichen. – Allerdings hab ich noch ein Frage, Kurozaki-san: Kann Mogami-sans Frisur so bleiben für die Szenen heute Morgen, sprich: reicht es, lediglich das Make-up zu ändern?“

Der Regisseur überlegt einen kurzen Moment. „Ja, ich glaube, das Make-up anzupassen reicht. Schließlich trägt sie nachher sowieso ein Basekap, da sieht man die Haare ohnehin nicht großartig. Für die Stuntszenen am Nachmittag allerdings muss die Frisur dann geändert werden.“

„Kein Problem, das können wir auch noch nach der Mittagspause machen; das geht ja recht schnell.“ Gibt Araki freundlich zurück.

„Gut, wir sehen uns später.“, sagt der Regisseur und wendet sich seinem Regieassistenten zu, der ihm offenbar etwas zeigen möchte. Gut gelaunt widmet der junge Regisseur sich der neuen Aufgabe und murmelt dabei ein „Hach, ich liebe es, mit Profis zu arbeiten“ vor sich hin.
 

Kurz vor Drehbeginn hat Ushio Kurozaki die gesamte Crew inklusive Schauspieler, Stuntleute und Statisten am Rande des Sets versammelt.

„Viele von Ihnen haben vermutlich schon gehört, dass dies hier mein erster abendfüllender Film wird; das heißt natürlich auch, dass dieses Projekt in gewisser Weise ein großes Abenteuer für mich ist. Möglicherweise wird so manches auch nicht ganz so reibungslos ablaufen wie ich das gerne hätte ... oder wie Sie das möglicherweise gewohnt sind. Dafür möchte ich um ein gewisses Maß an Verständnis bitten. – Aber ich möchte Sie auch eindringlich warnen! Nur weil meine Erfahrungen beim Drehen von Spielfilmen sich bisher in Grenzen halten, werde ich mir in keiner Weise auf der Nase herumtanzen lassen. Ich erwarte von jedem Einzelnen hier, dass er jederzeit sein absolut Bestes gibt, egal ob es sich um einen Kabelträger, einen Lichttechniker, einen Statisten oder einen Hauptdarsteller handelt. Und ich erwarte, dass jeder auf Abruf vollständig einsatzbereit ist und sich absolut professionell verhält; das bedeutet insbesondere für die Schauspieler, die Stunts zu machen haben, dass sie sich vor dem Dreh rechtzeitig und ausreichend warm zu machen haben.

Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt.

Nun zum heutigen Dreh. Ich fasse mal kurz die Vorgeschichte zu den heutigen Szenen zusammen; ich denke, so kommen wir alle ein bisschen leichter in die Handlung hinein.

In den letzten Monaten ist es in Japan verstärkt zu extrem brutalen Überfällen gekommen, die offenbar damit in Zusammenhang stehen, dass auf dem Schwarzmarkt eine neue Droge aufgetaucht ist, die das Selbstwertgefühl extrem übersteigert – bis hin zum Größenwahn-, die Konzentrationsfähigkeit enorm verbessert, als sehr effektiver Stimmungsaufheller wirkt und die Schmerzleitungen im Körper so blockiert, dass der Konsument gar keine Schmerzen mehr spüren kann, ansonsten jedoch die volle sensorische Kontrolle behält. Außerdem lässt diese Droge nach neuesten Erkenntnissen bei längerer Einnahme die Muskulatur – teils recht unkontrolliert – wachsen und der stimmungsaufhellende Effekt kann nach einer Weile ins Gegenteil umschlagen. Das Zeug ist schon in geringsten Mengen wirksam und daher nur schwer zu dosieren, weshalb es auch bereits zu ersten Todesfällen bei den Konsumenten gekommen ist. Allerdings konnte man bei den Obduktionen bisher keine Substanz nachweisen, auf die die Todesfälle eindeutig hätten zurückgeführt werden können.

Da man die innere Sicherheit gefährdet sieht, schaltet der Justizminister die PSIA [=Public Security Investigation Agency oder auch Koancho] ein, um der Sache auf den Grund zu gehen und die Hintermänner dingfest zu machen.

Allerdings gab es auch – von der Öffentlichkeit bisher unbemerkt – Einbrüche in Waffenlager der Armee, die ebenfalls mit dieser Droge in Zusammenhang zu stehen scheinen und daher sieht die militärische Führung ebenfalls einen Handlungsbedarf und hat den Military Intelligence Service (MIS) mit Nachforschungen beauftragt.

Einige Wochen ermitteln nun jeweils Ran Nekozawa vom Koancho und Takeshi Nanohara vom MIS jeder für sich, kommen sich dabei nicht selten gegenseitig leicht störend in die Quere, haben sich jedoch bis zu dieser Szene trotzdem noch nie zu Gesicht bekommen – und auch nicht herausgefunden, für wen der jeweils andere arbeitet.

Kommen wir also zur ersten Szene, die heute gedreht wird:

Takeshi beobachtet, wie Ran einem der verdächtigen Drogendealer geschickt und unbemerkt von diesem ein kleines Fläschchen aus der Tasche zieht. Als sie danach versucht, sich unauffällig aus dem Staub zu machen, fängt Takeshi sie ab, um ihr die Beute wieder abzunehmen.

Soweit - ganz grob - die Grundsituation.

Wenn jemand, der nicht in irgendeiner Form an dieser Szene beteiligt ist, gleich zusehen möchte, so habe ich grundsätzlich nichts dagegen, sofern der- oder diejenige wirklich nichts anderes zu tun hat. Ich gehe allerdings davon aus, dass niemand im Weg stehen und es nicht die kleinste Störung geben wird. Andernfalls habe ich nicht das geringste Problem damit, auch kurzfristig lästige Amateure durch brauchbare Profis zu ersetzen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.“

Betretenes Schweigen und hier und da eine eilfertige Verbeugung zeigen, dass die Crew sehr wohl verstanden hat.

Ren grinst zufrieden in sich hinein, diese Einstellung kommt ihm sehr entgegen, allerdings fragt er sich insgeheim auch, ob es wohl erlaubt ist, bei der Arbeit trotzdem ein wenig Spaß zu haben. Kyoko an seiner Seite hingegen ist lediglich rosa angelaufen.

Mittlerweile hat sich kleine Menschenmenge aufgelöst und man begibt sich unter leisem Gemurmel entweder an den jeweiligen Arbeitsplatz oder zu Beobachtungsposten, an denen man nicht stört.

Freundlich lächelnd kommt der Regisseur nun auf seine beiden Hauptdarsteller und ihre Betreuer zu.

„Glückwunsch zur Premiere des Odette-Parfüm-Commercials, Mogami-san.“, wendet er sich an Kyoko, ... die daraufhin natürlich prompt rot anläuft und ein verlegenes „Danke“ murmelt. „Gute Arbeit, sehr nett gemacht; auch wenn es für meinen Geschmack ein bisschen zu kitschig ist. – Aber wenn es der Kunde nun mal so will...“, fügt der junge Regisseur hinzu, während er grinsend seine unvermeidliche Sonnenbrille nach oben auf den Kopf schiebt. „Jedenfalls warst Du sehr überzeugend. – Meine Freundin war in jedem Fall vollkommen hin und weg.

Aber zurück zum eigentlichen Thema. Ich könnte jetzt eine Viertelstunde referieren, wie ich die Szene gleich gerne hätte, aber ich habe mich dazu entschlossen, dass du und Tsuruga-san zunächst einmal einfach in einer Probe drauflos spielen solltet. So kann ich auch sehen, auf welche Weise ihr Beide als Spielpartner funktioniert. – Ich gehe einfach mal davon aus, dass ihr euch bereits reichlich Gedanken darüber gemacht habt, wie ihr die Rollen anlegen wollt.“

„Selbstverständlich.“, meint Ren ruhig, während Kyoko nur stumm nickt.

„Prima. Dann können wir loslegen, sobald die Technik eingerichtet ist. – Noch zwei Dinge vorweg: Ich neige dazu, bei umfangreichen Besetzungen die Schauspieler während des Drehs mit ihren Rollennamen anzusprechen, weil das wesentlich einfacher für mich ist. Also bitte nicht wundern.

Das andere ist, dass Tsuruga-san und ganz besonders du, Mogami-san, bitte unbedingt rechtzeitig Bescheid gebt, wenn die körperliche Belastung mal zu groß werden sollte. Wir werden etliche Wochen miteinander arbeiten und verletzungsbedingte Ausfälle von Hauptdarstellern und tragenden Nebenrollen sind nur sehr begrenzt kompensierbar und vor allem sind sie teuer.

Ich weiß, dass du, Mogami-san, eine ziemlich professionelle Einstellung hast und notfalls bis zum Umfallen arbeitest ... und von dir, Tsuruga-san, habe ich ähnliches gehört. Das könnte aber speziell bei diesem Filmprojekt durchaus zum Problem werden. - Ihr habt Unmengen von Stunts zu machen und dafür braucht man immer die volle Konzentration, damit es nicht zu fatalen Fehlern kommt; schließlich seid ihr Beide ja auch keine professionellen Stuntleute. Falls es einem von euch also zu viel werden sollte, will ich rechtzeitig Bescheid wissen, dann können wir gegebenenfalls Stunts verschieben oder zur Not Doubles einsetzen. Das ist mir dann allemal lieber, als dass mir einer meiner Hauptdarsteller ausfällt.“
 

Ein paar Minuten später sind die Vorbereitungen am Set (einer ziemlich düsteren Hinterhofszenerie) abgeschlossen und die beteiligten Schauspieler haben den Beginn der Szene untereinander geklärt.
 

„Seid ihr soweit?“, fragt der junge Regisseur in die Runde und bekommt aus allen Richtungen bestätigende Antworten. „Gut, dann starten wir jetzt die Probe. – Yoshida-kun“, wendet er sich an einen der Kameramänner, „ich weiß, die Szene ist jetzt sehr lang und wir unterteilen nachher in kürzere Takes, aber versuch trotzdem, bei der Probe so viel wie möglich mitzudrehen. Ich hätte gern einen wenigstens groben Eindruck von der Umsetzung auf die Leinwand.“

„Ich tue mein Bestes.“, antwortet der Angesprochene. „Aber erwarte keine perfekten Bilder, schon allein wegen dem Licht.“

„Schon klar.“, grinst der junge Regisseur und deutet mit einer ausladenden Handbewegung an, dass es nun losgehen soll. „Alle auf die Positionen!

Uuuund Action!“
 

Drei junge, auffallend gestylte Leute betreten den schmuddeligen Hinterhof, in dem an der einen Seite etliche fleckige Kartons so unordentlich übereinander getürmt sind, dass man befürchten muss, dass der Stapel jeden Moment mit einem lauten Krachen in sich zusammenfällt. Neben dem Hintereingang, in dem gelassen ein schlampig gekleideter Endzwanziger lehnt, der lässig eine über und über bemalte und bestickte Stofftasche über der Schulter hängen hat und in das Konsolenspiel in seinen Händen vertieft zu sein scheint, steht eine Reihe schwarzer Mülltüten, von denen eine aufgeplatzt ist und deren Inhalt unappetitlich aus ihr hervorquillt.

Ran wird von einem etwa 16-jährigen jungen Mann mit strubbelig hoch gegelten Haaren und schwarz umrandeten Augen mit in den Hof gezogen.

„Ach, komm schon, Toki-kun.“, redet er auf den vermeintlichen Jungen an seiner Hand ein. „Rede doch wenigstens mit ihm. – Das Zeug ist nicht mal sonderlich teuer.“

„Ach, ich weiß nicht...“, meint Ran zögerlich, während sie die Umgebung unauffällig unter die Lupe ihres scharfen Blickes nimmt. „Ich steh gar nicht so auf High-sein.“

„Aber von The Tonic wirst du gar nicht richtig high; du fühlst dich nur besser ... und stärker. Mann, echt, du wirst schon sehen, dass du vor allem besser klar kommst. Mit allem. – Sieh dir doch Pinky an!“ Er deutet auf das einzige Mädchen in der Runde, die mit Jin, dem Anführer der kleinen Gruppe und dem Mann im Hauseingang redet. „Sie war vorher total schüchtern und eine richtig graue Maus ... und jetzt respektiert sie absolut jeder.“

„Wer ist hier ´ne graue Maus, Happy?!“, fragt die etwa 20-jährige Frau barsch und kommt dem wesentlich kleineren Jungen drohend näher.

„Ähm, ... du warst eine ... vor The Tonic .“, stammelt der Junge verlegen. „Aber jetzt bist du einfach der Hammer .“ Mit leicht geröteten Wangen himmelt Happy seine große Schwester an.

„Gerade noch mal die Kurve gekriegt, Kleiner.“, grummelt das Mädchen schlecht gelaunt und kramt einen kleinen Spiegel aus ihrer pinkfarbenen Jacke, um sich ausgiebig zu betrachten und schließlich zu dem Schluss zu kommen, dass sie ihren rosa Lippenstift auffrischen sollte.

„Was ist nun, Toki-kun?“, fragt der älteste der Drei und fährt sich lässig durch seine langen, schwarzen Haare, die bis auf die glänzend schwarze Lederjacke fallen, die er locker über seine Schultern gehängt hat. „Willst du es nun probieren? Wenn du es gleich hier nimmst, gibt Omari-san dir eine kleine, kostenlose Probe.“

„Hmm, weiß nich.“, druckst Ran scheinbar unschlüssig herum. „Ich muss gleich noch arbeiten und ich weiß nicht, wie sich das Zeug mit meinem Job verträgt.“

„Das ist überhaupt kein Problem.“, mischt sich nun der Dealer ein, die tragbare Spielkonsole hat er anscheinend weggepackt. „Du bleibst vollkommen klar im Kopf, du wirst schon sehen, es macht dich einfach belastbarer und selbstbewusster, eigentlich bist du dann sogar klarer im Kopf als sonst. Das Einzige, was passieren kann, ist, dass du weniger Schmerzen fühlst. – Es bei der Arbeit auszuprobieren, wird dir sehr deutlich zeigen, dass es eigentlich ziemlich harmlos ist.“

Ran hat unbemerkt eine Hand in ihre Hosentasche gesteckt und zieht nach einem kurzen Moment ihr Handy heraus. Kaum ist es für die Umstehenden sichtbar, klingelt es in einer Lautstärke, dass den jungen Leuten fast die Ohren wegfliegen.

Scheinbar erschrocken lässt Ran es erstmal fallen.

„Mann, echt!“, schimpft Pinky ungehalten. „Du solltest dir echt ´nen anderen Klingelton anschaffen!“

„Oder den hier wenigstens leiser stellen.“, setzt Jin unwirsch hinzu, während er sich mit den Händen über die leicht schmerzenden Ohren reibt.

„’Tschuldigung.“, murmelt Ran und hebt das Telefon auf, um endlich abzuheben.

„Ja. ... Ja. - Natürlich, Chef. Bin unterwegs.“, hört man sie stammeln. Als sie das Gespräch beendet, lässt sie ächzend den Kopf hängen. „Oh, Mann, ich bin total spät dran. Ich fürchte, wir werden das hier verschieben müssen. Kannst du mal halten?“, fragt sie und drückt auch gleich Happy ihr Telefon in die Hand.

Umständlich beginnt die Agentin, in ihren Jackentaschen zu kramen, holt das eine oder andere heraus und drückt es nacheinander den Umstehenden in die Hände, während sie „Ich hatte doch irgendwo...“ vor sich hin murmelt und immer hektischer die Taschen durchstöbert. Schließlich atmet sie erleichtert auf und zieht ein kartenförmiges Namensschild aus der Hosentasche. „Gott sei Dank.“, verkündet sie lächelnd. „Ohne dieses Scheißding komm ich gar nicht in den Laden rein. – Entschuldige, kannst du noch mal...?“, wendet sich "Toki" sich an den Dealer und drückt ihm auch gleich verlegen lächelnd das Kärtchen in die Hand, während "er" gleichzeitig die Sachen, die "er" ihm vorher übergeben hatte, wieder an sich nimmt und sie wieder in seinen Taschen verstaut. Auch die anderen Sachen finden den Weg zurück zu ihrem Besitzer, bis zum Schluss nur noch das Namensschild in der Hand von Omari-san ist. Dieser streckt ihm die Hand entgegen, damit „Toki“ es entgegennehmen kann und während der „Junge“ es ebenso dankbar wie verlegen annimmt, entgeht den Dreien vollständig, dass Rans andere Hand in einer fließenden Bewegung ein kleines, verkorktes Fläschchen in Form eines gewöhnlichen Glaskolbens, wie man ihn üblicherweise in jedem Labor finden kann, aus der Stofftasche des Dealers stibitzt und unbemerkt in ihrer Jackentasche verschwinden lässt.

„Sorry, ich muss los. Ich melde mich später.“, sagt sie schulterzuckend und macht sich eilig auf den Weg.

„Klar, du weißt ja, wo du uns findest!“, ruft ihr Happy hinterher, während die anderen ihr nur kopfschüttelnd nachschauen.

Erleichtert die Luft aus den Lungen pustend, erreicht sie die Nebenstraße, in die der Hinterhof mündet und lehnt sich dort – außer Sichtweite der Zurückgebliebenen - kurz gegen die kühle Wand. Noch einmal wendet sie den Blick kurz um die Ecke, hinter der die drei jungen Leute nun offenbar in konkrete Verhandlungen getreten sind, dann spürt sie plötzlich, wie jemand sehr Großes sie am Kragen ihrer Jacke packt und sie in eine andere Seitengasse schleift. Dort hält er ihr brutal den Mund zu und versucht, in ihre Jackentasche zu langen. Allerdings hat der Kerl offenbar nicht mit Rans Widerstand gerechnet und so entspinnt sich eine verbissene kleine Rangelei, bei der seltsamerweise kaum ein Geräusch zu vernehmen ist, da keiner der Beiden daran interessiert ist, Zuschauer anzulocken. Schließlich gelingt es dem Mann trotz aller Gegenwehr, die Oberhand zu gewinnen und Ran so sehr in eine Ecke zu drängen, dass sie keinen Platz mehr hat, sich zu verteidigen.

Mit böse funkelnden Augen mustert sie ihn gründlich, um vielleicht einen Schwachpunkt zu finden, der ihr die Flucht doch noch ermöglicht.

Souverän hält er ihrem Blick stand und nimmt sie nun seinerseits intensiv in Augenschein.

„Mensch, Junge, wie alt bist du? Hast du eine Ahnung, in was du da rein geraten bist?“, sagt er halb vorwurfsvoll, halb mitleidig - ohne jedoch in seiner Wachsamkeit nachzulassen.

„Alt genug und ja, ich denke, schon.“, antwortet Ran ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken.

„So, so.“ Der große Kerl kann nicht anders, er muss einfach schmunzeln. „Dann rück mal das Zeug wieder raus. Vielleicht drücke ich dann sogar ein Auge zu.“ Wieder versucht er erfolglos, Rans Jackentasche zu erreichen.

„Vergiss es, Riesenbaby!“, faucht sie ihn an.

„Hör zu, Kleiner, ich hab keine Zeit, hier mit dir Spielchen zu spielen. Entweder du gibst mir das Fläschchen oder ich nehm dich mit.“

„Und ich hab keine Zeit, mich mit dreisten Moralaposteln zu unterhalten; ich hab wichtigeres zu tun.“, zischt die junge Agentin.

„Wie du willst.“, grinst der Kerl und legt sich die vergeblich zappelnde Ran ohne weiteren Kommentar über die Schulter, um mit ihr zwischen den nahe stehenden Mülltonnen in Richtung eines Parkhauses zu verschwinden.
 

„Sehr schön!“, ruft der Regisseur ihnen zu. „Das war erstaunlich nah an dem, was ich mir so vorgestellt hatte.“ Mit einer Geste bittet er die Schauspieler, näher zu kommen. „Ich hab eigentlich nur ein paar Verbesserungsvorschläge. Dich, Pinky, möchte ich noch viel arroganter, etwa so wie ... na, wie so eine eingebildete Cheerleader-Diva, die meint, sie wäre die absolut Größte. Auch Jin darf noch etwas selbstherrlicher sein.

Bei Ran hätte ich ganz gern, dass sie das Drogenfläschchen noch ein bisschen schneller aus der Tasche zieht. Es wäre toll, wenn du das so hinkriegst, dass man bei der DVD-Version ernsthaft versucht ist, das Ganze noch mal in Zeitlupe zu wiederholen, um es zu sehen. Meinst du, du kriegst das hin?“

„Etwas schneller kriege ich das bestimmt noch hin.“, meint Kyoko zuversichtlich. „Wenn ich vor dem entsprechenden Take noch 4, 5 Mal übe, geht mir das sicher noch flotter von der Hand.“

„Das wäre toll. Dann zu der kleinen Rauferei zwischen Ran und Takeshi: Ich hätte gern ein bisschen mehr Komik drin. Takeshi sollte Ran z.B. am Kragen packen, als wäre sie ein kleiner Welpe, dem er einen stibitzten Hundekuchen wegnehmen will. Und die Rangelei darf auch noch ein wenig verbissener aussehen; übertreibt ruhig ein bisschen, das hier ist schließlich eine Komödie. Und noch etwas: Ich weiß, dass das schwierig ist, aber ich hätte gern, dass beide für einen kurzen Moment einen Anflug von Verwirrung spüren, wenn sie sich das erste Mal so eindringlich mustern. - Auch wenn ihm das nicht klar ist, Takeshis Unterbewusstsein reagiert geradezu fasziniert auf Rans so sorgfältig verborgene Weiblichkeit. Und umgekehrt findet Ran ihn durchaus attraktiv, auch wenn sie das niemals zugeben würde. Versucht, es nicht allzu offensichtlich zu machen, aber so, dass es dem aufmerksamen Zuschauer auffallen kann. – Kriegt ihr das hin?“

Kyoko und Ren schauen sich einen Moment ernst in die Augen, dann nicken sie entschlossen.

„Wir tun, was wir können.“, grinst Ren. Inzwischen freut er sich wie ein Schneekönig über die Herausforderungen, die wohl während der folgenden Wochen noch auf sie zukommen mögen. „Notfalls wachsen wir halt über uns hinaus.“, fügt er noch schulterzuckend hinzu. „Ich bin sicher, meine Spielpartnerin sieht das genauso.“

Kyoko nickt nur.

Gelungener Auftakt

Ich habe des doch tatsächlich geschafft: Ein neues Kapitel in der angepeilten Zeit! ☺ Dieses Kapitel hat mich auch schon wesentlich weniger Nerven gekostet als das letzte, ich hoffe, das bleibt jetzt so.

Zwei Dinge noch vorneweg:

1. Den Begriff „Backup-Offizier“ (bzw. kürzer „Backup“) habe ich frei erfunden. Es handelt sich dabei um einen Geheimagenten, der seinen Kollegen im Undercover-Einsatz weitgehend aus dem Büro des jeweiligen Geheimdienstes unterstützt und nicht selten für den Agenten als Bindeglied zwischen Unterwelt und Geheimdienst fungiert. Meist kümmert er sich um die Recherchearbeit, die man mit dem Computer oder anderen Medien erledigen kann, nur selten macht er Außeneinsätze oder greift unterstützend in Undercover-Einsätze ein.

2. „Parkour“ ist – sehr verkürzt gesagt - eine Extremsportart, bei dem der Teilnehmer unter Überwindung der merkwürdigsten Hindernisse den effektivsten und schnellsten Weg von A nach B findet und hinter sich bringt; meist in großstädtischer Umgebung.

Im Zusammenhang mit diesem Kapitel ist es ein „Schul“- bzw. „Sportfach“, das an der Koancho-eigenen Highschool unterrichtet und praktiziert wird, um jungen Geheimagenten nicht nur ein Maximum an Fitness und Körperbeherrschung abzuverlangen, sondern auch, um in (selbstverständlich verdeckten) Wettkämpfen die angehenden Agenten dazu zu „erziehen“, sich möglichst schnell und vor allem unauffällig in großstädtischen Umgebungen zu bewegen.

Wer mehr zu Parkour (und Parcour) erfahren möchte, sollte sich mal im Internet umschauen; Wiki hat einen guten Artikel und bei YouTube dürfte auch einiges zu finden sein. Seht es euch ruhig mal an, die Jungs sind echt cool! ☺
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

Kyoko und Ren schauen sich einen Moment ernst in die Augen, dann nicken sie entschlossen.

„Wir tun, was wir können.“, grinst Ren. Inzwischen freut er sich wie ein Schneekönig über die Herausforderungen, die wohl noch auf sie zukommen mögen während der folgenden Wochen. „Notfalls wachsen wir halt über uns hinaus.“, fügt er noch hinzu. „Ich bin sicher, meine Spielpartnerin sieht das genauso.“ Kyoko nickt nur.
 

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Gelungener Auftakt
 

„So, das war’s schon. Mit diesen kleinen, künstlichen Kratzern sehen Sie beide auch gleich doppelt glaubhaft so aus, als hätten Sie sich im Auto noch weiter geprügelt.“, meint der Maskenbildner fröhlich, während er noch ein letztes Mal mit dem Puderpinsel über Kyokos Stirn streicht. „Ich hab doch gesagt, das geht fix.“

Lächelnd legt er den Pinsel auf dem Schminktisch ab, den er vor einer knappen Stunde hier am Rande des Sets aufgebaut hat.

„Vielen Dank, Araki-san, das war ja schon fast blitzartig.“, lacht Kyoko und entfernt die Tücher aus dem Kragen, die verhindern sollten, dass das Kostüm Farbe abbekommt.

„Keine Ursache, Mademoiselle.“ Schwungvoll dreht er den Stuhl ein wenig herum, damit sie aufstehen kann.

Kyoko erhebt sich und sieht sich nun zum ersten Mal Rens Make-up an und das neu arrangierte Kostüm, dass jetzt allerdings eher ein wenig derangiert aussieht - mit leicht eingerissenem Kragen, kleinen, verschmierten Kunstblut-Flecken und einem abgerissenem Knopf.

Einen Moment schaut sie ihn reichlich verdutzt an, dann lacht sie unwillkürlich auf. „Du siehst ja fast aus wie ein streuender Kater, Ren-san!“, meint sie.

„Dito!“, antwortet Ren mit einem breiten Grinsen und kann sich kaum beherrschen, nicht auch laut loszuprusten. „Fehlen nur noch die Öhrchen!“

Kyoko versucht krampfhaft, ein erneutes lautes Lachen zu unterdrücken, was wiederum Ren an den Rand eines ausgewachsenen Lachanfalls bringt.

„Na ja“, meint der Maskenbildner schmunzelnd und mustert die beiden Hauptdarsteller mit übertrieben gerunzelter Stirn, „das lässt sich ja durchaus noch machen. – Ich kann ja mal Kurozaki-san fragen, was er davon hält.“ Beim Gedanken an die nächste Szene grinst er plötzlich breit. „Vielleicht ist die Idee gar nicht so blöd. Schließlich lässt sich das ja auch noch nachträglich elektronisch einfügen. – Wär jedenfalls ein zusätzlicher Gag.“

Ren und Kyoko schauen sich für einen Moment stumm an, dann brechen beide wie auf ein geheimes Zeichen in schallendes Gelächter aus, bis auch noch der letzte aus der Crew, der in Hörweite ist, auf diesen Heiterkeitsausbruch aufmerksam wird.

Ren fasst sich - immer noch lachend - an den Kopf. „Du meine Güte! Ich schätze, wir sollten die nächste Szene dringend noch mal proben, damit wir sie nicht nachher komplett schmeißen, nur weil wir ständig in Gelächter ausbrechen.“

„Wenn Sie meinen... Aber ich hatte vorhin beim Zuschauen eigentlich eher die Vermutung, dass dies hier wahrscheinlich so eine Art Rekordfilm wird, wenn das so weiter geht; zumindest was die extrem niedrige Anzahl von NGs angeht. Ich hab noch nie zwei Hauptdarsteller erlebt, die gleich am ersten Drehtag auf Anhieb so gut als Team funktioniert haben. Und das anscheinend auch noch genau so, wie der Regisseur es gerne hätte. Ich hab sogar beinahe den Eindruck, dass Sie sich gegenseitig beflügeln bei der Arbeit.“

„Ich muss sagen, ich komm gut klar mit Kurozakis Vorstellungen; er verlangt viel, ... aber es macht auch Spaß, sich auszutoben und die Grenzen der eigenen Möglichkeiten auszuloten.“ Er lacht plötzlich wieder los. „Auch wenn man dabei auf so abwegige Ideen kommt, wie Geheimagenten, die aus heiterem Himmel Katzenohren bekommen...“

Kyoko kichert unterdrückt und auch Araki-san kann sich ein weiteres Lachen nicht mehr verkneifen.

„Dann würde ich Ihnen raten, den kleinen Abstellraum zu benutzen, in dem normalerweise ein Teil des Lichtequipments steht; der ist nämlich jetzt fast leer.“, schlägt Araki-san vor. „Da kann man durchaus für ein Weilchen seine Ruhe haben; es ist ja auch noch ein bisschen Zeit, bis es weiter geht. Es ist im Gang zur Maske gleich die erste Tür; also auch nicht weit vom Set.“

„Danke für den Tipp.“, sagt Ren, während er Kyoko bereits am Arm in die entsprechende Richtung zieht. „Los komm, Kohai!“, fordert er lachend und gibt dem immer noch leise kichernden Mädchen einen scherzhaften Schubs.

„Jawoll, Sempai!“, antwortet sie und salutiert dabei zackig. „Stets zu Diensten, Sempai!“

„Werd ja nicht frech, Streuner!“, gibt Ren grinsend zurück, während er ihr eine sanfte Kopfnuss verpasst ... und gleich darauf erneut in kopfschüttelndes Gelächter ausbricht.
 

Kurz darauf sind sie endlich unter sich in dem Abstellraum, der sich dann doch als deutlich größer erweist, als erwartet. Tief aufatmend schaltet Ren das Licht ein, während Kyoko zwei Klappstühle aus der Ecke neben der Tür holt und voreinander aufstellt.

„Willst du wirklich...?“, fragt sie.

„Eigentlich nicht.“, unterbricht Ren sie mit einem äußerst charmanten Lächeln. „Wir haben die Szene zu Hause eigentlich oft genug geprobt. Ich brauche nur mal ein paar Minuten allein mit dir, damit ich nicht noch durchdrehe.“ Liebevoll schließt er seine junge Frau in die Arme, die sich genau dies nur allzu gern gefallen lässt.

„Wieso überrascht mich das jetzt nicht?“, murmelt sie leise seufzend in seine Brust.

„Weil es dir genauso geht?“, gibt Ren gänzlich unbescheiden zurück. Sachte nimmt er ihr Gesicht in beide Hände und hebt ihren Kopf so an, dass sie ihm in die Augen sehen muss.

Kyoko ist puterrot angelaufen und kriegt vor Verlegenheit keinen Ton mehr heraus.

„Will ich auch meinen.“, sagt der junge Schauspieler grinsend. „Hast du eigentlich eine Ahnung, wie unglaublich hinreißend du heute aussiehst?“

„Gefällt es dir?“, fragt Kyoko – immer noch reichlich rot im Gesicht.

„Ja, sehr. Und frag mich bitte nicht, welches der Stylings ich am liebsten mag, denn ich liebe sie alle. Jedes einzelne spiegelt und unterstreicht eine besondere Facette deiner Persönlichkeit. – Aber wo wir gerade dabei sind: Wie findest du meine neue Frisur?“ Breit grinsend schaut er sie an.

„Ich...“, stammelt Kyoko verlegen, „Ich... Es ist ein bisschen ungewohnt, ich hab dich noch nie mit so kurzen Haaren gesehen; dabei sind sie doch gar nicht mal soo kurz... Ich... Es wirkt ... ähm ... noch erwachsener. Irgendwie ... na ja ... irgendwie ... männlicher.“ Kyoko schießt erneut das Blut in den Kopf ... und anscheinend nicht nur dorthin...

„Aha.“ Ren grinst von einem Ohr zum anderen. Sanft legt er den Zeigefinger auf Kyokos Lippen als sie ansetzt etwas zu sagen. „Schon verstanden, Hime-chan.“

Erneut drückt er sie an sich und seufzt leise. „Wie soll ich den Tag bloß durchstehen ohne dich da draußen auch nur küssen zu dürfen?“

Kyoko lehnt sich in seinen Armen ein wenig zurück und blickt ihn lächelnd an. „Dann werd ich mich deiner wohl erbarmen müssen, dass du wenigstens bis heute Abend durchhältst. Wie gut, dass mein Lippenstift ohnehin fast meine Naturfarbe hat und obendrein auch noch kussecht ist. Sagt Araki-san jedenfalls. Mein Basekap sitzt ja jetzt eh schon schief und meine Haare kannst du für die nächste Szene ruhig noch ein bisschen mehr durcheinander bringen.“ Sachte zieht sie ihn am Nacken zu sich herunter und küsst ihn zärtlich.

„Hmhh“, meint Ren grinsend, als sie sich wieder von ihm löst. „Lass mich sicherheitshalber noch mal überprüfen, ob der Lippenstift wirklich kussecht ist.“ Weich drückt er seine Lippen auf ihre und bittet mit seiner Zunge zärtlich um Einlass, ... der ihm auch umgehend gewährt wird.
 

Knappe zehn Minuten später betritt das junge Ehepaar wieder den Gang vor dem Abstellraum, wo bereits ihre Betreuer auf sie warten. Einige junge Kolleginnen gehen an ihnen vorbei ins Studio, wohl um sich die nächsten Szenen anzuschauen.

„Denk einfach an was Schreckliches und dann mach die Atemübung, die ich dir gezeigt habe.“, sagt Ren noch, ein verschmitztes Grinsen nur mühsam unterdrückend.

„Ja, Danke.“, antwortet Kyoko todernst. „Ich hoffe trotzdem, dass es nicht nötig sein wird.“

„Ach, und wenn... Gerade hat es ja auch geklappt.“, meint der junge Schauspieler und sieht kurz auf seine Armbanduhr. „Hm, hast du eine Ahnung, wo Kusaka-san jetzt ist, Yukihito-kun? Ich würde gerne kurz über die übernächste Szene mit ihm sprechen; ich hatte noch gar keine Gelegenheit, mich mit ihm über die Rollen zu unterhalten.“

„Ich hab ihn gerade in Richtung Set gehen sehen.“, antwortet der junge Manager prompt.

„Gut. Bis gleich, Kyoko-san.“ Leise seufzend macht Ren sich auf den Weg.

„Wie ich das so sehe, hat er dir noch nicht gesagt, dass ihr heute Abend noch einen Termin habt.“, seufzt Yukihito, als der junge Schauspieler außer Sichtweite ist - und Kyokos verständnisloser Blick bestätigt seine Annahme auf eine ausgesprochen plastische Art. „War ja klar.“, schmunzelt mit einem erneuten Seufzen. „Ihr sollt zur Eröffnung einer kleinen Galerie, die Werke von jungen Keramik-Künstlern ausstellt.“

„Oh!“, macht Kyoko.

„Anweisung von Takarada-san.“, fügt Rina augenzwinkernd hinzu.

„Werdet ihr mitkommen?“, will Kyoko wissen.

„Ja, natürlich.“, gibt Rina grinsend zurück. „Vorerst nur Termine mit Anstandswauwaus. – Ich hab übrigens ein bisschen recherchiert; der Termin heute Abend wird bestimmt ganz nett. Die Künstler, die dort ausstellen sind jedenfalls ganz interessant. – Ich zeig dir in der Mittagspause nachher mal ein paar Sachen.“

„Schon vergessen?“, fragt die junge Schauspielerin seufzend zurück. „In der Mittagspause werde ich wohl so beschäftigt sein, dass ich froh sein kann, wenn ich genug Zeit zum Essen habe.“

„Oh, stimmt ja! Die Autogrammjäger.“

„Weiß Ren-kun davon?“, hakt Yukihito leise nach.

„Ich hab’s ihm nicht gesagt.“, verneint Rina, während Kyoko nur leicht verlegen den Kopf schüttelt.

„Na, da wird er aber begeistert sein.“, stellt Yukihito sarkastisch fest ... und hat doch gleich darauf wieder ein schräges Schmunzeln auf den Lippen. „Wo er doch gerade so richtig Spaß bei der Arbeit hat. So ausgelassen hab ich ihn jedenfalls noch nie erlebt.“

„Nie?!“, fragt Rina entsetzt.

„Nie.“, kommt es nachdrücklich von ihrem Freund zurück. „Und wenn er weiter so sichtbar gute Laune hat, werden ihn schon bald selbst die jungen, schüchternen Mädchen belagern, die sich sonst nicht an ihn heran trauen.“, fügt er stirnrunzelnd hinzu. „Und das wird aller Voraussicht nach seiner Laune dann schnell – sehr schnell - einen empfindlichen Dämpfer verpassen.“

Wem wird’s die Laune verhageln?“, kommt es plötzlich wie aus dem Nichts, während sich eine eindeutig weibliche Hand auf Kyokos Schulter legt.

Die junge Schauspielerin zuckt unwillkürlich zusammen, doch als ihr bewusst wird, dass es sich um Kanae Kotonami handelt, die sie nun grinsend umrundet, atmet sie erleichtert auf.

„Ren-kun.“, beantwortet Yukihito leise Kanaes Frage.

„Wieso denn?“, hakt Kanae mit einem verschwörerischen Grinsen nach.

„Weil er bald feststellen wird, dass er den größten Teil der Mittagspause wohl allein wird verbringen müssen.“, erläutert Rina gedämpft und unterdrückt nur mühsam ein Kichern.

„Und weil er dann keine Ausrede mehr hat, sich vor seinen weiblichen Fans zu drücken.“, fügt Yukihito mit einem leicht säuerlichen Grinsen hinzu. „Und ich werde es dann ausbaden müssen.“

„Dann überlegen Sie doch einfach, was er ‚zufällig’ in der Mittagspause noch erledigen muss, Yashiro-san. – Vielleicht etwas abholen oder etwas besorgen für irgendeinen Termin morgen früh oder so.“, schlägt Kanae vor.

Das Gesicht des jungen Managers hellt sich unversehens auf. „Gar keine üble Idee, Kotonami-san. Danke.“

„Kein Problem“, winkt das Mädchen lässig ab, „mit Ausreden kenn ich mich aus; sonst hätte ich ja nie meine Ruhe vor den Quälgeistern, die sich meine Familie schimpfen.“

„So schlimm?“, will Rina wissen.

„Ja, schon ... irgendwie.“, antwortet Kyoko grinsend statt ihrer Freundin.

„Apropos Quälgeister.“, seufzt Kanae plötzlich auf. „Diese nervenden, ständig gibbelnden Teenie-Fans drüben in der Sammelumkleide nerven schon gewaltig. Entweder sie geraten über Tsuruga-san ins Schwärmen oder über Deine schauspielerischen Fähigkeiten, Kyoko-chan. Und die, die nicht ununterbrochen lautstark ihre Begeisterung kundtun, lästern mehr oder weniger rum und versuchen alles, was Du tust, schlecht zu reden. Mann, ich hoffe, das gibt sich noch im Laufe des Drehs!“

„Das hoffe ich auch...“, seufzt Kyoko; einen Moment überlegt sie, dann fügt sie hinzu: „Wenn Du willst, kannst Du auch gern meine Garderobe mitbenutzen. Dann hätten wir auch ein bisschen mehr Zeit miteinander.“

„Ich bin wirklich versucht, auf dieses Angebot einzugehen.“, droht Kanae scherzhaft.

„Es würde mich jedenfalls freuen, ich fühl mich sowieso nicht besonders wohl in der ‚Stargarderobe’. Ich brauche doch gar nicht so viel Platz.“

„Na gut“, meint Kanae darauf, „aber frühestens heute Nachmittag; oder doch besser morgen Früh, schließlich muss ich ja dann einiges rüber räumen.“ Schwungvoll patscht sie eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin, die darauf merklich zusammenzuckt. „Dann lass uns jetzt mal zum Set, es geht sicher gleich los.“ Grinsend sieht sie Kyoko ins Gesicht, die zunächst ein wenig verdutzt zurückschaut, dann jedoch schräg grinst.

„Du siehst aus wie ein Straßenkätzchen.“, behauptet Kanae trocken.

Kyoko kichert unterdrückt. „So was Ähnliches hat Ren-san auch gesagt.“, lacht sie.

„Na, dann pass mal auf, dass dich keiner gegen deinen Willen von der Straße aufliest...“, rät ihre Freundin grinsend.
 

Ran Nekozawa sitzt in einem kleinen Verhörraum des MIS, mit Handschellen an einen Stuhl gefesselt. Frustriert tritt sie gegen das Bein des einfachen, grauen Tisches vor sich, wirft dann einen kurzen, mürrischen Blick auf die verspiegelte Einwegscheibe an der rechten Seite des Raumes und rollt dann heftig mit den Augen.

Takeshi Nanohara hat das Ganze ungerührt beobachtet, steht jedoch von seinem Stuhl an der anderen Tischseite auf, als er seinen Kollegen zurückkommen hört. Gelassen geht er zur Tür, um sich dort für einen Moment mit ihm zu besprechen, während Ran im Hintergrund genervt aufstöhnt und den Kopf frustriert auf die Brust sinken lässt.

„Und?“, fragt Takeshi leise.

„Nun“, antwortet sein Backup „dass die Firmen-ID gefälscht ist, wussten wir ja schon. Hatte der Kleine ja auch schon gestanden.“

„Wie oft denn noch?!“, donnert Ran mürrisch. „Ich! Bin! Kein! Kerl!“

„Ja, ja“, beschwichtigt Seiji Kida sie schnell und wundert sich über das offensichtlich ausgezeichnete Gehör der jungen Frau, „von mir aus...“

Takeshi hingegen hebt kurz die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Ruhe, Giftzwerg!“, fordert er kühl, dann wendet er sich wieder an seinen Backup-Offizier. „Also, in welche Schublade dieser Welt gehört ... sie ... denn nun?“

„Koancho.“, antwortet Seiji – diesmal besonders leise und hält seinem Kollegen Rans konfisziertes Mobiltelefon unter die Nase, bevor er etwas lauter fortfährt. „Das hier ist kein Handy, sondern ein abhörsicheres Hochleistungs-Funkgerät, wie es der Koancho benutzt. Ich hab schon mit ihrem Vorgesetzten gesprochen und nach Rücksprache mit General Fujiwara sieht es ganz so aus, als solltet ihr Beide den Fall ab sofort gemeinsam aufklären.“

Sowohl Ran als auch Takeshi haben für einen kurzen Moment das nackte Entsetzen im Gesicht und fluchen leise.

„Ich seh schon“, schmunzelt Seiji Kida, „die Begeisterung hält sich auf beiden Seiten in Grenzen.“

„Was soll mich schon daran begeistern, mit zwei solch begriffsstutzigen Zinnsoldaten zusammenzuarbeiten? Allein schon, wie lang die Identifizierung meiner Wenigkeit gedauert hat...“, giftet Ran unwillig.

„Nun aber mal langsam, junges Fräulein.“, verlangt Takeshi ein wenig pikiert. Mühsam reißt er sich zusammen, atmet kurz durch und setzt dann ein etwas zu freundliches Lächeln auf. „Wie wäre es fürs Erste, wenn ich Sie von dem Stuhl befreie.“

„Oh“, antwortet Ran mit deutlichem Sarkasmus in der Stimme, „da wäre ich dem Herrn Major aber außerordentlich verbunden.“

„Ich bin kein Major“, antwortet Takeshi mit einem schrägen Grinsen im Gesicht, „nur Oberleutnant. Oberleutnant Takeshi Nanohara. – Gib mir mal den Schlüssel, Seiji-kun!“

Umständlich kramt dieser ihn aus seiner Hosentasche, um ihn dem Kollegen zu übergeben.

Ran grinst jetzt ebenfalls, wenn auch nicht ganz so breit. „Ich würde ja gern ‚freut mich’ sagen, aber das wäre glatt gelogen.“ Immer noch etwas verdrossen massiert sie ihre nun freien Handgelenke und streckt dann ihren Rücken, um sich etwas zu lockern. „Trotzdem Danke.“, sagt sie dann. „Mein Name ist übrigens Ran Nekozawa.“ Plötzlich huscht ein verschmitztes Grinsen über ihr Gesicht. „Jedenfalls meistens.“

Kopfschüttelnd und leise lachend geleiten die beiden Männer sie aus dem Raum.
 

„Okay, gestorben!“, ruft Ushio Kurozaki begeistert, während die umstehenden Zuschauer teils begeistert zu klatschen beginnen. „Das war absolut grandios! – Bitte sag mir, dass ihr auch alle Close-ups gut drin habt, Yoshida-kun!“

Der erste Kameramann sieht zu den beiden anderen hinüber, die ihm grinsend zunicken.

„Jo!“, ruft Yoshida dann zurück und setzt hinzu: „Besonders die Stelle als Ran so angezickt geschrieen hat, dass sie kein Kerl ist, ist einfach umwerfend eingefangen. Ich musste mich jedenfalls schwer beherrschen, nicht loszulachen. Rans Gesichtsausdruck war absolut genial!“

Kyoko, die mit ihren beiden Kollegen inzwischen wieder hinter den Kulissen hervorgetreten ist, ist rosa angelaufen bei dem offensichtlichen Lob. Ren klopft ihr anerkennend auf den Rücken und grinst.

„Okay“, meint der Regisseur nach einem kurzen Blick in den Drehplan. „Dann ziehen wir jetzt in die nächste Kulisse um, ins Koancho-Büro von Hinako Yamaguchi.“
 

„Alle fertig?“, will Kurozaki wissen, als die gesamte Crew auf dem Posten zu sein scheint. Eifrige Rückmeldungen bestätigen die Einsatzbereitschaft aller, bei manchen scheint man gar den Eindruck zu haben, dass sie sich extra beeilt haben, weil sie gespannt auf die nächste Szene sind.

„Meint ihr, ihr schafft es wieder, die Szene mit allen drei Kameras gleichzeitig gut einzufangen?“, wendet sich der Regisseur an die Kameraleute.

„Da bin ich mir absolut sicher!“, gibt Yoshida-san grinsend zurück, während die anderen einfach die Daumen hochhalten und bis über beide Ohren grinsen.

„Na, die scheinen ja echt Spaß zuhaben.“, stellt der Regieassistent schmunzelnd fest.

„Umso besser.“, meint Kurozaki gut gelaunt. „Na, dann: Auf in den Kampf!“, verkündet er laut. „Also, Klappe und Action bitte!“

Das Scriptgirl lässt die Klappe knallen.
 

Ran sitzt im Büro ihrer Backup-Offizierin im Hauptquartier der PSIA, von der jungen Frau im eleganten Designerkostüm auf einen der Drehstühle verfrachtet, um ihre diversen Blessuren zu versorgen. Gerade ist sie dabei, Rans Schrammen im Gesicht mit einem Tupfer zu desinfizieren.

„Halt doch mal still, Ran-san!“, verlangt die junge Frau energisch. „Und reg dich endlich ab.“

„Abregen?!“, poltert die junge Agentin empört. „Die haben Stunden gebraucht, um meine Identität zu klären! ...diese Vollpfosten!“

„Na, du hättest ihnen ja auch gleich deinen Namen nennen können, nachdem du mitgekriegt hast, dass der Typ dich zum MIS schleppt.“, gibt Hinako Yamaguchi trocken zu bedenken, während sie einen tieferen Kratzer vor dem Ohr abtupft.

„Autsch“, zischt Ran leise und zuckt merklich zusammen. „Wieso sollte ich?! Undercover ermitteln macht nur Sinn, wenn die Identität des Agenten geheim bleibt. Und laut Vorschrift...“

„Jetzt hör aber mal auf mit der Haarspalterei!“, fällt Hinako ihr ins Wort und drückt den Tupfer mit voller Absicht noch ein Mal auf die empfindliche Stelle von eben, sodass Ran zischend die Luft einzieht. „Du weißt genau, dass du durchaus befugt bist, einer inländischen Behörde – oder in diesem Fall dem MIS – deine Identität zu offenbaren. – Himmel! Das bleibt doch eh irgendwie in der Familie. – Du weißt schon, was ich meine...“

Ran grummelt trotzig vor sich hin und hat den Blick zu Boden gesenkt.

„Ich weiß, es ist nicht gerade angenehm, plötzlich einen neuen Partner bei den Ermittlungen aufgedrückt zu bekommen", versucht Hinako zu beschwichtigen, "aber nimm es doch ein bisschen lockerer; die Zusammenarbeit ist ja schließlich nur für eine begrenzte Zeit. – Ermittle halt besonders zügig, dann ist es auch schneller vorbei.“

Sie legt den Tupfer in eine Nierenschale auf dem Schreibtisch und klebt ein Pflaster auf den größeren Katzer vor Rans linkem Ohr.

„So“, meint sie dann zufrieden, „das war das. Und nun zu unserem neuen Kollegen...“ Vor sich hin summend wendet sie sich ihrem Computer zu und tippt eine Weile auf der Tastatur herum. Schließlich hellt sich ihr Blick auf; noch einmal gibt die etwas ein, dann pfeift sie leise durch die Zähne.

„Ist er das?“, fragt sie ihre Kollegin, die darauf naserümpfend nickt. „Der is aber lecker!“

Ran verdreht schlecht gelaunt die Augen. „Genau die Sorte Mann, die ich gefressen hab! Dieser Mister Obercool bildet sich weiß Gott was ein!“

„Na ja“, meint Hinako ruhig. „eigentlich kann er sich das auch leisten; nach allem, was ich hier sehe. – Blütenweiße Akte, vorbildlicher Offizier, nur erstklassige Abschlüsse und Beurteilungen ... und obendrein sind seine Vorfahren schon seit Generationen hochrangige Soldaten.“

„Passt ja.“, grummelt Ran. „Wahrscheinlich haben sie ihm das Paschatum schon mit in die Wiege gelegt, ... blöder Macho!“

„Ich weiß nicht, interpretierst du da nicht ein bisschen viel rein, Ran-san?“

„Finde ich nicht. Was gibt es noch über ihn?“

„Na ja, vielleicht hast du doch nicht so ganz Unrecht; er arbeitet offenbar nicht gern mit anderen Agenten als seinem Backup zusammen und bisher auch nur ein einziges Mal mit einer Frau ... und das war ganz am Anfang seiner Karriere beim MIS. – Erinnert mich übrigens an einen gewissen Jemand, der auch lieber sein eigenes Süppchen kocht...“ Breit grinsend sieht sie die junge Agentin an, die ihr schon die ganze Zeit über die Schulter sieht und nun ihr Gesicht zu einem unwilligen Lächeln verzieht.

„Jedenfalls ist er – genau wie du – ledig und hat keine feste Beziehung.“, sagt Hinako grinsend.

„Wen interessiert’s?“, gibt Ran trocken zurück. „Spezielle Ausbildungen oder Fähigkeiten, die uns in diesem Fall nützen könnten?“

„Hm, er ist Sprengstoffexperte, Experte für Massenvernichtungswaffen und chemische Kampfstoffe und kennt sich mit militärisch nutzbaren Drogen aus.“

„Na, das ist doch mal was Brauchbares!“, meint Ran und zum ersten Mal seit einer ganzen Weile huscht ein leises Lächeln über ihre Lippen.
 

„Cuut! Gestorben!“, ruft der Regisseur gut gelaunt; wieder klatschen etliche der Kollegen, die zum Zuschauen gekommen sind. „Prima gemacht. Hinako kann ruhig noch ein bisschen mehr die große Schwester mimen, wenn Ran so mies drauf ist, aber für diese Szene war es vollkommen ausreichend. - Kurze Umbaupause, dann drehen wir die Szene mit Takeshi und Seiji!“, verkündet er laut und ist im nächsten Moment auch schon wieder damit beschäftigt, seinem Regieassistenten Anweisungen zu erteilen.
 

Bereits ein paar Minuten später ist alles fertig zum Drehen. Das Büro im MIS-Gebäude unterscheidet sich nur in Kleinigkeiten von dem in der PSIA, jedoch deutlich genug, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass es sich um einen anderen Raum handelt.

„Denk dran, Seiji“ wendet sich Kurozaki an Sei Kusaka, der Takeshis Kollegen spielt, „das hier ist jetzt eine vollkommen andere Situation als vorhin im Verhörraum. Ihr Beide seid gute Freunde und es gibt niemanden, dem Takeshi mehr vertraut als dir; darum gibt er sich jetzt auch bei weitem nicht so cool. Und wenn sich dein Freund so borniert gegenüber Frauen äußert – etwas, dass er in Gegenwart einer Frau niemals tun würde – dann fühlst du dich schon ein bisschen verpflichtet, ihn wieder zur Vernunft zu bringen, selbst wenn du weißt, dass das vorerst nur wenig bewirken wird. Andererseits willst du ihn natürlich nicht zu sehr nerven, damit er nicht vollkommen dicht macht und du so letztlich eure Freundschaft gefährdest. Außerdem ist es sowieso eher ungewöhnlich, dass Takeshi so deutlich emotional reagiert. – Und denkt beide daran, dass euch dieses ‚kleine Mädchen’ ganz schön zugesetzt hat in den letzten Stunden. Dir, Takeshi, hat das mehr imponiert als du jemals zugeben würdest; nicht mal vor deinem Freund und Kollegen.“

„Und das macht mich irgendwie aggressiv...“, fährt Ren grinsend fort, während sich sein Blick kurz mit dem von seinem Betreuer trifft. Sein Grinsen wird noch ein bisschen breiter.

„Richtig“, meint der Regisseur, „weil du so überhaupt nicht weißt, wie du damit umgehen sollst; so etwas ist dir noch nie untergekommen.

Die Szene darf übrigens reichlich Parallelen zur Szene mit Ran und Hinako haben. Die Beiden haben gut vorgelegt, also strengt euch an.

Mit den Kameras verfahren wir genau wie in der letzten Szene.“

Die Kameramänner geben durch Gesten kurze Bestätigungen, dann begibt sich der junge Regisseur auf seinen Stuhl und gibt die Order zu beginnen.
 

Takeshi sitzt auf einem Drehstuhl im Büro seines Backups und lässt sich eine lange Schramme am Unterarm verarzten.

„Ich kann dieses Kind nicht ernst nehmen.“, nörgelt Takeshi schlecht gelaunt. „Es ist erfahrungsgemäß schon schwierig mit erwachsenen Frauen undercover zu arbeiten, ... aber ich hab wirklich keine Lust, bei so einem komplizierten Fall nebenher auch noch Babysitter zu spielen.“

„Babysitter, hm? – Ich hatte ja eher den Eindruck, dass sie ganz gut auf sich selbst aufpassen kann; immerhin hast du erhebliche Schwierigkeiten gehabt, sie herzukriegen. Und du bist fast zwei Köpfe größer und doppelt so breit.“, gibt Seiji zu bedenken, während er mithilfe eines Tupfers die Schramme desinfiziert. Takeshi zuckt nur leicht mit den Mundwinkeln.

„Diese kleine Kratzbürste ist viel zu emotional für eine Agentin, die wird uns todsicher irgendwann in Schwierigkeiten bringen.“, argumentiert Takeshi.

„Ich weiß nicht. Weibliche Agenten kommen an manche Informanten einfach leichter ran ... und der Koancho wird sich etwas dabei gedacht haben, als er ausgerechnet sie auf den Fall angesetzt hat. Vermutlich steckt mehr in ihr, als man auf den ersten Blick erkennen kann.“

„Klar“, Takeshi schnaubt verächtlich durch die Nase, „ein kleiner Kampffussel, der es faustdick hinter den Ohren hat!“

„Na ja, immerhin hat sie das Drogenfläschchen nicht nur ziemlich geschickt in ihre Finger gekriegt, trotz aller Anstrengungen deinerseits in ihrem Besitz gehalten ... und falls es dir nicht aufgefallen sein sollte: Sie hat es auch noch mitgenommen.“, gibt Seiji schmunzelnd zu Bedenken ... und ein kurzer Blick in Takeshis entsetztes Gesicht verrät ihm, dass diese Tatsache gerade erst in sein Bewusstsein gedrungen ist.

„Dieses verfluchte Biest!“, entfährt es dem Agenten.

„Reg dich ab, ich habe das untrügliche Gefühl, dass beide Geheimdienste den Fall mehr als ernst nehmen und der Koancho hat ein ebenso hervorragendes Labor wie der MIS. Da ihr ab sofort zusammenarbeitet, werden wir die Ergebnisse schon noch erfahren.“

Seiji legt die Nierenschale mit Tupfern, Verbandsmitteln und Desinfektionsmittel beiseite und wendet sich seinem Computer zu.

„So und jetzt wollen wir mal sehen, mit wem wir es da zu tun haben. – Wird sich ja was rausfinden lassen...“

Ein Weilchen tippt er eifrig auf der Tastatur herum, bis sich schließlich sein Gesicht aufhellt. Leise pfeift er durch die Zähne.

„Wie ich es mir dachte.“, sagt er beinahe ehrfürchtig.

„Was?“, hakt Takeshi neugierig nach und rückt seinen Stuhl so zurecht, dass er auf den Bildschirm schauen kann.

„Dein ‚kleines Mädchen’ wurde schon auf der Mittelschule vom Koancho rekrutiert und hat die Koancho-Highschool auf Hokkaido besucht. Gut, sie hat nicht unbedingt als Musterschülerin abgeschlossen, aber bei den entscheidenden Fähigkeiten scheint sie immer ganz vorne dabei gewesen zu sein: Erstklassige Schützin – egal welches Kaliber – ausgezeichnete Nahkämpferin...“ Grinsend dreht er sich seinem Kollegen zu. „Aber das hattest du ja schon mitgekriegt.“

Mürrisch murmelt Takeshi irgendeine Verwünschung in den nicht vorhandenen Bart. Seiji lacht bloß.

„Sie kann praktisch jedes Schloss knacken, hat mehrere Auszeichnungen für schulische Parkour-Läufe kassiert; sie ist anscheinend ein ausgezeichneter Hacker, kennt sich mit Sprengstoffen und Bombenentschärfung und außerdem mit bewusstseinsverändernden Drogen aus.“, fahrt der Backup-Offizier fort.

„Das könnte eventuell doch von Vorteil sein.“, gibt Takeshi ein bisschen widerwillig zu. Sein Gesicht drückt derart widersprüchliche Gefühle aus, dass Seiji sich ein Kichern nicht verkneifen kann.

„Waas?!“, fragt Takeshi gereizt.

„Du fängst an, sie zu mögen.“, behauptet Seiji grinsend.

„Quatsch! Ich versuche nur, das Beste aus dieser beschissenen Zusammenarbeit zu holen.“

„So, so...“, schmunzelt Seiji. „Mal sehen, was wir noch herausfinden können...“ Wieder tippt er ein wenig auf der Tastatur herum. „Ah, hier. Sie scheint nicht besonders gesellig zu sein, offenbar schon seit der Schulzeit. – Hm, vielleicht liegt das auch daran, dass sie Waise ist und keinerlei Verwandte mehr hat... Jedenfalls scheint sie lieber allein zu arbeiten. Auf alle Fälle gibt es wohl regelmäßig Ärger, wenn sie mit anderen Agenten zusammenarbeiten soll; allerdings nie auf den jeweiligen Fall bezogen...– An wen erinnert mich das bloß?“ Frech grinst er in Takeshis Richtung.

„Ach, halt’s Maul!“, sagt dieser nur. „Was noch?“

„Sie scheint mitunter gerne die Regeln zu brechen, ...um es mal vorsichtig auszudrücken. Allerdings hat sie dann immer auch eine gute Begründung ihren Vorgesetzten gegenüber parat.“ Seiji überlegt einen langen Moment. „Wenn ich mir das hier so ansehe, spricht das eher für schnelles, kreatives Denken als für notorische Renitenz. Jedenfalls wenn du mich fragst. – Vielleicht ist die kleine Kratzbürste doch ganz brauchbar.“

„Wir werden ja sehen.“, grummelt Takeshi.

„Außerdem ist sie eigentlich ganz niedlich.“, findet Seiji.

„Ja, klar, vielleicht, wenn sie schläft ... oder unter Beruhigungsmitteln steht.“, meint Takeshi sarkastisch.
 

„Cut! Auch die Szene ist gekauft!“, ruft der Regisseur; seine Laune wird immer besser. „Dann haben wir ja Zeit für eine ausgiebige Mittagspause. Bedankt euch bei den Akteuren dieses Vormittags!“

Begeistertes Klatschen der gesamten Crew, in das spontan auch Ushio Kurozaki einfällt, ist die Antwort.

„Wir machen dann in 2 ½ Stunden weiter!“, verkündet der junge Regisseur und zieht lässig seine obligatorische Sonnenbrille wieder vor die Augen.

Anonyme Botschaft

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Cut! Auch die Szene ist gekauft!“, ruft der Regisseur; seine Laune wird immer besser. „Dann haben wir ja Zeit für eine ausgiebige Mittagspause. Bedankt euch bei den Akteuren dieses Vormittags!“

Begeistertes Klatschen der gesamten Crew, in das spontan auch Ushio Kurozaki einfällt, ist die Antwort.

„Wir machen dann in 2 ½ Stunden weiter!“, verkündet der junge Regisseur und zieht lässig seine obligatorische Sonnenbrille wieder vor die Augen.

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Anonyme Botschaft
 

„Wieso willst du denn jetzt unbedingt was kochen?“, schmollt Ren halbherzig, während er Kyoko hinterrücks umarmt und ihr einen Kuss in den Nacken haucht. „Wir könnten auch genauso gut etwas bestellen.“

Seufzend legt Kyoko das Küchenmesser aus der Hand und dreht sich zu ihrem Mann herum.

„Erstens damit du was Gescheites in den Magen bekommst, bevor wir wieder los müssen ... und zweitens weil selber Kochen in diesem Fall genauso lange dauert wie Liefern lassen.“

„Aber...“, beginnt Ren, wird jedoch sofort von Kyokos unnachgiebigen Blick zum Schweigen gebracht.

„Kein Aber.“, sagt sie bestimmt. „Und wenn du mich jetzt einfach machen lässt, ist das Essen auch ruck zuck fertig.“ Ein zärtliches Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen, während sie mit der Hand in seinen Nacken greift, um ihn zu sich herunter zu ziehen und ihn dann nachdrücklich zu küssen.

Ren indessen nutzt die Situation schamlos aus und während er seine junge Frau in ein leidenschaftliches Zungenspiel verstrickt, räumt er mit einer Hand die Arbeitsfläche hinter ihr frei und setzt sie dann ohne weitere Umschweife darauf, um seine Arme noch ein wenig fester um sie zu schlingen.

Laut seufzend lässt er sie schließlich wieder frei. Kyoko fährt noch ein Mal mit einer Hand über seine Wange und gibt ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn.

„Lass mich jetzt in Ruhe kochen, sonst kommen wir beide nachher noch mit absolut leerem Magen zu spät zu dieser Ausstellungseröffnung.“, verlangt sie gedämpft. „Oder magst du mein schnelles Hähnchen-Curry neuerdings nicht mehr?“

„Ich würde niemals etwas verschmähen, das du mit so viel Liebe zubereitet hast.“, behauptet er leise.

„Soso“, gibt sie kichernd zurück, „ich werde bei Gelegenheit darauf zurückkommen. Würdest du mich dann jetzt bitte runter lassen, Koon?“

„Mit dem größten Vergnügen, mein Herz.“, sagt Ren ... und hat mit einem Mal ein verschmitztes Grinsen im Gesicht. Ehe sie sich versieht, hat er sie auf beide Arme genommen und trägt sie übermütig durch die Küche, als müsse er überlegen, wo genau er sie absetzen soll.

„Koon?“, fragt Kyoko vorsichtig.

„Hm...“ Ren grinst jetzt geradezu unverschämt. „Jetzt hab ich doch vollkommen vergessen, was ich wollte.“, behauptet er frech. „Ist ja auch kein Wunder; wenn ich dich in den Armen habe, neige ich wirklich dazu, alles andere zu vergessen.“

Kyoko lächelt nachsichtig. „Lügner.“, stellt sie sachlich fest. „Du hattest mich heute vor der Kamera mehr als ein Mal im Arm und derartige Aussetzer waren nicht im Geringsten festzustellen, weder beim Text noch bei den Stunt-Choreographien.“

„Ach, weißt du“, meint Ren lachend, während er sie vorsichtig absetzt und erneut umarmt. „anscheinend hat sich das komplett auf den ganzen Stab Stunt-Statisten übertragen, sodass ich letztlich verschont geblieben bin.“

„Okay, dann sag ich Choi-sensei morgen, dass dieses NG-Desaster heute Nachmittag ganz allein deine Schuld war.“

„Na gut“, gibt Koon ein bisschen widerwillig nach, „ich geb’s zu, du hast natürlich Recht. – Aber bei der Arbeit ist das doch auch was anderes...“

„Das habe ich nie bestritten, mein Liebster. – Aber ehrlich, es war zum Schluss wirklich nicht mehr lustig, dass wir die Takes ständig wiederholen mussten, weil andauernd irgendwer Fehler machte; besonders die Mädchen waren schrecklich unkonzentriert. – Choi-sensei war am Ende so was von sauer... Ich versteh gar nicht, wie du in solchen Situationen so gelassen bleiben kannst. Wenn du unseren Stunt-Coordinator nicht mit konstruktiven Vorschlägen abgelenkt hättest, wäre er wahrscheinlich explodiert.“

„Möglich. Kurozakis Laune ist im Laufe des Nachmittags auch immer schlechter geworden. Aber so was kann passieren, wenn sich am Set die Stars die Klinke in die Hand geben und dann beim Dreh auf vergleichsweise unerfahrene Statisten treffen. Das wird sich mit ziemlicher Sicherheit in den nächsten Tagen legen.“

„Stars, he? Mehrzahl?!“, fragt Kyoko verständnislos.

„Ja, sicher.“, erklärt Ren ruhig. „Sei Kusaka ist ziemlich bekannt, Kanae-san auch und nicht zuletzt du und ich. Außerdem ist die Crew ebenfalls recht hochkarätig besetzt; das weiß man zumindest, wenn man in der Branche arbeitet.“

„Also, mich halt da lieber mal raus.“, meint Kyoko verlegen.

„Aha - und wieso musste ich dann die halbe Mittagspause allein mit Yukihito-kun verbringen?“, will Ren grinsend wissen. „Wenn die Pause wegen des zügigen Drehs am Vormittag nicht so lang gewesen wäre, hättest du nicht mal Zeit zum Essen gehabt.“ Sachte küsst er sie auf die Stirn. „Deine übertriebene Bescheidenheit solltest du dir langsam abgewöhnen.“

Kyoko ist rosa angelaufen und senkt den Blick zu Boden. „Na gut, ich versuch’s.“, sagt sie leise. Plötzlich kommt ihr ein Gedanke.

„Kanae-chan sah toll aus als Hinako, findest du nicht? So erwachsen ... und elegant ... mit diesem dunkelblauen Designerkostüm und der tollen Hochsteckfrisur. Einfach, aber sehr effektvoll.“, schwärmt Kyoko von ihrer besten Freundin.

Ren sieht sie mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit und Belustigung an, dann meint er trocken: „Keine Ahnung, ich hab keinen Blick mehr für andere Frauen. An dir gibt es genug zu betrachten, mein Engel; schätzungsweise genug für die nächsten 100 Jahre. Mindestens.“

Kyokos Gesichtsfarbe wird deutlich tiefer. „Meinst du nicht, dass du es ein bisschen übertreibst mit der Süßholzraspelei?“, fragt sie leise.

„Wieso übertreiben?“, gibt Ren grinsend zurück. „Ich sage nur die Wahrheit. – Ach übrigens, wolltest du nicht kochen?“

Die letzte Frage bringt Kyoko wieder zur Besinnung. „Stimmt.“, sagt sie und entfernt sich beinahe schon fluchtartig aus seinen Armen, um sich wieder ihrer Arbeit zuzuwenden.

„Kann ich nicht wenigstens was helfen?“, bettelt Ren.

Kyoko dreht sich wieder zu ihm herum und beginnt leise zu kichern. „Lieber nicht, du schneidest dir bloß wieder in die Finger. Außerdem bin ich schneller, wenn ich es allein mache. Geh lieber schon mal duschen.“

„Wie ihr befehlt, meine Gebieterin.“ Ren verbeugt sich ergeben und macht sich umgehend auf den Weg, allerdings nicht ohne seiner Frau noch einen Kuss auf die Wange zu schmatzen.
 

Als Ren eine Viertelstunde später wieder in Kyokos Küche auftaucht, fallen dieser beinahe die Teller aus der Hand, die sie gerade auf den Tisch stellen wollte.

Nur mit seinem dunkelroten Bademantel und einem unverfrorenem Grinsen bekleidet steht er in der Küchentür und wartet betont lässig, bis der Effekt seines Auftritts nachgelassen hat.

„Fertig?“, fragt er dann ruhig.

„Mit Glotzen oder mit Kochen?“, fragt Kyoko murmelnd zurück und greift sich gleich darauf ächzend und heftig rot werdend an den Kopf.

Mit zwei Schritten – und einem jetzt reichlich selbstzufriedenen Grinsen – ist Ren bei ihr und schlingt zärtlich seine Arme um sie. „Och, solange dir gefällt, was du anglotzt, soll es mir recht sein.“, meint er gelassen. „Ich mag es übrigens, wenn du aus heiterem Himmel so schlagfertig wirst. – Kann es sein, dass Ran Nekozawa ein bisschen auf dich abfärbt?“

„Vermutlich.“, seufzt Kyoko. „Ich kann eben nicht so schnell loslassen, wenn ich mich in eine Rolle einarbeite.“

„Du brauchst dich nicht entschuldigen.“, flüstert Ren ihr zärtlich ins Ohr. „Das ist eben deine Art zu arbeiten ... und deine Arbeit ist derzeit – nebenbei bemerkt - verdammt gut. Außerdem wäre es mir gar nicht so unrecht, wenn du ein bisschen was von Ran auch nach den Dreharbeiten beibehalten würdest. – Ich finde es nämlich sehr sexy.“

Sachte küsst er sie aufs Haar, dann wechselt er abrupt das Thema. „Dein ergebener Gatte hat im Übrigen einen Bärenhunger, Hime-chan.“

„Ich werd dich dran erinnern, wenn dein Teller nicht leer wird.“, meint Kyoko leise, dann befreit sie sich mit sanfter Gewalt aus seinen Armen und kümmert sich darum, dass das Essen auf den Tisch kommt.
 

Leise ächzend legt Ren den Löffel schließlich beiseite und sieht seine Frau triumphierend an. „Geschafft!“, verkündet er stolz.

„Fein gemacht.“, lobt Kyoko grinsend, tätschelt ihm den Kopf und macht Anstalten, den Tisch abzuräumen. Ehe sie sich versieht, sitzt sie allerdings auf dem Schoß ihres Mannes und findet sich liebevoll gefangen in seinen Armen. „Hey!“

„Nix ‚Hey’. – Ich hab mir den Nachtisch redlich verdient. – Und das, obwohl du mit unfairen Mitteln gearbeitet hast. Gib es zu: Du hast mindestens drei Löffel mehr auf den Teller geschaufelt als normalerweise.“

„Zwei.“, gesteht Kyoko. „Wegen der Stunts heute Nachmittag hattest du mittags nicht allzu viel und der Dreh danach war anstrengend; du brauchst die Kalorien.“

„Hmm“, überlegt Ren grinsend, „vielleicht hast du Recht; möglicherweise brauche ich tatsächlich noch ein bisschen zusätzliche Energie. – Für heute Nacht.“

Wie nicht anders zu erwarten, läuft Kyoko tomatenrot an, während auf ihren Lippen der Anflug eines Lächelns zu erkennen ist. Ren fackelt nicht lang und küsst sie ausgiebig.

Dann stellt er sie sachte wieder auf den Boden und erhebt sich vom Stuhl.

„Geh jetzt duschen; ich trinke noch einen Kaffee und dann räum ich das Geschirr weg.“, sagt er lächelnd. „Oder möchtest du, dass ich dir beim Duschen helfe?“

„Um Himmels Willen!“, lacht Kyoko. „Dann werde ich ja nie fertig. Jedenfalls nicht mehr heute.“

„Schade eigentlich“, meint ihr Mann bedauernd, „dafür hätte ich auch gern auf meinen Kaffee verzichtet...“

„Glaub ich dir unbesehen, du Lustmolch.“ Sachte zieht sie ihn ein wenig herunter und küsst ihn auf die Wange. „Bis später.“, sagt sie und verlässt ohne weiteren Kommentar, aber mit einem amüsierten Lächeln auf den Lippen die Küche.
 

Ren sitzt – inzwischen in einen hellgrau melierten Designeranzug und ein schwarzes Hemd gekleidet – auf seinem Sofa und wartet mehr oder weniger geduldig auf seine Frau. Als sie schließlich in einem klassischen, schwarzen Hosenanzug im Marlene-Dietrich-Stil und einer cremefarbenen Seidenbluse aus ihrem Wohnungsteil herüber kommt, erhebt er sich und stellt sich, eine Hand in der Hosentasche, mitten im Zimmer auf und mustert sie, ohne auch nur eine Miene zu verziehen.

„Kann ich so gehen?“, fragt Kyoko unsicher.

Augenblicklich breitet sich ein stolzes Lächeln in seinem Gesicht aus. „Natürlich. Du siehst fantastisch aus, Hime-chan!“

„Danke.“, erwidert sie verlegen. „Aber was soll denn ich jetzt sagen? – Ich mein...“ Ein wenig verschämt stöhnt sie auf ... und setzt beinahe flüsternd hinzu: „Oh, Mann, Mister Best-Dressed-Man... Wenn man mit dir einen offiziellen Termin hat, muss man sich als Frau ganz schön ins Zeug legen, um nicht als Mauerblümchen dazustehen.“

Ren lacht auf und geht auf sie zu, um sie in die Arme zu nehmen. „Andere Frauen vielleicht“, meint er, „aber nicht du , geliebtes Eheweib.“

„Ach, hör doch auf!“, winkt Kyoko ein wenig schwermütig ab. „Als dieser Kyulala-Spot lief, haben die Leute fast ausschließlich über Kanae-chan gesprochen, ich war nur die unscheinbare, kleine Statistin. Das zeigt doch deutlich, dass ich nicht gerade auf den ersten Blick auffalle; immerhin hatten wir ja die gleiche Schuluniform an.“

Ren schiebt sie ein wenig von sich, um ihr ins Gesicht schauen zu können.

„Erstens war das vor dem Umstyling heute Morgen;

zweitens war es der Sinn dieses Werbeclips, dass ihr wie zwei ganz normale 08/15-Schülerinnen rüber kommt;

drittens hast du dich seither ganz schön zu deinem Vorteil verändert – und zwar einfach nur dadurch, dass dein Selbstwertgefühl gewachsen ist.“, argumentiert er liebevoll.

„Und viertens würde ich niemals zulassen, dass dich jemand ungestraft als Mauerblümchen bezeichnet, denn das bist du nicht.“

Kyoko scheint anzusetzen, etwas zu sagen, bevor jedoch auch nur ein leises Tönchen ihrem Mund entweichen kann, hat Ren ihre Lippen bereits leidenschaftlich in Beschlag genommen.

„Okay“, seufzt Kyoko, als er sie wieder freigibt, „ich geb auf. Dir bin ich nicht gewachsen. - Noch nicht.“

Ihr Mann kichert ebenso ausgelassen wie triumphierend. „Sag mal, hab ich dir heute schon gesagt, dass ich dich liebe?“, fragt er grinsend.

„Ja.“, antwortet Kyoko lächelnd. „Mindestens fünf Mal.“

„Gut, dann sage ich es dir jetzt zum sechsten Mal: Ich liebe dich.“

„Hast du keine Angst, dass sich diese Worte irgendwann abnutzen?“, will Kyoko mit dem Anflug eines Grinsens um die Mundwinkel wissen.

„Nein.“, beteuert Ren lächelnd. „Und wenn... Dann denke ich mir was anderes aus. – Krieg ich eine Antwort?“

„Hm“, überlegt Kyoko theatralisch, „na gut. – Ich.“

Sacht nimmt sie seine rechte Hand und führt sie zu ihren Lippen, um einen Kuss darauf zu hauchen.

„Dich.“ Lächelnd tut sie das Gleiche mit seiner anderen Hand.

„Auch.“, endet sie, stellt sich ein wenig umständlich auf die Zehenspitzen und küsst ihn zärtlich auf den Mund.

In Rens Gesicht hat sich ein höchst zufriedenes Grinsen ausgebreitet. „So ist recht.“, meint er vorgeblich selbstgerecht. „Und jetzt: Umdrehen!“

Kyoko tut seufzend, wie ihr geheißen.

Ihr Ehemann holt ein kurzes Platinkettchen aus der Hosentasche, an dem ein kleiner Glücksklee-Anhänger mit einem Smaragd auf einem der Blätter hängt, legt es sacht um Kyokos Hals und küsst sie anschließend sachte auf den Nacken.

„Für deinen ersten Drehtag als Hauptdarstellerin.“; sagt er und fügt leise hinzu: „Einen sehr erfolgreichen ersten Drehtag.“

„Du findest auch immer einen Anlass.“, seufzt Kyoko resigniert. „Irgendwann werde ich nicht mehr wissen, wohin mit den ganzen Geschenken.“

„Dann werden wir uns wohl eine größere Wohnung suchen müssen.“, gibt er gelassen zurück. „Oder vielleicht gleich ein ganzes Anwesen...“

Stürmisches Klingeln aus gleich zwei Richtungen unterbricht sie beiden Turteltauben, die sich nun leise seufzend trennen und zu den jeweiligen Wohnungstüren gehen, um zu öffnen.
 

„Hallo, Rina-san.“, begrüßt Kyoko ihre breit grinsende Managerin in „ihrem“ Teil der Wohnung. „Geh doch schon mal ins Wohnzimmer, ich muss noch meinen Mantel und passende Schuhe raussuchen.“

Rinas Grinsen wird noch ein wenig breiter, doch erst als sie Tür geschlossen ist, antwortet sie. „In welches? Deines oder das deines werten Gatten?“

„Hm...“, stimmt die junge Schauspielerin in das Grinsen ein. „Keine Ahnung. Geh doch einfach dem Geräuschpegel nach.

„Gut.“, lacht Rina. „Dann mach dich mal fertig, wir sollten nämlich schon jetzt losfahren, der Verkehr ist wieder mal eine mittlere Katastrophe.“

Kyoko begibt sich in ihr Schlafzimmer, um ihren Mantel zu holen.

Kurz darauf steht sie – den eleganten, schwarzen Mantel im Trenchcoat-Stil bereits übergeworfen – unschlüssig vor dem geöffneten Schuhschrank im Flur und wirft einen leicht verzweifelten Blick zu ihrer Betreuerin, die immer noch dort steht.

„Welche Schuhe soll ich bloß anziehen?“, fragt sie unsicher.

„Nimm die Lackpumps.“, meint Ren grinsend, der plötzlich wie aus dem Nichts hinter den Beiden aufgetaucht ist. „Die passen am besten dazu. Ist jedenfalls meine unmaßgebliche Meinung.“

„Gut, Herr Modeberater. Danke.“, antwortet Kyoko lächelnd.

„Keine Ursache, Hime-chan, ich betrachte es geradezu als meine eheliche Pflicht.“, behauptet Ren augenzwinkernd.

„Ich dachte eigentlich immer, mit ‚ehelichen Pflichten’ wäre etwas anderes gemeint.“, bemerkt Yukihito lachend ... was zur Folge hat, dass die beiden anwesenden Damen synchron in Gekicher ausbrechen.

„Wo du gerade davon sprichst...“, sagt Ren und greift grinsend nach seiner jungen Frau, die gerade mit dem Anziehen der Schuhe fertig ist, um sie ebenso besitzergreifend wie leidenschaftlich zu küssen.

Rina grinst ihren Freund verschmitzt an. „Wenn das so ist...“, meint sie achselzuckend, geht kurz entschlossen drei Schritte auf Yukihito zu, greift ihn nachdrücklich am Kragen seines Jacketts und macht sich zärtlich über seine Lippen her.
 

„Hm, gar nicht schlecht, wenn du hohe Absätze trägst.“, findet Ren, als er sich wieder von Kyoko löst. „Dann komm ich leichter an dich ran.“

„Als ob dich andernfalls der Größenunterschied aufhalten würde.“, gibt Kyoko zärtlich zurück.

„Stimmt. Aber auf die Art ist es beinahe schon so bequem als wenn du auf meinem Schoß sitzt.“, meint Ren todernst.

Kyokos Gesicht nimmt in Sekundenbruchteilen die Farbe einer reifen Tomate an.

Für ein paar Sekunden beobachtet Ren schmunzelnd, wie seine Frau ihre so offensichtliche Verlegenheit mühsam wieder abzuschütteln sucht, dann fällt sein Blick plötzlich auf die beiden jungen Manager, die immer noch selbstvergessen und eng umschlungen im Flur stehen und knutschen. Sein Grinsen wird breiter.

„Was ist, ihr Zwei?“, fragt er trocken. „Sollen wir lieber allein fahren?“

Rina lässt ein wenig erschrocken ihren Liebsten los, hat jedoch sofort ein verschlagenes Grinsen im Gesicht, ... während Yukihito, den ihr Kuss offensichtlich schwer ins Schwitzen gebracht hat, noch um Fassung ringt.

„Was?!“, poltert die Betreuerin den jungen Schauspieler übertrieben empört an. „Damit du mein kleines Schäfchen...“ Demonstrativ entreißt sie Kyoko seinen Armen und stellt sie beschützend hinter ihren Rücken. „...den ganzen Abend ungestört mit deinen wollüstigen Begierden belästigen kannst, du Lüstling?!“

„Fragt sich wer hier der Lüstling ist, meine Liebe.“, merkt Ren gelassen an ... und fügt dann ironisch grinsend hinzu: „Du solltest übrigens noch mal deinen Lippenstift überprüfen, bevor wir losfahren. Er scheint nicht ganz kussecht zu sein.“

Rina sucht verdutzt Yukihitos Blick, doch dieser bringt nur ein verlegenes Lächeln und ein schüchternes Nicken zustande.

Lachend nimmt sie darauf einen kleinen Handspiegel aus ihrer Jackenasche, um das kleine Malheur wieder in Ordnung zu bringen.
 

„...und so bleibt mir eigentlich nur noch, Ihnen einen vergnüglichen und anregenden Abend zu wünschen.“, kommt die Galeriebesitzerin gerade mit ihrer Rede zum Ende. „Nur eines noch: Haben Sie bitte keine Hemmungen, die jungen Künstler auf ihre Arbeiten anzusprechen; sie brennen förmlich auf Ihre Kommentare.

Dann darf ich jetzt unsere Ehrengäste bitten, zur offiziellen Eröffnung zu schreiten.“

Ren Tsuruga tritt hervor, Kyoko leicht verlegen an seiner Seite.

„Gern, Omari-san.“, sagt er mit einem höchst charmanten Lächeln. „Allerdings habe ich Ihren Worten kaum etwas hinzuzufügen; alles Wichtige scheint mir bereits gesagt. – Außer vielleicht, dass ich jetzt ziemlich neugierig auf die Ausstellungsstücke bin.“ Leicht grinsend schaut er in die Runde der Anwesenden. „Und ich schätze, dass ich damit nicht allein bin.“ Ein kurzer Blick auf Kyoko lässt sein Grinsen noch eine Spur breiter werden. „Oder, Mogami-san?“

Kyoko lächelt verlegen zurück, allerdings mit glänzenden Augen. „Ganz sicher nicht.“, sagt sie mit schüchtern verhaltender Begeisterung. „Ich freue mich schon, seit ich heute Mittag einen kurzen Blick auf die Homepage der Galerie geworfen habe.“

Ren lächelt geradezu heilig. „Gut, dann erkläre ich diese Vernissage hiermit also offiziell für eröffnet.“ Mit einem schrägen Grinsen fügt er hinzu: „Und vergessen Sie bitte nicht, kräftig auf die Künstler anzustoßen.“

Lachen und stürmischer Applaus pflichten seinem Vorschlag uneingeschränkt bei und bereits eine Minute später löst sich die kleine Menschenmenge auf, um sich in den Ausstellungsräumen zu verteilen, wo uniformierte Kellner Champagnergläser und Häppchen herumreichen.

Kurz darauf kommt die Galeristin auf die jungen Schauspieler zu, verbeugt sich höflich und lächelt den Beiden irgendwie erleichtert zu.

„Vielen Dank, dass Sie so kurzfristig zugesagt haben ... und dass Sie so großzügig auf Ihre Gage verzichtet haben.“, sagt sie.

Ren lächelt charmant. „Oh, danken Sie nicht uns, danken Sie Takarada-san, es war seine Idee.“, winkt er ab.

„Das ist richtig, aber Sie hätten ja nicht kommen müssen. Auch wenn Takarada-san ganz sicher Recht hatte, als er meinte, dass diese begabten, noch unbekannten Künstler mehr Publicity gebrauchen könnten. Ohne Sie Beide wäre vermutlich höchstens ein Reporter des Lokalblattes hier aufgetaucht.“

„Machen Sie sich keine Gedanken; wir, bzw. der Film, den wir gerade begonnen haben zu drehen, kann Publicity auch ganz gut gebrauchen. Wir haben also alle etwas von dieser kleinen PR-Aktion.“, stellt der junge Schauspieler klar.

„Trotzdem vielen Dank. – Und nun gehen Sie und amüsieren Sie sich ein wenig.“ Höflich verbeugt sie sich vor den Beiden und winkt einen der Kellner heran, um jedem von ihnen ein Glas Champagner zu reichen.

Ren wirft Kyoko einen kurzen, viel sagenden Blick zu, worauf sie der Galeristin lächelnd zuprosten und an ihren Gläsern nippen. Dann verabschieden sie sich, um sich nun endlich der Ausstellung zu widmen.

Nur Sekunden später stoßen die beiden Betreuer zu ihnen, die sich bisher diskret im Hintergrund gehalten hatten. Rina tauscht unauffällig (und ungefragt) das Glas mit Kyoko.

„Nimm lieber das hier.“, sagt sie grinsend. „Das andere werde ich später entsorgen.“

Für einen Moment sieht Kyoko ihre Betreuerin verwirrt an, dann dämmert es ihr plötzlich und sie schnuppert kurz an ihrem Glas.

„Oh, Apfelschorle.“, stellt sie erfreut fest. „Danke.“

Ren lächelt zufrieden. „Gut mitgedacht.“, merkt er an. Dann schaut er Yukihito fragend an.

„Ja, hab ich“, beantwortet dieser die unausgesprochene Frage grinsend und tauscht ebenfalls – wenn auch nicht ganz so unauffällig – das Glas mit seinem Schützling. „Ich weiß doch, dass du noch fahren musst.“

„Hab ich dir schon gesagt, dass ich deine Arbeit außerordentlich zu schätzen weiß?“, fragt Ren ihn grinsend.

„Heute noch nicht.“, erwidert der junge Manager nüchtern, dann wirft er einen kurzen Blick auf Kyoko. „Wir sollten uns jetzt übrigens getrennt ins Getümmel stürzen, damit ihr für den Anfang den Reportern nicht zu häufig gemeinsam vor die Linse lauft.“

„Gut“, wendet sich Rina darauf an ihren Schützling, „dann werden wir zwei Hübschen jetzt zu Tokita-san rüber gehen; ihre Ausstellungsstücke interessieren dich doch besonders, Kyoko-san, oder?

Die junge Schauspielerin nickt begeistert. „Ja. – Bis später, ihr Zwei.“

„Bis später.“, erwidert Ren... und hebt plötzlich scherzhaft drohend den Zeigefinger, während er mit einem Auge zwinkert. „Aber lasst euch nicht angrabschen, Mädels!“
 

„Je länger ich es mir ansehe, desto schöner finde ich es, Tokita-san.“, versucht Kyoko gerade, ihre kaum übersehbare Begeisterung in Worte zu fassen. „Jede Teeschale für sich ist ein wunderbares Einzelstück und trotzdem... Selbst wenn man sie einzeln in verschiedene Ecken eines Zimmers stellen würde, könnte man schon von weitem erkennen, dass sie unbedingt zusammengehören. Sogar das Tablett hat einen eigenen Charakter.“

Die junge Künstlerin errötet verlegen. „Es freut mich ungemein, dass meine Arbeit Ihnen so gut gefällt, Mogami-san. Ich fühle mich wirklich geehrt.“

Unwillkürlich schießt auch Kyoko das Blut ins Gesicht und sie winkt eilig ab. „Nicht, dass ich auch nur ansatzweise eine Expertin für Keramiken wäre, ... aber was sie da geschaffen haben finde ich wirklich beeindruckend. Es verbindet irgendwie so selbstverständlich Traditionelles und Modernes. Das finde ich so... so... inspirierend ... und ... kreativ. Ich persönlich meine sogar, dass sich dieses Set sogar für besondere Teezeremonien eignen würde. – Aber wie gesagt, ich bin nicht unbedingt ein Kunstkenner.“

„Ich eigentlich auch nicht“, mischt sich Rina helfend ein. „aber ich kann deine Begeisterung absolut verstehen. Ihre Arbeiten sind alle wunderbar, aber dies hier ist meines Erachtens etwas wirklich Besonderes, finde ich.“

„Vielen Dank.“, bringt die junge Künstlerin vor Verlegenheit gerade noch heraus und verbeugt sich tief.

Ein Reporter, der zumindest einen Teil des Gespräches mitbekommen hat, grüßt die drei Damen und spricht sie höflich an. „Dürfte ich ein Foto von Ihnen und Tokita-san machen, Mogami-san?“, fragt er.

„Aber natürlich“, antwortet Kyoko freundlich lächelnd, „gern.“ Ohne weitere Aufforderung stellt sie sich mit der jungen Künstlerin in Positur und lässt den Mann ein paar Aufnahmen machen. Das Blitzlicht zieht noch zwei weitere Reporter an, die nun ebenfalls um einige Fotos bitten, ... die sie natürlich umgehend machen dürfen.

Rina indessen steht ein wenig außerhalb der Kamerabereiche und beobachtet die Szenerie mit Argusaugen.

Als die Fotografen wieder abgezogen sind – vermutlich um nun Ren Tsuruga zu „belästigen“ – nimmt die junge Keramikkünstlerin Kyoko ein wenig beiseite.

„Darf ich Ihnen einen der anderen Künstler vorstellen?“, fragt sie schüchtern. „Er ist ein guter Freund meines Bruders und macht abstrakte Keramikplastiken. – Ich glaube, die könnten Ihnen auch gefallen.“

„Sehr gern, Tokita-san.“, antwortet Kyoko ... und hat schon wieder so ein neugieriges Glitzern in den Augen.
 

Unterdessen hat Ren seine junge Frau quasi aus den Augenwinkeln genauestens im Blick.

„Wie es scheint, ist sie vollkommen in ihrem Element.“, flüstert er Yukihito lächelnd zu als die Beiden für einen Moment unbeobachtet sind. „Mein Gott, ist das süß!“

Ein wenig verträumt schaut auch Yukihito kurz zu den Beiden hinüber. „Ja, scheint ganz so, als wären die Ladys schwer begeistert.“

„Hm“, stimmt der junge Schauspieler zu, runzelt jedoch gleich darauf nachdenklich die Stirn. „Dieses Gedränge macht mir allerdings ein wenig Sorgen.“, flüstert er. „Es ist einfach zu voll hier. – Schwierig unter solchen Bedingungen den Überblick zu behalten ... und ich frage mich, ob sie sie so im Ernstfall schützen kann.“

„Na ja“, flüstert Yukihito beschwichtigend. „es wäre aber doch dumm, wenn ein eventueller Angreifer etwas vor so vielen Zeugen tun würde.“

„Auf der anderen Seite kann man gerade in Menschenmengen leicht untertauchen...“, gibt Ren kaum hörbar zurück.

Viel Zeit zum Grübeln bleibt ihm jedoch nicht, denn ein bekannter Lokalpolitiker steuert auf ihn zu, mindestens drei Reporter in gebührendem Abstand im Schlepptau.

„Tsuruga-san!“, ruft er überschwänglich, während er sich nachlässig verbeugt. „Schön, Sie hier zu sehen. – Ich habe gehört, Sie drehen zurzeit einen Kinofilm?“

Ren hat in Sekundenbruchteilen sein glitzerndes Gentleman-Lächeln im Gesicht.

„Guten Abend, Iwai-san.“, grüßt er betont höflich. „Ja, ich drehe eine Agentenkomödie.“

Sein leicht untersetztes Gegenüber kommt näher und berührt ihn aufdringlich am Arm. „Entschuldigen Sie meine Neugier, Tsuruga-san. Es heißt, Sie drehen mit dieser entzückenden, kleinen Person, mit der Sie die Ausstellung eröffnet haben.“

„Mogami-san, ja.“, bestätigt der junge Schauspieler ein wenig verdutzt.

„Richtig, das war ihr Name.“, fällt dem Mann augenscheinlich wieder ein. „Wie lässt sich die Arbeit denn an mit einem Neuling? Man hört ja, sie hätten allerhöchste Ansprüche an Ihre Arbeit.“

„Ja, das behaupten viele.“, antwortet Ren mit einem ultraglitzernden Gentlemanlächeln. „ Ich würde allerdings nur sagen, dass ich einfach gern mein Bestes gebe. – Und die Dreharbeiten mit Mogami-san könnten so gesehen eigentlich gar nicht besser laufen. Ich halte sie für ausgesprochen begabt, außerdem ist sie bei der Arbeit sehr gewissenhaft.“

„Oh, das freut mich zu hören.“ Iwai lächelt künstlich, während das Blitzlichtgewitter der Reporter seinen Höhepunkt zu erreichen scheint. „Dann kann ich meiner Frau ja sagen, dass sie sich schon mal auf den Film freuen kann; sie ist nämlich ein großer Fan von Ihnen.“

„Das freut nun wieder mich.“, gibt Ren mit dem bekannten Gentlemanlächeln zurück. „Bestellen Sie ihr doch bitte liebe Grüße. Schade, dass sie nicht selbst hier ist.“

Iwai versucht es zu verbergen, ist jedoch allem Anschein nach peinlich berührt. Ren hingegen kann sich ein schadenfrohes Grinsen zwar nur mit Mühe verkneifen, dafür aber erfolgreich.

„Sie hatte leider andere Termine.“, behauptet Iwai. „Aber ich bin sicher, sie wird sich über Ihre Grüße freuen.

Und nun sollte ich doch noch den einen oder andern Künstler sprechen und seine Werke begutachten. Sie entschuldigen mich?“

„Oh, ich bitte Sie.“, winkt Ren verständnisvoll ab und lächelt ultraglitzernd. „Lassen Sie sich von meiner Wenigkeit nicht aufhalten; Sie sind ja schließlich kaum meinetwegen hier.“

„Natürlich nicht.“ Iwai scheint einen Moment verwirrt, dann fasst er sich wieder. „Ich wünsche Ihnen noch einen unterhaltsamen Abend, Tsuruga-san.“ Er verbeugt sich höflich, was der junge Schauspieler elegant erwidert.

„Viel Vergnügen noch, Iwai-san.“, sagt er freundlich.

Als der Politiker und sein Schwanz von Reportern außer Hörweite sind und sie wieder unter sich sind, ziehen sich Ren und Yukihito kurz in eine dunklere Nische in der Nähe zurück. Ren ist sichtlich genervt.

„Den hast du ziemlich geschickt abgefertigt.“, stellt Yukihito fest. „Ziemlich abgebrüht.“

Der junge Schauspieler grinst säuerlich. „Politiker sind meistens schwer loszuwerden, wenn sie eine Chance für gute PR sehen. Also bleibt einem nicht anderes übrig, als sie auszutricksen.“

Yukihito sieht ihn einen Augenblick forschend an. „Du weißt mehr, als du zugibst.“

Eigentlich ist es mehr eine Frage als eine Feststellung, aber Ren grinst plötzlich wie ein kleiner Lausbub.

„Ich wette, er wäre gar nicht zu dieser Vernissage gekommen, wenn ich nicht hier wäre.“, erklärt er. „Er braucht anscheinend unbedingt mal wieder positive, unverfängliche Publicity ... und er scheint ein wenig angezickt, weil er wegen der vielen Leute um sie herum nicht an Kyoko herangekommen ist. Die macht nämlich gerade richtig gute PR-Arbeit, sowohl für die Künstler als auch für uns bzw. unseren Film. – Was sie vermutlich nicht mal merkt.

Also hab ich ihm seine heiß ersehnten Fotos geliefert und ihn dann diskret in die Wüste geschickt. Weiß der Geier, woher der wusste, dass ich heute hier sein würde.“

„Weswegen war ihm denn die Bemerkung zur Abwesenheit seiner Frau so unangenehm?“, will Yukihito wissen.

„Weil so ziemlich jeder weiß, dass sie sich vermutlich geweigert haben dürfte, heute Abend hier zu erscheinen, weil sie sich nicht mehr für solche durchschaubaren PR-Aktionen missbrauchen lassen will. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Gute es mit der ehelichen Treue nicht allzu genau nimmt.“

„Oh!“, macht Yukihito und lächelt. „Kein Wunder, dass du ihn nicht leiden kannst.“

„Och“, erwidert Ren gelassen, „das beruht wohl auf Gegenseitigkeit.“ Und sehr leise fügt er hinzu: „Ich kann ihm ja schlecht in aller Öffentlichkeit sagen, dass ich ihn für ein korruptes Arschloch halte.“

Sein Manager kichert leise, dann weist er Ren darauf hin, dass sie sich nun besser wieder der Ausstellung und den Künstlern zuwenden sollten. Der junge Schauspieler geht der Aufforderung nur zu gern nach, kommt jedoch nicht weit, weil ihn schon kurz darauf wieder – meist weibliche – Fans umlagern und ihn mit Fragen zum neuen Film löchern, die er natürlich geduldig beantwortet.
 

Zwei Stunden später haben Ren und Yukihito es endlich geschafft, sich aus dem Getümmel der Vernissage loszueisen, sitzen nun im Wagen des jungen Schauspielers und starren die öden Wände des Parkhauses an.

„Bist du sicher, dass sie gleich kommen?“, fragt Yukihito skeptisch.

„Ich hab Kyoko eine SMS geschickt“, erklärt Ren ruhig, „hatten wir vorhin vereinbart. Sobald sie sich verabschiedet haben, werden sie herkommen.“

Beinahe wie auf ein Zauberwort treten just in diesem Moment die beiden Frauen lachend aus dem Fahrstuhl ins Parkhaus. Die beiden jungen Männer sehen sich grinsend an.

„Siehst du?“, triumphiert Ren.

„Faszinierend!“, meint Yukihito.

Breit grinsend steigen die Beiden aus dem Auto.

„Was ist mit den Überwachungskameras?“, fragt Ren flüsternd.

„Kein Problem.“, winkt sein Betreuer gelassen ab. „Ich hab das mit Takarada-san gecheckt; wir stehen mit beiden Autos im absolut toten Winkel der Kameras.“

„Gut.“, grinst Ren zufrieden.

Kyokos Gesicht hellt sich unversehens noch ein wenig mehr auf, als sie ihren Mann erspäht. Ein kurzer Seitenblick zu Rina, ein kaum merkliches Nicken der Betreuerin, dann beeilt sich das Mädchen mit klappernden Absätzen und leicht wehenden Mantel, zu den Autos zu kommen.

Ren sieht ein wenig überrascht aus, als sie fast ein bisschen atemlos vor ihm steht. „Was denn?“, fragt er lächelnd. „Solche Sehnsucht?! Dabei hatte ich den Eindruck, dass du da oben ziemlich viel Spaß hattest.“ Zärtlich nimmt er sie in seine Arme, während sich Kyoko genüsslich an ihn kuschelt.

„Schließt das eine denn das andere aus?“, fragt sie leise zurück.

„Nein, natürlich nicht; jedenfalls nicht zwangsläufig.“, gibt er zu und drückt sie noch ein wenig fester an sich, um dann plötzlich stutzend inne zu halten.

„Hast du da was in deiner Manteltasche?“, fragt er verwirrt.

Kyoko schaut ihn verblüfft an. „Ja, meine Lederhandschuhe.“

„Nein, ich meine in der Brusttasche, ... innen.“

„Eigentlich hatte ich da gar nichts drin. Warte, ich seh mal nach. – Tatsächlich.“ Ein wenig befremdet zieht sie einen kleinen Umschlag mit schwarzer Umrandung aus der Innentasche. „Häh?! Fanpost?“, wundert sie sich.

Rina ist sofort alarmiert und nimmt ihr den Umschlag energisch aus der Hand, um sich ihn mit spitzen Fingern genauer anzusehen. „Wohl kaum.“, sagt sie düster. „Schwarz umrandete Briefumschläge benutzt man normalerweise für Kondolenzpost.“ Ohne aufzusehen winkt sie ihren Freund heran. „Gib mir bitte mal zwei von deinen Gummihandschuhen, Yashi-kun. – Und du, Ren-san, mach bitte mal die Scheinwerfer an.“

Sie legt den Briefumschlag auf dem Dach ihres Wagens ab, zieht sich die Handschuhe über und nimmt den Umschlag wieder auf. Dann hockt sie sich vor die inzwischen eingeschalteten Scheinwerfer.

„Geht bitte hinter mein Auto.“, sagt sie ernst, lächelt jedoch gleich darauf beschwichtigend. „Nur zur Vorsicht.“ Sie nimmt den Umschlag in beide Hände und hält ihn direkt vor die Lichtquelle, um ihn genauer zu untersuchen. Etliche - sehr lang erscheinende - Sekunden später gibt sie Entwarnung. Während sie sich wieder erhebt, öffnet sie vorsichtig den nicht versiegelten Umschlag, entnimmt ihm ein Blatt, das sie nun langsam auseinander faltet.

„Hallo, kleines PR-Flittchen!“, liest sie laut vor.

„Nimm dir nicht zu viele Frechheiten heraus, nur weil du gerade auf einer kleinen Erfolgswelle schwimmst!

Bilde dir ja nicht ein, dass du es verdient hättest, von einflussreichen Leuten protegiert zu werden!

Noch sind wir so freundlich, dich zu warnen, aber wenn du so weiter machst, werden wir uns vorbehalten, härtere Maßnahmen zu ergreifen.

Die Allianz für angemessenes Renommee.“

„Wenn ich die erwische, können die sich warm anziehen!“, zischt Ren zwischen den Zähnen hindurch; er ist sichtlich aufgebracht.

„Wieso?“, will Kyoko mit reichlich verständnislosem Blick wissen. „Das sind doch im Großen und Ganzen die gleichen Vorhaltungen wie immer, nur dass sie halt sonst hinter meinem Rücken geäußert werden.“

Ren schaut seine Frau für einen langen Moment an, pures Entsetzen in den Augen. „Wie kannst du das so locker nehmen?!“

„Wieso soll ich mich darüber schwarz ärgern?“, fragt Kyoko ruhig zurück. „Himmel! Im Prinzip kenn ich das doch seit dem Kindergarten. – Früher war es wegen Sho und jetzt... Meine Güte, da ist mir die Ausgangssituation heute doch wesentlich lieber.“

„Wie ernst muss man die Drohung nehmen, Rina-chan?“, mischt sich Yukihito ein, nicht zuletzt auch, um Kyoko klar zu machen, dass hier ein bisschen mehr vorliegt als nur eine Beleidigung oder üble Nachrede.

„Auf jeden Fall ernster als alles, was bisher rein gekommen ist.“, antwortet die junge Managerin fest. „Die Drohung ist zu schwammig, als dass die Polizei etwas unternehmen könnte, also ist von dieser Seite keine Hilfe zu erwarten, auch wenn die Buchstaben aus Zeitungsschnipseln zusammengestellt sind. Aber dieses Schreiben wurde nicht in einer spontanen Aktion verfasst, es ist genau genug, dass wir es ernst nehmen, aber zu vage, als dass wir öffentliches Interesse erwarten dürften. Außerdem haben die Schreiber sich Zeit genommen, die Formulierung ordentlich auszuarbeiten. – Aber was mir am meisten Sorge bereitet, ist, wie der Umschlag in den Mantel gekommen ist. Ich kann wohl ausschließen, dass es passiert ist, als Kyoko-chan ihn anhatte, ich hatte sie die ganze Zeit gut im Auge. Bleibt also nur die Zeit in der Garderobe. Was wiederum bedeutet, dass die Aktion gut vorbereitet gewesen sein muss, um an den Mantel heranzukommen ... und vor allem auch den richtigen zu finden. – Oder das Garderobenfräulein ist vollkommen unfähig, Mäntel zu beaufsichtigen.“

„Also gab es schon früher solche Briefe.“, stellt Kyoko sachlich fest und sieht ihre Betreuerin forschend an.

Rina schaut peinlich berührt zu Boden. „Ähm, ... ja. – Aber die waren nicht wirklich ernst zunehmen und wir wollten dich halt nicht...“

„...beunruhigen.“, vervollständigt Kyoko ruhig. „Schon klar. Das ist zwar sehr lieb, ... aber auch vollkommen überflüssig.“ Sie wirft einen zärtlichen Seitenblick auf ihren jungen Ehemann, dem das Ganze ebenfalls entsetzlich peinlich zu sein scheint. „Ich kriege diese gehässige Lästerei ohnehin jeden Tag mit, wenn ich in der Schule bin.“, erklärt sie – unerklärlicherweise lächelnd. „Es wird allerdings fast nur noch hinter vorgehaltener Hand gesagt seit dem Erfolg von ‚Dark Moon’. – Was mich eher durcheinander bringt ist das schmierige Geschleime, das ich mir neuerdings immer öfter anhören muss. - Das ist gruselig!“

„Ich verstehe, was du meinst“, sagt Rina ernst, „aber nimm das hier nicht zu sehr auf die leichte Schulter; schon Ren-san zuliebe, der macht sich nämlich wirklich Sorgen.“

Kyoko lächelt und nickt brav.

„Gut, ich nehme den Umschlag mit.“, sagt Rina entschieden. „Ich denke, wir beide sollten noch heute Takarada-san einen Besuch abstatten, um mit ihm darüber zu sprechen, Yashi-kun. Ruf du ihn schon mal an, ich pack das Beweisstück in einen Gefrierbeutel. – Hm, ich hatte doch hier irgendwo welche im Auto...“ Sie legt den Umschlag erneut auf dem Dach ihres Wagens ab und geht zum Kofferraum, um dort nachzusehen. „Und ihr Beide macht, dass ihr nach Hause kommt!“, wendet sie sich an das junge Schauspieler-Ehepaar. „Morgen ist wieder ein anstrengender Tag!

„Ja, Ma-am!“, lacht Kyoko und schubst Ren sachte in Richtung Auto, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie ihm nicht böse ist.

Sexy Dynamite

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Gut, ich nehme den Umschlag mit.“, sagt Rina entschieden. „Ich denke, wir beide sollten noch heute Takarada-san einen Besuch abstatten, um mit ihm darüber zu sprechen, Yashi-kun. Ruf du ihn schon mal an, ich pack das Beweisstück in einen Gefrierbeutel. – Hm, ich hatte doch hier irgendwo welche im Auto...“ Sie legt den Umschlag erneut auf dem Dach ihres Wagens ab und geht zum Kofferraum, um dort nachzusehen. „Und ihr Beide macht, dass ihr nach Hause kommt!“, wendet sie sich an das junge Schauspieler-Ehepaar. „Morgen ist wieder ein anstrengender Tag!

„Ja, Ma-am!“, lacht Kyoko und schubst Ren sachte in Richtung Auto, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie ihm nicht böse ist.

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Sexy Dynamite
 

Ren sitzt grübelnd am Frühstückstisch und stochert lustlos in seinem Essen herum, während ihm Kyoko leicht abwesend eine Tasse Kaffee an seinen Platz stellt und dann – allem Anschein nach tief in Gedanken versunken – sich selbst einen Jasmintee auf den Tisch stellt und sich leise seufzend setzt.

Stirnrunzelnd beobachtet Ren ihr merkwürdiges Verhalten und hat nun doch die Gewissensbisse deutlich ins Gesicht geschrieben. Er seufzt tief.

„Es tut mir leid, Hime-chan.“, sagt er schließlich leise. „Ich... Ich wollte es dir nicht verheimlichen, weil ich dir nicht vertraue... Ich...“

Kyoko schaut auf, für einen Moment verwirrt, dann breitet sich plötzlich ein liebevolles Lächeln in ihrem Gesicht aus.

„Koon, ich bin dir wirklich nicht böse.“, versichert sie ihm ruhig. „Mir ist vollkommen klar, warum ihr mir die Briefe verheimlicht habt. Besonders du. Es ist in Ordnung.“

„Aber warum bist du dann heute Morgen so merkwürdig still? Außerdem hast du noch keinen einzigen Bissen gegessen.“, hakt Ren misstrauisch nach.

Kyoko versucht mühsam, ein Lächeln in ihr Gesicht zu zaubern.

„Ich kriege nichts runter.“, gibt sie schließlich leise zu, während sie unaufhaltsam rosa anläuft. „Ich hab die totale Panik vor der Bar-Szene heute Vormittag. Ich weiß echt nicht, ob ich das hinkriege.“

Ren sieht sie ebenso überrascht wie erleichtert an; lange studiert er ihre Gesichtszüge, während sie erneut seufzt und nervös an ihrem Tee nippt.

„Komm mal her zu mir, Hime-chan!“, verlangt er schließlich sanft. „Und bring am besten dein Essen gleich mit.“ Auffordernd tippt er auf seinen Oberschenkel und öffnet einladend die Arme. Kyoko tut wie ihr geheißen.

Als sie auf seinem Schoß sitzt und ihn mit großen, hinreißend großen Augen ansieht, lächelt er weich.

„Ernsthaft, Kyoko, du schaffst das. Du kannst viel betörender sein, als du glaubst.“ Beiläufig schiebt er ihr ein Stück Eierrolle in den Mund und seine junge Frau ist so verblüfft, dass sie widerstandslos isst.

„Ach, Quatsch!“, winkt sie vehement ab, als ihr Mund wieder leer ist.

„Doch, wirklich.“, behauptet er nachdrücklich und nutzt gleich die Gelegenheit, ein wenig Reis hinterher zu schieben und sie dann sachte auf die Stirn zu küssen. „Du benutzt mich doch schon seit Wochen als Versuchskaninchen für deine Flirt-Experimente ... und ich kann dir versichern, dass es jeden Tag schwieriger wird, dir zu widerstehen.“

„Aber...“

Ren unterbricht sie einfach, indem er sie grinsend weiter füttert. „Und ich wette , du hast das auch schon mit Rina-san zusammen geübt.“

Kyoko verschluckt sich beinahe und läuft erneut rot an. Ren lacht nur leise und küsst an ihrem rechten Mundwinkel sanft ein Reiskörnchen weg, das sich dorthin verirrt hat.

„Bestimmt irgendwo auf der Straße oder so...“, überlegt er laut. „Einkaufszentren eignen sich ganz gut für solche verdeckten Proben.“

Kyoko steht der Mund offen, eigentlich möchte sie etwas sagen, allerdings fehlen ihr die Worte und so nutzt Ren erneut die Chance, seiner Frau das entzückende Mäulchen zu stopfen.

„Ich hab so was auch schon gemacht“, gesteht er lachend. „auch, wenn’s schon eine halbe Ewigkeit her ist.“ Zärtlich umarmt er sie und küsst sie erneut auf die Stirn. „Hab ein bisschen mehr Selbstvertrauen, Hime-chan! Wenn du willst, kannst du unwiderstehlich sexy sein.“ Einen Augenblick hält er inne und denkt nach, dann fügt er hinzu: „Vermutlich ist es genau das, was diese Drohbriefschreiber so auf die Palme bringt.“ Ernst schaut er ihr in die Augen. „Und wo ich gerade dabei bin: Bitte versprich mir, dass du – zumindest vorerst – nirgendwohin mehr alleine gehst!“

Kyoko sieht ihn ein wenig amüsiert an. „Ich weiß ja nicht, ob es dir schon aufgefallen ist, Koon, aber ich bin seit Wochen nicht mehr allein unterwegs gewesen. – Eigentlich schon etwa seit Rina-san...“

Abrupt hält sie inne und sieht ihren Mann mit verblüfft geweiteten Augen an.

„Moment mal!“ Urplötzlich geht ihr ein Licht auf. „Rina-san ist mein Bodyguard?!“

Die Überraschung, die sich nun in Rens Gesicht zeigt, hat eine deutliche Spur von Entsetzen.

„Na ja“, antwortet er nach der ersten Schrecksekunde, „in erster Linie ist sie deine Betreuerin, aber ... ja, sie ist auch dein Bodyguard. Nach der Sache in Karuizawa hat Takarada-san gezielt nach jemandem für dich gesucht, der dich im Ernstfall auch schützen kann.“

„Das ist nicht deine Idee gewesen?“, fragt Kyoko ungläubig.

„Nein. – Na ja, diese Idee kam mir natürlich auch; aber ... zu dem Zeitpunkt hätte ich mir wohl eher die Zunge abgebissen, als Takarada gegenüber zuzugeben, dass ich mir ernsthaft Sorgen um dich mache.“

Kyoko schüttelt irritiert den Kopf. „Ist ja `n Ding! Ich hab also allen Ernstes einen Bodyguard.“ Leise seufzt sie auf. „Gibt es vielleicht noch was, das ich wissen sollte?“

Ren überlegt ernsthaft. „Hm, eigentlich nicht... Außer vielleicht, dass Takarada dafür gesorgt hat, dass dieser Kerl, der dich damals in Karuizawa belästigt hat, praktisch mundtot ist; er wird jedenfalls keinen Skandal verursachen.“

Kyoko schaut ihrem Mann verständnislos an und so erklärt Ren: „Takarada-san hat sich nicht genauer darüber ausgelassen, aber er hat wohl ein paar wichtigen Leuten gesteckt, dass der Typ sich ganz bewusst mit fremden Federn geschmückt hat. Sollte er versuchen, dich öffentlich zu diffamieren, indem er die Geschichte von damals publik macht, würde auch seine Agentur in die Sache rein gezogen ... und die könnte dann wahrscheinlich dicht machen.“

„Stimmt“, gibt Kyoko nachdenklich zurück, „der Beagle hatte etliche von Shos Songs geklaut ... und das auch noch ziemlich dreist...“

„Fuwa...“, grummelt Ren leise, während sein Blick sich zusehends verfinstert, „ Der schon wieder!“

Kyoko verzieht ihr Gesicht unvermittelt zu einer angewiderten Grimasse. „Och, nee ... das erinnert mich daran, dass der ja auch noch am Set auftauchen wird. War das heute?“

Ren denkt einen Moment nach. „Ich glaube schon.“

Ein doppeltes Klingeln reißt die Beiden aus ihren Überlegungen und so macht sich jeder von ihnen auf, die „eigene“ Wohnungstür zu öffnen.
 

„Morgen, Miss Bodyguard“, begrüßt Kyoko ihre Managerin grinsend, „komm doch rein.“

Rina folgt ihr ein wenig verdutzt in den Flur und schließt die Tür hinter sich. „War sowieso nur eine Frage der Zeit, bis du dahinter kommst.“, lächelt sie schulterzuckend. „Sauer?“

„Nein“, antwortet Kyoko grinsend, „aber ihr hättet es mir ruhig sagen können.“

„Die Idee, dich da vollkommen raus zu halten, stammte zu 100% von Takarada-san, also gib bitte nicht Ren-san die Schuld. Ich hab Takarada übrigens gesagt , dass du es früher oder später selbst raus finden wirst; du bist ja schließlich kein dummes Blondchen.“

Mittlerweile sind die Beiden in der Küche angekommen, wo Ren seinem Betreuer bereits eine duftende Tasse Kaffee reicht.

„Noch ein Mal zum Mitschreiben.“, verkündet Kyoko den Anwesenden ein wenig missmutig. „Ich. Bin. Niemandem. Böse. – Kaffee, Rina-san?“

„Gern.“

„Na ja“, mischt sich Yukihito ein, nachdem er kurz an seinem Kaffee genippt hat, „wenn du überhaupt auf jemanden böse sein solltest, dann höchstens auf Takarada-san. Diese ganze Geheimniskrämerei ist schließlich ganz allein auf seinem Mist gewachsen. Allerdings hat er es auch nur getan, um dich nicht unnötig zu beunruhigen, Kyoko-chan.“

„Hört mal, ihr drei ... Verschwörer!“ Kyoko ist langsam doch ein wenig genervt, auch wenn sie sich insgeheim ein bisschen über diese etwas absurde Situation amüsiert und sich deshalb ein schräges Grinsen nicht ganz verkneifen kann. „Für wie begriffsstutzig haltet ihr mich eigentlich? – Wenn ihr noch lange darauf herumreitet, werde ich jedenfalls irgendwann doch noch sauer. – Und ich hab jetzt wirklich Anderes im Kopf.“

Die beiden Betreuer sehen erst sich gegenseitig, dann die beiden jungen Schauspieler fragend an.

„Lampenfieber wegen der Bar-Szene, die heute auf dem Drehplan steht.“, erklärt Ren knapp, während er sich an Kyoko heranpirscht und sie schließlich fest in die Arme schließt. „Dabei bist du die Einzige, die weiß, warum überhaupt.“
 

Aufgeregt steht Kyoko hinter den Kulissen auf einer Empore, wo sie auf ihren Einsatz wartet, während unten im Studio noch geschäftiges Treiben herrscht. Sie zupft nervös an den Goldknöpfen ihres Boleros herum, den sie zu dem einteiligen, schwarzen Hosenanzug mit leicht ausgestellten Hosenbeinen und einem angedeuteten, strassbesetzten Smoking-Revers am Neckholder trägt. Unter der kurzen Jacke hat der figurbetonte Anzug einen aufregenden Rückenausschnitt, der jedoch erst in späteren Takes zur Geltung kommen soll.

Rina nimmt ihr das schwarze Unterarmtäschchen aus Lackleder ab und reicht ihr dafür eine kleine Wasserflasche. „Hier, trink noch einen Schluck!“

Seufzend setzt Kyoko die Flasche an die Lippen.

„So“, meint die Betreuerin beruhigend, „jetzt atmest du erst einmal tief durch und dann denkst du an das, was Kurozaki-san vorhin zu der Szene gesagt hat.“ Kyoko reicht ihr die Flasche und nimmt im Gegenzug die Handtasche wieder entgegen.

„Du, Ran, bist Takeshis unbeteiligtes, betont kühles Gehabe jetzt endgültig leid und willst heute die Gelegenheit nutzen, ihn endlich mal aus der Reserve zu locken. Und als erfahrene Agentin weißt du genau, wie du einen Mann am leichtesten aus der Fassung bringen kannst, nämlich mit den Waffen einer Frau.

Du hast sein arrogantes Getue Frauen gegenüber dermaßen satt, dass du heute deine schärfsten weiblichen Geschütze auffährst; du willst, dass ihm förmlich der Unterkiefer abfällt ... und dann wirst du tun, als sei nicht das Geringste vorgefallen und ganz sachlich die Ergebnisse der letzten Stunden mit ihm durchgehen, ... während er hoffentlich noch immer an deiner verführerischen Erscheinung zu knabbern hat.“

Kyoko hat die Augen geschlossen und versenkt sich offensichtlich tiefer in ihre Rolle. Schließlich öffnet sie die Augen wieder, ein schräges, verschmitztes Grinsen im Gesicht.

„Okay“, sagt Rina augenzwinkernd, „jetzt gehst du und machst diesen Lackaffen von Agenten so richtig fertig! Die anderen Kerle, die dir dabei vermutlich genauso zum Opfer fallen werden, nimmst du einfach als Kolateralschäden in Kauf. Also los!“

„Dem werd ich zeigen, zu was weibliche Agenten fähig sind!“, grinst „Ran“ entschlossen.

„So ist recht.“, meint Rina lächelnd. „Ich verzieh mich jetzt lieber; bis später.“

Behände klettert sie die Leiter hinunter in den hinteren Bereich der Kulissen, wo Yukihito bereits wartet und sie fragend ansieht.

„Geht’s jetzt besser mit ihrem Lampenfieber?“

„Sieht ganz danach aus.“, meint Rina zuversichtlich. „Keine Sorge, sie packt das schon. Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass sie jetzt richtig in ihre Rolle eingetaucht ist.“

„Na ja, Ren hatte ja von Anfang an keine Bedenken, aber als sie heute Morgen ans Set kam und diese unschöne Szene zwischen Kurozaki-san und diesem Starlet mitgekriegt hat...“

„Du meinst, als der ihre Bodyguards kurzerhand rausgeschmissen hat?“, fällt Rina ihm kichernd ins Wort. „Man stelle sich vor: Gleich drei Bodyguards! Die Frage ist, wozu. Noch dazu solche Nulpen, die treten sich doch höchstens gegenseitig auf die Füße.“

Yashiro grinst schief. „Ich hatte ja eher das Gefühl, dass die so was wie ihre Cheerleader sind.“

„Vermutlich“, nickt Rina, immer noch leise glucksend. „Für was anderes eigenen die sich wahrscheinlich sowieso nicht.“

„Mal abgesehen davon, dass man sich ernsthaft fragen muss, wozu das Mädchen gleich drei Leibwächter braucht... Aber wie dem auch sei, ich hatte den Eindruck, dass Kyoko-chan sie kennt ... und dass es ziemliche Spannungen zwischen ihnen gibt. Ich hoffe nicht, dass das Kyoko-chan jetzt zu sehr irritiert, immerhin spielt das Mädchen ja in dieser Szene mit.

Weißt du eigentlich, wer diese affektierte Gans ist?“, will Yukihito wissen.

„Erika Koenji.“

„Doch nicht von den Koenjis?“, fragt Yukihito leise nach.

„Doch, exakt aus dieser Familie.“, bestätigt Rina trocken.

„Das erklärt zumindest einiges.“, findet Yukihito. „Aber was hat sie mit Kyoko-chan zu tun?“

„Sie sagt, sie kennt Koenji-san vom Kyulala-Casting.“ Verschwörerisch lehnt sie sich zu ihrem Freund hinüber und spricht leise weiter. „Und sie hat erzählt, dass dieses Mädchen wohl schon seit der Grundschule Kotonami-sans Erzfeindin ist. Kyoko-san macht sich Sorgen, dass Kanae-san mit ihr aneinander gerät, wenn sie nachher ans Set kommt. Koenji-san ist nämlich krankhaft eifersüchtig auf Kotonami-san.“

„Oh-oohh!“, macht Yukihito. „Aber erzähl mir später davon, ich glaub, es geht los.“
 

„Bist du soweit, Ran?“, ruft der Regisseur von unten.

„Ja!“, antwortet Kyoko sofort; das Herz schlägt ihr prompt wieder bis zum Hals.

„Okay“, hört sie weiter vom Set, „dann Musik ab und ACTION!

Kyoko atmet zwei Mal tief durch, dann tritt sie ins Scheinwerferlicht auf die Treppe, die hinunter in die schummrige Bar-Szenerie führt.
 

Ran steht auf dem Absatz der Treppe, die zur Bar hinunter führt, in der sie mit Takeshi verabredet ist. Langsam öffnet sie ihre Handtasche, kontrolliert ihr Aussehen im Spiegel auf der Innenseite der Verschlusslasche, holt einen Lippenstift heraus und zieht sich im Halbdunkel des Eingangs mit einem siegessicheren Lächeln sorgfältig die Lippen nach. Dann steckt sie den Lippenstift wieder zurück und betritt die hell erleuchtete Treppe.

Einen langen Moment bleibt sie dort stehen, die Augen halb geschlossen, Atmosphäre und Gerüche in sich aufnehmend ... und den anderen Gästen ausreichend Gelegenheit gebend, sie zu bemerken, dann schlendert sie, sinnlich die Hüften schwingend, die Stufen hinunter, jede noch so kleine Bewegung genüsslich auskostend.

Nach ein paar Schritten hat sie sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt und registriert zufrieden, dass etliche Männer sie mit offenen Mündern anstarren. Takeshi befindet sich nicht in ihrem direkten Blickfeld, trotzdem ist sie sicher, dass auch er sie bereits gesehen hat.

Vollkommen unbeeindruckt und selbstzufrieden setzt sie ihren Weg fort, bis sie schließlich unten angekommen ist.
 

„CUT!“, brüllt der Regisseur unwillig. „So geht das nicht, Jungs! Ihr könnt Ran durchaus so gierig anstarren wie ihr wollt, aber ihr müsst schon rechtzeitig auf euren Positionen sein.

Und bei Takeshi bitte auch ein bisschen mehr Beherrschung. Das war ein Tick zu viel überraschte Bewunderung. Denk daran, dass Takeshi zu diesem Zeitpunkt ums Verrecken nicht zugeben will, dass sie ihm gefällt.

Ran, bitte noch ein Mal so wie eben, das war perfekt.

Also, alles noch mal auf Anfang!“
 

Noch zwei Mal müssen sie den Take wiederholen, bis alle männlichen Schauspieler so agieren, wie der Regisseur es sich vorstellt.

„Okay, Cut!“, tönt Kurozaki dann zufrieden. „Nächste Einstellung bitte! Alle Schauspieler bleiben auf ihren Positionen!“

In Windeseile ist alles für den nächsten Take hergerichtet, sodass Kyoko gar nicht groß dazu kommt, aufgeregt zu sein. Trotzdem atmet sie kaum hörbar auf, als der Regisseur das Signal zum Fortfahren gibt.
 

Langsam und lasziv bewegt sich Ran nun quer durch den Raum und wird bei jedem zweiten Schritt von Männern angeflirtet, die sie jedoch allesamt unerbittlich abweist. Einige werden nicht einmal eines Blickes gewürdigt, andere unbarmherzig abserviert und zwei Kerle, die sie gleichzeitig behelligen, gar ebenso unsanft wie souverän mit der Handtasche weggestoßen, bis sie schließlich an der Bar angekommen ist und dort ihre Tasche mit einer eleganten Bewegung auf dem Tresen ablegt...
 

„Cuut!“, unterbricht Kurozaki die Szene. „Die anwesenden Damen dürfen ruhig ein bisschen neidischer dreinschauen; bis auf dich und dich vielleicht.“ Er deutet mit dem Finger auf zwei Schauspielerinnen, von denen eine eine Kellnerin spielt. „Um ein bisschen Abwechslung rein zu bringen, möchte ich, dass ihr Beide euch über die schwanzgesteuerten Reaktionen der Kerle amüsiert.

Ran, nimm bitte beim zweiten Wegstoßen die Handtasche etwas tiefer, sonst fällt ein unschöner Schatten auf dein Gesicht. Ansonsten war es perfekt.

Und das Barmädchen hält sich bitte etwas zurück. Du bist heute die nette Bardame, die sich ein wenig gelangweilt die Sorgen der Gäste anhört und ansonsten froh ist, wenn ihre Schicht vorbei ist. Jedenfalls soll es den Anschein machen. Verstanden?

Also, noch mal von vorn!

Musik ab und Action!“
 

Erneut schwingt Ran sinnlich ihre Hüften durch das Lokal, die Männer beinahe graziös abweisend und ihren Auftritt sichtlich genießend, während hinter ihr Männer wie Frauen fasziniert tuscheln.

Aus den Augenwinkeln registriert sie, dass Takeshi seinen Platz im hinteren Teil der Bar verlassen hat und sich ihr nun langsam nähert, um die vorgeblich unbekannte Schöne näher in Augenschein zu nehmen.

Ran legt ihre Handtasche mit einer anmutigen, fast katzenhaften Bewegung auf dem Tresen ab...
 

„CUUUT!!“ brüllt Kurozaki zornig. „Was hab ich gerade gesagt, Barmädchen?!

Wenn du dich noch ein einziges Mal dermaßen in den Vordergrund zu spielen versuchst, werd ich dich auf der Stelle feuern! Himmel, das spielt ja jeder Statist besser!“

Mit einiger Anstrengung versucht er, sich zu beruhigen, um zu erklären, was er meint.

„Das Barmädchen ist die Rückendeckung vom Koancho“, erläutert er mühsam beherrscht, „sie darf so ziemlich alles, außer auffallen, wenn sie nicht auffliegen will ...bzw. ihre Kollegen in Gefahr bringen will.“ Ärgerlich registriert er, wie Erika Koenjis Unterlippe sich schmollend nach vorn schiebt ... und nun gerät er erst richtig in Rage. „Und komm mir nicht mit deinen tollen Beziehungen!“, brüllt er wütend. „Mir ist scheißegal, wer dein Vater ist! Ich brauche hinter dem Tresen kein geltungsbedürftiges, talentfreies Flittchen, sondern eine gut getarnte Undercover-Agentin! Und wenn du das nicht spielen kannst, such dir einen anderen Job! Ist das klar?!“

Erika ist sichtlich eingeschüchtert; zum ersten Mal, seit Kyoko sie kennt, scheint sie sprachlos und beinahe schon unterwürfig. Die Tochter aus gutem Hause schluckt schwer und nickt dann nur stumm, bevor sie sich verschämt wieder auf ihre Anfangsposition begibt.

„Erinnere mich daran, dass ich beim nächsten Projekt wenigstens die Namen für die Nebenrollen-Besetzung selbst durchgehe.“, raunt er seinem Regieassistenten zu, der darauf sofort eine Notiz macht. „Wenn ich das gewusst hätte, wäre diese Möchtegern-Schauspielerin gar nicht erst hier. Die macht nichts als Ärger und hat zu allem Überfluss keinen Funken Talent.“
 

Wieder beginnen die Darsteller den Take von vorn. Diesmal klappt alles reibungslos und das Spiel zwischen den Hauptdarstellern ist sogar atmosphärisch ausgesprochen dicht, als Takeshi schließlich Ran aus der Jacke hilft, um sie zu einem Drink an der Bar einzuladen.

Auch die nächste Einstellung, in der die Beiden scheinbar flirtend die Köpfe zusammenstecken, um die Ermittlungsergebnisse des Abends auszutauschen, läuft wie geschmiert; selbst das subtile gegenseitige Sondieren der beiden Agenten und die sorgfältig verborgene Faszination füreinander kommen genau so rüber, wie der Regisseur es sich idealerweise vorgestellt hat.

Nur ein einziges Mal muss dieser längere Take wiederholt werden, weil Erika Koenji vor lauter Angst, den Regisseur noch ein Mal so gegen sich aufzubringen, einen kleinen Texthänger hat. Diesmal reagiert Kurozaki jedoch gelassen und so ist die Szene schnell im Kasten.

„Gott sei Dank.“, murmelt Kyoko aufatmend, nachdem das letzte Cut für die Szene ertönt ist.

„Wieso?“, fragt Ren flüsternd. „Ist doch gut gelaufen. – Du warst verteufelt überzeugend.“

Kyoko schaut ihn verständnislos an. „Ja, klar...“, meint sie ironisch. „Wenn du sonst keine Probleme hast...“

Jetzt ist es an dem jungen Schauspieler, sie verständnislos anzusehen. Beinahe entsetzt starrt er sie einen Augenblick lang an, dann greift er energisch nach ihrem Handgelenk und zieht sie hinter sich her zum Chef des Kamerateams, auf dessen Rechner die digitalen Aufnahmen zusammenlaufen.
 

Erika Koenji beobachtet Rens Verhalten mit deutlichem Missfallen. „Männer!“, wettert sie gedämpft. „Ich hätte nicht gedacht, dass selbst der auf dieses niveaulose Flittchen reinfällt...!“

„Jemand, der das Business nicht kennt“, nickt ein Mädchen eifrig neben Erika, das offenbar eine Bekannte von ihr ist, „würde wahrscheinlich gar nicht glauben, was ein guter Maskenbildner, das richtige Licht und eine raffinierte Kameraperspektive selbst aus so einem Mauerblümchen zaubern können. Aber Tsuruga-san sollte es doch eigentlich besser wissen...“

„Stimmt schon“, pflichtet ein anderes Mädchen bei, „aber sie war trotzdem überzeugend, finde ich; wer weiß, was sie vorher gemacht hat... Sie soll ja arm wie eine Kirchenmaus sein, nicht wahr, Erika-san?“

„Allerdings.“, sagt diese. „Ich will lieber gar nicht erst darüber nachdenken, wie sie diese Rolle bekommen hat.“
 

„Yoshida-san, bitte helfen Sie mir und zeigen uns die Aufnahmen der ersten beiden Takes, meine Kohai will partout nicht glauben, dass sie da gerade ausgezeichnete Arbeit abgeliefert hat.“

Der Kameramann sieht die junge Schauspielerin, die da so verlegen vor ihm steht, verständnislos an. „Wieso das denn nicht?“, fragt er. „Das war doch absolut ... WOW!

Lassen Sie mich mal sehen, Tsuruga-san. – Welche Einstellung?“

„Hm, ... bei dem ersten die Totale von vorn und beim zweiten die seitliche, das dürfte genügen, sie zu überzeugen.“

Yoshida tippt und klickt breit grinsend auf dem Computer herum, dann hat er die entsprechenden Aufnahmen gefunden und zeigt sie ihnen. „Na?“, fragt er Kyoko erwartungsvoll.

Kyoko steht vor Überraschung der Mund offen. „Das...“, stammelt sie fassungslos. „Das ... bin ich ?!“

„Wer sonst?“, fragt Ren trocken zurück und gibt ihr eine freundliche Kopfnuss. „Ich hoffe, du zweifelst nicht noch ein Mal an meinem Urteil.“

„Nein, Sempai“, gibt Kyoko kleinlaut zurück.

„Danke, Yoshida-san. – So und jetzt ab mit dir, Kohai, umziehen für die nächste Szene!“ Gespielt streng schubst er sie in Richtung Garderoben und schüttelt lachend den Kopf.
 

In der Zwischenzeit ist ein altbekanntes Gesicht am Set aufgetaucht und steuert nun zielstrebig auf den Regisseur zu.

„Ah, Fuwa-san!“, ruft Kurozaki ihm entgegen, „Schön, dass Sie da sind. Sie kommen wie aufs Stichwort.“

Sho begrüßt den Regisseur höflich, während er aus den Augenwinkeln mitbekommt, wie Ren und Kyoko sich die Aufnahmen ansehen. Dass sie so vertraut miteinander umgehen, versetzt ihm unerwartet einen Stich. Mühsam reißt er sich zusammen.

„Ich hab extra gewartet, bis Sie fertig waren.“, sagt er lahm.

„Oh, dann haben Sie sicher noch einen Teil der Aufnahmen gesehen.“, vermutet Kurozaki erfreut.

„Nur von weitem.“, winkt Sho betont cool ab.

„Macht nichts.“, meint der Regisseur und muss sich kurz seinem Assistenten widmen, der ihm mitteilt, dass für die nächsten Szenen ohne die Hauptdarsteller alles bereit ist. „Okay, sagen Sie allen, wir machen 10 Minuten Pause.“, trägt er ihm auf und wendet sich dann wieder Sho zu. „Kommen Sie, Fuwa-san, ich zeige Ihnen die unbearbeiteten Aufnahmen der Szene, dann können Sie sich ein Bild machen. – Geschnitten wird das eine sehr sexy Szene ... und ich möchte, dass Ihre Musik das perfekt unterstützt. Ich habe Ran vorhin zu Musik spielen lassen, damit ihre Bewegungen gleichmäßiger sind; so können Sie Ihr Stück leichter an ihre Bewegungen anpassen. Ich will, dass die Musik jede einzelne Geste unterstützt.“

„Das dürfte kein allzu großes Problem sein.“, behauptet Sho ein bisschen selbstsicherer als er sich im Moment tatsächlich fühlt. Sein Blick trifft plötzlich Kyokos, die ihn für einen Moment finster anschaut und sich dann wieder seinem Erzrivalen im Showgeschäft zuwendet. Dieser wiederum wirft ihm nur einen kurzen, abschätzigen Blick zu. Sho versucht, sich seine Irritation nicht anmerken zu lassen, allerdings ist Kurozaki inzwischen ohnehin wieder dabei, ausgiebig von seiner Hauptdarstellerin zu schwärmen.

Nachdem er den Chef des Kamerateams um die Sichtung der Aufnahme gebeten hat, bekommt Sho zunächst genau die Bilder zu Gesicht, die auch die beiden Hauptdarsteller Minuten zuvor angeschaut haben.

„Meine Güte“, denkt der Regisseur laut, während er gebannt auf den Bildschirm starrt, „ich wusste, dass in diesem Mädchen noch so einiges schlummert, ... aber dass sie sich derart schnell entwickelt, hätte ich nicht gedacht...“

Sho indessen hat große Mühe, seine Fassungslosigkeit wenigstens halbwegs zu verbergen.
 

Ren Tsuruga hingegen hat zum gleichen Zeitpunkt ein ziemlich sehnsüchtiges Lächeln im Gesicht, dass sich schnell in ein durchtriebenes Grinsen verwandelt, als er, nach je einem observierenden Blick den Gang hinauf und hinunter, bemerkt, dass er für den Moment allein mit seiner Frau ist. Blitzschnell öffnet er die Tür zum Abstellraum und ehe Kyoko sich versieht, hat er sie schon hineinbugsiert, verlangend in seine Arme geschlossen und küsst sie leidenschaftlich.

Kyoko weiß im ersten Augenblick nicht so genau, ob ihr gerade heiß oder kalt wird, jedenfalls ist das Gefühl überwältigend und ... irgendwie neu. Anders als sonst, ist Ren heute deutlich energischer, ja geradezu besitzergreifend. Irritiert versucht sie, die vielen, ungewohnt intensiven und atemberaubenden Reaktionen, die genau dies in ihr auslöst, wenigstens ein wenig zu ordnen; ihre unaufhaltsam weicher werdenden Knie tragen allerdings genauso wenig dazu bei wie die Tatsache, dass plötzlich sämtliche Gefühle dermaßen in Aufruhr sind, dass es ihr kaum gelingt, sie auch nur ausreichend zu identifizieren. Schließlich kapituliert sie einfach, gibt sich leise seufzend dem Augenblick hin und entscheidet spontan, dass es Hitze sein muss, die diese wohligen, prickelnden Schauer durch den Körper jagt.

Als Ren schließlich wieder von ihr ablässt, nimmt er ihr Gesicht zärtlich in beide Hände und sieht ihr ernst in die Augen.

„Bitte, versprich mir, dass du so was nicht in der Öffentlichkeit machst, Hime-chan!“, sagt er.

Kyoko ist plötzlich doch wieder verwirrt. „Was?“, fragt sie verständnislos.

Rens Kopf sinkt resignierend auf ihre Schulter, bis er ihn tief seufzend wieder hebt, um seiner Liebsten in die Augen zu sehen. „Du begreifst es immer noch nicht, was?“, stellt er resignieret fest. „Du hast buchstäblich jedem Kerl am Set den Kopf verdreht. Hast du das nicht gemerkt?“

„Ey, ich hab nicht mal mitgekriegt, was genau Koenji-san da eigentlich verbockt hat, um so einen Anpfiff zu kassieren.“, antwortet sie ebenso leise wie verlegen. „Ich war beschäftigt...“

Ren schüttelt lächelnd den Kopf. „Du machst mich echt fertig.“, sagt er.

Unsicher schaut Kyoko zu ihm hoch. „Ist das gut oder schlecht?“

Ren lacht auf und streichelt liebevoll über ihren Kopf. „Also wirklich. Die meisten Typen da drin sabbern immer noch ... und meine entzückend unschuldige Frau hat nicht das Geringste bemerkt... Ich kann dich wirklich nirgendwo mehr allein lassen.“

„Tust du doch sowieso nicht.“, gibt Kyoko grinsend zurück.

„Ja“, seufzt ihr Mann, „und seit eben weiß ich auch ganz genau, warum, sexy Dynamite! – Ich bin ganz schön eifersüchtig, weißt du das?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, macht er sich hungrig über ihre Lippen her und verstrickt sie in ein leidenschaftliches Zungenspiel. Als er schließlich von ihrem Mund ablässt, küsst er sich ohne Umschweife ihren Hals hinunter, ihr Schlüsselbein entlang bis tief in ihr Dekolletee. Einen kleinen Moment hält er dort inne, dann zieht er grinsend den Stoff des Anzugs zur Seite, um an ihre Brust heranzukommen, die er dann ungestüm mit seinen Lippen bearbeitet.

Kyoko ist es inzwischen so heiß, dass sie zu zerschmelzen glaubt, darum kriegt sie zunächst gar nicht mit, dass Ren schon wieder von ihr abgelassen hat und ihr breit grinsend einen zärtlichen Kuss auf die Stirn haucht, während er den Hosenanzug sorgfältig wieder zurecht rückt. Als er registriert, dass sich ihr Verstand für den Augenblick offensichtlich vollständig verabschiedet hat, verwandelt sich sein Grinsen in ein warmes Lächeln. Liebevoll streichelt er ihre Wange.

„Ich gehe zuerst.“, sagt er leise. „Ich geb dir Bescheid, wenn die Luft rein ist.“

Kyoko bringt nur ein Nicken zustande; sie hat immer noch Schwierigkeiten, auch nur mit der Hitze fertig zu werden, die ihren Körper durchströmt. Kommentarlos lässt sie ihn gehen und atmet ein paar Mal kräftig durch, um wenigstens halbwegs wieder ins Gleichgewicht zu kommen, bevor auch sie gehen muss.
 

Andernorts im Studio wird hingegen eifrig gelästert.

„Ich fasse es nicht, dass selbst ein Star wie Tsuruga-san auf sie reinfällt!“, sagt eines der Mädchen gerade zu Erika.

„Du hast Recht, meine Liebe.“, stimmt diese gnädig zu und fährt sich affektiert durch die langen Haare. „Männer sind ja soo berechenbar...“ Unvermittelt klingelt ihr Handy. „Entschuldigt mich einen Moment, Ladys, man verlangt nach mir.“, sagt sie und zieht sich in eine ruhige Ecke zurück, bevor sie das Gespräch annimmt.

„Ja?“, fragt sie ins Telefon.

„Kimiko Kamio hier, Kleines. Na, wie lief der Dreh bisher, Herzchen.“, tönt es vom anderen Ende der Leitung.

„Ah, Kamio-san!“, freut sich das Mädchen, zieht jedoch gleich darauf einen Schmollmund. „Oh, mein Gott“, klagt sie theatralisch, „es war grauenhaft! Ich war noch keine zwei Minuten hier, da hat dieser Kretin von Regisseur meine Bodyguards vom Set verbannt. Und dann hat er mich zwei Mal gemaßregelt, bevor der Dreh überhaupt losging. Aber das Schlimmste war, dass er mich beim Dreh dann wegen irgendwelchem Kleinkram vor allen Kollegen beschimpft hat und mich ständig die Takes hat wiederholen lassen.

Dieser Mensch ist vollkommen inkompetent, Kamio-san! – Na ja, was war zu erwarten, bei diesem vulgären Auftreten? Keinen Stil hat der Mann.“

„Nun beruhige dich, Herzblatt, es ist nicht gut für den Teint, sich so aufzuregen ... und ich habe deinem Vater versprochen, ein Auge auf dich zu haben. – Ich hatte dir doch gesagt, dass dieser Kurozaki schwierig ist ... und auch, dass seine Arbeit maßlos überschätzt wird.

Erzähl mir lieber, wie die Arbeit mit Tsuruga-san war. Er hat sicher fabelhaft ausgesehen.“

„Ja, natürlich“, bestätigt Erika leidenschaftslos, „wie immer. Aber dieses kleine, hässliche Biest von Mogami hat ihm und allen anderen Männern hier total den Kopf verdreht. Besonders Kurozaki hat regelrecht einen Narren an ihr gefressen; weiß Gott warum.“

„Was?!?“, brüllt Kimoko am anderen Ende schockiert in den Hörer. „Dieses tollpatschige, unattraktive, schlecht erzogene Kind ?!

Sogar Tsuruga-san, sagst du? Um Himmels Willen, dem müssen wir aber dringend Einhalt gebieten! Lass mich überlegen...“

„Ganz meine Meinung!“, meint Erika. „Dieses minderbemittelte Flittchen braucht dringend einen Denkzettel. Haben Sie übrigens schon von dem Gerücht gehört, dass sie auch etwas mit Sho Fuwa hat?“

„Wirklich? Kaum vorstellbar; dabei ist sie doch so unscheinbar, dass man sie auf der Straße glatt übersehen würde.“

„Stimmt“, findet Erika, während sich ein schadenfrohes Grinsen in ihr Gesicht schleicht., „außer, wenn sie diesen hässlichen, ätzpinken Overall anhat.“

„Ah!“, ächzt es plötzlich freudig aus dem Hörer. „Ich glaube, mir fällt gerade etwas Passendes als Denkzettel ein. Dieses Gör ist doch erst 17, oder?“

„Ja, soweit ich weiß. Warum?“

„Oh, Kindchen, dann habe ich wahrscheinlich die perfekte Gelegenheit für eine Blamage für die Kleine.“, freut sich Kimiko. „Du kennst doch ‚Yukis Kochshow’, oder?“

„Ja, schon, warum?“, fragt Erika neugierig.

„Ich habe beste Kontakte zu den Produzenten und dem Regisseur. Ich kann sicher kurzfristig einen Gastauftritt für Mogami arrangieren.“

„Aber... Das führt doch nur zu noch mehr Publicity!“, gibt Erika entsetzt zu bedenken.

„Warte! Lass mich ausreden, Herzchen!“, lacht Kimiko vergnügt. „Ich weiß, normalerweise haben die Gaststars der Show nicht viel mehr zu tun, als daneben zu stehen und hier und da zu probieren, was Yuki gekocht hat. Aber mir ist gerade eingefallen, wie ich das Ganze für dieses unerfahrene Mauerblümchen zu einem ausgewachsenen Desaster machen könnte...

Du weißt, dass die Sendung die einzige Kochshow ist, die live gesendet wird?“

„Nein“, antwortet Erika ungeduldig. „Ich schaue eigentlich keine langweiligen Kochsendungen, höchstens wenn ich gerade auf einen Anruf warte oder so.“

„Lass mich nur machen, Kindchen; ich schaffe es schon, dass der kleine Tollpatsch sich in aller Öffentlichkeit unsterblich blamiert. Vertrau mir. Die Kleine ist viel zu ehrgeizig, als dass sie mir nicht in die Falle gehen würde.“ Entzücktes Glucksen am anderen Ende der Leitung signalisiert Erika, dass die Schauspielerin offenbar einen wirklich guten Plan hat.

„Hmm“, überlegt das Mädchen deshalb laut, „meinen Sie, wir kriegen es auch hin, dass Tsuruga-san als Zuschauer im Publikum sitzt und es live mitbekommt? – Vielleicht als PR-Auftritt für den Film...“

Kimoko Kamio ist hörbar begeistert. „Das wäre ja geradezu fantastisch, Herzchen! – Lass mich nur machen, die Idee gefällt mir immer besser. Ich danke dir für die heißen Informationen, Liebes, ... und für deine inspirierende Idee. Ich melde mich, sobald ich den Plan ausgearbeitet habe. Bis später, Kindchen. Grüß deinen Vater.“

„Ja, bis bald, Kamio-san. Ich glaube, ich muss sowieso wieder zurück zum Set. Haben Sie einen schönen Tag.“

„Den werde ich haben, Liebes, den werde ich definitiv haben.“
 

Kyoko indes hat sich wieder einigermaßen in der Gewalt und betritt gerade seufzend ihre Garderobe, wo sie neben ihrer Betreuerin auch eine breit grinsende Kanae Kotonami erwartet.

„Du warst auch schon am Set?“, fragt Kyoko verlegen.

„Na ja“, antwortet Kanae höchst vergnügt, „ich hab leider nicht alles von deiner grandiosen Show gesehen, aber ich kam gerade rechtzeitig, um beide Anschisse von Erika-san mitzubekommen. Um nichts in der Welt hätte ich das verpassen mögen!“ Leise kichernd fügt sie hinzu: „So hab ich sie noch nie gesehen.“

„Also, mir war das er unangenehm.“, meint Kyoko trocken.

Leise seufzend gibt sie Rina die Unteramtasche und zieht den Bolero aus, den sie dann ebenfalls an ihre Betreuerin übergibt. Dann versucht sie vergeblich, den Verschluss am Rücken des Anzugs zu öffnen. Rina beeilt sich, ihr zu helfen.

„Wo warst du überhaupt so lange?“, will ihre Managerin wissen.

Kyoko wird in Sekundenbruchteilen feuerrot im Gesicht und konzentriert sich schweigend darauf, aus dem Anzug herauszukommen.

Kanaes Grinsen wird unwillkürlich breiter. „Das dürfte deine Frage beantworten, Rina-san.“, stellt sie amüsiert fest.

Kyoko schaut erst Kanae verwirrt an, dann suchend an sich herunter ... und wird plötzlich schier starr vor Entsetzen. Auf ihrer Brust prangt ein prächtiger, kleiner Knutschfleck!

Rina, die die kleine Bescherung inzwischen auch gesehen hat, grinst jetzt ebenfalls. „Das erklärt jedenfalls, warum Ren-san vorhin mit einem geradezu kindlichen Grinsen im Gesicht an der Tür vorbei gerauscht ist.“, meint sie. „Da hat wohl jemand sein Revier markiert.“

„Wie peinlich!“, ächzt Kyoko unglücklich. „Warum muss er mich so in Verlegenheit bringen?“

„Oh, ich glaube nicht, dass das der Sinn dieser Aktion war.“, findet Rina und lächelt warm. „Der Knutschfleck ist offenbar mit voller Absicht an einer Stelle platziert, die normalerweise niemand zu Gesicht bekommt. Jedenfalls keiner, der nicht sowieso eingeweiht ist...“
 

Zur gleichen Zeit kann Sho Fuwa nur mit Mühe den Ausführungen des Regisseurs folgen. Noch immer gehen ihm die Bilder, die er kurz zuvor am Bildschirm gesehen hat, nicht aus dem Kopf.

„Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald die Szene fertig geschnitten ist.“, sagt Kurozaki gerade. „Allerdings sind die Stücke für die Diplomatenball-Szenen viel wichtiger, ich möchte sie möglichst zum Dreh einsatzbereit haben. Für die Schauspieler ist es unkomplizierter und es wird für mich einfacher, die Statisten zu koordinieren.“

Entschlossen reißt sich der junge Sänger zusammen und lächelt. „Ich arbeite bereits daran.“, beruhigt er den Regisseur, während urplötzlich ein beinahe enthusiastisches Glitzern in seinen Augen aufleuchtet. „Ich konnte mich bisher nur nicht für den Stil des Arrangements entscheiden, aber ich schätze, die Eindrücke hier am Set werden mir die entscheidende Inspiration dafür liefern.“

„Dann verbringen Sie am besten so viel Zeit am Set, wie möglich.“, schlägt der Regisseur vor. „Wenn ich etwas zur Inspiration beitragen kann, sagen Sie es mir einfach.“ Er wirft einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. „Oh, ich muss langsam weitermachen. Sehen Sie sich inzwischen um und schnuppern Sie ein bisschen Set-Atmosphäre.

Nur eine Bitte: Versuchen Sie, dabei möglichst wenig im Weg zu stehen und halten Sie während der Aufnahmen bitte Ruhe.“

„Versteht sich von selbst.“, meint Sho souverän lächelnd. „Bis später.“
 

Lange bleibt Sho an diesem Tag nicht mehr am Set, die Gedanken, die ständig in seinem Kopf kreisen und die Tatsache, dass Kyoko es tatsächlich schafft, ihn vollständig zu ignorieren, setzen ihm so zu, dass er bereits kurz nach der Mittagspause wieder verschwindet, um gründlich darüber nachzudenken, wie er sich in den nächsten Tagen Kyoko gegenüber am klügsten verhalten sollte.

Junges Gemüse

Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran mit dem Kapitel. Entschuldigt bitte.

Ich war die letzten Wochen mit einem ziemlich hartnäckigen Husten beschäftigt und konnte ganze zwei Wochen nichts schreiben, daher bin ich auch mit diesem Kapitel nicht so ganz zufrieden; ich hatte einfach nicht genug Zeit zum Überarbeiten, sorry. Aber schließlich wollte ich euch nicht noch länger warten lassen. ☺

Aber jetzt genug mit dem Lamentieren, viel Spaß beim Lesen. ☺
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

Lange bleibt Sho an diesem Tag nicht mehr am Set, die Gedanken, die ständig in seinem Kopf kreisen und die Tatsache, dass Kyoko es schafft, ihn vollständig zu ignorieren, setzen ihm so zu, dass er bereits kurz nach der Mittagspause wieder verschwindet, um gründlich darüber nachzudenken, wie er sich in den nächsten Tagen Kyoko gegenüber am klügsten verhalten sollte.

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Junges Gemüse
 

„Das hat doch schon ganz gut geklappt, Kyoko-chan.“, lobt Jason Choi, während er Kyoko von den Stahlseilen befreit, mit deren Hilfe sie in den letzten zwei Stunden anstrengende Stuntfights vollführt hat. „Die nächsten Stunts dürften dir jetzt leichter von der Hand gehen, ich schätze, du hast das Grundprinzip begriffen.“

„Ja, ich glaube auch.“, stimmt das Mädchen leicht verlegen zu. „Wenn man das mit dem Gleichgewicht erstmal raus hat, geht es eigentlich.“ Leise seufzend reibt sie sich die Arme. „Wenn ich bloß noch raus finden würde, wie ich nicht ständig gegen die Seile knalle...“

Der Stuntkoordinator lächelt milde und klopft ihr freundlich auf die Schulter. „Das wird sich wohl nicht ganz vermeiden lassen; jedenfalls nicht, wenn du für die Überschläge und Saltos mit zwei Stahlseilen arbeiten musst. Aber keine Sorge, morgen wirst du das schon besser unter Kontrolle haben. – Ich bin sehr zufrieden.“ Er wirft kurz einen lächelnden Blick zu Ren hinüber, dem gerade Chois Assistent, Charly Lee, aus dem Haltegeschirr hilft. „Mit euch Beiden ! Ihr habt euer Gleichgewicht inzwischen recht gut unter Kontrolle, das allein erspart schon etliche Wiederholungen. Schließlich habt ihr Beide vorher noch keinerlei Erfahrungen mit Stahlseil-Stunts gehabt.“

Kyoko hat sich mittlerweile aus ihrem Geschirr geschält und reicht es Choi-sensei.

„Ren-kun, achte bei den nächsten Szenen, die ihr zusammen habt, noch mehr darauf, deine Kraft vorsichtiger zu dosieren.“, meint der Stunt-Koordinator. „Wenn Kyoko-chan auf festem Boden steht, kann sie dagegen halten, aber wenn sie in der Luft hängt, musst du vorsichtiger sein, sonst kann sie ihre Bewegungen nicht mehr ausreichend kontrollieren.“

„Ja“, stimmt Ren unumwunden zu, „das habe ich auch bemerkt. Sie ist verflixt leicht; es gehört wirklich nicht viel dazu, sie aus der Balance zu bringen, wenn sie an den Seilen hängt.“

„Tja“, mischt sich augenzwinkernd und grinsend Charly ein, „wer hätte gedacht, dass es für ein Mädchen auch von Nachteil sein kann, so schlank zu sein...“

„Auf der anderen Seite...“, lacht Ren plötzlich und legt sich seine Kollegin kurzerhand über die Schulter, „hätte ich andernfalls mit so was meine Probleme.“

„Ja ja.“, meint Kyoko vorgeblich genervt. „Welche Szene?“

„58?“

„Ähm“, überlegt Kyoko für einen Moment, „war das die mit ‚Kampffussel’ und ‚Mr. Oberschlau’? Die, die übermorgen auf dem Drehplan steht?“

„Korrekt!“, gibt Ren grinsend zurück und beginnt schon im nächsten Augenblick mit einem wüsten Wortgefecht zwischen Takeshi und Ran, während Jason Choi seinem Assistenten kräftig auf die Schulter haut und sich dann lachend und kopfschüttelnd wieder seiner Arbeit widmet.

Geradezu leidenschaftlich setzen die beiden jungen Schauspieler die Szene fort, in einem spritzigen, wortgewaltigen Disput, der sich schnell zu einer halb zänkischen, halb scherzhaften Rangelei ausweitet.
 

In einiger Entfernung steht Sho Fuwa in den Kulissen und beobachtet von dort reichlich fassungslos das Treiben der beiden jungen Schauspieler. In seinem Innern kämpfen ein befremdliches Erstaunen und ein unübersehbares Quäntchen Eifersucht um die Vorherrschaft in seinem Kopf.

„Oh, Mann...“, stöhnt er leise ... und kann doch den Blick nicht von den Beiden abwenden. „Warum tun die das?“

„Oh, machen Sie sich keine Gedanken, Fuwa-san“, hört er plötzlich die Stimme des Ton-Assistenten neben sich, was ihn unwillkürlich zusammenzucken lässt, „sie proben nur Szenen, die sie zusammen haben. Das tun sie schon seit Drehbeginn. – Am Anfang war es ein bisschen gewöhnungsbedürftig, weil man nicht immer gleich wusste, dass es sich um Passagen aus dem Drehbuch gehandelt hat, aber mittlerweile finden es eigentlich alle ganz witzig. Es macht Spaß, ihnen dabei zuzusehen, es lockert die Atmosphäre hier am Set ungemein auf ... und außerdem haben wir sicher nicht zuletzt wegen dieser kleinen Zusatzproben bei Aufnahmen mit den Beiden nur sehr wenig NGs.

Also keine Angst, die Beiden nehmen ihre Arbeit einfach nur ernst, Sie sind hier keineswegs in ein Irrenhaus geraten.“ Er lacht auf und deutet auf Kyoko, die gerade in einen ausgewachsenen Lachanfall ausbricht, während Ren sie grinsend auf dem Boden absetzt. „Sehen Sie? Jetzt hat sie die Szene geschmissen. Bei den Aufnahmen wird ihr das jetzt sicher nicht mehr passieren.“
 

„Sieht der immer noch her?“, fragt Kyoko leicht genervt.

„Schaut ganz so aus.“, gibt Rina nach einem kurzen Kontrollblick zurück. Ihr Grinsen wird breiter. „Sein Gesicht spricht jedenfalls Bände.“

„Wenn ich die Dreharbeiten nicht unnötig sabotieren will, werd ich wohl langsam mal mit ihm reden müssen.“, seufzt Kyoko leise.

„Bist du sicher?“, hakt Ren ein wenig besorgt nach.

„Ja.“, antwortet seine junge Frau fest. „Ich glaube, ich hab ihn lange genug zappeln lassen; ich denke, jetzt wird er mir auch wirklich zuhören, was ich ihm zu sagen habe.“

„Wenn du meinst... Tut mir leid, ich muss jetzt los, ich möchte nur ungern zu spät zu dieser Talkshow kommen; zumal es sonst nachher zu spät für die Kochshow wird. Da möchte ich nämlich erst recht nicht zu spät sein.“ Ren grinst von einem Ohr zum anderen.

„Als ob du nicht jeden Tag zu Hause eine Kochshow haben könntest.“, meint Yukihito mit einem Augenzwinkern. „Reiß dich endlich los und mach, dass du in die Garderobe kommst! Du musst vor der Talkshow noch duschen, so verschwitzt lass ich dich da jedenfalls nicht auftreten.“

„Ja, Sir!“ Ren salutiert scherzhaft, dann legt er sanft eine Hand auf Kyokos Schulter und seufzt theatralisch „Schade, dass ich mich nicht anständig von dir verabschieden kann. ...zu viele neugierige Blicke...“

„Du würdest dich ja wohl viel lieber unanständig verabschieden...“, murmelt Kyoko grinsend.

„Nun ja“, antwortet Ren verschmitzt, „das abzustreiten wäre glatt gelogen. Aber es ist ja schließlich auch noch nicht aller Tage Abend.“ Wie zufällig streift er zart ihre Seite, während er sich zum Gehen wendet und flüstert ihr zu: „Du entkommst mir ja sowieso nicht.“

Eine zarte Röte überzieht Kyokos immer noch leicht verschwitztes Gesicht. „Ich hab gar nicht vor zu flüchten...“, murmelt sie achselzuckend und blickt ihm nach, wie er zielstrebig in Richtung seiner Garderobe davoneilt, vermutlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Yukihito wirft Rina noch kurz ein augenzwinkerndes Lächeln zu, dann beeilt er sich, seinem Schützling zu folgen.

Kyoko dehnt leise seufzend ihren Nacken und wendet sich dann ihrer Betreuerin zu. „Besorgst du mir schnell eine Flasche Wasser?“

Rina versteht sofort. „Du willst allein mit ihm reden? Bist du sicher?“

„Ja, ich denke, es ist besser, wenn wir das weitgehend unter vier Augen abklären. Ich möchte nicht, dass er sich in seiner Ehre gekränkt fühlt, ich will nur, dass er mich in Ruhe lässt.“

„Okay, dann lass ich mir etwas Zeit. Ruf einfach, wenn du mich brauchst.“ Rina zwinkert ihr achselzuckend zu und macht sich auf den Weg.
 

Kaum ist sie außer Sichtweise, stürmt auch schon ein irgendwie gehetzt dreinblickender Sho Fuwa auf die junge Schauspielerin zu. Trotz seiner deutlich sichtbaren Unsicherheit versucht er cool zu wirken, was im Zusammenspiel derart komisch wirkt, dass Kyoko sich ein amüsiertes Grinsen nicht ganz verkneifen kann.

„Kyoko-chan!“, ruft er beinahe verzweifelt und ergreift ein wenig unsanft ihren Arm, damit sie nicht wieder ausreißen kann.

Kyoko vergeht in Sekundenbruchteilen das Grinsen, denn er hat sie an der falschen Stelle erwischt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht zuckt sie zusammen.

„Sag mal, hast du sie noch alle?!“, raunzt sie ihn an.

„Entschuldige.“, brummt der junge Sänger kleinlaut. „Seit wann bist du denn so empfindlich?“

„Ich bin immer empfindlich, wenn mir jemand brutal seine Finger in meine blauen Flecken drückt!“, erklärt sie schlecht gelaunt. „Mann, du hast doch wohl gesehen, dass ich gerade eine ganze Reihe von Stuntfights hinter mir habe! – Diese doppelten Stahlseile machen mich echt fertig; ich bin buchstäblich übersät mit blauen Flecken, besonders an den Armen!“ Leise murmelnd fügt sie hinzu: „Mann, ich hoffe, bis zu den Ballszenen sind die wieder weg...“

Sho ist erschrocken ein wenig zurückgewichen. Verwirrt schaut er sie an. „Aber...“, beginnt er hilflos. „Tsuruga-san hat dich doch vorhin auch...“

„Also wirklich!“, gibt Kyoko leicht genervt zurück. „Das war während der Aufnahmen ! Das ist doch was ganz anderes! Ich kann doch wegen so was keinen Take schmeißen, da würden wir ja nie fertig. – Außerdem hat Ren-san extra nicht so kräftig zugepackt, wie es gewirkt hat ... und er hat netterweise auch darauf geachtet, nach Möglichkeit zwischen die besonders schlimmen Stellen zu greifen.“

Für einen Moment verzieht Sho schmollend den Mund, dann kommt ihm plötzlich ein beunruhigender Gedanke und ehe er sich versieht, hat er ihn auch schon laut ausgesprochen.

„Und woher will der Typ gewusst haben, wo er hinfassen darf?“

Zwei Sekunden sehen die beiden Sandkastenfreunde sich geradezu entgeistert an; Sho, weil er gerade ganz offensichtlich eine Spur von Eifersucht hat durchblicken lassen und Kyoko, weil er damit eigentlich den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

„Ren-kun hat die gleichen Probleme.“, erklärt sie schließlich ruhiger als sie tatsächlich ist. „Er hat die Schmerzen vermutlich an den gleichen Stellen, schließlich hat er dasselbe an den Seilen machen müssen wie ich.“

„Ach so...“ Sho senkt ein wenig verlegen den Blick und schaut intensiv auf seine Fußspitzen.

Auf Kyokos Gesicht entfaltet sich unwillkürlich ein amüsiertes Grinsen.

„Was willst du von mir?“, fragt sie schließlich leise. „Hast du nicht schon genug angerichtet?“

„Ich... Ach Mann!“ Langsam hebt er seinen Blick und sieht das Mädchen niedergeschlagen an. „Ich... Du hast Recht. Ich hab mich absolut beschissen verhalten. Und es tut mir leid. – Ehrlich.“

Kyoko sieht ihn lange an, ohne dass auch nur ein Muskel in ihrem Gesicht zuckt. Dann atmet sie tief durch.

„Und das soll ich dir glauben?“, fragt sie ernst. „Wir haben unsere halbe Kindheit zusammen verbracht und du hast mich dabei jahrelang in dem Glauben gelassen, ich würde dir wirklich etwas bedeuten, während du mich hinter meinem Rücken nur ausgenutzt und verspottet hast. - Ich will dir mal was erzählen: Als ich endlich den Schlussstrich gezogen hatte und dir eine Woche später begegnet bin, hast du mich nicht mal mehr erkannt.

Tut mir leid, ich nehm dir diese Entschuldigung nicht ab. Ich kann dir das einfach nicht glauben.“

„Aber...“, beginnt Sho verzweifelt, senkt dann jedoch seufzend den Blick. „Können wir nicht wenigstens einen Waffenstillstand schließen?“, fragt er leise.

„Das wollte ich ohnehin vorschlagen.“, antwortet Kyoko zu seiner Überraschung. „Ich will hier in Ruhe arbeiten. Diese Arbeit ist nämlich die erste in meinem Leben, die ich wirklich aus tiefstem Herzen gerne und für mich selber mache. Mir liegt viel daran, meine Aufgaben hier so gut wie nur irgend möglich zu erfüllen und da würde es gewaltig stören, wenn ich mich ständig mit dir streite oder dir dauernd aus dem Weg gehen muss. Außerdem wäre es mehr als albern, so zu tun, als würden wir uns nicht kennen. Darum möchte ich, dass wir beide ganz normal miteinander umgehen.“

Shos Blick hellt sich nach der ersten Verblüffung plötzlich deutlich auf.

„Freu dich nicht zu früh!“, warnt Kyoko streng. „Ich will nämlich auch, dass du mir nicht ständig auf die Nerven gehst. Lass mich einfach so weit wie möglich in Ruhe, dann können wir trotz unserer wenig erfreulichen Vergangenheit gut miteinander auskommen.“

„Mehr ist im Moment nicht drin, oder?“, stellt Sho seufzend fest.

„Ich denke nicht.“

„Und wenn ich dir beweise , dass ich es wirklich ernst meine?“

„Ich wüsste nichts, das mich überzeugen könnte.“, meint Kyoko trocken; plötzlich fasst sie ihn ein wenig unsanft am Oberarm. „Aber untersteh dich, hier irgendwelche Aktionen zu inszenieren, die den Arbeitsablauf stören könnten! Da verstehe ich absolut keinen Spaß!“

„Okay, ich hab’s kapiert.“, antwortet Sho kleinlaut.

„So und jetzt wird es Zeit, dass ich mich umziehe, ich hab noch zu arbeiten.“, verkündet Kyoko unbarmherzig und macht sich nach einer kurzen Verbeugung auch gleich auf den Weg zu ihrer Garderobe, einen unsicheren und deutlich verschämten Sho Fuwa zurücklassend.
 

Nur Sekunden später stößt Rina zu ihrem Schützling, zwei kleine Wasserflaschen in der Hand.

„Wie viel hast du mitbekommen?“, fragt Kyoko seufzend.

„Weiß nicht, die Hälfte vielleicht. Ich fand dich jedenfalls sehr souverän und überzeugend.“, findet die junge Managerin lächelnd.

„Ob das bei dem sturen, selbstgefälligen Egomanen reicht, ist allerdings noch die Frage...“
 

Als Rina und Kyoko am Abend die Studios betreten, in denen auch „Yukis Kochshow“ produziert wird, fällt ihnen sofort die ungeheure Unruhe auf, die im gesamten Gebäude zu herrschen scheint. Überall hetzen Mitarbeiter unruhig und hektisch hin und her; fast scheint es, als sei in einem riesigen Bienenkorb angesichts eines Hornissenangriffs eine wilde Panik ausgebrochen.

„Guten Abend, Mogami-san! Schön Sie zu sehen.“, ruft ein etwa 35 Jahre alter Mann ihnen zu, während er sich den beiden Damen eilig nähert und sie dann mit einer tiefen Verbeugung grüßt.

„Mein Name ist Kurihara, ich bin der Produktionsassistent.“, erklärt er atemlos, nachdem Kyoko und Rina sich ebenfalls verbeugt haben. „Es tut mir schrecklich leid, eigentlich wollte unsere Regisseurin Sie selbst abholen, aber hier geht heute leider alles drunter und drüber.

„Das macht doch nichts.“, winkt Kyoko lächelnd ab. „Uns ist schon aufgefallen, dass hier etwas nicht in Ordnung scheint. Darf ich fragen, was passiert ist?“

Resigniert zuckt der Mann die Schultern. „Es wird sich ohnehin kaum verheimlichen lassen; außerdem betrifft es Sie ja letztlich auch. – Vor einer halben Stunde hat es offenbar einen Brand in der Vorbereitungsküche gegeben und nun sind alle vorbereiteten Lebensmittel, die dort waren, verdorben ... und das waren leider so ziemlich alle, die für heute gebraucht werden. Und als ob das noch nicht schlimm genug wäre, hat sich vor einer Viertelstunde Yuki-san etliche Finger der rechten Hand verletzt, sodass sie nun ganz sicher nicht mehr genug Gemüse für die Show schneiden kann. Sie wird gerade verarztet. Wir fürchten, die ganze Show steht auf der Kippe. - Ich bringe Sie erstmal zu ihr.“

„Himmel!“, ruft Kyoko entsetzt. „Wie kann denn so was passieren?“

„Niemand weiß es bisher, denn anscheinend war überhaupt niemand in der Vorbereitungsküche, als es zu diesem Brand kam.“

Inzwischen sind die Drei an Yukis Garderobe angekommen, Kurihara klopft und öffnet kurz darauf die Tür.

„Geht es besser, Yuki-san?“, fragt er besorgt.

„Danke, es geht schon.“, meint die Köchin lächelnd. „Guten Abend zusammen.“

Die sympathische Mittvierzigerin bedankt sich bei dem Sanitäter, der ihr die Hand verbunden hat und erhebt sich aus dem Stuhl, um ihre Gäste ordentlich zu begrüßen.

„Oh, bitte, bleiben Sie sitzen!“, fordert Kyoko entsetzt. „Das muss doch höllisch pochen! Wie ist denn das passiert?“

„In meinen Schürzentaschen waren Glassplitter, offenbar von dünnwandigen, kleinen Gläsern, wie man sie mitunter zur Weinprobe benutzt. Ich habe keine Ahnung, wie die da hingekommen sind, aber ich denke, jemand hat sie absichtlich zersplittert. Jedenfalls habe ich voll rein gegriffen, als ich nachsehen wollte, was da in meinen Taschen ist; glücklicherweise nur mit der rechten Hand.“

„Du willst sagen, es war Sabotage?!“, hakt der Produktionsassistent entgeistert nach.

„Ich wüsste keine andere logische Erklärung.“, bekräftigt Yuki ernst. „Aber das ist jetzt erst mal unwichtig; schauen wir lieber, wie wir die Sendung noch retten können. Ein bisschen was kann ich schon noch machen, wenn ich Latexhandschuhe anziehe, aber ich werde nicht mehr schnell genug arbeiten können... Habt ihr veranlasst, neue Zutaten zu besorgen?“

„Ja, natürlich; ich kann nur nicht garantieren, dass sie vor dem Sendestart wirklich alles bekommen. Allerdings scheint ein Teil davon bereits da zu sein. Außerdem ist ja sowieso mehr als fraglich, ob wir genug vorbereiten können, um bei den vorgesehenen Rezepten zu bleiben. Wir haben schließlich nur eine Stunde Sendezeit... Und die Vorbereitungsküche ist auch vorerst nicht mehr brauchbar, also haben wir auch zu wenig Platz.“

„Was war denn für heute vorgesehen?“, fragt Kyoko neugierig.

„Einige Kroketten-Variationen, Gyoza und als Highlight Jakobsmuscheln. Die rohen, ausgelösten Jakobsmuscheln und die vorgekochten Kartoffeln sind übrigens so ziemlich das Einzige, das an vorbereiteten Lebensmitteln noch da ist...“ Kurihara zuckt seufzend mit den Schultern.

„Hmm...“ Kyoko überlegt angestrengt und wirft einen Blick auf ihre Armanduhr.

„Er hat leider Recht.“, sagt Yuki ernst. „Die Zubereitung ist nicht besonders kompliziert, aber gerade für japanische Kroketten und Gyoza müssen die Zutaten sehr klein geschnitten werden ... und das dürften wir zeitlich nicht schaffen. Zumal wir normalerweise so viel vorbereiten, dass alle Zuschauer im Studio etwas probieren können.“

„Wie viele Zuschauer wird es geben?“, hakt Kyoko gedankenverloren nach.

„Etwa 50, warum?“

„Das könnte gerade so hinhauen.“, meint Kyoko fest. „Allerdings nur, wenn ich in den nächsten fünf Minuten anfange.“

„Wollen Sie behaupten, Sie kriegen es hin, quasi ein kleines Menü für 50 Personen in einer Dreiviertelstunde vorzubereiten?“, fragt Yuki ungläubig.

Kyoko runzelt die Stirn ein wenig. „Ich würde eher sagen, in gut anderthalb Stunden. Das, was ich vor der Sendung nicht schaffe, müsste ich während der Sendung machen. Aber da die Garzeiten nicht allzu lang sind, dürfte es so gerade hinhauen, ja.“

„Ich weiß ja nicht...“, zweifelt die Köchin laut. „Haben Sie Erfahrungen damit, Mogami-san?“

„Ich habe schon als Kind kochen gelernt und ich habe längere Zeit in einem kleinen Familienrestaurant gearbeitet.“, gibt Kyoko zurück. Die Sache mit dem Ryokan der Fuwas verschweigt sie lieber.

Sowohl der beliebten Köchin als auch dem Produktionsassistenten stehen staunend die Münder offen.

„Wenn das stimmt, dann können Sie heute die Heldin des Abends werden, Mogami-san.“, meint Yuki begeistert.

Kyoko läuft rosa an. „So würde ich das nicht sagen. – Aber ich kann doch nicht zulassen, dass die Show vor die Hunde geht.“

„Sehr lobenswerte Einstellung.“, findet Yuki. „Gut, dann sollten wir uns ein wenig ranhalten. Du, Kurihara-san, besorgst bitte das Arbeitsmaterial und bringst es rüber ins Studio. – Schließlich ist die Vorbereitungsküche zurzeit ja nicht zu gebrauchen. Und dann sagst Du bitte allen Bescheid. Und wir zwei, Mogami-san, machen uns dann mal fertig zum Schnibbeln. – Na ja, so weit mir das möglich ist. – Am besten lassen Sie Ihre Sachen gleich hier in meiner Garderobe, dann verlieren wir weniger Zeit.“

„Okay, ich bin dann weg.“, sagt der Produktionsassistent und verlässt eilig die Garderobe.

Kyoko legt ihren Mantel ab und wühlt ein großes Lederetui aus ihrer Tasche. „Ein Glück, dass ich die Messer im letzten Moment doch noch mitgenommen hab“, murmelt sie, „als Glückbringer sozusagen...“

Neugierig kommt die Fernsehköchin näher und sieht sich das Etui genauer an. „Darf ich mal?“, fragt sie ungläubig.

„Ja, natürlich.“, sagt Kyoko lächelnd und reicht es ihr.

Yuki legt es auf dem Schminktisch ab und rollt es vorsichtig auf. „Meine Güte“, meint sie anerkennend, „das ist ja richtig gutes Arbeitswerkzeug!“

„Ja, der Chef des Familienrestaurants, in dem ich gearbeitet habe, hat es mir geschenkt, als ich dort aufgehört habe.“

„Ich schätze, dann brauche ich mir wohl keine Sorgen mehr um die Sendung machen...“
 

Keine zehn Minuten später steht Kyoko mit Schürze und ihren Messern bestückt im Studio und schnibbelt Gemüse in einem so rasanten Tempo klein, dass die Fernsehköchin nur staunend daneben steht, während Rina ihre liebe Not hat, immer rechtzeitig für Nachschub zu sorgen und das bereits vorbereitete Gemüse beiseite zu räumen. Außerdem kann man sich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass um Kyoko herum kleine Dämonen ihr Unwesen zu treiben scheinen, ganz so, als sei das Ganze eine Art Kampf auf Leben und Tod. – Niemand außer Rina wagt es, sie anzusprechen.

Als eine halbe Stunde später die Zuschauer ins Studio gelassen werden, erklärt Yuki ihnen die Situation kurz und bittet sie, Kyoko in Ruhe weiter arbeiten zu lassen, damit vor dem Sendestart noch möglichst viel fertig wird.

Kyoko schaut einen Moment verblüfft von ihrer Arbeit auf, während sich die Atmosphäre unmittelbar um sie herum unerwartet aufhellt. „Ach was“, winkt sie lächelnd ab, „haben Sie bitte Spaß und verhalten Sie sich ganz normal. Das stört mich nicht im Geringsten. Außerdem kommt Tsuruga-san bestimmt jeden Moment. Es gibt doch sicher einige, die die Gelegenheit nutzen möchten, ihn um ein Autogramm zu bitten; lassen Sie sich bitte nicht aufhalten.“

Wie auf ein geheimes Stichwort betritt Ren das Studio und ist praktisch augenblicklich von etlichen Damen umringt. Kyoko grinst leise in sich hinein.

Erst Minuten später bemerkt der junge Schauspieler verblüfft, dass seine Frau schon längere Zeit bei der Arbeit zu sein scheint, jedenfalls nach den vielen Schüsseln mit vorbereiteten Zutaten zu urteilen, die sich dort regelrecht stapeln. Fragend sucht er ihren Blick, bekommt jedoch nur ein überraschend vergnügtes Lächeln als Antwort, während er sich auf seinen Platz in der ersten Reihe begibt. Sein Betreuer ergreift die Initiative und begibt sich zu Rina, um von ihr genauere Informationen einzuholen.
 

„Und? Was ist los?“, fragt Ren ungeduldig, als sein Betreuer sich endlich neben ihn setzt.

Yukihito bringt ihn flüsternd auf den neuesten Stand der Dinge, während er nicht umhin kann, immer wieder einen höchst verwunderten Blick auf Kyokos Hände zu werfen, ... wie mittlerweile auch die meisten anderen anwesenden Zuschauer, die aufgeregt und flüsternd Kyokos Fähigkeiten als Köchin diskutieren.

„Meine Güte“, endet der junge Manager schließlich leicht abwesend, „dieses Tempo ist ja Irrsinn!“

„Stimmt. Bei der Geschwindigkeit könnte sie sogar mit der Gefräßigkeit meines Vaters mithalten.“, kichert der junge Schauspieler leise.

Sein Betreuer schaut ihn verblüfft an. „Niemand ist derart verfressen!“, widerspricht er entrüstet.

„Du kennst meinen Vater nicht.“, seufzt Ren. „Und ich kann nur hoffen, dass er diese Sendung nie zu Gesicht bekommen wird.“

Yukihito fehlen für einen Moment die Worte. „Du meinst, weil Kyoko es nicht wird ablehnen können, würde er sie den halben Tag in der Küche schuften lassen?“, fragt er dann.

„Wenn’s nur das wäre.“, gibt Ren resignierend zurück. „Mit einem halben Tag wird es dann wohl kaum getan sein... Wenn der raus kriegt, wie gut sie wirklich kochen kann, dann wird er bei jeder möglichen oder unmöglichen Gelegenheit zu Besuch kommen.“ Ren lehnt sich näher zu seinem Betreuer hinüber und fügt sehr leise hinzu: „Und ich kann mich dann auf eine längere Abstinenz einstellen. – Dieses Arbeitstempo kann sie schließlich nur für eine begrenzte Zeit durchhalten.“

Yukihito läuft unwillkürlich rosa an. „So gesehen...“

„Bitte versprich mir, dass du mir dabei hilfst, dieses Talent vor ihm zu verheimlichen; wenn das nötig sein sollte, auch mit Intrigen und Lügen.“, fleht Ren leise.

Sein Betreuer schaut ihn verdutzt an, dann nickt er ernst. „Ich bin zu jeder Schandtat bereit.“, sagt er lächelnd.

Ren atmet erleichtert auf. Eine Weile sitzen die Beiden still da, jeder in seine eigenen Gedanken versunken, bis Ren etwas einfällt.

„Dieser Küchenbrand und der ‚Unfall’, den Yuki-san kurz darauf hatte... Das klingt nicht nach Zufall, oder?“, sagt er leise.

„Schwer zu sagen.“, meint Yukihito.

„Nun... Ich frage mich, ob Koenji-san etwas damit zu tun hat...“

„Wie kommst du denn darauf?!“ Yukihito ist schier entsetzt.

„Na ja, ich denke, ich habe zwei von diesen Bodyguard gesehen, die für sie arbeiten. Und ich glaube auch, dass ihre Limousine auf dem Parkplatz gestanden hat. Aber ich bin mir nicht ganz sicher.“, antwortet der junge Schauspieler nachdenklich.

„Wenn das so ist, dann dürfte es nur sehr schwer zu beweisen sein.“, gibt sein Betreuer vorsichtig zu bedenken.

„Ja, ich weiß. Aber wir sollten das Fräulein trotzdem lieber im Auge behalten. Nur zur Vorsicht. Immerhin ist Kanae-san Kyoko-chans beste Freundin...“
 

„Entschuldigen Sie bitte, Mogami-san.“, unterbricht einige Minuten später eine junge Frau schüchtern Kyokos Arbeit. „Wenn ich Sie kurz stören darf, ich muss nur kurz Ihr Make-up checken.“

„Oh!“ Kyoko legt lächelnd das Messer zur Seite und atmet tief durch. „Keine Ursache. Ich sollte sowieso vor der Sendung noch die Schürze wechseln.“

Rina hat schon verstanden und macht sich auf den Weg, ihr eine zu besorgen.

„Wie viel Zeit ist noch bis zum Start?“, fragt Kyoko freundlich.

„Fünf Minuten.“, antwortet die Maskenbildnerin. „Hm, Ihr Make-up ist eigentlich völlig in Ordnung, lassen Sie mich nur schnell überpudern.“

Kyoko schließt die Augen und lässt die junge Frau ihre Arbeit machen.

„Danke.“, sagt sie, als die Stylistin fertig ist. Noch ein Mal atmet sie tief durch, dann nimmt sie eine frische Schürze von Rina entgegen, die sie auch sofort gegen die leicht verschmutzte alte eintauscht. Für einen Moment trifft ihr Blick den Rens, der ihr ermutigend zunickt, während sie kaum merklich mit den Schultern zuckt.

„Du solltest ein wenig langsamer machen; selbst wenn es dann nicht ganz reichen sollte.“, rät Rina leise, als sie ihr hilft, die Schleife der Schürze zu richten.

„Das hatte ich sowieso vor.“, lacht Kyoko. „Ich will ja schließlich keine Hektik im Studio verbreiten. Da würde ja dann jedem von vorneherein der Appetit vergehen.“

Ein wenig unruhig kommt Yuki auf die Beiden zu und verbeugt sich noch ein Mal tief. „Es tut mir wirklich leid wegen der ganzen Umstände, die wir Ihnen machen, Mogami-san. Normalerweise läuft die Sendung sehr viel entspannter ab.“

„Machen Sie sich keine Gedanken, Yuki-san. Das ist höhere Gewalt, dafür können Sie doch nichts.“ Mit einem gewinnenden Lächeln deutet sie auf die vielen Schüsseln, die sie inzwischen mit vorbereiteten Lebensmitteln gefüllt hat. „Wie es aussieht, haben wir die Sache doch auch einigermaßen im Griff.“

„Aber nur Dank Ihrer tatkräftigen Hilfe, Mogami-san. Ich muss mich noch ein Mal entschuldigen, dass wir Sie hier so schuften lassen.“

Kyoko winkt lächelnd ab. „Ach was, keine Ursache. Ich würde nur gerne wissen, wie die Sendung heute so in etwa ablaufen wird, wir hatten ja noch keine Gelegenheit für eine Besprechung.“

„Oh, mein Gott, Sie haben Recht!“, stöhnt Yuki auf. „Noch ein Grund mehr, sich zu entschuldigen...“

„Noch drei Minuten!“, unterbricht der Regieassistent ihren erneuten Entschuldigungsversuch, was sie merklich zusammenzucken lässt.

„Oh, ent... Nein, das sollten wir auf später verschieben. – Ich werde wohl gleich nach der Begrüßung die Zuschauer darüber informieren, dass heute alles ein wenig anders ablaufen wird als sonst. Die Kamera wird in dieser Zeit auf mich gerichtet sein, sodass Sie ungestört weiter machen können. Dann leite ich über zu Ihnen und Tsuruga-san als heutigen Gästen. Es wäre günstig, wenn Sie dann kurz unterbrechen.“

„Kein Problem, vor allem, wenn Sie zuerst Tsuruga-san begrüßen, das ist dann sozusagen mein Stichwort. Wie wollen wir das mit dem Kochen machen?“, will Kyoko wissen.

„Das übernehme ich, soweit das geht, ebenso wie die Erklärungen zu den Arbeitsvorgängen. Wenn ich Hilfe brauche, dann springen Sie einfach ein. Ich fürchte, wir werden da ein bisschen improvisieren müssen, ich weiß selbst nicht genau, wie wir das hinkriegen werden.“, sagt die Fernsehköchin ein wenig hilflos.

„Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken, Yuki-san“, beruhigt Kyoko lächelnd, „in der Küche hab ich sozusagen einen Heimvorteil. Wir kriegen das schon hin mit ein bisschen Humor. Hauptsache die Leute haben Spaß und das Essen schmeckt. – Nur bitte lassen Sie mich wissen, wenn die Hand zu sehr schmerzt, ich weiß, wie schlimm das sein kann, gerade beim Kochen; die Schnitte sind sicher tief, wenn Sie mitten in die Scherben gegriffen haben.“

„Darüber mache ich mir im Moment wirklich weniger Gedanken; das Sachmerzmittel wirkt nämlich sehr gut. Ich habe eher Bedenken, ob ich wirklich an alles Wichtige denken werde, dieses Schmerzmittel ist ziemlich stark und hat leider negative Auswirkungen auf meine Konzentration.“

„Oh, gut zu wissen. Notfalls kann ich dann vielleicht noch was retten.“, meint Kyoko.

„Da wäre ich Ihnen ausgesprochen dankbar.“, gibt die Köchin erleichtert zurück.

„Noch 30 Sekunden!“, tönt es von der Regie. „Alle auf die Plätze!“
 

„Himmel, es ist so schade, dass es kein Geruchsfernsehen gibt, liebe Zuschauer!“, meint Yuki nach der letzten Werbepause begeistert. „Es riecht einfach fantastisch! Nicht wahr Tsuruga-san?“

„Allerdings. Mir läuft schon seit einiger Zeit das Wasser im Mund zusammen.“, bestätigt Ren und wendet sich charmant an die hinter ihm sitzenden – zumeist weiblichen – Zuschauer. „Und ich denke, dass ich damit nicht allein bin.“, fügt er lächelnd hinzu. Eifriges Nicken und freudig zustimmendes Gemurmel aus dem Zuschauerraum ist die Antwort. „Wir sind alle sehr gespannt, ob es genauso köstlich schmeckt, wie es riecht.“

„Oh, da bin ich sicher. Schließlich waren ja auch schon die Gyoza genauso lecker wie sie geduftet haben.“, meint Yuki zuversichtlich und wendet sich noch ein Mal mit einer Erklärung an die Zuschauer zu Hause. „Sehen Sie, wie Mogami-san das macht? – Der Teig für die Kroketten ist sehr weich, also seien Sie sehr vorsichtig, wenn Sie sie ins Fett geben oder wenn Sie sie wenden. Und achten Sie darauf, sie gleichmäßig goldbraun zu braten. – Oh, bevor ich es vergesse, meine Lieben: Bitte keinen falschen Ehrgeiz! Lassen Sie sich zu Hause Zeit damit, wenn Sie die Rezepte ausprobieren, es ist keine Schande, wenn Sie dabei nicht so zügig arbeiten können wie Mogami-san. Es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen.“

„Dafür fällt Krokettenteig umso leichter auseinander .“, kichert Kyoko, während sie die letzten Kroketten aus der Pfanne holt und auf Küchenpapier zum Abtropfen legt. „So, die Kroketten sind fast fertig zum Probieren.“, fügt sie lächelnd hinzu.

Eifrig machen sich die beiden Köchinnen daran, die verschiedenen Sorten anzurichten, während sie fröhlich fachsimpeln.

Schließlich winkt Yuki Ren Tsuruga heran, um ihn kosten zu lassen und anschließend weitere Kostproben ans Publikum zu verteilen.

„Mmm, göttlich!“, sagt er grinsend, nachdem er - zunächst ohne eine Miene zu verziehen - alle vier Variationen probiert hat. „Ich mag die mit dem Rinderhack und den Erbsen am liebsten.“

Kyoko würde ihm am liebsten an die Gurgel springen, weil er sie - wieder einmal – hat zappeln lassen, doch macht sie gute Miene zum bösen Spiel und beginnt stattdessen lächelnd damit, die Jakobsmuscheln gleich in mehreren noch sauberen Pfannen anzubraten.

Yuki ist allem Anschein nach damit beschäftigt, zusammen mit Ren die Kostproben an die erwartungsfrohen Zuschauer zu verteilen und deshalb übernimmt sie selbst die Erklärung.

„Wenn Sie zu Hause Jakobsmuscheln machen, achten Sie bitte unbedingt darauf, sie von beiden Seiten anzubraten, sie aber innen roh zu lassen. Das ist wichtig, denn sonst werden sie unglaublich schnell zäh. Am besten lassen sie sie keinen Moment aus den Augen.“ Behutsam nimmt sie die ersten Muscheln wieder aus einer der Pfannen und gibt sie in eine große Schüssel, wo sie auf eine weitere Verarbeitung warten. „Nehmen Sie sie also aus der Pfanne, während sie die Soße zubereiten, um den Garprozess zu unterbrechen.“ Nach und nach nimmt sie auch die anderen Muscheln heraus, gießt den Bratensaft aus den Pfannen zusammen und bereitet daraus rasch die Soße mit den restlichen Zutaten zu. Dann richtet sie in Windeseile die Muscheln auf mehreren Tellern an, gibt die Soße darüber, streut auf alle Teller ein wenig geriebenen Parmesan und stellt das Ganze so hin, dass die Kamera eine schöne Nahaufnahme bekommt. „Sehen Sie, es ist gar nicht so schwer.“, sagt die in die Kamera. „Das Wichtigste ist einfach, darauf zu achten, dass die Muscheln nicht zäh werden.“ Sie nimmt zwei der Teller und macht sich auf, das Publikum kosten zu lassen. „Schade, dass es wegen der besonderen Umstände heute nur eine kleine Kostprobe ist.“, sagt sie entschuldigend und lässt zuerst die Fernsehköchin probieren.

„Oh, mein Gott, die sind absolut perfekt, meine Liebe!“, entfährt es Yuki begeistert und winkt Ren heran, um ihm auch gleich ein Stück in den Mund zu schieben. „Entschuldigen Sie, wenn ich ein bisschen zu aufdringlich bin, Tsuruga-san, aber das müssen Sie einfach probieren.“

Ren schließt grinsend die Augen. „Lecker.“, stellt er lächelnd fest. „Aber ich hatte auch nichts anderes erwartet.“

„Mogami-san“, sagt Yuki ernst, „der Mann, der Sie einmal zur Frau bekommt, wird sich mehr als glücklich schätzen können.“

Kyoko läuft puterrot an und weiß plötzlich nicht mehr, wohin sie schauen soll; ganz besonders in Rens Richtung wagt sie nicht mehr zu sehen...

„Ich denke, da haben Sie absolut Recht.“, pflichtet Ren unumwunden bei, ein breites Grinsen im Gesicht. „Zumal die meisten jungen Mädchen sich heutzutage kaum noch fürs Kochen zu interessieren scheinen. Und das ist noch gar nichts gegen das, was Kyoko-san so vor der Kamera zustande bringt. Was das Schauspielern betrifft ist sie nämlich mindestens genauso gut wie beim Kochen; das ist jedenfalls meine bescheidene Meinung.“

Das Rot in Kyokos Gesicht wird unversehens noch ein wenig tiefer.
 

Als die Beiden über zwei Stunden nach Ende der Kochshow (unbeobachtet) in Rens Auto sitzen, dehnt Kyoko seufzend die Muskeln an ihren Armen und gähnt.

„Müde?“, fragt Ren besorgt.

„Ja“, antwortet seine junge Frau ohne Umschweife, „war ein langer, anstrengender Tag.“ Lächelnd sieht sie ihn von der Seite her an, während er den Wagen startet. „Für dich doch auch, oder? – War sicher auch anstrengend bei der Talkshow; schließlich kamst du erst ziemlich spät. Fantrubel?“, fragt sie müde.

„Nein, eigentlich hat es sich heute sogar ziemlich in Grenzen gehalten.“, erklärt Ren. „Ich kam nur deshalb so spät, weil mich Kimiko Kamio im Foyer hier abgefangen hat. Ich wäre schon viel früher im Studio gewesen, wenn die mich nicht gefühlte sechs Stunden mit ihrem pseudo-koketten Gesülze aufgehalten hätte, das sie für Flirten hält.“

„Aber so kannst du doch nicht über...“, beginnt Kyoko leicht entsetzt.

„Doch, das kann ich.“, erwidert Ren ruhig und wirft einen amüsierten Seitenblick auf seine Frau. „Dieses Weib hat nur mäßig Talent, ist dafür zickig wie eine Diva und nimmt ihre Arbeit absolut nicht ernst. Sie ist also praktisch das genaue Gegenteil von dir. Das Einzige, was sie an der Schauspielerei interessiert ist, wie sie sich möglichst gut in der Öffentlichkeit darstellen kann; ihr Ego reicht wahrscheinlich von Tokyo bis New York. Sie hält sich jedenfalls für die absolut Größte, dabei sind ihre besten Tage im Showbiz längst vorbei; das Einzige, was sie hat, sind gute Beziehungen zu wichtigen Leuten. - Ich kann sie nicht leiden.“

„Na ja“, murmelt Kyoko müde, „ich bin auch nicht unbedingt ein Fan von ihr, aber... na ja, egal.“

„Richtig, sie ist vollkommen egal.“, meint Ren glucksend. „Aber du warst heute fantastisch. Langsam wirst du mir unheimlich, du entwickelst dich ja beinahe schon zu einem PR-Genie. Ist dir klar, dass du heute ganz allein die Show gerettet hast?“

Kyoko antwortet nicht und nachdem Ren einen weiteren Seitenblick auf seine junge Frau geworfen hat, ist ihm auch klar, warum. Sie ist erschöpft eingeschlafen.

„Ich hätte es mir denken können...“, murmelt er resignierend. Sachte streichelt er mit einer Hand über ihre geröteten Wangen. Kyoko lächelt im Schlaf.

„Du hast Recht, es war ein langer, anstrengender Tag.“, sagt er leise.
 

Auf der anderen Seite der Stadt sitzt Kimiko Kamio wie versteinert auf ihrem Sofa, abwesend auf den Fernseher starrend und fassungslos auf ein Taschentuch beißend. Das Sektglas auf dem Tisch ist umgeworfen und hat einen deutlich sichtbaren Sprung, während auf der Tischfläche langsam eine Pfütze aus Sekt zu einer klebrigen Masse eintrocknet. Überall im Zimmer liegen kleine, weiße Daunenfedern und die Fetzen, die von den einstigen Kissen noch übrig sind, liegen verstreut auf Sofa und Teppich...

Der Frust eines gewissen Sängers

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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Auf der anderen Seite der Stadt sitzt Kimiko Kamio wie versteinert auf ihrem Sofa, abwesend auf den Fernseher starrend und fassungslos auf ein Taschentuch beißend. Das Sektglas auf dem Tisch ist umgeworfen und hat einen deutlich sichtbaren Sprung, während auf der Tischfläche langsam eine Pfütze aus Sekt zu einer klebrigen Masse eintrocknet. Überall im Zimmer liegen kleine, weiße Daunenfedern und die Fetzen, die von den einstigen Kissen noch übrig sind, liegen verstreut auf Sofa und Teppich...

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Der Frust eines gewissen Sängers
 

„Findest du es nicht ein bisschen übertrieben, Kyoko-chan hier am Eingang regelrecht aufzulauern?“, fragt Shoko ein wenig besorgt. „Ich meine ... du hast doch heute sowieso Aufnahmen mit ihr zusammen...“

„Ach, lass mich in Ruhe!“, fordert ihr Schützling schlecht gelaunt. „Ich weiß schon, was ich tue.“ Zum wiederholten Mal an diesem Morgen schaut er auf seine Armbanduhr und steigt dabei unruhig von einem Bein aufs andere, während er gleichzeitig krampfhaft versucht, seinem Image als coolem Rockstar gerecht zu werden.

Seine Managerin sieht ihn forschend von der Seite her an. „In letzter Zeit bin ich mir da gar nicht mehr so sicher.“, meint sie trocken. „In den letzten Wochen grenzt dein Verhalten jedenfalls schon beinahe an Besessenheit.“

„Warum?!“, blafft der junge Sänger sie an. „Weil ich verzweifelt versuche, jemanden zurück zu gewinnen, der mir mehr bedeutet, als mir klar war ... und den ich blöderweise ziemlich verletzt habe?“

Shoko lacht freudlos auf. „’Verzweifelt’ trifft es ziemlich gut.“, sagt sie ernst. „Meinst du wirklich, sie nimmt dir eine Entschuldigung ab, wenn du ihr derart aufdringlich nachsteigst?! Mensch, du stehst hier schon seit einer Stunde sinnlos rum und stierst wie hypnotisiert auf die Eingangstür...“

„Na ja, irgendwann muss sie ja mal kommen.“, unterbricht Sho sie, immer noch konzentriert auf die Tür starrend. „Unpünktlichkeit ist eigentlich nicht ihre Art ... und so viele Leute werden diese dämliche Kochshow gestern ja wohl auch nicht gesehen haben...“

„Du nimmst ihr Talent immer noch nicht wirklich ernst, oder?“, seufzt Shoko resigniert.

„Doch, natürlich!“, widerspricht Sho energisch. „Kann ja sein, dass ich manchmal schwer von Begriff bin, aber ich bin nicht blöd ! - Ich hab Augen im Kopf.“ Leise fügt er hinzu: „Ich könnte mich selbst ohrfeigen, dass ich nicht früher bemerkt habe, dass das dienstbeflissene Mauerblümchen nur ihre äußere Schale war.“

>Er hat es immer noch nicht wirklich begriffen.<, denkt Shoko kopfschüttelnd und seufzt leise.

Fröhlicher Trubel reißt die junge Managerin aus ihren Gedanken.

„Ich glaube, sie kommt.“, stellt sie überflüssigerweise fest.

„Wer auch sonst.“, murmelt Sho.

„Nun“, meint Shoko ruhig, „mir fällt da noch jemand ein, der gestern ebenfalls einen ziemlich gelungenen Auftritt in besagter Kochshow hatte.“

Shos Blick verfinstert sich innerhalb von Sekundenbruchteilen, doch dieses Mal hält sich Shoko nicht zurück, um ihren Schützling bei Laune zu halten.

„Ja, ich weiß, du kannst Tsuruga-san nicht leiden, aber lass dich ja nicht hinreißen, ihn dir zum Feind zu machen! Ganz besonders nicht hier am Set! Du wirst dich schön benehmen, hast du mich verstanden?!“

„Ja, ja.“, grummelt Sho wenig überzeugend, während er auch schon betont lässig auf seine Sandkastenfreundin und ihre Betreuerin zuschlendert, der etliche Mitglieder der Filmcrew im Vorbeigehen freundliche Kommentare und Glückwünsche zurufen.

„Glückwunsch, Mogami-san!“, gratuliert gerade einer der Tonassistenten. „War ja ein sensationeller Auftritt gestern Abend. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie auch noch super kochen können.“

„Danke, Ueda-san.“, antwortet Kyoko freundlich, auch wenn ihr Lächeln heute Morgen ein wenig müde erscheint.

„Würden Sie mir später eventuell zwei T-Shirts signieren?“, fragt der junge Mann verlegen. „Seit gestern sind meine Mutter und meine Schwester nämlich ganz große Fans von Ihnen.“

„Natürlich.“, entgegnet Kyoko lächelnd. „Am besten in einer der Drehpausen. – Ach, Ueda-san, können Sie bitte Bescheid geben, dass ich jetzt gleich in die Maske gehe? Ich weiß, ich bin ein bisschen spät dran, weil ich aufgehalten wurde, aber ich werde mich beeilen. Ich hoffe, ich bin trotzdem rechtzeitig zum Dreh fertig.“

„Natürlich, gern.“ Höflich verbeugt er sich und macht sich eilig auf den Weg.

Rina legt eine Hand auf Kyokos Schulter und deutet mit einem leichten Nicken in Shos Richtung, der nur Sekunden später vor Kyoko steht ... und doch zunächst kein Wort heraus bringt.

„Glückwunsch, Kyoko-chan.“, bricht Shoko das unangenehme Schweigen. „Das war fantastisch gestern Abend.“

Kyokos Gesicht hellt sich unversehens auf. „Danke, Shoko-san.“

„Ich bin kurz beim Regisseur, Sho-kun. Bis später.“, verabschiedet sich Shoko hastig. Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass ihr die Situation ziemlich peinlich ist.

„Ja, bis später.“, ruft Sho ihr nach, atmet kurz durch und wendet sich dann Kyoko zu. „Sie hat Recht. Super Auftritt gestern.“ Beherzt schaut er ihr in die Augen ... und stutzt. Unwillkürlich kräuselt sich seine Stirn und er sieht sie einen langen Moment forschend an. „Du siehst nicht gut aus. War sicher spät gestern.“, stellt er fest.

Fast hätte Rina laut aufgestöhnt, besonders als sie registriert, dass Kyokos Gesicht beinahe zu versteinern scheint.

„Ja.“, antwortet Kyoko steif. „Aber es wird schon gehen.“

„Soll ich dir was zu essen besorgen?“, fragt Sho eifrig.

Kyoko schüttelt den Kopf. „Nein, danke, ich hab schon gefrühstückt.“

„Oh, ... okay.“ Sho scheint gedrückt. „Ich seh dich dann später.“

„Ja, bis später.“, verabschiedet sich Kyoko kurz angebunden und wendet sich dann übergangslos an ihre Betreuerin. „Ich geh rüber in die Maske, kannst du mir noch einen Kaffee besorgen?“

„Natürlich, kein Problem.“, gibt Rina lächelnd zurück, während Sho sichtbar zusammenzuckt und sich mit hängenden Schultern vom Ort des Geschehens entfernt.

Kyoko hingegen scheint das nicht sonderlich zu interessieren, stattdessen seufzt sie leise und meint: „Ich mag diese Automatenplörre zwar nicht, aber ich fürchte, heute brauche ich einen, sonst bin ich gleich nicht zu gebrauchen.“

„Du hättest dich gestern nicht so verausgaben sollen.“, sagt Rina stirnrunzelnd.

Kyoko zuckt nur leicht die Achseln. „Was hätte ich denn tun sollen? Eigentlich hatte ich doch gar keine Wahl.“ Sie nimmt einen tiefen Atemzug und strafft dann die Schultern. „Wie dem auch sei... An die Arbeit!“
 

„Okay, cuut!“, tönt es eine gute Stunde später durch die Halle. „Kurze Umbaupause für die Stuntcrew! Sobald das Set umgestellt ist, geht es weiter!“

Leise ächzend schält sich Kyoko aus ihrem Haltegeschirr, während Rina ihr zu Hilfe eilt.

„Bist du in Ordnung?“, fragt die junge Managerin besorgt.

Kyoko lächelt ein wenig gequält. „Ja, ja. Mir tut nur alles weh. Ich hätte mich gestern Abend doch noch aufraffen sollen, ein heißes Bad zu nehmen; vielleicht wäre es dann heute nicht ganz so schlimm mit dem Muskelkater.“

„Aufraffen ist gut.“, spottet Rina leise lachend. „Soweit ich weiß, warst du nicht mal richtig wach zu bekommen.“

„Kann schon sein.“, gibt Kyoko verlegen zu. „Ich weiß tatsächlich nicht genau, wie ich in die Wohnung gekommen bin.“
 

Sho Fuwa, der sich die letzten Szenen sehr aufmerksam angesehen hat, kommt auf die Beiden zu, ... argwöhnisch beobachtet von einem Paar finster funkelnden Augen, die zu einem ziemlich großen, jungen Mann in der Nähe gehören.

Stirnrunzelnd sucht Rens Blick den seiner Frau, doch die winkt nur mit einem kaum wahrnehmbaren Kopfschütteln ab und wendet sich dann resignierend seufzend ihrem Kindheitsfreund zu.

„Was ist?“, fragt sie bemüht geduldig.

„Oh, nichts.“, beeilt sich Sho zu sagen. „Ich dachte nur, du könntest was zu trinken vertragen.“ Grinsend reicht er ihr eine Flasche Mineralwasser.

Nach einem kurzen Blick aufs Etikett sieht ihn Kyoko verständnislos an. „Was soll ich denn damit ?!“

Sho versteht ganz offensichtlich nicht. „Öh, trinken?“, fragt er unsicher zurück.

Kyoko atmet ein paar Mal tief durch. „Tut mir leid, das kann ich nicht.“, erklärt sie so ruhig wie möglich. „Ich vertrage keine Kohlensäure ... und wenn ich das jetzt trinke, habe ich nachher bei den Stunts wahrscheinlich ernste Probleme, mich zu konzentrieren.“

„Was?!“, entfährt es Sho verwirrt. „Aber du hast doch früher auch immer...“

Natürlich habe ich damals immer angenommen, was mir geschenkt wurde. Das wäre doch sonst unhöflich gewesen!“ Langsam verliert Kyoko die Geduld. „Aber ich kann meine Arbeit nicht vernünftig machen, wenn ich das jetzt trinke.“

„Oh, entschuldige.“, sagt Sho geknickt. „Tut mir leid, das wusste ich nicht.“

„Du hättest es wissen können .“, murmelt Kyoko schlecht gelaunt.

Wie aus dem Nichts taucht eine Flasche mit stillem Wasser vor ihrer Nase auf.

„Auch ein Schluck?“, fragt eine tiefe, freundliche Stimme hinter ihr.

„Oh, danke, Ren-san.“, antwortet Kyoko ohne sich umzudrehen und nimmt die Flasche lächelnd entgegen.

Aus Shos Gesicht scheint sämtliche Farbe zu entweichen, als er seinen Erzrivalen erblickt ... und Kyokos Reaktion auf dessen Anwesenheit.

„Morgen, Fuwa-san.“, sagt Ren indessen unverfänglich. „Bist du soweit fertig für die nächsten Szenen?“

„Ja“, antwortet Sho leicht verwirrt. „Choi-sensei hat mich schon ordentlich gescheucht heute Morgen. Eigentlich müsste ich gut genug aufgewärmt sein.“ Langsam gewinnt er seine Selbstsicherheit wieder zurück.

„Ich habe gehört, du hast schon ein wenig Erfahrung mit dieser Art Stunts?“, fragt Ren mit einem perfekten Gentlemanlächeln im Gesicht.

„Äh, ja, ich hab schon mal ein PV mit so was gedreht.“, gibt Sho zurück. Er scheint doch tatsächlich ein bisschen verlegen zu sein.

Ren wirft seiner Frau einen kurzen Blick zu und stupst sie leicht an. „Hey, Kyoko-chan, du solltest dich besser noch kurz pudern lassen vor den nächsten Szenen; dein Gesicht glänzt ein bisschen.“

„Wahrscheinlich hast du Recht.“, meint Kyoko lächelnd und tut umgehend wie ihr geheißen.

Ren hingegen wendet sich ohne Umschweife wieder dem jungen Sänger zu und verwickelt ihn in ein belangloses Gespräch.
 

„Gut.“, beginnt der Regisseur deutlich vernehmbar, als die Vorbereitungen abgeschlossen sind. „Ihr beide, Takeshi und Ran, kämpft also verbissen mit dieser Bande Junkies und mittendrin greift - auf mein Handzeichen - Yuichi ins Geschehen ein. Klar?“

„Okay.“, stimmt Sho nickend zu.

„Denkt bitte daran, dass ihr anfangs nicht genau wisst, ob Yuichi Freund oder Feind ist. – Ist die Choreographie soweit klar?“, will Kurozaki wissen. Allgemeines Nicken signalisiert ihm, weiter zu machen. „Wenn ihr dann soweit seid, können wir loslegen. Bitte alle auf die Markierungen!

Tanaka-kun, du stehst ein bisschen weit rechts, wenn ich das richtig sehe; überprüf das bitte!“

Nachdem schließlich alle angezeigt haben, dass sie fertig sind, gibt der junge Regisseur das Zeichen zur Aufnahme.
 

Je fünf halb wahnsinnig wirkende Schläger prügeln in einer abgewirtschafteten, staubigen Lagerhalle auf Ran und Takeshi ein ... zumindest versuchen sie es.

Ran hält sie sich mit einer langen Eisenstange vom Leib, mit der sie wirbelnd die Schläge und Tritte abwehrt und selbst großzügig austeilt, während Takeshi zu einem der herumliegenden Bretter gegriffen hat, um sich gegen die Angreifer zur Wehr zu setzen. Dummerweise bricht es ihm bereits beim dritten Schlag durch, sodass er ausweichen und sich eine neue Waffe suchen muss.

„Scheißteil!“, flucht er und schaut sich hektisch nach etwas Besserem um.

Ran reagiert augenblicklich und stellt sich geschickt zwischen Takeshi und die Angreifer, ... was natürlich zur Folge hat, dass sie nun wieder gegen mehr Männer kämpfen muss, obwohl sie bereits zuvor drei davon ins Land der Träume geschickt hat. - Rans Grinsen wird unwillkürlich breiter.

Urplötzlich springt ein junger, ganz in Schwarz gekleideter Mann hinter einigen dreckigen Ölfässern hervor, greift nach einem rostigen Fassdeckel und zieht ihn dem nächststehenden Schläger krachend über den Schädel, sodass dieser schlaff in sich zusammensackt. Dann rammt er den Deckel einem andern Kerl in den Bauch, der darauf stöhnend und nach Luft japsend zu Boden sinkt.

Sein Blick fällt auf zwei schwere Eisenketten, die auf einer Kiste in der Nähe liegen. Eine wirft er kurzerhand Takeshi zu, der sie auch gleich dazu nutzt, Ran ein paar ihrer Angreifer abspenstig zu machen; mit der anderen hält der unbekannte Helfer einen der Schläger davon ab, sich aus dem toten Winkel auf Ran zu stürzen. Schmerzverzerrt jault der Kerl auf und hüpft händewedelnd im Kreis herum, während er ächzend nach Luft schnappt.

Ran unterbricht augenblicklich den Kampf und stürzt besorgt auf den Mann zu, ebenso wie Takeshi...
 

„CUUUUT!“, schreit Kurozaki erschrocken. „Meine Güte, Fuwa-san! Nicht so heftig! Das mit dem Deckel vorhin war schon zu viel des Guten, aber mit der Kette musst du echt aufpassen, auch wenn sie nicht so schwer ist, wie sie aussieht! Das ist gefährlich!“

„Entschuldigung.“, sagt Sho niedergeschlagen.

„Entschuldige dich nicht bei mir “, meint Kurozaki, schon halbwegs versöhnt, „sondern lieber bei Igarashi-kun.“

Kleinlaut – und durchaus einsichtig – begibt sich Sho zu dem Stuntman, dem Kyoko gerade ein Kühlpack aufs betroffene Handgelenk drückt, das Ren besorgt hat.

„Es tut mir wirklich leid, Igarashi-san, ich fürchte, ich hab die Entfernung falsch eingeschätzt. War jedenfalls keine Absicht.“ Sein Blick fällt auf das verletzte Handgelenk, das bereits blau anläuft. „Oh Mann, das tut bestimmt sauweh.“

„Na ja“, winkt Igarashi seufzend ab, „so was kann passieren. Ist halt bloß eine besonders empfindliche Stelle.“ Lächelnd zuckt er die Schultern und sieht Kyoko verschmitzt an. „Aber ich glaub, ich hab meine Entschädigung schon. Was will man denn mehr, als so nett verarztet zu werden?“

Kyoko läuft rosa an ... und Ren zaubert in Sekundenschnelle ein glitzerndes Gentlemanlächeln in sein Gesicht.

„Statt hier unmotiviert rumzuflirten, könntest du mir lieber mitteilen, ob du weiter machen kannst.“, mischt sich der Stunt-Koordinator trocken grinsend ein.

„Och“, gibt Igarashi gut gelaunt zurück, „gib mir drei Minuten, dann geht es wieder, denke ich.“

„Gut.“, sagt Jason Choi zufrieden, nickt dem Regisseur beruhigend zu und hebt drei Finger, um ihm anzuzeigen, wann es weiter gehen kann.

„Aber dass du mir nicht auf die Idee kommst, das Gleiche mit Mogami-kun zu machen!“, sagt Igarashi grinsend zu Sho. „ Ich bin nur Stuntman und von daher ersetzbar, aber das gilt nicht für unsere Hauptdarsteller!“

„Ich hoffe, solche Missgeschicke passieren mir überhaupt nicht mehr !“ stöhnt Sho verlegen. „Ich will schließlich auch, dass der Film ein Jahrhundert-Erfolg wird.“

„Hört, hört!“, meint Ren lachend. „Das sind ja große Töne! – Allerdings trifft es sich durchaus mit meinem eigenen Anspruch.“

Kyoko sieht zu ihm hoch und stimmt unwillkürlich in sein Lachen ein. „Da sind wir uns ja ausnahmsweise alle mal einig.“
 

Sechs Takes und drei blaue Flecken später - diesmal nicht von Sho verursacht! – ist die Szene zu aller Zufriedenheit im Kasten, sodass sie daran gehen können, die Dialoge zu drehen.

„Okay, ich weiß, es ist ein bisschen unbequem für unsere Freunde von Stuntteam“, verkündet der Regisseur schließlich, „aber ich möchte die nächste Dialog-Szene trotzdem erst proben. Fuwa-san ist schließlich kein Schauspiel-Profi...

Also, bitte alle auf Position und dann los!“
 

Ran untersucht einige der überall verstreut herumliegenden Schlägertypen. „Der hier scheint etwas mehr abgekriegt zu haben.“, teilt sie Takeshi lapidar mit, der gerade umständlich über zwei übel zugerichtete Männerkörper steigt.

„Die hier brauchen auch etwas länger, bis sie wieder zu sich kommen.“, meint er.

Ran überlegt einen Moment. „Wir sollten unsere Leute verständigen, dass sie den Müll hier beseitigen.“, sagt sie dann ... und murmelnd ergänzt sie: „Weicheier!“

Seufzend holt sie ihr Funkgerät aus der Tasche, während sie sich wie beiläufig an den unbekannten Helfer wendet. „Danke für Ihre Hilfe, ... auch wenn es nicht wirklich nötig war.“ Plötzlich huscht ein breites Grinsen über ihr Gesicht. „Zehn gegen zwei war wirklich unfair.“, meint sie.

Wie aus dem Nichts ist Takeshi plötzlich hinter dem jungen Mann in Schwarz aufgetaucht und packt ihn unsanft am Kragen, wobei er ihn beinahe vom Boden abhebt. Yuichi hat jedenfalls seine liebe Not, auf den Zehenspitzen stehen zu bleiben.

„Sie hat Recht.“, stimmt der junge Agent grinsend zu. „Die waren schon reichlich in Unterzahl.“ Sein Grinsen verwandelt sich urplötzlich in einen Furcht erregenden, eisigen Killerblick, der Yuichi unwillkürlich heftig zusammenzucken lässt. „Was mich zu der Frage bringt, wer Sie eigentlich sind und was Sie hier wollen.“, ergänzt Takeshi kalt.

Yuichi grinst deutlich eingeschüchtert.

„Wenn Sie mich runter lassen, Nakamura-san, krieg ich erheblich besser Luft und kann Ihnen auch sagen, warum ich hier bin.“, röchelt er der junge Yakuza.

Langsam lässt ihn Takeshi runter, greift ihn jedoch am Arm und mustert ihn erneut scharf. Ran scheint Schwierigkeiten zu haben, sich ein Grinsen zu verkneifen...

„Und woher wissen Sie meinen Namen?“, fragt der junge Agent harsch.

Mit einiger Anstrengung befreit sich der junge Mann in Schwarz aus Takeshis Griff und grinst ein wenig unsicher.

„Oh“, meint er, während er sein Jackett von unsichtbaren Fusseln befreit, „Ihren Namen und Nekozawa-sans kenne ich schon eine ganze Weile; allerdings hat es mich wochenlange Arbeit gekostet, auch die dazugehörigen Gesichter zu finden. ...und, ehrlich gesagt, ist es auch mehr Zufall, dass ich jetzt hier auf Sie getroffen bin.“

Takeshi hebt interessiert eine Augenbraue, während Ran die Stirn in tiefe Falten legt und den jungen Mann misstrauisch mustert.

„Mein Boss hat mich beauftragt, nach Ihnen zu suchen und Ihnen Informationen zu ‚The Tonic’ zukommen zu lassen. Die Droge macht auch uns seit geraumer Zeit zu schaffen ... und mein Boss ist der Ansicht, dass wir damit allein nicht fertig werden...“

„Und Ihr Boss ist...?“, unterbricht ihn Ran unwirsch.

Yuichi deutet grinsend auf einen am Boden liegenden Schläger, der sich wieder zu regen beginnt. „Nicht hier. Wenn Sie darauf bestehen, kann ich später auch ein Treffen mit meinem Boss arrangieren ... und natürlich werde ich mich Ihnen auch noch förmlich vorstellen, ... wenn die Wände weniger Ohren haben.“

„Sie meinen das da?“, fragt Ran grinsend und verpasst dem Mann am Boden einen gezielten Tritt, der ihn erneut in tiefe Bewusstlosigkeit schickt. „Na ja“, fügt sie dann schulterzuckend hinzu, „vielleicht haben Sie Recht. Ich schätze, ich sorge besser dafür, dass der Abschaum hier sich nicht absetzen kann, bevor die ‚Müllabfuhr’ da ist... Hier liegen doch sicher irgendwo Kabelbinder rum...“

„Ich meine, ich hätte vorhin neben der Holzkiste da hinten welche gesehen, da wo auch die verrostete Werkzeugkiste steht.“, hilft Takeshi, während er sich unbarmherzig wieder dem jungen Yakuza zuwendet. „Ich kümmere mich derweil um unseren neuen Freund.“
 

„Okay, das reicht schon.“, bricht der Regisseur die Probe ab. „Du hattest zwar keinen Hänger, Fuwa-san, aber Takeshi heißt ‚Nanohara’, nicht ‚Nakamura’. Bitte merk dir das, das ist wichtig.

Ran und Takeshi waren gut so ... wie immer. Das kann genau so bleiben.

Aber Yuichi hätte ich gern frecher und souveräner, gegen die beiden Agenten wirkt er sonst ziemlich farblos. Außerdem finde ich, dass Yuichi sich viel zu sehr von Takeshi hat einschüchtern lassen; das passt nicht so recht zu der Figur. – Ich weiß, es ist viel verlangt für einem Film-Amateur, nicht so extrem auf das intensive Spiel von Tsuruga-san und Mogami-san zu reagieren, aber ich kann sie in diesem Fall auch nicht darum bitten, sich mehr zurückzunehmen, das wäre in dieser Szene unlogisch. Also bitte, streng dich noch ein wenig mehr an, Fuwa-san.“

„Okay.“, sagt Sho mit leicht roten Ohren und nimmt sich insgeheim vor, sich nicht mehr so hinreißen zu lassen.
 

In jeder der folgenden Proben wird sein Spiel ein klein wenig besser, nicht zuletzt Dank einiger hilfreicher Tipps der Hauptdarsteller, doch erst nach dem fünften Mal ist der Regisseur so weit zufrieden, dass sie das Ganze auch aufnehmen können.
 

„Pfuuhh!“, macht Sho, als die Dreharbeiten dieses Tages beendet sind und nimmt einen Isodrink von seiner Betreuerin entgegen. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so anstrengend wird; bei den PV-Drehs war das irgendwie anders...“

„Da ist der Anspruch auch nicht so hoch.“, meint Shoko schulterzuckend. „Kurozaki-san ist zeimlich ambitioniert und streng, der ist so schnell nicht zufrieden zu stellen.

Aber ich finde, du hast dich ganz ordentlich geschlagen.“

„Ja, ja, ich weiß schon, dass ich mehr Gas geben muss, wenn ich nicht unter ‚ferner liefen...’ landen will.“, gibt Sho schlecht gelaunt zurück.

„Betrachte es doch einfach als Herausforderung. Ich bin sicher, dass dich das sogar musikalisch weiter bringt.“, findet die Managerin.

Eine kleine Hand schlägt von hinten auf Shos Schulter und als er sich umdreht, steht dort Kyoko, die ihn ein wenig müde angrinst.

„Das war heute besser als erwartet. Streng dich weiter so an ... dann wird vielleicht doch noch eine Art Schauspieler aus dir.“, sagt sie und die leise Spitze im Unterton ihrer Stimme ist kaum zu überhören.

„Ja, ja, ich hab schon mitgekriegt, dass ich mich ranhalten muss, um mit dir mitzuhalten.“, antwortet Sho barsch. „Ich bin halt nur Sänger, kein Schauspieler.“

„Ich habe nichts anderes behauptet.“, erwidert Kyoko erstaunlich gelassen. „Aber ich habe auch nie gesagt, du wärst unbegabt oder ein Loser ... oder so was wie ein Mauerblümchen.“

„Entschuldige, Kyoko-san“, unterbricht Rina unvermittelt, „ich habe Sakuya Katsuragi am Telefon. Er lässt fragen, ob du Lust hättest, im nächsten PV von ‚Demonic Light’ mitzuspielen.“

„Oh!“, entfährt es Kyoko. Zu Shos Entsetzen scheint sie hocherfreut. „Lass mich mit ihm reden!“ Sie lächelt Sho und seiner jungen Managerin entschuldigend zu. „Ihr kenn euch schon, oder?“, fragt sie, indem sie auf ihre Betreuerin deutet.

„Ja“, bestätigt Rina lächelnd, „wir haben schon in den Drehpausen geplaudert.“ Beiläufig reicht sie Kyoko das Handy.
 

„Hallo, Sakuya-kun!“, grüßt Kyoko in den Hörer.

„Nein, wir sind für heute fertig. – M-hm. --- Hm, ich weiß nicht genau, ob es in meinen Terminplan passt. Aber grundsätzlich würde ich es sehr gern machen. Wann wollt ihr denn drehen? --- Oh! Keine Ahnung, ich müsste ihn erst mal fragen. - Dir ist aber klar, dass die Terminplanung dann noch schwieriger wird, oder?“ Sie lacht hell auf. „Worum soll es denn in dem Video überhaupt gehen?“
 

Shos Unterkiefer berührt quasi den Boden. „Sie kennt Sakuya Katsuragi von ‚Demonic Light’?!“, fragt er Rina flüsternd. „Wann...“

„Ja“, bestätigt Rina lächelnd, „sie kennen sich privat; ich denke, man kann sagen, dass sie befreundet sind.“

Sho schaut noch ein wenig fassungsloser aus der Wäsche...
 

„Aha, klingt ja sehr romantisch.“, sagt Kyoko ins Handy. „Ja... Gut, ich klär das ab und rufe dann in den nächsten Tagen an. – Ja, mach ich. Bestell Koji schöne Grüße, wenn du ihn siehst! Okay, bis dann.“

Noch immer lächelnd gibt die junge Schauspielerin Rina das Telefon zurück.

„Und?“, will diese wissen.

„Ich weiß noch nicht“, meint Kyoko grinsend, „kommt drauf an... Aber lass uns das später besprechen, ich will jetzt erst mal aus den verschwitzen Klamotten raus. – Bis morgen, Sho-kun, ... Shoko-san.“

„Schönen Abend noch!“, ruft Shos Managerin den Beiden hinterher, während Sho nur abwesend winkt und geschlagene zehn Sekunden verdattert und vollkommen reglos dort im Flur steht. Erst als Shoko ihn besorgt am Arm berührt, taucht er wieder aus seiner seltsamen Erstarrung auf.

„Aber...“, stammelt er verstört, „Sie ... kann doch ... nicht einfach...“

Ohne seine Managerin auch nur eines Blickes zu würdigen, hastet er hinter Kyoko her, die schon längst außer Sichtweite ist.

Shoko sieht ihm nur kopfschüttelnd nach und fragt sich, ob sie jemals verstehen wird, was im Kopf dieses Jungen vorgeht.
 

Als Sho seine Sandkastenfreundin endlich – beinahe – erreicht hat, verschwindet sie eben hinter ihrer Garderobentür. Er will gerade anklopfen, da hindert ein eiserner Griff seine Hand daran, die Tür zu berühren.

„Du wirst sie in Ruhe lassen!“, fordert eine tiefe, nur allzu bekannte Stimme ebenso leise wie streng von ihm. „Sie hat zwei harte Tage hinter sich und ist jetzt froh, wenn man sie ein bisschen in Frieden lässt.“

Sho schaut verblüfft zu seinem Widersacher hoch. Ein wenig schaut er aus wie das Kaninchen vor der berühmten Giftschlange. Zwei Sekunden später hat er sich jedoch wieder gefangen und legt gereizt die Stirn in Falten. „Wer bist du , Mister Allwissend?!“, fragt er provozierend, „Ihr Bodyguard?!“

Ren grinst den jungen Sänger gelassen an. „Eigentlich nicht.“, gibt er ruhig zurück. „dafür ist jemand anderes zuständig. – Aber wenn es sein muss, bin ich durchaus bereit, einzuspringen.“

Sho schnappt empört nach Luft und versucht krampfhaft, eine passende Antwort zu finden. - Ohne Erfolg.

„Und jetzt verzieh dich! – Falls du ihr was zu sagen hast, kann das mit Sicherheit auch bis morgen warten. – Schönen Abend noch, Fuwa-kun.“

Verwirrter denn je zieht der junge Sänger ab, während in seinem Kopf wild die Gedanken durcheinander wirbeln.

>Heißt das etwa, sie hat einen Freund?!?<, schießt es ihm geradezu panisch durch den Kopf. >Aber wen?! – Es gab doch überhaupt keine Gerüchte in dieser Richtung... Doch nicht etwa Katsuragi-san...?<

Tanz der Agenten

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Und jetzt verzieh dich! – Falls du ihr was zu sagen hast, kann das mit Sicherheit auch bis morgen warten. – Schönen Abend noch, Fuwa-kun.“

Verwirrter denn je zieht der junge Sänger ab, während in seinem Kopf wild die Gedanken durcheinander wirbeln.

>Heißt das etwa, sie hat einen Freund?!?<, schießt es ihm geradezu panisch durch den Kopf. >Aber wen?! – Es gab doch überhaupt keine Gerüchte in dieser Richtung... Doch nicht etwa Katsuragi-san...?<

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Tanz der Agenten
 

Auch zwei Wochen später ist Sho bei Kyoko nur unwesentlich weiter gekommen. Zwar redet seine Jugendfreundin inzwischen meist freundlich mit ihm - besonders wenn sie gemeinsame Aufnahmen haben -, trotzdem hat er das dumpfe Gefühl, einfach nicht näher an sie heranzukommen. Außerdem ist ihm Ren Tsuruga langsam ein echter Dorn im Auge...

Insgeheim muss er zwar zugeben, dass der junge Star ein wirklich cooler Typ ist, dazu stets hilfsbereit und freundlich und obendrein ein erstklassiger Schauspieler, der richtig scharfe Stunts drauf hat ... doch jedes Mal, wenn Sho mitbekommt, wie vertraut und selbstverständlich der beliebteste Mann Japans mit „seiner“ Kyoko umgeht, versetzt ihm das einen deutlich fühlbaren Stich ins Herz. So strahlend und entspannt wie Tsuruga hat Kyoko ihn jedenfalls selbst in den „guten, alten Zeiten“ nie angelächelt...

Im Übrigen wurmt es ihn mittlerweile gewaltig, dass er Kyoko schon seit über einer Woche nicht mehr allein gesprochen hat, weil ständig irgendwelche Leute um sie herumschwirren.
 

Unwillig brummt der junge Sänger vor sich hin, während er mit einem ansehnlichen Anflug von Eifersucht beobachtet, wie Kyoko im Setaufbau gerade eine ihrer Tanzchoreographien für die nächsten Szenen mit Tsuruga probt.

Noch tanzen sie ungestylt und in einfacher Trainingskleidung durch die noch unbelebte Ballsaal-Kulisse, und doch ist Sho erstaunt, welche Eleganz und Anziehungskraft besonders Kyoko dabei ausstrahlt. Zu allem Überfluss muss er – wenn auch nur höchst widerwillig – zugeben, dass sie auf eine verblüffend selbstverständliche Art mit Ren Tsuruga harmoniert.

„Sie tut bestimmt extra vertraut mit ihm, um mir eins auszuwischen.“, grummelt er leise.
 

„Kann es sein, dass du dich ein bisschen sehr wichtig nimmst, Fuwa-san?“, hört er plötzlich von rechts hinter sich.

Sho zuckt erschrocken zusammen, während es leise hinter ihm kichert.

„Glaub ich nicht.“, brummt er trotzig. „Ich kenne Kyoko-chan länger als ihr alle zusammen.“

„Länger vielleicht“, sagt Kanae grinsend, „aber sicher nicht besser.“

Sho schaut die junge Frau einen Moment abschätzig an. „Was weißt du schon, Kotonami-san?“, fragt er dann provozierend. „Nur weil du ihre Freundin bist...“

Kanae lacht amüsiert auf, sodass dem jungen Mann leicht verstört die Worte im Hals stecken bleiben.

„Du weißt aber schon, was Kyoko-chan unter ‚beste Freundin’ versteht?“, fragt sie.

Sho fällt seine leicht arrogante Rockstar-Attitüde regelrecht aus dem Gesicht; urplötzlich ist er ziemlich kleinlaut. „Was weißt du?“, fragt er noch ein Mal, diesmal sehr leise.

„So ziemlich alles, glaub ich.“, antwortet Kanae unbarmherzig. „Jedenfalls mehr als ich wissen wollte ... und sicher deutlich mehr als du.“

Mit beinahe schon schwesterlichem Blick beobachtet sie lächelnd Ren und Kyoko beim Tanzen, ... während neben ihr nur deprimierte Stille herrscht.

„Hach“, meint sie schließlich, „ich wünschte, ich würde Bewegungsabläufe so schnell lernen wie Ren-san oder Kyoko-chan...“ Leise seufzend zuckt sie mit den Achseln und wendet sich wieder Sho Fuwa zu. „Tja, man kann nicht alles haben.“, sagt sie grinsend. „Dafür lerne ich die Texte schneller.“ Eindringlich mustert sie ihr Gegenüber, während ihr Grinsen immer breiter wird.

„So still?“, fragt sie schließlich mit unüberhörbarem Sarkasmus in der Stimme. „Dämmert’s langsam, dass Kyoko-chan sich tatsächlich ganz hervorragend mit ihrem Sempai versteht? Und dass das nicht das Geringste mit dir zu tun hat?“

Sho presst die Lippen aufeinander wie ein verstocktes Kleinkind.

„Bingo!“, stellt Kanae grinsend fest. „Hach, ich liebe es, wenn ich auch mal Recht habe...“

„Ja, ja, hackt nur alle auf mir rum.“, knurrt Sho resignierend.

Kanae haut ihm lachend auf den Rücken, sodass er vor Schreck beinahe das Gleichgewicht verliert. „Hab dich nicht so!“, fordert sie mit einem schrägen Grinsen. „Du musst zugeben, dass dein Verhalten ein bisschen Strafe verdient hat, oder?“

„Ja ... schon...“, brummt der junge Sänger leise.

„Siehste! Ich finde übrigens, dass du Ren-san dankbar sein solltest.“, behauptet das Mädchen vergnügt.

Sho schaut sie ebenso verblüfft wie schockiert an und fragt sich gleichzeitig, wieso dieses Mädchen bei all dem auch noch so verflixt gut gelaunt ist.

„Seit er sich verstärkt um sie kümmert, hat sich ihr Gemüt nämlich deutlich beruhigt. – Jedenfalls rastet sie nicht mehr schon bei der bloßen Erwähnung deines Namens komplett aus.“

Sho scheint zutiefst getroffen, jedenfalls bringt er für eine geschlagene Minute keinen Ton mehr heraus.

„Wieso ist eigentlich ausgerechnet Tsuruga-san ihr Sempai?“, fragt er schließlich.

„Unser aller Boss und Ober-Verrückter, Takarada-sama“, lamentiert Kanae ironisch, „hat ihn in seiner überaus großen Weisheit, Umsicht und Güte dazu berufen.“ Ein wenig ernster fügt sie hinzu: „Er hat einfach einen guten Blick für junge Talente...

Apropos Talent: Deine Filmmusik ist auch nicht von schlechten Eltern, jedenfalls das, was ich bisher gehört habe.“

„Meine Eltern lass dabei mal besser aus dem Spiel.“, meint Sho schulterzuckend und halbwegs wieder versöhnt – mit was und wem auch immer...

Kanae hebt neugierig die Brauen. „Ärger?“, fragt sie.

Erneut zuckt Sho mit den Schultern. „Wie man’s nimmt.“, grinst er gelassen. „Ich bin jedenfalls enterbt und verstoßen.“

Kanae schüttelt ungläubig den Kopf. „Wie macht ihr das nur alle mit euren Familien?!“, fragt sie mit einem unüberhörbaren Anflug von Neid in der Stimme. „Meine wird mich niemals aus ihren Klauen lassen, egal was ich anstelle! Die werden mir mein ganzes Leben lang mit ihren unerwünschten, geradezu lächerlichen ‚Liebenswürdigkeiten’ auf den Keks gehen... Die sind wie die Kletten! Mann, das ist so was von nervtötend, sag ich dir!“

„Sei doch froh, dass sie dich deinen Traum im Showbiz leben lassen.“, sagt Sho verständnislos.

„Du kennst meine Leute nicht, sonst würdest du nicht so leichtfertig daherreden.“, meint die junge Schauspielerin bitter. „In dieser Familie ist Privatsphäre praktisch ein Fremdwort. Gegen die kommt keiner an.“

„Aber wieso...“, beginnt Sho verwirrt, wird jedoch sofort von Kanae unterbrochen.

„Die sind einfach haushoch in der Überzahl.“, erklärt sie düster, ... was sich jedoch nicht weiter auf die Verwirrung des jungen Sängers auswirkt.

Einen langen Moment sieht er sie unschlüssig an, dann beschließt er, einfach das Thema zu wechseln.

„Jedenfalls schön, dass dir meine Musik gefällt.“, sagt er.

„Keine Ursache.“, winkt Kanae lächelnd ab. „Außerdem bin ich mit der Meinung auch nicht allein. Kyoko hat es auch gefallen. Hat sie jedenfalls gesagt.“

„Oh!“, macht Sho unerwartet verlegen. „Na ja, immerhin etwas...“

Kanae mustert den Jungen einen Augenblick lang eindringlich. „Eigentlich mochte Kyoko-chan deine Musik immer.“, erklärt sie ernst. „Sie hat sie nur wegen der unschönen Erinnerungen nicht mehr gehört.

Aber immerhin: Sie redet wieder ganz normal mit dir. Das ist ein echter Fortschritt, finde ich.

Na ja, vielleicht versöhnt sie sich ja auf die eine oder andere Art doch noch mit dir. - Irgendwann mal...“

Unwillkürlich breitet sich ein hoffnungsvolles Grinsen auf dem Gesicht des jungen Sängers aus.

„Allerdings würde ich an deiner Stelle nicht damit rechnen, dass sie jemals wieder in die Versuchung gerät, sich in dich zu verlieben.“, fügt Kanae trocken hinzu.

Shos Gesichtszüge entgleiten ihm deutlicher als ihm lieb ist. „Wir werden ja sehen.“, sagt er schließlich trotzig. „Einstweilen werde ich halt versuchen, eine freundschaftliche Ebene herzustellen.“
 

Zwei Stunden später sind die Proben mit den vielen Statisten endlich beendet und Sho hat Dank Kanae das Gefühl, dass er Kyoko wenigstens ein kleines Bisschen besser versteht ... was allerdings auch eine wenig erwünschte Nebenwirkung hat: Ein Gewissen, das unangenehm an seinem Selbstwertgefühl knabbert, beißt und piekst.

Während also nun die meisten Schauspieler und Statisten mit Maske und Garderobe beschäftigt sind und die restliche Crew emsig hin und her flitzt, um die letzten Vorbereitungen für den Dreh zu treffen, grübelt der junge Sänger einsam vor sich her, hin und wieder einen tiefen Seufzer ausstoßend.

Nach und nach trudeln die Akteure schließlich wieder – zumeist aufgeregt schnatternd – am Set ein. Die männlichen Darsteller in ihren eleganten Abendanzügen versuchen bereits, einen Hauch von weltmännischer Gewandtheit auszustrahlen, während die weiblichen kichernd ihre scheinbar luxuriösen Abendroben und aufwändigen Juwelen-Imitationen bewundern. Je mehr fertig kostümierte Menschen am Set erscheinen, desto realistischer erscheint die Illusion eines gesellschaftlichen Großereignisses, die selbst Sho verblüfft und von seinen Grübeleien ablenkt.

Dann taucht Kanae Kotonami wieder aus der Maske auf, ausstaffiert mit einem äußerst kleidsamen Maid-Kostüm und einem hübschen, kleinen Bauchladen voller Rauchwaren.

„Nett!“, findet Sho und schenkt ihr ein ehrliches Lächeln, als sie grinsend auf ihn zukommt. „Steht dir gut.“

„Ich hätte wetten können, dass dir das gefällt.“, gibt Kanae lachend zurück.

Der junge Sänger sieht sie für einige Momente verwirrt an, dann begreift er plötzlich. „Aber... so war das gar nicht...“, stammelt er verlegen.

„Mach dich mal wieder locker!“, unterbricht ihn Kanae lachend. „Das war nur ein Scherz. – Und um deiner unausgesprochenen Frage zuvorzukommen: Bei Kyoko-chan dauert es noch ein bisschen, bis sie fertig ist.“

„Was?“, schmollt Sho stirnrunzelnd. „ So neugierig bin ich nun auch wieder nicht.“

„Oh“, meint Kanae trocken, „Ich an deiner Stelle wäre es.“

„Was wärst du an seiner Stelle, Kanae-chan?“, fragt es plötzlich sonor hinter ihnen.

Während Sho vor Schreck beinahe die Gesichtszüge entgleisen, gibt sich Kanae zwar überrascht, aber dennoch gefasst.

„Neugierig auf Kyoko-chans Outfit.“, antwortet sie fröhlich grinsend. „Sehr stilvoll übrigens der Smoking, Ren-san.“, fügt sie noch anerkennend hinzu. „Seehr schick.“

„Oh, danke“, entgegnet Ren lächelnd, „aber ich finde dein Kostüm auch nicht übel; sieht ausgesprochen süß aus.“

„Vielen Dank, Sir“, grinst Kanae und deutet auf ihren Bauchladen, „Zigarre, Sir?“

Ren lehnt lachend ab und Kanae meint geheimnisvoll: „Wartet ab, bis ihr Kyoko-chan seht; sie sieht fantastisch aus.“

„Aber das tut sie doch eigentlich immer.“, gibt Ren seelenruhig lächelnd zurück.

Sho kann nicht anders, er verdreht demonstrativ die Augen ob dieser schleimigen Schmeicheleien, ... auch wenn sein Blick eigentlich eher von Eifersucht spricht...

„Ihr werdet ja sehen. Allzu lange kann es ja nicht mehr dauern.“, meint Kanae grinsend.

„Oh, vesteh mich nicht falsch“, lacht Ren, „ich glaube dir aufs Wort, sie wird ganz sicher bezaubernd aussehen. – Apropos: Wo ist eigentlich deine nette Managerin heute, Sho-kun?“

Sho wacht in Sekundenschnelle aus seinen verwirrenden Gefühlen auf.

„Oh“, antwortet er freundlich, „sie hat heute in der Agentur zu tun wegen der Promotion-Termine, die nächste Woche anstehen...“

„Ah, da kommt ja Kyoko-chan.“ , unterbricht Ren unvermittelt die Erläuterungen des jungen Sängers, der seine Aufmerksamkeit nun auch in die Richtung lenkt, aus der seine Jugendfreundin kommt ... und dem so das „heilige Lächeln“ entgeht, das in diesem Moment über Ren Tsurugas Gesicht huscht.

„Wie nicht anders erwartet“, sagt der junge Schauspieler, als er seine Mimik wieder im Griff hat, „sie sieht absolut hinreißend aus.“

Das findet offensichtlich auch Sho, dessen Augen sich zwar ebenso überrascht wie bewundernd weiten, der jedoch keine Worte findet, seine Meinung kundzutun ... und der jetzt nicht einmal mehr den Versuch macht, besonders cool auszusehen.

Kanae wirft einen kurzen Seitenblick auf Sho und muss grinsen. Als sie jedoch einen ebensolchen Blick auf Ren Tsuruga wirft, verdunkelt sich ihr Blick unwillkürlich ein wenig; irgendwie scheint sie enttäuscht.

„Hm, im Gegensatz zu unserem prominenten Gaststar“, bemerkt sie nüchtern, „scheint es unseren Top-Star nicht im Geringsten zu überraschen.“

Ren grinst breit. „Ach, weißt du“, erklärt er augenzwinkernd, „ich versuche gerade, es mir abzugewöhnen. Schließlich ist Kyoko-chan immer für eine solche Überraschung gut.“

Sho hingegen ist immer noch vollkommen fassungslos.

„Sie ist ... wunderschön...“, entfährt es ihm beinahe ehrfürchtig.

„Blitzmerker!“, gibt Kanae leise zurück und boxt ihm unsanft in die Seite.

Rens Grinsen wirkt mit einem Mal ein wenig abwesend und ein kaum hörbares Seufzen entweicht seiner Kehle, ... bis ihm bewusst wird, dass er alles andere als allein ist. Blitzschnell meißelt er ein charmantes Gentleman-Grinsen in sein Gesicht.
 

Kyoko hat inzwischen die drei jungen Leute entdeckt und geht nun leicht verlegen auf die kleine Gruppe zu, während Rina ihr – ein durchaus stolzes Grinsen im Gesicht – eine Fussel von ihrer Schulter zu entfernen scheint.

Nervös streicht Kyoko mit langen, roten Abendhandschuhen an den Händen über den roten Seidensatin, der eng an ihrem schlanken Körper über ihre weiblichen Rundungen zu fließen scheint.

Rens Grinsen wird zu einem ultraglitzernden, äußerst charmanten Gentleman-Lächeln.

Sho indessen scheint irgendwie sein Unterkiefer abhanden gekommen zu sein, jedenfalls starrt er Kyoko nur mit weit offenem Mund an. Kanae kann sich ein leises Kichern nicht verkneifen.

„Du siehst bezaubernd aus, Kyoko-chan.“, unterbricht Ren schließlich die beinahe atemlose Stille.

Kyoko läuft unwillkürlich rosa an. „Danke.“, sagt sie leise. Noch einen Moment herrscht verlegenes Schweigen, dann fragt Kyoko plötzlich unsicher: „Sitzt das Collier gerade?“

„Ja, natürlich.“, beruhigt Ren sie weich ... und wieder huscht der Anflug eines heiligen Lächelns über sein Gesicht. Dann greift er sanft an Kyokos linkes Ohr, um den so echt wirkenden Rubinohrring zurecht zu rücken.

Kyoko hat plötzlich Schwierigkeiten, sich aufrecht auf den Beinen zu halten, jedenfalls erscheint ihr das so.

„Der hatte sich ein wenig verheddert.“, erklärt Ren überflüssigerweise und streicht wie zufällig über ihre nackte Schulter.

Das Rot in Kyokos Gesicht wird sehr viel tiefer. „Danke.“

„Keine Ursache.“, kommt es lächelnd und ein wenig heiser zurück.

„Du siehst toll aus.“, sagt Sho verlegen. Irgendwie scheint er ein bisschen schockiert.

Kyoko lächelt. „Danke.“, sagt sie – schon ein bisschen weniger verlegen als noch zuvor. „Ich wünschte nur, ich würde in den Satinhandschuhen etwas weniger schwitzen.“

„Jetzt sag nicht, du bist immer noch nervös wegen der Ball-Szenen?“, fragt Ren leicht resignierend. „Du kannst die Choreographien mittlerweile besser als ich.“

„Lügner!“, entgegnet Kyoko nur leise und senkt verlegen den Blick.

„Ach Quatsch!“, behauptet Kanae frech grinsend. „Sie hat bestimmt Lampenfieber wegen der Kussszenen.“

Kyokos Gesicht läuft schon wieder knallrot an, während Sho in gleichem Maß die Farbe aus dem Gesicht weicht.

„Kussszenen?!“, fragt er entgeistert.

„Ja, sicher!“, antwortet Kanae ein bisschen verwirrt. „Zwei von der Sorte. – Obwohl wir natürlich nicht genau wissen, ob wir die zweite heute auch noch schaffen. – Wo doch heute so viele Statisten mitspielen.“ Ungläubig schaut sie den jungen Sänger an. „Sag mal, liest du das Drehbuch eigentlich auch gelegentlich?! Ich denke, du hast die Musik für diese Szenen geschrieben!“

„Um ehrlich zu sein, hab ich mich dabei mehr von den Bühnenbild- und Kostümskizzen inspirieren lassen“, antwortet er verlegen. „Ich hatte noch gar nicht so viel Zeit, mich eingehender mit dem Drehbuch zu befassen... Ich hab’s nur überflogen.“

Einen Augenblick lang schaut Kanae ihn kopfschüttelnd an. „Dann sollte ich es dir vielleicht mal schnell zusammenfassen“, meint sie schließlich. „sonst weißt du ja gar nicht, worum es nachher überhaupt geht.

Aaalsooo: Ran und Takeshi haben ja von Yuichi – also dir – den Tipp gekriegt, dass der rumänische Geheimdienst ein geheimes Dossier über die Hintermänner der ‚Tonic-Connection’ erstellt hat, mit dem sie gedenken, die japanische Regierung mehr oder weniger zu erpressen, um wichtige Handelsabkommen abzusegnen. Und sie wissen inzwischen auch, dass Dimitri Iliescu, der rumänische Diplomat, Zugang zu diesem Dossier hat und dass genau dieser Herr heute am Diplomatenball in der britischen Botschaft teilnehmen wird. Die Briten haben zugestimmt, die beiden Agenten und einige Helfer mit falscher Identität ebenfalls einzuladen, damit sie sich dort unbemerkt die Security-Card des Diplomaten beschaffen können.“

„Ja, ja“, unterbricht Sho genervt. „So weit war mir die Handlung auch schon bekannt.“, schmollt er.

„Ich wollte nur sicher gehen.“, grinst Kanae. „Na, jedenfalls sind die beiden Agenten auf diesem Ball als irgend so ein verrücktes Industriellen-Paar; sie machen ein bisschen Show auf dem Parkett, um die Aufmerksamkeit der Leute auf sich zu ziehen, dann macht Takeshi Ran eine Szene, weil sie angeblich rumgeflirtet hat und die beiden streiten sich. Ran flüchtet sich dann in die Arme von Dimitri Iliescu, der dafür bekannt ist, bei solchen Gelegenheiten junge, hübsche Frauen anzubaggern und dann hemmungslos mit ihnen anzugeben. Also macht ihm Ran ein wenig schöne Augen und kann schließlich die Karte aus seiner Jackentasche entwenden. Und dann kommt meine Wenigkeit ins Spiel: Ich überbringe die Karte unbemerkt Takeshi, der sie mit einem speziellen Gerät kopiert, sie mir dann wieder zukommen lässt und ich wiederum überbringe sie heimlich wieder Ran, die sie dann an ihren Ursprungsplatz zurück steckt. Und der alternde Diplomat kriegt von alldem wie geplant nicht das Geringste mit...

Na ja, wie dem auch sei, blöderweise bemerkt Takeshi bei dieser Gelegenheit, dass seine Eifersucht weit weniger gespielt ist, als ihm selbst lieb ist; jedenfalls ist er alles andere als begeistert, dass sie ihre Sache mit dem Flirten bei dem alten, notgeilen Sack so verdammt gut macht. Aber Ran geht es auch nicht viel besser, sie bemerkt zu ihrem eigenen Schrecken, dass es für sie etwas Besonderes ist, wenn sie mit Takeshi zusammen ist und dass sie es ausgesprochen genossen hat, so eng mit ihm zu tanzen.

Um jetzt also wieder unauffällig von dem Diplomaten loszukommen und eben nicht den gesamten Abend mit ihm verbringen zu müssen, holt Takeshi sie reumütig in seiner Rolle als ihr Ehemann wieder zurück, versöhnt sich öffentlich wieder mit ihr und tanzt dann eine Rumba mit ihr, von der man beinahe behaupten könnte, dass sie – nun ja - unanständig ist. – Was uns zur ersten Kussszene bringt, denn natürlich endet dieser Tanz mit einem leidenschaftlichen Kuss, wonach die beiden turtelnd vom Ball verschwinden, natürlich nicht, ohne dass Ran sich mit einer freundlichen Kusshand bei Dimitri für seine vermeintliche Hilfe bedankt hat.“

„Und die zweite Kussszene?“, fragt Sho neugierig; er scheint es zu genießen, Kanae zuzuhören, jedenfalls hängt er förmlich an ihren Lippen.

„Oh, na ja, wie gesagt, es ist gar nicht sicher, ob wir heute so weit kommen. – Ran und Takeshi verschwinden draußen in einer Seitenstraße im Überwachungs-Van des Koancha und ziehen sich dort um, damit sie noch in der Nacht in das Sicherheitsbüro einbrechen können, um das Dossier zu besorgen. Es ist natürlich ziemlich eng und es lässt sich nicht vermeiden, dass die beiden sich noch ein Mal näher kommen ... und dieses Mal kann Takeshi sich nicht beherrschen und küsst Ran ziemlich leidenschaftlich ... und die wehrt sich nicht und macht anschließend auch keine sarkastischen Bemerkungen... – Na ja, natürlich kommen sie in dieser Szene noch nicht wirklich zusammen, sie verbuchen es vorerst als ‚Ausrutscher’ ... wegen der romantischen Stimmung bei ihrer ‚Inszenierung’ auf dem Ball...“

„Aha.“, meint Sho nachdenklich. „Klingt irgendwie auch nach einem vollen Drehplan.“

„Kann man so sagen.“, bestätigt Kyoko. „Allerdings werden wir das alles in vielen kleinen Takes drehen, es wird wohl heute keine größeren, zusammenhängenden Szenen geben. – Bis auf die beiden Tanzszenen wahrscheinlich.“

„Um noch mal auf die Kussszenen zurückzukommen...“, bemerkt Ren grinsend, wohl wissend, dass Kyoko im nächsten Augenblick wieder rot anlaufen wird. - Er soll Recht behalten. „Mach dir keine Gedanken deswegen, es ist wirklich nichts Besonderes. Es werden gefühlte 3000 Leute drum herum stehen und du wirst hauptsächlich damit beschäftigt sein, darauf zu achten, dass du richtig zur Kamera stehst, ansprechend posierst und gut ausgeleuchtet bist. Kurz: Es wird der unromantischste Kuss sein, den du je bekommen hast.“

„Na, du musst es ja wissen...“, murmelt Kyoko verlegen.

„Wenn es jemand in dieser Runde weiß, dann wohl Ren-kun.“, behauptet Yashiro, der lachend aus einem Seitengang wieder aufgetaucht ist, ein Paar Gummihandschuhe an den Händen.

„Himmel, was hast du so lange gemacht?“, fragt Ren verwundert.

„Ich habe mit Takarada-san telefoniert.“, antwortet Yukihito geheimnisvoll. Offenbar will er nicht preisgeben, um was es in dem Gespräch ging. „Du sollst ihn später zurückrufen, es ist wichtig.“

Ren zögert einen Moment. Eigentlich würde er seinen Betreuer gern fragen, um was genau es geht, aber er vermutet, dass es sich um etwas handelt, das zumindest vorerst lieber unter vier Augen besprochen werden sollte. Also fragt er nur stirnrunzelnd: „Was Unangenehmes?“

„Es hörte sich nicht so an. Aber es scheint eine interessante Entwicklung zu geben. Alles Weitere fragst du ihn nachher besser selbst.“

Ren beschließt, es dabei zu belassen und vermutet im Stillen, dass es dabei um Kyoko geht...

„Okay“, sagt er schulterzuckend und wendet sich darauf lächelnd an seine Spielpartnerin. „Komm, Kyoko-chan, ich denke, wir sollten rüber gehen, es geht sicher gleich los.“ Galant lächelnd reicht er ihr den Arm und führt sie zum Set, während die anderen grinsend, schmunzelnd oder einfach nur staunend zurück bleiben.

„Wow!“, flüstert Sho fassungslos, „Ich geb’s nur ungern zu, aber irgendwie hat der Typ wirklich was... Der sieht nicht mal verkleidet aus in dieser Aufmachung...“

„Genau das Gleiche hab ich grad von Kyoko-chan gedacht.“, flüstert Kanae ihm grinsend zu.

Unwillkürlich brechen die Beiden in Gelächter aus.
 

„Cuuut!! – Okay, machen wir Schluss für heute!“, verkündet der Regisseur schließlich zufrieden. „Ich wünsche allen einen schönen Feierabend!“

„Eigentlich sind wir heute ziemlich weit gekommen; mit den vielen Komparsen war das gar nicht zu erwarten.“, findet sein Regieassistent.

„Du hast Recht, Keita-kun“, stimmt Kurozaki zu, „wir sind inzwischen aber auch ganz schön verwöhnt; unsere Hauptdarsteller sind so engagiert, dass sie alle anderen mit ihrem Spiel mitreißen. – Eigentlich müssten wir auch viel mehr Pausen machen, aber ich finde es immer so schade zu unterbrechen, wenn es gerade so gut läuft.“

„Wenn das so weiter geht, sind die Dreharbeiten wesentlich schneller beendet, als wir ursprünglich geplant hatten.“, meint Keita Saonji grinsend. „Das wird eine Menge Kosten einsparen.“

„Du immer mit deinen blöden Kalkulationen!“, brummt der Regisseur. „Alte Krämerseele! - Natürlich wird es das, ... aber dann ist die Arbeit mit den Schauspielern schneller vorbei.“

Ein breites Grinsen breitet sich im Gesicht des Regieassistenten aus. „Du hast noch nie so viel Spaß beim Drehen gehabt, oder?“

„Nee.“, grinst der junge Regisseur zurück. „Manchmal denke ich echt, dass ich träumen muss; ich werfe sozusagen meine Idee in den Raum und entweder die Schauspieler machen genau das, was ich mir vorgestellt habe ... oder sie machen es noch eine Nummer besser. Es ist absolut faszinierend. Zusammen mit der erstklassigen Filmcrew sind wir ein unschlagbares Team, finde ich. Ich hätte nie gedacht, dass es so befriedigend sein kann, einen Spielfilm zu drehen.“

„Stimmt.“, meint Keita ernst, „Aber unsere Hauptdarsteller sind auch ein totaler Glücksfall.“

„Das war kein Glück.“, berichtigt Kurozaki grinsend, „Dass Tsuruga-san sein Handwerk versteht und äußerst diszipliniert arbeitet, ist ja allgemein bekannt ... und dass Kyoko Mogami ein unglaublich großes Potential hat, war mir schon beim Casting zu dem Kyulala-Spot klar. Ich hätte nur nicht gedacht, dass sie sich derart rasant entwickelt. – Nebenbei bemerkt, hat sich auch Kanae Kotonami ziemlich gemausert; nur Fuwa tut sich ein bisschen schwer, eigentlich hatte ich nach den Probeaufnahmen mehr erwartet.“

„Immerhin gibt er sich Mühe.“, beschwichtigt der Regieassistent. „Er ist recht diszipliniert bei der Sache, dafür, dass er noch eine Menge anderer Sachen um die Ohren hat, finde ich.“ Er lacht leise, als ihm das Bild des jungen Rockstars vor dem inneren Auge erscheint. „Aber vielleicht liegt das auch daran, dass Mogami-san keinerlei Skrupel hat, ihn ordentlich zusammenzustauchen, wenn er etwas verbockt oder sich nicht genug Mühe gibt.“

Der Regisseur fällt unwillkürlich in sein Lachen ein.

„Glaubst du, die beiden haben was miteinander?“, fragt Keita nachdenklich.

„Ich weiß nicht.“, meint Ushio und reibt mit den Fingerspitzen über seinen Bart. „Aber ich meine gehört zu haben, dass sie sich von früher kennen.“
 

„Kannst du bitte hier bleiben und Kyoko notfalls sagen, dass ich noch wichtige Telefonate erledigen muss?“, fragt Ren ernst.

„Natürlich.“, sagt Yukihito lächelnd. „Aber ich glaube kaum, dass sie früher fertig sein wird als du; sie schien mir ziemlich erschöpft zu sein, es war ein sehr anstrengender Tag. – Geh nur in Ruhe telefonieren.“

„Danke dir. – Und du hast Recht, es war wirklich anstrengend heute, zumal wir praktisch den halben Vormittag an den Änderungen der Choreographie gearbeitet haben. Wenn sie Pech hat, hat Kyoko trotz aller vorbeugenden Tricks Blasen an den Füßen, die Schuhe zum Abendkleid waren eigentlich nicht genug eingetanzt und von daher wohl ziemlich hart und unbequem.“

Yukihito grinst schräg. „Oh, du wirst schon einen Weg finden, wie sie sich wieder erholt.“

„Ganz sicher.“, lacht Ren leise. „Auch wenn ich heute selbst ziemlich kaputt bin. – Bis später.“

Leise schließt er die Garderobentür hinter sich ab, während er bereits eine Nummer auf seinem Handy wählt.

„Takarada-san?“, sagt er in den Hörer, als am anderen Ende abgenommen wird. „Ich sollte Sie zurückrufen; was gibt es Neues?“ Leise seufzend lässt er sich auf das kleine Sofa fallen und legt die Füße auf den kleinen Tisch davor.

„Du hörst dich an, als hättest du einen anstrengenden Drehtag gehabt...“, mutmaßt Takarada ein wenig besorgt.

„Es ging.“, winkt Ren grinsend ab ... und seufzt erneut leise. „Wir hatten wegen der viele Statisten natürlich vergleichsweise häufig NGs; aber das war ja zu erwarten. Außerdem waren die Tanzszenen auch nicht ganz ohne...“

„...vor allem, wenn man dabei seine frisch angetraute Ehefrau die ganze Zeit im Arm hält und sich nicht das Geringste anmerken lassen darf.“, ergänzt Rory. Sein schelmisches Grinsen kann Ren förmlich durch das Handy sehen.

Diesmal seufzt der junge Schauspieler sehr tief. „Stimmt, das war weit schwieriger als die Kussszene; bei der muss man sich ohnehin ziemlich konzentrieren.“

„Was?“, macht Rory verwundert. „Du willst mir sagen, dass du ausgerechnet die Kussszene nicht in vollen Zügen genossen hast?! ...um nicht zu sagen ‚schamlos ausgenutzt’?“ Amüsiert lacht er auf.

„Nein.“, behauptet Ren fest; beinahe scheint es, als sei er ein bisschen beleidigt. „Auch wenn es zugegebenermaßen ganz schön schwierig war.“

„Na ja, wie dem auch sei...“, meint der LME-Chef kichernd. „du wirst deine Entschädigung schon noch bekommen.“

Ren verdreht nur entnervt die Augen.

„Wie läuft es mit Fuwa?“, wechselt Rory abrupt das Thema, als er sich wieder beruhigt hat.

„Leidlich“, findet Ren. „Er nervt jeden Tag ein bisschen weniger. – Allerdings hat er heute gleich zwei Takes geschmissen, weil er nicht an sich halten konnte, als wir witzige Dialogstellen hatten. Vermutlich hat er einfach nicht damit gerechnet, dass Kyoko auch ein beachtliches, komisches Talent hat. Dummerweise ist sein Lachen ziemlich ansteckend, sodass die halbe Crew einen Lachanfall gekriegt hat. Nur Kyoko fand das ganz und gar nicht lustig. Sie hätten die Blicke sehen sollen, mit denen sie ihn bombardiert hat. Danach war er jedenfalls ziemlich schnell still.

Aber jetzt mal zur Sache: Weshalb wollten Sie mich sprechen? Ich hatte keine Gelegenheit, mit Yukihito genauer darüber zu reden. Also was ist los?“

„Manno“, schmollt Rory, „wenn ich mich schon vornehm zurückhalte und extra nicht zum Set komme, obwohl ihr doch heute eure erste Kussszene hattet, kann ich doch wohl wenigstens ein bisschen Klatsch aus erster Hand erwarten.“

„Den haben Sie doch gerade bekommen, Takarada-san.“, meint Ren seufzend. „Sogar brühwarm.“ Langsam geht ihm die Geduld aus, er ist einfach zu müde, um Spielchen mit seinem spleenigen Arbeitgeber zu spielen. „Bitte kommen Sie zur Sache; ich kann mich schließlich nicht ewig in meiner Garderobe einschließen ... und ich möchte auf gar keinen Fall Kyoko unnötig beunruhigen. Also, zum letzen Mal: Was ist los?“

„Na gut.“, gibt Takarada ein wenig widerwillig nach. „Bei uns in der Agentur hat sich ein älterer Herr gemeldet und behauptet, Kyoko-chans Großvater zu sein.“

Ren schnauft sprachlos in den Hörer.

„Hey, Ren-kun! Bist du noch dran?“

„Ja, ja. – Hmm... Großvater? Der Vater ihrer Mutter?“, hakt der junge Schauspieler alarmiert nach.

„Nein, ihres Vaters.“, antwortet Rory aufgekratzt. „Das macht die Sache ja so interessant. – Kyoko-chan weiß schließlich gar nicht, wer ihr Vater überhaupt ist, oder?“

„Ja.“, bestätigt Ren nachdenklich. „Aber wieso meldet er sich erst jetzt?“

„Er behauptet, er hätte Kyoko-chan erst durch ‚Dark Moon’ bzw. die Talkshows zur Serie als seine Enkelin erkannt. - Ryuichi Hawatari heißt er übrigens. - Er war sich nicht zu 100% sicher und hat dann zunächst einen Detektiv mit Recherchen beauftragt.“

„Sehr mysteriös...“, findet Ren. „Wie schätzen Sie die Sache ein, Takarada-san? Ist das Ganze ernst zu nehmen?“

„Hm“, überlegt der LME-Chef laut, „das kann ich noch nicht sicher sagen. Ich werde natürlich meinerseits einen Detektiv auf den Herrn ansetzen. Außerdem werde ich mich demnächst persönlich mit ihm treffen, bisher haben wir nur telefoniert.

Eins jedoch hat mich bei dem Gespräch mit ihm aufhorchen lassen: Er hat Saena Mogami als ‚die Erbschleicherin’ bezeichnet und mehr oder weniger deutlich gemacht, dass er sie auf keinen Fall involviert wissen will. Ich musste ihm ausdrücklich bestätigen, dass Kyoko mit ihrer Mutter absolut nichts mehr zu tun hat.“

Ren schnappt überrascht nach Luft. „Das spricht eigentlich für ihn...“

„Das meine ich auch.“, sagt Rory ernst. „Allerdings werde ich ihn trotzdem auf Herz und Nieren überprüfen, bevor ich auch nur in Erwägung ziehe, Kyoko-chan eine Begegnung mit ihm zuzumuten.“

„Das beruhigt mich ein wenig.“, meint Ren genauso ernst.

„Ich halte dich auf jeden Fall auf dem Laufenden.“, verspricht Rory. „Aber erzähl Kyoko-chan vorerst nichts davon, sie hat im Moment wirklich genug um die Ohren.“

„Darauf können Sie Gift nehmen!“, bestätigt Ren nachdrücklich.

„Ach, übrigens“, wechselt Rory erneut schlagartig das Thema. „ich hab gestern mit deinem Vater gesprochen. Er freut sich sehr darauf, deine Frau bald kennen zu lernen.“

Ren stöhnt unwillkürlich auf. „Heißt das etwa, er will allen Ernstes nach Japan kommen?!“

„Nun“, grinst Rory breit ins Telefon, „das wird sich kaum vermeiden lassen. Aber keine Sorge, der Medienrummel wird sich trotzdem in Grenzen halten, ihr werdet euch nämlich auf Okinawa treffen.“

„Doch nicht etwa bei den Dreharbeiten?!“, hakt der junge Schauspieler entsetzt nach.

Rory genießt die rhetorische Pause, die er inszeniert, in vollen Zügen; sein Grinsen reicht inzwischen wahrscheinlich um den ganzen Kopf herum.

„War dir noch gar nicht aufgefallen, dass die Rolle des Nathan Gray bisher noch gar nicht besetzt war?!“, lässt er dann geheuchelt überrascht die Bombe platzen.

Im ersten Moment ist Ren sprachlos. Dann stöhnt er erneut auf. „Der große Boss im Hintergrund ... das passt ja wieder mal...“

„Mach dir keine Gedanken“, tröstet Rory ihn schmunzelnd, „er hat mir versprochen, sich zurückzuhalten.“

„Fragt sich bloß, wie lange er das duchhält...“, merkt Ren resigniert an. „Sie kennen ihn doch.“

„Sag das nicht.“, sagt Takarada ernst. „Es ist ihm wirklich sehr wichtig, es sich mit dir nicht noch ein Mal zu verscherzen. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie maßlos stolz er auf dich ist? Du solltest mal hören, wie begeistert er von dir spricht.“

„Vermutlich übertreibt er es dabei einfach, wie üblich.“, brummt Ren abwehrend.

„Sei nicht so ungerecht!“, fordert Rory milde. „Gib ihm eine Chance. – So viel Zeit vor der Kamera habt ihr doch ohnehin nicht zusammen.“

Ren seufzt leise. „Na gut.“, gibt er schließlich widerwillig nach. „Es bleibt mir ja sowieso nichts anderes übrig...

Ich muss langsam Schluss machen, sonst wird Kyoko noch misstrauisch. – Mann, ich hasse es, solche Geheimnisse vor ihr zu haben.“, fügt er leise hinzu.

„Mach dir keine Vorwürfe, vorerst ist es einfach besser so.“, findet Rory. „Bestell ihr liebe Grüße. Ich lass mich demnächst mal am Set blicken.“

„Ich sag es ihr. – Bis dann.“

„Macht euch einen schönen Abend; ich glaub, ihr könnt es beide gebrauchen.“
 

Seufzend schließt Ren Tsuruga die Wohnungstür hinter sich und lauscht für einen Moment den Geräuschen, die Kyoko auf der anderen Seite der Wohnung an „ihrem“ Eingang verursacht. Mit einem erleichterten Aufstöhnen lässt sie offenbar gerade lautstark ihre Schuhe auf die Fliesen im Eingansbereich fallen und setzt sich gleich darauf mit einem dumpfen Plumpsen auf die Schwelle der Parkett-Estrade, wobei sie hörbar die Luft aus den Lungen pustet.

Einen langen Augenblick - in dem Ren sich seinerseits von seinen Schuhen befreit - bleibt es still, dann hört man ein verhaltenes Seufzen und gleich darauf ein leises Kratzen und Scharren.

Ren stutzt, dann begreift er. >Jetzt hat sie es sich anders überlegt und stellt die Schuhe doch noch ordentlich hin.<, denkt er grinsend.

Leise vor sich hin lachend begibt er sich ins Wohnzimmer und legt Tasche und Mantel auf dem Sofa ab. Er will sich schon genüsslich auf das breite Sitzmöbel fallen lassen, da kommt ihm ein leicht beunruhigender Gedanke. Eilig macht er sich auf den Weg in „Kyokos“ Küche.

„Hab ich’s mir doch gedacht!“, sagt er vorwurfsvoll und mit deutlich gerunzelter Stirn, als er Kyoko dort hantieren sieht.

Erschrocken dreht sie sich zu ihm herum. „Aber...“, beginnt sie stammelnd.

„Nichts ‚aber’!“, tadelt Ren streng. „Ich hatte doch schon im Auto deutlich gemacht, dass du heute nicht mehr kochen wirst.“

Kyoko senkt schuldbewusst den Kopf. „Ich dachte...“, beginnt sie leise, wird jedoch sanft von Ihrem Mann unterbrochen.

„Ich kann mir ziemlich gut vorstellen, was du gedacht hast“, sagt er schmunzelnd, „aber der Tag war verflixt lang heute und morgen Früh müssen wir beide wieder fit sein. Außerdem habe ich sowieso schon etwas bestellt.“ Ein triumphierendes Grinsen breitet sich in seinem Gesicht aus.

„Wann denn bitte?“, fragt Kyoko ungläubig und stemmt herausfordernd die Fäuste in ihre Hüften.

„Schon bevor wir losgefahren sind; das Essen müsste also jeden Moment unten ankommen.“

Noch bevor Kyoko ihrer Überraschung Ausdruck verleihen kann, hat Ren sie bereits auf dem Arm und trägt sie breit grinsend zum Sofa, um sich dort leise kichernd mit ihr niederzulassen.

„Eigentlich wäre ich lieber mit dir Essen gegangen, aber ich glaube, wir haben heute beide keinen Nerv mehr, uns dem ‚Belagerungsrisiko’ durch irgendwelche Fans auszusetzen.“

„Das ist allerdings wahr.“, meint Kyoko leise. Ein warmes, elektrisierendes Kribbeln breitet sich langsam in ihrem Körper aus und überlagert nach und nach die Müdigkeit und Erschöpfung des langen Drehtages. Plötzlich ist sie sich Rens Nähe mehr als bewusst...

Der junge Schauspieler lächelt sanft und küsst seine junge Frau zärtlich auf die Lippen. Ihm scheint es ähnlich zu gehen.

„Weißt du“, sagt er schließlich, „Ich würde auch wahnsinnig gern mit dir auf einen echten Ball gehen. - Wenn der Tag heute nicht so Kräfte zehrend gewesen wäre, sogar am liebsten noch heute Abend.“

Kyoko schwankt zwischen Verlegenheit und leiser Empörung.

„Du würdest mich heute wirklich noch mal auf hohen Schuhen nach Draußen scheuchen?!“, fragt sie, allerdings nur halbwegs entrüstet.

Ren lacht leise und zieht sie sacht an sich, um ihr einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Nein, Hime-chan“, sagt er lächelnd, „heute nicht, das hab ich doch gesagt.“ Noch ein Mal lacht er leise. „Nein, nein, aber ich liebe es, einen ganz legitimen Vorwand zu haben, dich den ganzen Abend in meinen Armen zu halten ... und außerdem würde ich auch gerne mal mit meiner schönen Frau angeben ... wenigstens ein bisschen...“

Kyoko ist in Sekundenbruchteilen genauso sprachlos wie (überaus) rot...

Glücklicherweise klingelt es in diesem Moment an der Tür. Das Essen ist da.

Verzeihung?

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Du würdest mich heute wirklich noch mal auf hohen Schuhen nach Draußen scheuchen?!“, fragt sie, allerdings nur halbwegs entrüstet.

Ren lacht leise und zieht sie sacht an sich, um ihr einen sanften Kuss auf die Stirn zu hauchen. „Nein, Hime-chan“, sagt er lächelnd, „heute nicht, das hab ich doch gesagt.“ Noch ein Mal lacht er leise. „Nein, nein, aber ich liebe es, einen ganz legitimen Vorwand zu haben, dich den ganzen Abend in meinen Armen zu halten ... und außerdem würde ich auch gerne mal mit meiner schönen Frau angeben ... wenigstens ein bisschen...“

Kyoko ist in Sekundenbruchteilen genauso sprachlos wie (überaus) rot...

Glücklicherweise klingelt es in diesem Moment an der Tür. Das Essen ist da.

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Verzeihung?
 

Zufrieden seufzend lässt sich Kyoko auf einen Stuhl in Rens geräumiger Garderobe sinken, nachdem sie alle Bento-Boxen auf dem Tisch verteilt hat, die sie gestern Abend aus lauter Freude über Shos derzeitige Abwesenheit vom Set für ihre Freunde vorbereitet hat. Ren lächelt nachsichtig, als die beiden Betreuer ihn fragend ansehen, während Kanae nur staunend auf den Deckel der schwarz-goldenen Bento-Box schaut und ihn schließlich beinahe ehrfürchtig abnimmt.

„Hach“, meint Kyoko derweil gut gelaunt, „es ist doch gleich viel einfacher, konzentriert zu arbeiten, wenn Sho-kun nicht hier ist. Geradezu erholsam.“ Wohlig streckt sie ihre Glieder und greift dann beherzt zu ihren Stäbchen.

„Ach, komm schon“, wirft Yashiro vorsichtig ein, „die letzten Tage fand ich ihn gar nicht so übel. Er scheint doch langsam zu lernen, sich angemessen zu benehmen.“

Kyoko überlegt einen Moment lang ernsthaft. „Hm“, sagt sie dann, „stimmt eigentlich. Inzwischen ist er weitgehend erträglich. Meistens jedenfalls.“ Grinsend schaut sie zu ihrem Mann hoch, der neben ihr sitzt. „Trotzdem... Ich bin froh, wenn ich mal ein paar Tage Ruhe vor ihm habe...“

Ren grinst nur in sich hinein. Eigentlich ist er auch ganz froh, dass sie am Set endlich mal wieder unter sich sein können. Das Versteckspiel Fuwa gegenüber ist zwar mitunter durchaus amüsant, aber auf Dauer auch ein wenig anstrengend. - ...und natürlich ist es auch ein bisschen frustrierend, wenn er tagsüber überhaupt nicht mehr mit seiner Frau allein sein kann...

„Also, echt“, reißt ihn Kanae aus den Gedanken, „die Bento-Boxen sehen so richtig nobel aus... Das ist echte Lackarbeit, oder?“

Kyoko errötet leicht und verdreht demonstrativ die Augen in Richtung Ren. „Ja...“, antwortet sie leise. „Ich find’s ja etwas übertrieben...“

„Wieso?“, widerspricht Kanae. „Sie sind wirklich schön ... und schließlich wirst du sie doch mit Sicherheit häufiger gebrauchen.“

Kyoko seufzt nur tief.

In Rens Gesicht hingegen breitet sich ein vergnügtes Grinsen aus. „Richtig.“, sagt er schmunzelnd. „Ich dachte, wenn sie sich schon unnötigerweise so viel Arbeit macht, dann kann ich wenigstens mit einer angemessenen Verpackung dazu beitragen. – Außerdem wird es ganz bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass sie benutzt werden.“

Lachend gibt er Kyoko einen Kuss auf die Wange und zuckt dann grinsend die Schultern.

„So wie ich dich kenne, kannst du es ja doch nicht lassen, dich trotz deines ohnehin schon großen Arbeitspensums in der Küche wegen ein paar Bentos abzuschuften, bis dir quasi im Stehen die Augen zufallen.“, stichelt er mit einem scheinheiligen Grinsen im Gesicht.

Während alle anderen am Tisch erschrocken die Luft einziehen, schnauft Kyoko empört durch die Nase.

„Gar nicht wahr!“, schmollt sie gedämpft.

Ren grinst sie ironisch an. „Wie du meinst, Liebste. Sei’s drum...“ Mit einem schelmischen Glitzern in den Augen beugt er sich über das Bento seiner Frau und stibitzt ihr frech ein Gyoza. „Die sind lecker.“, kommentiert er versöhnlich und steckt sich die Teigtasche kurzerhand in den Mund. Dann küsst er Kyoko erneut auf die Wange und meint leise: „Übertreib’s nicht damit. – Sonst fällt die ‚Strafe’ das nächste Mal etwas teurer aus...“ Leise lacht er in ihr Ohr und schickt ihr dabei heiße Schauer durch den ganzen Körper. Seufzend verzieht sie das Gesicht zu einer Grimasse, lächelt ihn dann jedoch liebevoll an.

„Mit so `ner Strafe könnte ich leben...“, murmelt Kanae schmunzelnd und widmet sich wieder dem Essen.

Unverhofft klopft es an der Garderobentür. Ren erhebt sich, um sie zu öffnen.

„Entschuldigen Sie vielmals, Tsuruga-sama“, sagt der junge, uniformierte Mann, der vor der Garderobe steht und sich – sichtlich nervös und mit hochrotem Kopf – beinahe übertrieben tief verbeugt, „man hat mir gesagt, Mogami-sama sei in Ihrer Garderobe. Ich habe ein Päckchen für sie, das ich ihr persönlich übergeben muss.“

„Ja, sie ist hier.“, antwortet Ren freundlich. „Kommen Sie doch einen Moment rein, wir sind gerade beim Essen.“

Kyoko sieht überrascht zu Kanae hinüber, dann schaut sie ihrem Mann fragend in die Augen; doch dieser zuckt nur kaum merklich die Schultern.

Ein wenig verwirrt steht sie auf, um ihren persönlichen Stempel aus der Tasche zu kramen.

Noch immer ist der junge Mann in Uniform unübersehbar aufgeregt, dass er gleich zwei solche Berühmtheiten aus nächster Nähe betrachten darf.

„Hier, bitte, Mogami-sama“, sagt er und reicht Kyoko das Paket, das sie darauf an Ren weiter reicht.

„Wenn Sie mir bitte hier den Empfang quittieren würden.“ Mit deutlich zitternden Händen reicht er ihr sein Klemmbrett und zeigt auf die betreffende Stelle auf dem Papier.

Kyoko setzt freundlich lächelnd und ein bisschen verlegen ihr Siegel darauf. „Vielen Dank.“, sagt sie.

Der Bote verbeugt sich noch ein Mal tief – noch immer hochrot im Gesicht. „Oh, ich habe zu danken ... und entschuldigen Sie bitte die Störung.“

Ren lächelt freundlich und verbeugt sich leicht. „Keine Ursache.“, sagt er, „Sie machen ja schließlich nur Ihre Arbeit.“

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“, meint der junge Mann in Uniform und verbeugt sich erneut. „Und viel Erfolg!“, bekommt er noch heraus, bevor er sich hastig wieder auf den Weg macht, ein ziemlich glückliches Lächeln in seinem geröteten Gesicht.

„Na, hoffentlich sieht er sich meinen Signatur-Stempel nicht genauer an...“, merkt Kyoko stirnrunzelnd an, als sie wieder unter sich sind.

Kanae kichert leise, offensichtlich hatte sie schon geraume Zeit Mühe, ein Lachen zu unterdrücken. „Ach, hör doch auf!“, gluckst sie vergnügt. „Der arme Junge war so aufgeregt, Ren-san und dich persönlich zu treffen, dass er nicht mal gemerkt hat, dass noch andere Personen im Raum waren.“

Ren nickt grinsend. „Außerdem wird er sich nicht zwangsläufig etwas dabei denken“, fügt er hinzu. „So selten ist der Name Hizuri nun auch wieder nicht. Und Künstlernamen sind ja in unserem Geschäft auch nicht gerade ungewöhnlich.“

Kyoko seufzt tief. „Wenn du meinst... Von wem ist das Päckchen überhaupt?“

Ren dreht das Paket herum, um den Adressaufkleber besser lesen zu können und zieht überrascht die Stirn in Falten. „Von Sho Fuwa.“, verkündet er verblüfft.

„Was?!“, ruft Kyoko entsetzt und nimmt ihrem Mann ungläubig den Karton ab. „Was zum...?“

Kanae schiebt sich neugierig nach vorn. Allerdings hält sie das nicht vom Essen ab, das sie sich weiterhin genüsslich in den Mund schiebt. „Mach es doch einfach auf.“, schlägt sie vor, als sie grinsend die nächste kleine Köstlichkeit aus der Box fischt.

Kyoko sieht unsicher zu Ren hinauf.

Lächelnd – und irgendwie beruhigend – zuckt er mit den Schultern, bevor er auf ihren fragenden Blick antwortet.

„Ich glaube ja nicht, dass du es bis heute Abend aushalten kannst zu warten. Tu es ruhig, wir sind ja schließlich unter uns.“

Kyoko atmet ein paar Mal tief durch, dann stellt sie das Paket auf dem Tisch ab und beginnt es zu öffnen. Was sie schließlich zu Tage fördert, sind eine CD mit dem Titel „Verzeih!“, eine einzelne blauviolette Blume, die ein wenig an eine Hyazinthe erinnert und ein zusammengerolltes Stück Papier, das mit einer blauen Seidenschleife zusammengehalten wird.

„Was soll denn das?“, fragt sie verwirrt. „Der Kerl hat mir doch bisher höchstens was geschenkt, das er selbst nicht mehr gebraucht hat.“ Hilflos sucht sie Rens Blick.

„Jetzt sag nicht, er hat dir noch nie was geschenkt?“, fragt Kanae entsetzt. „Nicht mal zum Geburtstag?!“

„Wie gesagt“, gibt Kyoko schulterzuckend zurück, „nur Sachen, die er sowieso nicht mehr gebraucht hat. Aber das ist mir natürlich erst viel später klar geworden. – Ich hab damals sogar jede einzelne CD von ihm selbst kaufen müssen; der ist nicht mal auf die Idee gekommen, mir eine mitzubringen. – Heute weiß ich natürlich, dass er nur seine Managerin hätte fragen brauchen; damals dachte ich, dass die Plattenfirma keine Freiexemplare rausrücken wollte.“

„Willst du die CD hören?“, fragt Ren leise. „Hier muss irgendwo ein CD-Player sein. – Ich glaube, er möchte dir was sagen.“ Er versucht möglichst neutral zu wirken, kann jedoch seine Besorgnis nicht ganz verhehlen.

„Ich weiß nicht...“, sagt Kyoko unsicher.

„Vielleicht hilft dir das weiter, was in der Schriftrolle steht.“, schlägt Rina vor.

Kyoko setzt sich seufzend hin, öffnet die Schleife, entrollt das dicke, schwere Papier ... und runzelt ratlos die Stirn.

„Und? Was steht drin?“, will Kanae wissen.

Ihre Freundin überfliegt kurz den Text, während ihre Gesichtsfarbe nach und nach immer blasser wird. „Offenbar ist das der Text zu dem Song auf der CD.“, erklärt sie.

„Vielleicht ist es dann besser, die CD dazu zu hören.“, findet Ren. Besorgt beobachtet er die Reaktion seiner Frau. „Gibt es in dem Brief irgendwelche Erklärungen dazu?“, fragt er.

Kyoko schüttelt etwas verwirrt den Kopf. „Nein. Jedenfalls habe ich nichts gefunden; ich hab’s aber nur überflogen.“

„In jedem Fall muss er es wirklich ernst meinen.“, mischt sich unvermittelt Rina ein. „Diese Blume ist nämlich ein Blaustern.“

Fragend richten sich alle Blicke auf die junge Betreuerin.

„Meine Mutter hat einen absoluten Blumentick“, erläutert Rina schulterzuckend, „und sie weiß alles über ihre symbolische Bedeutung. Blausterne stehen für die Bitte um Vergebung und darum, die Vergangenheit zu vergessen und neu anzufangen. – Es passt also zu dem, was der Songtitel sagt. Aber das allein wäre noch nicht unbedingt bemerkenswert.“ Sie macht eine bedeutungsschwangere Pause. „Fakt ist, dass es nicht gerade leicht ist, an Blausterne heranzukommen. Das sind keine Blumen, die man in jedem Blumengeschäft kriegt. Ich weiß das, weil meine Mama mal fast ein halbes Jahr damit zugebracht hat, hinter dieser Blume herzujagen, weil sie sich unbedingt mit einer alten Schulfreundin versöhnen wollte. Und dann bekam sie sie auch nur als Sämerei. Sie musste sie mühsam selbst ziehen. – Und wenn man noch die Jahreszeit bedenkt, dann muss Fuwa-kun schon einiges in Bewegung gesetzt haben, um an diese vergleichsweise unscheinbare Blume zu kommen...“

Kyoko muss so schwer schlucken, dass man fast den Eindruck hat, ihr würde eine sehr dicke, sehr bittere Pille im Hals stecken. Stirnrunzelnd greift Ren nach der CD und macht sich auf die Suche nach dem Abspielgerät, das er in einem der Garderobenschränke vermutet.

Schließlich hat er es gefunden und legt die Disc ein; fragend sieht er seine Frau an, die ihm daraufhin seufzend zunickt.

Kurz darauf beginnt ein langsames, schwermütiges Intro den Raum zu erfüllen und jagt den Anwesenden fast unmittelbar düster-zarte Schauer über den Rücken.

Dann ertönt Shos Stimme:
 

Ich brach dein Herz entzwei – wohl wissend

und weckte einen Racheengel,

Furcht erregend und doch wunderschön.

Nicht ahnend die Dummheit meiner Tat.
 

Ich hätte doch wissen sollen,

dass noch so viel Wunderbares in dir schlummert.

Ich hätte es erkennen müssen,

das Potential deiner explosiven Leidenschaft,

die kompromisslose Tiefe deiner Liebe,

doch ich war schrecklich blind auf diesem Auge,

blickte nur auf die unscheinbare Fassade,

nicht ahnend, welch Schönheit nur wartete,

geweckt zu werden.
 

Und doch war ich es, der sie weckte,

durch das kalte Schwert meines Verrats,

das grausam ich ins Herz dir rammte,

erbarmungslos, lächelnd, arrogant.
 

Hätt ich doch nur gewusst, dass ich mich selbst verdammte!
 

Heute bist du nicht mehr hier bei mir.

Deine Rache schmerzt weit mehr als je vermutet.

Mein Leben ist leerer geworden.

Niemand mehr, bei dem ich einfach ich selbst sein kann,

niemand, dessen Lachen die Nacht meines Innern erhellt,

niemand, bei dem ich meinen Schmerz vergessen kann –

und sei’s auch nur für ein paar kostbare Momente.

Ich habe dich getötet. – Du bist auferstanden –

Jedoch nicht durch mich.
 

Jetzt steh ich hier als der Verlierer,

übrig nur, mit leeren Händen, leerem Herzen.

Erst jetzt weiß ich, was ich an dir hatte.

Erst jetzt erkenn ich, was du mir bedeutest.

Erst jetzt kann ich auch deine Schönheit sehen,

erst jetzt spüren, was an Wundern noch aus dir

geboren werden will.
 

Du entferntest mich aus deinem Leben,

ich erkenn erst jetzt, du hattest jedes Recht dazu.

Ich kann nichts zurück nehmen, was ich sagte,

nichts ungeschehen machen, was ich dir antat,

kann nicht verleugnen, dich verkannt zu haben.

Ich wünschte, ich könnte es, ich war so dumm.

Es tut mir schrecklich leid!
 

Einen langen Moment bleibt es still, nachdem die letzten Töne verklungen sind. Dann räuspert sich Kanae und bricht mit belegter Stimme das aufgewühlte Schweigen.

„Eins muss der Neid ihm lassen.“, meint sie anerkennend. „Wenn er was kann, dann Musik machen. – Das war... Meine Güte, ich hab immer noch Gänsehaut.“

Stumm nickend pflichten die anderen bei.

Kyoko hingegen ist ziemlich blass geworden, mit leicht zittrigen Händen hält sie das Papier mit dem Liedtext in der Hand. Irgendetwas daran bereitet ihr Unbehagen, aber sie kann beim besten Willen nicht sagen, was. Mühsam schiebt sie den Gedanken beiseite. „Für Kalligraphie hat er durchaus auch ein Händchen.“, murmelt sie abwesend und seufzt leise. „...wenn er sich denn mal herablässt, sich die Zeit dafür zu nehmen...“ Langsam lässt sie das Blatt auf den Tisch sinken.

Kanae reicht neugierig herüber und nimmt es ihr aus der Hand, um es genauer zu betrachten. „Das heißt, er hat das selbst geschrieben?“, fragt sie verwundert.

„Ja“, seufzt Kyoko, „das ist eindeutig seine Handschrift.“

Besorgt beobachtet Ren seine junge Frau und nimmt sie schließlich behutsam in den Arm. Instinktiv kuschelt sie sich an seine Brust und atmet langsam und tief seinen beruhigenden Duft ein.

Bis ihr plötzlich ein beängstigender Gedanke kommt.

In Sekundenbruchteilen weicht ihr die Farbe aus dem Gesicht und sie schreckt unsanft hoch.

„Oh, mein Gott!“, entfährt es ihr entgeistert. „Das ist das Lied, wegen dem er heute bei diesem Release-Event ist und die Pressekonferenz hat!“ Erschrocken legt sie die Hand über den Mund und stöhnt gequält auf. „Wenn er auch nur eine winzige Andeutung macht, dass der Text autobiographisch ist oder um wen es dabei geht, ... dann ... bin ich geliefert! Seine Fans werden mich innerhalb von drei Tagen lynchen. – Ist das jetzt seine Rache?!“

„Glaub ich nicht, dann hätte er sich doch nicht solche Mühe gegeben.“, meint Kanae ruhig. „Außerdem lief es doch in den letzten Tagen wirklich besser zwischen euch.“

„Ich glaube auch nicht an Rache.“, mischt sich Ren grimmig ein. Sein Blick hat sich dermaßen verdüstert, dass Kyoko reflexartig zurück zuckt und seine offensichtlich aufkeimende Wut auf sich selbst bezieht.

Ren seufzt leise und lächelt plötzlich weich. „Komm her!“, fordert er sanft und zieht sie wieder in seine Arme. „Aber mir ist jetzt klar, was Sho-kun im Schilde führt. Er will Kyoko zurück haben. Nicht als Jugendfreundin, sondern als ... feste Freundin, als Geliebte... Nennt es, wie ihr wollt.“

„Oh!“, macht Kanae verblüfft. „Ich dachte, den Zahn hätte ich ihm bereits gezogen.“

„Du wusstest...?“, hakt Ren stirnrunzelnd nach.

„Na ja“, gibt Kanae zurück, „er hat so was angedeutet. Allerdings hab ich ihm gleich gesagt, dass er sich nicht einbilden braucht, bei ihr auch nur die geringste Chance zu haben. Natürlich hab ich nicht gesagt, warum genau... Daraufhin meinte er jedenfalls, er würde dann erstmal versuchen, sie als Freund zurück zu gewinnen.“

„Der will was ?!“, schreit Kyoko ungläubig auf, endlich aus ihrer verstörten Erstarrung erwacht. „Ihr habt sie ja nicht alle!“

„So“, meint Ren grinsend, „du willst also behaupten, ich leide unter so was wie Halluzinationen, mein geliebtes Eheweib.“

Kyoko hat trotz allem große Schwierigkeiten, diesem Grinsen zu widerstehen und nicht loszukichern, dennoch schafft sie es, ihn streng anzusehen. „Oh, ja“, gibt sie so bestimmt zurück, wie sie kann, „manchmal vernebelt dir deine Eifersucht ein wenig dein Gehirn, du übereifriger Schutzgeist!“ Eigentlich weiß sie sehr wohl, dass er Recht hat, aber sie will es noch nicht zugeben und ihren Mann bei der Gelegenheit gleich ein bisschen aufziehen.

Ren schaut sie für einen Moment leicht entsetzt an, dann bemerkt er das verräterische Glitzern in ihren Augen. Ehe sie sich versieht, hat er sie fest in die Arme geschlossen und fällt mit einer Leidenschaft über ihre Lippen her, die ihr schier den Atem raubt.

„Du musst noch einiges lernen, Kohai.“, sagt er zärtlich, als er sie wieder freigibt.

„Ich weiß.“, seufzt Kyoko grinsend, während sie ein wenig von ihm abrückt. „Und was denkst du, wie ich mich jetzt bezüglich Sho-kun verhalten soll?“

„Ich weiß auch noch nicht; lass uns das heute Abend besprechen. Erstens fehlt uns jetzt die Zeit und zweitens kannst du dich sonst beim Dreh nicht genug konzentrieren.“, meint Ren und mustert seine Frau einen Augenblick lang eindringlich. „Vielleicht sollten wir noch eine Runde an die frische Luft gehen, bevor wir wieder drehen müssen; so kriegen wir hoffentlich alle den Kopf wieder frei.“

„Gar keine schlechte Idee.“, findet Kanae. >Dabei hab ich dann auch wahrscheinlich weniger das Gefühl, hier völlig überflüssig zu sein...<, fügt sie im Stillen hinzu, muss jedoch gleich darauf wieder wohlwollend grinsen, als sie sieht, wie zärtlich ihre Freunde (und deren Betreuer) miteinander turteln.
 

„Alles in Ordnung?“, fragt Ren besorgt, als sie am Abend wieder zu Hause sind. „Du bist schon die ganze Zeit so still.“

Kyoko sieht lächelnd zu ihm hoch. „Entschuldige. Ich war nur in Gedanken.“

„Lass mich raten, worum sich diese Gedanken gedreht haben...“, meint Ren schräg grinsend; seine Augen wirken allerdings nur mäßig amüsiert.

„Wenn ich dir das genau erklären könnte, wäre ich wahrscheinlich schon einen entscheidenden Schritt weiter.“, gibt Kyoko leise seufzend zurück. „In meinem Kopf geht es seit heute Mittag ziemlich konfus zu; ich kann diese Aktion einfach nicht einordnen. – Der Song ist so ganz anders als die, die Sho-kun bisher geschrieben hat...“

„Ja, ich hab gemerkt, dass dich das alles ziemlich durcheinander gebracht hat.“, sagt Ren. Liebevoll nimmt er sie in die Arme.

Kyoko seufzt noch ein Mal leise, doch diesmal hört es sich eher erleichtert an. Ren spürt deutlich, wie sie sich allmählich entspannt.

„Kein Wunder, dass du heute so viele NGs hattest.“, meint er mitfühlend, während er sachte über ihr Haar streicht.

Kyoko stöhnt leise auf. „Ich kann mich nur entschuldigen.“, murmelt sie bedauernd. „Ich weiß, ich hätte...“

„Schhh...“, unterbricht ihr Mann liebevoll. „Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Du hast dein Bestes gegeben; schließlich bist du auch nur ein Mensch.“ Sanft greift er ihr unters Kinn, damit sie ihn ansehen muss und küsst sie zärtlich auf die Stirn.

„Was hast du eigentlich Kurosaki-san heute Nachmittag erzählt; danach war er so rücksichtsvoll, dass es mir richtig unheimlich war.“, fragt Kyoko unvermittelt.

Ren grinst verschmitzt. „Ich hab ihm nur gesagt, dass mir schon in der Mittagspause aufgefallen ist, dass du dich nicht wohl zu fühlen scheinst. Und dass du das niemals zugeben würdest, weil du deine Arbeit manchmal zu ernst nimmst.“

„Das sagst ausgerechnet du , der du auch mit hohem Fieber noch arbeitest - ohne auch nur mit der Wimper zu zucken?!“ kontert Kyoko grinsend ... doch ihr Grinsen wirkt müde.

Ren lächelt nachsichtig. „Hätte ich ihm die Wahrheit sagen sollen? – So war es wenigstens beinahe die Wahrheit. – Jedenfalls waren wir uns schnell einig, dass wir die Ausfälle schnell aufholen werden, wenn es dir wieder besser geht. Und dann hab ich ihm vorgeschlagen, heute ausnahmsweise ein wenig früher Schluss zu machen. Wir sind mit dem Drehplan ja ohnehin mehr als gut in der Zeit; da könnten wir ins sogar ein paar Tage Vollausfall leisten.“ Rens Grinsen wird plötzlich so breit, dass man sich wundert, dass es überhaupt noch in sein Gesicht passt. „Wie du dir denken kannst, hat er zugestimmt ... allerdings nur unter der Bedingung, dass ich dich nach Haus fahre und herausfinde, ob dir was Ernstes fehlt.“

Das junge Ehepaar bricht unwillkürlich in Lachen aus.

„Ach, deshalb hast du mich ohne Rücksicht auf irgendwelche Gerüchte hinter dir her aus dem Studio gezogen.“, kichert Kyoko schließlich. „Ich hatte mich schon gewundert.“

Gewundert, he!“ Ren schaut seiner jungen Frau amüsiert in die Augen. „Gib es zu, es ist dir eigentlich erst im Wagen aufgefallen!“ Das Rosa, das sich daraufhin unaufhaltsam auf Kyokos Wangen ausbreitet, sagt genug. Beschützend schließt er sie fester in die Arme.

„Ach“, seufzt Kyoko an seine Brust, „ich weiß einfach nicht, was ich von der ganzen Sache halten soll. Da sind so viele widerstreitende Gefühle, die einfach nicht zusammenpassen wollen... Ich weiß nicht mal, warum ich nicht einfach wütend reagiere, wo diese Art Publicity mir doch enormen Ärger einbringen kann. Das wäre doch nun wirklich nicht das erste Mal, dass ich seinetwegen gemobbt werde; ... dabei ist ihm selbst das wahrscheinlich nicht mal bewusst, früher hat er daran jedenfalls nicht einen Gedanken verschwendet ... und ich blöde Nuss hab es ihm auch nie gesagt.“

„Vielleicht solltest du dann genau das mal tun.“, schlägt Ren ernst vor. „Und in der Zwischenzeit stellst du dich am besten in die Küche, um dich ein bisschen abzureagieren. Vielleicht kochst du was, bei dem du dich mit dem Küchenbeil so richtig austoben kannst.“

Schräg grinsend küsst er sie auf den Mund, während Kyoko misstrauisch die Brauen hebt.

„Wo ist der Haken?“, will sie wissen.

„Welcher Haken?“, fragt Ren unschuldig zurück. „Ich muss noch mal kurz in die Stadt – etwas abholen – und wenn du etwas Dampf abgelassen hast, bis ich zurück bin, können wir in Ruhe beraten, wie du weiter mit Sho-kun umgehen willst.“

„Aha!“ Kyoko seufzt leise. „Was abholen... Was genau?“

„Wirst du noch früh genug erfahren, Hime-chan.“, weicht Ren grinsend aus. „Soll ich noch was mitbringen?“

„Ja“, meint Kyoko resignierend, „wir brauchen noch Sojasoße; es ist kaum noch welche da.“

„Dein Wunsch ist mir Befehl, Liebste.“, sagt Ren und küsst sie zärtlich auf den Mund. „Ich beeil mich.“ Beinahe widerwillig löst er sich von seiner jungen Frau und haucht ihr noch einen letzten Kuss auf die Stirn.
 

Als er eine gute Stunde später wieder zu Hause ist, hat Kyoko den Tisch bereits gedeckt und das Essen ist fertig. Grinsend beobachtet er von der Küchentür her ihre letzten Handgriffe, die eigenen Hände sorgfältig hinter dem Rücken versteckt.

„Tadaimah, Hime-chan.“, verkündet er leise.

Gelassen dreht sich Kyoko zu ihm herum. „Ich weiß, ich hab dich kommen hören.“

„Ich sehe, es geht dir tatsächlich besser.“, stellt Ren erleichtert fest und kommt ein wenig näher.

„Ja, kann man so sagen.“, bestätigt Kyoko mit einem Lächeln. „Ich hab beim Kochen ein bisschen nachgedacht und jetzt ist einiges klarer. – Was hast du da hinterm Rücken?“

„Ich?“ Ren versucht so unschuldig wie möglich auszusehen, doch der Glanz in seinen Augen ist verräterisch genug für Kyoko.

„Ja, du. Wer sonst?“, fragt sie streng, ... aber sie kann nicht ganz verhindern, dass ihre Mundwinkel dabei ein wenig nach oben zucken.

„Die Sojasoße.“, behauptet ihr Mann lächelnd und holt prompt eine Flasche hinter seinem Rücken hervor. Die andere Hand lässt er wohlweißlich wo sie ist.

„Und was ist in der anderen Hand?“, hakt Kyoko noch ein Mal nach; langsam droht ihr doch die Geduld auszugehen.

„Hmm, mal sehen... Noch eine Flasche Sojasoße?“ Sein Grinsen wird unaufhaltsam breiter.

„So?“ Kyoko bleibt äußerlich gelassen.

Lachend holt Ren ein hübsch verpacktes Geschenk hinter dem Rücken hervor und reicht es seiner Frau, die nur grinsend und kopfschüttelnd die Augen verdreht. Die Flasche mit der Sojasoße stellt er beiläufig auf dem Tisch ab.

„Setz dich, sonst wird das Essen noch kalt.“, fordert Kyoko seufzend, während sie das Päckchen auf dem Tisch abstellt und beginnt, es auszupacken. Sie weiß genau, dass ihr Mann keine Ruhe geben wird, bevor sie nicht gesehen hat, was er ihr mitgebracht hat...

„Oh, mein Gott!“, ruft sie schließlich überrascht. „Ist es das, was ich denke?“

„Woher soll ich wissen, was in deinem hübschen Kopf gedankentechnisch so vorgeht?“, fragt Ren grinsend. „Schau doch nach.“

Mit leicht zitternden Fingern öffnet sie den Deckel der kleinen, intarsienverzierten Holzkiste, die nun vom Papier befreit vor ihr steht. Ein entzückter, hoher Schrei entweicht ihrer Kehle, als eine hübsche, altmodische Melodie erklingt und eine kleine Porzellanballerina im Innern der Spieldose ihre Pirouetten über rotem Samt zu drehen beginnt.

„Ist das zauberhaft!“, meint Kyoko begeistert, während das Grinsen im Gesicht ihres Mannes nun äußerst breit und ausgesprochen zufrieden ist. „Das ist eine richtig alte Spieldose, oder? Eine echte, ... aus England?“

„Ja“, bestätigt Ren lächelnd, „eine viktorianische.“

Das Glänzen in Kyokos Augen könnte einen glatt blenden. „Ich kann es kaum glauben.“, sagt sie leise, beinahe schon ehrfürchtig. „Als Kind hab ich immer von so einer Spieldose geträumt.“ Vor lauter Begeisterung stehen die Freudentränen bereits in ihren Augenwinkeln. „Dabei hätte ich mich durchaus mit einer billigen Kopie zufrieden gegeben...“. fügt sie leise hinzu.

„Ich meinerseits würde es aber entschieden ablehnen, meine Frau mit einer Kopie abzuspeisen. - Nein, zu beleidigen!“, kontert Ren ernst. „Schon gar nicht mit einer billigen.“ Zärtlich ergreift er ihre Hand, küsst ihre Fingerspitzen und lächelt dann weich. „Was für ein glücklicher Zufall, dass ich sie ausgerechnet heute abholen sollte! Sozusagen als Ausgleich für die Aufregung wegen dieser CD.“

Kyoko schluckt die Frage nach den Kosten für das Geschenk entschieden herunter, stattdessen stellt sie die Spieldose so beiseite, dass sie gleichzeitig essen und sie weiter betrachten kann. Mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht nimmt sie ihre Stäbchen auf, ... während Ren mühsam den unbändigen Drang unterdrückt, seine Frau gleich auf der Stelle und nach allen Regeln der Kunst zu vernaschen...

„Weißt du“, sagt Kyoko schließlich – ohne den Blick von der sich immer noch drehenden Porzellanballerina abzuwenden, „vorhin beim Kochen ist mir aufgegangen, dass ich beim Verhältnis zu Sho wohl einiges mit dem zu meiner Mutter durcheinander geworfen habe in der Vergangenheit. – Ich hatte mich total auf ihn fixiert, weil ich sonst keinen hatte, der mich gern hatte ... und den ich gern haben durfte. Bei meiner Mutter war es ja jedes Mal so, als würde ich versuchen, Betonmauern einzurennen. - Dazu solltest du vielleicht wissen, dass Shotarou anfangs wirklich sehr lieb zu mir war; er hat mir alles gezeigt, mich an die Hand genommen, wenn ich Angst hatte und so was... Er war der Grund, warum ich mich dort im Ryokan nicht komplett verloren gefühlt hab.“

Liebevoll greift sie nach seiner Hand, während ihr Blick sich sanft seinem zuwendet. Ihr ist vollkommen klar, dass es in seinem Inneren jetzt vermutlich vor Eifersucht brodelt, auch wenn er hartnäckig versucht, sich ebendies nicht anmerken zu lassen. Sachte streichelt sie seinen Handrücken und sieht ihm dabei tief in die Augen.

„Irgendwann ist ihm das sicher zu viel geworden.“, fährt sie schließlich fort. „Wahrscheinlich spätestens, als er mitgekriegt hat, dass er mit mir quasi zwangsverheiratet werden sollte. – Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich wahrscheinlich schon alle Gefühle, die ich ursprünglich meiner Mutter gegenüber hatte, auf ihn projiziert.“ Sie seufzt tief und atmet ein paar Mal durch.

Alle Gefühle?“ hakt Ren ein wenig verwirrt nach.

„Ich denke schon. Anders passt es jedenfalls nicht zusammen. Ich schätze, ich hatte auch eine Riesenwut auf meine Mutter, dass sie mich derart missachtet und irgendwie ja verstoßen hat. Nur hatte ich das dermaßen gründlich verdrängt, dass ich zum Schluss nicht mal mehr davon wusste.“ Mit einem entschuldigenden Lächeln zuckt sie die Schultern. „Man hat seine Mutter ja schließlich zu lieben.“, erklärt sie. „Und außerdem hätte ich ja andernfalls nicht die geringste Chance gehabt, die Anerkennung meiner Mutter vielleicht doch noch irgendwann zu bekommen... Jedenfalls ist diese Wut erst wieder an die Oberfläche geschwemmt worden, als ich endgültig erkennen musste, dass Sho nicht das Geringste an mir liegt. Damit war er dann endgültig genau wie meine Mutter: vertrauensunwürdig, gehässig, grausam, berechnend. Blöderweise war mir das alles andere als klar und so hab ich dann meinen gesamten Hass auf Sho konzentriert. Wahrscheinlich war es auch wieder ein Weg, meine Mutter aus dem Ganzen raus zuhalten und mir so ein kleines Hintertürchen offen zu lassen, falls sie doch irgendwann zurückkommen würde. – Klingt das für dich irgendwie logisch? Oder ist das zu weit hergeholt?“, fragt sie unsicher.

Ren denkt einen langen Moment nach, dann lächelt er weich. „Nein, Hime-chan, das klingt für mich sogar ziemlich einleuchtend. Du warst noch sehr jung ... und ganz allein; anders hättest du seelisch vermutlich nicht überleben können. – Sehe ich das richtig, dass du dann Sho-kuns Entschuldigung annehmen möchtest?“ Sein Lächeln hat nichts von seiner Wärme verloren.

Kyoko atmet erst einmal durch. „Ja, schon.“, sagt sie dann. „Ich denke, ich werde ihm sein Verhalten vergeben, schließlich will er sich ja ändern. Allerdings hab ich keine Ahnung, wie ich ihm das sagen soll. Ich will ihm keine falschen Hoffnungen machen. Ich will nicht von ihm angebaggert werden und ich will auch nicht provozieren, dass er glaubt, er könnte einfach so weiter machen wie bisher, wenn er nur ab und zu eine überzeugende Entschuldigung abliefert. – Verstehst du, was ich meine?“

„Hm, du willst auf eine freundschaftliche, aber nicht oberflächliche Art mit ihm umgehen können.“, versucht Ren zusammenzufassen.

„Ähm, ja, so ungefähr. – Ich kann ihn nicht mehr als ‚Mann’ sehen, eher als eine Art ... na ja ... Bruder. – Ich kann auch nicht so einfach die ganze Zeit wegwischen, die wir miteinander verbracht haben. Darum ist es auch nicht so eine normale Sandkastenfreundschaft in meinen Augen; selbst wenn er mir ziemlich oft einfach nur auf die Nerven geht.“

„Wie das unter echten Geschwistern eben auch oft ist...“, nickt Ren lächelnd.

„Ja, vermutlich.“, lacht Kyoko. „Jedenfalls wenn ich Kanae-chan da als Vergleichsmaßstab nehme.“

„Dann haben wir jetzt also vier Tage, um zu diskutieren, wie du ihm das am effektivsten und deutlichsten beibringen willst.“

„Ja.“, stimmt Kyoko unumwunden zu. Liebevoll lächelt sie ihm zu. „Danke.“, sagt sie leise.

Ren lächelt zärtlich zurück. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe, Hime-chan?“, fragt er mit leicht rauer Stimme.

„Ich glaube, ich fange langsam an, es zu begreifen.“, meint Kyoko grinsend. „Aber warum soll es dir da besser gehen als mir?“
 

Später am Abend klingelt seltsamerweise in Sho Fuwas Appartement das Telefon besonders energisch. Sho hat sich gerade nach dem langen Medienmarathon des Tages auf dem Sofa niedergelassen und die Füße hochgelegt und so zuckt er nun sichtlich zusammen und stürzt geradezu reflexartig auf den Apparat zu, um den Hörer abzunehmen.

„Ja?“, fragt er atemlos hinein.

„Kanae Kotonami hier.“, kommt als Antwort wenig freundlich zurück.

„Oh.“, entfährt es Sho. Aufseufzend lässt er sich mit dem Hörer in der Hand auf den Teppich gleiten und lehnt sich leise stöhnend an einen Sessel. „Hat dich Kyoko-chan beauftragt, anzurufen?“, fragt er resigniert.

„Bist du verrückt?!“, brüllt Kanae so laut ins Telefon, dass der junge Sänger den Hörer rasch vom Ohr weg halten muss. „Die weiß nicht mal, dass ich deine Nummer habe. – Und ich will auch nicht, dass sie von diesem Anruf erfährt. Verstanden?“

„Ja, is klar.“, brummt Sho. „Was willst du?“

„Hast du Dämlack eine Ahnung, was du mit deiner Entschuldigungs-Aktion losgetreten hast ... und lostreten könntest ?!“, fragt Kanae übergangslos.

Shos Stirn zieht sich in tiefe Falten. „Wovon sprichst du?“, fragt er zurück. „Hat Kyoko-chan mein Päckchen nicht bekommen?“

„Oh, doch, das hat sie; ich war dabei, als sie es geöffnet hat.“, sagt Kanae.

„Und ... wie hat sie reagiert?“, will Sho wissen; sein Herz klopft ihm vor Aufregung bis zum Hals ... und er ist heilfroh, dass ihn niemand sehen kann.

„Hm, schwer zu beschreiben, ich glaube ‚schockiert’ trifft es wohl noch am ehesten.“, meint Kanae trocken.

Sho sackt vor Enttäuschung regelrecht in sich zusammen. „Wieso?“, flüstert er verzweifelt.

„Wieso?!“, wiederholt Kanae verständnislos. „Zuallererst mal weil sie dir nach allem, was du angestellt hast, eine derart theatralische Entschuldigung wohl kaum so ohne weiteres glauben kann. - Himmel! Du drückst nicht nur mit allen Mitteln deiner Zunft auf die Tränendrüse, du machst das Ganze auch noch öffentlich und verdienst nebenher mit der CD ordentlich Geld! Würdest du so eine Entschuldigung ohne mit der Wimper zu zucken annehmen?!“

„Aber“, verteidigt sich Sho, „ich konnte doch gar nicht sicher sein, dass sie die CD nicht einfach wegschmeißen würde ohne sie überhaupt anzuhören; bis vor ein paar Wochen hat sie sich sogar geweigert, am Telefon mit mir zu sprechen. Und außerdem hätte ich das Lied gar nicht professionell produzieren können, wenn ich mich geweigert hätte, es zu veröffentlichen. Es war schon schwierig, es wenigstens als streng limitierte Auflage rauszubringen. Außerdem wird es nicht auf dem Album erscheinen.“

Kanae ist ein wenig überrascht. „Limitierte Auflage? – Wie viele Exemplare?“

„1000.“, sagt Sho leise. „Das war die niedrigste Zahl, die ich rausschlagen konnte. Und das auch nur, weil ein Teil davon signiert an meine Fanclubs geht, die sie dann an die treuesten Mitglieder weitergeben. Die Plattenfirma verspricht sich davon einiges an Publicity.“

„Diese Publicity ist genau das, was uns allen Sorgen macht.“, grummelt Kanae in den Hörer.

„Uns allen ?!“, hakt Sho entsetzt nach. „Wer weiß denn noch davon?!“

„Du bist so ein Trottel...“, schimpft Kanae leise seufzend. „Wir saßen gerade beim Mittagessen in Ren-sans Garderobe, natürlich haben alle Anwesenden es mitgekriegt ... und auch mit ihr zusammen die CD angehört. Du kannst echt von Glück sagen, dass es alles Leute waren, die ihre Schnauze halten können. Es gibt wegen der Dreharbeiten nun weiß Gott schon genug unsinnige Gerüchte um Kyoko-chan!“

Sho ist nun doch ein wenig blass geworden. „Wer war genau dabei?“, flüstert er.

„Ren-san, sein Betreuer; Kyoko-chan, Rina-san und meine Wenigkeit.“, antwortet Kanae sachlich. „Sag mal, hast du eine Ahnung, was passiert, wenn deine Fans rauskriegen, um wen es in diesem Lied geht?“

„Hm?“, macht Sho verständnislos.

„Oh, Mann! Das wäre doch nun wirklich nicht das erste Mal, dass Kyoko-chan unter deinen Fans zu leiden hätte; aber diesmal wäre es nicht nur einfaches Mobbing wie damals in der Schule – was meines Erachtens schon schlimm genug wäre. Kyoko-chan wäre ihres Lebens nicht mehr sicher. Himmel! Du hast Fans, die so fanatisch sind, dass so was ein absolut rotes Tuch für sie wäre!“

Sho versteht immer noch nicht. „Mobbing?“, fragt er gedehnt.

Kanae wird langsam richtig wütend. „Jetzt sag mir nicht, du hast in der Schule nie mitbekommen, wie sie Kyoko-chan deinetwegen gequält haben?! Weil sie eifersüchtig waren, dass sie dir scheinbar so nahe stand.“

Einen Moment schweigt der junge Sänger betroffen, dann flüstert er: „Das wusste ich nicht.“

„Du hättest es wissen können .“, meint Kanae unbarmherzig. „Und wenn deine besonders eifrigen Fans jetzt dahinter kommen, was es mit diesem Lied auf sich hat, werden sie ohne zu zögern Kyoko-chan die Schuld daran geben, dass du jetzt unglücklich bist ... und dann wird es Schlimmeres geben als nasse Schuhe, versteckte Bücher oder Rasierklingen zwischen Buchseiten.“

„Aber...“,stammelt Sho leise, „ich habe nicht ein Wort darüber verloren, dass es einen aktuellen Bezug hat.“

„Das reicht nicht.“, behauptet Kanae ernst. „Du darfst nicht einmal vage Andeutungen machen. Du weißt doch, wie schnell in unserem Geschäft selbst die absurdesten Gerüchte die Runde machen.“ Seufzend fügt sie hinzu: „Meine Güte, Kyoko-chan hat in letzter Zeit nun wirklich genug durchgemacht...“

„Warum? Ist etwas passiert?“, fragt der junge Sänger besorgt.

„Ja, aber frag mich nicht weiter.“, antwortet Kanae unwirsch. „Ich kann es dir nicht erzählen, das ist Kyoko-chans Privatsache. Und: Es - geht - dich - nichts – an! Comprende?“

„Ja“, seufzt Sho geknickt. „verstanden.“

„Dann ist ja gut.“, brummt Kanae zufrieden. „Und rück ihr nicht zu sehr auf die Pelle, wenn du wieder zum Dreh kommst.“

„Ich würde mir eher die Zunge abbeißen und das Singen an den Nagel hängen, bevor ich es mir noch mal so mit ihr verscherze.“, antwortet Sho leise. „Ich vermisse sie unglaublich... Ich will sie wiederhaben.“

„Du wirst sie nicht dazu bringen, sich in dich zu verlieben, das hab ich dir schon gesagt.“, warnt Kanae eindringlich. „Und ich würde dir raten, es nicht darauf anzulegen, ... sonst handelst du dir einen Riesenärger ein.“ >Und möglicherweise noch ein oder zwei blaue Augen.<, fügt sie im Stillen hinzu.
 

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Nachwort
 

Dem einen oder anderen dürfte ja bereits bekannt sein, dass in Japan – wie oben im Verlauf der Handlung angedeutet – keine Unterschriften unter Quittungen oder Dokumente gesetzt werden, sondern eine Art Siegel mit einem persönlichen Stempel. Aus einem Grund, der sich mir vollkommen entzieht, gelten diese Stempel dort als fälschungsresistenter als Unterschriften. (Unterschriften hingegen gelten als extrem unseriös.)

Ich frage mich, ob es in Japan keine elektronischen Unterschriften gibt...

Und erlaubt mir noch ein paar Worte zu Shos Lied:

Ja, dieses mehr als bescheidene Gedicht ist ganz und gar auf meinem eigenen Mist gewachsen. – Ich weiß, es reimt sich nicht und der Rhythmus lässt durchaus auch zu wünschen übrig, aber es gab leider nichts Fertiges, das ich hätte verwenden können. Entschuldigt also bitte diese nur mäßige Leistung, Lyrik ist einfach nicht mein Ding. #°_°#’

Ich hoffe, Shos Gedanken sind trotzdem einigermaßen anschaulich rübergekommen...

Neuigkeiten

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Ich würde mir eher die Zunge abbeißen und das Singen an den Nagel hängen, bevor ich es mir noch mal so mit ihr verscherze.“, antwortet Sho leise. „Ich vermisse sie unglaublich... Ich will sie wiederhaben.“

„Du wirst sie nicht dazu bringen, sich in dich zu verlieben, das hab ich dir schon gesagt.“, warnt Kanae eindringlich. „Und ich würde dir raten, es nicht darauf anzulegen, ... sonst handelst du dir einen Riesenärger ein.“ >Und möglicherweise noch ein oder zwei blaue Augen.<, fügt sie im Stillen hinzu.

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Neuigkeiten
 

Sho Fuwa atmet tief durch, als er die Tür von Kyokos Garderobenwagen hinter sich schließt und die kleine Treppe hinunter steigt. Wenn er ehrlich ist, hat er die letzten Tage unter einer enormen Anspannung gestanden, die nun allmählich wieder von ihm abfällt. Irgendwie erleichtert schaut er sich auf dem Hafengelände um, auf dem der Außendreh heute stattfindet ... und sieht mit leiser Überraschung, dass Kanae Kotonami breit grinsend auf ihn zukommt.

„Na, wie war’s?“, fragt sie neugierig. „Ihr habt lange gebraucht.“

„Ich weiß nicht so genau.“, seufzt Sho leise und zuckt die Schultern ein wenig. „Ich denke, wir sind Freunde ... auf Bewährung sozusagen.“

„Sie hat dich ganz schön in die Mangel genommen, was?“, fragt Kanae leise.

Sho kratzt sich verlegen am Hinterkopf; wenn man genau hinschaut, wirkt er tatsächlich ein wenig ausgelaugt. „Ich glaub, so kann man das ausdrücken.“, bestätigt er mit einem schrägen Grinsen. „Mann, ehrlich, ich hab Kyoko-chan noch nie so ernst und erwachsen erlebt ... und noch nie so unglaublich ...schön...“ Seufzend senkt er den Blick für einen Moment. Dann schaut er Kanae ernst an.

„Weißt du, Kyoko-chan ist die Einzige, die mich einfach immer hat sein lassen, wie ich wollte; für lange Zeit war sie die Einzige, die wirklich von ganzem Herzen an mein Talent geglaubt hat ... und an meine Karriere im Musikgeschäft.“

„Kann ich mir denken.“, meint Kanae. „Das ist eben ihre Art. – So was sollte man zu schätzen wissen...

Ich hoffe, sie hat dir ordentlich die Leviten gelesen und endlich reinen Tisch gemacht.“

Sho versucht krampfhaft, seine Verlegenheit zu verbergen. „Das kannst du laut sagen.“ Leise lacht er auf. „Ich glaub, Kyoko-chan ist zurzeit so ziemlich die Einzige, die sich traut, mir derart schonungslos die Meinung zu geigen. – Eigentlich ist das in unserem Geschäft etwas ziemlich Wertvolles...“

„Och“, gibt Kanae grinsend zurück, „ich hätte auch kein Problem damit, dir ordentlich den Kopf zu waschen.“

Sho lacht erneut auf. „Stimmt.“, bestätigt der junge Sänger unumwunden. „Aber ... hmmm ... irgendwie ist das schon was anderes...“ Er sucht angestrengt nach Worten. „Ich weiß nicht genau, wie ich es erklären soll, aber ... irgendwie ist Kyoko-chan auch das letzte Überbleibsel aus meiner Vergangenheit ... meiner Familie sozusagen – auch wenn wir ja nicht wirklich verwandt sind. - Verstehst du, was ich meine?“

„Hmm...“, überlegt Kanae ernst. „sie ist sozusagen das letzte Bindeglied zu deiner Vergangenheit. – Tja, Kyoko-chan wird das vermutlich ähnlich sehen, ... allerdings dürften ihre Erinnerungen nicht ganz so nostalgisch sein wie deine.“

„Na ja“, gibt Sho nachdenklich zu, „es ist zwar nicht so, dass ich meinen Eltern groß nachtrauern würde ... oder meinem alten Leben ... oder gar meinem Erbe... Aber vermutlich sind meine Erinnerungen tatsächlich trotz aller Schwierigkeiten, die ich damals mit Eltern und Lehrern hatte, besser als Kyoko-chans.

Hm... Wenn ich so darüber nachdenke, stand sie mir eigentlich immer näher als meine gesamte Verwandtschaft. – Schon seltsam, dass mir das nicht viel früher aufgefallen ist...“

„Ich könnte jetzt was dazu sagen“, sagt Kanae spitz, „aber ich glaube, ich lasse es lieber.“ Ein wenig versöhnlicher fügt sie hinzu: „Immerhin siehst du es ja wenigstens ein.“

„Danke.“, sagt der junge Sänger leise, während seine Ohren leicht rot anlaufen. (Was man allerdings nur bemerkt, wenn man ganz genau hinschaut.) „Wolltest du zu ihr in den Garderobenwagen?“

„Eigentlich schon.“, antwortet Kanae. „Aber ihr habt ziemlich lang gebraucht; Kyoko-chan muss sich jetzt ziemlich ranhalten, um rechtzeitig in der Maske zu sein, ... also lass ich es wohl besser.“

„Dann lass uns rüber zum Catering-Zelt gehen. Ich glaub, ich brauche jetzt einen Kaffee. Trinkst du einen mit?“

„Gern.“, sagt Kanae. „Es ist sowieso ein bisschen zu kalt für meinen Geschmack; jedenfalls für einen Außendreh.“
 

„Entschuldige“, schnauft Kyoko, als sie schließlich ein wenig außer Atem bei Ren am Set ankommt. „bin ein bisschen spät dran.“

„Mach dich nicht verrückt.“, beschwichtigt ihr Mann gelassen. „Die Crew ist eh noch nicht so weit. – Wie war euer Gespräch?“

„Ganz passabel.“, findet Kyoko. „Er hat sich auf alle Fälle ziemliche Mühe mit seiner Entschuldigung gegeben; mal ein ganz neuer Zug an ihm... Er meinte, dass er jedes Wort in dem Lied ernst gemeint hat. – Na ja, ich weiß nicht, ob ich ihm das wirklich glauben kann. Aber wie dem auch sei, ich glaub jedenfalls, er hat begriffen, was ich ihm sagen wollte.“

„Wollen es hoffen... Wie fühlst du dich jetzt?“ Ren mustert sie scharf von der Seite.

„Mir geht’s gut.“, beruhigt ihn Kyoko lächelnd. „Ich bin ziemlich erleichtert. – Ich fühl mich jetzt irgendwie ... na ja ... befreit...“

>Ja, genau, befreit!<, geht es ihr zufrieden durch den Kopf und sie muss daran denken, wie ihre Dämonen und Engel während der Aussprache nur friedlich Karten miteinander gespielt haben. - Außerdem fühlt sich Koon – der Stein – seither merkwürdig leicht an...
 

In der Mittagspause gibt es unerwartet einigen Rummel. Mit lautem Motorengeheul und quietschenden Reifen taucht ein Aston Martin Vanquish in Bond-Manier und offensichtlich mit etlichen technischen Extras ausgerüstet am Set auf und heraus steigt – wie sollte es anders sein – ein breit grinsender Rory Takarada, der seinen Auftritt sichtlich genießt, gekleidet in feinsten, englischen Zwirn. Selbstverständlich maßgeschneidert und ausgestattet mit einigen James–Bond-Spielereien, die er auch sofort aus diversen Taschen hervorzaubert und mit denen er, ein kindliches Grinsen im Gesicht, nach und nach jeden, den er auf dem Weg zum Regisseur begegnet, erschreckt.

„Ich würde gern nachher ein paar Worte mit dir wechseln.“, sagt er gut gelaunt, als er auf Ren trifft. Geradezu genüsslich zieht er einen silbernen Stift aus der Brusttasche, drückt darauf und lässt ihn grinsend explodieren.

Doch während Yashiro erschrocken zusammenzuckt und merklich erbleicht, kann Ren die ganze Aktion nur ein müdes Lächeln entlocken. Er zuckt nicht einmal mit den Wimpern.

Rory ist ein wenig enttäuscht. Suchend blickt er sich um.

„Wo ist denn Kyoko-chan?“, fragt er hoffnungsvoll ... und hat schon wieder ein schelmisches Grinsen im Gesicht, während er ganz offensichtlich schon überlegt, mit welchem Gimmick er sie überraschen kann.

„Ich muss Sie enttäuschen, Takarada-san“, grinst nun Ren. „Die ist vor in paar Minuten los zum Einkaufen. Sie war der unsinnigen Meinung, es wäre nicht genug fürs Abendessen im Kühlschrank.“

„Allein?!“, fragt Rory entsetzt zurück.

„Natürlich nicht.“, antwortet Yukihito an Rens Statt. „Rina-san und Kotonami-san sind mit ihr gefahren.“

Rory atmet sichtlich auf und überlegt einen kurzen Moment.

„Ach“, meint er dann, „ist vielleicht auch ganz gut so; dann können wir uns ungestört unterhalten, es gibt nämlich Neuigkeiten.“ Verschwörerisch schaut sich der LME-Chef um. „Allerdings sollten wir das wirklich nachher unter vier - bzw. sechs – Augen besprechen. – Aber jetzt will ich erst mal ein paar Worte mit Kurozaki-san sprechen.“

„Kommen Sie doch einfach in meinen Garderobenwagen, wenn Sie fertig sind.“, meint Ren.

„Gut, bis später dann.“, meint Rory und ist mit den Gedanken auch schon weg ... vermutlich überlegt er genüsslich, mit welchem seiner James-Bond-Requisiten er den jungen Regisseur am besten aus der Reserve locken kann ... jedenfalls lässt sein Gesichtsausdruck darauf schließen.
 

Als er eine gute halbe Stunde später in Rens kuschelig beheiztem Garderobenwagen erscheint, schiebt dieser gerade sein Tablett beiseite und wischt sich seufzend den Mund ab.

„Oho! Wie ich sehe, isst du immer noch nicht vernünftig!“, tadelt Rory stirnrunzelnd. „Was soll ich bloß deinem Vater sagen? Ich dachte, du hättest dich gebessert.“

„Keine Sorge, Sie brauchen Hizuri-san überhaupt nichts sagen.“, beruhigt Yukihito ihn lächelnd. „Normalerweise isst er alles auf; jedenfalls wenn Kyoko-chan ihn bekocht.“ Lachend zwinkert er mit einem Auge.

Rory grinst nur breit.

„Unterstehen Sie sich, meinem Vater zu stecken, dass Kyoko-chan überhaupt kochen kann!“, droht Ren ihm mit einem wahren Dämonenblick.

„Wieso das denn nicht?“, will der LME-Chef verdutzt wissen.

„Weil ich nicht will, dass sie sich den ganzen Tag für diesen Vielfraß abschuftet, wenn er sie trifft.“, kommt es grimmig zurück.

„Ach was, du willst sie bloß nicht mit ihm teilen!“, schmunzelt Rory unbeeindruckt.

„Ich will nur nicht, dass sie sich während der Dreharbeiten unnötig überarbeitet.“, kontert Ren unwirsch.

„Apropos Dreharbeiten“, lenkt Rory geschickt das Thema in eine andere Richtung. „Kurozaki-san ist ja ganz begeistert von seinen beiden Hauptdarstellern. Besonders von Kyoko-chan ist er total angetan. – Er meinte, ihr beide würdet das Team enorm motivieren; er hätte jedenfalls noch nie so reibungslose und konzentrierte Dreharbeiten erlebt.“

Ein wenig verlegen zuckt Ren mit den Schultern. „Möglich. – Es macht unheimlich viel Spaß, mit Kyoko-chan zu arbeiten. Und die Crew ist auch ziemlich gut, jedenfalls zum größten Teil. Da geht die Arbeit eben leichter von der Hand als sonst.“

„Das freut mich zu hören; immerhin soll dieser Film ja Kyoko-chans endgültiger Durchbruch werden. Und wie es aussieht, geht mein Plan dabei noch besser auf als gedacht. – Das wird es uns erleichtern, den Leuten eure Beziehung schmackhaft zu machen. – Apropos: Ich denke, wir sollten langsam dazu übergehen, euch mehr gemeinsame Termine in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Ich dachte da an Veranstaltungen, die halb offiziell, halb privat wirken. Ich hab ein paar zusammengestellt, die dafür in Frage kämen; ich gebe sie später Yashiro-san, dann könnt ihr euch was aussuchen, das in eure Terminpläne passt. Wir werden euer Verhalten dort dann noch en détail besprechen. – Ich möchte auch, dass ihr in Zukunft Gerüchte, die eure Beziehung betreffen, nicht mehr kommentiert. Ich habe mit Kurozaki-san darüber besprochen, dass wir bei Bedarf sogar gezielt harmlosere Gerüchte streuen sollten. Die Leute können es dann durchaus auch so interpretieren, dass das Ganze reine PR für ‚Crazy Alliance’ sein soll. Als Nebenprodukt bekommen wir dann sozusagen eine Art ‚Marktanalyse’. Du verstehst schon...“

„Na gut.“, seufzt Ren. „Ich werde mit Kyoko-chan darüber sprechen. Allerdings kann ich nicht versprechen, dass sie das genauso sieht.“

„Ich weiß nicht so genau“, mischt sich Yukihito nachdenklich ein. „aber ich denke, Takarada-san hat Recht. Dieses Versteckspiel wird euch auf Dauer zu viel Energie kosten. Je eher ihr in der Öffentlichkeit reinen Tisch macht, desto besser. Für euch persönlich ... und auch für eure Arbeit. – Finde ich jedenfalls.“

„Kann sein.“, gibt Ren ein wenig widerwillig zu. „Ich lass mir das durch den Kopf gehen. Aber ich kann so was auf keinen Fall über Kyoko hinweg entscheiden.“

„Hmm, wo wir gerade von Kyoko-chan reden.“, wendet sich Yukihito an Rory. „Das sind doch sicher nicht die Neuigkeiten, die Sie vorhin angedeutet haben, Takarada-san.“

„Nein.“, antwortet der LME-Chef grinsend. „Ich wollte berichten, wie die Begegnung mit Kyoko-chans Großvater verlaufen ist. Er ist es wohl tatsächlich.“

„Oh, wow, Sie haben ihn schon getroffen?“, hakt Yukihito überrascht nach.

„In welchem Kostüm?“, fragt Ren trocken.

„Oh, nichts Besonderes“, antwortet Rory grinsend., „nur meine Dragoner-Uniform.“

„Wie hat er darauf reagiert?“, will Ren seufzend wissen.

„Oh“, gibt Rory lächelnd zurück, „gelassen und ziemlich humorvoll; offensichtlich hatte ihn bereits jemand vorgewarnt – Er selbst kam übrigens in einem klassischen Kimono. ...sehr kleidsam, steht ihm wirklich ausgezeichnet. – Ich fand es angemessen, dass wir uns vorerst auf neutralem Grund treffen, daher hatte ich ihn in ein nobles, französisches Restaurant eingeladen.“

Ren hält sich ächzend die Stirn mit der Hand. „Wollten Sie ihn nur beeindrucken oder haben Sie auch noch seine Tischmanieren getestet?“

Rory grinst nur breit, in seinen Augen ein ziemlich selbstzufriedenes Glitzern.

Dem jungen Schauspieler reicht das schon als Antwort; seufzend schüttelt er den Kopf. „Sie sind unmöglich.“, murmelt er.

„Nun, nach der Sache mit Saena-san kann man kaum von mir erwarten, dass ich dem alten Herrn auch nur Kleinigkeiten über Kyoko-chan offenbare, ohne ihn zuvor eingehend auf Herz und Nieren zu prüfen. – Genau das hab ich ihm auch gleich zu Anfang gesagt – natürlich ohne Details über die Sache zu erzählen - ... und überraschenderweise hatte er dafür vollstes Verständnis.“

Ren hebt nur interessiert den Augenbrauen, während sein Betreuer - unübersehbar neugierig - versucht, näher zu rücken, ... was in dem vergleichsweise engen Wohnwagen praktisch unmöglich ist.

„Während der gesamten Vorspeise haben wir dann zunächst über ziemlich belangloses Zeug gesprochen; ich denke, er wollte mich genauso sondieren wie ich ihn ... und ich muss sagen, dass wir uns auf Anhieb recht gut verstanden haben. Er ist zwar in seinen Ansichten etwas konservativ, aber durchaus aufgeschlossen und tolerant. Und ich hatte den Eindruck, dass er grundsätzlich ein großzügiger Mensch ist, ... allerdings kann er es auf den Tod nicht ausstehen, ausgenutzt zu werden. Und ich denke, dass er bei aller Großzügigkeit und Toleranz ein ausgesprochen harter Verhandlungspartner ist. – Nun, das war allerdings auch zu erwarten, nach allem, was ich über ihn im Vorfeld erfahren hatte.“

„Und das wäre?“, will Ren mürrisch wissen.

„Hatte ich euch das noch gar nicht erzählt?“, fragt der LME-Chef verdutzt.

„Nein“, gibt Ren mit einer leisen Spur von Sarkasmus zurück, „Monsieur haben noch nicht geruht, uns niederes Volk mit Einzelheiten wie z.B. dem vollen Namen des Herrn zu überfordern.“

„Entschuldige, ich dachte wirklich, ich hätte... Na, egal. Ryuichi Hawatari ist sozusagen ein Unternehmer alter Schule; hat lange das Familienunternehmen geleitet – oder sollte ich besser sagen, die Familienunternehmen?“ Wieder breitet sich ein Grinsen in seinem Gesicht aus.

„Moment mal!“, unterbricht ihn Yukihito aufgeregt, „ Der Hawatari, dem die Union Electric Ltd. gehört.“

„Gehört hat .“, berichtigt Ren ein wenig erstaunt. „Er hat sämtliche Unternehmen vor 2 Jahren sehr gewinnbringend verkauft. Es hieß, er wolle sich zur Ruhe setzen und hätte keinen Nachfolger, der die Firmen in seinem Sinne weiter führen könne.“

„Richtig.“, bestätigt Rory ernst. „Der alte Herr ist Anfang 70 und stinkreich, wenn ich das so sagen darf. Darum können wir auch davon ausgehen, dass er zumindest kein finanzielles Interesse an Kyoko-chan hat. Und meiner Einschätzung nach ist er auch nicht wegen ihrer rasant steigenden Popularität an ihr interessiert.“

„Aber wieso hat er sich nicht schon früher bei ihr gemeldet?“, fragt Yukihito nachdenklich. „Ich meine, es wäre doch sicher kein Problem für ihn gewesen, Kyoko-chans Adresse herauszubekommen; ... na ja, jedenfalls bevor sie zu Ren-san umgezogen ist...“

„Hmm“, überlegt Rory, „das ist eine längere Geschichte; und ich glaube, ich fange damit besser ganz von vorn an. – Apropos“, wendet er sich grinsend an Ren, „wenn Ihr beide jemals darüber nachdenken solltet, Kyoko-chans Lebensgeschichte verfilmen zu lassen, dann möchte ich bitte ein Vorkaufsrecht dafür.“

„Vergessen Sie’s!“, knurrt Ren ungeduldig. „Und tun Sie uns allen den Gefallen, endlich mal auf den Punkt zu kommen.“

Für einen Moment wirkt der Agenturchef ein wenig beleidigt, doch nur einen Augenblick später holt er tief Luft und beginnt endlich zu erzählen.

„Okay. Kyoko-chans leiblicher Vater ist – oder besser war – Ryuichi Hawataris einziger Sohn Kyouya. Er war eine Zeit lang mit Saena Mogami liiert, doch Ryuichi Hawatari war von Anfang an misstrauisch wegen ihr und hat ihr nachspionieren lassen. So hat es nicht lange gedauert, bis er dahinter gekommen ist, dass die Dame lediglich am Geld und gesellschaftlichen Status seines Sohnes interessiert war und nicht an ihm selbst. Im Übrigen hat er sie schon von Beginn an verdächtigt, seinen Sohn zu betrügen, auch wenn er es ihr nie eindeutig nachweisen konnte. Darum war er auch alles andere als sicher, dass Kyoko-chan wirklich die Tochter seines Sohnes ist. Man kann sich vorstellen, wie enttäuscht Kyouya war, als er davon erfahren hat. Er hat Saena-san daraufhin zur Rede gestellt, allerdings hat das wohl in einer reichlich unschönen Szene geendet, die letztlich dazu geführt hat, dass die beiden sich kurz darauf getrennt haben. Natürlich nicht ohne eine finanzielle Abfindung für Saena-san und eine Vereinbarung über Alimente, die Kyouya für das Kind zahlen würde, sobald es auf der Welt wäre.“

„Lassen Sie mich raten: Als Kyoko-chan geboren war, hat sie weitere Forderungen gestellt.“, stöhnt Yukihito prophetisch.

„Natürlich.“, bestätigt Rory ernst. „Mit der Begründung, dass die Familie ja sowieso keinen Kontakt mehr zu ihr wünsche, wollte sie eine höhere Abfindung statt regelmäßiger Alimente. Hawatari-san ging letztlich darauf ein, aber – wie nicht anders zu erwarten, tauchte Saena-san nach drei Jahren erneut bei ihm auf und stellte, nachdem sie zunächst vergeblich versucht hatte, Kyouya wieder für sich zu gewinnen, neue Forderungen und drohte, ansonsten einen Skandal zu verursachen. – Eigentlich hatte Kyouya Hawatari daraufhin vor, das Kind von Saena wegzuholen und bei sich aufzunehmen, da diese ganz offensichtlich weder in der Lage war, das Kind angemessen zu erziehen noch mit Geld vernünftig umzugehen. Doch sein Vater intervenierte vehement, weil er – wie durchaus auch sein Sohn – schwere Bedenken hatte, ob das Kind überhaupt sein leibliches wäre und er außerdem befürchtete, dass Kyoko-chan zu viele Charaktereigenschaften von ihrer Mutter geerbt haben könnte. Zudem wäre das Adoptieren des Kindes ja einem öffentlichen Schuldeingeständnis gleichgekommen ... zumal Saena-san sich beharrlich weigerte, einen DNA-Test machen zu lassen, solange das Kind in ihrer Obhut war. Außerdem hat sie immer zu verhindern gewusst, dass die Beiden Kyoko-chan zu sehen bekommen. Nu ein einziges Mal hat Kyouya sie aus der Entfernung zu Gesicht bekommen.

Der alte Herr bereut heute zutiefst, dass er Kyoko-chan damals dieser unverantwortlichen Frau überlassen hat ... und hat ein ziemlich schlechtes Gewissen ihr gegenüber.

Jedenfalls starb sein Sohn vor zehn Jahren bei einem Autounfall, ohne je wieder eine ernsthafte Beziehung eingegangen zu sein ... oder einen Erben zu hinterlassen. - Hawatari-san hat sein Tod ziemlich mitgenommen, sodass er einige Zeit versäumt hat, in Sachen Saena Mogami auf dem Laufenden zu bleiben ... und so hat er schließlich ihre Spur verloren.“

„Und was hat ihn schließlich doch darauf gebracht, dass Kyoko-chan sein leibliches Enkelkind ist?“, fragt Yukihito neugierig. „Denn das ist es doch, was er denkt, oder?“

„Richtig.“, meint Rory und grinst leise in sich hinein. „Ihr werdet es nicht glauben, aber er hat Kyoko-chan bei ‚Dark Moon’ und den dazugehörigen Talkshows gesehen und war sich sofort sicher. Er meinte, sie sieht ihrem Vater so dermaßen ähnlich, dass es gar keinen Zweifel gäbe. Selbst ihre Gestik erinnert in vielem an ihren Vater. – Hawatari-san hat trotzdem lange überlegt, ob er nach all der Zeit noch Kontakt zu Kyoko-chan aufnehmen soll, zumal er ja damit rechnen musste, wieder mit Saena-san verhandeln zu müssen. Also hat er zunächst einige Detektive engagiert und sich schließlich entschlossen, zuerst mit mir in Kontakt zu treten.“ Sein Grinsen wird ein wenig breiter. „Die Sache zwischen ihr und Ren-kun ist ihm trotz all seiner Recherchen übrigens vollkommen unbekannt. – Ich hab ihm davon auch noch nichts gesagt, ich habe nur angedeutet, dass Kyoko-chan die Bande zu ihrer Mutter ein für alle Mal gekappt hat, und dass das Ganze rechtlich abgesichert ist. Vermutlich geht er davon aus, dass ich das Sorgerecht für sie habe. Ich habe ihm auch ein wenig von Saena-sans Verhalten neulich erzählt, wenn auch mehr in Andeutungen, worauf er meinte, dass das ganz typisch für sie sei; ganz ähnlich sei es damals bei ihm und seinem Sohn auch abgelaufen. – Ich habe ihm vor allem deshalb ein wenig davon erzählt, weil ich ihm deutlich machen wollte, dass es vermutlich nicht so einfach sein wird, Kyoko-chan zu einem Treffen zu bewegen, denn immerhin ist die letzte Begegnung mit ihrer Familie noch nicht lange her ... und diese Sache hat sie doch sehr mitgenommen.“

„Sie hatten also alles in allem einen positiven Eindruck von dem alten Herrn, Takarada-san?“, hakt Ren gedankenverloren nach.

„Ja, absolut.“, gibt Rory ernst zurück. „Und wenn du mich fragst, würde ich Kyoko-chan zweifellos dazu raten, ihren Großvater zu treffen und ihn kennen zu lernen. – Bisher kennt sie mit ihrer Mutter sozusagen nur die negative Seite ihrer Familie... und das dürfte sich durchaus auch auf ihr Selbstbild auswirken. – So wie es aussieht, hat sie jedoch weit mehr Eigenschaften von ihrem Vater geerbt als von ihrer Mutter. Ich meine, es täte ihr gut, die andere Seite ihrer Herkunft kennen zu lernen, auch wenn ihr leiblicher Vater leider nicht mehr lebt.“

„Na gut“, seufzt Ren, „ich werde mit ihr reden; allerdings kann ich nicht sagen, wann. Sie hat gerade erst die Fronten mit Sho Fuwa geklärt; ich kann im Moment noch nicht einschätzen, wie sie eine weitere Konfrontation verkraften würde. ...auch wenn es heute Morgen eigentlich ganz gut aussah.“

„Lass dir ruhig Zeit.“, findet Rory. „Hawatari-san ist ein ausgesprochen rüstiger Mann... und er ist durchaus bereit, geduldig auf eine Antwort zu warten; so hat er sich jedenfalls ausgedrückt. - Und ich persönlich meine, auch Kyoko-chan sollte sich in aller Ruhe überlegen, ob und wie sie ihrem Großvater begegnen möchte. Das ist keine Entscheidung, die man einfach übers Knie brechen sollte.“

„Gut, dann gebe ich Ihnen Bescheid, wenn sie sich entschieden hat.“, meint Ren.

„Na, prima, dann hätten wir das ja vorerst erledigt.“ Fröhlich reibt der LME-Chef sich die Hände. „Dann kann ich ja zum vergnüglichen Teil übergehen.“

Sowohl Ren als auch sein Manager sehen Rory fragend an ... und wer ganz genau hinsieht, kann zumindest bei Yukihito einen leichten Anflug von Entsetzen in den Augen beobachten.

„Ich schau mich noch ein wenig am Set um.“, beantwortet Rory die ungestellte Frage. „Außerdem würde ich gern mit Jason Choi sprechen. Der Mann ist eine absolute Legende! Mal sehen, vielleicht schaue ich euch nachher auch noch ein bisschen bei der Arbeit zu; ich muss es doch ausnutzen, wenn ich mal einen Nachmittag frei habe...“

Yukihito kann gerade noch ein Stöhnen unterdrücken, während Ren lediglich ein routiniertes Gentleman-Lächeln auf seine Lippen zaubert...
 

„Kamio-san?“, flüstert Erika Koenji ins Handy, während sie sich – in einen dicken Pelzmantel eingekuschelt – in eine ruhige, halbdunkle Ecke auf dem abgesperrten Set-Gelände zurückzieht. „Ja, natürlich. - - - Ich weiß nicht. Takarada-san ist unerwartet am Set aufgetaucht. – Ich weiß nicht, ob wir die Sache nicht besser abblasen sollten. - - - Nein, soweit ich gesehen habe, ist er allein gekommen. - - - Meinen Sie? - - - Okay. - - - Ja, ja, nicht mehr als drei Tropfen. Schon verstanden.“ Nervös schaut sie aus ihrer Ecke heraus und blickt sich um. „Warten Sie einen Augenblick, ich glaube, da kommt jemand.“, flüstert sie und dreht sich langsam herum, das Telefon sorgfältig in den üppigen Mantelfalten verborgen.

„Hallo.“, sagt ein Crew-Mitglied im Vorübergehen. „Schon fertig mit dem Mittagessen?“

„Äh, ... ja, ... natürlich, Saroshi-san. Sie nicht?“, stammelt das Mädchen übertrieben höflich

„Nein, ich hatte bisher noch gar keine Zeit. Bis später.“

„Ja, bis später. – Oh, guten Appetit.“, wünscht Erika noch.

„Danke.“ Kopfschüttelnd sucht der junge Mann das Weite und wundert sich, dass diese Set-Zicke auf einmal so überaus umgänglich zu sein scheint...

„Als ob ich diesen billigen Kantinenfraß hier runter bringen würde!“, schimpft Erika verächtlich, als der junge Mann außer Hörweite ist. Langsam schiebt sie sich wieder in das Halbdunkel der winzigen Gasse und nimmt das Telefon wieder ans Ohr.

„Bin wieder da. - - - Nein, nur jemand auf dem Weg zum Catering-Zelt. - - - Ich hoffe, ich komme überhaupt rein. - - - Nein, keine Sorge, ich werde mein Bestes geben. - - - Hm, nein, ich denke, es ist sowieso so viel Trubel hier, dass ich das unbemerkt hinkriege. - - - Nein, die ist mit ihrer Managerin und dieser unsagbar unbegabten Kotonami unterwegs; sie wollen in der Stadt essen. - - - Ja, ich werde auf die Dosierung achten; es wäre tatsächlich nicht gut, wenn jemand auch nur einen Verdacht hätte. Schließlich soll es aussehen, als sei es ihr eigener Fehler. - - - Ja, mach ich. - - - Ich rufe Sie an. Bis später.“

Zufrieden schiebt sie ihr exklusives Designerhandy in die Manteltasche und macht sich, ein beinahe schon diabolisches Grinsen im Gesicht, auf, ihre selbst gewählte Mission zu erfüllen.

In die Knie gezwungen

Himmel, jetzt hab ich euch aber wirklich lange schmoren lassen müssen! Erst lief mein Gehirn krankheitsbedingt wochenlang nur auf Notstrom und dann fand ich es unglaublich schwierig, wieder ins kreative Schreiben reinzukommen. *seufz*

Hm, aber ich finde, dass dieses Kapitel trotz der außerordentlich schweren Geburt doch noch ganz gut geworden ist. (Ich hab echt noch nie so lange für ein einziges Kapitel gebraucht ... und ich hoffe inständig, dass sich das auch nicht wiederholen wird...)

So, aber jetzt rein ins Vergnügen! Viel Spaß beim Lesen. ☺
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Bin wieder da. - - - Nein, nur jemand auf dem Weg zum Catering-Zelt. - - - Ich hoffe, ich komme überhaupt rein. - - - Nein, keine Sorge, ich werde mein Bestes geben. - - - Hm, nein, ich denke, es ist sowieso so viel Trubel hier, dass ich das unbemerkt hinkriege. - - - Nein, die ist mit ihrer Managerin und dieser unsagbar unbegabten Kotonami unterwegs; sie wollen in der Stadt essen. - - - Ja, ich werde auf die Dosierung achten; es wäre tatsächlich nicht gut, wenn jemand auch nur einen Verdacht hätte. Schließlich soll es aussehen, als sei es ihr eigener Fehler. - - - Ja, mach ich. - - - Ich rufe Sie an. Bis später.“

Zufrieden schiebt sie ihr exklusives Designerhandy in die Manteltasche und macht sich, ein beinahe schon diabolisches Grinsen im Gesicht, auf, ihre selbst gewählte Mission zu erfüllen.

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In die Knie gezwungen
 

„Wollen Sie zu Mogami-san, Koenji-san?“, fragt die in einen warmen Parker gehüllte Tonassistentin ihr Gegenüber freundlich aus einer fellbestückten und schalumwickelten Kapuze heraus. Kleine Nebelwölkchen steigen weiß und flockig von ihren Lippen auf.

„Ja, eigentlich schon“, antwortet Erika nervös und überlegt sich fieberhaft eine Ausrede, warum sie gerade an der Tür von Kyokos Garderobenwagen hantiert hat, „ich ... eh ... wollte ihr etwas zurückbringen, das sie heute Morgen bei mir vergessen hat. – Aber ... sie scheint gar nicht da zu sein.“

Einen Moment lang ist die junge Frau irritiert, dann erklärt sie freundlich: „Mogami-san wird erst in etwa einer Stunde wieder zurück sein. Tut mir Leid, soll ich es ihr nachher geben?“

„Nein, nein“, winkt Erika ein wenig zu schnell ab, „ich gebe es ihr lieber persönlich. – Ich versuche es einfach später noch mal.“ Nervös lächelt sie die Tonassistentin an. „Aber Danke für Ihr Angebot.“

„Keine Ursache.“, meint die junge Frau höflich, runzelt jedoch kaum merklich die Stirn, während sie Erika verwundert mustert.

Erika hingegen zuckt kurz die Schultern und tritt dann zögerlich den Rückzug an. Kaum ist sie außer Sichtweite der Tonassistentin, dreht sie sich herum, um – nachdem sie sich sorgfältig nach allen Seiten umgesehen hat – vorsichtig um die Ecke zu spähen.

Dummerweise unterhält sich die junge Frau nun mit einigen Kollegen etwas seitlich vom Garderobenwagens, sodass Erika nun unmöglich ungesehen den so mühsam stibitzen Zweitschlüssel benutzen und einfach zur Garderobentür hineinspazieren kann.

Leise fluchend skandieren ihre Augen die Umgebung und finden schließlich ein geeignetes Versteck, wo sie ihren Pelzmantel ablegt, ihn sorgfältig zusammenlegt und ihn dann auf einem vergleichsweise sauberen Stapel Holzlatten platziert.

„Bleib ja da liegen!“, befielt sie dem Mantel leise, während sie sanft mit den Fingern über das Fell streicht. Dann macht sie sich erneut auf den Weg, diesmal die Deckung diverser Kisten, Metallgestänge und Stapel nutzend, um unbeobachtet zu Kyokos Garderobenwagen zu kommen. Als sie schließlich hinter dem Wagen angekommen ist, flucht sie erneut.

„Verflixt! Wie komm ich da hoch? Ich bin doch kein verdammter Affe!“ Fieberhaft sucht sie nach etwas, das sie als Stufe hinauf zum rückwärtigen Fenster des Wagens benutzen kann. Als sie nach einigen Minuten endlich eine Kiste gefunden hat, die sie auch selbst an die gewünschte Stelle schleppen kann, ist sie schweißnass und zittert gleichzeitig vor Kälte.

„Das wird mir diese kleine Schlampe büßen!“, zischt sie leise zwischen ihren klappernden Zähnen hervor, während sie versucht, das Fenster zu öffnen. Glücklicherweise ist es nicht besonders schwierig, den einfachen Plastikriegel zu überwinden, der das Fenster von innen verschlossen hält. Mithilfe einer ihrer Qualitäts-Haarnadeln bricht sie ein kleines Stück davon ab und kann dann mit einer sanft drehenden Bewegung den Riegel beiseite schieben.

Erleichtert atmet das Mädchen auf und zwängt sich auch gleich durch sie schmale Öffnung ins Innere des Wagens. Es dauert keine Minute, dann hat sie gefunden, was sie sucht.

Vorsichtig löst sie die vorderste Wasserflasche aus der Plastikfolie des bereits angebrochenen Sechserpacks und versucht, das Etikett sachte ein wenig nach unten zu schieben. Zufrieden grinsend holt sie nun eine Spritze aus der Hosentasche, nimmt die Kappe von deren Spitze und greift erneut nach der Flasche. Mit einer Hand schiebt sie das Etikett nach unten, setzt mit der anderen die Spritze an und sticht sie mit einiger Mühe durch die Wand der Flasche. Irritiert hält sie inne.

„Verflixt! Waren das jetzt drei Tropfen pro Glas oder pro Liter? – Argh, verdammt!“ Vergeblich versucht sie, sich zu erinnern und zuckt schließlich kopfschüttelnd die Achseln. „Ach, was soll’s, ich probier irgendwas dazwischen...“

Entschlossen lässt sie etwas von der farblosen Flüssigkeit aus der Spritze in die Flasche laufen.

„Upps, ob das zu viel war?“, entfährt es ihr ein wenig erschrocken, doch gleich darauf huscht ein leicht gehässiges Grinsen über ihr Gesicht. „Ach, wird schon nicht so schlimm sein.“, beruhigt sie sich gut gelaunt. „Außerdem wird sie sowieso nicht dazu kommen, die ganze Flasche zu trinken.“

Vorsichtig zieht sie die Nadel wieder heraus, bedeckt sie sorgsam mit der Kappe und steckt sie zurück in die Hosentasche. Dann nimmt sie einen Streifen Kaugummi aus der anderen Tasche, wickelt ihn aus der Folie, bricht ein kleines Stück davon ab und steckt es mit leicht angewidertem Gesichtsausdruck in den Mund, um für einige Momente gewissenhaft darauf herumzukauen. Als sie schließlich der Ansicht ist, es sei genug, nimmt sie die Kaugummimasse wieder aus dem Mund und klebt sie sorgfältig auf das Loch, das sie mit der Spritze gestochen hat und schiebt dann das Etikett der Flasche ordentlich wieder an seinen Platz. Noch einmal streicht sie es glatt, dann stellt sie die Flasche vorsichtig wieder zurück in die Folie zu den anderen. Zufrieden stellt sie fest, dass sie keine sichtbaren Spuren hinterlassen hat, dann macht sie sich leise seufzend auf den Rückweg.
 

„Mann, das wird ein langer Nachmittag; die Stuntsequenzen haben’s echt in sich. – Ich bin bloß froh, dass wir das meiste in kurzen Takes machen können.“, ächzt Kanae in Kyokos Richtung, während sie sich bereits jetzt den Muskelkater vorstellt, den sie vermutlich schon am Abend haben wird.

Kyoko zuckt grinsend die Schultern. „Ach, weißt du, langsam finde ich diese Stunt-Nachmittage richtig lustig; besonders wenn so viele Leute mitspielen.“

Einen langen Moment schaut ihre Freundin sie entgeistert an, dann schüttelt sie resignierend den Kopf. „Deine Kondition ist ja mittlerweile auch – im Gegensatz zu meiner – schon geradezu übermenschlich.“, behauptet sie dann schnaubend.

„Na ja“, gibt Kyoko grinsend zurück, „irgendwann musste es sich doch mal auszahlen, dass ein gewisser Jemand mich seit Monaten täglich erbarmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste auf sportliche Höchstleistungen drillt.“

„Wer drillt hier wen ohne Rücksicht auf Verluste?“, ertönt es plötzlich fragend hinter ihr.

Kyokos Grinsen wird ein wenig breiter, während Yukihito ihr hinter Rens Rücken amüsiert zuzwinkert. „Du natürlich, Mister Meine-Arbeit-sollte-so-perfekt-wie-möglich-sein.“

In Ren Tsurugas Gesicht breitet sich ein schräges Grinsen aus. „Tja, Streber-san, es scheint sich ja ganz gut mit deiner eigenen Einstellung zu vertragen. – Wie war das noch? – Wer im Glashaus sitzt...“

„...sollte nicht mit Steinen werfen.“, ergänzt Kanae ein wenig säuerlich. „Sag mal, könnt ihr mal damit aufhören? Stattdessen solltet ihr lieber die Choreographie noch mal kurz mit mir durchgehen ... wenn ich hier schon zwei solche Überflieger von Schauspielern zur Verfügung hab...“

„Aber wir sind die doch schon beim Mittagessen durchgegangen.“, stellt Kyoko verdutzt fest, wird jedoch von ihrer besten Freundin unterbrochen, bevor sie sich weiter wundern kann.“

„Ja, aber nur ‚trocken’; schließlich konnten wir ja schlecht das ganze Restaurant dabei auseinander nehmen...“

Ren bricht bei dieser Vorstellung unwillkürlich in Gelächter aus ... und auch die beiden Betreuer, die dicht hinter ihnen laufen, können kaum an sich halten.

„Na, das wär was gewesen!“, gluckst Rina.

„Hört auf zu lachen!“, fordert Kanae schlecht gelaunt ... obwohl sie insgeheim auch grinsen muss. „Ich bin halt nervös, weil ich Schwierigkeiten hab mit dem Übergang vom Stab-Kampf zu dem Treppensturz. Auch wenn dazwischen ein Kamerawechsel und ein Schnitt liegen... Ich muss vorher bzw. nachher schließlich die Übergänge mitspielen.“

„Na ja, aber eigentlich wäre es doch sinnvoller, wenn du das mit Koenji-san und Sho-san üben würdest. Kyoko-san spielt die Szene zwar auch mit, aber sie steht dabei doch weiter von dir weg...“, mischt sich Rina ein.

„Mit Erika will ich so wenig wie möglich spielen, die nervt doch eh nur. Und außerdem kennen unsere beiden Streber doch sowieso die Choreographie von allen , ... wie ich sie so kenne.“

Kyoko ist ein wenig rot geworden. „Na ja, wenn es dir hilft, tun wir das natürlich.“, sagt sie mit einem entschuldigenden Lächeln.

„Hast du ein spezielles Problem dabei?“, hakt Ren nach.

„Hm“, antwortet Kanae leicht verlegen, „ich hab hauptsächlich einen Riesenbammel vor dem Treppensturz. – Ich meine... Es klappt schon, aber ich muss mich davor eigentlich jedes Mal intensiv darauf konzentrieren ... und deswegen verhau ich dann oft den Übergang von der Szene davor.“

„Ach, mach dir keine Sorgen“, beruhigt sie Ren lächelnd, „konzentrier dich lieber auf den Sturz; wenn der Übergang nicht ganz stimmt, kann man an dieser Stelle auch noch ganz gut einen Zwischenschnitt machen. – Es wird also alles nur halb so schlimm.“

„Ich weiß nicht...“ Kanae zuckt wenig überzeugt die Schultern. „Ich würde es vorziehen, alles richtig zu machen. Außerdem hat Erika dann einen Grund weniger zu lästern. – Ich hasse es, mit ihr in derselben Szene zu spielen...“ Urplötzlich bleibt sie stehen und ächzt laut auf. „Och Menno! Jetzt hab ich doch glatt vergessen, was zu Trinken mitzunehmen!“

„Du kannst gerne was von mir abhaben.“, schlägt Kyoko vor. „Rina hat eine große Flasche für mich mitgenommen; dabei sollte ich heute eigentlich nicht zu viel trinken. Ich hab doch den Sprung von oben übers Treppengeländer. Da sollte meine Blase besser nicht so voll sein...

Es sei denn, du magst kein stilles Wasser.“

„Nein, nein, das stört mich nicht. – Na gut, dann muss ich jetzt nicht noch mal zurück; es ist ohnehin schon spät genug.“
 

„Ist alles in Ordnung?“, fragt Kyoko in einer Pause zwischen zwei Takes. „Du wirkst irgendwie unkonzentriert.“

„Kann sein.“, antwortet ihre beste Freundin stirnrunzelnd. „Mir ist ein bisschen schlecht; vielleicht war etwas am Mittagessen nicht ganz in Ordnung. – Mist! Und das ausgerechnet jetzt, wo es mit Riesenschritten auf die Treppen-Szene zugeht.“

„Soll ich den Regisseur um eine Pause bitten, damit du dir beim Sanitäter schnell was holen kannst, um deinen Magen zu beruhigen?“, fragt Kyoko besorgt.

„Nein, nein, schon gut.“, winkt Kanae lächelnd ab. „Ist sicher nur eine kleine Magenverstimmung. Das kann auch bis zur nächsten größeren Pause warten. Ich hatte vorhin ohnehin schon genug NGs.“

„Hm“, meint Rina, die schon die ganze Zeit mit gerunzelter Stirn dem Gespräch lauscht, „vielleicht solltest du dann noch etwas trinken, das verdünnt den Mageninhalt ein bisschen.“

„Wenn du meinst...“ Kanae überlegt einen Moment. „Aber dann lass ich erst Kyoko-chan trinken. Ich glaub zwar nicht, dass ich was Ansteckendes hab – immerhin ging es mir vorhin ja noch blendend – aber falls doch...“ Sie reicht die Flasche, die ihr Rina bereits in die Hand gedrückt hat, an Kyoko weiter.

Achselzuckend nimmt diese ein paar kräftige Züge, gibt sie dann Kanae zurück und beobachtet lächelnd, wie ihre Freundin das Wasser ohne abzuwischen an den Mund setzt und auf einen Zug beinahe die halbe Flasche leert. >Ganz wie echte beste Freundinnen...<, schwärmt die junge Schauspielerin insgeheim mit leicht verklärtem Blick.

„Puh!“, seufzt Kanae auf, als sie fertig ist. „Eigentlich hast du Recht; ohne Kohlensäure ist es viel angenehmer zu trinken.“

„Na, Mädels, alles klar?“, fragt unvermittelt Sho Fuwa, während er mit Ren und Yukihito im Schlepptau auf sie zukommt. „Oder plant ihr die feindliche Übernahme der ganzen Stuntcrew? – Mann, Kanae-chan, du hast da ein paar Mal ganz kräftig daneben gelangt vorhin!“

„Daneben ist gut.“, frotzelt Ren grinsend. „Der arme Satoshi-san hat deine Faust voll in den Magen gekriegt.“

„Ja, tut mir leid.“, antwortet Kanae ein wenig geknickt. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist...“

„Sicher, dass alles in Ordnung ist?“, hakt Ren besorgt nach. „Ich kann mich irren, aber vorhin hatte ich den Eindruck, dass du ein bisschen mehr schwitzt als sonst.“

„Sie sagt, dass ihr nicht so gut ist.“, erklärt Kyoko ruhig.

„Soll ich...“, beginnt Sho, wird jedoch sofort von Kanae unterbrochen.

„Nein.“, sagt sie bestimmt. „Das hat doch erst vor zehn Minuten angefangen, es wird schon bis zur nächsten größeren Pause gehen. – Macht doch nicht aus einer Mücke einen Elefanten!“

„Aber ich finde, du solltest dann wirklich zum Sanitäter gehen.“, meint Sho ernst. „Und wenn’s nur zur Sicherheit ist.“

Kanaes leicht widerwilliges „Ja, okay“ geht in den beinahe ohrenbetäubenden Anweisungen des Regisseurs unter, der alle wieder auf ihre Plätze beordert.
 

„Okay, cut!“, ruft der Regisseur ein paar Minuten später entnervt. „Das hat wohl heute keinen Sinn. Wir machen hier einen Schnitt und drehen gleich die Szene unmittelbar vor dem Treppensturz.“ Streng blickt er zu Kanae hinüber, die jedoch so abwesend Löcher in die Luft starrt, dass sie es gar nicht mitzubekommen scheint. „Reißt euch gefälligst zusammen!“, brüllt er ... und sowohl Kanae als auch Kyoko zucken unwillkürlich zusammen. „Nach der Szene machen wir eine längere Pause, bis dahin kannst du dich ja wohl noch ein bisschen konzentrieren, Hinako ... oder sollte ich dich vorsichtshalber bei deinem richtigen Namen nennen, Kanae Kotonami? Damit es auch wirklich bei dir ankommt...“

Noch einmal zuckt die junge Schauspielerin zusammen und nickt dann abwesend und mit hochrotem Kopf.

„Und für Ran gilt das gleiche!“, setzt Kurozaki noch hinzu, während er seine Hauptdarstellerin mit einem finsteren Blick bedenkt.

„Jawohl!“, antwortet Kyoko beinahe schon automatisch, während ihr Gesicht in Sekundenbruchteilen die Farbe einer reifen Tomate annimmt. Ren steht stirnrunzelnd an ihrer Seite und ist drauf und dran einzuschreiten, doch das kaum merkliche Kopfschütteln und ein warnender Blick seiner jungen Frau halten ihn dann doch davon ab. Schulterzuckend begibt er sich auf seine Position. Kyoko hingegen seufzt leise auf, schließt kurz die Augen, um sich zu konzentrieren ... und gibt es unvermittelt wieder auf. Erneut seufzend und merkwürdig halbherzig strafft sie die Schultern und macht sich fertig zum Dreh.

Ren zieht die Stirn kraus und nach einem kurzen Kontrollblick hinüber zu Kanae, wechselt er einen alarmierten Blick mit Yukihito, der darauf ein wenig hilflos zu Rina geht, um leise irgendetwas in ihr Ohr zu flüstern.

Auch Rina scheint besorgt, doch bevor sie reagieren kann, gibt der Regisseur bereits das Zeichen zum Dreh.
 

Ran und Takeshi haben diesmal ein wenig Mühe, sich gegen ihre Gegner zur Wehr zu setzen. Offenbar sind es heute nicht nur einfache „Tonic“-Junkies, die ihre Ermittlungen vereiteln wollen, sondern erfahrene Yakuzas, die ihnen trotz der Verstärkung, die bereits eingetroffen ist, das Leben schwer machen. Rücken an Rücken verteidigen sie sich mit dünnen Eisenstangen auf der vergleichsweise engen Galerie einer leer stehenden Fabrikhalle, als Hinako mit 2 weiteren Mitarbeitern des Koancho ihnen zu Hilfe kommt. Es dauert einen seltsam langen Moment, bis die Yakuza begriffen haben, doch dann teilen sie sich auf einen Zuruf hin erstaunlich geordnet auf, um auch die neuen Gegner mit schnellen, wuchtigen Schlägen einzudecken. Irgendwie scheint das Auftauchen der Verstärkung ihren Kampfgeist noch anzustacheln, denn sie erhöhen die Anzahl und Heftigkeit ihrer Attacken um einiges und allem Anschein nach spüren sie auch Schmerzen noch weniger als zuvor.

Während Takeshi sich gerade konzentriert mit drei Angreifern beschäftigt, hat Ran einen ihrer Gegner schon schachmatt gesetzt und setzt bereits dazu an, auch den anderen endlich zu erwischen, da fälscht dieser den Schlag mit dem Unterarm ab, bekommt das eine Ende der Stange mit einer Hand zu fassen und schafft es schließlich, Ran die Waffe zu entreißen. Gerade noch rechtzeitig kann das Mädchen dem unmittelbar folgenden Schlag des Yakuza entwischen, indem sie geschickt unter ihm wegtaucht. Verschwitzt und heftig außer Atem sucht sie Takeshis Blick, der augenblicklich versteht und ihr seine Stahlkette zuwirft, während er selbst blitzschnell nach einem abgebrochenen Geländerteil schnappt, das sich in seiner Reichweite befindet.

Das eine Ende der Stahlkette trifft Ran beim Auffangen unglücklich am Ohr, das nun massiv blutet. Das Mädchen jedoch scheint es gar nicht zu bemerken und schaltet innerhalb weniger Sekunden ihren verdutzten Gegner aus.

Von unten schreit Yuichi Tanaka: „Beeilt euch da oben, hier kommen noch mehr von den Typen!“

Ran sucht darauf den Augenkontakt mit ihrer Backup-Offizierin und gibt ihr mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie Yuichi helfen soll. Sie selbst stürzt sich ohne weiteres Zögern auf die Yakuza, die bisher Hinako belagert haben.
 

„Okay, Cut!“, ruft Kurozaki. Er scheint halbwegs zufrieden zu sein. „Und jetzt zum Treppensturz. Hast du alle notwendigen Protektoren an, Hinako?“

Japsend bestätigt Kanae. Sie scheint reichlich erschöpft, doch Kurozaki wendet sich bereits stirnrunzelnd seiner Hauptdarstellerin zu.

„Alles in Ordnung bei dir, Ran? Dein Ohr blutet.“, ruft er ihr zu.

Verwirrt greift sich Kyoko an beide Ohren und sieht dann höchst erstaunt das Blut an einer ihrer Hände. „Nein, nein“, antwortet sie verstört, „alles okay, es tut nicht mal weh.“

Beruhigt wendet sich der Regisseur wieder seiner Crew zu und gibt noch einige Anweisungen an die Kameraleute.

Ren hingegen ist nun erst recht alarmiert. Stirnrunzelnd geht er auf seine junge Frau zu und macht Anstalten, ihr das dünne Rinnsal Blut aus dem Gesicht zu wischen, doch Kyoko winkt müde ab.

„Nein lass.“, sagt sie beinahe tonlos. „Das ist doch dann unlogisch beim Schnitt, wenn da plötzlich kein Blut mehr ist.“

Widerwillig muss er ihr Recht geben und Kyoko lächelt ihn ein wenig abwesend an.

>Hier stimmt etwas ganz und gar nicht.<, fährt es ihm durch den Kopf, doch noch ehe er genauer darüber nachdenken kann, geht es schon weiter und alle werden auf ihre Plätze beordert.
 

Der Übergang zum letzten Take funktioniert noch einwandfrei und der Regisseur ist schon versucht, sich zufrieden die Hände zu reiben, darüber, dass sich alle noch ein Mal so zusammengerissen haben, doch dann überschlagen sich die Ereignisse.

Kanae setzt zum Sturz an und rollt sich über die ersten Stufen ab, doch dann verliert sie urplötzlich für alle sichtbar jegliche Köperspannung und fällt unkontrolliert die Treppe hinunter. Sho reagiert als Erster und rennt ohne nachzudenken treppauf und kann das Mädchen mit einiger Mühe noch erwischen, bevor sie unten ankommt. Dennoch hat sie sich den Kopf anscheinend übel angeschlagen und einige tiefe Katzer im Gesicht. Vorsichtig trägt Sho das bewusstlose Mädchen den Rest der Treppe hinunter und legt sie behutsam auf einer der dicken Matten ab, die eigentlich für Kyokos Sprung übers Geländer gedacht waren.

Alle Anwesenden sind schwer geschockt, selbst Erika scheint ein wenig erschrocken über den Ausgang dieses Stunts zu sein.

Kyoko hingegen scheint das Ganze nur wie durch einen Schleier wahrzunehmen. Blass und abwesend fragt sie Ren, was denn passiert sei und als er ihr in die Augen sieht, erkennt er sie beinahe nicht wieder, so sehr hat sich ihr Blick verändert.

„Was ist los mit dir?“, fragt er leise, deutliche Besorgnis in der Stimme.

„Ich weiß nicht...“, meint Kyoko verwirrt, „haben wir nicht grad noch gedreht?“ Fahrig greift sie sich ans blutende Ohr. „Oh“, sagt sie merkwürdig langsam, „ich blute ja...“ Mit glasigen Augen sucht sie Rens Blick. „War Kanae-chan nicht eben noch...“ Ohnmächtig sinkt sie zusammen und Ren kann sie gerade noch entsetzt auffangen und behutsam auf dem Boden ablegen.

Zu Rens unendlicher Erleichterung öffnet sie jedoch schon nach Sekunden wieder die Augen, schaut ihn mit wirrem Blick an und setzt sich mit einiger Mühe auf.

„Kannst du aufstehen?“, fragt er sie leise.

„Glaub schon.“, gibt sie tonlos zurück und macht sich auch sofort daran, sich schwankend am Geländer hochzuziehen.

Stirnrunzelnd und höchst alarmiert ruft Ren nach Rina, die auch nur Sekunden später bei ihnen ist.

„Sieh zu, dass du einen Sanitäter besorgst, ich bringe sie in den Garderobenwagen.“, sagt Ren bestimmt. „Vielleicht rufst du auch gleich einen Krankenwagen...“

„Was, um Himmels Willen...?“, beginnt Rina, hält jedoch unvermittelt inne, atmet tief ein und macht sich dann eilig auf den Weg. „Soll ich dem Regisseur Bescheid sagen?“, fragt sie noch im Gehen.

„Nein, beeil dich lieber.“, gibt Ren grimmig zurück. Eindringlich sieht er seiner jungen Frau in die verklärten Augen.

„War was?“, fragt sie verwirrt.

„Oh, Mann!“, stöhnt Ren leise auf. „Hör zu.“, sagt er so streng er kann. „Es geht dir nicht gut und ich werde dich jetzt in deine Garderobe tragen. Ich weiß, es fällt dir im Moment sehr schwer, dich zu konzentrieren, aber reiß dich noch ein wenig zusammen und sei einfach still, wenn ich dich jetzt da runter trage. Hast du gehört? Ich will kein Wort von dir hören.“

Kyoko schaut ihn mit derart unschuldigen Augen an, dass ihm beinahe die Knie weich werden vor lauter zärtlichen Gefühlen für sie. „Was immer du willst.“, flüstert sie lächelnd.

Vorsichtig nimmt er sie auf seine Arme und trägt sie – zur Überraschung der wenigen Crewmitglieder, die noch etwas anderes mitbekommen als die Aufregung um Kanae Kotonami – die Treppe hinunter.

Als er an der Menschenansammlung um Kanae herum vorbeikommt, prescht plötzlich Sho aus der aufgeregten Masse hervor und will wild gestikulierend wissen, was Ren mit Kyoko vorhat.

„Ich bringe sie in die Garderobe.“, stellt der junge Schauspieler kühl fest und mit einem Blick auf die immer noch bewusstlose Kanae fügt er hinzu: „Und dasselbe solltest du vielleicht mit Kanae-san machen. Was die beiden jetzt brauchen, ist Ruhe und medizinische Versorgung.“

Widerwillig muss Sho zustimmen und so tut er, wie ihm geheißen, auch wenn die Eifersucht ebenso unwillkürlich wie unwillkommen an ihm nagt, dass ausgerechnet Ren Tsuruga „seine“ Kyoko tragen darf.
 

Als sie ein paar Minuten später im Garderobenwagen ankommen, wartet Rina bereits mit dem Sanitäter dort. Behutsam werden die beiden Mädchen auf die Bänke gelegt, auch wenn Kyoko ein wenig halbherzig protestiert; ein strenger Blick von Ren bringt sie umgehend wieder zum Schweigen.

Ausführlich lässt der Sanitäter sich schildern, was in der letzten halben Stunde vorgefallen ist, dann untersucht er sie beiden Mädchen gründlich. Stirnrunzelnd blickt er schließlich in die Runde.

„Also“, beginnt er entgeistert, während er noch ein Mal tief Luft holt. „wenn wir hier in einer Disco oder einem Nachtclub wären, würde ich fest davon ausgehen, dass hier K.O.-Tropfen im Spiel sind.“

Entsetzt schnappen die Anwesenden nach Luft, auch Yukihito, der gerade erst den Garderobenwagen betreten hat.

„Ja, ich weiß, ich kann mir das auch nicht vorstellen.“, sagt der Sanitäter ernst. „Aber ich werde den Mädchen in jedem Fall Blut abnehmen, die Symptome passen einfach zu gut. Kann es vielleicht sein, dass sie dasselbe gegessen oder getrunken haben? Vielleicht haben sie auch etwas erwischt, das gar nicht für sie bestimmt war...“

Rina überlegt angestrengt. „Hm, sie haben zwar gegenseitig von ihren Tellern genascht, allerdings habe ich auch davon probiert. – Und mir geht es gut...“

„Haben Sie vielleicht die Getränke unbeaufsichtigt gelassen?“, hakt der Sanitäter nach.

„Nein, eigentlich... Außerdem haben die Beiden erst hier wieder etwas getrunken ... und die Wasserflasche kam frisch aus der Folie und war noch unversehrt.“ Bestätigend deutet sie auf den angebrochenen Sechserpack Literflaschen.

In Rens Hinterkopf kribbelt es mit einem Mal gewaltig und während er sich das Corpus Delicti genauer ansieht, zieht sich seine Stirn wie von selbst in immer tiefere Falten.

„War schon eine der Flaschen raus, als du die betreffende Flasche fürs Set genommen hast?“, fragt er nachdenklich.

„Ja, eine hatte ich schon heute Morgen mitgenommen.“ Rina überlegt einen Moment, dann ist ihr endlich klar, worauf er hin aus will. „Aber der Verschluss der Flasche war vollkommen intakt, das Siegel war nicht gebrochen.“, meint sie.

Ren ist noch nicht überzeugt. „Hast du die Flasche noch?“, will er wissen.

„Ja, natürlich.“, gibt Rina zurück und beginnt, in ihrer großen Tasche zu wühlen. „Warte mal- - Ja, hier ist sie.“ Mit fragendem Blick reicht sie ihm die Flasche.

Ren schenkt ihr weiter keine Beachtung, genauso wenig wie den anderen Anwesenden, die – sei es nun vor Spannung oder Entsetzen – kollektiv die Luft angehalten haben.

Sorgfältig untersucht Ren nun die Flasche und ächzt schließlich ein entsetztes „Oh, Gott“, bevor er entschlossen das Etikett herunter reißt und den anderen die mit Kaugummi verklebte Stelle offenbart.

„Aber wie...?!“, beginnt Rina verzweifelt. „Der Gardeobenwagen war immer abgeschlossen! Auch als wir aus der Mittagspause zurückgekommen sind, war abgeschlossen und nicht die geringste Veränderung im Wagen festzustellen. Und danach hab ich die Flasche in jedem Augenblick entweder am Körper oder im Blick gehabt.“

„Keiner macht dir einen Vorwurf, Rina-san.“, meint Ren ruhig.

„Aber es ist meine verdammte Aufgabe, auf so was zu achten!“, gibt Rina bestürzt zurück.

„Mach dir keine Vorwürfe.“, sagt Yukihito leise. „Mit so viel krimineller Energie war doch zumindest am Set nicht zu rechnen; das Gelände sollte eigentlich sicher genug abgesperrt sein.“

„...was dafür spricht, dass das hier jemand zu verantworten hat, der Zugang zum Set hat...“, überlegt Sho laut. „...ein Insider... – Und vieles spricht dafür, dass Kanae-chan nur aus Versehen was davon abgekriegt hat.“

„Tja, vor allem, wenn man bedenkt, dass Kanae-chan normalerweise Iso-Getränke mit Kohlensäure trinkt.“, fügt Rina nachdenklich hinzu, während unwillkürlich kalte Schauer über ihren Rücken laufen.

Stumm untersucht Ren die Fenster des Wagens und findet schließlich, wonach er gesucht hat.

„Hier am hinteren Fenster sind feine Kratzer um den Riegel herum und der Riegel ist auch nicht mehr ganz intakt.“, verkündet er düster. „Hier ist jemand eingebrochen.“ Langsam hebt er seine Hand, in der er allem Anschein nach ein einzelnes Haar hält. „Und dieser Jemand hat offenbar lange, blonde Locken.“

„Da fällt mir nur eine ein.“, stellt Sho finster fest.

„Wieso seid ihr denn alle hier?“, lallt es plötzlich aus Kyokos Richtung in die entsetzte Stille. „Gibt’s etwa was zu feiern? Is Koon auch da?“ Mühsam setzt sie sich auf ... was jedoch zur Folge hat, dass ihr von einem Moment zum nächsten alle Farbe aus dem Gesicht weicht und sie so in sich zusammensinkt, dass sie beinahe von der schmalen Bank fällt. Nur Rens schnelle Reaktion bewahrt sie vor dem unsanften Bodenkontakt. Sachte legt er sie wieder hin und nimmt besorgt wahr, wie unregelmäßig und schwer ihr Atem geworden ist.

„Sollten wir nicht besser einen Krankenwagen rufen?“, fragt er den Sanitäter.

Dieser schüttelt bedächtig den Kopf. „Nein, bei Mogami-san dürfte das überflüssig sein, solange ich ihren Blutdruck und ihre Atmung kontrollieren kann. Bei Kotonami-san bin ich mir nicht ganz so sicher, allerdings hat sich ihr Zustand in den letzten Minuten schon etwas stabilisiert. Wenn ich sie allerdings jetzt ins Krankenhaus einliefern lasse, dürfte es einen echten Skandal geben, ... insbesondere dann, wenn der bzw. die Schuldige daran wirklich die ist, an die wir gerade alle denken. Die Beiden werden so oder so spätestens in drei Stunden wieder vollkommen bei sich sein.“

Ren ist mittlerweile dazu übergegangen, ein wenig abwesend Kyokos Ohr zu säubern, das inzwischen aufgehört hat zu bluten. Sanft reibt er mit einem feuchten Tupfer darüber, während Kyoko leise kichernd unverständliches Zeug lallt.

Sho beobachtet sein Treiben, kurz vor dem Siedepunkt seiner Eifersucht, bringt es jedoch nicht fertig, Ren zu unterbrechen. Gern würde er ihn einfach von ihrer Seite wegschubsen, allerdings muss er eingestehen, dass der junge Schauspieler seine Sache ziemlich gut macht ... und obendrein Kyoko zu beruhigen schient. Also schluckt er die aufkeimende Wut hinunter und wendet sich stattdessen an den Sanitäter.

„Sie scheint vollkommen desorientiert.“, stellt er mit deutlich fragendem Blick fest.

„Ja“, bekommt er zur Antwort, „das ist ein typisches Anzeichen dafür, dass K.O.-Tropfen verwendet wurden. Wir können froh sein, dass es selbst bei Kotonami-san – die ganz offensichtlich eine größere Dosis erwischt hat – keine Krämpfe oder gar einen Atemstillstand gegeben hat. Allerdings werden sich höchstwahrscheinlich nachher beide an nichts erinnern können.“

Ren ist inzwischen fertig mit seiner Säuberungsaktion und sucht nun angestrengt nach einer neuen Aufgabe, die ihn unauffällig in Kyokos Nähe bleiben lässt, während seine junge Frau ihn ebenso benebelt wie euphorisch anlächelt und leise kichernd an seiner Jacke herumfummelt. Trotz seiner Besorgnis kann sich Ren ein zärtlich kopfschüttelndes Grinsen nicht ganz verkneifen.

Shos nach wie vor brodelnde Eifersucht scheint kurz vor dem Überkochen bei seinem Anblick und so zuckt der junge Sänger gehörig zusammen, als der Sanitäter ihn in seinen finsteren Gedankengängen unterbricht.

„Ich denke, die beiden jungen Damen brauchen jetzt vor allem Ruhe.“, meint er. „Vielleicht sollten die anwesenden Herren besser gehen, damit die Beiden in Ruhe ihren Rausch ausschlafen können. Kobayashi-san möchte ich bitten, mir ein wenig zur Hand zu gehen, aber es ist wirklich nicht nötig, dass Sie alle hier warten.“

Seufzend macht Ren Kyokos Hände von seiner Jacke los und lächelt sie liebevoll an. Eigentlich würde er sie jetzt am liebsten in die Arme nehmen und küssen, doch ein warnender Blick Yukihitos bringt ihn gerade noch rechtzeitig zur Vernunft. Verstohlen streicht er ihr noch ein Mal über den Arm und erhebt sich dann.

Sho hingegen ist nicht so leicht zum Gehen zu bewegen. „Sind Sie sicher, dass wir hier nichts tun können?“, fragt er in einer Mischung aus Verzweiflung und Trotz.

„Doch, das können Sie, Fuwa-san.“, meint der Sanitäter nach einem kurzen Blickwechsel mit Ren und Yukihito. „Sie können mir, bevor Sie gehen, noch den Beatmungsapparat aus dem Sanitätszelt holen. Ich glaube zwar nicht, dass wir ihn wirklich brauchen werden, aber es wird Sie sicher auch beruhigen, wenn er hier griffbereit ist. – Und danach wäre es vielleicht sinnvoll, den Regisseur zu unterrichten und zu versuchen, diesen Vorfall zu klären.“

„Tja“, bekräftigt Ren seufzend, „richtig. Takarada-san wird seine neugierige Nase auch in diese Angelegenheit stecken wollen; davon wird ihn wohl nichts und niemand abhalten...“

„Na ja“, versucht sein Betreuer zu besänftigen, „wer weiß, wozu es gut ist. Soweit ich weiß, kennt er Koenji-sans Vater ziemlich gut; vielleicht lässt sich das so ohne größeres Aufsehen bereinigen.“

„Also, wenn’s nach mir ginge...“, beginnt Sho schlecht gelaunt, wird jedoch gleich von Ren unterbrochen.

„Da sind wir zwar ausnahmsweise mal einer Meinung“, stimmt er düster zu, „allerdings würde ein Skandal Kyoko-chan und Kanae-san mehr schaden als nützen. Sie sind beide noch am Anfang ihrer Karriere, da macht sich so was überhaupt nicht gut.“

Ein wenig widerwillig zuckt der junge Sänger mit den Schultern und stimmt brummend zu.

„Na dann: Auf in den Kampf!“, seufzt Ren und schiebt Sho vor sich her zur Tür. „Bis später, Rina-san. Gib uns Bescheid, wenn sich was ändert oder wenn ihr was braucht.“, sagt er beim Rausgehen noch.

„Mach ich.“, kommt es prompt von der jungen Managerin zurück.
 

Als die Männer sich zehn Minuten später mit dem Regisseur und Rory Takarada in Rens Garderobenwagen treffen, herrscht eine ganze Weile betroffenes Schweigen. Es ist schließlich Rory, der zuerst seine Sprache wieder findet.

„Nun, ich denke, wir wissen inzwischen alle, was passiert ist.“, stellt er sachlich fest. „Und Kurozaki-san hat leider auch schon einen Verdacht, wer der Verursacher dieser äußerst unschönen Geschichte ist.“

„Erika Koenji.“, kommt es simultan von Ren und Sho.

Sowohl Rory als auch der Regisseur heben verblüfft die Brauen.

„Woher...?“, entfährt es Kurozaki entgeistert.

„Ren-san hat Einbruchspuren und ein langes, blondgelocktes Haar am hinteren Fenster der Garderobe gefunden. Und hier läuft nur eine einzige Person mit solchen Haaren am Set herum.“, erläutert Sho grimmig. „Außerdem hat sie ein Motiv. Kanae-chan hat mir erzählt, dass Erika-san schon seit der Schulzeit geradezu davon besessen ist, sie um jeden Preis auszustechen ... und diese Eifersucht scheint sie auch auf Kyoko-chan übertragen zu haben, weil die Beiden so gut befreundet und ein wirklich gutes Team sind.“

„Das stimmt.“, nickt Kurozaki nachdenklich. „Koenji-san hat schon damals während des Kyulala-Castings versucht, die Mädchen auf äußerst unfeine Art zu sabotieren...“

„Trotzdem sollten wir nicht allzu voreilig urteilen.“, gibt Rory ernst zu bedenken.

„Oh, ich denke zwar, dass es auf der betreffenden Wasserflasche nicht mehr genug Spuren gibt, weil sie durch zu viele Hände gegangen ist“, wirft Ren kalt ein, „aber auf der Folie, in der sie stand, wird man vermutlich ihre Fingerabdrücke finden; vielleicht sogar hinten am Wagenfenster.“

„Ich verstehe durchaus, dass du aufgebracht bist, Ren-kun“, meint Rory ruhig, „aber ich will sie trotz allem erstmal unter vier Augen sprechen. Ich kenne ihren Vater bereits seit vielen Jahren und weiß, wie sehr er seine Tochter vergöttert und verhätschelt ... und, ehrlich gesagt, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie sich wirklich voll über die Gefährlichkeit ihres Tuns im Klaren war. – Aber ich würde sie gern persönlich in die Mangel nehmen, um genau das abzuklären.“ Fragend wendet er sich an den Regisseur. „Wo ist sie jetzt?“

„Ich habe die Security angewiesen, niemanden vom Set zu lassen; vorerst mit dem Vorwand, dass es später mit den Aufnahmen weiter geht.“, antwortet dieser.

„Gut, dann schafft sie mir hierher. In der Zwischenzeit rufe ich im Büro ihres Vaters an und lasse mir einen Termin geben. – Wollen doch mal sehen, ob wir das Fräulein nicht zur Räson bringen.“, meint Rory ernst. „Ich kann doch davon ausgehen, dass sie gleich vom Set verbannt wird, wenn sich ihre Schuld bestätigt?“, wendet er sich an Kurozaki.

„Worauf Sie einen lassen können!“, stimmt der junge Regisseur zu. „Ich bin froh, wenn ich sie los bin; mir reicht da eigentlich schon ein Verdacht.“

„Gut.“ Insgeheim schmunzelnd beobachtet er für einen Moment die beiden jungen Männer ihm gegenüber, die ihn empört aus finster funkelnden Augen mit Blicken zu erstechen versuchen. „Keine Sorge, Ren-kun, Fuwa-kun, ich kümmere mich schon darum, dass sie eine Strafe bekommt, die ihr richtig weh tut; wenn ihr Vater davon erfährt, wird er nicht nur ziemlich wütend werden, er wird sie auch genau da zu treffen wissen, wo es ihr am meisten weh tut.“

„Ihr Wort in Gottes Ohr.“, meint Sho zweifelnd. „Woher wollen Sie wissen, wie er reagieren wird?“

„Nun, wir sind schon seit der Highschool Freunde.“, gibt Rory lächelnd zurück. „Er ist wirklich ein patenter Kerl; nur bei der Erziehung seiner Tochter hat er ein paar entscheidende Fehler gemacht; genau wie ich bei Maria-chan." Sein Blick wird plötzlich sehr ernst. "Nur dass ich in der glücklichen Lage war, Kyoko-chan um Hilfe bitten zu können, die dann alles wieder ein bisschen zurecht gerückt hat... – Das wird vermutlich kein einfaches Gespräch, ... aber ich hätte sowieso schon vor längerem mit ihm darüber reden sollen.“

Atempause

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Ihr Wort in Gottes Ohr.“, meint Sho zweifelnd. „Woher wollen Sie wissen, wie er reagieren wird?“

„Nun, wir sind schon seit der Highschool Freunde.“, gibt Rory lächelnd zurück. „Er ist wirklich ein patenter Kerl; nur bei der Erziehung seiner Tochter hat er ein paar entscheidende Fehler gemacht; genau wie ich bei Maria-chan. – Nur dass ich in der glücklichen Lage war, Kyoko-chan um Hilfe bitten zu können, die dann alles wieder ein bisschen zurecht gerückt hat... – Das wird vermutlich kein einfaches Gespräch, ... aber ich hätte sowieso schon vor längerem mit ihm darüber reden sollen.“

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Atempause
 

Ren Tsuruga legt seine junge Frau behutsam auf dem Sofa ab, dann schließt er für einen Moment die Augen und atmet tief durch.

Kyoko lächelt nachsichtig. „Meinst du nicht, dass du ein wenig übertreibst?“, fragt sie mit einem angedeuteten Augenzwinkern.

„Ganz und gar nicht.“, gibt er ernst zurück, während er die Decke von der Lehne nimmt, sie schwungvoll ausbreitet und dann sorgsam seine Frau damit zudeckt. „Meine Güte, Kyoko-chan, sie hätte dich damit auch umbringen können.“ Erneut flammt die Wut in ihm auf, so dass er gereizt seinen Mantel auszieht und ihn schnaubend auf den Sessel pfeffert.

„Hat sie aber nicht, Koon.“, gibt Kyoko weich zurück und zieht ihn am Ärmel zu sich aufs Sofa. „Und es war sicher auch nicht ihre Absicht.“ Sachte drückt sie ihm einen Kuss auf die Wange, ... was ihn in Sekundenschnelle zu besänftigen scheint ... zumindest teilweise. „Glücklicherweise ist ja nichts wirklich Schlimmes passiert.“, meint sie und wird nun doch ein wenig ernster. „Und außerdem war Kanae-chan auch in weit größerer Gefahr. Hast du eigentlich schon was von ihr gehört?“

„Nein.“ Ren schüttelt seufzend den Kopf. „Aber sie dürfte inzwischen im LME-Gästehaus sein. Vielleicht lässt du ihr noch ein bisschen Zeit, sich mit Sho-kun zu arrangieren und rufst sie dann selbst an.“

„Was, um Himmels Willen, hat Takarada-san eigentlich dazu gebracht, ihr ausgerechnet Sho Fuwa als Aufpasser aufzuhalsen?! Da muss sie doch eher ein Auge auf ihn haben!“

„Vermutlich die Tatsache, dass er ziemlich außer sich war und unbedingt helfen wollte. Oder wäre es dir lieber gewesen, dass er sich um dich gekümmert hätte?“

„Gott bewahre!“, entfährt es Kyoko entsetzt. „Aber wieso hat er ihn nicht einfach nach Hause geschickt?!“

„Na ja, ich verstehe Takarada-san schon, Sho-kun war dermaßen in Rage, dass er sonst sicher heute Nacht noch angefangen hätte, über irgendwelchen Racheplänen zu brüten, um dann irgendeinen Unsinn anzustellen. So hat er etwas Sinnvolles zu tun und kann sich erstmal wieder beruhigen. – Gib mir mal deine Jacke!“

Kyoko setzt sich auf und entledigt sich ein bisschen umständlich ihrer Jacke, die sie ihm dann in die Hand drückt.

„Wie dem auch sei“, sagt sie schließlich mit einem Lächeln, „ich finde trotzdem, dass du übertreibst; ich habe doch nur noch ein wenig Kopfschmerzen, du hättest mich wirklich nicht tragen müssen. – Was, wenn uns jemand im Hausflur gesehen hätte?“

„Dann hätte ich einfach gesagt, dass du dir den Fuß verknackst hast und ich dich jetzt erstmal verarzte, damit wir morgen möglichst wieder drehen können.“, brummt Ren.

„Ich weiß ja nicht“, meint Kyoko nachdenklich, „aber ich glaube, das wäre trotzdem auf peinliche Gerüchte hinausgelaufen.“

„Na und?“, erwidert Ren grinsend. „Das passt doch ohnehin ganz gut in Takarada-sans derzeitige Strategie; schließlich will er ganz gezielt einige harmlosere Gerüchte streuen, um einerseits die Publicity für ‚Crazy Alliance’ anzuheizen und andererseits die öffentliche Meinung zu unserer Beziehung ein wenig abzuklopfen.“

„Was?!“ Kyoko wird plötzlich doch ein bisschen blass. „Wann hat er denn das beschlossen?“

„Das hat er mir eröffnet, als ihr in der Stadt ward.“, antwortet Ren und kratzt sich stirnrunzelnd im Nacken. „Stimmt, ich hatte noch gar keine Gelegenheit, mit dir darüber zu sprechen...“ Erneut tief aufseufzend lässt er sich vor dem Sofa auf den Boden gleiten, Kyokos Jacke noch immer in der einen Hand, mit der anderen schwer an seine Stirn fassend. Geradezu greifbar fällt die Spannung des Tages nun endlich von ihm ab. „Was für ein Tag...!“, flüstert er müde.

Kyoko setzt sich hinter ihn und beginnt, zärtlich seine Schultern zu massieren, was ihr Mann jedoch nur für einige Sekunden zulässt. Sanft schiebt er ihre Hände beiseite und wendet sich ihr zu, um ihr ebenso liebevoll wie streng in die Augen zu schauen.

„Du solltest dich wirklich lieber hinlegen, Hime-chan.“, meint er.

Kyoko schmunzelt leise. „Koon, du übertreibst schon wieder. Ich hab nur ein wenig Kopfschmerzen, ich bin wirklich in Ordnung. Ganz ehrlich.“

„Es schadet trotzdem nicht, wenn du dich erstmal hinlegst.“, findet Ren. „Ich mach uns Tee.“ Leise stöhnend erhebt er sich und schickt sich an, den Raum zu verlassen.

„Wie wär’s, wenn ich uns Sushi bestelle?“, fragt er, als er bereits an der Tür ist.

„Ja, hört sich gut an.“, gibt Kyoko zurück, während sie sich brav in die flauschige Kaschmirdecke kuschelt.

Ren nickt lächelnd.
 

Erst gute zwanzig Minuten später taucht er wieder auf, das Tee-Tablett in den Händen und ein zufriedenes Grinsen im Gesicht. Kyoko indessen ist ein wenig eingenickt und schreckt unwillkürlich auf, als Ren das Tablett auf dem Wohnzimmertisch abstellt.

„Oh, entschuldige, hab ich dich geweckt?“, fragt er leise.

„Nein“, meint Kyoko grinsend, „ich war nur ein bisschen eingedöst, weil es so langweilig war ohne dich.“

„Verzeih, Liebste.“, sagt er schwülstig, immer noch dieses Grinsen im Gesicht. „Ich hätte dir ja auch wenigstens den Fernseher anstellen können. – Aber ich konnte ja nicht ahnen...“ Mit einem leisen, irgendwie schadenfrohen Kichern unterbricht er sich selbst. Erneut grinsend schüttelt er den Kopf und gießt Kyoko eine Tasse Tee ein.

Verständnislos starrt diese ihren Mann an und wird wieder einmal nicht schlau aus ihm.

„Was?!“, fragt sie schließlich ungehalten, als er immer nur weiter vor sich hin grinst. „Was konntest du nicht ahnen?“

„Hm?“, schreckt der junge Schauspieler aus seinen Gedanken auf. „Entschuldige, ich war in Gedanken.“

„Ja, das hab ich gemerkt. Wärst du aber bitte so freundlich, wenigstens nicht mitten im Satz abzubrechen?“

Sanft lächelnd geht er vor dem Sofa auf die Knie. „Entschuldige noch mal, Hime-chan.“ Liebevoll nimmt er ihr Gesicht in beide Hände und küsst sie zärtlich. Doch kaum hat er seine Lippen wieder von ihren gelöst, stielt sich erneut dieses merkwürdige Grinsen in sein Gesicht.

„Was ist denn los mit dir, Koon?“ Kyoko schaut ihn nun mehr als ratlos an.

Wieder entschlüpft ein leises Kichern Rens Mund und anscheinend versucht er mit aller Macht, ebendies zu unterdrücken.

„Es ist nur“, versucht er zu erklären, „als ich in der Küche war, hat Takarada-san angerufen.“

„Und was war daran so lustig?“, will Kyoko wissen.

Langsam hat Ren sich wieder in der Gewalt. „Das Gespräch war eigentlich gar nicht lustig, er hat von Erikas hochnotpeinlichem Verhör berichtet. – Aber...“, wieder muss er grinsen, „die Vorstellung, wie Erika da gesessen haben muss... Mann, ich hätte gern ihr Gesicht gesehen; vor allem, als ihr Vater dazu kam.“

„Oh!“, macht Kyoko.

Lächelnd schaut ihr Mann ihr in die Augen. „Okay, ich versuche, alles der Reihe nach zu erzählen.“, sagt er.

„Ich bitte darum.“

„Also... Nachdem Takarada-san ihr gleich auf den Kopf zugesagt hat, dass er alles über die Sache weiß, hat es nur Minuten gedauert, bis das vornehme Fräulein alles unter Tränen gestanden hat. Natürlich sehr theatralisch und hochdramatisch. – Aber du kennst ja Takarada, wenn jemand in einem Gespräch mit ihm theatralisch sein darf, dann ist das er selber. Also hat er sie zunächst mal so richtig zur Schnecke gemacht, bis sie schließlich, vollkommen in Tränen aufgelöst, vor ihm gesessen hat wie ein sehr, sehr kleines Häufchen Elend.“

„Hm“, merkt Kyoko trocken an, „das klingt aber nicht besonders lustig, finde ich. Oder ist da eine Seite an dir, die bisher überhaupt noch niemand kennt...?“

Ren lacht nur. „Nein, das nicht. – Obwohl...“ Die Andeutung eines Schattens legt sich über seine zärtlich blickenden Augen. „Wenn jemand dir ernsthaft schaden würde, wäre ich mir da selbst nicht ganz sicher...“ Sanft streicht er ihr über die Wange und küsst sie dann.

„Nein, das alles war nicht das Lustige, das kam erst viel später.“, fährt er schließlich ernst fort. „Es hat sich nämlich im Laufe dieses hochdramatischen Geständnisses herausgestellt, dass Kimiko Kamio mit ihr unter einer Decke steckt und sie die Sache gemeinsam ausgeheckt haben. Es war z.B. Kamio-san, die diese K.O.-Tropfen besorgt hat. – Ich hatte mich schon gewundert, woher Erika-san das Zeug hatte, schließlich hat sie ja als Mädchen aus vergleichsweise behütetem Haus kaum entsprechende Kontakte.“

Kyoko runzelt nachdenklich die Stirn. „Kamio-san?!“, fragt sie entsetzt nach, als würde das irgendetwas ändern. „Himmel, ich weiß ja, unsere erste Begegnung war alles andere als ein guter Start... Aber gleich so weit zu gehen...? – Was hab ich ihr denn Schlimmes getan?“

„Oh, das kann ich dir beantworten.“, meint Ren mit leicht säuerlichem Blick. „Du hast einfach ein besseres Verhältnis zu mir als sie selbst. Ich hatte es dir schon nach ‚Yukis Kochshow’ erzählt; sie ist hinter mir her, wie der Teufel hinter der armen Seele ... und sie scheint weit eifersüchtiger zu sein, als ich je vermutet hätte. – Zumal ich ihr nie auch nur die kleinste Veranlassung gegeben habe, sich einzubilden, dass es auch nur denkbar wäre, dass sie bei mir landen könnte. Vermutlich hat ihr Koenji-san ein paar Geschichten vom Set erzählt, sie wahrscheinlich noch ein bisschen ausgeschmückt und darauf hat diese abgewrackte Diva gemeint, sie müsse sich an dir rächen. – Übrigens war die Sache heute nicht das erst Mal, dass sie versucht haben, dich in irgendeiner Form auszuschalten, die Beiden haben auch hinter dem Brand in ‚Yukis Kochshow’ gesteckt ... beziehungsweise, Koenjis Bodyguards. Genauso wie hinter der Sache mit Yuki-sans Verletzungen an der Hand.“

„Ach, du liebe Güte!“, entfährt es Kyoko entgeistert. „Das ist ja schon...“

„...richtig: kriminell.“, ergänzt Ren düster; in seinem Gesicht ist keine Spur eines Lächelns oder Grinsens mehr zu erkennen. „Zumal sie sogar schon im Vorfeld dafür gesorgt haben, dass wir überhaupt diesen Gastauftritt in der Show hatten; dahinter steckte nämlich Kamio-san mit ihren Kontakten zum Regisseur und der Produktionsfirma. – Der Plan war, dass du dich in aller Öffentlichkeit unsterblich blamieren solltest, natürlich – sozusagen als I-Tüpfelchen - in meinem Beisein, damit ich danach im Idealfall den Kontakt mit dir auf das Allernötigste beschränke.“

„Was ja dann gründlich nach hinten losging.“, kichert Kyoko unvermittelt. „Sie konnten ja nicht ahnen, dass so was für mich eine Art Heimspiel ist.“

Ren findet das Ganze weniger lustig, wütend ballt er die freie Hand zur Faust. „Ich wüsste trotzdem nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich dieser alten Hexe noch mal begegne. Ich bin wirklich versucht, ihr buchstäblich den Hals umzudrehen.“

Kyoko lehnt sich vor und umarmt ihren Mann liebevoll. Sanft streicht sie über sein Haar und flüstert seufzend: „Das hört sich alles nicht besonders amüsant an...“

„Das ist es auch nicht, ganz und gar nicht.“ Plötzlich ist das Grinsen wieder in seinem Gesicht. „Jedenfalls nicht dieser Teil.“, fügt er hinzu.

Wieder sieht ihn Kyoko verständnislos an. „Na, was war denn dann so lustig?“, fragt sie ungeduldig.

„Hmm“, zieht Ren seine Antwort genüsslich in die Länge. „Koenji-san musste Rina-san über jedes einzelne Detail ihrer Schandtaten bis ins Kleinste berichten, damit sie die Sicherheitsvorkehrungen entsprechend ändern kann ... und Takarada meinte, dass es aussah, als hätte sie geradezu körperliche Schmerzen dabei, alles so genau gestehen zu müssen. Und je länger es dauerte, desto schwerer schien es ihr zu fallen; als sie endlich fertig war, muss sie beinahe ausgesehen haben, als habe man sie überfallen und verprügelt. – Ich muss zugeben, die bildliche Vorstellung davon, ist schon ziemlich amüsant. – Allerdings kam der wirklich lustige Teil erst noch; na ja, jedenfalls für mich ...“

Kyoko hängt förmlich vor Spannung an seinen Lippen und gibt keinen Ton mehr von sich.

Rens Grinsen wird eine Spur schadenfroher. „Als sie fertig war – und das meine ich wirklich buchstäblich; mit den Erläuterungen ebenso wie mit den Nerven-, traf nämlich ihr Vater am Set ein. Als Takarada-san ihn angerufen und ihm die Situation kurz am Telefon erklärt hatte, hat der gute Mann eine wichtige Vorstandsitzung abgebrochen, alles stehen und liegen lassen, sich in seine Limousine gesetzt und kam schnurstracks zum ‚Ort des Verbrechens’. – Himmel, ich hätte gern ihr Gesicht gesehen, als er so unerwartet dort aufgetaucht ist, diese Vorstellung ist einfach zu köstlich; Takarada hatte ihr nämlich kein Wort davon gesagt, dass er schon vor dem Verhör mit ihm gesprochen hatte.

Natürlich ging dann die Sache noch mal wieder von vorn los, nur dass diesmal ihr Vater sie verhört hat. Man kann sich denken, dass er die Sache ganz und gar nicht witzig fand und nicht das geringste Verständnis hatte.“

„Das klingt für mich auch nicht besonders lustig, Koon, immer noch nicht. Auch nicht die Vorstellung, wie Erika-san ihrem Vater gegenübertreten musste. Soweit ich weiß, liebt sie ihren Vater sehr, da kann ich mir in etwa vorstellen, was in ihr vorgegangen sein muss...“

Ren sieht seine junge Frau verblüfft an. „Du willst mir aber jetzt nicht ernsthaft sagen, dass du Mitleid mit ihr hast, oder? Dieses Gör hat dich und Kanae-san ernsthaft in Gefahr gebracht!“

Kyoko zuckt leicht mit den Schultern. „Also, Mitleid würde ich das jetzt nicht nennen, aber durch was sie heute durch musste, gleicht schon ein bisschen was von dem aus, was sie angestellt hat. Du musst schließlich auch bedenken, dass sie sich wahrscheinlich noch nie um irgendwas in ihrem Leben Sorgen machen musste; da trifft sie das jetzt sicher besonders hart. Das ist bestimmt das erste Mal, dass ihr Vater so hart reagiert hat.“

„Worauf du wetten kannst!“, meint Ren grimmig. „Wenn er sich schon eher ernsthaft um sie gekümmert hätte und schon früher mal eingeschritten wäre, statt ihr jeden noch so unsinnigen Wunsch zu erfüllen, wäre es sicher gar nicht erst so weit mit ihr gekommen. Dieses Mädchen ist schrecklich verzogen und widerlich snobistisch. – Aber trotzdem kommen wir jetzt zum lustigen Teil: ihrer Strafe. Ihr Vater hat nämlich noch am Set sämtliche Kreditkarten eingezogen und ihre Ausflüge ins Showbiz ein für alle Mal beendet. – Wir werden sie also so schnell nicht wieder sehen. Schade jedenfalls, dass keiner Filmaufnahmen gemacht hat, als ihr Vater die Kreditkarten von ihr gefordert hat und eine nach der anderen vor ihren Augen zerschnitten hat. – Takarada meinte, sie hätte aus der Wäsche geguckt, als würde man ihr nacheinander sämtliche Gliedmaßen amputieren. Mit jeder zerschnittenen Karte wurde sie bleicher und ihr Unterkiefer sank tiefer. – Und das war noch längst nicht alles. Vorläufig darf sie weiter auf ihre Privatschule gehen, allerdings werden ihre Bodyguards fristlos entlassen und sie bekommt stattdessen eine zuverlässige, ältere Gouvernante. Außerdem muss sie sich eine karitative Organisation oder eine soziale Einrichtung aussuchen, für die sie die nächsten zwei Jahre ehrenamtlich tätig sein muss. Sollte sie das nicht tun oder anderweitig noch ein Mal Ärger machen, droht ihr Vater ihr damit, sie auf ein Mädcheninternat in der Schweiz zu schicken. Und – quasi als Krönung – muss sie sich offiziell bei dir und Kanae-san und bei Kurozaki-san entschuldigen. – Und du kannst darauf wetten , dass ich dabei sein werde, wenn sie das tut!“

Kyoko seufzt leise. „Du kannst ganz schön gehässig sein, Koon.“, sagt sie. „Das wird es ihr nicht gerade leichter machen.“

„Ich finde auch nicht, dass man es ihr noch leichter machen sollte.“, gibt Ren ungerührt zurück. „Das, was sie da abgezogen hat, reicht locker für eine Jugendstrafe.“

„Dann halt dich wenigstens mit deinen Bemerkungen zurück, wenn sie sich entschuldigen will.“, bittet Kyoko mit einem erneuten Seufzen.

„Solange ich das Gefühl habe, dass sie es ehrlich meint, ist das überhaupt kein Problem.“, meint Ren schulterzuckend. „Ich finde, ich habe jedes Recht, ihr notfalls auch noch mal die Leviten zu lesen; außerdem denke ich, ich spreche da durchaus für das gesamte Filmteam. Das betrifft schließlich alle , die an diesem Film arbeiten.“

„So gesehen, hast du sicher Recht.“, gibt Kyoko widerwillig zu. „Aber denk bitte daran, dass sie vermutlich nie so weit gegangen wäre, wenn sie nicht kräftig dazu angestiftet worden wäre.“

„Ganz ehrlich“, findet Ren, „sie hätte sich nicht anstiften lassen müssen; niemand hat sie gezwungen. – Aber ich sehe natürlich auch, dass sie die Schuld nicht allein trägt. Und möglicherweise ist ihr Anteil an der ganzen Geschichte auch kleiner als der von Kamio-san. Die wusste nämlich ganz sicher, was sie da anrichtet.“

„Was wird denn jetzt eigentlich mit Kimiko Kamio?“, fragt Kyoko. „Takarada-san wird doch sicher keinen Skandal wollen.“

„Nein. Das wäre wohl kontraproduktiv; darunter hätte letztlich die ganze Filmproduktion und vermutlich sogar LME zu leiden. – Takarada wird wohl dafür sorgen, dass sie recht zügig aus dem Geschäft gedrängt wird. Ein paar gezielte Gerüchte an den richtigen Stellen werden dafür sorgen, dass sie immer weniger Engagements bekommt ... und damit kommt sie meines Erachtens immer noch besser weg als mit der Wahrheit. – Außerdem ist Koenji-san dermaßen erschüttert darüber, dass er, als er sie darum gebeten hatte, seine Tochter unter ihre Fittiche zu nehmen, geradezu den Bock zum Gärtner gemacht hat, dass er jetzt alles dafür tun wird, ihre guten Beziehungen zu untergraben und sie gesellschaftlich mehr oder weniger schachmatt zu setzen. – Wir werden sie also ziemlich schnell nicht mehr zu Gesicht bekommen ... und ich muss sagen, dass ich darüber sehr froh bin. Außerdem ist es ohnehin kein großer Verlust fürs Geschäft.“

„Oh Mann“, seufzt Kyoko schwer, „was für eine unangenehme Geschichte! Ich hätte nicht gedacht, dass da noch so ein Rattenschwanz hinterher kommt...“

Ren Tsuruga betrachtet seine junge Frau eine Weile eingehend, dann streicht er ihr sachte über die Wange. „Bitte vergiss nicht, dass du keine Schuld an der ganzen Situation hast.“, sagt er leise.

Kyoko schreckt unwillkürlich auf und blickt ihn verblüfft an. „Wo-her...?“, beginnt sie stockend.

„Ich kenn dich gut genug, Hime-chan.“, antwortet Ren mit einem sanften Lächeln und küsst sie zart auf die Stirn. „Aber es ist weder gesetzlich verboten, noch ist es moralisch verwerflich, deinen Ehemann zu lieben und ihm zur Seite zu stehen.“, fährt er zwinkernd fort. „Versteh mich richtig. Ich liebe meine Arbeit ... und ich arbeite gern für meine Fans, aber ich gehöre nicht der Allgemeinheit und deshalb hat sich da auch niemand einzumischen. – Wir werden jetzt verstärkt daran arbeiten, diese Heimlichkeiten zu beenden; ich will dich auch in aller Öffentlichkeit so behandeln, wie man eben seine geliebte Frau behandelt.“ Entschlossen schaut er ihr in die Augen. „Und eins verspreche ich dir: Falls Takaradas Plan nicht aufgehen sollte, gebe ich eher die Schauspielerei auf oder gehe mit dir nach Amerika, bevor ich mir mein Privatleben vorschreiben lasse. Wäre ja noch schöner, wenn über unsere Beziehung quasi öffentlich abgestimmt werden dürfte.“

Grinsend küsst er Kyoko auf den offen stehenden Mund.

„Aber...“, beginnt sie verwirrt.

„Ich weiß, dass du das nicht willst.“, meint Ren lächelnd. „Ich bin auch nicht scharf darauf. Aber ich habe vollstes Vertrauen in die strategischen und – seien wir ehrlich – manipulativen Fähigkeiten von unserem Big Boss. – Dieses Versprechen ist nur für den schlimmsten anzunehmenden Fall. – Oh, apropos Takarada: Auf seine Order sind wir am Wochenende auf der Benefiz-Gala zugunsten von UNICEF, quasi als seine Vertretung. Rina hat die genauen Daten und kümmert sich auch schon um eine Auswahl von Kleidern.“

Kyoko fällt schon wieder der Unterkiefer nach unten. „Also, manchmal geht mir das alles hier ein bisschen reichlich schnell.“, ächzt sie leise.

„Falls dir schwindelig wird, sag mir Beschied, dann halte ich dich fest.“, meint Ren grinsend. „Ansonsten trinkst du jetzt besser den Tee, bevor er noch ganz kalt wird. – Ich hänge in der Zwischenzeit endlich mal die Jacken an die Garderobe und dann schaue ich unten nach dem Essen, ich möchte den Concierge lieber nicht hoch kommen lassen.“

„Zu Befehl!“, meint Kyoko lachend und salutiert lässig.
 

Kaum hört man die Wohnungstür zuschlagen, klingelt Kyokos Telefon. Leise seufzend erhebt sie sich vom Sofa und nimmt es aus ihrer Handtasche, die auf dem Glastisch liegt.

„Hallo, Kanae-chan.“, sagt sie nach einem kurzen Blick aufs Display. „Wie geht es dir?“

„Bis auf die Tatsache, dass ich ziemlich Kopfschmerzen hab und mir auch sonst so ziemlich jeder Knochen weh tut und ich aussehe, als wäre ich verprügelt worden, geht es mir eigentlich ganz gut.“, meint ihre Freundin und Kyoko kann ihr sarkastisches Grinsen förmlich durch den Hörer sehen.

„Wirklich nichts Ernstes?“, fragt Kyoko noch ein Mal nach. ...sicher ist sicher...

„Na ja, es besteht der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung; darum kontrolliert auch eine Krankenschwester halbstündlich meinen Zustand. Aber mach dir keine Gedanken, es ist alles soweit in Ordnung. Das ist nur zur Sicherheit.“

Kyoko atmet hörbar auf. „Das ist doch schon mal was.“, meint Kyoko leise. „Es ... tut mir wirklich leid.“

„Jetzt hör aber auf, Kyoko-chan! Du hast absolut nichts getan, weswegen du dich entschuldigen müsstest.“

„Aber... Irgendwie...“

„Nein, auch nicht ‚irgendwie’!“ Kanae zieht am anderen Ende der Leitung scharf die Luft ein; offenbar tut es ihrem Kopf nicht gut, sich in Rage zu reden. Ein paar Mal atmet sie tief durch, dann spricht sie leiser weiter. „Du bist doch genauso betroffen ... es ist reiner Zufall, dass dir nicht mehr passiert ist. Mensch, das hätte übel ausgehen können, wenn das Zeug erst bei deinem Sprung die volle Wirkung entfaltet hätte.“

„Na, ich bin ja glücklicherweise schon vorher umgekippt. – Darum hab ich auch nur ein bisschen Kopfschmerzen. Das einzige Problem, das ich hab, ist ein Ehemann, der es mit seiner Fürsorge übertreibt. Er lässt mich nicht mal aufstehen.“, stöhnt Kyoko.

„Tja, mir geht’s auch nicht besser. Fuwa-kun war anfangs ziemlich schmollig, dass er sich nicht um dich kümmern durfte, aber irgendwann ist ihm dann doch aufgegangen, dass es dir besser geht als mir und du mit der Hilfe von Rina-san mehr als ausreichend versorgt bist. Und als ich dann angefangen hab, ihn ein bisschen zu beschäftigen, hat er sich schnell wieder eingekriegt. – Blöderweise hab ich mir nämlich beim Sturz die rechte Hand irgendwie verstaucht. Es ist nicht mal dick und eigentlich tut es auch nicht großartig weh, aber ich kann mit der Hand nicht richtig zupacken, volle Tassen oder Teller kann ich beispielsweise nicht festhalten; darum hab ich mir von Fuwa beim Essen helfen lassen.“ Unvermittelt lacht die junge Schauspielerin auf. „War lustig. – Erst hat er sich ja ein bisschen blöd angestellt, aber nach ein paar Minuten war er wirklich eine große Hilfe.“

Kyoko kichert bei der Vorstellung leise vor sich hin, dann fällt ihr plötzlich etwas ein. „Sag mal, ist er jetzt in der Nähe?“

„Nö“, meint Kanae grinsend in den Hörer, „ich hab ihn zu mir nach Hause geschickt, ein paar Sachen holen. Das ist zwar schon ein Weilchen her, aber das dauert bestimmt noch mindestens eine Stunde, wie ich meine Familie so kenne; die werden ihn wohl kaum so schnell aus den Klauen lassen, zumal zwei meiner Schwestern absolute Fans sind. – Bin mal gespannt, wie entnervt er ist, wenn er wieder zurück ist.“ Leise lacht sie vor sich hin.

„Ich will dir nur ungern die Vorfreude nehmen“, meint Kyoko trocken, „aber ich glaube, dass sie eher anstrengend für ihn wären, wenn es bei euch zu Hause total steif und förmlich zugehen würde. Ich weiß auch nicht, ob es so eine gute Idee war, ihn dorthin zu schicken, es ist nämlich nicht mal unwahrscheinlich, wenn er sie nach Anekdoten über dich ausfragt und anschließend deine sämtlichen Schwächen kennt.“

„Keine Sorge, die kennen gar nicht alle meine Schwachpunkte.“, beruhigt sie Kanae.

Kyoko hört, wie die Wohnungstür geöffnet wird. „Ich schätze mal, da kommen mein Mann und das Essen.“

„Telefonierst du mit Kanae-chan?“, fragt Ren, als er gleich darauf die Schachtel mit dem Sushi auf den Wohnzimmertisch stellt.

Kyoko nickt lächelnd.

„Bestell ihr liebe Grüße!“, meint er.

„Das kannst du auch selber tun.“, findet Kyoko. „Ich stell den Apparat schnell auf Lautsprecher.“ Sie drückt grinsend den entsprechenden Knopf.

„Hallo, Kanae-chan.“, grüßt Ren freundlich, während er sich neben seine Frau aufs Sofa setzt. „Wie geht es dir?“

„Wie es jemandem geht, der von oben bis unten blau angelaufen ist und sich das Handgelenk verstaucht hat. Eigentlich ganz gut.“, findet Kanae kichernd. „Ob ich eine Gehirnerschütterung habe, ist noch nicht ganz raus, aber es sieht eigentlich nicht so aus ... oder wenn, dann nur leicht. Ich hab eben einen Dickschädel.“

„Was in diesem Fall wohl ein Glück ist.“, merkt Ren ernst an. „Ich bin jedenfalls froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Macht Fuwa irgendwelchen Ärger?“

„Nö, er war nur am Anfang ein bisschen quengelig.“, antwortet Kanae leise lachend. „Jetzt ist er bei mir zu Hause, um mir ein paar Sachen für die Nacht und morgen zu holen. Ich hatte den Eindruck, dass ihm der Schrecken ganz schön in den Knochen saß.“

„Wem sagst du das...“, ächzt Ren leise. „Meinst du, er könnte jeden Moment zurückkommen?“

„Definitiv nicht.“, kommt es von Kanae prompt zurück. „Das dauert noch. Du kennst meine Familie nicht, Ren-san, die lassen ihn nicht so schnell wieder weg. Gibt es irgendwas, das er besser nicht mitkriegen soll?“

„Wie man’s nimmt. Ich wollte dich fragen, ob er wegen Kyoko und mir Verdacht geschöpft hat. Als wir euch in den Garderobenwagen gebracht haben, schien es mir, als sei er doch ziemlich eifersüchtig und argwöhnisch. Auch danach noch...“

„Das ist wohl richtig. Als wir hier ankamen, hat er jedenfalls so was quasi durch die Blume verlauten lassen. So ganz offen wollte er nicht dazu stehen, aber er hatte – zumindest kurzzeitig – den Verdacht, dass da was zwischen euch läuft. Allerdings hatte er selbst Zweifel und darum konnte ich ihn schnell damit beruhigen, dass Takarada-san dich erstens schon vor Längerem als verantwortlichen Sempai für sie bestimmt hat und dass er zweitens beschlossen hat, ganz bewusst Gerüchte um eine Beziehung zwischen euch zu streuen, um zusätzliche PR für ‚Crazy Alliance’ zu machen. Das hat er geschluckt. – Nur das, was er danach gesagt hat, möchte ich lieber nicht wiederholen, dafür hätte ich ihm am liebsten eine reingesemmelt...“

„Lass mich raten!“, sagt Kyoko grinsend. „Vermutlich hat er so was gesagt wie ‚Dieses Mauerblümchen angelt sich doch nicht so einen begehrten Mann ... und selbst, wenn Ren Tsuruga auf sie reinfallen würde, würde sie es vermutlich nicht mal merken.’ So in etwa?“

„So ähnlich.“, bestätigt Kanae leise grummelnd. „Allerdings noch ein bisschen weniger nett. – Der Typ hat echt einen Schuss weg! Wie kann man so was sagen, noch dazu über jemanden, mit dem man quasi aufgewachsen ist?“

Kyoko zuckt ungerührt die Schultern. „Ach, vergiss es, vermutlich ist es bei ihm einfach nur eine schlechte Angewohnheit.“

„Eine, die er sich möglichst bald abgewöhnen sollte.“, brummt Ren schlecht gelaunt. „Spätestens dann, wenn diese Ehe endlich offiziell ist.“

„Ach so, was ich noch fragen wollte“, wechselt Kanae abrupt das Thema, „habt ihr schon was von Takarada-san gehört? Ich meine wegen Erika.“

„Ja“, bestätigt Ren und hat sofort wieder ein Grinsen im Gesicht. „ihr anscheinend noch nicht. – Dann lass mich dich mal auf den neuesten Stand der Dinge bringen. Der Schluss wird dir gefallen...“ Genüsslich fasst er das Gespräch, mit dem LME-Chef zusammen und während Kyoko beginnt zu essen und teils unangenehm berührt versucht wegzuhören, kann Kanae sich hier und da ein ausgelassenes Kichern nicht verkneifen.

„Dass ausgerechnet Kimiko Kamio in diese Geschichte verwickelt ist, hätte ich allerdings nicht gedacht.“, meint sie, als Ren fertig ist mit seinem Bericht.

„Ich glaube, das hätte auch niemand vermutet, wenn Erika nicht so schnell geplaudert hätte. Nun, das wird ihr dann sowohl schauspielerisch als auch gesellschaftlich das Genick brechen. Jedenfalls sind sowohl Takarada-san als auch Koenji-san mehr als sauer; sie werden ihr das nicht durchgehen lassen.“

„Na ja“, findet Kanae, „es ist kein allzu großer Verlust, unter Kollegen und Crew-Mitgliedern beim Fernsehen scheint sie auf alle Fälle nicht sonderlich beliebt zu sein. Ihre Allüren stehen jedenfalls in keinem Verhältnis zu ihren tatsächlichen Leistungen vor der Kamera ... finde ich persönlich.“

„Da sind wir absolut einer Meinung.“, bekräftigt Ren grinsend. „Aber wir sollten dich vielleicht besser nicht weiter davon abhalten, dich auszuruhen und dich zu erholen. – Ich gehe mal davon aus, dass du morgen noch nicht wieder vor der Kamera stehen kannst?“

„Das halte ich für unwahrscheinlich.“, meint Kanae seufzend. „Ich hoffe, dass ich wenigstens die Kopfschmerzen morgen wieder los bin; die sind nämlich wirklich störend.“

„Das denk ich mir.“, sagt Ren mitfühlend. „Dann erhol dich gut. Falls Kurozaki anrufen sollte, sag ich ihm Bescheid; aber ich gehe eigentlich davon aus, dass aufgrund der heutigen Vorfälle ohnehin der Dreh für morgen abgesetzt ist.“

„Schlaf gut!“, wünscht Kyoko. „Und gute Besserung. – Und lass dir nichts von Sho-kun gefallen!“

Ich doch nicht!“, lacht Kanae. „Keine Sorge. Dir auch gute Besserung!“

„Das wünsch ich dir auch.“, fügt Ren hinzu. „Wir telefonieren morgen noch mal. Bis dann.“

„Ja, bis dann.“
 

Als knapp zwei Stunden später Sho Fuwa, das großzügige Appartement des LME-Gästehauses gut gelaunt und ziemlich geräuschvoll betritt, schläft Kanae längst tief und fest auf dem Sofa. Im Fernsehen läuft leise eine Comedysendung im Hintergrund.

Mit einem Blick hat der junge Sänger die Situation erfasst und bringt beinahe geräuschlos die mitgebrachten Tüten in die kleine Barküche und die Reisetasche ins Wohnzimmer. Dann zieht er seine Jacke aus und begibt sich – vorsichtig schleichend – zum Sofa, vor dem er sich dann ebenso leise auf dem flauschigen Teppich niederlässt, immer Kanae im Blick und darauf bedacht, sie nicht zu wecken. Einen langen Moment betrachtet er das schlafende Mädchen, wie sich ihr Brustkorb ruhig hebt und senkt, wie ihre langen Wimpern leise im Traum flattern und sich ganz langsam eine vorwitzige Haarsträhne über ihre Lider schiebt.

>Wenn sie schläft, sieht sie eigentlich richtig süß aus<, denkt er versonnen, >aber irgendwie anders ‚süß’ als... Hm, als wer? – Hm, ...anders als alle anderen...< Sehr vorsichtig nimmt er die Haarsträhne zwischen zwei Finger und legt sie dorthin zurück, wo sie eigentlich hingehört. Kanae reagiert nicht einmal mit einem leichten Zucken. Erleichtert atmet der junge Sänger auf; wecken wollte er sie nun wirklich nicht.

Mit einem unangenehmen Kribbeln im Bauch kommt ihm der Gedanke, dass der heutige Tag auch anders hätte ausgehen können ... auch für Kyoko-chan.

>Wenn ich diese verfluchte Schnepfe in die Finger kriege...<, beginnt er einen betreffenden Gedanken über Erika Koenji, hält jedoch inne, als Kanae im Schlaf leise stöhnt. >Stimmt.<, nickt er mit geschürzten Lippen in Kanaes Richtung, >du hast vollkommen Recht. Ich sollte wirklich zunächst abwarten, was bei diesem Verhör rauskommt. Danach kann ich mir immer noch Gedanken darüber machen.<

Fest entschlossen, sich in der Zwischenzeit abzulenken, wendet er sich dem Fernseher zu, um im gleichen Augenblick ebenso überrascht wie erfreut festzustellen, dass diese Sendung zu seinen Lieblingen gehört.

Keine zwei Minuten später hält er sich vor Lachen den Bauch und versucht vergeblich zu verhindern, Kanae dabei zu wecken.

„Was?!“, brummt das Mädchen verwirrt und hebt ein wenig desorientiert den Kopf.

Sho Fuwa ist augenblicklich wieder Herr seines Zwerchfells. „Oh, entschuldige, ich hab dich geweckt.“, stellt er überflüssigerweise fest.

Kanae wirft einen kurzen Blick auf ihre Armbanduhr. „Auch egal.“, meint sie dann sarkastisch. „In spätestens 10 Minuten hätte mich eh die Krankenschwester geweckt, indem sie mir gründlich mit der Taschenlampe das Hirn ausleuchtet.“

„Ehm, das tut sich doch aber nur, um deinen Pupillenreflex zu prüfen“, wirft Sho ein; irgendwie sieht er gerade aus wie das personifizierte schlechte Gewissen. „wegen Gehirnerschütterung und so...“

Kanae richtet sich zum Sitzen auf. „Ich weiß“, gibt sie schlecht gelaunt zurück, „aber dieses Ausleuchten alle halbe Stunde ist nicht gerade Schlaf fördernd. – Oh Mann, ich werd morgen so was von tot sein!“ Gähnend greift sie sich in den Nacken und versucht ihn vorsichtig etwas zu lockern.

Sho hingegen ist merklich zusammengezuckt. „Mann, sag doch so was nicht! Nicht mal im Scherz...“, grummelt er.

Kanae hebt überrascht eine Braue. „Ja ja“, meint sie schließlich, nachdem sie ihn einen Moment eindringlich beobachtet hat. „ich nehm’s zurück. Tot würde ich mich wahrscheinlich ohnehin besser fühlen. Da braucht man keinen Schlaf und Schmerzen fühlt man auch nicht mehr.“

Sho schaut sie einen Moment lang mit offenem Mund an. „Könntest du bitte aufhören, den Tod überhaupt zu erwähnen ?“, blafft er sie dann an. „Hast du eine Ahnung, wie knapp das heute war?!“

„Hm...“, überlegt Kanae gespielt angestrengt und zuckt dann mit den Schultern. „Nö, nicht wirklich. – Ich kann mich schließlich an nichts erinnern.“ Leise kichernd registriert sie seinen empörten Gesichtsausdruck. „Aber ich hab eine Ahnung davon, dass alle, die es gesehen haben, ganz schön geschockt waren.“, fügt sie versöhnlich hinzu. „Und jetzt sieh dir die Sendung ruhig zu Ende an.“ Lächelnd reicht sie ihm die Fernbedienung, nachdem sie den Ton lauter gestellt hat.

Sho winkt verlegen ab. „Ach, schon okay, wir müssen das nicht sehen...“

„Warum nicht?“, gibt Kanae grinsend zurück. „Es hat dir doch ganz offensichtlich Spaß gemacht ... und außerdem soll Lachen ja gesund sein.“

„Na gut.“ Ein bisschen halbherzig dreht sich der junge Sänger wieder dem Fernseher zu und es dauert keine Minute, bis er unterdrückt kichert.

Lachend stößt ihn Kanae in den Rücken. „Hey, hör auf damit!“

Verständnislos die Augen aufreißend wendet sich Sho dem Mädchen zu. „Womit?“

„Damit, dein Lachen zu unterdrücken.“, antwortet Kanae prompt.

„Was? – Aber... wieso...“, stammelt der Junge verdattert und fügt dann murmelnd hinzu: „Mann, das ist doch uncool.“

Kanae stöhnt laut auf und verdreht genervt die Augen.

„Männer!!“, ächzt sie. „Was, zum Henker, soll am Lachen uncool sein?! – Das Einzige, was an euch Kerlen wirklich extrem uncool ist, ist, wenn ihr versucht, cool zu sein!“ Mit vor Schmerz gerunzelter Stirn greift sie sich an die Schläfen. „Oh, Mann, ich sollte mich besser nicht aufregen.“, murmelt sie und atmet ein paar Mal tief durch. „Also gut.“, meint sie dann. „Treffen wir eine Vereinbarung. Solange du hier bist, sei einfach ganz normal. Bitte kein cooles Getue, keine unnötigen Schauspieleinlagen oder so; so was geht mir nämlich gehörig auf den Sender und ich glaube, dass das im Moment letztlich auf stärkere Kopfschmerzen hinausläuft. Und das kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.“ Mit einem Grinsen quittiert sie Shos verwirrten Gesichtsausdruck. „Keine Sorge, ich werd’s schon nicht herum erzählen, wenn es dir so wichtig ist.“

Verlegen kratzt sich der junge Sänger im Nacken und findet keine Worte.

„Schon okay.“, beendet Kanae müde lächelnd das Thema. „Hast du eigentlich alles gefunden, was ich dir aufgeschrieben hatte?“

„Ich denke schon; du kannst ja gleich mal nachsehen.“, schlägt Sho vor und hat mit einem Mal ein fröhliches Leuchten in den Augen. „Deine Leute sind übrigens toll. – Deine Mum hat mir jede Menge zu Essen mitgegeben; ich weiß zwar nicht, wer das alles essen soll, aber ... Na ja, sie ist halt deine Mum und macht sich Sorgen...“

„Ja, klar, anscheinend vor allem darüber, dass ich verhungern könnte...“, grummelt Kanae.

„Ach Quatsch.“, meint Sho lächelnd. „Sie war wirklich in Sorge, wie alle andern in deiner Familie auch. Ich musste ihnen tatsächlich alles haarklein erzählen und ihnen mindestens 1000 Mal versichern, dass es dir weitgehend gut geht. – Es wäre übrigens gut, wenn du nachher mal zu Hause anrufen würdest; ich glaube, das würde sie noch mehr beruhigen.“

„Oh Mann, ich weiß aber nicht, ob mein Kopf das so gut finden wird...“, stöhnt Kanae auf.

„Ich kann mir schon denken, warum.“ Sho grinst sie unverwandt an. „Natürlich hab ich mitgekriegt, dass sie alle ein bisschen chaotisch sind und wahrscheinlich ist es gar nicht so einfach, sie Tag und Nacht auszuhalten, ich kann mir schon denken, dass es da schwierig ist, Ruhe zum Arbeiten zu finden, ... aber... deine Leute sind echt in Ordnung. Du kannst das Gespräch ja kurz halten, Hauptsache, deine Mum hört deine Stimme; ich denke, das würde sie sehr beruhigen.“

Kanae seufzt leise. „Du hast noch nie versucht, mit meiner Mutter ein kurzes – ein wirklich kurzes – Gespräch zu führen, oder?“, fragt sie resignierend.

„Nö“, meint Sho grinsend, „ich hatte noch nicht das Bedürfnis, das Gespräch abzukürzen. – Nein, im Ernst: Wenn es dir zu viel wird, kann ich dir den Hörer auch abnehmen und ihr sagen, dass du dich jetzt besser ausruhst. Gib mir einfach ein Zeichen.“

„Na gut.“, lenkt Kanae ein wenig widerwillig ein. „Aber erst später. Nach dem Essen vielleicht.“

„Na, dann hoffe ich mal, dass du dich an dem ganzen Zeug nicht vollkommen überfrisst und keinen Ton mehr raus bringst; ich glaub, damit könnten wir beinahe die halbe Filmcrew satt kriegen.“, findet Sho. „Vielleicht sollten wir wenigstens Kyoko-chan etwas davon vorbei bringen, wir schaffen das unmöglich allein... Jedenfalls diese Woche nicht.“

„Vergiss es!“, sagt Kanae mit einem frechen Grinsen. „Netter Versuch, Fuwa, aber darauf fall ich nicht rein. Außerdem hat Kyoko schon vor zwei Stunden gegessen, ich hab nämlich schon mit ihr telefoniert.“ Kanaes Grinsen wird noch eine Spur breiter. „Und ich geb dir ihre Adresse nicht, selbst wenn du dich auf den Kopf stellst.“

Für einen kurzen Moment springt dem jungen Sänger die Enttäuschung geradezu aus den Augen, doch dann siegt die Neugier. „Du hast mit ihr gesprochen? Wie geht es ihr?“

„Besser als mir jedenfalls.“, antwortet Kanae. „Sie sagt, sie hat nur ein wenig Kopfschmerzen, ansonsten geht es ihr gut. – Übrigens gibt es Neuigkeiten von Erika Koenji.“

Sho hebt mit leichtem Stirnrunzeln die Brauen und so beginnt Kanae, ausführlich zu berichten.
 

„Kimiko Kamio?“, fragt Sho schließlich stirnrunzelnd; offenbar denkt er angestrengt nach.

„Es ist nicht wirklich ein Verlust, wenn du sie nicht kennst, ihre echten Erfolge liegen sowieso schon eine ganze Weile zurück.“, meint Kanae. „Ich denke, ihre erfolgreichste Rolle war die Michiko Umeda in ‚Liebe und Seide’“

„Oh, Moment!“ Bei Sho fallen sichtbar die 100-¥ -Stücke. „Diese bekloppte Serie hat doch meine Mutter immer gesehen; aber das muss ... ewig her sein. - Aber ... warum Kyoko-chan?“, überlegt er schließlich laut.

„Mal abgesehen davon, dass sie sie wegen Erika Koenjis Privatfehde mit mir auf der Rechnung hat, denke ich, die Dame ist eifersüchtig auf alle, die zu nah an Ren Tsuruga heran kommen. Und du weißt ja, dass sie als Ren-sans Kohai gar nicht anders kann , als ein gutes Verhältnis zu ihm aufzubauen.“ Kanae registriert Shos leicht angewidertes Stirnrunzeln und lacht. „Sei doch mal ehrlich! Ren-san ist ein ausgezeichneter Lehrmeister und Kyoko-chan hat schauspielerisch enorm davon profitiert, jedenfalls wenn man sich ihre Entwicklung im letzten halben Jahr mal so vor Augen führt.“

Sho hängt eine Weile versonnen seinen Gedanken nach, dann fragt er: „Wieso hat euer Oberboss ausgerechnet Kyoko-chan diesem ... Mister Superstar unterstellt?“

Kanae schaut ihn lange an, erst dann antwortet sie leise. „Weil sie verdammt viel Talent hat, Sho-kun. Mehr als ich und du zusammen. – Und vermutlich auch, weil sie selbst nur eine sehr kleine Ahnung davon hat, was da noch alles in ihr steckt.“

Shos Augen weiten sich unwillkürlich, sein Mund öffnet sich ... und schließt sich unvermittelt wieder.

Kanae sieht ihm ernst in die Augen. „Sie glaubt nur deshalb, ein vergleichsweise unbrauchbares Mauerblümchen zu sein, weil man es ihr seit frühester Kindheit eingebläut hat. Es hat mit ihrem Charakter zu tun: Sie hilft einfach gern und ist ein bisschen harmoniesüchtig. Wahrscheinlich war sie schon immer ein gehorsames Mädchen und hat mit allen Mitteln versucht, den Erwartungen zu entsprechen. – Was war es, das man von ihr erwartet hat?“

Sho wird plötzlich blass. „Jedem zu Diensten zu sein und sich ansonsten möglichst im Hintergrund zu halten...“, sagt er leise. „Und hart an sich zu arbeiten, damit ihr Ungeschick wenigstens nicht mehr so auffällt...“ Entsetzt starrt er Kanae an. „Oh, Gott, meine Mutter hat praktisch jeden Angestellten im Ryokan mit solchen Sprüchen bombardiert!“

„Ja“, sagt Kanae leise, „aber Kyoko-chan war keine Angestellte, sondern ein kleines Mädchen, das von seiner Mutter verlassen worden war. Sie hat nicht mal einen Lohn für ihre Anstrengungen bekommen, oder?“

„Nein“, flüstert Sho betroffen, „wenn ich so überlege, hat sie nicht mal ein kleines Taschengeld bekommen.“

„Hm, und du?“, fragt Kanae vorsichtig. „Du hast auch nicht gerade zu ihrem Selbstwertgefühl beigetragen, oder?“

„Nein“, gibt Sho zögernd zu, „wohl nicht. – Mein Gott, ich war so sauer, dass sie mich einfach so mit ihr verheiraten wollten – ohne auch nur in Betracht zu ziehen, mich nach meiner Meinung zu fragen... Ich glaub, ich hab den ganzen Ärger komplett an ihr ausgelassen.“

„Kyoko-chan wurde auch nicht wirklich gefragt.“, gibt Kanae zu bedenken. „Ich weiß, möglicherweise sah es für dich nicht danach aus, weil sie dich so sehr mochte...“ Ernst greift sie ihm an die Schulter und sieht ihm fest in die Augen. „Das kannst du auch nicht wieder gut machen, Sho-kun. – Aber du kannst versuchen, einen neuen Anfang zu machen. Begeh nicht den Fehler, jetzt etwas von ihr zu fordern; sei ihr ein Freund, vielleicht eine Art Bruder. Das ist der Einzige Weg, den ich sehe. – Lass sie ihr Leben leben. Das ist das Beste, was du tun kannst.“ Seufzend reibt sie sich den Nacken. „Herrje, in diese Richtung sollte das Gespräch eigentlich gar nicht gehen. Der Tag war auch so schon unerfreulich genug...“

„Schon okay“, meint Sho leise, „du hast ja Recht. Ich führ mich hier als so eine Art Rächer auf, dabei war ich selbst nicht sehr viel besser als Koenji-san...“

„Na ja“, meint Kanae grinsend, „ganz so schlimm warst du dann doch nicht; immerhin hast du nicht versucht, sie umzubringen.“ Zwinkernd schlägt sie ihm auf die Schulter. „Oh Mann, jetzt hab ich wirklich Hunger!“

„Ja ja, Kanae-sama“, antwortet Sho breit grinsend, „ich hab schon verstanden. Das Essen ist so gut wie unterwegs.“ Lachend salutiert er und begibt sich schnurstracks in die Küche, um das Essen aufzuwärmen, ganz so, wie er es sich von Kanaes Mutter ausführlich hatte erklären lassen.

Feuilleton-Nachrichten

Ein frohes neues Jahr euch allen!

Starten wir gleich durch mit einem Kapitel, das mal wieder ein bisschen mehr Romantik bietet, so wird der Start ins neue Jahr doch gleich viel hoffnungsvoller, oder? ☺ Allerdings warne ich vorsichtshalber schon mal vor, dass es beim nächsten Kapitel zu Verzögerungen kommen kann, weil es noch einiges an Vorarbeit braucht, bis ich weiter schreiben kann; es wird nämlich hauptsächlich um die von vielen so heiß ersehnte Begegnung mit Kyokos Großvater gehen.

Aber bis dahin genießt einfach dieses Kapitel; sabbern und sehnsuchtsvolles Stöhnen sind durchaus erlaubt. ^_-

Viel Spaß beim Lesen. ☺
 

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Schon okay“, meint Sho leise, „du hast ja Recht. Ich führ mich hier als so eine Art Rächer auf, dabei war ich selbst nicht sehr viel besser als Koenji-san...“

„Na ja“, meint Kanae grinsend, „ganz so schlimm warst du dann doch nicht; immerhin hast du nicht versucht, sie umzubringen.“ Zwinkernd schlägt sie ihm auf die Schulter. „Oh Mann, jetzt hab ich wirklich Hunger!“

„Ja ja, Kanae-sama“, antwortet Sho breit grinsend, „ich hab schon verstanden. Das Essen ist so gut wie unterwegs.“ Lachend salutiert er und begibt sich schnurstracks in die Küche, um das Essen aufzuwärmen, ganz so, wie er es sich von Kanaes Mutter ausführlich hatte erklären lassen.

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Feuilleton-Nachrichten
 

Es ist Samstagabend und Kyoko sitzt, nur mit rosa Satinwäsche und Pantoffeln bekleidet, vor dem Schminktisch in ihrem Schlafzimmer und legt letzte Hand an ihr Make-up. Sorgfältig zieht sie die Lippen mit der rosa Farbe nach und sinniert darüber, wie leicht ihr so was mittlerweile von der Hand geht.

>Noch vor einem halben Jahr hätte ich für so ein Abend-Make-up Stunden – und sicher auch mehrere Anläufe gebraucht... Wie gut, dass es an den Sets in der letzten Zeit so viele nette Maskenbildner und Stylisten gab, die mir alle möglichen Tricks beigebracht haben, sonst wär ich jetzt wirklich aufgeschmissen...< Schmunzelnd hält sie inne und kichert leise. >Nein, wär ich vermutlich nicht<, berichtigt sie sich selbst, >notfalls hätte uns Takarada-san einen Stylisten geschickt ... oder wir wären vorher noch in der Agentur vorbeigefahren... Schließlich sollen wir ihn ja angemessen bei der Gala vertreten...<

Nachdenklich betrachtet sie sich einen Moment lang im Spiegel und greift dann noch ein Mal zum Rougepinsel, weil das Rosa auf ihren Wangen ihrer Meinung nach doch ein klein wenig zu blass geraten ist für diesen Anlass.

Hinter ihr betritt grinsend und vorerst noch unbemerkt Ren das Zimmer, schwarze Highheels aus Lackleder in der Hand. Erst als Kyoko den Pinsel wieder ablegt, entdeckt sie ihn durch den Spiegel ... und errötet schneller als ein Hummer, der in kochendes Wasser geworfen wird. Instinktiv bedeckt sie ihre Brüste mit den Händen.

Rens Grinsen wird breiter. Liebevoll umarmt er sie von hinten und küsst sie sanft auf die Schulter, während er die Schuhe vor ihrem Gesicht in der Luft baumeln lässt.

„Hier, deine Schuhe.“, flüstert er und jagt seiner jungen Frau mit jedem Atemzug heiße Schauer durch den Körper. Schmunzelnd registriert er ihre offensichtliche Verlegenheit und Verwirrung und setzt aus lauter Übermut noch eins drauf. „Ich würde dich auch durchaus in diesem Aufzug mitnehmen.“

Das Rot in Kyokos Gesicht wird augenblicklich noch ein bisschen tiefer, doch schon Sekunden später gewinnt ihre Empörung die Überhand. Kleine Dämonenwölkchen schwirren plötzlich um ihren Kopf und nur mit größter Anstrengung gelingt es ihr – quasi im allerletzten Moment – den Impuls zu unterdrücken, Ren mit dem Stiel des Puderpinsels kräftig auf den Kopf zu schlagen. „Das könnte dir so passen!“, empört sie sich.

Ren hingegen ist vollkommen unbeeindruckt von diesem ebenso kurzen wie heftigen Gefühlsausbruch. Sanft lächelnd reibt er seine Wange an ihrer, sie immer noch fest in den Armen haltend. „Das war doch nur ein Scherz, Hime-chan.“ Plötzlich wieder ernst, hebt er den Kopf und schaut sie durch den Spiegel an. „Ich glaube nicht, dass es mir gefallen würde, wenn dich noch jemand anderes so sehen könnte. – Mir ist schon klar, dass ich dich mit vielen Menschen werde teilen müssen, aber es gibt einfach Dinge, die ich ganz für mich allein haben möchte.“, sagt er und strahlt mit einem Mal den „Eroberer der Nacht“ dermaßen intensiv aus, dass Kyoko mit einem Mal trotz der luftigen Kleidung ausgesprochen heiß wird.

„Ich glaube, ich wäre rasend eifersüchtig.“, fügt Ren noch leise hinzu.

Kyoko seufzt leise. „Gerade noch mal die Kurve gekriegt...“, murmelt sie versöhnt und kann sich ein Lächeln nun nicht mehr verkneifen.

Mit einem zärtlichen Kuss entlässt Ren seine junge Frau aus seinen Armen, die darauf für einen Moment unwillkürlich fröstelt. Leise seufzend greift sie zur Parfümflasche und sprüht ein wenig von dem Duft auf ihre Handgelenke und ihren Hals, doch ein Blick in den Spiegel lässt sie erschrocken innehalten.

„Oh!“, sagt sie verlegen. „Ich hoffe, ich hab dich jetzt nicht total eingenebelt.“

„Kein Problem“, meint Ren lächelnd, „ich mag den Duft. Wie heißt er doch gleich? Odette, nicht?“

Kyoko nickt nur.

„Dank deines Werbespots ist das Parfüm im Moment ja geradezu Kult, allerdings bist du die einzige Frau, die ich kenne, an der der Duft nicht kitschig oder aufgesetzt wirkt; ich finde, er passt zu dir.“

„Danke.“, sagt Kyoko leise und senkt verlegen den Blick.

„Wofür?“, lacht der junge Schauspieler.

„Ich...“, beginnt Kyoko stammelnd, doch dann fällt ihr etwas ein. „Oh, mein Gott! Aber was ist, wenn auffällt, dass du nach meinem Parfüm riechst?“

„Selbst wenn...“, findet Ren und grinst schelmisch. „Ich mag es, wenn mich dein Geruch umgibt. – Außerdem wird mir im Ernstfall schon eine passende Ausrede einfallen...“ Zärtlich nimmt er ihr Kinn zwischen seine Finger und holt es ein bisschen näher zu sich heran, um ihr einen kleinen Kuss auf die Nase zu hauchen. „Viel lieber wäre mir allerdings, wenn dieses Versteckspiel endlich ein Ende hätte.“

Kyoko seufzt. Eigentlich ist sie nicht ganz sicher, ob sie wirklich möchte, dass alle Welt von dieser Verbindung weiß... Kaum merklich mit den Schultern zuckend löst sie sich von ihrem Mann, erhebt sich vom Stuhl und greift nach dem Kleiderbügel, um sich nun endlich anzuziehen. Weich fließt dabei der luftige, kräftig rosa Stoff zwischen ihren Händen hindurch und legt sich schließlich geschmeidig um ihren Körper.

Genüsslich grinsend beobachtet Ren, wie Kyoko in das hochgeschlossene Kleid hineinschlüpft und dann die langen Trompetenärmel ein wenig zurechtzupft, während er selbst gedankenverloren mit ihren Schuhen herumspielt. Als sie beginnt, den Reisverschluss zu schließen, tritt er schnell hinter sie und drückt ihr die Schuhe in die Hand.

„Lass mich das machen, Hime-chan.“, sagt er, macht sich zärtlich an die Arbeit und jagt Kyoko dabei prompt erneut feurige Schauer durch den Körper. Als er zum Schluss den kleinen, schwarzsamtenen Stehkragen am Kleid ordnet, muss sie sich schwer beherrschen, nicht lustvoll aufzustöhnen. Natürlich registriert ihr Mann genau dies und fährt genüsslich damit fort, sie zu reizen. Leise vor sich hingrinsend fährt er noch ein Mal zart über die Strasssteinchen, die den Kragen zieren. Dann greift seine Hand warm nach der Kante ihres Unterkiefers und dreht ihr Gesicht etwas weiter nach hinten, um ihr einen Kuss auf den Mundwinkel hauchen.

„Hilfst du mir auch mit dem Mieder?“, fragt Kyoko mit belegter Stimme, nachdem sie sich leise geräuspert hat.

„Natürlich.“, flüstert Ren lächelnd... Scheinbar schon im nächsten Moment ist er mit dem Miedergürtel hinter ihr und beginnt, ihn sorgfältig um ihre Taille zu schnüren.

Kyoko kommt es vor, als habe er sie in eine Art Trance versetzt; sie hat nicht einmal mitbekommen, dass er zu ihrem Himmelbett gegangen ist und das kurze, strassbesetzte Korsett aus schwarzem Samt von dort geholt hat. Stattdessen ist sie vollkommen gefangen in den Empfindungen, die seine zärtlichen Hände auf ihrem Körper auslösen und hat nicht einmal bemerkt, dass sie die Schuhe achtlos hat fallen lassen. Erst als er fertig ist und sie zu sich herumdreht, um sein Werk ebenso eingehend wie wohlwollend zu betrachten, taucht sie langsam wieder aus diesem Zustand auf.

„Du siehst einfach zauberhaft aus, Hime-chan.“, seufzt Ren schließlich mit rauer Stimme. „Aber ist das nicht zu eng? Ich meine, nachher beim Essen drückt das sicher auf den Magen...“

„Ich glaube nicht, dass das ein Problem ist.“, beruhigt ihn seine Frau lächelnd. „Das fühlt sich jedenfalls nicht großartig anders an, als im Kimono ... nur dass es eine deutlich bessere Figur macht.“

„Ja“, bestätigt Ren mit einem leicht säuerlichen Grinsen, „sexy und ausgesprochen verführerisch ... und nicht die geringste Möglichkeit, zwischendurch mal an ein Stückchen nackte Haut von dir zu kommen. Das Kleid ist einfach viel zu umständlich auszuziehen...“

Kyoko wird postwendend rot und schnappt unwillkürlich nach Luft. „Du... Also wirklich...“, stammelt sie fassungslos, „manchmal... manchmal werd ich den Eindruck nicht los, ... dass du es geradezu darauf anlegst, mit mir in flagranti erwischt zu werden...“

Ren zuckt grinsend mit den Schultern. „Das würde zumindest dieses unwürdige Versteckspiel beenden.“

Kyoko schnappt erneut nach Luft, doch bevor sie etwas sagen kann, nimmt Ren sie kurzerhand in seine Arme und küsst sie leidenschaftlich.

„Keine Sorge“, sagt er leise, als er sich wieder von ihr löst, „ich werde dich nicht in eine so peinliche Situation bringen. Um keinen Preis der Welt. – Gib mir noch einen Kuss, damit ich heute Abend nicht in Versuchung komme.“, fordert er leise.

„Du kannst froh sein, dass der Lippenstift absolut kussecht ist.“, murmelt Kyoko seufzend ... und küsst dann ihren Mann so innig, dass er leise aufstöhnt.

„Du machst mich echt fertig.“, stellt er seufzend fest, als sie ihre Lippen von seinen löst.

„Ich dich?!“, fragt Kyoko lachend zurück. „Wohl eher umgekehrt... – Müssen wir eigentlich nicht langsam los?“

Ein kurzer Blick auf seine Armbanduhr lässt ihn erneut aufseufzen. „Stimmt.“, meint er. „Die LME-Limousine müsste eigentlich schon da sein; der Fahrer wollte unten in der Tiefgarage auf uns warten.“

„Dann sollte ich mich jetzt wohl besser fertig machen.“ Suchend sieht sie sich nach den Schuhen um, doch Ren ist schneller. Grinsend bück er sich danach, setzt seine junge Frau mit sanfter Gewalt auf den Stuhl und beginnt, ihr überaus zärtlich die Schuhe anzuziehen. Selbstverständlich lässt er es sich dabei nicht nehmen, zusätzlich sachte ihre Unterschenkel zu streicheln.

„Oh, bitte“, sagt Kyoko beinahe schon verzweifelt, „hör auf, mich ständig aufzuziehen.“

Mit einem schrägen Grinsen im Gesicht blickt Ren auf. „Ich ziehe dich nicht auf. - Höchstens aus.“

Kyoko rollt resignierend mit den Augen. „Hey!“, meint sie streng. „Hast du mal daran gedacht, dass ich den Abend auch irgendwie überstehen muss? – Möglichst ohne mich zu verplappern?“

Überrascht öffnet der junge Schauspieler den Mund, findet jedoch erst nach einer Weile die richtigen Worte.

„Ein durchaus zu beachtender Gesichtspunkt.“, meint er dann schmunzelnd und hilft Kyoko galant von Stuhl auf. „Lass uns gehen, der Fahrer wartet sicher schon.“

„Jemand, den wir kennen?“, fragt Kyoko.

„Ja, es ist derselbe, der uns schon an unserem Hochzeitstag gefahren hat. – Takarada meinte, wir sollten lieber auf Nummer sicher gehen.“

„Wahrscheinlich hat er damit sogar Recht.“, findet Kyoko, während sie einen intensiven Seitenblick auf ihren Mann wirft. „Meine Güte“, murmelt sie vor sich hin, „du stichst selbst noch in einem stinknormalen, klassischen Smoking wie ein Top-Model heraus. – Da sitzt jede verdammte Falte richtig...“

Grinsend schaut Ren sie von oben herab an. „Sollte man bei einem Maßanzug auch erwarten, oder?“, meint er trocken. Sein Blick wird unvermittelt weicher. „Du siehst wirklich fantastisch aus, Liebling.“ Galant reicht er ihr den Arm, den sie nach kurzem Zögern lächelnd ergreift.

„Übrigens hat das Kleid durchaus auch seine Vorzüge“, meint Ren mit einem vergnügten Seitenblick auf seine Frau, „es knittert überhaupt nicht ... was bedeutet, dass ich dich so oft in die Arme nehmen kann, wie ich will, ohne dass es sichtbare Spuren hinterlassen wird.“

Kyoko rollt nur seufzend mit den Augen...
 

Als die Beiden etliche Stunden später das Luxushotel, in dem die Gala stattgefunden hat, verlassen und in die LME-Limousine einsteigen, kann sich Ren ein leises Kichern nicht verkneifen.

„Scheint ein durch und durch gelungener Abend gewesen zu sein.“, bemerkt der Fahrer mit einem überaus freundlichen Lächeln, während er das junge Paar durch den Rückspiegel beobachtet und bereits wieder anfährt.

„Das kann man durchaus so sagen, Aoyagi-san.“, bestätigt Ren grinsend. „Jedenfalls habe ich es den ganzen Abend über geschafft, mein Mädchen für mich zu behalten, die Konkurrenz in Schach zu halten und darüber hinaus den Spendenscheck von Takarada-san werbewirksam an den Mann zu bringen.“

„Konkurrenz!“, schnaubt Kyoko augenrollend. „Die hatte ja wohl eher ich als du. – Aoyagi-san, Sie glauben ja gar nicht, auf was für haarsträubende Geschichten manche Frauen kommen, nur um mit diesem Mann tanzen zu können. Ich will mir gar nicht ausmalen, auf was manche von denen noch so alles aus waren...“

„Oh, ich bin sicher, Tsuruga-san hat all diese Vorstöße souverän abgeblockt.“, meint der Fahrer schmunzelnd.

„Das schon.“, gibt Kyoko zu. „Allerdings wurde er dabei umso unverschämter, je weniger Reporter in der Nähe waren. – Als zum Schluss gar keine Journalisten mehr da waren, hat er einer sogar gesagt, er würde lieber mit seiner Mutter tanzen, als sich mit so einem Trampel auf der Tanzfläche blicken zu lassen.“

„Was ja auch stimmt.“, verteidigt sich Ren grinsend. „Meine Mum ist eine beinahe so gute Tänzerin wie du. – Und dieses Möchtegern-Promiweib hatte uns schon auf der Tanzfläche angerempelt und ist mir auf die Füße gestiegen, ohne dass überhaupt ich mit ihr getanzt hab. Du hättest beinahe ihren Ellenbogen in die Nieren gekriegt, wenn ich nicht rechtzeitig abgedreht hätte.“

„Himmel, so was kann doch passieren in dem Gewühl auf der Tanzfläche!“, findet Kyoko. „Ich bin bloß froh, dass diese Abfuhr sonst keiner mitbekommen hat. Das war jedenfalls sehr rüde.“

„Ansonsten hätte ich es sicher auch ein wenig diplomatischer ausgedrückt, dass sie sich verziehen soll.“, behauptet Ren mit einem schrägen Grinsen. „Bei deinen Verehrern haben ja meist schon böse Blicke ausgereicht.“ Leise kichernd registriert er, wie Kyoko ihn mit hochgezogenen Brauen von der Seite mustert.

„So viele waren das ja wohl kaum.“, meint sie skeptisch.

„Ich habe sie nicht gezählt“, antwortet Ren mit einem trockenen Grinsen, „aber ich war einen ziemlich großen Teil des Abends damit beschäftigt, deine Verehrer in die Flucht zu schlagen.“

„Wer’s glaubt...“, murmelt Kyoko wenig überzeugt ... und findet sich nur einen kurzen Augenblick später in einen leidenschaftlichen Kuss verwickelt und fest von Koons Armen umschlossen.

Schmunzelnd grinst der Fahrer in sich hinein. Für diese entzückende Szene hätte er seine Fahrbereitschaft gern auch noch bis zum Morgengrauen ausgedehnt.
 

Ein paar Kabbeleien und Knutschereien später kommen sie endlich zu Hause an und Kyoko kann sich ihre Schuhe nicht schnell genug von den geschundenen Füßen reißen. Ren lässt ihr gerade noch Zeit, sie auf den Boden zu werfen, da hat er sie auch schon auf dem Arm und trägt sie in ihr Wohnzimmer, wo er sie behutsam – und breit grinsend - auf dem Sofa absetzt.

„Dir tun die Füße weh, hm?“, fragt er verschmitzt.

Kyoko hebt kurz die Augenbrauen und sieht ihn dann argwöhnisch an.

Natürlich schmerzen meine Füße! Wessen Schuld, glaubst du, ist das?!“

„Hey“, wehrt Ren lachend ab. „ich hab nur getan, was der große Boss von uns verlangt hat!“

„So-so...“, schmollt das Mädchen halbherzig. „Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass er dabei von so einer Art Leistungssport gesprochen hat.“ Leise stöhnend versucht sie, ihre Fußgelenke ein wenig zu lockern, was jedoch schnell in Muskelkrämpfen endet.

Ren reagiert ohne nachzudenken. Vorsichtig ergreift er ihre Füße und zieht die schmerzenden Muskeln wieder auseinander. Dann beginnt er, nacheinander beide Füße zu massieren und zu dehnen.

Kyoko seufzt erleichtert auf.

„Warte einen Moment“, meint Ren schließlich leise, „ich hol schnell etwas Körperöl, dann geht es noch besser.“

Schwungvoll erhebt er sich und verschwindet in Richtung Badezimmer, wobei er in hohem Bogen Smokingjacke und Fliege von sich wirft.

Als er kurz darauf wieder im Wohnzimmer auftaucht, hat Kyoko ihre Taille gerade von dem Korsett befreit und macht es sich wieder auf dem Sofa bequem.

„Doch zu eng?“, fragt Ren, doch Kyoko winkt lächelnd ab.

„Eigentlich nicht“, meint sie, „allerdings nur, wenn ich kerzengerade auf der Couch sitze ... und ich denke, das dürfte in den nächsten Minuten eher schwierig werden.“

„Da könntest du Recht haben, mein Herz.“, schnurrt Ren und lässt sich in einer fließenden Bewegung auf die Knie nieder. Langsam öffnet er sein Hemd und beobachtet grinsend, wie das Rot im Gesicht seiner jungen Frau unaufhaltsam tiefer wird. Dann öffnet er die Flasche, die er mitgebracht hat, und verreibt zunächst ein wenig Öl auf seinen Handflächen, um es dann sorgfältig auf Kyokos Füßen zu verteilen und einzumassieren.

Das Mädchen stöhnt verzückt auf und schließt lächelnd die Augen. Grinsend setzt Ren sein Werk fort und registriert zufrieden, wie seine Frau sich mehr und mehr entspannt.

„Oh, Gott, tut das gut.“, seufzt sie schließlich leise und sieht ihn neugierig an. „Wo hast du so was gelernt?“

Ohne in seinem Tun nachzulassen, blickt er auf und lächelt sanft. „Als ich klein war, hab ich meiner Mum öfter die Füße massiert. Du weißt, sie ist Model und wenn sie von ihren Jobs kam, haben ihr die Füße oft ziemlich wehgetan.“ Seine Augen blitzen sie plötzlich verschmitzt an. „Aber das hier hab ich nie mit ihr gemacht.“, sagt er und arbeitet sich frech ihren Schenkel hinauf, während er sanft den Stoff ihres Kleides mit der Nase hinauf schiebt und dann sachte ihre Knie küsst.

Kyoko jagen unwillkürlich heiße Schauer durch den Körper. „Das will ich auch schwer hoffen.“, flüstert sie heiser.

„Worauf du dich verlassen kannst.“, wispert Ren. „Das ist nur für mein geliebtes Eheweib.“

Plötzlich hält er inne. „Würdest du mir einen Gefallen tun, Hime-chan?“

„Ich glaube kaum, dass in diesem Zustand noch in der Lage bin, dir irgendeine Bitte abzuschlagen.“, flüstert Kyoko mit einem resignierenden Lächeln.

„Zieh das Kleid aus. – Wenn der Stoff nicht im Weg ist, kann ich dir noch mehr Gutes tun.“

Ein wenig verlegen schaut sie ihn an. „Wenn du mir hilfst...“, beginnt sie.

Ren steht schon grinsend auf den Füßen und reicht Kyoko, die ihn etwas verdutzt anstarrt, seine Hand.

„Könnest du ... bitte...“, beginnt sie stammelnd und errötet erneut.

„Was denn?“, flüstert Ren lächelnd und küsst sie sanft auf die Stirn.

„Ich... Wäschst du dir bitte die Finger; das Kleid ... ist nur geliehen und ich möchte nicht,...“

„Kein Problem.“ Mit einem schrägen Grinsen zieht er sein Hemd aus und wischt gründlich seine Hände daran ab. Dann wirft er es einfach in hohem Bogen von sich. „Ich denke das reicht.“, verkündet er gut gelaunt, während er leise kichernd Kyokos entsetzten Gesichtsausdruck registriert. „Was ist?“, fragt er lachend.

„Das... das teure Hemd!“, stammelt sie entsetzt.

Sachte nimmt er ihr Gesicht in beide Hände. „Du glaubst gar nicht, wie unwichtig dieses Hemd gegen dich ist, Hime-chan.“ Liebevoll küsst er sie auf den Mund und dreht sie dann herum, um ihr den Reißverschluss zu öffnen. Dann schiebt er langsam den Stoff über ihre Schultern, lässt ihn wie eine Kaskade an ihr hinunter zu Boden gleiten und kann dabei förmlich fühlen, wie ihr Gesicht wieder rosa anläuft. Lächelnd dreht er sie herum und betrachtet sie einen Moment eingehend.

„Lecker.“, findet er.

„Koon, ... bitte!“, seufzt Kyoko schon beinahe verzweifelt.

„Was denn, Liebste? Ich sag doch nur die Wahrheit.“, gibt Ren grinsend zurück und schmatzt ihr einen kleinen Kuss auf die Nase. „Außerdem finde ich, dass wir das Ganze vielleicht doch besser im Schlafzimmer fortsetzen sollten.“

Sagt’s und hat seine verblüffte Frau bereits auf den Armen. „Also, zu dir oder zu mir?“, fragt er lachend.

Seufzend lehnt Kyoko ihren Kopf an seine Brust und atmet seufzend ein paar Mal tief durch, um wenigstens wieder einigermaßen zu Verstand zu kommen.

„Zu dir.“, antwortet sie schließlich leise. „Da hast du mehr Platz, du Riesenbaby.“

„Mal sehen, ob du deinen Mann nachher auch noch als Baby bezeichnen wirst...“, brummt Ren leise, während sein Grinsen breiter und das Rot in Kyokos Gesicht tiefer wird.
 

Ein leichtes Frösteln an den Schultern weckt Kyoko am nächsten Morgen aus einem viel zu kurzen Schlaf. Seufzend öffnet sie ihre Augen und stellt gleich darauf drei Dinge fest: Erstens ist es bereits Nachmittag, zweitens ist sie splitterfasernackt – was ihren ausgekühlten Oberkörper erklärt - und drittens scheint Koon schon vor längerer Zeit aufgestanden zu sein, denn seine Bettseite ist nicht nur leer, sondern auch kalt.

Kurz entschlossen greift sie nach seinem Kissen, um wenigstens noch ein wenig in seinem Geruch zu schwelgen, solange sie sich noch mal in ihre Decke kuschelt und sich aufwärmt.

Ein paar Minuten liegt sie so da und träumt lächelnd vor sich hin, dann poltert es unvermittelt gegen die Tür.

„Bist du wach, Hime-chan?“, hört man es dumpf dahinter, während irgendetwas leise scheppert.

Kyoko bestätigt durch ein kurzes „Ja.“

„Machst du mir bitte die Tür auf? Ich krieg die Klinke nicht runter mit dem Tablett in der Hand.“

>Tablett?< Ohne nachzudenken, springt Kyoko aus dem Bett und steht schon vor der Schafzimmertür, als ihr auffällt, dass sie gar nichts an hat und während sie die Tür öffnet, kriecht unaufhaltsam die Röte in ihr Gesicht.

Unnötig zu erwähnen, dass das Grinsen in Rens Gesicht darauf beinahe sein Gesicht zu sprengen droht...

Trotzdem verkneift er sich jede Bemerkung und stellt stattdessen das Frühstückstablett auf dem Kingsizebett ab. Dann nimmt er den Bademantel, den er die ganze Zeit über dem Arm hatte, in die Hände und legt ihn lächelnd um Kyokos Schultern.

„Ich dachte, dir ist bestimmt ein bisschen kalt.“, erklärt er leise. „Und in Anbetracht der Tatsache, dass wir unsere Klamotten heute Nacht praktisch in der halben Wohnung verteilt haben, sollte wohl fürs Erste dein Bademantel genügen.“

Kyoko hebt eine Hand und kichert leise. „Darf ich darauf hinweisen, dass du es warst, der die Sachen überallhin geworfen hat?“, fragt sie schmunzelnd.

Ren schaut sie einen Moment lang grinsen an, dann meint er: „Nein. Du bist ja schließlich Schuld.“

„Was?!“ Seine Frau sieht ihn vollkommen verwirrt an.

„Ja“, behauptet er frech, „weil du so sexy bist.“

„Aa-ha.“, macht Kyoko, zuckt leicht mit den Schultern und wechselt einfach das Thema. „Hast du das etwa selbst gemacht?“, fragt sie verblüfft, indem sie auf das Tablett deutet, auf dem sich ein anständiges europäisches Frühstück befindet.

„Nein, mein Herz, außer für Tee und Kaffee habe ich keinen meiner kostbaren Finger krumm gemacht.“, gibt der junge Schauspieler grinsend zurück. „Yukihito war heute schon hier und hat Frühstück und jede Menge Zeitungen mitgebracht mit Artikeln von der Gala. – Was mich daran erinnert, dass ich den Stapel noch holen muss.“ Gut gelaunt macht er sich auf den Weg ins Wohnzimmer und ruft ihr über die Schulter noch ein „Fang doch schon mal an“ zu.

Als er mit einem Arm voll Zeitungen zurückkommt, hält ihm Kyoko bereits eine Tasse Kaffee entgegen, die er, nachdem er grinsend den Papierstapel auf dem Bett abgestellt hat, mit einem Kuss entgegennimmt.

„Yukihito und Rina haben die ganze Nacht vor dem Computer gesessen und Meldungen über die UNICEF Gala gesucht und heute Morgen alle Bahnhofskioske abgeklappert.“, erklärt er.

„Wie es scheint, hatten sie auch eine kurze Nacht.“, merkt Kyoko trocken an.

Rens Grinsen wird ein wenig anzüglicher. „Aber ich wette, sie hatten nicht so viel Spaß dabei...“

Leise seufzend verbirgt Kyoko ihr Gesicht hinter ihrer Teetasse, allerdings hat das verräterische Rot ihr Gesicht wieder mal voll im Griff und so bleibt Ren ihre Verlegenheit natürlich nicht verborgen.

„Ich liebe dich.“, sagt er leise und küsst sie zart auf die Wange ... was an Kyokos Gesichtsfarbe freilich nicht das Geringste ändert...

Eine Weile frühstücken sie schweigend, dann teilt Ren schließlich mit einem Zwinkern den Zeitungsstapel zwischen ihnen auf und sie beginnen, die markierten Seiten darin zu lesen.

„Takarada-sans Strategie scheint ja weitgehend aufzugehen.“, merkt Ren nach ein paar Minuten an. Sein Blick wirkt dabei weitaus befreiter als er vor sich selbst zugeben würde.

„M-hm.“, bestätigt Kyoko ohne aufzusehen. „Sieht bisher eigentlich alles ganz positiv aus; warten wir mal ab, wie die Fans reagieren...“

„Hey, der Satz hier gefällt mir!“, meint Ren plötzlich grinsend. „... ‚Alles in Allem kann man wohl sagen, dass Ren Tsuruga und Kyoko Mogami schauspielerisch eine Art Dreamteam zu sein scheinen, zumal ihre Kollegen Ähnliches verlauten lassen.’ – Ich finde, das trifft die Sache ausnahmsweise mal ziemlich gut. – Auch wenn es nicht die ganze Wahrheit ist.“

„Warte mal, zu ‚Crazy Alliance’ hatte ich vorhin auch was...“, überlegt Kyoko, während sie eifrig die Seiten durchsucht. „Hmm, ah ja, hier. - Bla, bla, bla... ‚So gelöst und gut gelaunt hat man Ren Tsuruga noch nie gesehen. Die Dreharbeiten zu Crazy Alliance scheinen ihm großen Spaß zu machen, wenn er nach einer harten Drehwoche sogar noch die Energie hat, die halbe Nacht durchzutanzen. Wir freuen uns jedenfalls jetzt schon auf die Premiere.’ – Damit ist der PR-Auftrag wohl eindeutig erfüllt.“

„Ich denke schon, unser lieber Herr Regisseur wird sich jedenfalls freuen.“, meint Ren und schlägt eine neue Zeitung auf. Lachend hält er inne. „Hör dir das hier an: ‚...allerdings haben die beiden Schauspieler sich strikt geweigert, uns einige kleine Szenen aus ihrem neuesten Film zum Besten zu geben. Mogami-san meinte, für einen solch festlichen Anlass sei es einfach unangemessen. Auf Nachfrage erklärte sie lachend, dass dafür die Dialoge eindeutig zu viele Schimpfworte enthalten würden und Tsuruga-san fügte hinzu, dass sie aus vertragsrechtlichen Gründen ohnehin nicht zu viele Details preisgeben dürften. – Allerdings sicherte er uns augenzwinkernd und bestens gelaunt zu, dass sie sich mit dem Dreh beeilen würden, damit wir den Film möglichst bald im Kino sehen können.’ – Mann, diese zwei Reporterinnen waren aber auch hartnäckig; stell dir vor, wir hätten tatsächlich angefangen, da zu improvisieren.“ Lachend schüttelt er den Kopf, während es Kyoko mit einiger Mühe gelingt, ein Kichern zu unterdrücken.

„Oh, hier sind ein paar sehr schöne Fotos von uns.“, meint Ren schließlich und reicht seiner Frau eine Seite, um sie ihr zu zeigen.

„Oh!“, macht Kyoko nur, als ihr Blick darauf fällt. Ein zartes Rosa kriecht auf ihre Wangen.

„Ich hab doch gesagt, dass du zauberhaft aussiehst in dem Kleid.“, triumphiert Ren grinsend. „Wieso glaubst du mir eigentlich nie?“

„Ich...“, stammelt sie verlegen und gibt ihm das Papier zurück. Eigentlich wollte sie etwas erwidern, doch nun fehlen ihr doch die Worte und so nimmt sie lieber eine der Zeitungen auf, um weiter darin zu stöbern. Unvermittelt fallen ein paar lose Seiten aus der Zeitung.

„Huch, was ist das denn?“, wundert sie sich und sieht sich die Blätter genauer an. „Ach so, Yukihito-kun hat ein paar Internet-Artikel von heute Nacht hat ausgedruckt, wie es scheint. – Sieh mal!“ Sie reicht ihrem Mann einige der Blätter.

„Aha.“, lacht Ren, als es überfliegt. „Hör mal! ‚...wie Gerüchte besagen, sollen die beiden Schauspieler die Gala erst gegen zwei Uhr verlassen haben, als selbst der letzte Journalist bereits die Segel gestrichen hatte. Und es heißt, sie hätten sich bis zum Schluss köstlich amüsiert. So ausgelassen und zugänglich hat man zumindest Ren Tsuruga noch nicht erlebt.’“

„Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf die Idee kommt, dass du verliebt bist...“, prophezeit Kyoko stöhnend.

„Das ist ja auch die reine Wahrheit, Hime-chan.“, gibt Ren mit einem sanften Lächeln zurück und holt sich mit zwei Fingern an ihrem Kinn ihr Gesicht näher heran, um sie weich auf den Mund zu küssen. Dann leckt er sich genüsslich über die Lippen. „Mir fällt es jeden Tag schwerer, so zu tun, als wären wir allenfalls gute Freunde.“, flüstert er.

Kyoko kann sich nicht schnell genug wieder auf die Artikel vor sich konzentrieren, um von ihrer Verlegenheit abzulenken. Schließlich geht es ihr ja durchaus ähnlich...

„Oh, nein...“, ächzt sie plötzlich und wird ein wenig blass. „Sieh dir das hier an! – Es ist wirklich nur eine Frage der Zeit, bis wir auffliegen...“

„Hmm...“, macht Ren, während er den Kommentar kurz überfliegt, dann lacht er laut los. „Das ist wirklich... klasse! - ‚Es ist nicht so, dass nicht auch andere Männer an diesem Abend versucht hätten, Kyoko Mogami zum Tanz aufzufordern, jedoch wurde man das Gefühl nicht los, dass Ren Tsuruga die meisten durch bloße Blicke davon abhielt. – Vielleicht hatte er ein bisschen Angst, dass seine junge, vergleichsweise unerfahrene Filmpartnerin unter die Räder gerät. – Vielleicht ist das auch nicht einmal verwunderlich, hört man doch, dass er auf Order des legendären LME-Chefs Takarada seit einiger Zeit als ihr Sempai agiert...’ – Hab ich es dir nicht gestern erzählt?“ Ren lacht erneut auf. „Und du wolltest mir nicht glauben, dass ich die Kerle reihenweise in die Flucht geschlagen habe...“

„Ja, ja...“, gibt Kyoko stöhnend zu. „Wir werden schneller auffliegen, als...“

„Werden wir nicht!“, sagt Ren bestimmt, ein überaus beruhigendes Lächeln im Gesicht. „Takarada-san weiß ziemlich genau, was er tut und mit so was hat er gerechnet. Das erspart ihm lediglich, die Gerüchte selbst zu schüren. – Und bisher sind es nur das: Gerüchte.“ Liebevoll nimmt er ihre linke Hand hoch und küsst die Fingerspitzen, dann zieht er sie näher zu sich heran und nimmt sie fest in beide Arme.

Tief durchatmend lehnt sie sich an ihn und beruhigt sich allmählich wieder, ... bis ihr Blick an einem kleinen, etwas unscharfen Foto in einer noch aufgeschlagenen Zeitung hängen bleibt.

„Was zum...?“, beginnt sie verdutzt und nimmt sie hoch, um sich den winzigen Artikel darunter ein wenig genauer anzusehen. „Sho und Kanae?!“, entfährt ihr dann entsetzt. „Oh, mein Gott, ich muss telefonieren.“ Suchend sieht sie sich um.

Ren reicht ihr grinsend sein Handy vom Nachttisch. „Hier, nimm meins.“, sagt er und drückt sie noch ein Mal. „Darf ich wissen, was passiert ist?“, fragt er ruhig.

Kyoko steht anscheinend noch immer ein wenig neben sich; mit zitternden Fingern sucht sie Kanaes Telefonnummer, während sie erklärt: „Sho und Kanae sind offensichtlich bei einem Date in Yokohama gesichtet worden. In dieser superteuren In-Pizzeria am Hafen. Ich mein... die Fotos sind zwar unscharf, aber... Ich muss wissen, ob da was dran ist.“

Sie hat die Nummer gefunden und will sie anwählen, doch Ren hält sie mit sanfter Gewalt auf. Sachte, aber bestimmt hebt er ihr Kinn an, sodass sie gezwungen ist, ihm in die Augen zu sehen.

„Ist das nicht Kanaes Privatsache?“, fragt er ruhig.

„Ja, schon, aber... Wir sind doch Freundinnen... Und was, wenn Sho ihr...“, stottert Kyoko aufgeregt.

„Ich hatte immer den Eindruck, dass Kanae-san eine äußerst selbstbewusste, junge Frau ist, die sich nicht nur nicht von Männern auf der Nase herumtanzen lässt, sondern sich auch ausgezeichnet ihrer Haut erwehren kann, wenn es sein muss.“, meint Ren gelassen. „Wenn sie sich mit Sho-kun getroffen hat, dann wusste sie sicher, worauf sie sich einlässt und ob sie damit umgehen kann.“

„Ich...“, beginnt Kyoko und hält einen Moment inne, um kräftig durchzuatmen. „Stimmt eigentlich. Sie kennt ja die Sache zwischen Sho und mir... Trotzdem, ... ich möchte hören, was sie dazu sagt.“

„Das ist durchaus in Ordnung.“, sagt Ren mit einem nachsichtigen Lächeln. „Aber lass es nicht in ein Verhör ausarten. – Sie ist immerhin deine beste Freundin.“

„Ich... Okay.“ Noch ein Mal atmet sie durch, dann wählt sie endlich die Nummer.

„Ja?“, meldet sich Kanae schließlich.

„Ich bin’s, Kyoko. – Entschuldige die Störung, aber ich hab gerade gelesen, dass du mit Sho Fuwa ein Date hattest. Ist das wahr?“

„Oh.“, macht es am anderen Ende der Leitung verlegen. „Ja ... schon. Oh, Mann, ich hätte nicht gedacht, dass du schon heute davon erfährst. Hat irgendwer uns fotografiert?“

„Allerdings.“, bestätigt Kyoko. „Auch wenn das Foto nicht sonderlich scharf ist. – Bitte Kanae-chan, sag mir die Wahrheit, läuft da was zwischen euch?“

„Ich... Na ja...“, druckst Kanae ein wenig verlegen herum. „Eigentlich nicht. Nicht so richtig. Wir sind jedenfalls nicht zusammen oder so. Nur... Na ja, Sho meinte, wir würden einfach das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden und es auf ein bisschen zusätzliche PR für ‚Crazy Alliance’ ankommen lassen. – Und auch wenn ich zunächst den Eindruck hatte, dass er dich damit einfach nur eifersüchtig machen wollte, fand ich es gar nicht so übel, die Gerüchteküche gleich an zwei Fronten brodeln zu lassen. Das nimmt euch Beiden vielleicht ein wenig den Druck... Und außerdem war es wirklich ein ausgesprochen netter Abend.“

„Okay, ich wollte nur wissen, ob da was dran ist...“, sagt Kyoko betont ruhig. Sie ist ein wenig blass geworden. „Aber bitte, lass dich nicht von ihm einwickeln, ja? Er flirtet nämlich quasi alles an, was nicht bei drei auf den Bäumen ist ... wenn du meine Wenigkeit dabei mal ausnimmst. Sei ein bisschen vorsichtig bei ihm, er kann nämlich wirklich sehr charmant sein, wenn er will.“

„Keine Sorge, Kyoko-chan“, lacht Kanae leise, „ich behalte immer im Hinterkopf, wie er es sich mit dir verscherzt hat. Er wird mir schon nicht auf der Nase herumtanzen.“

Kyoko scheint ein wenig beruhigt. „Gut zu wissen.“, sagt sie und verabschiedet sich.

Als sie Ren sein Handy wieder zurückgibt, schließt sie für einen langen Moment die Augen und atmet tief durch.

„Und?“, fragt Ren schließlich neugierig.

Seufzend schildert sie das Gespräch bis ins kleinste Detail.

„Du hast also Sorge, dass sie Sho-kun ins Netz geht, ... um das mal ganz salopp auszudrücken.“, fasst Ren zusammen, als sie fertig ist.

Kyoko nickt unglücklich. „Ich kann doch nicht zulassen, dass meine beste Freundin in ihr Unglück rennt.“

„Hm...“ Ren überlegt lange, dann nimmt er Kyoko in seine Arme und streichelt sanft ihren Rücken. „Nach allem, was ich weiß, ist Kanae-chan überhaupt nicht der Typ für so was.“, meint er ernst. „Und wenn ich das richtig mitbekommen habe, passt sie auch gar nicht so recht in Sho-kuns Beuteschema. Dafür ist sie viel zu eigenständig und selbstbewusst.

Mal beiseite gestellt, dass es mir gar nicht so unrecht wäre, wenn der kleine Hitzkopf für eine Weile von dir abgelenkt wäre...

Wenn da tatsächlich was zwischen den Beiden laufen sollte, ist ohnehin noch die Frage, wer da wem ins Netz gegangen ist. Allerdings habe ich eigentlich eher den Eindruck, dass dieses Date erstmal nur eine Art Versuchsballon war; in jedem Fall aber ist Kanae-chan bei weitem nicht so sensibel wie du und würde es deshalb viel besser wegstecken, falls sie enttäuscht würde.“

Kyoko scheint ein wenig beruhigt. „Vielleicht hast du Recht...“

„Ganz sicher hab ich das. Außerdem ist Kanae-chan mit ihren Problemen nie allein; sie kann jederzeit zu ihrer Familie ... und wir beide sind ja schließlich auch noch da. – Du kannst da im Vorfeld sowieso nicht viel tun; jedenfalls nicht, ohne die Freundschaft zu gefährden.“

Kyoko denkt eine Weile angestrengt nach, abwesend über Rens Arm streichend, dann strafft sie sich ein wenig und sieht zu ihm hoch.

„Stimmt eigentlich. Kanae lässt sich da mit Sicherheit sowieso nicht reinreden.“ Leise seufzend entspannt sie sich allmählich und lehnt sich schwer gegen ihren Ehemann.

Lächelnd küsst er ihre Haare und saugt genussvoll ihren Duft ein.

„Apropos Familie.“, sagt er schließlich. „Ich weiß, es ist wahrscheinlich kein guter Zeitpunkt, aber ich finde, du hast ein Recht es zu wissen.“

Kyoko setzt sich alarmiert auf und sieht ihn fragend an.

„Keine Sorge“, meint Ren lächelnd, „es ist keine neue Katastrophe. Denke ich jedenfalls. Bei Takarada hat sich ein älterer Herr gemeldet, der dein Großvater zu sein scheint.“

„Der Vater meiner Mutter?!“, hakt Kyoko entsetzt nach.

„Nein, Liebling, dein Großvater väterlicherseits. Das macht die Sache ja so interessant. Takarada-san hat ihm auch schon ordentlich auf den Zahn gefühlt und Nachforschungen angestellt.“

„Ich... ich kenne nicht mal den Namen meines Vaters...“, murmelt Kyoko tief in Gedanken an. „Meine Mutter hat immer ein Riesengeheimnis darum gemacht...“

„Nun, dass kann ich ändern. Der Name deines Vaters lautet Kyouya Hawatari. – Aber lass mich alles der Reihe nach erzählen; stellenweise ist des sogar eine sehr amüsante Geschichte. Du kennst ja Takarada-san...“ Lächelnd bringt er sie nun auf den aktuellen Stand der Erkenntnisse.

Antrittsbesuch

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Keine Sorge“, meint Ren lächelnd, „es ist keine neue Katastrophe. Denke ich jedenfalls. Bei Takarada hat sich ein älterer Herr gemeldet, der dein Großvater zu sein scheint.“

„Der Vater meiner Mutter?!“, hakt Kyoko entsetzt nach.

„Nein, Liebling, dein Großvater väterlicherseits. Das macht die Sache ja so interessant. Takarada-san hat ihm auch schon ordentlich auf den Zahn gefühlt und Nachforschungen angestellt.“

„Ich... ich kenne nicht mal den Namen meines Vaters...“, murmelt Kyoko tief in Gedanken an. „Meine Mutter hat immer ein Riesengeheimnis darum gemacht...“

„Nun, dass kann ich ändern. Der Name deines Vaters lautet Kyouya Hawatari. – Aber lass mich alles der Reihe nach erzählen; stellenweise ist des sogar eine sehr amüsante Geschichte. Du kennst ja Takarada-san...“ Lächelnd bringt er sie nun auf den aktuellen Stand der Erkenntnisse.

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Antrittsbesuch
 

„Himmel, Kyoko-chan, wo warst Du die letzten Tage?“, poltert Kanae grußlos, als Kyoko an diesem Morgen ihre Garderobe betritt. „Ich wusste zwar, dass du keine Aufnahmen hast, aber ich dachte, du lässt dich wenigstens mal kurz in den Drehpausen blicken.“

„Entschuldige“, gibt Kyoko ein wenig kleinlaut zurück, „ich dachte, ich hätte dir gesagt, dass ich mal wieder in die Schule muss. - Guten Morgen erstmal. - Ich musste ein paar Prüfungen nachschreiben und mir neues Lernmaterial holen. Außerdem hat mein Klassenleiter noch unbedingt ein Gespräch über meine schulische Zukunft mit mir führen wollen.“

„Oh“, meint Kanae mitfühlend, „neuerdings Probleme?“

„Nein, eigentlich nicht.“, winkt Kyoko beschwichtigend ab. „Er wollte mich nur unbedingt überreden, nach dem Abschluss zu studieren. Aber dafür wird die Zeit dann nicht mehr reichen. Nicht, wenn das hier so weiter geht.“

„Was ja nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist.“, findet Kanae. „Immerhin heißt das, dass du genügend Engagements hast.“

„Mehr als genug.“, seufzt Kyoko. „Mittlerweile bin ich sogar soweit, dass ich froh bin, wenn ich mit der Schule durch bin; auch wenn ich durchaus gern hingehe.“

Kanae schnaubt spöttisch durch die Nase. „Ich weiß sowieso nicht, wie du das schaffst, dabei auch noch gute Noten zu haben, du alter Streber.“

„Na ja, es geht mir halt leicht von der Hand.“, gibt Kyoko verlegen zu. „Und ich hab ja auch ein bisschen Hilfe, zumindest manchmal.“

„Jetzt sag nicht, dass Ren-kun deine Hausaufgaben macht.“, lacht Kanae.

Kyoko macht eine abwehrende Handbewegung und rollt mit den Augen. „Bist du verrückt?! Ren doch nicht! Eher würde er mir Mathe die halbe Nacht durch erklären...“ >...um mich danach, ohne mit der Wimper zu zucken, als Belohnung für seine Nachhilfe auch noch zu vernaschen...<, ergänzt sie in Gedanken grummelnd.

„Nein“, fährt sie ein wenig ruhiger fort, „das hätte doch auch wenig Sinn, ich muss die Prüfungen ja schließlich allein schreiben; da ich ja meist auch noch mutterseelenallein mit einem Lehrer im Prüfungsraum bin, hab ich nicht mal die Möglichkeit zu schummeln.

Aber um noch mal auf das Gespräch mit meinem Klassenleiter zurückzukommen, er meinte, es gäbe vielleicht eine Möglichkeit, den Highschool-Abschluss ein Jahr früher zu bekommen, wenn man gute Noten hat. Er will sich erkundigen, was man dafür machen muss und was für Vorraussetzungen man dafür erfüllen muss. – Es wäre jedenfalls schön, wenn das klappen würde.“

Umständlich kramt Kyoko ihr Drehbuch aus der Tasche und blättert dann seltsam unentschlossen und fahrig darin herum, während sie mit dem Fuß in schneller Folge auf den Boden klopft. Kanae ergreift nachdrücklich den Arm ihrer besten Freundin und mustert sie scharf.

„Hör mal.“, sagt sie schließlich. „Das ist schon eine aufregende Sache, aber sicher nicht so sehr, dass du hier gleich so hektisch rumhampeln musst. Das macht mich ganz nervös; du bist doch sonst nicht so zappelig.“

Kyoko schaut sie wie ein verschrecktes Reh mit großen Augen an. „Oh, entschuldige, das wollte ich nicht.“, sagt sie leise. „Deswegen bin ich auch gar nicht aufgeregt. – Ich ... ich treffe mich morgen Nachmittag mit meinem Großvater. Ich... Oh, Gott, ich bin so nervös!“

„Ach ja, Ryuichi Hawatari, dieser stinkreiche Typ von Union Electric, nicht? Stimmt, du hattest mir davon erzählt.“, sagt Kanae grinsend und wird für einen Moment von Rina unterbrochen, die gerade in die Garderobe getreten ist und ihnen mit einem Lächeln und einem freundlichen Nicken die heutigen Skriptänderungen reicht.

„Morgen schon?“ , meint Kanae dann. „Das ging aber fix.“

„Jaa“, antwortet Kyoko gedehnt, einen Anflug von Verzweiflung in der Stimme, „Takarada-san meinte, es wäre besser, damit ich im Vorfeld nicht so viel Zeit habe, mir den Kopf darüber zu zerbrechen. Deswegen hat er für morgen ein Treffen arrangiert.“

„Womit er zweifelsohne Recht hat.“, merkt Rina trocken an, während sie bereits Kyokos Kostüm zurecht legt.

„Sieht ganz so aus.“, findet Kanae und klopft ihrer Freundin lachend auf die Schulter. „Ach, komm schon, so schlimm wird es schon nicht werden.“

„Woher soll ich das wissen?!“, wettert Kyoko verzweifelt. „Ich mein, ich weiß eigentlich überhaupt nichts über ihn. – Und wieso wussten eigentlich alle - außer mir natürlich - dass er so reich ist? Und obendrein aus einer so angesehenen, alten Familie, dass einem fast schon schwindelig wird? Wie soll ich denn damit umgehen?!“

Kanae kann sich plötzlich ein Kichern nicht mehr verkneifen. „Tja, du hast doch diese höheren Töchter aus vornehmen Häusern immer so bewundert. Vielleicht solltest du jetzt anfangen, dich selbst zu bewundern...“ Prustend bricht sie in Lachen aus.

Kyoko kann dem absolut nichts Komisches abgewinnen; allerdings scheint sie auch nicht böse zu sein, sondern nur extrem ratlos ... zumal ihr die Tatsache, offenbar selbst aus einer angesehenen Familie zu stammen, bisher noch gar nicht bewusst war.

Kanaes Lachen verebbt so schnell, wie es kam. „Ach, komm schon“, tröstet sie, „das war doch nur ein Witz. Du würdest nie so werden wie Erika-san. Nicht in hundert Jahren.“

„Im Ernst“, mischt sich plötzlich Rina ein, „du solltest diese Art Witze besser lassen, Kanae-san. Sie hat wirklich ein Problem damit. – Aber du hast dabei einiges noch gar nicht bedacht, Kyoko-san.

1. Du musst diesen Besuch nicht allein durchstehen. Ren-san wird dich begleiten und dir den Rücken stärken; ansonsten hätte Takarada-san sicher auch nicht das Treffen bei dem alten Herrn zu Hause arrangiert.

2. Der alte Herr will etwas von dir . Nicht umgekehrt.

3. Musst du ihn ja gar nicht häufiger treffen, wenn ihr nicht miteinander klar kommt. Und

4. soll er doch ganz umgänglich sein... Und wenn Takarada-san das sagt, will das schon was heißen.

Also hör auf zu grübeln, Kyoko-chan. Du wirst sehen, dass er deinem Charme gar nicht widerstehen kann; besonders wenn er mitkriegt, dass du deiner Mutter charakterlich so gar nicht ähnelst.“

„Ich hoffe, du hast Recht...“, murmelt Kyoko und beginnt sich umzuziehen.

„Menno, Kyoko-chan“, stöhnt Kanae leise lachend, „hör auf, dir Sorgen zu machen, so chaotisch und anstrengend wie meine Familie kann er gar nicht sein...“

„...und so schlimm wie das Treffen damals mit deiner Mutter wird es auch nicht.“, meint Rina ernst. „Takarada-san hat ihn gründlich abgeklopft.“

„Erinnere mich bloß nicht daran !“, ächzt Kyoko leise. „Noch so eine Katastrophe brauche ich echt nicht...“

„Wie dem auch sei“, verkündet Rina grinsend, „ihr Beide habt jetzt sowieso keine Zeit mehr zum Grübeln, man erwartet euch nämlich in der Maske, ... wo ihr auch die Skript-Änderungen durchgehen könnt.“ Lachend und gestikulierend treibt sie die Mädchen zur Eile.
 

Als Kyoko am Nachmittag des nächsten Tages in Rens Auto steigt, hat sich ihre Nervosität beinahe schon bis ins Unerträgliche gesteigert. Beruhigend nimmt Ren ihre kalte Hand in seine warme.

„Ich verstehe ja, dass du aufgeregt bist“, sagt er leise, „aber ich finde, du übertreibst jetzt doch ein bisschen, Hime-chan.“ Sachte hebt er ihre Hand an seine Lippen und haucht ihr einen Kuss auf den Handrücken. „Er wird dich ganz sicher nicht auffressen.“

„Ja, aber was...“, beginnt sie, hält jedoch sofort wieder inne, weil sie gar nicht so genau weiß, was sie eigentlich sagen will.

Ren sieht ihr ernst in die Augen. „Hime-chan“, sagt er leise. „es ist nicht so, dass ich jetzt vollkommen gelassen wäre. Ich möchte nämlich gern, dass er begreift, dass du in guten Händen bist ... und dass er sich keine Sorgen zu machen braucht.“

Kyokos Augen weiten sich entsetzt. „Glaubst du, er könnte auf die Idee kommen, mich ganz zu sich zu holen?“

Ren lächelt weich. „Nein, das kann er gar nicht; rechtlich sind wir da auf der sicheren Seite. – Aber ich möchte nicht, dass er denkt, ich könne nicht richtig für dich sorgen. Oder dass du möglichst viel arbeiten musst, damit das Geld reicht.“

„Seltsam“, murmelt Kyoko nachdenklich, „als meine Mutter noch das Sorgerecht hatte, hat das irgendwie keinen gekümmert...“

„Kyoko“, meint Ren ernst, „es hätte sehr wohl jemanden gekümmert, nicht nur mich. – Nur wusste niemand davon.“

„Na ja, niemand...“

„Sho Fuwa zählt nicht.“, findet Ren und grinst schräg, „Der war wahrscheinlich so mit sich selbst beschäftigt, dass er es vermutlich gar nicht wirklich mitgekriegt hat. Jedenfalls nicht das ganze Ausmaß. Er ist ein Macho und er kann bisweilen ein ziemliches Arschloch sein, aber ich halte ihn nicht für grausam.“

Kyoko muss ein wenig schmunzeln. „Vermutlich...“, lacht sie leise, „Aber jetzt bin ja dafür in guten Händen.“

„Genau“, stimmt Ren grinsend zu und küsst seine junge Frau liebevoll auf die Handinnenfläche. „nicht nur in guten, sondern auch in ziemlich betuchten Händen. Mit deinem Großvater kann ich zwar vermutlich noch nicht mithalten, ... aber ich arbeite dran.“

Kyoko bedenkt ihn mit einem leicht skeptischen Lächeln. „Ich hatte in letzter Zeit allerdings eher den Eindruck, dass du mehr mit Geld ausgeben beschäftigt bist als mit Geld anlegen.“, findet sie.

„Kaum.“, lacht Ren gut gelaunt. „Ich habe nur mehr auf langfristige Anlagen umgeschwenkt, das bringt zwar weniger Rendite, macht aber weniger Arbeit, weil es sicherer ist. Keine Sorge, unser Vermögen gedeiht und vermehrt sich prächtig. Und ich möchte, dass dein Großvater genau das so schnell wie möglich mitbekommt. Was glaubst du, weswegen ich dir das Outfit von Dior für heute vorgeschlagen habe?“

Kyoko schaut ihn mit großen Augen an. „Ach, ich dachte, weil das dunkelgrüne Kostüm dir so gut an mir gefällt ... und der cremefarbene Mantel passt einfach farblich ganz genau zu dem Kaschmir-Rolli.“

„Das auch, mein Herz“, grinst Ren, „aber warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? – Der Verlobungsring wird hoffentlich ein Übriges tun.“

„Willst du ihm wirklich sagen, dass wir verheiratet sind?“, will Kyoko wissen.

„Ich weiß noch nicht genau.“, antwortet Ren schulterzuckend. „Ich denke schon. Irgendwie finde ich, dass er ein Recht darauf hat. – Wir werden sehen...“
 

Als sie vor dem Hawatari-Anwesen ankommen, hat sich Kyoko zwar wieder einigermaßen gesammelt, doch als ihr bewusst wird, wie groß das Haus allem Anschein nach ist, kriecht die Nervosität unaufhaltsam wieder in ihr hoch. Rastlos spielt sie an ihrem goldenen Rubinring herum, bis Ren ihre Hand ergreift und sie sachte drückt.

„Vielleicht hilft es, wenn wir das Ganze zunächst mal wie eine Art Interviewtermin betrachten.“, flüstert er. Sanft drückt er ihr die Lippen auf die Wange. „Toi, toi, toi“, sagt er dann leise. „Für uns beide.“
 

An der Tür werden sie von einer sehr gepflegten, freundlich lächelnden, älteren Dame begrüßt, die so entzückend fröhliche Lachfältchen um die Augen hat, dass Kyoko sich unweigerlich an Aya, Kojis Haushälterin, erinnert fühlt.

Allerdings dauert das Lächeln nur ein paar Sekunden, dann entgleiten der Dame im Kimono plötzlich sämtliche Gesichtszüge.

„Oh, ... mein Gott!“, stammelt sie errötend. „Ren ... Tsuruga... Ich... Ich wusste nicht, dass Sie Kyoko-samas Begleitung sein würden.“ Vergeblich versucht sie, die Fassung wieder zu erlangen, doch sie schüttelt nur aufgeregt lächelnd den Kopf und murmelt atemlos: „Oh, Gott, gleich zwei berühmte Schauspieler zu Besuch! Wenn ich das gewusst hätte...“

„Machen Sie sich keine Umstände, ... äh...“

„Oh, entschuldigen Sie, Tsuruga-san“, wirft die Dame verlegen ein, „mein Name ist Kaede, ich bin die Haushälterin und Köchin hier auf dem Anwesen. – Herzlich willkommen.“ Eilfertig nimmt sie den Gästen die Mäntel ab.

„Warten Sie bitte einen Augenblick.“, sagt sie dann, „Ich hänge schnell die Mäntel weg, dann bringe ich Sie zu Hawatari-sama. Er erwartet sie schon.“

Mit einem entschuldigenden Lächeln entfernt sie sich in den Nebenraum.

„Sieh an, noch ein Fan!“, raunt Ren grinsend in Kyokos Ohr, als sie außer Hörweite ist.

„Ja, ja“, brummt sie kaum hörbar zurück, „hier in Tokyo muss irgendwo ein Nest von denen sein.“

„Sag mal, Hime-chan“, flüstert Ren lachend in ihr Ohr, „hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ziemlich witzig sein kannst?“

Kyoko hat nur noch Zeit, ihn verdutzt anzusehen, dann ist Kaede auch schon wieder bei ihnen und führt sie in ein großes, westlich eingerichtetes Wohnzimmer, wo der Hausherr vor dem Fenster stehend wartet. Als er Kyoko erblickt, hält er einen Moment fassungslos inne. Fast scheint es, als sei er ein klein wenig schockiert, doch dann geht er lächelnd auf Kyoko zu und verbeugt sich unerwartet tief vor ihr.

Kyoko erwidert den Gruß nur still und als sie beide wieder aufblicken, sieht sie den alten Herrn fragend an.

„Meine Güte“, seufzt dieser darauf, „ich wusste ja schon, wie du aussiehst, Kind, aber diese Ähnlichkeit ist aus der Nähe geradezu ... schockierend.“ Tief durchatmend deutet er auf ein Schwarz-Weiß-Foto auf der Kommode.

Sowohl Kyoko als auch Ren verstehen schlagartig, was er meint. Mit offenem Mund geht das Mädchen auf das Bild zu und berührt zart, fast schon ehrfürchtig den silbernen Rahmen mit einem Zeigefinger.

„Ist er das?“, flüstert sie rau, „Ist das ... mein...“

Ryuichi Hawatari ist hinter sie getreten und legt sachte eine Hand auf ihre Schulter. „Ja“, sagt er mit belegter Stimme, „das ist Kyouya Hawatari, dein Vater. – Jetzt verstehst du sicher auch, warum ich glaube, dass sich ein Gentest absolut erübrigt.“

Kyoko versagt die Stimme, sie kann nur noch nicken, Tränen glitzern in ihren Augenwinkeln.

Ren dagegen hat sich inzwischen weitgehend von dem überraschenden Anblick erholt und tritt nun ebenfalls hinter Kyoko, um ihr unauffällig eine Hand auf den Rücken zu legen. Seine Wärme, die jetzt allmählich vom Rücken aus ihren gesamten Körper durchströmt, ist es, die ihren Blick schließlich wieder klärt. Allerdings ist sie immer noch nicht fähig, auch nur ein einziges Wort herauszubringen. Schwer schluckend dreht sie sich zu den beiden Männern herum und blickt unsicher von einem zum anderen.

Hawataris Blick hingegen trifft auf Rens, was den alten Herrn umgehend veranlasst, sich ein wenig umständlich zu räuspern und sich auch vor ihm tief zu verbeugen.

„Sie sind Ren Tsuruga, nicht wahr?“, stellt er fest. „Sie drehen doch gerade mit meiner Enkelin eine Agentenkomödie.“

„Richtig.“, bestätigt Ren lächelnd. „es freut mich, Sie kennen zu lernen.“

„Nein, nein“, winkt Ryuichi ein wenig verlegen ab, „Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, meine Enkelin hierher zu begleiten. Ich denke, es wäre auch nicht fair gewesen, sie allein herkommen zu lassen. Vielen Dank für Ihre Mühe.“ Noch ein Mal verbeugt er sich höflich vor Ren.

„Keine Ursache“, meint Ren lächelnd, während auch er sich noch ein Mal kurz verbeugt, „es hat mir nicht geringste Mühe verursacht, im Gegenteil. Um keinen Preis der Welt hätte ich es mir nehmen lassen.“

„Das freut mich, zu hören. Aber vielleicht sollten wir uns endlich setzen, meine Haushälterin wird sicher gleich den Tee servieren.“ Einladend deutet Ryuichi auf das Sofa, auf dem daraufhin Kyoko und Ren nebeneinander Platz nehmen, während Kyokos Großvater sich auf einen Sessel ihnen gegenüber setzt.

Gedankenverloren betrachtet der alte Herr dann seine Enkelin, die sich schon bald ziemlich unwohl unter seinem forschenden Blick fühlt. Unsicher schaut sie zu Ren hinüber, der ihr jedoch beruhigend zulächelt und ihr ohne jedes Wort zu verstehen gibt, dass sie ihrem Großvater ein wenig Zeit geben soll.

Erst das Erscheinen von Kaede, die Tee und Gebäck bringt, durchbricht das etwas angespannte Schweigen, indem sie ihrem Arbeitgeber leicht vorwurfsvoll zuraunt: „Aber Hawatari-sama, Sie können das Mädchen doch nicht einfach so die ganze Zeit anstarren, ohne mit ihr zu reden. Da kriegt sie ja Angst.“

„Ja, Sie haben Recht, meine Liebe.“, seufzt Ryuichi und atmet ein Mal kräftig durch. „Wie immer.“ Mit einem leicht verlegenen Lächeln wendet er sich an Kyoko. „Entschuldige, bitte, Kyoko-chan. Ich kann es einfach immer noch nicht fassen, wie ähnlich du deinem Vater siehst. – Dabei kann man nicht einmal sagen, dass du gar nichts von deiner Mutter hast.“

Kyoko schluckt schwer und kann ihre plötzlich aufkommende Enttäuschung kaum verbergen.

„Nein, nein!“, winkt ihr Großvater lächelnd ab, als er ihren leicht verzweifelten Blick bemerkt. „Es ist nicht schlimm. Es ist nur so, dass ich dich ja schon eine Weile in den Medien beobachte ... und als ich dich und Tsuruga-san auf der UNICEF-Gala letztes Wochenende tanzen gesehen habe, da ist mir aufgegangen, dass du die Eleganz und Anmut deiner Mutter geerbt hast.“

„Na ja“, merkt Ren grummelnd an, „ob man bei Saena Mogami wirklich von Anmut sprechen kann...?“

„Doch, doch, Tsuruga-san, das kann man.“, gibt Ryuichi ernst zurück. „Man kann dieser Frau sicher vieles vorwerfen, aber sie versteht es, sich wirklich anmutig zu bewegen und solange die Dinge nach ihren Wünschen laufen, kann sie durchaus auch sehr kultiviert und charmant sein. Was ihr dagegen immer gefehlt hat, war Herzenswärme; etwas, das mein Sohn – mitunter leider sehr zu seinem Nachteil – im Überfluss hatte.“ Leise seufzend nippt er an seiner Teetasse und auch die beiden Schauspieler auf dem Sofa nutzen die kurze Sprechpause, um davon zu kosten.

„Wie es aussieht“, wendet Ryuichi sich nun lächelnd an Kyoko, „hast du zumindest eine große Portion seiner Warmherzigkeit mitbekommen. – Ich bin zwar auf der Gala nie näher als 20 Meter an dich und Tsuruga-san herangekommen, aber ich habe sehr wohl mitbekommen, wie freundlich und herzlich du mit den Fans umgegangen bist, die dich den ganzen Abend umlagert haben.“ Lächelnd sieht zu Ren hinüber. „Ich bin Ihnen übrigens mehr als dankbar, dass Sie an dem Abend ein Auge auf meine Enkelin hatten, Tsuruga-san, insbesondere diese Reporter waren ja zeitweise richtig aufdringlich.“

Ren lächelt. „Keine Ursache. Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen.“

Kyoko ist unwillkürlich rosa angelaufen, dennoch brennt ihr eine Frage auf dem Herzen.

„Ich...“, stammelt sie leise und räuspert sich kurz. „Wie... Wie war er sonst so, ... mein Vater? Meine Mutter hat nie auch nur ein Wort über ihn verloren, Hawatari-san...“

„Bitte sag doch Großvater. Oder Ryuichi, wenn dir das lieber ist.“, sagt Ryuichi und räuspert sich dann seinerseits. „Kyouya war als Kind ein sehr stiller, verträumter Junge; immer hilfsbereit und freundlich ... und oft furchtbar schüchtern.“

Ren wirft Kyoko ein amüsiertes Lächeln zu, das auch Ryuichi nicht entgeht, der darauf für einen Augenblick ein wenig irritiert scheint.

„Seine Schüchternheit hat sich später etwas gegeben, aber trotzdem ist er immer ein zurückhaltender Mensch geblieben. Er hat seine Mutter früh verloren und weil ich beruflich damals ziemlich eingespannt war, hat ihn quasi unsere Haushälterin großgezogen.“ Der alte Herr senkt ein wenig beschämt den Kopf. „Nein, ehrlich gesagt, habe ich mich davor gedrückt, allzu oft Zeit mit ihm zu verbringen; er hat mich so unglaublich an meine Frau erinnert. Eine zeitlang hat es furchtbar wehgetan, ihn einfach nur anzusehen.“ Ryuichi atmet tief durch und sieht Kyoko direkt in die Augen. „Ich hätte ihm damals sicher ein besserer Vater sein können... Jedenfalls hatte das wohl zur Folge, dass er sich für eine Weile ziemlich einsam gefühlt hat. Zudem stellte sich in der Schule schon bald heraus, dass viele Mitschüler nur mit ihm befreundet sein wollten, weil er mein Sohn war. Darunter hat er eine Weile sehr gelitten, allerdings hat er dann doch recht schnell herausgefunden, dass er auch wirklich gute Freunde hatte, denen er unbedingt vertrauen konnte.

Er hat immer davon geträumt, Frau und Kinder zu haben und ein harmonisches, glückliches Familienleben zu haben, darum war er auch so furchtbar enttäuscht, als er bemerkt hat, wie berechnend und abgebrüht Saena Mogami war; er war damals wirklich zutiefst verletzt. Danach hatte er jedenfalls nie wieder eine Beziehung, die länger als ein paar Wochen gedauert hätte. – Und als Saena dann irgendwann wieder aufgetaucht ist, wollte er dich eigentlich zu sich holen.“

Kyoko hebt überrascht sie Augenbrauen.

„Ja, das wollte er wirklich.“, bestätigt Ryuichi ernst. „Er wollte dich nicht in den Händen dieser unverantwortlichen Frau lassen, weil er meinte, dass sie zum einen überhaupt nicht mit Geld umgehen könne und zum anderen auch nicht eine Person sei, der man die Erziehung eines Kindes anvertrauen würde, weil sie viel zu hart und berechnend sei. Er hat sie sogar als vollkommen gefühllos bezeichnet.“

„Womit er wahrscheinlich auch Recht hatte.“, murmelt Ren seufzend. „Darf ich fragen, warum er Kyoko dann doch nicht von ihr weggeholt hat?“

Ryuichi seufzt tief und holt geräuschvoll Luft. „Weil ich es ihm damals ausgeredet habe.“, gesteht er leise. „Heute tut es mir entsetzlich Leid, Kyoko-chan. Wenn ich dich so hier sitzen sehe...“ Für ein paar Momente versagt ihm die Stimme, dann räuspert er sich erneut. „Es hätte dir sicher einiges erspart.“

„Das kann schon sein.“, meint Kyoko leise und mit belegter Stimme. „Auf der anderen Seite hätte ich dann sicher einige Erfahrungen nicht gemacht und einige Menschen nicht getroffen, die ich um nichts auf der Welt missen möchte.“

„Es ist schön, dass du das so sehen kannst“, meint Ryuichi, „aber vielleicht würdest du das im anderen Fall jetzt auch sagen.“

Kyoko lächelt plötzlich warm. „In einem speziellen Fall glaube ich das ganz sicher nicht.“, sagt sie. „Außerdem hätte ich dann höchstwahrscheinlich nie mein Talent für die Schauspielerei entdeckt.“

„Nun ja, vermutlich eher nicht.“, gibt ihr Großvater schmunzelnd zu. „Aber mal eine ganz andere Frage, mein Kind. Und ich bitte dich inständig, sie mir ehrlich zu beantworten.“

„Wenn ich kann.“

„Fühlst du dich in Takarada-sans Obhut wohl?“, beginnt er und setzt gleich noch hinzu: „Ich meine, man merkt schon, dass ihm was an dir liegt, aber ... er ist schon auch ein wenig ... merkwürdig. Dass es dir materiell an nichts mehr mangelt, kann man ja unschwer erkennen, aber ... es gibt ja da auch noch eine zwischenmenschliche Komponente...“

Kyokos höchst verwirrter Gesichtsausdruck lässt ihn abrupt innehalten.

„Ja, schon...“, stammelt sie unsicher, „Takarada-san ist schon etwas merkwürdig, aber... Worauf willst du hinaus, ...ähm... Großvater?“

Ryuichi ist wahrhaftig damit beschäftigt, in vollen Zügen zu genießen, dass Kyoko ihn gerade tatsächlich Großvater genannt hat, statt über eine Antwort nachzudenken, während Ren nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken kann.

Merkwürdig “, meint der junge Schauspieler schließlich mit einem breiten Grinsen im Gesicht, „ist aber ausgesprochen höflich ausgedrückt. – Die meisten anderen Leute, die ihn nicht genauer kennen, würden ihn für komplett verrückt halten.“ Ryuichi schaut ihn so verdutzt an, dass Ren nun doch leise kichern muss, immerhin sieht der alte Mann seiner Kyoko im Moment selbst verblüffend ähnlich; zumindest im Gesicht.

„Verzeihen Sie mir, Hawatari-san“, sagt er dann, „aber wie es scheint, sind sie einem – durchaus nicht ganz ungewollten – Irrtum aufgesessen. Derjenige, der Kyokos Vormund ist, bin ich.“

Der alte Herr schaut verwirrt zu Kyoko, die darauf postwendend rot anläuft und nervös an ihrem Ring herumspielt.

„Oh!“, macht Ryuichi, kann jedoch mit dieser Information einstweilen noch nicht allzu viel anfangen. Fragend sieht er Ren an.

„Als ihre Mutter neulich aus heiterem Himmel aufgetaucht ist und ihr gesamtes Leben nicht nur erneut auf den Kopf stellen, sondern sich auch noch vehement und höchst destruktiv in ihr gesamtes Leben einmischen wollte, hab ich Kyoko einen Heiratsantrag gemacht, den sie auch angenommen hat. Es ist eine längere Geschichte, die ich ihnen bei Gelegenheit bestimmt noch genauer erzählen werde, für den Moment sollte dies allerdings genügen: Kyoko ist meine rechtmäßig angetraute Ehefrau.“

Einen Moment lang starrt Ryuichi Hawatari mit offenem Mund auf Rens nach wie vor herzliches Lächeln, dann wandern seine Mundwinkel langsam nach oben, bis er schließlich übers ganze Gesicht strahlt.

„Uff!“, macht er dann erleichtert. „Da denkt man, man hat nur noch eine Schwester, die man nur zweimal im Jahr zu Gesicht bekommt, weil sie mit ihrem Mann in Hong Kong lebt ... und dann kriegt man – mir nichts, dir nichts – plötzlich nicht nur eine entzückende Enkelin auf dem Silbertablett serviert, sondern auch noch einen stattlichen Schwiegersohn dazu. Eigentlich hatte ich mich schon damit abgefunden, als Letzter der Familie hier in Japan übrig zu bleiben.“ Freudestrahlend klingelt er nach der Haushälterin. „Na, wenn das kein Grund zum Feiern ist!“

„Freut mich, wenn Sie es so betrachten.“, sagt Ren lächelnd. „Allerdings muss ich Sie trotzdem darum bitten, es vorerst nicht weiterzuerzählen, Hawatari-san. Unsere Beziehung wird leider zurzeit noch wie ein Staatsgeheimnis gehandelt.“

Sowohl Kyoko als auch Ren seufzen leise.

„Aha.“, macht Ryuichi nachdenklich. „Aus PR-Gründen?“

„Nein, das weniger.“, stellt Ren ernst klar. „Wenn es nach mir ginge, würde ich es lieber heute als morgen publik machen, aber es gibt einige ziemlich unangenehme Fans, die Kyoko in dem Fall mit ziemlicher Sicherheit das Leben zur Hölle machen würden. Darum tasten wir uns an die Bekanntmachung lieber langsam und vorsichtig heran.“

„Jaa... Ja..., das klingt vernünftig.“ Ryuichi denkt einen Moment nach, dann fällt ihm etwas ein. „Aber bitte, mein Junge, ich finde, es ist durchaus angebracht, dass du mich auch Großvater nennst. Oder wahlweise Ryuichi. – Komisch eigentlich: Auf der Gala dachte ich noch so, dass ihr Beide durchaus ein schönes Paar abgeben würdet. Ich war sehr beeindruckt, wie ihr das Tanzen bei diesem Größenunterschied gemeistert habt.“

„Na ja“, winkt Kyoko verlegen ab, „wir hatten ja für den Film, den wir gerade drehen, sowieso Unterricht in Gesellschaftstanz...“

„Trotzdem... Darüber hinaus war ja Ren-kun auch die ganze Zeit bemüht, dir allzu aufdringliche Verehrer und Reporter vom Hals zu halten, nicht?“ Ryuichi hält einen Moment inne und muss plötzlich lachen. „Du warst eifersüchtig, Ren-kun, oder?“

Ren reagiert unerwartet verlegen. „Schon.“, gibt er zu. „Ein bisschen. – Aber vor allem wollte ich mal in vollen Zügen auskosten, meine Frau in aller Öffentlichkeit den ganzen Abend lang für mich allein zu haben.“

„Das ist eine gute Einstellung.“, schmunzelt Ryuichi.

Kaede erscheint nach kurzem Klopfen im Zimmer, ein Tablett mit Sake und drei Schälchen in den Händen.

„Kaede-san, Sie sind ein wahrer Schatz!“, entfährt es Ryuichi lächelnd. „Können Sie etwa Gedanken lesen?“

„Nicht dass ich wüsste.“, gibt Kaede trocken zurück, während sie das Tablett auf dem Tisch abstellt. „Aber es gehört nicht viel dazu, zu begreifen, dass Sie jetzt einen Sake brauchen, wenn Sie nach mir klingeln, Hawatari-sama. Entweder, weil Sie etwas zur Beruhigung brauchen oder weil es etwas zu Feiern gibt.“ Sie lächelt kurz in die Runde. „Und nach den Gesichtern zu urteilen, gehe ich von Letzterem aus.“

„Oh, ja es gibt einen Grund zum Feiern“, meint Ryuichi lachend. „Eine Familienzusammenführung ist immer ein guter Grund, meine Liebe.“

„Das freut mich aber.“, findet Kaede. „Dann kommen Sie jetzt hoffentlich häufiger zu Besuch, Kyoko-sama.“

„Ich... Ja, wenn ich darf.“, stammelt Kyoko verlegen.

„Und natürlich, wenn der Terminplan es erlaubt.“, fügt Ren grinsend hinzu.

„Du... Ihr Beide seid jederzeit hier im Haus willkommen.“, meint Ryuichi mit einem warmen Lächeln. „Auch wenn du nur mal eine Pause brauchst, Kyoko-chan.“

„Ach, das geht schon.“, meint Kyoko und deutet grinsend auf Ren. „Dieser Herr da bräuchte sicher eher mal so was wie Urlaub; er ist nämlich ein echter Workaholic.“

Ren grinst breit zurück. „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen! – Ich schicke sie dir, wenn ich sie mal nicht zur Räson kriege, Ryuichi-san.“, setzt er dann lachend hinzu. „Aber Vorsicht, die junge Dame kann verdammt stur sein. Es kann nämlich ziemlich schwierig sein, sie davon abzuhalten, den Haushalt ganz allein zu schmeißen oder nach einem 14-Stunden-Tag noch zu kochen.“

„Was soll ich machen, wenn du in all den Stunden, kaum was isst?“, gibt Kyoko ein wenig beleidigt zurück.

Unvermittelt greift Ren nach ihrer Hand und küsst lächelnd ihren Handrücken. „Wie wär’s mir Essen gehen?“, fragt er verschmitzt.

„Damit du wieder die Gelegenheit kriegst, in einem furchtbar teuren Restaurant dein Geld unnütz auf den Kopf zu hauen?!“, empört sich Kyoko leise.

Unser Geld.“, berichtigt Ren sanft. „Und keine Sorge, es ist mehr als genug davon da. – Und es vermehrt sich zudem prächtig.“

„Sind die Beiden ein Paar?“, fragt Kaede leise den Hausherrn, der darauf ein wenig hilflos zu dem jungen Ehepaar sieht.

„Es ist schon in Ordnung.“, meint Ren gelassen und nickt bestätigend in Kaedes Richtung. „Aber bitte erzählen Sie es nicht weiter.“

„Natürlich nicht.“, antwortet Kaede ernst. „Ehrensache.“

„Na gut.“, wirft Ryuichi unvermittelt ein. „Würden Sie uns bitte die Fotoalben holen, Kaede-san? Ich denke, es ist sicher ganz interessant für unser Nesthäkchen.“

„Gern, Hawatari-sama, ich bin schon unterwegs.“, gibt die Haushälterin lächelnd zurück und macht sich auch gleich auf den Weg.

Okinawa

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Sind die Beiden ein Paar?“, fragt Kaede leise den Hausherrn, der darauf ein wenig hilflos zu dem jungen Ehepaar sieht.

„Es ist schon in Ordnung.“, meint Ren gelassen und nickt bestätigend in Kaedes Richtung. „Aber bitte erzählen Sie es nicht weiter.“

„Natürlich nicht.“, antwortet Kaede ernst. „Ehrensache.“

„Na gut.“, wirft Ryuichi unvermittelt ein. „Würden Sie uns bitte die Fotoalben holen, Kaede-san? Ich denke, es ist sicher ganz interessant für unser Nesthäkchen.“

„Gern, Hawatari-sama, ich bin schon unterwegs.“, gibt die Haushälterin lächelnd zurück und macht sich auch gleich auf den Weg.

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Okinawa
 

Kyoko betritt, Rina an ihrer Seite, den Flughafen und registriert sofort, dass etwas anders ist, als sie es gerne hätte. Stirnrunzelnd rückt sie die große Sonnenbrille auf ihrer Nase zurecht und zieht den Hut ein wenig tiefer ins Gesicht.

„Wo müssen wir hin?“, fragt sie ihre Betreuerin.

„Gar nicht weit, der Schalter ist gleich um die Ecke.“, antwortet Rina und sieht ihren Schützling einen langen Moment forschend an. „Angst?“, fragt sie dann. „Es ist dein erster Flug, nicht?“

„Ja, es ist mein erster.“, gibt Kyoko knapp zurück. „Und nein, ich bin zwar aufgeregt, aber das kann man nicht wirklich als Flugangst bezeichnen.“

„Was ist dann mit dir los?“, will Rina wissen.

„Ich weiß nicht genau...“ Kyokos Schultern verspannen sich immer mehr. „Ich hab ein komisches Gefühl. – Bist du sicher, dass die Presse nicht weiß, dass wir heute nach Okinawa fliegen?“

„Es ist jedenfalls keine Pressemitteilung darüber raus gegangen, wann genau die Dreharbeiten in Okinawa beginnen. Von daher ist es sehr unwahrscheinlich.“, gibt Rina sachlich zurück. „Warum?“

„Ich weiß nicht, aber hier herrscht so eine merkwürdige Unruhe.“, findet Kyoko.

„Die herrscht doch aber eigentlich immer an Flughäfen ... oder Bahnhöfen“, versucht Rina zu beschwichtigen.

Kyoko zuckt nur seufzend die Achseln.

Zwei Minuten später wissen sie, dass Kyokos Gefühl zumindest zum Teil berechtigt war. An ihrem Terminal wimmelt es von Teenagern, die eine kleine Gruppe von Schauspielern umlagern, die heute mit der gleichen Maschine zum Set von „Crazy Alliance“ fliegen und die von den jungen Leuten scheinbar ziemlich erfolgreich daran gehindert werden, einzuchecken.

Kyoko seufzt laut und bleibt einen Moment stehen, um sich ein wenig zu sammeln, dann strafft sie die Schultern und begibt sich schnurstracks auf das aufgeregte Gewimmel zu.

Vor allem Kanae und Sho werden von den jugendlichen Fans mit Fragen und Autogrammwünschen bombardiert, sodass Kyoko ihre Schwierigkeiten hat, überhaupt bis zum Schalter vorzudringen. Nur Dank Rina kann sie sich unerkannt zu den anderen vorkämpfen. Als sie Sho erblickt, entfährt ihr ein unwilliges Schnauben.

„Schon mal was davon gehört, dass man sich auch unauffälliger kleiden kann?“, fragt sie ihn barsch.

Die umstehenden Fans halten geschockt die Luft an und schauen entsetzt in Kyokos Richtung.

„Auch dir einen guten Morgen, Kyoko-chan.“, antwortet Sho grinsend. „Schon, aber ich zieh mich halt gern so an.“

„...außerdem finden dich deine Fans so schneller.“, ergänzt Kyoko sarkastisch. „Hast du mal daran gedacht, dass nicht jeder so einen Trubel bei der Abreise haben will?“ Mit einem leichten Kopfnicken deutet sie auf Kanae, die sich wieder den Fans zugewandt hat und weiter Autogramme schreibt. Sie sieht reichlich gestresst aus.

„Och, ich dachte einfach, das würde sie ein wenig von ihrer panischen Flugangst ablenken.“, entgegnet Sho mit einem schrägen Grinsen. Verschwörerisch beugt er sich ganz nah zu ihr herunter und fügt flüsternd hinzu: „Sie kam hier schon als nervliches Wrack an, offenbar hat sie die ganze Nacht nicht geschlafen.“

Raunend geht plötzlich Kyokos Name durch die Menge der Fans in unmittelbarer Nähe und es dauert nur Sekunden, bis auch sie von etlichen Jugendlichen belagert wird.

„Danke“, zischt sie ihrem Jugendfreund so zu, dass nur er es hört, „das hab ich gerade noch gebraucht...“ Seufzend nimmt sie Hut und Brille ab und reicht sie ihrer Betreuerin ... und verursacht damit erst recht Tumult unter den anwesenden Teenagern, die darauf hektisch ihre Handys zücken und wie wild fotografieren und filmen. Selbst Sho wird rigoros abgedrängt und erntet nur noch einen abschätzigen Blick von Kyoko.

„Kannst du dich ums Gepäck kümmern?“, fragt Kyoko ihre Betreuerin über den Lärm hinweg.

„Ungern.“, gibt diese kopfschüttelnd zurück. „Ich sorge lieber dafür, dass das hier nicht ausartet. Ich hoffe, es dauert nicht lange, bis Yashi-kun hier ist. Der kann das dann machen.“

Mit einem leicht gekünstelten Lächeln wendet sich die junge Schauspielerin wieder ihren Fans zu.
 

Als Ren eine Viertelstunde später mit Yashiro eintrifft, hat sie bereits schmerzende Finger und ihr Mund ist vom vielen Fragenbeantworten ganz trocken. Wie von Zauberhand sind es inzwischen auch deutlich mehr Fans, die sich hier am Abfertigungsschalter versammelt haben. Offenbar haben die ersten Fans ihre Freunde informiert und so für einen ziemlichen Menschenauflauf gesorgt.

Ren hat gerade noch Zeit, seiner Frau einen stirnrunzelnden Blick zuzuwerfen, den sie mit einem lakonischen Schulterzucken beantwortet, dann wird auch er von Fans umlagert.

Glücklicherweise schafft es Yashiro, sich trotz des ganzen Trubels zu Rina vorzuarbeiten und bekommt von ihr auch gleich Kyokos Koffer in die Hand gedrückt, damit wenigstens einer dafür sorgen kann, dass sie rechtzeitig einchecken.

Ein paar Minuten später hat Yukihito nicht nur Kyokos und Rens Koffer aufgegeben, sondern beim Flughafenpersonal auch dafür gesorgt, dass eine VIP-Lounge für sämtliche Schauspieler bereit ist, damit der inzwischen doch arg beeinträchtigte Betrieb an den Check-In-Terminals endlich wieder normal weiterlaufen kann. Flüsternd gibt er Rina Bescheid, die darauf Kyoko sachte an die Schulter fasst und sie lediglich fragend ansieht.

Kyoko nickt kaum merklich und pustet lautstark die Luft aus den Lungen, während sie tapfer weiter Autogramme schreibt.

„Gib mir eine Minute.“, flüstert ihr Rina grinsend zu.

Kyokos Miene hellt sich augenblicklich auf und ihre Lippen lächeln im selben Moment schon ein wenig entspannter.

Flüsternd wendet sich Rina an Yukihito, der darauf grinsend in der Menge der Fans verschwindet.

Eine paar lange Augenblicke passiert gar nichts, dann hört man plötzlich laut und vernehmlich ein „Mein Gott, ist das nicht Paris Hilton?!?“ mitten aus der Menschenmenge.

„Wo?“, echot es vielfach zurück.

„Daa! Sie ist gerade um die Ecke gebogen! – „Mein Gott, habt ihr diese Bodyguards gesehen?!“

Es dauert nur Sekunden, dann sind ausnahmslos alle Teenies in die angegebene Richtung verschwunden, während Yukihito allein auf weiter Flur steht, grinsend seine Brille wieder aufsetzt, seinen Mantel anzieht und die Haare notdürftig ordnet.

„Geile Nummer!“, findet Sho, als der junge Manager wieder bei ihnen ankommt. „Muss ich mir glatt merken.“

Yukihito deutet grinsend auf Rina. „Das war ihre Idee; pure, weibliche List.“, sagt er.

Hastig winkt er alle Schauspieler von „Crazy Alliance“ heran und treibt sie zur Eile. „Wir sollten weg sein, bevor sie den Trick durchschauen und wiederkommen.“, meint er.
 

Nur Minuten später sitzen sie bei einer Tasse Kaffee in einer VIP-Lounge und haben endlich die Gelegenheit, ein wenig durchzuatmen, bevor sie den Flieger besteigen können.

Kanae hingegen bringt es nicht einmal fertig, ihre Tasse selbst zum Mund zu heben, so sehr zittern ihre Hände. Kyoko hat einen Arm um sie geschlungen und versucht sie zu trösten.

„Hör mal, ich bin doch auch noch nie geflogen.“, sagt sie leise. „Aber ich hab mir sagen lassen, dass es eigentlich ganz unspektakulär ist.“

„Ja“, meint Kanae unglücklich, „solange man nicht abstürzt.“

„Och, Miss Menno, das ist doch total unwahrscheinlich!“, findet Kyoko. „Wann ist denn in Japan das letzte Mal so was passiert?“

„Das macht es nur wahrscheinlicher, dass es mal langsam wieder passieren muss .“, behauptet Kanae verzweifelt.

„Ach, komm schon.“, schaltet sich unvermittelt Sho in das Gespräch ein. „Wir sind doch alle bei dir.“ Irgendwie scheint er sich nicht so richtig entscheiden zu können, ob ihn das Ganze amüsieren oder ob er sich doch besser Sorgen um Kanae machen soll.

„Was für ein Trost!“, spottet Kanae leise.

Inzwischen ist auch Ren zu ihnen gestoßen, triumphierend ein Whiskeyglas vor sich her tragend.

„Hier.“, meint er lächelnd. „Nimm einen ordentlichen Schluck davon, das beruhigt deine Nerven.“ Zwinkernd hält er ihr das Glas hin.

Kanae sieht ihn einen Moment unschlüssig an, dann nimmt sie es.

„Ey!“, protestiert Sho empört. „Kanae ist noch minderjährig!“

Ren sieht ihn amüsiert an. „Erzähl mir nicht, dass du noch nie Alkohol getrunken hast, Kleiner , außerdem soll sie ja nicht das ganze Glas trinken.“ Genüsslich kostet er die Spannungspause aus, bevor er fortfährt. „Die andere Hälfte ist sowieso für Kyoko-chan. Die ist nämlich auch ziemlich aufgeregt.“

Sho fällt der Unterkiefer beinahe ins Bodenlose. Verblüfft muss er feststellen, dass ihm partout keine passende Antwort einfallen will, zumal Kyoko nur mit einem Seufzen reagiert.

„Mach den Mund wieder zu, Fuwa!“, sagt Kanae trocken und nimmt todesmutig einen großen Schluck, der so furchtbar im Hals kratzt, dass sie hustend eine angewiderte Grimasse zieht.

Mit einem mürrischen Geräusch auf den Lippen reicht sie das Glas weiter an Kyoko, die jedoch vorerst nur vorsichtig an der bernsteinfarbenen Flüssigkeit nippt.

„Na ja“, sagt Kyoko dann, „wenigstens nicht so schlimm wie dieses Teufelszeug von Takarada-san.“ Mutig nimmt sie einen größeren Schluck.

Sho steht das pure Entsetzen in den Augen. „Was?!“, echauffiert er sich, „Du hast...“

Weiter kommt er nicht, denn von Kanae und Kyoko kommt unisono ein barsches „Das geht dich nix an!“, was ihn augenblicklich zum Verstummen bringt.

Kyoko nimmt noch einen kleinen Schluck, dann gibt sie das Glas an den breit grinsenden Ren zurück.

„Jetzt komm mal wieder auf den Teppich.“, sagt der gelassen zu Sho. „In diesem Fall sollte man weniger von Alkohol und mehr von Medizin sprechen. Oder hast du Baldriantropfen dabei?“

„Nö.“, muss Sho kleinlaut zugeben.

„Kümmer dich lieber nachher im Flieger um Kanae. Du sitzt doch neben ihr, oder?“, meint Ren.

Sho nickt ... und langsam kehrt das Grinsen in sein Gesicht zurück.
 

„Noch aufgeregt?“, fragt Ren mit einem leicht besorgten Seitenblick auf seine Frau, als das Flugzeug nach dem Start schließlich vollkommen ruhig in der Luft liegt. Kyoko hat einen Fensterplatz bekommen und schaut gebannt auf die Wattewölkchen unter ihnen, während ihre Hände sich noch immer ein wenig verkrampft an die Sitzlehne klammern.

Offensichtlich aus ihren Gedanken hoch geschreckt, wendet sie sich wieder vom Fenster ab und sieht Ren mit großen Augen an.

„Ja, schon.“, gibt sie dann leise zu. „Natürlich.“

Ren greift lächelnd nach ihrer Hand. „Keine Sorge“, meint er, „wir werden genauso sicher landen, wie wir gestartet sind.“

Kyoko geht plötzlich ein Licht auf. „Oh, nein!“, winkt sie lächelnd ab. „Ich bin doch nicht deswegen so nervös. Es ist nur...“ Sie lehnt sich ein bisschen mehr in seine Richtung und senkt die Stimme. „...wegen dem Treffen mit Deinen Eltern.“

„Oh!“, entfährt es dem jungen Schauspieler überrascht und auch er geht zum Flüstern über. „Irgendwie verstehe ich dich. – Ehrlich gesagt, geht es mir ähnlich...“ Seufzend beugt er sich noch ein wenig näher zu ihr und sagt noch leiser: „Aber andererseits haben wir auch schon Schlimmeres durchgestanden. – Gehe ich jedenfalls mal von aus...“

„Wahrscheinlich hast du sogar Recht.“, bestätigt Kyoko lächelnd.

Einen Moment hängt Ren Gedanken über seinen Vater nach, dann grinst er plötzlich. „Ganz sicher.“, sagt er fest. „Ich meine, ... der Kerl ist eigentlich nur nervig, sonst nichts. – Und meine Mum ist wirklich in Ordnung.“

„Wenn du das sagst...“, murmelt Kyoko beruhigt. Zwar sind ihre Bedenken noch nicht gänzlich ausgeräumt, aber sie fühlt sich erheblich besser, ... schließlich hat Ren ja auch schon mehr als ein Mal deutlich gemacht, dass er unter allem Umständen wie ein Fels hinter ihr steht.

Unvermittelt drückt Ren ihre Hand etwas fester, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Verschmitzt grinst er sie an.

„Wenn du jetzt vorgibst, ein bisschen Flugangst zu haben, ... dann könnte ich mich ganz unauffällig ein wenig um dich kümmern.“, überlegt er gedämpft. „Zumal Mister Fuwa die nächsten Stunden wohl mit Kanae-chan beschäftigt sein dürfte.“

„Ich hoffe, es geht ihr gut.“, murmelt Kyoko, während sie vergeblich versucht, einen Blick auf ihre Freundin zu erhaschen, die zwei Reihen vor ihr sitzt.

„Bestimmt.“, meint Ren zuversichtlich und drückt noch ein Mal ihre Hand. „Ansonsten würde sich sicher schon jemand vom Flugpersonal darum kümmern; die haben damit reichlich Erfahrung. – Und? Was hältst du von dem Vorschlag?“

Kyoko grinst ihn verlegen an. „Ist das nicht ein wenig unlogisch? Jetzt noch?“, fragt sie unsicher.

„Warum?“, stellt Ren die Gegenfrage. „Beim Start hast du jedenfalls reichlich verkrampft meine Hand gehalten.“

Kyoko läuft in Sekundenbruchteilen knallrot an. „Mist!“, flucht sie leise. „War das so offensichtlich?“

„Der Stewardess ist es jedenfalls aufgefallen.“, gibt er schmunzelnd zurück.

„Oh je!“

„Mach dir keine Gedanken deswegen.“, beruhigt der junge Schauspieler sie. „Sie hat es sicher auf die Aufregung beim Start geschoben. Yukihito hat ihr gesagt, dass du ein bisschen Angst hast, weil es dein erster Flug ist.“

Kyoko lehnt sich ein wenig nach vorn, um den jungen Manager sehen zu können, der den Platz am Gang hat und tief versunken in die Drehpläne scheint. „Danke, Yukihito-kun!“, sagt sie lächelnd.

Yashiro blickt kurz von seinen Notizen auf. „Keine Ursache.“, entgegnet er und lächelt zurück; dann widmet er sich übergangslos wieder seiner Arbeit. „Wofür auch immer...“, murmelt er leise.

Schulterzuckend lehnt Kyoko sich wieder in ihren Sitz zurück und denkt einen Moment lang nach.

„Hm“, meint sie schließlich versonnen, während langsam ihre Mundwinkel den Weg nach oben finden. „du willst damit sagen, dass ich eigentlich gar keine andere Wahl habe, als jetzt ein bisschen dick aufzutragen, damit keiner auf falsche Gedanken kommt...“

„Nein, eigentlich nicht.“, gibt Ren grinsend zurück. „Aber ich würde es trotzdem außerordentlich begrüßen. Wir werden auf Okinawa schließlich in getrennten Zimmern schlafen müssen...“

Kyoko kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er ein bisschen schmollt. Leise lacht sie. "Du ziehst ja eine Flappe!"

Gespielt beleidigt zeigt Ren ihr demonstrativ die kalte Schulter.

„Na und? Hab ja auch allen Grund dazu“, knurrt er übertrieben.

Nun ist es Kyoko, die lächelnd seine Hand drückt. Für einen langen Moment lehnt sie einfach ihren Kopf an seine Schulter und schließt die Augen.
 

Zwei Reihen weiter ist die Flugangst deutlich realer. Noch immer klammert sich Kanae so heftig an den Sitz, dass ihre Knöchel weiß hervortreten; trotzdem zwingt sie sich, tief durchzuatmen.

„Mann, Kanae, das ist doch wirklich halb so schlimm.“, versucht Sho sie zu beruhigen; sein halbwegs belustigtes Lächeln trägt jedoch nicht unbedingt dazu bei, dass Kanae ihn ernst nimmt. Sie funkelt ihn genervt an.

„Schau mal“, fährt Sho unbeirrt fort, „beim Start ist es immer ein klein wenig holprig, aber du wirst sehen, es wird ein ganz ruhiger, sicherer Flug. Wir haben nämlich fantastisches Wetter.“

„So?“, fragt Kanae ätzend zurück und blitzt ihn böse aus den Augen an.

„Ja.“, lacht Sho. „Und das würdest du auch mitkriegen, wenn du mal einen Blick aus dem Fenster werfen würdest.“

„Bin ich kirre?!“, grollt Kanae schlecht gelaunt. „Dann wird mir doch nur noch klarer, wie hoch das hier ist!“

„Ach, komm schon.“, meint Sho grinsend; sachte packt er sie an den Schultern und dreht sie dem Fenster zu. „Ich bin doch bei dir. Es passiert ganz bestimmt nichts Schlimmes.“

Nur ganz langsam traut sich Kanae, den Blick wirklich zum Fenster zu lenken, doch als sie die weißen Wolkentupfen und das in der Sonne glitzernde Meerwasser ganz weit unten erblickt, zieht sie geräuschvoll den Atem ein und öffnet staunend den Mund.

„Oh, mein Gott!“, entfährt es ihr schließlich verblüfft. „Die kleinen Punkte da unten... Sind das Schiffe?!“

Sho reckt seinen Hals ein wenig, damit er etwas sehen kann. „Ich denke schon.“, meint er dann. „Das ist wunderschön, oder?“, flüstert er ihr ins Ohr und der warme Lufthauch an ihrem Hals, jagt Kanae unwillkürlich prickelnde Schauer durch den Körper.

Unwillig knurrt sie und dreht sich wenig rücksichtsvoll aus seinem Griff, um ihn sarkastisch anzufunkeln. „Und woher nimmt der Herr eigentlich seinen Optimismus, dass wir nicht doch abstürzen?!“ Leise brummend fügt sie hinzu: „Als ob so was nicht auch bei gutem Wetter passieren würde...“

Sho grinst sie beinahe schon unverschämt selbstsicher an. „Hey!“, sagt er lachend, „die werden doch nicht so einen Star wie mich abstürzen lassen! Was gäbe denn das für Negativ-Schlagzeilen für die Airline?! Das können die sich doch gar nicht leisten!“

Kanae kann sich anscheinend gerade nicht entscheiden, ob sie wütend oder doch eher belustigt reagieren soll. „Wir sind ja gar nicht eingebildet.“, sagt sie schließlich spitz.

„Wieso?“, stichelt Sho vergnügt weiter, „Ich sag doch nur die Wahrheit!“

Mürrisch verschränkt Kanae die Arme vor der Brust und sinkt tief in den Sitz. „Langsam kann ich Kyoko-chans Reaktionen auf dein überhebliches Gehabe voll und ganz nachvollziehen.“, grummelt sie. „Du bist ein echter Kotzbrocken.“

„Beim letzten Date hast du was anderes gesagt.“, schmollt Sho ein bisschen übertrieben und sieht ihr mit einem wahren Dackelblick in die Augen.

„Das war kein Date!“, streitet Kanae rigoros ab, was Sho wiederum ziemlich amüsant zu finden scheint, jedenfalls breitet sich ein irgendwie fasziniertes Grinsen in seinem Gesicht aus.

Kanaes Blick verfinstert sich noch weiter. „Ich bin nur zu diesem Poetry-Slam mitgegangen, weil du mich total überrumpelt hast!“, wettert sie. „Das war schon fast Erpressung!“

Sho lacht unbeeindruckt. „Aber es hat Spaß gemacht, oder?“

Einen Moment lang druckst Kanae mürrisch herum. „Ja, ... schon...“, gibt sie dann widerwillig zu. „Aber du warst aufdringlich.“

„War ich gar nicht.“, streitet Sho energisch ab. „Du hast mich noch gar nicht wirklich aufdringlich erlebt.“

„Danke, da verzichte ich dann auch drauf.“, giftet Kanae zurück.

Jemand tippt Shos Schulter von der anderen Seite her an. „Ich will deine vergeblichen Baggerversuche ja nur ungern unterbrechen, Fuwa-kun“, sagt Yuto Todo, der in „Crazy Alliance“ seinen Yakuza-Boss spielt, „aber könntest du wenigstens ein bisschen leiser erfolglos sein? Ich würde gern noch ein bisschen Text lernen.“

„Wieso erfolglos?“, grinst Sho selbstsicher zurück. „Ums Flirten geht’s im Moment doch gar nicht. Aber ihre Flugangst hat sich buchstäblich verflüchtigt, also kann ja man nicht wirklich von Erfolglosigkeit sprechen, oder?“

„Aha.“, macht Yuto und als er Kanaes mehr als verblüffte Reaktion bemerkt, muss er lachen. Anerkennend klopft er dem jungen Sänger auf die Schulter. „Es besteht ja doch noch Hoffnung für dich. – Aber es wäre trotzdem nett, wenn das etwas leiser ginge.“

„Kein Problem.“, meint Sho lachend. „Es sei denn die Lady hat was dagegen.“ Mit einem breiten Grinsen wendet er sich wieder Kanae zu ... und blickt in zwei vor Verblüffung weit aufgerissene Augen und einen ebensolchen Mund.

„Kanae-chan?“, fragt er schließlich vorsichtig. Behutsam greift er nach ihrem Arm und streicht sachte darüber, dann wedelt er mit der Hand vor ihrem Gesicht. „Mach den Mund wieder zu, das steht dir überhaupt nicht.“

Endlich reagiert das Mädchen. Ächzend hält sie sich die Hand vor die Augen und sinkt tief in ihren Sitz zurück.

„Alles okay?“, fragt Sho leise.

„Du bist so ein Idiot.“, murmelt Kanae und stöhnt gleich darauf gequält auf. „Nein, ich bin der Idiot...“

Sho wendet sich noch ein Mal kurz an seinen Schauspielkollegen, um ihm zu signalisieren, dass mit Kanae alles in Ordnung ist, dann stupst er seine Stirn leicht an Kanaes Schulter und kichert leise. „Macht doch nix.“, prustet er verhalten, als er den Kopf wieder hebt. „Wechseln wir uns doch einfach damit ab.“

Kanae fällt kopfschüttelnd in sein Lachen ein.
 

„Okay, die Verteilung auf die Bungalows wäre dann soweit geklärt.“, meint Ushio Kurozaki. „Wie ihr dort die Zimmer aufteilt, bleibt dann euch überlassen.“ Mit einem knappen Nicken reicht er die Unterlagen in seiner Hand an seinen Regie-Assistenten, der ihm gleich ein paar neue Blätter reicht.

„Packt in Ruhe aus und seht euch ruhig ein bisschen auf dem Gelände um. Allerdings möchte ich alle bitten, sich bei mir oder Keita-kun abzumelden, wenn er das Gelände verlassen will. Wir treffen uns dann heute Abend hier im Gemeinschaftsbungalow zum gemeinsamen Abendessen, da werden wir dann auch noch mal im Detail besprechen, wie das Fotoshooting morgen ablaufen soll. Die Wetterfrösche haben jedenfalls bestes Wetter dafür angesagt. Ich rechne damit, dass wir dann ein paar erstklassige Fotos für die PR-Kampagne und die Filmplakate kriegen. Noch Fragen?“ Der junge Regisseur lässt seinen Blick langsam über die Anwesenden gleiten.

„Was ist jetzt mit der defekten Kamera?“, meldet sich ein junger Mann zu Wort.

„Darum hab ich mich schon gekümmert“, entgegnet Kurozaki ruhig, „morgen wird Ersatz hier sein ... und jemand, der sich das Problem ansehen wird.“ Noch ein Mal lässt er seinen Blick schweifen, doch anscheinend sind alle Fragen geklärt.

„Gut.“, meint der Regisseur zufrieden. „Dann danke ich für eure Aufmerksamkeit. Wir sehen uns.“

Gut gelaunt wendet er sich einigen Mitarbeitern aus der Technik-Crew zu.
 

„Wie schön, dass du bei uns im Bungalow wohnst!“, jubelt Kyoko und ist beinahe versucht, Kanae freudig um den Hals zu fallen; nur Kanaes blitzartig sich verfinsternder Blick hält sie davon ab.

„Ja, das finde ich auch“, stimmt Kanae trocken zu, „aber deswegen brauchst du auch nicht gleich in Begeisterungsstürme auszubrechen. Die meiste Zeit werden wir eh an den Sets verbringen.“

„Du hast vollkommen Recht“, mischt Ren sich grinsend ins Gespräch ein, „aber es gibt da anscheinend jemanden, der mit seiner Bungalow-Zuteilung nicht so ganz zufrieden scheint.“ Mit einem leichten Nicken deutet er in Shos Richtung, der offenbar schmollend mit seiner Betreuerin diskutiert. Erfolglos, wie es scheint. Genervt schaut der junge Sänger zu ihnen herüber ... direkt in Rens durchdringend blickende Augen. Unwillkürlich zuckt Sho ein klein wenig zusammen.

Ren winkt ihn zu sich herüber und Sho kommt der Aufforderung nicht nur unverzüglich, sondern auch noch mit einem geradezu hypnotisierten Blick nach. Kyoko kichert leise.

„Hi“, sagt der junge Sänger beinahe schon verlegen, als er bei ihnen ankommt, „was geht?“

„Am liebsten du.“, kichert Kyoko leise. „Wenn du schon so fragst.“

Ren lächelt ihr kurz belustigt zu, dann wendet er sich jedoch unerwartet freundlich an Sho. „Wie es scheint, ist dir die Gesellschaft in deinem Bungalow ein bisschen zu langweilig.“, stellt er schmunzelnd fest. „Ich wollte dir nur sagen, dass unser Bungalow kein Sperrgebiet ist, du kannst also auch ruhig mal rüber kommen. Solange du dich benimmst, hat keiner was dagegen.“

„Danke.“, entgegnet Sho verblüfft, murmelt jedoch gleich ein sehr leises „...wie großzügig...“ hinterher.

Ren lächelt nur freundlich und wendet sich übergangslos den Mädchen zu.

„Komm, Kyoko-chan, Koffer auspacken!“, ordnet er grinsend an. „Kommst du auch Kanae-chan?“

„Gib mir noch einen Moment.“, antwortet sie.

„Kein Problem. Wir nehmen deinen Koffer schon mal mit.“ Ren hebt noch kurz die Hand zum Verabschieden, dann ergreift er Kyokos Arm und schiebt sie Richtung Ausgang.

„Sag mal, hast du dir die Dialog-Änderungen schon genauer angesehen, da ist irgendwas komisch.“, hört Sho ihn im Fortgehen noch fragen. Er sieht Kyoko auch noch verwundert den Kopf schütteln, dann schiebt sich plötzlich Kanae in sein Blickfeld. Ein wenig verwirrt schaut er sie an.

„Das war eine getarnte Einladung, oder?“, stellt er verblüfft fest und gestikuliert diffus in die Richtung, in der Kyoko und Ren verschwunden sind.

„Ich würde nicht von Tarnung sprechen.“, bemerkt Kanae trocken.

„Ich... Ich werd aus dem Kerl einfach nicht schlau...“, seufzt Sho verzweifelt.

„Was gibt es daran nicht zu verstehen?“, will Kanae wissen. Salopp schlägt sie ihm auf den Unterarm, um ihn endlich aus seiner merkwürdigen Starre zu holen.

„Erst macht er mir mehr als deutlich klar, dass er mich nicht leiden kann ... und jetzt das!“, versucht Sho zu erklären.

Kanae drückt sachte seinen Oberarm und sieht ihn ernst an. „Das ist gar nicht der Punkt.“, sagt sie nachdrücklich. „Ihm hat dein Verhalten seiner Kohai gegenüber ganz und gar nicht gepasst. Das hat er dir deutlich gemacht. – Ich weiß ja nicht, was du so über ihn denkst, aber er ist kein arroganter Schnösel, wie du vielleicht glauben könntest. Er hat zwar ganz gern seine Ruhe, aber er ist durchaus umgänglich. Sei doch froh, dass er ein bisschen auf Kyoko-chan aufpasst, da draußen laufen echt genug Verrückte rum.“

„Jaa“, meint Sho gedehnt, „vielleicht hast du Recht.“ Unvermittelt hellt sich sein Blick wieder auf. „Und solange er ein wachsames Auge auf sie hat, kann auch kein anderer an sie ran.“

>Wenn du wüsstest...<, fährt es Kanae durch den Kopf; genervt verdreht sie die Augen und atmet kopfschüttelnd ein paar Mal tief durch. „Jetzt geh auspacken, du kannst ja später vorbei kommen, wenn du Lust hast. – Kyoko und ich hatten sowieso schon überlegt, ob die Küchen in den Bungalows zu mehr zu gebrauchen sind als Kaffee und Tee zu kochen. Vielleicht gibt es ja nachher sogar Kuchen.“

In Shos Augen ist mit einem Mal ein geradezu kindlich strahlendes Leuchten getreten. „Das ist schon beinahe Bestechung.“, argwöhnt er belustigt. „Ist das eine Falle?“

„Klar“, behauptet Kanae trocken grinsend, „du wirst die Füllung und dann wirst du genüsslich verspeist.“

„Och, wenn du diejenige bist, die mich dann vernascht, könnte ich es mir glatt überlegen, freiwillig in die Falle zu gehen.“, flirtet er frech.

Kanaes Blick jedoch verdüstert sich unerwartet. „Hör auf, mich anzubaggern, wenn du immer noch Kyoko-chan hinterher jagst!“, knurrt sie kalt, dreht sich ohne weiteren Kommentar auf dem Absatz um und verlässt eilig den Gemeinschaftsbungalow, einen deutlich geknickten, nachdenklichen Sho zurücklassend.
 

Gute zwei Stunden später sitzt tatsächlich die ganze Gruppe im Bungalow 2 und genießt den noch warmen Kuchen, den die beiden Mädchen gebacken haben. Sho hat sogar ein beinahe schon seliges Grinsen im Gesicht, das einfach nicht mehr weichen will.

„Wahrscheinlich hat Fuwa-kun schon seit einer ganzen Weile nichts Selbstgebackenes mehr an den Gaumen bekommen.“, meint Rina lachend, nachdem sie ihn eine Weile beobachtet hat.

„Mm“, grinst Sho mit immer noch vollem Mund, „das können Sie laut sagen. Ich komm mir grad vor wie im Schlaraffenland.“

„Oh“, lacht Kanae, „ich wusste gar nicht, dass du so leiden musstest!“ Theatralisch rauft sie sich die Haare und blickt sich hektisch um. „Großer Rockstar, hättest du doch etwas gesagt!!“

Sho schaut sie einen kurzen Moment verständnislos an, dann bricht er dermaßen laut in Gelächter aus, dass er sich beinahe an dem Bissen in seinem Mund verschluckt. Auch die anderen können kaum noch an sich halten und es dauert eine ganze Weile, bis sich alle wieder beruhigt haben.

Schließlich nimmt Ren einen letzten Schluck aus seiner Teetasse und wendet sich lächelnd an Kyoko. „Ich hab mir übrigens diese neuen Dialoge noch mal genauer angesehen ... und ich denke, dass sie jetzt nicht mehr mit den Regieanweisungen übereinstimmen. Manche Sachen funktionieren so einfach nicht.“, sagt er.

Kyoko zieht die Stirn ein wenig in Falten. „Also sollten wir sie mal durchgehen, bevor sie gedreht werden sollen?“ Eigentlich ist es mehr eine Feststellung als eine Frage.

„Würde es dir was ausmachen, wenn wir das jetzt erledigen? Dann kann ich Kurozaki-san heute Abend schon Verbesserungsvorschläge machen.“

„Nein, überhaupt nicht.“, gibt Kyoko lächelnd zurück und wendet sich an die anderen Anwesenden. „Ihr entschuldigt mich bitte. Ich geh nur schnell mein Drehbuch holen.“

„Kein Problem“, meint Kanae ruhig, „wir kommen auch ohne euch klar. Ich mach den Abwasch dann einfach mit Sho-kun. – So viel ist das ja nicht.“

Der junge Sänger scheint ein bisschen überrumpelt, allerdings nicht abgeneigt und nickt Kyoko lächelnd zu.

„Okay, bis später dann.“ Noch einmal wendet sie sich Ren zu. „Soll ich zu dir rüberkommen?“

„Hm“, zieht Ren seine Antwort ein wenig in die Länge, „ja, ich denke, das wird das Sinnvollste sein. Bis gleich dann.“

Mit einer knappen Verbeugung verabschiedet sich Kyoko und macht sich auf den Weg in ihr Zimmer. Auch Ren erhebt sich von seinem Platz und verlässt das Wohnzimmer.

Rina und Yukihito sehen sich unwillkürlich an und können sich nur schwer das Grinsen verkneifen und auch Kanaes Mundwinkel zucken für einen kleinen Augenblick nach oben, bevor sie sich abrupt an Sho wendet, um ihm noch ein Stück Kuchen anzubieten.
 

Kyoko hat kaum Rens Zimmer betreten und die Tür hinter sich geschlossen, da wird sie auch schon stürmisch von kräftigen Armen eingefangen und leidenschaftlich geküsst. Ohne es zu bemerken lässt sie das Drehbuch auf den Boden fallen. Sanft schieben sich Rens Hände unter ihre Bluse und streicheln genüsslich die nackte Haut auf ihrem Rücken. Unwillkürlich seufzt Kyoko in den Kuss und klammert sich fester an ihren Mann. Ihre Knie drohen gerade, sich in Pudding zu verwandeln.

Es dauert zwei geschlagene Minuten, bis ihr Gehirn wieder halbwegs funktioniert und sie die Kraft aufbringt, ihn sachte von sich zu schieben.

„Wir sind nicht allein im Haus.“, flüstert sie rau.

Ren grinst sie verschmitzt an. „Ich finde das sogar besonders prickelnd.“, gibt er leise brummend zurück.

„Aber Sho...“, beginnt Kyoko skeptisch, hat jedoch Schwierigkeiten, einen klaren Kopf zu behalten.

„...wird es früher oder später sowieso herausfinden.“, ergänzt Ren ruhig. „Aber keine Sorge.“ Liebevoll schließt er Kyoko wieder in die Arme und genießt für einen Moment einfach das wunderbar warme, zarte Gefühl, sie einfach nur zu halten. „Ich hatte gar nicht vor, dich jetzt gleich zu vernaschen.“, sagt er leise. „Auch wenn diese Aussicht wirklich verführerisch ist.“

Grinsend hebt Kyoko den Blick an, um ihn anzusehen.

„Nicht, dass ich grundsätzlich was dagegen hätte...“, murmelt sie verlegen. Dann sieht sie ihn forschend an. „Koon?“, fragt sie leise. „Gibt es wirklich ein Problem mit den Textänderungen?“

„Ja“, antwortet Ren grinsend, „aber nur ein ganz kleines; eigentlich ist es gar nicht der Rede wert.“

„Irgendwie hab ich mir so was gedacht.“, seufzt Kyoko kopfschüttelnd.

„Es gibt eigentlich nur ein Problem“, erklärt Ren grinsend, „meine Sehnsucht nach dir, Hime-chan. – Ich weiß gar nicht, wie ich diese Woche durchstehen soll. Ich hoffe, die Dreharbeiten verzögern sich nicht noch. Ich will dich nicht die ganze Zeit teilen müssen.“

Kyoko stellt sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn zärtlich auf die Lippen. „Was soll ich denn sagen?“, fragt sie sanft. „Ab morgen muss ich dich auch noch mit deinen Eltern teilen.“

„Falsch!“, streitet Ren mit einem deutlich säuerlichen Grinsen ab. „Ich werde dich mit ihnen teilen müssen.“

„Wie auch immer...“, lenkt Kyoko seufzend ein, „es kommt sowieso auf dasselbe raus. – Wieso hat Kurozaki-san eigentlich immer noch nicht verraten, wer der Gaststar ist, der Nathan Gray spielt?“

„Ich nehme an, damit es auf dem Flughafen bei seiner Ankunft möglichst wenig Aufruhr gibt. Wahrscheinlich wird er heute beim Abendessen feierlich verkünden, dass morgen Kuu Hizuri am Set sein wird.“

„Und das wird dann heute Abend genug Aufruhr verursachen, dass die meisten heute Nacht nicht schlafen werden.“, meint Kyoko. „Himmel, selbst Sho ist ein Fan von ihm!“

„Wie gut, dass ich ihm nichts von eurer unseligen Vergangenheit erzählt habe...“, brummt Ren, plötzlich jedoch kommt ihm ein Gedanke. „Oder, warte mal! Vielleicht lässt sich das ja ausnutzen, gleich beide von uns fernzuhalten...“

„Oh, bitte, Koon!“, ächzt Kyoko und verdreht die Augen. „Was heckst du jetzt schon wieder aus?! Bitte denk daran, dass wir alle nicht daran interessiert sind, die Dreharbeiten zu stören. Verzögerungen wären echt schrecklich.“

„Lass mich nur machen, Hime-chan. Ich muss ihm ja nicht sagen, wie beschissen dich Sho behandelt hat. Das wäre, denke ich, sowieso nicht so gut. Mein Vater kann ziemlich den Beschützer raushängen lassen ... und dann würden wir vermutlich schnell auffliegen.“, überlegt Ren laut, sein Grinsen wird breiter. „Aber ich kann ihm einige unwichtigere Details stecken und dann sagen, dass Sho ein Fan von ihm ist...“

Familientreffen

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Und das wird dann heute Abend genug Aufruhr verursachen, dass die meisten heute Nacht nicht schlafen werden.“, meint Kyoko. „Himmel, selbst Sho ist ein Fan von ihm!“

„Wie gut, dass ich ihm nichts von eurer unseligen Vergangenheit erzählt habe...“, brummt Ren, plötzlich jedoch kommt ihm ein Gedanke. „Oder, warte mal! Vielleicht lässt sich das ja ausnutzen, gleich beide von uns fernzuhalten...“

„Oh, bitte, Koon!“, ächzt Kyoko und verdreht die Augen. „Was heckst du jetzt schon wieder aus?! Bitte denk daran, dass wir alle nicht daran interessiert sind, die Dreharbeiten zu stören. Verzögerungen wären echt unangenehm.“

„Lass mich nur machen, Hime-chan. Ich muss ihm ja nicht sagen, wie beschissen dich Sho behandelt hat. Das wäre, denke ich, sowieso nicht so gut. Mein Vater kann ziemlich den Beschützer raushängen lassen ... und dann wären wir vermutlich schnell aufgeflogen.“, überlegt Ren laut, sein Grinsen wird breiter. „Aber ich kann ihm einige unwichtigere Details stecken und dann sagen, dass Sho ein Fan von ihm ist...“

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Familientreffen
 

Zum Mittagessen am nächsten Tag haben sich Kanae, Ren, Kyoko und ihre Betreuer in ihren Bungalow zurückgezogen. Keiner von ihnen möchte an dem aufgeregten Gewusel teilhaben, das schon den ganzen Morgen am Set wegen Kuu Hizuris Anreise herrscht.

Wie nicht anders zu erwarten, hat sich auch Sho eingeladen, natürlich seine Betreuerin im Schlepptau. Eigentlich hätte er schon gern Kuus Eintreffen miterlebt, allerdings wollte er nicht allein am Tisch bei den nervigen Fangirls vom Set sitzen, ... die ihn ohnehin nur so lange als Ersatzobjekt angehimmelt hätten, bis der Star aus Amerika aufgetaucht wäre.

Inzwischen sind all ihre Tabletts aus der Kantine geleert und sie haben es sich, jeder mit einer Tasse duftendem Kaffee aus Rens tragbarer Kaffeemaschine ausgestattet, auf der kleinen Terrasse gemütlich gemacht, als plötzlich Haruka Aizawa, eine der Maskenbildnerinnen, ums Haus gestolpert kommt.

„Haruka-san, was ist denn mit dir passiert?“, fragt Ren lachend, als er sieht, wie sie sich, heftig nach Atem ringend, an einer Stuhllehne festklammert.

Haruka ist ganz offensichtlich völlig aus dem Häuschen und grinst von einem Ohr zum anderen. „Meine Güte.“, keucht sie vergnügt, als sie sich ein wenig beruhigt hat. „War das ein Tumult da hinten! Das ist ja fast, als wäre der amerikanische Präsident persönlich zu Besuch!“ Noch einmal schnauft sie kräftig durch. „Puh, das Schlimmste scheint aber wohl vorbei zu sein.“

„Haruka-san, du sprichst in Rätseln.“, merkt Sho ein bisschen genervt an.

„Oh“, macht die junge Maskenbildnerin und errötet tief. „Entschuldigung. Ich bin nur immer noch so aufgeregt. – Ich spreche natürlich von Kuu Hizuris Ankunft. Ein toller Mann, kann ich nur sagen!“ Unwillkürlich entfährt ihr ein schwärmerisches Seufzen. „Und erst seine Frau! Oh, mein Gott, sie ist so wunderschön, ein echtes Topmodel! Makellose Haut, unendlich lange Beine, hinreißend große Augen ... und dabei so unglaublich nett. – Aber was rede ich? Das ist wohl echt eine Berufskrankheit. Entschuldigung noch mal. Eigentlich soll ich nur Ren-san Bescheid sagen, er soll gleich mal bei Hizuri-san vorbeischauen. Er meinte, dass er sich schon den ganzen Flug über gefreut hat, Sie endlich mal wieder zu sehen.“ Lächelnd zwinkert sie Ren zu.

„Okay, kein Problem“, gibt Ren lässig zurück und trinkt einen Schluck von seinem Kaffee. „bis zum Shooting ist ja noch Zeit. Ich wäre aber später sowieso noch rüber gegangen.“

Sho fällt der Unterkiefer geradezu ins Bodenlose, vor allem weil Ren bei alldem kaum eine Miene verzogen hat.

„Ach“, fährt Haruka fort. „und Sie möchten bitte Kyoko-san mitbringen. Hizuri-san sagte, er hätte schon so viel von ihr gehört und würde sie vor dem Dreh gern ein bisschen näher kennen lernen.“

„Gern.“, meint Ren lächelnd, aber immer noch sehr gefasst.

Kyoko hingegen ist weit weniger gelassen, ihr Gesicht ist ziemlich rot angelaufen. „Ja, gut.“, sagt sie heiser.

„Okay, bis später dann, ich muss weiter.“, flötet Haruka gut gelaunt und macht sich auch gleich eilig wieder auf den Weg.

Kyoko knetet nervös ihre Hände und weiß gerade nicht, wo sie hinsehen soll.

Sho schaut sie von der Seite her an und grinst plötzlich. „Ich wäre auch aufgeregt.“, meint er und versucht vergeblich, nicht neidisch zu klingen. „Mann! Kuu Hizuri! Der Kuu Hizuri! Sollen wir vielleicht tauschen?“

„Halt die Klappe, Sho!“, kommt es unbarmherzig von Kanae, „Nach dir hat er nicht gefragt.“

Sho zuckt regelrecht zusammen beim letzten Satz. „Ja“, sagt er kleinlaut. „leider.“ Plötzlich kommt ihm eine Idee, hoffnungsvoll sieht er zu Ren auf. „Hm, Ren-kun, meinst du, du könntest mich ihm mal vorstellen? Du scheinst ihn ja zu kennen.“

„Ja, wir kennen uns von früher.“, bestätigt der junge Schauspieler kühl. „Ich habe eine Weile in Amerika gelebt.“

„Echt?“, hakt Sho verblüfft nach, mit einem Mal scheint er geradezu an Rens Lippen zu kleben. „Cool! Und? Würdest du?“

Kanae verdreht kräftig die Augen. „Menno, Sho! Du triffst ihn doch später sowieso beim Shooting.“

„Na und?“, schmollt der junge Sänger uneinsichtig. „So wär’s aber cooler.“ Erwartungsvoll sieht er zu Ren.

Der junge Schauspieler hat ein Gentlemanlächeln aufgesetzt und antwortet eher unverbindlich. „Ich kann ihm ja von dir erzählen.“, sagt er.

Sho freut sich trotzdem wie ein kleiner Junge auf seinen Nachtisch. „Super! Danke Ren-kun.“

Der junge Schauspieler beachtet ihn nicht weiter und wendet sich stattdessen demonstrativ an Kyoko. „Musst du noch was erledigen oder können wir gleich los?“

„Ich...“, stammelt die junge Schauspielerin nervös. „Ich weiß nicht. – Vielleicht sollte ich mich noch umziehen. Und die Haare...“

„...müssen für das Shooting dann sowieso wieder umgestylt werden.“, ergänzt Ren grinsend. „Bleib einfach, wie du bist.“

„Aber...“, beginnt Kyoko erneut, doch Ren reicht ihr die Hände, um ihr aufzuhelfen und sieht sie mit einem schier unergründlichen Blick an.

„Kein ‚Aber’. Wir gehen jetzt.“, bestimmt er rigoros, wenn auch mit einem freundlichen Lächeln.
 

Noch eine ganze Weile nachdem die Beiden fort sind, sitzt Sho immer noch sprachlos da.

„Whoah!“, bekommt er schließlich doch noch heraus. „Krass! Kyoko-chan hat eine Privataudienz bei Hizuri-san!“ Urplötzlich wandelt sich sein Gesichtsausdruck zu dem eines schwermütigen Emo-Teenagers. „Oh Mann, ich will auch...“, seufzt er tief.

Shoko ist das kindische Benehmen ihres Schützlings mehr als unangenehm. „Nun beruhig dich mal wieder, du triffst ihn doch später. Und du wirst sogar mit ihm drehen.“

Kanae muss mit einem Mal ein Kichern unterdrücken.

„Du benimmst dich wie ein Grundschüler.“, stellt sie trocken fest. „Komm wieder runter! – Ich an deiner Stelle würde mir lieber Gedanken machen, ob ich für den Dreh mit ihm gut genug vorbereitet wäre. Der Mann soll ja ein ziemlicher Perfektionist sein.“

Sho sieht sie einen Moment lang, höchst verblüfft an, dann steigt plötzlich ein Anflug von Panik in seinen Augen auf.

„Ich glaub, ich muss noch mal in mein Drehbuch schauen.“, verkündet er hastig und steht hektisch von seinem Stuhl auf, um binnen weniger Augenblicke grußlos zu verschwinden.

Shoko erhebt sich ebenfalls von ihrem Platz und sieht die anderen achselzuckend an, bevor sie sich für ihren Schützling entschuldigt und sich eilig verabschiedet.

„Das war die Rache für die blöde Anmache im Flugzeug.“, murmelt Kanae zufrieden, als beide außer Hörweite sind. Ihre Lippen verziehen sich zu einem breiten, schadenfrohen Grinsen.
 

„Nun komm schon“, seufzt Ren leise Kyoko zu, „ich will’s hinter mich bringen.“

Seine Frau schaut ihn mit einem Blick an, der irgendwie an ein kleines Schäfchen erinnert, das zur Schlachtbank geführt werden soll. Ren muss kichern.

„Hey, Hime-chan“, meint er liebevoll, „wenn sich hier jemand eventuell blöde Sprüche anhören muss, dann werde ich das sein, nicht du. Dafür wird schon meine Mum sorgen.“ Sachte drückt er ihre Hand. „Mach dir keine Sorgen. Meine Eltern sind nicht annähernd so schlimm wie deine Mutter.“

„Dein Wort in Gottes Ohr...“, murmelt Kyoko skeptisch.

„Komm!“, flüstert Ren noch einmal und nimmt ihre Hand fester. Energisch klopft er an die nur angelehnte Tür und nach einem freundlichen „Come in!“ betritt er, seine junge Frau im Schlepptau, den Bungalow ... und steht gleich darauf seiner verblüfften Mutter gegenüber, der auch prompt vor Freude die Tränen aus den Augen kullern.

„Kuon!“, flüstert sie entgeistert und hat nur eine Sekunde später ihren so lang vermissten Sohn in eine stürmische Umarmung gezogen.

Zögernd erwidert Ren die Geste und schließt nun seinerseits, wenn auch höchst verlegen, die Arme um seine Mutter. „Hallo, Mum.“, bringt er leise und mit belegter Stimme heraus.

„Hallo, Großer.“, antwortet Julie genauso leise. Einen Moment noch hält sie ihn so im Arm, dann stößt sie ihn plötzlich nachdrücklich fort, um ihm grob auf den Oberarm zu schlagen – noch immer Tränen in den Augen und ein widerspenstiges, gut verstecktes Lächeln in den Mundwinkeln.

„Fast sechs Jahre!“ echauffiert sie sich. „Kein Wort, kein Brief, kein Lebenszeichen! – Hast du eine Ahnung, wie sehr deine Mutter gelitten hat?“

„Ich weiß nicht“, gibt Ren ernst zu, „ich habe es irgendwann geschafft, es zu verdrängen. Ich habe es sogar fertig gebracht, jeden Gedanken an euch zu verdrängen. Ich habe damals keinen anderen Weg gesehen.“ Ein bisschen zerknirscht schaut er ihr in die Augen, doch Julie ist schon weitgehend versöhnt.

„Schon gut, Kuon“, sagt sie sanft, „wahrscheinlich hattest du sogar Recht damit.“

Plötzlich fällt ihr Blick auf Kyoko, die sich die ganze Zeit schüchtern und nervös im Hintergrund gehalten hat. Mit einem letzten, zärtlichen Streicheln seiner Arme löst sie sich von ihrem Sohn und geht auf Kyoko zu, um sie schließlich herzlich zu umarmen.

„Du musst Kyoko-chan sein.“, stellt sie mit einem breiten Lächeln fest. „Himmel, du bist ja viel hübscher als auf den paar Aufnahmen, die ich im Internet von dir gesehen habe!“ Grinsend wendet sie ihren Blick kurz Ren zu. „Ich wusste doch, dass mein Sohn Geschmack hat!“

Wie nicht anders zu erwarten, ist Kyoko knallrot angelaufen und bekommt schließlich gerade so eine höfliche Begrüßung heraus. „Guten Tag, Mrs.Hizuri. Es freut mich sehr.“

„Mich auch, Kyoko-chan, sogar außerordentlich. Aber ich hoffe doch, du kannst dich zu einem ‚Mum’ durchringen oder wenigstens dazu, mich mit ‚Julie’ anzusprechen. – Setzt euch doch.“

Sie nehmen in dem kleinen Wohnzimmer auf der Couch Platz

„Wo ist Dad?“, fragt Ren.

Julie verdreht grinsend die Augen. „In der Küche. Wo sonst? Vermutlich vernichtet er gerade gewissenhaft die letzten Reste vom Mittagessen. – Glücklicherweise hat Rory-kun dafür gesorgt, dass wir einen eigenen Koch haben, sonst wäre wohl in der Kantine nicht genug für alle da gewesen heute Mittag.“ Genervt stöhnt sie auf.

Wie auf ein geheimes Stichwort kommt Kuu in diesem Augenblick kauend aus der Küche. „Hat hier wer über mich gelästert?“, fragt er grinsend ... und stopft sich das offenbar letzte Reisbällchen gleich im Ganzen in den Mund.

„Wie kommst du darauf?“, gibt Julie ironisch grinsend zurück. „Sieh mal, wer hier ist!“

Kyoko ist schon bei Kuus Eintreffen hektisch von ihrem Platz aufgestanden und Ren hat es ihr – etwas bedächtiger – gleich getan. Sein Gesicht verrät nicht die geringste Gemütsregung, während Kyoko sich tief und mit hochroten Wangen verbeugt.

Kuu strahlt von einer Sekunde auf die nächste übers ganze Gesicht. „Wow!“, poltert er begeistert, „Sohn!! Bist du erwachsen geworden!“ Er wirft Kyoko einen breit grinsenden Blick zu, ein verräterisch verschmitztes Funkeln in den Augen. „Und das ist dann wohl meine funkelnagelneue Schwiegertochter.“, stellt er vergnügt fest und macht Anstalten, auf Kyoko zuzustürmen, um sie in - buchstäblich - im Schoß der Familie willkommen zu heißen.

Doch Ren ist – zu Kuus Leidwesen – schneller. Blitzschnell hat er seine Frau fest in den Armen und dreht sie ebenso entschlossen wie behutsam von seinem Vater weg, der nun nicht mehr an sie heran kommt.

„Vergiss es, Dad“, verkündet Ren triumphierend, „alles meins!“

Julie bricht unwillkürlich in ausgelassenes Kichern aus, als sie das verdutzte Gesicht ihres Mannes sieht. Allerdings dauert der Spaß nicht sehr lange, denn Kuu hat sich schnell gefangen und grinst seinen Sohn mit einem ebenso unverschämten wie unwiderstehlichen Blick an.

„Das glaubst auch nur du.“, meint er gelassen.

Das Entsetzen in Rens Augen spricht Bände.

„Du hast ganz offensichtlich eine begabte Schauspielerin geheiratet.“, erläutert Kuu, immer noch grinsend. „Die hat man nicht ganz für sich allein. – So sehr ich es dir auch gönnen würde, mein Sohn. Begabte, schöne Frauen, die noch dazu im Rampenlicht stehen, muss man immer mit der ganzen Welt teilen.“ Zwinkernd wirft er seiner Frau eine Kusshand zu, die seine Geste mit einem lächelnden Nicken anmutig quittiert.

Mit einem verliebten Lächeln wendet sich Kuu wieder ganz seiner Frau zu, doch in dem Moment, in dem Ren sein Mädchen loslässt, damit sie sich wieder setzen können und sich selbst dem Sofa zuwendet, stürmt Kuu wie ein geölter Blitz auf seine Schwiegertochter zu und wirbelt sie im nächsten Moment bereits lachend auf seinen Armen durchs Wohnzimmer.

Kyoko schreit erschrocken auf, was den Schauspieler dazu bringt, mit den Drehungen inne zu halten. Allerdings hat er sie immer noch auf dem Arm und Kyokos Füße schweben nach wie vor fast einen Meter über dem Boden, als sei sie nicht schwerer als ein Kleinkind.

„Na so was!“, entfährt es Kuu verdutzt. „Du bist ja noch leichter als meine Frau! Kind, ich glaube, du musst mehr essen; dabei habe ich doch schon gehört, dass du eine ganz ausgezeichnete Köchin bist.“

Ren wird blass; Hilfe suchend blickt er zu seiner Mutter, die ihm jedoch beruhigend zunickt.

„Oder isst dir mein undankbarer Sohn etwa alles weg?“, fährt Kuu fröhlich fort und bricht in donnerndes Gelächter aus, sodass Kyoko die Ohren schmerzen.

„Bitte Kuu, das geht zu weit.“, bringt ihn Julie schließlich tadelnd zur Räson.

Kuu ist für einen Moment abgelenkt, als er seine Frau leicht verlegen angrinst und Ren nutzt die Gelegenheit, Kyoko einfach aus seinen Armen zu entführen und sie ein paar Meter entfernt behutsam auf dem Boden abzusetzen. Beschützend umfangen seine eigenen Arme nun das leicht zitternde Mädchen.

„Ich hab dir doch gesagt, er ist nervig.“, flüstert er ihr ins Ohr. „Aber er ist wirklich harmlos. Du musst nur lernen, damit umzugehen.“

Kyoko atmet hörbar durch. Sie ist dermaßen verlegen, dass sie immer noch kein Wort heraus bringt. Erst allmählich entfalten Rens Wärme und Geruch ihre beruhigende Wirkung.

Julie ist inzwischen dazu übergegangen, ihrem Mann ordentlich die Leviten zu lesen und dieser lässt ihren temperamentvollen Monolog kleinlaut über sich ergehen.
 

Eine halbe Stunde später ist die Atmosphäre deutlich entspannter und man hat sich schon ein bisschen besser kennen gelernt.

„Wolltest du mit deinem Sohn nicht etwas Wichtiges besprechen?“, fragt Julie ihren Mann schließlich streng.

Kuu schaut sie an, als wolle er fragen, ob das wirklich jetzt sein muss und sie scheint es auch genau so zu verstehen.

„Bringt es lieber hinter euch.“, meint sie mild und lächelt Kyoko zu. „Wir schaffen es schon, uns auch ganz ohne euch Männer gut zu unterhalten.“

Kuu seufzt tief und wendet sich schulterzuckend an seinen Sohn. „Lass uns nach nebenan gehen.“, sagt er resignierend. „Gegen deine Mutter komme selbst ich nicht an.“

Ein bisschen verlegen machen sich die Männer auf, nachdem sich jeder mit einem Kuss von seiner Frau verabschiedet hat.

„Noch Tee?“, fragt Julie, als sie fort sind.

„Gern.“

Einen langen Moment ist es still zwischen den Frauen und Kyoko starrt tief in Gedanken in die Richtung, in der Ren und Kuu verschwunden sind.

„Keine Sorge“, meint Julie leise, als sie Kyokos doch leicht bedrückten Blick bemerkt, „Kuu will sich in erster Linie bei Kuon entschuldigen. Ich glaube nicht, dass sie dabei aneinander geraten.“

Kyoko schaut sie mit großen Augen an und seufzt dann leise.

„Nein wirklich“, bekräftigt Julie noch einmal und lächelt Kyoko ermutigend zu, „sie werden sich nur endlich mal aussprechen. Es gab viel zu viele unausgesprochene Dinge zwischen ihnen.“

„Meinen Sie...“ Kyoko räuspert sich verlegen. „Meinst du nicht, dass es dabei doch zum Streit kommen könnte?“

Julie lächelt weich. „Nein. Kuon war eigentlich nie der Typ für so was und Kuu habe ich schon vor unserem Abflug ordentlich ins Gebet genommen. Der soll es ja nicht wagen, sich darauf einzulassen.“ Lächelnd nimmt sie ihre Tasse und setzt sich direkt neben ihre Schwiegertochter. „Weißt du“, erklärt sie und legt einen Arm sanft auf Kyokos Schulter, „als Kuon noch zu Hause gewohnt hat, war Kuu beruflich so eingespannt, dass er kaum daheim war, jedenfalls nicht dann, wenn Kuon es mitbekommen hätte. Kuu liebt seinen Beruf sehr, ... aber er liebt auch seine Familie ... und deshalb hat er dann, wenn er mal Zeit für Kuon hatte, den armen Jungen mit Aufmerksamkeit und Geschenken überschüttet. – Und auch mit reichlich neugierigen Fragen. Anfangs hat Kuon das auch durchaus genossen, aber mit der Zeit kam es bei ihm nur noch so an, dass sein Vater lediglich sein schlechtes Gewissen ihm gegenüber beruhigen wollte. – Und vielleicht ist da sogar was dran.

Kuu hat lange gebraucht, um zu erkennen, was für Fehler er bei seinem Sohn gemacht hat, er war nach Kuons Verschwinden eine Weile einfach nur sauer auf ihn. Aber mit der Zeit ist ihm klar geworden, dass er seinem Sohn nicht gerade ein guter Vater war und dass er Dinge getan hat, die seine Gefühle zum Teil tief verletzt haben. – Ich denke, genau darüber werden die Beiden gerade reden.“ Mit einem vergnügten Lächeln zwinkert sie Kyoko kurz zu. „Keine Sorge, Kuu ist sich bewusst, dass Kuon durchaus ein Recht hat, sauer auf ihn zu sein.“

Kyoko ist etwas erleichtert, hörbar atmet sie auf und trinkt noch einmal von ihrem Tee.

Julies Blick fällt auf ihr silbernes Armband. Neugierig und mit einem entschuldigenden Lächeln nimmt sie Kyokos Hand uns betrachtet es konzentriert. „Das ist euer Ehering-Ersatz, nicht wahr?“, fragt sie schließlich.

Kyoko nickt errötend.

„Stimmt“, denkt Julie laut nach, „Rory hatte es erwähnt. Sehr hübsch ... und auch nicht übermäßig auffällig.“

„Hat Takarada-san auch erwähnt, dass es aus Platin ist?“, ächzt Kyoko leise und errötet erneut.

Julie hebt grinsend die fein gezogenen Augenbrauen. „Nein. Sag bloß! – Sieh einer an, mein Sohn scheint ja wirklich ein Händchen für Geld zu haben, wenn er sich in diesem Alter schon in solche Unkosten stürzen kann.“ Vergnügt lacht sie auf. „Das hat er jedenfalls nicht von seinem Vater.“

Nun ist es an Kyoko, neugierig die Augenbrauen zu heben. Julie lacht.

„Mein Mann ist zwar wirklich über alle Maßen großzügig“, meint sie grinsend, „aber er kann absolut nicht mit Geld umgehen. Nur gut, dass wir beide immer noch so gut im Geschäft sind!“ Verschwörerisch zwinkert sie ihrer Schwiegertochter zu. „Wenn ich nicht regelmäßig heimlich etwas beiseite schaffen würde, um es sicher anzulegen, sähe es mit der Altersversorgung vermutlich irgendwann düster aus. – Aber sag es nicht weiter.“

„Bestimmt nicht.“, verspricht Kyoko grinsend.

„Stimmt es denn, dass Kuons Finanzen sich sehen lassen können?“, will Julie wissen. „Es wäre mir jedenfalls eine große Beruhigung; in unserem Geschäft kann es schließlich von heute auf morgen vorbei sein mit dem üppigen Einkommen.“

„Da mach dir mal keine Gedanken.“, beruhigt sie Kyoko resigniert. „Er hat so unanständig viel Geld, dass mich beinahe der Schlag getroffen hätte, als er mir seine Kontoauszüge gezeigt hat. Er hat damit übrigens wohl weislich bis nach der Hochzeit gewartet.“

„Das hört sich an, als hättest du ihn nicht genommen, wenn du es vorher gewusst hättest.“, lacht Julie verwundert.

„Das nun auch nicht.“, gibt Kyoko verlegen zu. „Aber ich hätte sicher noch mehr Bedenken gehabt. Ich meine, er ist doch auch ohne diese Sache schon der begehrteste Junggeselle Japans ... gewesen.“ Leise fügt sie hinzu: „Ich hab immer noch Angst vor der Reaktion seiner Fans, wenn sie von uns erfahren.“

Julie dreht sich ernst zu ihr und nimmt sachte beide Schultern in ihre Hände. „Lass dich nicht unterkriegen, Liebes. Ich weiß, mein Sohn würde eher wieder nach Amerika gehen, bevor er es zuließe, dass sie dich auch nur belästigen.“

In Kyokos Mundwinkeln zuckt ein verblüfftes Lächeln. „So was hat er mir auch schon gesagt.“, staunt sie.

„Ich kenne meinen Sohn besser, als er selbst glaubt.“, gibt Julie zufrieden lächelnd zurück. „In der Beziehung ist er seinem Vater übrigens unglaublich ähnlich. Ich glaube, das weiß er gar nicht. – Aber lass uns ein wenig über dich sprechen, Kyoko-chan. Rory-kun hat erzählt, dass du bei LME in der ‚Love Me Section’ angefangen hast, bevor du deine ersten Filmjobs bekamst. Das war bestimmt wieder eine seiner unsäglich verrückten Ideen... Ich würde gern mehr darüber wissen.“

Kyoko räuspert sich und errötet tief. Dann atmet sie kurz durch und beginnt zu erklären.
 

„Sag mal, Liebste“, fragt Kuu, nachdem die Beiden wieder fort sind, „wusstest du, dass Kuon das Mädchen schon kannte, bevor wir endgültig nach Amerika umgezogen sind?“

Julie schaut ihren Mann überrascht von unten her an. „Nein.“

„Doch.“, bekräftigt Kuu ernst und seufzt tief. „Und er war damals schon in sie verliebt.“

Julies Augen weiten sich entsetzt. „Oh, mein Gott! Vermutlich war er damals deswegen noch verschlossener als sonst! Ach, du liebe Güte, kein Wunder, dass er dir das mit dieser unseligen Verlobung übel genommen hat.“

„So ernst war das doch damals gar nicht gemeint, Julie.“, versucht sich Kuu verlegen rauszureden, doch seine Frau schüttelt nur verständnislos den Kopf.

„Ich hatte dir gesagt, dass das eine Schnapsidee war.“, stellt sie tadelnd fest

„Aber wieso hat er nie was gesagt?“, grübelt Kuu verzweifelt.

„Weil er den Eindruck hatte, du hörst ihm sowieso nicht zu.“, gibt Julie unbarmherzig zurück. „Ich glaube, das ist der Punkt. Kyoko-chan hört ihm immer zu, egal ob er etwas offen sagt oder nicht. Das denke ich - zumindest wenn mich meine weiblichen Instinkte nicht vollkommen im, Stich gelassen haben. Ich bin so froh für ihn, ich hab ihn noch nie so offen und zugänglich erlebt, nicht mal, als er noch ganz klein war. Er war noch nie so...“

„...glücklich.“, ergänzt Kuu ernst. „Ja, du hast Recht, es hätte ihm gar nichts Besseres passieren können, als Kyoko-chan zu treffen. Es ist beinahe schon, als hätte sie ihn aus einem tiefen, dunklen Kerker befreit...“

Julie sieht ihren Mann von unten herauf an und kichert leise. „Jetzt wirst du aber ein bisschen zu melodramatisch, mein Lieber!“
 

„So, du bist also Shotaro-kun.“, stellt Kuu lächelnd am Nachmittag fest, als sie am Rande des Fotoshootings eine kurze Pause machen. „Ich habe gehört, du kennst Kyoko-chan schon von klein auf.“

„Mm, ja, allerdings.“, antwortet Sho seltsam nervös. „Wir haben praktisch unsere ganze Kindheit miteinander verbracht.“

„Soso.“, macht Kuu lächelnd und hat ein merkwürdig neugieriges Funkeln in den Augen. „Eine interessante junge Frau, aber ich denke, das weißt du schon, schließlich kennst du sie ja schon länger.“

„Ja, natürlich.“, antwortet der junge Sänger beinahe schon automatisch; irgendwie wird ihm plötzlich heiß. „In ihr steckt eine Menge mehr, als man auf den ersten Blick vermutet.“, sagt er und während diese Worte langsam gänzlich in sein Bewusstsein sickern, werden seine Ohren doch noch ein bisschen rot vor Scham.

„Das ist wohl wahr.“, nickt Kuu langsam, während er beobachtet, wie sein Sohn mit dem Fotografen diskutiert. „Sag mal, weißt du, was da hinten los ist?“, fragt er unvermittelt.

„Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist Ren-kun dagegen, dass Kyoko-chan Aufnahmen in diesem winzigen Bikini mit Camouflagemuster macht. Und ich finde durchaus, dass er Recht hat, immerhin ist sie noch minderjährig.“

Kuus Lippen verziehen sich zu einem breiten Grinsen. „Nun, kann sein. Außerdem ist es auch gar nicht nötig, sie ist selbst im hochgeschlossenen Abendkleid sexy genug.“, meint er grinsend. Sein Blick fällt auf eine Menschenansammlung in der Nähe, die einen ganz schönen Tumult veranstaltet. Leise seufzend schaut er zu Sho hinunter.

„Entschuldige, Shotaro-kun, ich glaube, ich muss meine Frau aus den Fängen ihrer Verehrer befreien, bevor sie sie noch vor lauter Bewunderung erdrücken.“, sagt er seufzend. „Aber wir beide sollten uns später noch in Ruhe unterhalten.“

Sho verbeugt sich geschmeichelt.

„Ich würde gern von dir hören, wie Kyoko-chan so war, bevor sie sich für die Schauspielerei entschieden hat.“

Unwillkürlich entgleiten Sho seine eben noch vor Selbstvertrauen strotzenden Gesichtszüge, während der berühmte Schauspieler aus Amerika schon seiner Frau zu Hilfe eilt, ... um sie dann mehr als theatralisch zu retten.
 

Eigentlich sollte er hundemüde sein, doch obwohl es weit nach Mitternacht ist, bekommt Ren kein Auge zu. Seufzend starrt er in den klaren Sternenhimmel, der durch die dunklen Fensterscheiben hindurch zu sehen ist ... und fühlt sich furchtbar verlassen.

>Mann, eigentlich sollte es ja kein Problem sein, mal ein paar Nächte allein zu schlafen.<, denkt er schnaubend. >Ist ja schließlich nicht das erste Mal seit unserer Hochzeit.<

Unzufrieden mit sich selbst wirft er zum wiederholten Mal in der letzten halben Stunde einen Blick auf die Uhr, nur um festzustellen, dass die Zeit einfach nicht schneller vergehen will. Leise stöhnend wandert sein Blick zur Zimmerdecke, während er angestrengt überlegt, ob er doch noch mal aufstehen soll. Vielleicht würde ein kleiner Spaziergang ihm gut tun und ihm die nötige Bettschwere verschaffen...

Da öffnet sich plötzlich die Tür und eine schmale Gestalt im Schlafanzug schleicht ins Zimmer.

„Kyoko?“, flüstert er überrascht.

Die Gestalt zuckt merklich zusammen. „Entschuldige, hab ich dich geweckt?“

Ihre Stimme zaubert augenblicklich ein Lächeln auf Rens Gesicht. „Nein, Hime-chan, ich konnte sowieso nicht schlafen.“, sagt er.

„Ich auch nicht, Koon.“, kommt es von Kyoko leise zurück. „Heute ist so viel passiert und es war so viel Trubel ... und jetzt komm ich mir so alleingelassen vor.“

Der Mond scheint hell genug, dass Ren sehen kann, wie sie verlegen ihre Finger knetet.

„Geht mir auch so.“, gesteht er seufzend. „Komm zu mir ins Bett!“

Er hebt einladend die Bettdecke und Kyoko lässt sich nicht lange bitten. Schnell kriecht sie an seine Seite und kuschelt sich leise seufzend in seinen Arm.

„Dann müssen wir wohl morgen ein bisschen früher raus.“, sagt er und greift mit der freien Hand nach dem Telefon, um den Wecker umzustellen.

„Gut, dass dein Dad wenigstens bei der Arbeit nicht so ... gewöhnungsbedürftig ist.“, lacht Kyoko leise.

„Sag es ruhig, wie es ist, außer beim Dreh oder bei Shootings ist er furchtbar anstrengend und nervtötend.“, gibt Ren schmunzelnd zurück. „Aber auf die Art zieht er auch die ganze Aufmerksamkeit von uns ab, das gibt uns zumindest ein bisschen mehr Freiraum.“

„Ja“, grinst Kyoko, „besonders Sho weicht ja gar nicht mehr von seiner Seite. – Hast du deinem Vater irgendwas gesagt?“

„Ich hab ihm lediglich gesagt, dass ihr euch von klein auf kennt.“, gibt Ren mit einem breiten Grinsen zurück. „Und wie ich meinen alten Herrn kenne, wird er jetzt versuchen, ihn über dich auszufragen. Vermutlich vor allem deshalb, um mir dann nachher triumphierend irgendwelche Anekdoten von der kleinen Kyoko zu erzählen, von denen ich nichts weiß ... und sie mir dann bei jedem Besuch um die Ohren zu hauen.“

Kyoko stimmt leise in sein gedämpftes Lachen ein. „Die Chancen sind wohl vergleichsweise gering.“, meint sie vergnügt, „Die für ihn interessanten Sachen kann Sho nicht erzählen, wenn er sich nicht als vollkommenes Arschloch vor ihm outen will; jedenfalls was unsere mehr oder weniger gemeinsame Vergangenheit betrifft.“

„Jepp.“, meint Ren gut gelaunt. „Genau so hatte ich mir das gedacht. – Und als kleines Extra, hab ich Dad auch noch verraten, dass Sho eigentlich Shotaro heißt...“

Kyoko schnalzt gespielt missbilligend mit der Zunge. „Also wirklich, Koon, das grenzt ja schon an Gemeinheit.“, erwidert sie ironisch.

Ren grinst immer noch schräg im beinahe milchigen Mondlicht, doch seine Augen haben plötzlich einen anderen, sehr vertrauten Glanz bekommen. „Ich liebe dich.“, flüstert er und küsst sie zärtlich.

Kyoko seufzt leise in den Kuss hinein, ... was zur Folge hat, dass Ren fast augenblicklich leidenschaftlicher wird und sie fester in die Arme schließt.

„Meine Mum hat sich übrigens ganz begeistert über dein Posing heute beim Shooting geäußert.“, sagt er, als er ihre Lippen wieder frei gibt.

Kyoko wird ein wenig rot auf den Wangen. „Das hat sie mir auch gesagt.“, erzählt sie verlegen. „Ich hab ihr gesagt, dass du mir das meiste beigebracht hast.“

„Bescheiden wie immer.“, bemerkt Ren mit leisem Kopfschütteln. „Du hast ihr natürlich nicht gesagt, in welch kurzer Zeit du es gelernt hast...“

Kyoko schaut ihn verständnislos an. „Warum auch?“

Noch einmal schüttelt Ren den Kopf. „Vergiss es“, sagt er schmunzelnd, „du verstehst es wahrscheinlich nicht mal. Lass uns schlafen, Hime-chan, morgen wird wieder ein anstrengender Tag.“

„Ja.“, flüstert Kyoko und schmiegt sich tiefer in seine warme, sanfte Umarmung.

Es dauert kaum zwei Minuten, dann sind Beide lächelnd eingeschlafen.

Beunruhigende Liebesbriefe

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Meine Mum hat sich übrigens ganz begeistert über dein Posing heute beim Shooting geäußert.“, sagt er, als er ihre Lippen wieder frei gibt.

Kyoko wird ein wenig rot auf den Wangen. „Das hat sie mir auch gesagt.“, erzählt sie verlegen. „Ich hab ihr gesagt, dass du mir das meiste beigebracht hast.“

„Bescheiden wie immer.“, bemerkt Ren mit leisem Kopfschütteln. „Du hast ihr natürlich nicht gesagt, in welch kurzer Zeit du es gelernt hast...“

Kyoko schaut ihn verständnislos an. „Warum auch?“

Noch einmal schüttelt Ren den Kopf. „Vergiss es“, sagt er schmunzelnd, „du verstehst es wahrscheinlich nicht mal. Lass uns schlafen, Hime-chan, morgen wird wieder ein anstrengender Tag.“

„Ja.“, flüstert Kyoko und schmiegt sich tiefer in seine warme, sanfte Umarmung.

Es dauert kaum zwei Minuten, dann sind Beide lächelnd eingeschlafen.

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Beunruhigende Liebesbriefe
 

Seufzend lässt sich Ren Tsuruga auf einem der Poller im Hafen nieder und blickt gedankenverloren in den sternklaren Nachthimmel. Nur einige Meter entfernt wuseln Kameraleute und Lichttechniker herum, um die nächste Szene des nächtlichen Drehs vorzubereiten, während sein Vater sich ihm verwundert nähert und ihn sanft an der Schulter berührt, um ihn aus seiner offensichtlichen Versenkung zurückzuholen.

„Wo ist denn Kyoko-chan hin?“, fragt er leise.

Ren schaut lächelnd auf. „Oh, an ihrem Kostüm hatte sich in der letzten Szene etwas gelöst, es wird wohl ein paar Minuten dauern, das zu richten, damit wir weitermachen können. Beantwortet das deine Frage?“

„Zur Genüge.“, meint Kuu grinsend. „Sie ist wirklich gut in Form.“, fügt er mit anerkennendem Blick hinzu. „Genau wie du.“

Ren sieht seinen Vater ein bisschen verständnislos an. „Das ist doch selbstverständlich bei so einem Projekt. Die Dreharbeiten würden sich doch ansonsten endlos hinziehen. – Mal abgesehen davon, dass es ohne die nötige Kondition eine elende Quälerei wäre...“

Kuu hebt nur leicht die Brauen und lässt lächelnd seinen Blick rüber zum Yachthafen wandern, von wo bunte Lichterketten auf den großen Yachten herüberleuchten.

Wie aus dem Nichts taucht plötzlich Rina Kobayashi hinter ihnen auf. „Entschuldigen Sie die Störung Hizuri-san.“, sagt sie atemlos und wendet sich ernst an Ren. „Ist Kyoko-chan in der Nähe?“

„Nein“, gibt Ren verwundert zurück, „die ist die nächsten Minuten noch mit Reparaturen am Kostüm beschäftigt.“

Rina atmet hörbar auf. „Gut.“, sagt sie und lächelt Kuu Hizuri entschuldigend zu, bevor sie sich wieder Ren zuwendet. „Kann ich dich einen Moment allein sprechen? Es ist wichtig.“

Ren runzelt kaum merklich die Stirn. „Entschuldige mich.“, bittet er seinen Vater, der ihm darauf lächelnd zunickt.

Die Beiden gehen ein Stück und finden schließlich ein Plätzchen, wo sie ungestört reden können.

„Was ist los?“, will Ren wissen.

Rina holt einen tiefroten Umschlag aus ihrer Jacke, auf dem in silbernen Lettern Kyokos Name und derzeitige Adresse steht und hält ihn dem jungen Schauspieler unter die Nase.

„Wieder einer von diesen Briefen?“, seufzt Ren.

„Ja“, antwortet Rina ernst. „Scheinbar wieder derselbe Absender; wieder mit aufgestempelter, schwarzer Rose.“

Langsam öffnet Ren den Umschlag und nimmt das sorgfältig gefaltete, ebenfalls tiefrote Blatt heraus.

„Diesmal kam er nicht mit der anderen Fanpost“, fügt die junge Managerin düster hinzu, „sondern wurde direkt hierher geschickt.“

Ren sieht sie entsetzt an. „Hierher?! Woher hat dieser Typ die Adresse?“

„Ich habe keine Ahnung.“, antwortet Rina ratlos. „Er scheint Kyoko-chan regelrecht beschattet zu haben. Lies!“

„Mein liebes Vögelchen“, beginnt Ren murmelnd, „Es war gar nicht nett von dir, einfach nach Okinawa abzureisen, ohne mir eine Spur von dir zu hinterlassen. Aber keine Sorge, ich habe ja auch so herausgefunden, wo du gerade bist. Nur schade, dass ich diesmal nicht die Zeit habe, dir zu folgen; so kann ich dich leider nicht jeden Tag sehen, so wie sonst.

Übrigens passt es mir gar nicht, dass du so viel Zeit mit Tsuruga verbringst. Ich verstehe durchaus, dass ihr eng zusammenarbeitet in diesem Film, aber dass ihr auch nach Feierabend so viel Zeit miteinander verbringt, macht mich fast ein bisschen wütend.

Nun ja, wir werden das später klären, mein kleiner, gefallener Engel.

Ich freue mich schon sehr auf dich.

...und darunter wieder eine schwarze Rose...“ Ren fahren unwillkürlich kalte Schauer den Rücken hinunter. „Hmm... Weiß Kyoko schon von diesen Briefen?“

„Nein“, gibt Rina ernst zurück, „bisher nicht ... und mir wäre es auch lieber, wenn wir sie nicht deswegen beunruhigen müssten.“

„Das sehe ich ähnlich.“, meint Ren nachdenklich. „Aber wir müssen was tun. Diese Briefe klingen geradezu besessen, er tut gerade so, als wäre er fest mit ihr zusammen. Weiß Takarada-san Bescheid?“

„Ja, aber er hat auch noch keine Spur. Er meinte nur, es muss jemand mit Zugang zu Insiderinformationen sein. Vermutlich jemand aus der Branche.“

„Mist, genau das fürchte ich auch.“ Ren seufzt erneut tief. „Vorerst wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als die Augen verstärkt offen zu halten. – Hast du Yukihito informiert?“

„Ja.“, meint Rina mit einem leicht schiefen Lächeln. „Der Brief kam ja schon heute Morgen mit der regulären Post, ... aber es war ein bisschen schwierig, dich mal allein zu erwischen heute.“

„Kann sein“, gibt Ren grinsend zurück, „und das wird sich angesichts der Umstände wohl auch so schnell nicht mehr ändern. – Ich werde nicht zulassen, dass meiner Frau etwas zustößt.“

„Mach dir nicht zu viele Sorgen.“, meint Rina, „hier auf dem Gelände scheint sie vorerst sicher; immerhin schreibt er ja, dass er ihr nicht nachreisen konnte.“

„Ehrlich gesagt, beruhigt mich das nicht wirklich.“, kontert Ren bitter. „Was mir Sorgen macht, ist vor allem, dass wir nicht bemerkt haben, dass Kyoko-chan offenbar verfolgt wird... - Wie dem auch sei, wir sollten das Gespräch besser später fortsetzten, Kyoko kann jeden Moment ans Set zurückkommen.“
 

„Ärger?“, fragt Kuu leise, als sein Sohn mit ungewohnt deutlicher Besorgnis im Blick zu ihm zurückkommt.

„Wie man’s nimmt...“, seufzt Ren schwer. „Fanpost der unangenehmen Art.“

„Drohbriefe?“, hakt Kuu stirnrunzelnd nach.

„Nicht direkt.“, antwortet Ren ausweichend. „ich erzähle es dir später. Ich möchte vorerst nicht, dass Kyoko allzu viel davon mitbekommt. Sie muss jeden Moment fertig sein.“

„Verstehe.“, meint Kuu knapp und fügt ernst hinzu: „Ich nehm dich beim Wort“.
 

Wie erwartet erscheint kurz darauf Kyoko wieder am Set, gut gelaunt und ein strahlendes Lächeln im Gesicht, das für den Moment ganz und gar ihrem Mann gehört.

Ren kann gar nicht anders als ein heiliges Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, als er in ihre leuchtenden Augen schaut.

Kuu hingegen grinst vergnügt in sich hinein und verkneift sich jeden Kommentar.
 

Wenig später hat der Regisseur die Schauspieler für die nächsten Szenen zusammengerufen, um die folgenden Stunts noch einmal zu besprechen.

„Ran und Takeshi sind also dem großen Boss im Hintergrund, Nathan Grey, jetzt scheinbar unentdeckt bis zum Hafen gefolgt“, fasst Kurozaki zusammen, „doch kurz nachdem sie ihn aus den Augen verloren haben, sind sie plötzlich von dessen Leuten umzingelt.“ Grinsend schaut er Kuu Hizuri an. „Ich möchte, dass Sie sich möglichst geschmeidig durchs Bild bewegen, Hizuri-san, Sie werden in dieser Sequenz fast nur von hinten und immer nur sehr kurz zu sehen sein; ich möchte, dass Sie geradezu wie ein Phantom wirken. Und natürlich darf der Zuschauer zunächst nicht bemerken, dass Sie längst wissen, dass man Ihnen folgt. Ich denke, Sie kriegen das hin.“

Kuu grinst gut gelaunt zurück. „Kein Problem.“, sagt er schlicht.

„Und Ihr müsst zusehen, dass ihr möglichst alle gleichzeitig aus der Dunkelheit auftaucht. Ich möchte, dass die Zuschauer vor Schreck fast aus dem Kinosessel fallen, weil sie nicht damit gerechnet haben.“, wendet sich der junge Regisseur an die Stuntmen.

„Es wäre allerdings gut, wenn wir ein Zeichen von Ihnen haben könnten, damit auch wirklich alle gleichzeitig im Bild sind.“, meint einer der Männer.

„Das wird kaum gehen, es gibt keinen Platz, den alle von euch einsehen können, solange ihr in den Verstecken seid, denke ich.“, antwortet Kurozaki ernst. „Es wird so gehen müssen. Wahrscheinlich müssen wir das Ganze erst zwei, drei Mal durchgehen, bevor wir mit den Aufnahmen loslegen können, damit ihr ein Gefühl für das Timing bekommt. Notfalls müssen wir halt vorher einen Schnitt machen, wenn es gar nicht klappt. Allerdings wäre mir schon lieber, wenn wir die Szene gleich durchexerzieren könnten; es wirkt im Ergebnis einfach stimmiger und eleganter.“

„Also, ich denke, dass es durchaus möglich ist.“, wirft ein anderer Stuntman ein. „Wir arbeiten ja jetzt schon ein Weilchen zusammen, ich denke, wir sind schon ganz gut aufeinander eingestellt.“

„Egal“, meint der Regisseur gut gelaunt, „wir werden es auf jeden Fall erstmal versuchen; ändern können wir es immer noch.“ Übergangslos wendet er sich an seine beiden Hauptdarsteller. „Von euch will ich zwar Überraschung sehen, wenn die Gegner auftauchen, aber nicht zu viel, ganz besonders von Ran nicht. Denk daran, dass sie ohnehin schon die ganze Zeit Bedenken hatte, Nathan Grey auf eigene Faust zu verfolgen.“

Ein kurzes, synchrones Nicken ist die knappe Antwort.

„Gut, dann lasst uns loslegen. Wir werden nach Möglichkeit nur stoppen, um Kamera und Ton neu einzustellen und ansonsten versuchen, das Ganze, so weit es geht, zügig hintereinanderweg zu drehen. – Fangen wir also erstmal mit der Verfolgungsszene an. - Alle auf die Plätze!“
 

Vorsichtig späht Ran Nekozawa hinter dem dicken Pfeiler hervor und beäugt für einen kurzen Moment den großen Mann, der gerade den Blick langsam hinüber zum Yachthafen schweifen lässt.

„Er ist stehen geblieben.“, flüstert sie Takeshi Nanohara hinter sich zu. Langsam und gespenstisch geräuschlos, gleitet sie zurück in den Schatten zu ihrem Partner. „Ich halte es immer noch für eine Scheißidee, dem Kerl ohne Unterstützung aus dem Hauptquartier zu folgen.“, schimpft sie sehr leise. „Nathan Grey ist gefährlich; hier ist was faul.“

„Woher willst du das wissen?“, fragt Takeshi ebenso leise zurück. „Ich finde, du übertreibst mit deinem dämlichen Bauchgefühl. – Immerhin sind wir bisher unentdeckt geblieben. Was soll’s also?“

„Mein Bauchgefühl hat mich jedenfalls noch nie im Stich gelassen.“, grummelt die junge Frau kaum hörbar.

„Hey!“, beschwert sich ihr Partner flüsternd, „ Ich hab dich auch noch nie im Stich gelassen!“

„Aber nur, weil es Vorschrift ist.“, stellt Ran schlecht gelaunt fest und wirft erneut einen kurzen Blick auf den von ihnen verfolgten Verdächtigen. „Verdammt“, flucht sie leise, „er dreht sich um!“

Blitzschnell hat Takeshi sie in die Arme geschlossen und drückt seine Lippen auf ihre. „Tarnung.“, murmelt er leise in ihren vor Überraschung offenen Mund, während er unauffällig die Umgebung taxiert.

Ran ist hin und her gerissen zwischen Empörung und dem Gefühl immer weicher werdender Knie und ist beinahe versucht, ihm ihre Faust ins Gesicht zu rammen...
 

„Stopp!“, ruft der Regisseur in die Szene hinein. „Das war zwar schon ganz gut, aber ich will deutlicher sehen, dass Takeshi inzwischen so weit ist, die Situation bewusst auszunutzen, um Ran so nahe wie möglich zu kommen. Du wirst natürlich nicht zu weit gehen, dafür bist du zu anständig, Takeshi, aber du kannst dich ihrer Anziehungskraft inzwischen nicht mehr entziehen. Ich will, dass die Zuschauer sehen , wie sehr du jede Berührung genießt.

Und Ran, das war schon ganz gut, wie du deutlich gemacht hast, dass du es sehr wohl bemerkst, aber ich möchte auch von dir noch prägnanter ausgearbeitet sehen, wie sehr dich das einerseits ärgert und wie schwer es doch für dich ist, es nicht doch zu genießen. – Klar?“

„Ja.“, bestätigt Kyoko nickend und wird unwillkürlich rot, während Ren nur nickt und sich ein Grinsen kaum verkneifen kann, hat er doch nun die offizielle Erlaubnis, seine Frau in aller Öffentlichkeit genau so zu behandeln, wie er es eigentlich immer tun möchte.

Auch Kuu kann sich kaum beherrschen, nicht in vergnügtes Kichern auszubrechen.

Noch einmal machen sich alle für den Beginn der Szene fertig.
 

Vorsichtig späht Ran hinter dem Pfeiler hervor und beobachtet für einen kurzen Moment den großen Mann, der gerade am Kai innegehalten hat und seinen Blick gemächlich hinüber zum Yachthafen schweifen lässt.

„Er ist stehen geblieben.“, flüstert sie Takeshi hinter sich zu. Langsam und lautlos, gleitet sie zurück in den Schatten zu ihrem Partner. „Ich halte es immer noch für eine Scheißidee, dem Kerl ohne Unterstützung aus dem Hauptquartier zu folgen.“, schimpft sie so leise, dass nur Takeshi sie hören kann. „Nathan Grey ist gefährlich; hier ist was faul.“

„Woher willst du das wissen?“, fragt Takeshi ebenso leise zurück. „Ich finde, du übertreibst mit deinem dämlichen Bauchgefühl. – Immerhin sind wir bisher unentdeckt geblieben. Was soll’s also?“

„Mein Bauchgefühl hat mich jedenfalls noch nie im Stich gelassen.“, grummelt die junge Frau kaum hörbar.

„Hey!“, beschwert sich ihr Partner flüsternd, „ Ich hab dich auch noch nie im Stich gelassen!“

„Aber nur, weil es Vorschrift ist.“, stellt Ran schlecht gelaunt fest und wirft erneut einen kurzen Blick auf den Verdächtigen. „Verdammt“, flucht sie leise, „er dreht sich um!“

Blitzschnell hat Takeshi sie darauf in seine Arme geschlossen und drückt seine Lippen auf ihre. „Tarnung.“, murmelt er erklärend in ihren vor Überraschung offenen Mund, während er unauffällig die Umgebung taxiert und gleichzeitig geradezu genüsslich seine Hände ihren Rücken hinunter wandern lässt.

Ran ist so entrüstet und schockiert, dass sie unwillkürlich die Luft anhält und sich ein wenig in seinen Armen versteift. Doch die Tatsache, dass ihre Tarnung – ob nun von ihrem Partner für unlautere Zwecke missbraucht oder nicht – nicht auffliegen darf, veranlasst sie, Zähne knirschend das Spiel mitzumachen und sich mit ein wenig Mühe wieder zu entspannen. Es ist zwar dunkel, doch trotzdem sollte der Verdächtige nicht schon aus der Entfernung erkennen können, dass dieser Kuss eine reine Farce ist.

Langsam wandern Takeshis Hände an ihren Seiten entlang, zärtlich, ... sanft, ... warm, während seine Zunge sachte und fast ein wenig schüchtern in ihren immer noch geöffneten Mund eindringt und vorsichtig beginnt, ihre Zunge zu umkreisen.

Ran hat keine Ahnung warum, aber das Herz schlägt ihr plötzlich bis zum Hals und ihre Knie drohen unwillkürlich nachzugeben. Sie ist sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten könnte, würde Takeshi sie nicht so sicher in den Armen halten. Unaufhaltsam scheint ihr Körper sich mehr und mehr zu verselbstständigen und immer weicher zu werden in seinen unerwartet zärtlichen Armen.

Takeshis Lippen verziehen sich zu einem sanften Lächeln und noch einmal lodert kurz Wut in seiner jungen Partnerin auf. Sie ist versucht, ihn wenigstens kräftig ins Ohr zu kneifen, wenn sie ihm schon nicht unauffällig die Faust ins Gesicht schlagen kann. Doch statt nach seinen Ohren zu greifen, lassen ihre Hände davon ab und legen sich stattdessen beinahe wie von allein um seinen Hals, um sich verblüffend genüsslich in seinen weichen Haaransatz zu graben.

Mit einem geflüsterten „Ich glaub, er ist weg“ löst er sich schließlich von ihr und räuspert sich, ... macht allerdings noch keine Anstalten, sie loszulassen. „Bleib noch einen Moment so.“, fügt er leise hinzu. „Ich seh mal nach.“

Geschickt hebt er sie von den Füßen und wirbelt sie lachend herum, wobei er sich drehend hinter dem Pfeiler hervor arbeitet und dabei keine Sekunde die Umgebung aus den Augen lässt.

Dann setzt der Ran behutsam wieder auf dem Boden ab. Verwirrt schaut sie zu ihm hoch.

„Mist, wir haben ihn verloren!“, stellt er ein wenig geknickt fest.

Ran braucht noch einen Moment, bis sie wieder einigermaßen bei sich ist, doch dann zuckt sie die Schultern und meint: „Lass uns hier verschwinden. Wahrscheinlich wollte er eh nur zu seinem Schiff.“
 

„Okay, cuut!“, brüllt der Regisseur gut gelaunt. „Die ist so was von gestorben! Das war perfekt !! – Nur weiter so, dann kommen wir heute doch noch einigermaßen zeitig ins Bett.“

Kuu lächelt zufrieden und überlegt angestrengt, ob sein vorherrschendes Gefühl nun Stolz auf seinen Sohn und seine Schwiegertochter ist oder doch eher Erleichterung, dass Kuon offensichtlich nicht nur seine große Liebe, sondern auch noch einen Weg zu sich selbst gefunden hat...

Kyoko hingegen hat Schwierigkeiten, ihren Kopf wieder klar zu bekommen. Verlegen und verwirrt steht sie noch immer sehr nah bei ihrem Mann und überlegt fieberhaft, wie sie sich jetzt verhalten soll, um nicht übermäßig aufzufallen. Ren lächelt und drückt sachte ihre Hand.

„Bleib einfach so stehen, wir müssen für den Anschluss an die nächste Szene sowieso die Position halten.“, flüstert er, ganz so, als hätte er ihre Gedanken gelesen.

Kyoko lächelt zurück und atmet ein wenig auf.

Mit schnellen Schritten kommen Kuu und der Regisseur auf die Beiden zu.

„Gut gemacht.“, sagt Kuu und schlägt seinem Sohn freundschaftlich auf die Schulter, während er Kyoko vergnügt zuzwinkert, die darauf unwillkürlich rosa anläuft.

„Ja“, stimmt Kurozaki geradezu enthusiastisch zu, „das war sehr überzeugend.“ Freudestrahlend wendet der sich an Kyoko. „Kriegst du es hin, diesen verwirrten Gesichtsausdruck von gerade noch ein wenig zu halten für die nächste Szene?“, fragt er. Kyoko nickt beinahe automatisch. „Es wäre toll, wenn du Rans offensichtliche Hilflosigkeit in dieser Situation aufrecht hältst, bis Nathans Männer wie aus dem Nichts auftauchen. Das würde auch einleuchtend erklären, warum ihr warnendes Bauchgefühl diesmal tatsächlich nicht funktioniert. Außerdem wird Ran dann diesen Hinterhalt nutzen, um sich körperlich abzureagieren und ihr Inneres wieder einigermaßen ins Gleichgewicht zu bringen.“

„Sie meinen, dass Ran quasi auf die Männer einprügelt, statt Takeshi ordentlich die Leviten zu lesen?“, fasst Kuu grinsend zusammen. „Genial. Passt hervorragend zur Rolle.“

„Zumal sie im Moment gar nicht genau weiß, ob sie ihn überhaupt zusammenstauchen möchte .“, fügt Ren grinsend hinzu.

Für einen kurzen Moment wird das Rot in Kyokos Gesicht ein wenig tiefer, doch dann atmet sie kräftig durch und nickt zuversichtlich. „Ich denke, das kriege ich hin.“

„Prima.“, meint der Regisseur. „Dann bleibt so, es geht gleich weiter. – Haben Sie Lust, noch ein wenig zuzuschauen, Hizuri-san?“, wendet er sich an Kuu.

„Gern.“, meint Kuu grinsend, „Wenn ich darf...“

„Aber immer doch.“, gibt Kurozaki breit grinsend zurück. „Kommen Sie, von meiner Position aus sehen Sie am meisten.“ Gut gelaunt machen sich die beiden Männer davon.
 

Nur zwei Minuten später ist alles für den nächsten Take bereit.

Vier Mal proben sie den Anfang der Szene, dann haben die Stuntmen ein Gefühl für das Timing bekommen und sie können beginnen zu drehen.

Kyoko fällt es mittlerweile doch ein wenig schwer, Rans Gefühle so markant darzustellen, wie im letzten Take.

„Es ist gar nicht so einfach, etwas, das sich ganz spontan ergeben hat, über längere Zeit künstlich aufrecht zu erhalten.“, seufzt sie leise ihrem Mann zu.

„Richtig“, meint Ren nachdenklich, „wenn man anfängt, darüber nachzudenken, kann es passieren, dass einem der Verstand einen gehörigen Strich durch die Rechnung macht...“ Plötzlich grinst er von einem Ohr zum anderen. „Vielleicht hilft es, wenn ich dich noch mal so küsse.“, spekuliert er verschmitzt.

Kyokos Gesicht ist innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder rot und sie schnappt verdattert nach Luft. „Ich...“, stammelt sie verlegen, doch Ren lächelt nur und zwinkert kurz.

„Ich wusste doch, dass das schon reicht.“, flüstert er vergnügt. „Mach dir keine Gedanken, du schaffst das schon.“

Kyoko hat keine Zeit mehr zum Antworten, denn schon gibt der Regisseur das Kommando, mit den Aufnahmen zu beginnen.
 

„Mist, wir haben ihn verloren.“, stellt Takeshi ein wenig geknickt fest.

Ran braucht noch einen Moment, bis sie einigermaßen wieder bei sich ist, doch dann zuckt sie die Schultern und meint: „Lass uns hier verschwinden. Wahrscheinlich wollte er eh nur zu seinem Schiff.“

Ein wenig umständlich räuspert sie sich und versucht, ihre Verlegenheit zu überspielen, indem sie ihren Partner rigoros hinter sich her zieht, um aus dem verlassenen und ein wenig unheimlichen Hafengebiet zu kommen. Immer noch ist sie in Gedanken bei den letzten Minuten und fragt sich verzweifelt, wie sie mit ihren wirren Gedanken und Gefühlen, die derzeit nur noch um Takeshi zu kreisen scheinen, umgehen soll. Unwillig schüttelt sie den Kopf, um endlich wieder einen klaren Gedanken fassen zu können; schließlich ist sie eine Agentin und kann sich allzu intensive emotionale Verstrickungen nicht leisten, wenn sie diesen komplizierten Fall lösen will.

Sie ist immer noch tief in Gedanken, als Takeshi sie unsanft anstupst und sie zu ihrem Erschrecken bemerkt, dass sie von wahren Gorillas von Schlägern umzingelt sind. Augenblicklich verdüstert sich ihre Miene.

Mit finsteren Blicken umkreisen die Männer sie, während die beiden Agenten beinahe schon automatisch Rücken an Rücken in Kampfstellung gehen, um sich gegenseitig Deckung zu verschaffen. Mit einem bösen Grinsen gibt schließlich einer der Schläger das Zeichen zum Angriff. Er ist der erste, der versucht, Ran die Faust ins Gesicht zu rammen ... und der Erste, der kurz darauf sehr verblüfft und vor allem bewusstlos zu Boden geht...

Rans Blick verdüstert sich ein bisschen mehr und ein grimmiges Grinsen breitet sich langsam, aber unaufhaltsam in ihrem Gesicht aus.

Die beiden jungen Agenten haben trotz ihrer wilden Entschlossenheit alle Hände voll zu tun, sich ihrer Gegner zu erwehren und wenigstens mit einigermaßen heiler Haut aus diesem Schlamassel heraus zu kommen, doch schließlich liegen alle Widersacher reglos auf dem schmutzigen, harten Betonboden.
 

„Okay, cut!“, unterbricht der Regisseur zufrieden. „Nächste Einstellung!“

Eilig werden Kameras und Licht umgebaut und schon nach drei Minuten kann es weiter gehen.
 

Ran hat sich beim Kampf vollkommen verausgabt und funkelt ihren Partner wütend an. „Ich hab dir gesagt , dass da was faul ist!“, wirft sie ihm vor, während sie noch immer nach Atem ringt.

„Ja, ja“, ätzt Takeshi unfreundlich zurück, „aber solange dein Bauchgefühl nicht wenigstens ein bisschen präziser ist, kann ich mit solchen Aussagen nun mal nichts anfangen. Ich brauche wenigstens ein paar Fakten, um eine Entscheidung fällen zu können, hinter der ich auch stehen kann.“

„Und wer sagt, dass ausgerechnet du derjenige bist, der hier die Entscheidungen treffen darf?“, schimpft Ran. „Die Tatsache, dass du ein Mann bist?!“

„Ich..“, stammelt Takeshi; sie hat ihn tatsächlich ein wenig aus dem Konzept gebracht. „Verdammt, nein! Aber ... du ... bist so verflucht jung. Ich hab viel mehr Erfahrung...“

„Wir haben ja gesehen, wohin uns dein toller Erfahrungsvorsprung führt!“, unterbricht ihn Ran ungehalten. „Meinst du eigentlich ernsthaft, der Koancho hat mich rekrutiert, damit sie mal was zu lachen haben?! Weil es so lustig ist, unerfahrene Mädchen in lebensgefährliche Situationen zu schmeißen?!“

„Nein, natürlich nicht.“, gibt Takeshi widerwillig zu. Langsam sickert die Erkenntnis zu ihm durch, dass er sich wird entschuldigen müssen, doch noch ist er nicht bereit zu kapitulieren, ... vor einer Frau, ... vor einem attraktiven, jungen Mädchen... „Himmel, ich kann mich doch nicht auf diffuse Ahnungen verlassen bei meiner Arbeit.“, argumentiert er halbherzig und sieht Ran fest in die Augen.

Zu seiner Überraschung weiten sich diese für den Bruchteil einer Sekunde, nur um sich gleich darauf zu schmalen Schlitzen zu verengen. Wütend schaut sie an ihm vorbei und hat schon im nächsten Augenblick ebenso geschickt wie flink das Messer aus seinem Jacketthalfter in ihre Hand gezaubert. Ihre Augen funkeln entschlossen und Takeshi laufen kalte, grausige Schauer durch den Körper bei ihrem Anblick.

Einen Moment noch zögert Ran, atmet zwei Mal so tief wie möglich durch, dann schleudert sie das Messer fast ansatzlos an ihm vorbei ... in die Brust eines der Schläger, der sich, die Waffe böse grinsend auf Takeshi gerichtet, wieder aufgerappelt hatte. Mit einem leisen Stöhnen fällt der Kerl mit einem dumpfen Knall hinter dem jungen Agenten zu Boden.

Ran atmet hörbar auf und sinkt erleichtert in sich zusammen. „Was würdest du eigentlich ohne mich machen?“, murmelt sie kopfschüttelnd. Sie wirkt plötzlich um Jahre älter.

Takeshi hingegen begreift noch immer nicht. Verwirrt sucht er ihren Blick und als Ran ihn schließlich ansieht, deutet sie nur mit dem Kopf hinter ihn. Stirnrunzelnd dreht sich der junge Agent um und versteht schlagartig, dass seine Partnerin ihm gerade das Leben gerettet hat.

„Der Typ hatte die Pistole schon im Anschlag, oder?“, fragt er blass.

„Allerdings.“, sagt Ran trocken; auch ihr Gesicht ist ein bisschen blutärmer geworden. „Glücklicherweise bin ich so klein, da hat er praktisch übersehen, dass ich ihn bemerkt hab...“, fügt sie leise hinzu.
 

„Okay, cuuuut!“, brüllt Kurozaki. „Gute Arbeit! Macht euch alle fertig für die Szenen im Wasser; wir machen in einer Dreiviertelstunde weiter!“
 

„Kyoko-chan ist wirklich begabt.“, meint Kuu anerkennend, als er kurz darauf zu Ren stößt, der ein bisschen verloren zwischen den Requisiten steht, weil Kyoko bereits in die Maske verschwunden ist.

„Das finde ich auch.“, antwortet Ren schlicht.

„Aber sie ist noch lange nicht am Limit“, fügt Kuu ernst hinzu, „sie hat noch eine Menge zu lernen. Und das gilt nicht nur für die Schauspielerei, sondern auch für ihren Umgang mit den Medien. – Sie hat durchaus das Potential für eine internationale Karriere, wenn sie dran bleibt und sich das allgemeine Lob nicht zu sehr zu Kopf steigen lässt.“

„Oh, glaub mir“, gibt Ren grinsend zurück, „ich kenne niemanden, der öffentliche Lobeshymnen weniger annimmt als Kyoko ... und keinen, der leidenschaftlicher glaubt, noch so unglaublich viel lernen zu müssen.“

„In diesem Geschäft ist das nicht unbedingt die schlechteste Einstellung.“, stellt Kuu ernst fest.

„Ich weiß nicht, bei ihr grenzt es eher an Minderwertigkeitskomplexe.“, seufzt Ren mit einem durchaus liebevollen Lächeln. „Aber sie liebt die Arbeit ... und das ist wohl das Wichtigste.“

„Ja“, meint Kuu lächelnd, „in dieser Beziehung sind wir uns alle wohl sehr ähnlich. – Übrigens, bevor ich es vergesse, ich finde, dass du deine Fähigkeiten hier in Japan enorm weiterentwickelst hast. Ich bin sehr stolz auf dich, Kuon. Und ich glaube, dass auch du noch lange nicht am Ende deiner beruflichen Entwicklung stehst. – Ich freue mich wirklich darauf, mehr von euch beiden zu sehen; ich hoffe, Takarada sorgt in Zukunft häufiger dafür, dass ihr zusammen drehen könnt. Wenn man dem Regisseur glaubt, tut ihr beide nämlich auch der ganzen Crew gut. Kurozaki-san meint jedenfalls, dass er noch nie so reibungslose, zügige Dreharbeiten erlebt hat. – Und ich muss ihm durchaus Recht geben.

Nimm nur mal Sho Fuwa: Der Junge hat wirklich eine professionelle Einstellung und er gibt sich große Mühe mitzuhalten, aber wenn ihr beide ihn nicht bei den Aufnahmen in seinem Spiel so unterstützen würdet, würde er gnadenlos untergehen. Sein schauspielerisches Talent ist wirklich begrenzt. – Na ja, dafür macht er sehr gute Musik; und glücklicherweise kennt er seine Talente sehr genau. – Jedenfalls ist mir aufgefallen, dass euer Umgang mit Kollegen durchweg hilfsbereit und loyal ist; ich finde es sehr beruhigend, zu wissen, dass ihr beide keine Typen dafür seid, euch auf Kosten von Kollegen zu profilieren. Das schadet nämlich den Projekten.

Zugegeben, ich weiß natürlich nicht mit Sicherheit, ob Kyoko-chans Hilfsbereitschaft Sho gegenüber nicht auch zum Teil auf ihrer langen Freundschaft beruht...“

Ren lacht freudlos auf. „Kaum.“, sagt er, beinahe ein bisschen amüsiert bei dem Gedanken. „Sie kann es nur absolut nicht leiden, wenn nicht jeder sein Bestes gibt. Und weil sie inzwischen weiß, dass er es allein nicht schafft, den Anforderungen von Kurozaki-san immer gerecht zu werden, hilft sie ihm, so gut es geht. Es geht ihr vor allem ums Ergebnis.“

Kuu schaut seinen Sohn ein bisschen verwirrt an. „Wieso bist du dir so sicher, dass die Freundschaft da keine Rolle spielt? Sie kennen sich immerhin schon ziemlich lange.“

„Das schon.“, sagt Ren und grinst. „Aber er hat sie nicht immer gut behandelt, Dad.“

Kuus Stirn legt sich unvermittelt in tiefe Falten und sein Blick erinnert plötzlich vage an den eines Killers. „Inwiefern?“, fragt er düster.

„Dad“, seufzt Ren resignierend, „ich will nicht ins Detail gehen. Außerdem hat er sich dafür bei ihr entschuldigt. – Und er war für sie da, als ich es nicht konnte...“

Kuu hebt fragend die Augenbrauen und sein Sohn braucht keine weitere Aufforderung, um fortzufahren.

„Er hat sie vor einem üblen Stalker beschützt, der sie beinahe vergewaltigt hätte.“, erzählt er leise. „Und das ist noch gar nicht so lange her...“

„Das erklärt einiges...“, meint Kuu nachdenklich. „Und das bringt mich wieder darauf, dass du mir noch von diesen unerfreulichen Briefen berichten wolltest.“

Noch einmal seufzt Ren tief, dann holt er Luft und informiert seinen Vater leise und zügig über den Stand der Dinge.
 

Drei Tage später, am letzten Drehtag, holt ihn dieses Thema erneut ein. Mit finsterem Blick und einem unangenehm vertrauten, tiefroten Umschlag in der Hand passt ihn Rina vor der Maske ab und hält ihm stumm das Corpus Delicti hin.

„Mist, schon wieder einer!“, stöhnt der junge Schauspieler leise und öffnet den Brief.

„Allerdings.“, antwortet Rina ebenso leise. „Diesmal nur sehr kurz, aber dafür verspricht er Kyoko-chan bei ihrer Rückkehr eine ‚Überraschung’.“

Ren überfliegt die wenigen Zeilen kurz und sieht Kyokos Betreuerin dann ernst an. „Das nimmt langsam mehr als ernste Formen an.“, sagt er stirnrunzelnd, „Vor allem, weil er auf der Beziehung zwischen mir und Kyoko herumreitet; ganz so als sei Kyoko sein Eigentum.“

„Ich finde, wir sollten es ihr sagen.“, sagt Rina ernst.

„Ja, du hast Recht. Ich rede mit ihr. – Was sagt Takarada-san?“

„Er hat noch keine konkrete Spur.“, meint Rina bedauernd und schüttelt den Kopf. „Aber er hat sie Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und noch mehr Detektive auf den Fall angesetzt.“

„Das heißt zwar, dass die Zeit gegen diesen Stalker arbeitet“, überlegt Ren laut, „aber eigentlich macht mir diese ‚Überraschung’ im Moment am meisten Sorgen...“

„Es wird uns nichts anderes bleiben, als aufmerksam und stets auf dem Sprung zu sein....“, seufzt Rina finster.

Wendepunkt

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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Ren überfliegt die wenigen Zeilen kurz und sieht Kyokos Betreuerin dann ernst an. „Das nimmt langsam mehr als ernste Formen an.“, sagt er stirnrunzelnd, „Vor allem, weil er auf der Beziehung zwischen mir und Kyoko herumreitet; ganz so als sei Kyoko sein Eigentum.“

„Ich finde, wir sollten es ihr sagen.“, sagt Rina ernst.

„Ja, du hast Recht. Ich rede mit ihr. – Was sagt Takarada-san?“

„Er hat noch keine konkrete Spur.“, meint Rina bedauernd und schüttelt den Kopf. „Aber er hat sie Sicherheitsmaßnahmen verstärkt und noch mehr Detektive auf den Fall angesetzt.“

„Das heißt zwar, dass die Zeit gegen diesen Stalker arbeitet“, überlegt Ren laut, „aber eigentlich macht mir diese ‚Überraschung’ im Moment am meisten Sorgen...“

„Es wird uns nichts anderes bleiben, als aufmerksam und stets auf dem Sprung zu sein....“, seufzt Rina finster.

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Wendepunkt
 

„Alles in Ordnung?“, fragt Ren besorgt nach einem Blick in den Rückspiegel. Sie sind auf dem Weg, mit einigen Leuten der „Crazy Alliance“-Crew eine Location für das Making Of zu besichtigen.

„Ja“, antwortet Kyoko leise seufzend, „ich frag mich nur, wie es Rina-san jetzt geht.“

„Frag doch einfach Yuhihito-kun.“, schlägt Ren grinsend vor und wirft einen kurzen Seitenblick auf seinen Betreuer im Beifahrersitz, der daraufhin verdächtig verlegen aus dem Fenster schaut.

Einen Moment hält der junge Manager die erwartungsvolle Stille aus, dann seufzt er leise.

„Es geht ihr auf jeden Fall schon wesentlich besser.“, meint er. „Ich denke, spätestens übermorgen wird sie nichts mehr im Bett halten; eher morgen...“ Genervt verdreht er die Augen.

„Ich bin jedenfalls froh, wenn sie wieder da ist“, findet Ren, „auch wenn wir diese Woche sowieso alle gemeinsam unterwegs sind....“

„Ich frag mich bloß, woher sie diese schlimme Erkältung hat.“, überlegt Kyoko laut vor sich hin.

„Sie meint, sie hätte sich auf dem Rückflug bei Sho-kun angesteckt.“, erklärt Yukihito. „Und das nasskalte Wetter in Tokio hätte ihr dann den Rest gegeben.“

„Komisch, dass es Sho-kun nicht schlimmer erwischt hat...“, rätselt Kyoko schulterzuckend.

„Wieso hat der sich überhaupt verkühlt?“, fragt Ren neugierig in Kyokos Überlegungen hinein.

Kyoko grinst breit. „Er hatte ein nächtliches Rendez-vous mit Kanae-chan am Strand ... und als es kühl wurde, hat er ihr seine Jacke aufgedrängt.“

„Apropos Sho-kun“, fällt Yukihito plötzlich ein, „dein Vater hat versucht, mich über ihn auszuhorchen, Ren. Hast du ihm irgendwas über diese unschöne Geschichte zwischen ihm und Kyoko-chan erzählt?“

„Hmm, nicht direkt“, druckst Ren verschmitzt herum, „ich hab nur angedeutet, dass sein Verhalten ihr gegenüber nicht immer ganz koscher war. Aber ich hab auch gesagt, dass er sich dafür entschuldigt hat.“

„Gib’s zu, du wolltest verhindern, dass er ihn quasi adoptiert!“, stöhnt Kyoko und murmelt ein wenig versöhnlicher ein „Na ja, mir soll’s recht sein...“ hinterher.

Ren grinst nur breit, enthält sich jedoch ansonsten jeglichen weiteren Kommentars.

Yukihito beobachtet den jungen Schauspieler ein Weilchen von der Seite, dann kichert er leise.

„In der Beziehung unterscheidet er sich nicht großartig von seinem Vater; sie haben beide einen ausgeprägten Beschützerinstinkt.“, meint er und dreht sich grinsend zu Kyoko um. „Du hättest Hizuri-sans Blick sehen sollen, als er mich über Sho-kun ausfragen wollte! – Das war fast exakt der gleiche Blick, den Ren-kun im Gesicht hatte, als er von diesem Stalker in Kariuzawa erfahren hatte.“

„Das glaub ich unbesehen.“, lacht Kyoko. „Ich hab gesehen, wie Kuu-san Julie vor einem Pulk Verehrer gerettet hat. Das hatte schon frappierende Ähnlichkeit mit Rens Verhalten.“

„Ich finde überhaupt, dass sie sich erstaunlich ähnlich sind.“, meint Yukihito nachdenklich. „Ich frag mich ja ernsthaft, wie er so lange verbergen konnte Kuu Hizuris Sohn zu sein; man muss eigentlich nur ein bisschen genauer hinsehen.“

„Da ist was dran.“, findet Kyoko. „Schon allein ihre Art zu arbeiten. Dass da noch nie einem Regisseur Parallelen aufgefallen sind... Sie geben beide immer 100% oder mehr bei der Arbeit und sind absolute Perfektionisten ... und immer unterstützen sie ihre Mitspieler, wenn das nötig ist ... und zwar mit einer wahren Engelsgeduld. Mal abgesehen davon, dass sich ihre Gestik durchaus ähnelt.“

„Jepp.“, stimmt Yukihito eifrig zu. „Außerdem sehen sie sich eigentlich verblüffend ähnlich, auch wenn Ren-kun natürlich auch viel von seiner Mutter hat.“

„Oh und beide lernen so schnell Bewegungsabläufe, dass es schon richtig unheimlich ist.“, fügt Kyoko noch hinzu.

„Stimmt. Allerdings bin ich ganz froh, dass es auch ein paar Unterschiede gibt.“, sagt Yukihito grinsend. „Ich finde es zum Beispiel ausgesprochen angenehm, dass Ren-kun nicht so überdreht und exzentrisch ist ... und – ganz ehrlich – wenn Ren-kun so unglaublich viel essen würde, würde ich durchdrehen. Da passe ich doch lieber auf, dass er nicht zu wenig isst.“

„Na, danke auch.“, mischt sich Ren plötzlich wieder ins Gespräch ein. „Ist ja schön, dass ihr euch so einig sein, aber mir wäre trotzdem lieber, wenn ihr nicht über mich reden würdet, als sei ich nicht anwesend.“

Kyoko greift postwendend durch die Lücke in der Kopfstütze in Rens Haaransatz und krault ihn sanft. „Als ob ich dich jemals vergessen könnte...“, sagt sie leise in sein Ohr.
 

„Hi, zusammen.“, begrüßt Sho die drei als sie das kleine Kinotheater betreten. „Lustige Hütte. Ziemlich old-fashioned, sogar fast ein bisschen runtergekommen, ... aber ... es hat was.“

„Vielen Dank für deinen überaus wertvollen Kommentar.“, meint Ren sarkastisch. „Da wären wir auch noch selber drauf gekommen.“

„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, gibt Sho ein wenig eingeschnappt zurück und wendet sich an seine Sandkastenfreundin. „Wieso bist du überhaupt mit ihm hergekommen?“

„Weil du kleines Genie dafür gesorgt hast, dass meine Betreuerin mit einer fiebrigen Erkältung im Bett liegt.“, antwortet Kyoko wie aus der Pistole geschossen.

„Oh.“, macht Sho verblüfft. „Das tut mir Leid. – Aber du hättest ruhig auch mich anrufen können.“, fügt er kleinlaut hinzu. „Ich hätte dich auch abgeholt.“

„Nicht nötig“, winkt Ren mit einem angedeuteten Gentlemanlächeln ab, „es lag für mich ja sowieso auf dem Weg.“

Sho seufzt kleinlaut. „Ach so.“

„Sind schon alle da?“, unterbricht Yukihito die doch etwas angespannte Stimmung.

„Äh, nein, Kanae-chan ist noch nicht da; sie wurde aufgehalten und kommt wohl etwas später. Kurozaki-san will trotzdem schon mal anfangen.“

„Oh.“, macht Kyoko überrascht. „Wo treffen wir uns eigentlich?“

„Drüben im Zuschauerraum. Kurozaki-san will noch kurz erläutern, was er sich bei der ganzen Aktion gedacht hat.“

„Na, worauf warten wir dann?“, meint Ren und schiebt Kyoko sachte mit der Hand an der Schulter vor sich her zum Treffpunkt.
 

„Schön, dass Sie alle da sind.“, begrüßt Ushio Kurozaki seine Leute, als endlich alle einen Platz in den vorderen Reihen des Zuschauerraums gefunden haben. „Einige haben ja schon gehört, dass wir uns überlegt haben, hier in diesem kleinen Theater einige Interviews für das Making Of zu drehen. Vielleicht fällt uns heute bei der Besichtigung dazu auch schon das eine oder andere Extra ein, das wir dafür verwenden können. Ich setze da sehr auf Ihre Mithilfe und Ideen, schließlich haben wir Sie alle bei diesem Filmprojekt als kreative, kompetente Schauspieler und Crew-Mitglieder erlebt. Nach der Besichtigung werden wir uns hier wieder zusammensetzen und erste Ideen und Vorschläge sammeln. Aber natürlich ist jeder eingeladen, mir oder meinem Regieassistenten auch später noch Ideen mitzuteilen. - So, dann würde ich vorschlagen, wir gehen ein Mal gemeinsam durch das ganze Haus.“

Murmelnd und sich leise unterhalten erheben sich die Anwesenden nun von den Klappsitzen und scharen sich neugierig um Kurozaki und Saioji, seinen Regie-Assistenten, die sich offenbar schon einen groben Überblick über die Örtlichkeiten verschafft haben, als Kanae plötzlich polternd und keuchend den Saal betritt.

Kyoko stutzt einen Moment irritiert und geht ihr dann freudig lächelnd entgegen.

„Prima, dass du es doch rechtzeitig geschafft hast.“, meint sie und verkneift sich mühsam, ihr begeistert um den Hals zu fallen, wofür ihr Kanae außerordentlich dankbar ist.

„Schon gut, schon gut“, gibt ihre Freundin zurück, während sie sich hektisch umschaut und schließlich den Blick des Regisseurs trifft, der ihr freundlich zulächelt. „Gott sei Dank, er scheint nicht sauer zu sein.“, murmelt sie dann und atmet erleichtert auf. „Hab ich was Wichtiges verpasst?“

„Eigentlich nicht. Nur dass Kurozaki-san sich nach der Besichtigung Vorschläge für das Making Of von uns erhofft.“, antwortet Kyoko grinsend.

„Na dann, ... machen wir doch unsere Arbeit.“, kichert Kanae.

„Lasst euch nicht stören, Ladys“, mischt sich plötzlich Ren ein, der mit seinem Betreuer unbemerkt zu ihnen gestoßen ist, „aber halte dich bitte immer in meiner Nähe auf, Kyoko, ja?“

„Natürlich.“, antwortet die junge Schauspielerin ernst.

„Wegen dieser ominösen Briefe?“, hakt Kanae leise nach.

„M-hm.“, nickt Kyoko. „Vorgestern kam wieder einer. Diesmal nur ganz kurz. Von wegen ’jetzt dauert es nicht mehr lang’. – Ehrlich, so langsam werde selbst ich nervös.“

„Na gut, dann werde ich jetzt mal Sho-kun für die nächste Stunde beschäftigen gehen“, meint Kanae plötzlich grinsend, „dann habt ihr wenigstens den vom Hals ... und er kommt obendrein nicht auf dumme Gedanken.“

Ein kurzes Augenzwinkern und ein aufmunterndes Lächeln später ist sie auch schon verschwunden.

„Dann folgen wir mal der Herde.“, sagt Kyoko grinsend zu ihrem jungen Ehemann, der sich – trotz redlicher, gegenteiliger Versuche – den besorgten Blick nicht ganz aus dem Gesicht wischen kann.

„Ich komm mir vor, als würden wir eine Touristenattraktion besichtigen.“, kichert Kyoko.

„Na ja“, gibt Ren zurück und plötzlich ist doch Lächeln auf seinen Lippen, „wer weiß, ob das Gebäude nach der Premiere nicht noch zu einer wird.“

Lachend machen sich die Beiden mit Yukihito auf den Weg. Doch so ungezwungen und unbeschwert sie auch auf die meisten Außenstehenden wirken, so angespannt suchen die beiden Männer heimlich mit den Augen die Umgebung nach möglichen Gefahrenquellen ab.

Auch als sie sich dem Ende der Besichtigungstour nähern, hat sich daran noch nichts geändert. Inzwischen sind sie auf der kleinen Bühne angekommen und die meisten Kollegen stehen bereits in kleinen Grüppchen zusammen, um zu diskutieren, während die beiden Männer neben Kyoko immer noch aufmerksam die Umgebung scannen. Auch Kyokos Blick schweift ein wenig vom eigentlichen Geschehen des Nachmittags ab, während sowohl Ren als auch Yukihito sich einige Schritte von ihr entfernen, um die dunklen Ecken ein wenig näher in Augenschein zunehmen.

Mit einem Mal fesselt ein kurzes, metallisches Aufblitzen über ihnen Kyokos Blick und als sie mit leicht zusammengekniffenen Augen genauer hinsieht, erstarrt sie buchstäblich vor Entsetzen.

Über ihr in der bescheidenen Lichtgalerie des kleinen Kinotheaters steht eine nur allzu bekannte, unverschämt selbstbewusst grinsende, männliche Gestalt, die – Kyoko mag es kaum glauben – eine kleine Armbrust in der Hand hält, mit der sie ihr nun seltsam gut gelaunt zuwinkt, während sie den Zeigefinger der anderen Hand lächelnd auf die Lippen legt. Breit grinsend wirft der Kerl ihr eine Kusshand zu und zwinkert dann verschmitzt, ganz so, als wolle er sagen, dass er jetzt alles in Ordnung bringe.

Noch immer ist Kyoko wie gelähmt und aus ihrem Gesicht ist beinahe alle Farbe gewichen. Doch erst, als die dunkel gekleidete Gestalt die Armbrust anlegt und sie mit einem heimtückischen Grinsen auf Ren Tsurugas Rücken anlegt, schreckt die junge Schauspielerin endlich aus ihrer Starre hoch.

„Der Beagle!“, flüstert sie entgeistert. Einen quälend langen Moment dauert es noch, bis sie endlich wieder die Gewalt über ihren Körper hat ... und dann geht alles ganz schnell. Atemlos stürmt sie auf ihrem Mann los, stößt ihn brutal aus der Schusslinie ... und wird im nächsten Moment wuchtig von den Füßen gerissen, während in ihrer rechten Schulter ein stechender Schmerz geradezu zu explodieren scheint. Hart schlägt ihr Kopf auf den Boden und noch während sie nach Luft schnappend registriert, dass der Schmerz in ihrer Schulter nicht nur erneut heftig aufflammt, sondern sich noch ausbreitet und vervielfacht, vernebelt sich ihre Sicht, bis ihr schließlich schwarz vor Augen wird.
 

Gerade gibt Ren Tsuruga seinem Betreuer durch eine knappe Geste zu verstehen, dass er sicherheitshalber auch die Kulissen kontrollieren soll, da trifft ihn unerwartet ein grober Stoß derart brutal in die Körpermitte, dass er sofort das Gleichgewicht verliert und mehr als unsanft auf „den Brettern, die die Welt bedeuten“ landet.

Irritiert schaut er sich nach der Ursache seines plötzlichen Sturzes um ... und erstarrt vor Entsetzen, als er Kyoko blutend und offensichtlich bewusstlos am Boden liegen sieht.

„Kyoko!“, hört er sich selbst erschrocken schreien, während er auf allen Vieren zu seiner jungen Frau kriecht und angespannt Puls und Atmung prüft. Erleichtert stellt er fest, dass beides erstaunlich kräftig und gleichmäßig ist, in Anbetracht der Tatsache, dass sich der hellrote Blutfleck an ihrer Schulter für seinen Geschmack viel zu schnell ausbreitet. Jetzt erst registriert er, dass es ein Armbrustbolzen ist, der in ihrer Schulter steckt.

Die Stirn in tiefe Falten gelegt, zieht er seine Jacke aus, um sie, sorgfältig zusammengelegt, sehr vorsichtig unter ihrem Nacken und Kopf zu platzieren. Inzwischen sind auch die anderen aufmerksam geworden und so bildet sich schnell ein Kreis um sie, in dem die Kollegen bestürzt mehr und mehr von ihrer Gesichtsfarbe verlieren. Sho und der Regisseur gar sind derart verstört, dass sie nur mit offenem Mund und irritiertem Blick wie versteinert dastehen und gebannt auf Kyokos sich hebende und senkende Brust starren. Kanae hingegen hat sich ebenfalls auf die Knie neben ihre beste Freundin begeben und sieht Ren blass und fragend an.

„Was ist passiert?“, flüstert sie entgeistert.

Ren sieht überrascht auf; bisher hatte er noch gar nicht bemerkt, dass er nicht mehr allein mit seiner Frau ist. „Ich weiß es nicht genau. Irgendwer muss geschossen haben.“

„Ja, das seh ich...“, gibt Kanae fassungslos zurück, während sie fieberhaft überlegt, was genau sie nun tun muss, um effektiv erste Hilfe zu leisten. Als ihr Blick zuerst auf Shos Füße und dann weiter oben in sein bleiches Gesicht fällt, weiß sie es plötzlich wieder.

„Ruf einen Krankenwagen!“, schreit sie ihn barsch an und haut ihm nachdrücklich auf den Unterschenkel.

„Ich... Ja, natürlich.“, antwortet der Junge beinahe schon automatisch und greift nach seinem Handy, um einen Moment später die Notrufnummer einzugeben.

„Na also.“, murmelt Kanae kaum hörbar und wendet sich erneut Ren zu, der gerade versucht, Kyoko wieder zu Bewusstsein zu bringen.
 

Das Erste, was Kyoko wieder wahrnimmt, ist eine tiefe, sanfte Stimme, die ihrem Ohr merkwürdig nahe ist und seltsamerweise äußerst besorgt klingt. Mit einiger Mühe schafft sie es schließlich, ihre Augen zu öffnen, nur um sie gleich wieder zu schließen, denn das Licht der Scheinwerfer erzeugt unerwartet ein schmerzhaftes Stechen in ihrem Kopf. Tapfer versucht sie noch einmal, blinzelnd ihre Augen zu öffnen und als sie es schließlich fertig bringt, registriert sie verwundert die Gestalten, die sich um sie herum versammelt haben. Angestrengt bemüht sie sich, klarer zu sehen, doch vorerst bleibt alles reichlich verschwommen, selbst das Stimmengewirr, das nun auf sie einzustürmen scheint; es ist ihr nicht einmal möglich, einzelne Stimmen zu unterscheiden. Angestrengt versucht sie, sich zu erinnern, was passiert ist und langsam, ganz langsam erscheint ein immer klarer werdendes Bild von einer männlichen Gestalt vor ihrem inneren Auge, die ganz in Schwarz gekleidet ist und ein äußerst gemeines Grinsen im Gesicht hat.

Schlagartig rast ihr Puls und sie stöhnt keuchend auf. „Koon!“, bringt sie heiser heraus. „Wo ist er? Ist er in Ordnung?“ Panisch versucht sie, ihren Blick zu fokussieren. Eine große, warme, sehr vertraute Hand auf ihrer Wange beruhigt sie schließlich ein wenig, jedoch nur für einen Moment. Mühsam rafft sie alle Energie zusammen, um sich zu konzentrieren und wenigstens wieder einigermaßen klare Gedanken zu fassen, was ihr mit geradezu unmenschlicher Anstrengung endlich auch gelingt, allerdings um den Preis, dass ihr Kopf, ebenso wie ihr gesamter Oberkörper, von einer derart starken Schmerzwelle überschwemmt wird, dass es ihr zunächst den Atem raubt. Erst ein paar forcierte Atemzüge später ist sie in der Lage zu sprechen.

„Ren“, flüstert sie, froh ihn endlich klar erkennen zu können, „es war der Beagle! Er wollte auf dich schießen. Bist ... du ... okay?“

„Beagle?!“, keucht Sho entsetzt auf. „Reino?!“

„Keine Sorge, bis auf ein paar blaue Flecke bin ich in Ordnung.“, beantwortet Ren erst die drängende Frage seiner jungen Frau, bevor er sich stirnrunzelnd an Sho wendet. „Wer ist Reino?“

„Der Frontmann von Vie Ghoul, falls dir das was sagt.“, gibt der junge Sänger düster zurück. „Der Typ hat Kyoko-chan schon mal in Karuizawa belästigt. Allerdings konnte ich rechtzeitig dazwischen gehen.“

„Ich schätze, ihr habt euren Briefschreiber.“, stellt Kanae düster fest, während sie ihren eigenen Mantel zusammenrollt, um ihn unter Kyokos Füßen zu platzieren.

Mühsam hebt Kyoko indessen ihre linke Hand, tapfer gegen die Schmerzen in ihrem Oberkörper ankämpfend und ergreift schließlich wie im Zeitlupentempo Rens Ärmel, um kraftlos daran zu ziehen.

„Ren“, bringt sie ächzend heraus, „er wollte dich treffen! Nicht mich! Er ist immer noch da... Er... Er war ... oben ... zwischen den Scheinwerfern.“

Der ebenso zärtliche wie besorgte Blick ihres Mannes verändert sich daraufhin schlagartig. Seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen und seine Aura verdunkelt sich dermaßen, dass der Kreis von Menschen um Kyoko unwillkürlich ein wenig weiter wird. Kyoko meint gar, einen riesigen, mächtigen Drachen hinter ihm erkennen zu können. Seltsamerweise beruhigt sie dieser Eindruck ein wenig, ... im Gegensatz zu den umstehenden Personen, die noch ein wenig mehr zurückweichen.

Kyokos Mundwinkel umspielt ein angedeutetes Lächeln; allerdings nur kurz, denn der pochende Schmerz in ihrer Schulter und das Dröhnen in ihrem Kopf holen sie schnell wieder in die derzeit überaus harte Realität zurück. Stöhnend schließt sie die Augen.
 

Ren stupst sie unsanft an. „Nicht einschlafen!“, sagt er barsch, doch sein Blick spricht eher von Panik und Besorgnis als von Strenge.

Kyoko zieht scharf die Luft ein und öffnet erschrocken wieder ihre Augen, während sie ihr Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse verzieht.

„Entschuldige, das war wohl zu fest“, meint Ren ein bisschen zerknirscht „aber versuch wenigstens so lange wach zu bleiben, bis der Notarzt da ist.“ Dann wendet er sich übergangslos an Kanae. „Halt deinen Finger hier drauf und versuch, die Blutung zu stoppen.“, erklärt er und zeigt ihr die entsprechende Stelle. „Achte darauf, nicht zu nah an ihr Schlüsselbein zu kommen, vermutlich ist es gebrochen und sieh zu, dass sie bei Bewusstsein bleibt.“

Kanae folgt seinen Anweisungen kommentarlos, auch wenn Kyoko unter der Berührung erneut ächzend zusammenzuckt. Inzwischen steht kalter Schweiß auf ihrer Stirn und ihr Blick ist wieder ein bisschen glasiger geworden, was auch Kanae besorgt registriert.

„Was soll ich mit diesem Ding machen?“, fragt sie Ren und deutet auf den Bolzen, der immer noch in Kyokos Schulter steckt.

„Am besten lässt du die Finger davon.“, sagt Ren ernst. „Das Wichtigste ist, die Blutung zu stoppen und sie möglichst bei Bewusstsein zu halten, alles andere macht besser der Notarzt. Ich werde in der Zwischenzeit versuchen, dieses verdammte Schwein zu erwischen; weit kann er noch nicht sein, ich hab mitgekriegt, wie Saionji-san kurz nach deinem Eintreffen alle Türen verschlossen hat, damit wir keinen ungebetenen Besuch von Paparazzi bekommen.“

„Ich geh mit.“, bietet Sho resolut an und auch die meisten anderen Männer aus dem Team sind fest entschlossen, den Attentäter möglichst schnell zur Strecke zu bringen.

Kyoko hingegen greift erneut erschrocken nach Rens Ärmel und stöhnt mühsam beherrscht auf. „Ren...“, beginnt sie stockend, kleine Tränen in den Augenwinkeln. „Bitte... Sei vorsichtig. Ich will nicht, dass...“

„Keine Sorge“, besänftigt Ren sie leise, „ich pass auf mich auf. Aber ich kann auch nicht zulassen, dass er damit durchkommt.“ Sachte streichelt er über ihre Wange und wischt eine Träne aus dem Augenwinkel. „Und du sieh zu, dass du wach bleibst.“

„Ich geb mir Mühe.“, nickt sie schwach ... und bereut sofort, dass sie ihren Kopf bewegt hat. Wieder stöhnt sie schmerzerfüllt auf.

„Bleib einfach ruhig liegen und lass dir was von Kanae-chan erzählen.“, meint Ren und nickt ihr so aufmunternd zu, wie seine Sorge es zulässt. Dann erhebt er sich, wendet sich an die Kollegen und beginnt, sie ohne viel Federlesen in Gruppen aufzuteilen und an verschiedene strategische Punkte des Gebäudes zu schicken. Seine Aura ist dunkler denn je und alle, die in der Lage sind, den bedrohlichen, feurigen Drachen in seinem Rücken wahrzunehmen, halten gebührenden Abstand zu dem jungen Schauspieler.
 

Minuten später schon haben sie das gesamte Kinotheater durchsucht und sich gegenseitig per Handys informiert, dass keiner von ihnen – außer der kleinen Armbrust, die jemand hinter der Bühne neben dem Aufgang zur Lichtgalerie entdeckt hat - eine Spur des Attentäters finden konnte.

„Warte mal!“, meint Sho plötzlich, als Ren gerade wieder eine Rückmeldung per Telefon entgegennimmt. „Ich glaub, die Tür ist vorhin erst geöffnet worden. Hier sind deutliche Spuren im Staub zu erkennen. Soweit ich mich erinnere, sind wir bei der Besichtigung nicht hier vorbei gekommen.“

Ren kommt stirnrunzelnd näher und nickt düster. „Stimmt.“, sagt er nachdenklich, „allerdings könnte es schon sein, dass trotzdem jemand neugierig war. – Lass uns einfach nachsehen.“

Sho nickt entschlossen und drückt vorsichtig die Klinke herunter, während sich Ren bereits in Position begibt, um gleich durch den Ausgang zu preschen, wenn er offen ist. Sho reißt mit einem Ruck die schwere Eisentür auf und Ren ist mit einem Satz draußen, schaut sich sofort konzentriert um und kriegt gerade noch mit, wie eine dunkle Gestalt um die Ecke verschwindet.

„Da!“, brüllt er und hechtet auch schon hinter dem mutmaßlichen Stalker her. Sho ist geistesgegenwärtig genug, Rens Handy aufzufangen, das er in seinem Drang, den Übeltäter zur Rede zu stellen, einfach hat fallen lassen. Hastig gibt er der Person am anderen Ende, die immer noch dran ist, die wichtigsten Informationen durch, während er dem jungen Schauspieler bereits hinterherhetzt.

Es dauert nicht lange, dann hat er ihn eingeholt und das Bild, das sich ihm nun bietet, verblüfft ihn so sehr, dass er sich ein schadenfrohes Grinsen nicht ganz verkneifen kann.

Ren hat Reino bereits erwischt und dieser kniet nun mit blauem Auge, blutender Nase und sich laut stöhnend den Bauch haltend vor dem großen, sehr bedrohlich wirkenden Mann, der ihn immer noch am Kragen hat und drauf und dran ist, ihn nach allen Regeln der Kunst zu verprügeln, ... jedenfalls wenn man nach der Miene des jungen Schauspielers geht. Reino wimmert panisch um Gnade, doch Ren ist dermaßen in Rage, dass er kaum gewillt scheint, von dem jungen Sänger abzulassen.

„Du wirst dich nie wieder an ihr vergreifen!“, zischt er dem schwarz gekleideten Jungen zu, der darauf immer weiter in sich zusammensinkt.

Sho hat beinahe Mitleid mit dem Frontmann von Vie Ghoul, allerdings nur beinahe... Dafür kommt ihm plötzlich ein anderer Gedanke.

Langsam und mit betont hörbaren Schritten nähert er sich den Beiden und räuspert sich, als er neben Ren ankommt.

„Was?!“, fragt dieser ihn ungehalten.

„Ich wusste gar nicht, dass Kyoko-chan dir so viel bedeutet.“, sagt er ruhig.

Ren Tsuruga funkelt den Sänger so düster an, dass Sho eiskalte Schauer über den Rücken laufen. „Du hast keine Ahnung.“, grummelt Ren leise.

Sho seufzt leise. „Kann sein.“, gibt er so ruhig wie möglich zurück. „Aber wenn du ihn weiter prügelst, setzt du einiges aufs Spiel; Polizei und Krankenwagen sind sicher jeden Moment hier. Ich denke, es wäre besser, ihn in einem Stück abzuliefern.“

Rens Griff lockert sich ein wenig und Reino sinkt winselnd zu Boden.

„Wenn du willst, übernehme ich die Verantwortung hierfür.“, bietet Sho grinsend an. „Passt eh besser zu meinem Image als zu deinem.“

Ren kann sich nicht verkneifen, ihm ein schräges Grinsen zuzuwerfen. „Das wird kaum nötig sein.“, meint er – nun wesentlich ruhiger, „das hier läuft durchaus noch unter ‚Selbstverteidigung’ und ‚Gefahr im Verzug’ ... und außerdem werde ich ab morgen wohl größere Hindernisse zu überwinden haben.“ Leise seufzend strafft er sich und tritt einen kleinen Schritt zurück. „Lass ihn uns nach vorne zur Straße schaffen, damit die Gesetzeshüter sich ihn kümmern können.“

„Gerne.“, grinst Sho und wirft einen kurzen, abfälligen Blick auf den eingeschüchterten, jungen Mann am Boden.

„Danke, Sho-san“, bringt dieser immer noch wimmernd heraus und macht Anstalten, sich vor seinem Erzfeind in tiefem Kotau in den Dreck zu werfen.

Sho winkt angewidert ab. „Freu dich nicht zu früh“, verkündet er finster, „ich hab eigentlich auch noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen. Ich denke, wir werden dich schön zwischen uns nehmen, um dich abzuliefern. Wir wollen ja nicht, dass du dich aus dem Staub machst. Und ich werde dabei ganz bestimmt nicht zimperlich sein.“

Als wären sich die Beiden noch nie uneinig gewesen, greifen Sho und Ren jeder ausgesprochen roh einen Arm von Reino und reißen ihn brutal auf die Füße, sodass dieser vor Schmerz kurz aufschreit.

„Stell dich nicht so an!“, fordert Sho unbarmherzig, „als du Kyoko-chan angeschossen hast, hat es dich auch nicht gekümmert, jemandem weh zu tun.“

„Oder ihn umzubringen.“, ergänzt Ren zähneknirschend und nur mühsam beherrscht.

Mit finsteren Mienen machen sich Ren und Sho auf den Weg, Reino seiner – hoffentlich gerechten – Strafe zuzuführen. Von Weitem sind bereits Sirenen zu hören.
 

Gleichzeitig mit der Polizei trifft ein Krankenwagen ein und während Ren und Sho, unterstützt vom Regisseur und einigen anderen Kollegen, den Beamten die Ereignisse schildern, schweifen Rens Gedanken immer wieder sorgenvoll zu Kyoko ab.

Als sie endlich fertig sind und Reino in Handschellen gelegt und sicher im Polizeiwagen verstaut ist, kommen auch die Sanitäter mit Kyoko auf der Bahre aus dem etwas heruntergekommenen Gebäude. Sie scheint kaum noch bei Bewusstsein und murmelt ständig nur bruchstückhaft verständliches Zeug vor sich hin, von dem die Sanitäter eigentlich nur die Worte ‚Koon’ und ‚Ren’ deutlich hören.

Ren macht sich hastig auf den Weg zu seiner Frau, wird jedoch kurz vor dem Krankenwagen vom Notarzt aufgehalten.

„Was wollen Sie?“, fragt dieser ihn barsch. „Die junge Dame muss auf dem schnellsten Weg in die Klinik und im Krankenwagen dürfen nur Angehörige mitfahren.“

Sho ist dem jungen Schauspieler gefolgt; einerseits ist er neugierig, was Ren als nächstes tun wird, andererseits würde er ebenfalls gern einen Blick auf seine Kindheitsfreundin werfen, um wenigstens einen kleinen Eindruck davon zu bekommen, wie es ihr inzwischen geht.

„Ich bin ein Angehöriger!“, entfährt es Ren ungeduldig; beinahe gewaltsam verschafft er sich Zugang zur Bahre und nimmt Kyokos Hand, worauf das Mädchen sich fast augenblicklich beruhigt, leise ein „Gott sei Dank“ flüstert und wieder einmal vergeblich versucht, ihren Blick zu fokussieren.

Der Notarzt beobachtet Ren zunächst skeptisch, doch als er bemerkt, wie sehr seine Patientin sich in seiner Gegenwart beruhigt, ist er zumindest nicht mehr so schroff, als er sich wieder an ihn wendet. „Wer sind Sie?“, fragt er streng, „Ihr Bruder? Oder doch nur ihr Freund?“

Sho, der kaum zwei Meter entfernt steht, hält unwillkürlich die Luft an.

„Nein“, antwortet Ren düster und ein wenig zu laut, „ich bin ihr Ehemann!“

Sho klappt beinahe der Unterkiefer auf den kalten, nassen Asphalt. Schlagartig setzen sich kleine Puzzleteile in seinem Gehirn zu einem Ganzen zusammen ... und er versteht.

Der Notarzt indessen sieht den jungen Schauspieler für einen Moment verblüfft an und trifft dann seufzend eine Entscheidung. „Na gut, steigen Sie ein.“, sagt er resignierend. „Aber nur ausnahmsweise und weil Sie die junge Dame zu beruhigen scheinen.“

Irritiert sieht der junge Schauspieler den Mann an und will zunächst frustriert protestieren, doch dann besinnt er sich eines Besseren und macht, dass er in den Wagen kommt, damit sie nicht noch mehr Zeit verlieren.

Einen Moment später schließen sich die Türen hinter ihm und der Krankenwagen rast mit höchster Geschwindigkeit dem Krankenhaus entgegen.

Zurück bleibt ein fassungsloser Sho, dem die Gedanken wirr durch das Gehirn wuseln und der ein wenig verstört dem längst verschwundenen Krankenwagen nachsieht.

Sachte legt sich eine Hand auf seine Schulter und eine weibliche Stimme seufzt leise in die kalte Winterluft. Langsam dreht sich der junge Sänger herum und sieht Kanae ernst an.

„Sind sie wirklich verheiratet?“, fragt er mit belegter Stimme.

Kanae schaut ihn einen Moment lang eindringlich an, dann seufzt sie erneut. „Ja.“, bestätigt sie flüsternd. „Und du wirst das schön für dich behalten.“

„Ich...“, stammelt Sho verwirrt und schüttelt unwillig den Kopf, „ich will Kyoko-chan doch keinen Ärger machen. Ich... Ich ... hätte nur nie gedacht...“

„Schon gut.“, sagt Kanae und gibt ihrem spontanen Impuls nach, ihn einfach in die Arme zu nehmen. Minutenlang stehen sie so in der feuchten Kälte und jeder der Beiden genießt die Wärme, die sie sich gegenseitig spenden, auf seine eigene Weise.
 

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Nachwort
 

Ja, ich weiß, ein Cliffhanger. Aber es war ebenso notwendig wie auch logisch, hier eine Zäsur zu machen. Dafür müsst ihr – vermutlich ☺ – auf das nächste Kapitel auch keine drei Wochen warten.

Schon merkwürdig übrigens, dass die meisten Szenen dieses und der nächsten Kapitel, die ich ja schon von Anfang an ziemlich genau skizziert hatte, sich doch noch so deutlich verändert haben. – Na ja, vielleicht doch nicht so merkwürdig nach drei (!!) Jahren. ☺

Hey, und keine Sorge! Ihr kennt mich doch, ich bin eine Happy End Junkie! ☺

Sorgen und eine große Entscheidung

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Sind sie wirklich verheiratet?“, fragt er mit belegter Stimme.

Kanae schaut ihn einen Moment lang eindringlich an, dann seufzt sie erneut. „Ja.“, bestätigt sie flüsternd. „Und du wirst das schön für dich behalten.“

„Ich...“, stammelt Sho verwirrt und schüttelt unwillig den Kopf, „ich will Kyoko-chan doch keinen Ärger machen. Ich... Ich ... hätte nur nie gedacht...“

„Schon gut.“, sagt Kanae und gibt ihrem spontanen Impuls nach, ihn einfach in die Arme zu nehmen. Minutenlang stehen sie so in der feuchten Kälte und jeder der Beiden genießt die Wärme, die sie sich gegenseitig spenden, auf seine eigene Weise.

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Sorgen und eine große Entscheidung
 

Die ganze Fahrt über hält Ren die inzwischen ziemlich kalte Hand seiner Frau und muss ihr immer wieder versichern, dass es ihm gut geht. Seine Sorge steigt mit jeder erneuten Frage nach seinem Wohlergehen ein bisschen mehr.

„Wir können natürlich noch nichts Abschließendes sagen“, meint der Notarzt schließlich beschwichtigend, „aber das ist vermutlich nur eine gehörige Gehirnerschütterung; bisher spricht nichts für einen ernsteren Schaden an ihrem Schädel oder Gehirn. Was uns eher ein bisschen Sorge macht, ist die Schussverletzung, weil das Projektil eine Arterie getroffen hat.“

„Genau das hab ich befürchtet...“, murmelt Ren abwesend. „Das Blut war zu hell und ihre Sachen waren zu schnell durchgeblutet.“ Seine Gesichtszüge scheinen in den letzten Minuten um Jahre gealtert zu sein.

Der Notarzt legt eine Hand auf Rens Schulter. „Es war gut, dass sie dafür gesorgt haben, dass niemand den Bolzen anfasst.“, lobt er den jungen Schauspieler. „Und dass sie ihr den Kopf hoch gelagert haben. Auf die Idee kommen die meisten Ersthelfer bei einer möglichen Gehirnverletzung nicht.“

Ren winkt kopfschüttelnd ab. „Eigentlich sollte ich an ihrer Stelle sein.“, meint er mit belegter Stimme.

„Dann waren Sie also derjenige, dem sie das Leben gerettet hat.“, dämmert dem Arzt. „Ihre Kollegen sagten so was.“

„Ich wünschte, sie hätte es nicht getan...“, murmelt Ren niedergeschlagen.

„Wenn sie es nicht getan hätte, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass Sie jetzt in einem Leichenwagen abtransportiert werden müssten, vergleichsweise hoch.“, gibt der Arzt neben ihm ernst zu bedenken. „Wenn man berücksichtigt, wo der Bolzen sie getroffen hat und man diese Höhe auf Ihre Körpergröße umrechnet, dann hätte Sie das Geschoss vermutlich ins Herz getroffen.“

„Scheiße.“, flüstert Ren leise und bedeckt sein Gesicht mit den Händen.

„Koon..?“, kommt es heiser von der Bahre. „Bist du in Ordnung?“

Ren greift sofort wieder nach Kyokos Hand und sagt leise: „Ja, natürlich, Hime-chan, mir geht es gut.“ Sachte streicht er ihr ein Haar aus der Stirn, während sie zum wiederholten Mal versucht, ihren Blick zu fokussieren, was ihr schließlich sogar gelingt.

Ein erleichtertes Lächeln breitet sich in ihrem Gesicht aus. „Gott sei Dank.“, haucht sie zufrieden.

Indessen hat der Krankenwagen seine Geschwindigkeit gedrosselt und kommt schließlich zum Stehen.

„Wir sind da.“, verkündet der Arzt. „Tut mir Leid, aber in die Notfallambulanz dürfen Sie nicht mit rein. Machen Sie es sich im Warteraum bequem, die Untersuchungen werden sicher ein Weilchen dauern, außerdem wird mit Sicherheit auch eine Operation nötig sein, um den Bolzen zu entfernen.“

„Ja, ich weiß schon.“, meint Ren nur resignierend. Er ahnt bereits, dass schier unendliche Stunden bangen Wartens vor ihm liegen. „Wir sind jetzt im Krankenhaus.“, erklärt er seiner Frau geduldig und streicht ihr noch mal über die Wange. „Sie werden dir helfen und ich werde hier auf dich warten.“

„In Ordnung.“, antwortet Kyoko ruhig; ihr Blick scheint immerhin ein bisschen klarer geworden zu sein.

„Und denk daran, Hime-chan: Dank dir geht es mir gut.“, erinnert er sie lächelnd. „Mach dir um mich keine Sorgen. Sieh lieber zu, dass es dir selbst bald wieder besser geht.“

„Ja“, wiederholt Kyoko lächelnd, „du bist in Ordnung, Gott sei Dank. – Bis später, Koon.“

„Bis später, Kyoko-chan.“, erwidert Ren und erhebt sich vom Sitz, um auszusteigen und Platz für ihren Transport zu machen.
 

Kurz darauf steht er ganz allein auf dem Flur der Unfallambulanz und fühlt sich mit einem Mal schrecklich verloren. Angespannt versucht er durchzuatmen, doch immer wieder tauchen Bilder seiner verletzten, bewusstlosen Frau vor seinem inneren Auge auf und die Gedanken bewegen sich gleichsam im Kreis um die furchtbaren Ereignisse des Tages.

Seufzend lehnt er den Kopf an die Flurwand, um wenigstens seine Stirn ein bisschen zu kühlen und sich so etwas Erleichterung zu verschaffen, ... allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

Plötzlich tippt ihn jemand an. „Entschuldigen Sie, Sie sind doch mit Mogami-san gekommen, oder?“, fragt eine Schwester freundlich.

Ren dreht sich leise seufzend zu ihr um und nickt.

Der jungen Frau fällt im Gegenzug beinahe der Unterkiefer aus dem Gelenk. „Tsu... Tsuruga... –san...“, stammelt sie verblüfft.

Ren nickt noch einmal, freundlicher diesmal. „Richtig.“, sagt er lächelnd und wirft schnell einen Blick auf ihr Namensschild. „Freut mich, Schwester ... Midori.“

„Ich... Ja, ... freut mich ebenfalls, Tsuruga-san.“ Die junge Krankenschwester hat sich von dem kleinen Schreck erholt und strahlt nun übers ganze Gesicht. „Wäre es möglich, dass Sie mir helfen, das Aufnahmeformular für Mogami-san auszufüllen? Oder haben Sie eventuell die Telefonnummer von einem ihrer Angehörigen?“

„Das wird nicht nötig sein.“, antwortet Ren mit einem etwas müden Lächeln. „Bei mir sind Sie da schon an der richtigen Adresse.“

„Gut, kommen Sie kurz mit, dann können wir die Papiere zusammen ausfüllen.“, meint die Schwester und begibt sich auch gleich zur Anmeldung, wo sie Ren einen Stuhl anbietet, um sich dann gemeinsam mit ihm an die Arbeit zu machen.

Ren ist heilfroh, etwas zu tun zu haben, denn die inzwischen ausgebrochene Hektik auf dem Flur der Station lässt ihn vermuten, dass Kyoko nicht so schnell aus dem Schockraum rauskommen wird ... und dass es ihr ganz und gar nicht gut zu gehen scheint...
 

Eine Viertelstunde später sind alle Formalitäten erledigt und Ren fühlt sich furchtbar ausgelaugt und innerlich vollkommen leer. Trübsinnig begibt er sich in den glücklicherweise leeren Warteraum und lässt sich schwer seufzend auf einem der Stühle nieder, die Ellenbogen auf den Knien und das Gesicht in den eigenen Händen vergraben.

Eine ganze Weile sitzt er einfach nur so da, dann kommt ihm der Gedanke, Yukihito und die anderen über den letzten Stand der Dinge zu informieren, auch wenn es nicht übermäßig viel zu berichten gibt. Seufzend holt er sein Handy aus der Hosentasche und registriert erst jetzt verwundert, dass er gar keinen Mantel mehr anhat. Er fröstelt leicht.

„Stimmt, den Mantel hatte ich unter Kyokos Nacken gelegt...“, murmelt er kaum hörbar.

Leise seufzend wählt er die Nummer seines Betreuers an.
 

„Hallo? Ren-kun?“, ertönt Yukihitos Stimme besorgt am anderen Ende. „Alles okay mit dir?“

„Ja, jaa.“, kommt es gedehnt und müde zurück. „Wieso will bloß alle Welt wissen, wie es mir geht?“, wundert er sich murmelnd.

„Himmel, du weißt genau, dass es mich brennend interessiert, wie es Kyoko-chan geht, aber du hörst dich alles andere als gut an; da wird man sich ja wohl Sorgen machen dürfen!“, regt sich sein Betreuer auf.

„Ja, schon gut.“, lenkt Ren seufzend ein. „Zumal ich dir noch gar nichts Genaues zu Kyokos Zustand sagen kann. Die Ärzte sind noch mit ihr beschäftigt ... und ich fürchte, das wird auch noch eine Weile dauern.“ Ren muss schwer schlucken, dann fügt er leise hinzu: „Yukihito-kun, sie stand auf der gesamten Fahrt hierher völlig neben sich. Ständig hat sie mich gefragt, ob ich in Ordnung bin. Ich...“

„Lass gut sein, Ren.“, meint sein Betreuer. „Sie kommt schon wieder in Ordnung. Sie ist eine Kämpfernatur, so leicht kriegt dieses Mädchen keiner unter.“

„Ich hoffe es“, antwortet Ren mit einer deutlichen Spur Verzweiflung in der Stimme, „ich hoffe es so sehr... Das Schlimmste ist, hier rum zu sitzen und rein gar nichts tun zu können. Und dabei hätte ich verhindern müssen, dass...“

„Ren, du kannst nicht überall gleichzeitig sein.“, unterbricht ihn Yukihito ernst. „Du hast dein Möglichstes getan. – Und immerhin hast du den Täter gestellt; zumindest wird ihn das hindern, so was noch mal zu machen. – Sho-kun hat mir übrigens alles erzählt, ... nicht die leicht entschärfte Version, die ihr den Polizisten aufgetischt habt. Unter uns: Ich bin sehr stolz auf dich.“

„Den Kerl zusammenzuschlagen hilft Kyoko allerdings auch nicht gesund zu werden...“, murmelt Ren düster.

„Na ja, wer weiß...“, gibt der junge Manager grinsend zu bedenken. „Zumindest braucht sie keine Angst mehr vor ihm haben und wie ich sie kenne, wird sie über deine ‚Heldentat’ zumindest schmunzeln. Und das trägt ganz sicher zu ihrer Genesung bei.“

„Dein Wort in Gottes Ohr.“, seufzt Ren wenig überzeugt.

„Ich habe übrigens mit Takarada telefoniert“, fährt Yukihito ernster fort, „er setzt sich gerade mit Polizei und Staatsanwaltschaft in Verbindung und wird sicher zusätzlich Druck machen, dass dieser Reino so schnell nicht den Fängen der Justiz entkommt. Auch wenn damit zu rechnen ist, dass sie ihn in eine geschlossene psychiatrische Anstalt einweisen werden.

Ich denke, das wird noch ein paar Stunden dauern, aber rechne damit, dass er danach im Krankenhaus auftauchen wird. – Ich hoffe nur, er verzichtet auf eine auffällige Kostümierung...“

„Das wäre ja mal was ganz Neues...“, findet Ren, allerdings ist ihm ganz und gar nicht nach Lachen zumute. „Wirst du später auch vorbei kommen?“

„Na, hör mal!“, sagt Yukihito empört. „Natürlich! Ich bin so gut wie auf dem Weg; ich organisiere nur noch schnell, dass jemand dein Auto zur Klinik bringt.“ Seufzend fügt er hinzu: „Vielleicht sollte ich doch mal einen Führerschein machen...“

„Ich glaube nicht, dass das nötig ist“, findet Ren, „weder das Eine, noch das Andere. Ich werde ohnehin so bald nicht nach Hause kommen. Vorerst kriegen mich hier keine zehn Pferde weg.“

„Das hab ich schon befürchtet.“, seufzt sein Betreuer. „Soll ich dir was mitbringen?“

„Keine Ahnung...“, überlegt Ren müde, „Doch, warte, ... einen Mantel. Ich hatte meinen im Theater bei Kyoko gelassen.“

„Ja, ich weiß.“, meint Yukihito betrübt. „Ich fürchte, den wirst du wegwerfen müssen, die Blutflecke dürften jedenfalls nicht wieder rausgehen. Ich bringe dir einen neuen mit. – Sonst noch was?“

„Ich weiß es nicht.“, seufzt Ren. „Ich kann, ehrlich gesagt, kaum einen klaren Gedanken fassen. Wahrscheinlich fällt mir erst sehr viel später was dazu ein.“

„In Ordnung. Zur Not kann ich ja auch später noch mal los, wenn du etwas brauchst. Bis nachher.“

„Ja, bis später, Yukihito.“
 

Eine Dreiviertelstunde später weiß Ren Tsuruga immer noch nichts Genaueres über den Zustand seiner Frau. Inzwischen läuft er unruhig die Gänge auf und ab, nichts hält ihn mehr in dem deprimierend sachlichen Warteraum; die Zeitschriften, die dort ausliegen, hat er ohnehin schon alle durchgeblättert, ... freilich ohne dass auch nur ein Wort davon in seinem Hirn angelangt wäre.

Noch immer läuft medizinisches Personal hektisch auf dem Flur der Unfallstation herum, tritt aus dem Schockraum, in dem Kyoko vor scheinbar ewigen Zeiten verschwunden ist, heraus und kehrt wieder dorthin zurück.

Ren hat die Hände in den Taschen vergraben und zu Fäusten geballt, während er krampfhaft versucht, wenigstens äußerlich ein wenig ruhiger zu werden. Bewegungen am anderen Ende des Flurs lassen ihn schließlich aufhorchen und als er erkennt, dass es sich bei den vier Menschen, die da zielstrebig auf ihn zulaufen, um wohl bekannte Gestalten handelt, hellt sich seine Miene unversehens ein wenig auf, froh, ein bisschen Ablenkung zu haben.

„Weißt du schon Genaues?“, fällt Ushio Kurozaki gleich mit der Tür ins Haus, bevor Yashiro auch nur annähernd die Chance hat, etwas zu sagen.

Ren schüttelt frustriert den Kopf. „Nein, sie ist immer noch im Schockraum.“

„Du siehst furchtbar aus.“, spricht Kanae aus, was alle Anwesenden denken.

Der junge Schauspieler zuckt nur ratlos mit den Schultern. „Wundert dich das?“

„Nicht wirklich.“, gibt Kanae leise zurück und streicht mit der Hand mitfühlend über seinen Arm. „Ich hab auf dem Weg einen Automaten gesehen, willst du Kaffee? Du siehst jedenfalls aus, als könntest du einen gebrauchen.“

„Gern.“, antwortet Ren mit einem müden Lächeln. „Schwarz bitte.“ Schmerzhaft wird ihm bewusst, dass Kyoko gar nicht hätte fragen müssen.

„Noch jemand?“, fragt Kanae in die Runde und nimmt die Wünsche der Anwesenden entgegen. Dann macht sie sich auf den Weg.

„Hast du was gegessen?“, fragt Yukihito leise, als sie fort ist.

„Als ob ich jetzt auch nur einen Bissen herunter bekommen würde...“, brummt Ren deprimiert, muss aber sofort daran denken, was Kyoko ihm dazu gesagt hätte. – Mühsam gelingt es ihm, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. „Vielleicht später, wenn ich weiß, was mit ihr ist.“, fügt er versöhnlicher hinzu.

„Schon gut“, meint Yukihito, „ich kann dich ja verstehen. Aber pass auf, dass du dein Hungergefühl nicht gänzlich ignorierst; es hilft Kyoko-chan überhaupt nicht, wenn du entkräftet zusammenklappst.“

„Ich werd’s versuchen.“, verspricht Ren seufzend.

Kanae ist mit dem Kaffee zurück und verteilt die Becher.

„Danke.“, sagt Sho Fuwa leise, er weiß vor lauter Befangenheit und Bestürzung überhaupt nicht, wie er sich verhalten soll, ganz besonders Ren gegenüber.

„Komm schon“, raunt Kanae ihm zu, „er kann sich denken, dass dir die Sache auch nahe geht, immerhin kennst du Kyoko-chan schon eine halbe Ewigkeit, mich lässt es schließlich auch nicht gerade kalt.“

„Aber ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“, wendet er ratlos ein.

Kanae klopft ihm sachte auf die Schulter. „Ich glaube gar nicht, dass du groß reden musst.“, sagt sie leise.

„Na gut.“, murmelt der junge Sänger und wendet sich schwer schluckend Ren Tsuruga zu, der ihn zunächst nur in einer Mischung aus Verblüffung und Neugier ansieht.

„Ich...“, stammelt Sho unsicher, „Tut mir Leid...“ Seufzend senkt er den Kopf, ihm fällt einfach nichts ein, was er sagen könnte.

„Schon gut“, seufzt Ren mit dem Anflug eines Lächelns, „ich versteh schon.“

Damit scheint alles zwischen den Beiden geklärt zu sein, denn die ohnehin nur noch geringe Spannung zwischen den jungen Männern hat sich nun vollständig verflüchtigt. Beinahe entspannt nippen sie an ihren Kaffeebechern.

Kanae grinst erleichtert in sich hinein, setzt jedoch gleich wieder eine ernste Miene auf, als eine korpulente, reichlich resolut wirkende Oberschwester auf die kleine Gruppe zusteuert.

„Ist jemand von Ihnen ein Verwandter von Mogami-san? Die Ärzte sind jeden Moment fertig.“, verkündet sie sachlich.

Ren atmet ein Mal durch. „Ich bin ihr Ehemann.“, sagt er dann zur Überraschung von Kurozaki.

Die Oberschwester schaut ihn einen Augenblick lang skeptisch an, dann sagt sie: „Sie sind doch Ren Tsuruga, oder?!“

Ren nickt seufzend.

„Nehmen Sie es mir nicht übel, junger Mann“, meint sie spitz, „aber das hier ist ein Krankenhaus, Schauspieleinlagen sind hier nicht gewünscht. Glauben Sie ernsthaft, damit durchzukommen und Dr. Ito so dazu zu bringen, Ihnen die Untersuchungsergebnisse mitzuteilen?!“ Langsam redet sie sich in Rage, während Ren, ebenso wie sein Betreuer, Kanae und Sho, nur entsetzt zuhören können. „Mal abgesehen davon, dass sie ja nicht den gleichen Familiennamen tragen, man hätte in den Medien ja davon hören müssen, dass Sie geheiratet haben. Es wäre ja wohl kaum möglich, dass so was auf Dauer geheim bleibt!“

„Sie werden es kaum glauben, aber die Geheimhaltung war bei der Eheschließung in diesem Fall durchaus beabsichtigt.“, mischt sich Yukihito ungehalten ein. Doch bevor er noch mehr sagen kann, steht bereits eine junge Ärztin hinter der renitenten Oberschwester und versucht, die Gemüter zu beschwichtigen.

„Was gibt es denn hier, was man in dieser Lautstärke besprechen müsste, Oberschwester Kaede?“, fragt sie und sieht die Schwester streng an.

„Tsuruga-san hier behauptet, mit der Patientin verheiratet zu sein.“, erklärt die Angesprochene ärgerlich. „Er versucht sicher nur, sich Informationen zu erschleichen, die ihm nicht zustehen.“

„Nun mal langsam, Oberschwester. – Am besten überlassen Sie das hier mir und kümmern sich stattdessen darum, dass Mogami-san verlegt werden kann.“, versucht die Ärztin zu beschwichtigen.

„Wie Sie wünschen, Doktor.“, antwortet die Krankenschwester ein bisschen eingeschnappt und macht sich zähneknirschend auf den Weg.

„Entschuldigen Sie bitte“, meint Dr. Ito, als sie fort ist, „sie schießt manchmal ein bisschen übers Ziel hinaus. – Allerdings hat sie in der Sache durchaus Recht.“

Ren versucht ruhig zu bleiben und atmet ein paar Mal tief durch. „Aber wir sind wirklich verheiratet.“, beteuert er verzweifelt.

„Das stimmt, ich war bei ihrer Hochzeit dabei.“, wirft Kanae unerwartet ein und auch Yukihito bestätigt schnell ihre Angaben.

Die Ärztin überlegt einen Moment angestrengt und mustert Beide eindringlich.

Plötzlich fällt Ren etwas ein. Hastig löst er das Lederarmband mit der gravierten Platinplatte von seinem Handgelenk und hält es der jungen Ärztin hin. „Sehen Sie sich die Rückseite an! Darauf ist das Datum der Eheschließung und Kyokos Name eingraviert. Sie haben sicher bemerkt, dass Kyoko ein Platinarmband trägt, das auf der Vorderseite die gleichen Yin-Yang Kois hat. Auf der Rückseite steht auch bei ihr das Datum und mein Name, allerdings mein Geburtsname. Ren Tsuruga ist nur ein Künstlername, eigentlich heiße ich Hizuri, Kuon Hizuri.“

Sho erleidet den nächsten Schock des Tages, ... aber eigentlich ist heute schon so viel passiert, dass ihn das jetzt auch nicht mehr sonderlich überrascht.

„Nun gut, das überzeugt mich schon eher.“, seufzt die Ärztin mit dem Anflug eines Lächelns im Gesicht. „Aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn sie die entsprechende Urkunde nachreichen könnten. – Sonst steigt mir die Oberschwester doch noch aufs Dach.“ Sie lacht leise auf.

„Kein Problem“, meint Ren und wendet sich an seinen Freund und Manager. „Kannst du sie später mitbringen, wenn du ein paar Sachen von zu Hause holst? Die Papiere liegen in dem kleinen Safe hinter der Monet-Kopie im Flur. Den Schlüssel geb ich dir später.“

„Natürlich.“, antwortet Yukihito lächelnd, auch er ist sichtbar erleichtert.

Ren wendet sich wieder der Ärztin zu.

„Gut, dann kommen Sie mal mit.“, sagt sie und bringt ihn in ihr Büro, wo sie ihm zunächst einen Platz anbietet.

Nervös setzt sich der junge Schauspieler und starrt Doktor Ito gespannt an.

„Nun“, beginnt die junge Ärztin schließlich, nachdem sie sich noch einmal geräuspert hat, „Zuallererst einmal Folgendes: Mogami-san ist in einem stabilen Zustand. Es geht ihr den Umständen entsprechend vergleichsweise gut ... sicher nicht zuletzt Dank ihrer hervorragenden allgemeinen Verfassung.“

Ren atmet hörbar auf, doch ein Blick in die Augen seines Gegenübers lässt seine Anspannung gleich wieder steigen.

„Sie hat eine ziemlich schwere Gehirnerschütterung mit deutlichen Funktionsstörungen, es wird mindestens eine Woche dauern, bis sie sich auch nur wieder halbwegs normal fühlen wird. Außerdem ist ihr Schlüsselbein gebrochen und wir haben ihr in einer Operation einen elastischen Titanstift eingesetzt, der in ein paar Wochen wieder entfernt werden muss. Aber keine Sorge, das ist dann nur ein kleiner Eingriff. - Das eigentliche Problem war der Armbrustbolzen; er hat nicht nur das Gewebe um die Schulter empfindlich geschädigt und dort einiges auseinander gerissen, er hat auch die dort verlaufende Arterie verletzt, weswegen sie ziemlich viel Blut verloren hat, als wir den Bolzen entfernt haben. Er steckte im Schulterblatt fest und war nur sehr schwer raus zu bekommen. Diese verflixten Dinger sind tatsächlich gefährlicher als Gewehrkugeln.“

„Ist sie über den Berg?“, fragt Ren besorgt nach.

„Mit Sicherheit kann ich das noch nicht sagen. Schon wegen der Gehirnerschütterung kann es noch zu Komplikationen kommen und sie hat, wie gesagt, viel Blut verloren; möglicherweise wird das später noch Probleme machen und natürlich handelt es sich um eine ziemlich große Wunde... Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie das Schlimmste jetzt überstanden hat.“

„Wann kann ich zu ihr?“, fragt Ren leise. „Ich ... will nicht, dass sie allein ist, wenn sie aufwacht. Im Krankenwagen war sie ziemlich verwirrt und wollte ständig wissen, ob ich in Ordnung bin.“

„Ja, der Notarzt hat es bei der Übergabe erzählt.“, antwortet Dr. Ito weich. „Wir werden sie jetzt nach oben in den ruhigsten Teil der Klinik verlegen; ich schätze mal, da Mogami-san eine recht bekannte Persönlichkeit ist, wird rund ums Krankenhaus ab morgen vermutlich ein ziemlicher Trubel herrschen ... und sie braucht vorerst absolute Ruhe. Wenn sie oben versorgt ist, können Sie zu ihr. Sollen wir Ihnen ein Extrabett ins Zimmer stellen?“

„Ich weiß nicht.“, überlegt Ren schulterzuckend. „Wahrscheinlich werde ich heute Nacht sowieso kein Auge zu bekommen...“

„Aber es würde trotzdem nicht schaden, sich ein wenig hinzulegen.“, gibt die Ärztin zu bedenken.

„Vermutlich haben Sie Recht.“, stimmt Ren seufzend zu, sich nur allzu bewusst, dass Kyoko vermutlich genau dasselbe gesagt hätte.

„Gut, dann informieren Sie jetzt Freunde und Familie; ich bringe Sie zu ihrer Frau, wenn sie soweit ist.“

„Der einzige Verwandte, den sie noch hat, ist ihr Großvater, Ryuichi Hawatari. Aber er ist über 70 und ich wollte ihn nicht anrufen, bevor ich ihm nicht wenigstens eine Diagnose mitteilen kann.“, merkt Ren seufzend an.

Die Ärztin hebt überrascht die Brauen. „Hawatari-san?!“ Leise lacht sie auf. „Das hätten Sie gleich sagen sollen, der alte Herr ist ein wichtiger Sponsor unserer Klinik. Ohne ihn und seine regelmäßigen Finanzspritzen wären wir sicher nicht so gut ausgestattet.“, erläutert sie.

„Oh, das wusste ich nicht.“

„Kein Wunder“, meint Dr. Ito schmunzelnd. „Er hasst es, wenn es an die große Glocke gehängt wird. – Bestellen Sie ihm Grüße von mir, wenn Sie ihn anrufen. Und sagen Sie ihm, dass seine Enkelin hier in den besten Händen ist.“

Ren nickt und erhebt sich vom Stuhl.
 

Einige Minuten später hat der junge Schauspieler die Anderen auf den neuesten Stand der Dinge gebracht und die kleine Gruppe beratschlagt nun, was sie weiter unternehmen sollen.

„Dann werde ich jetzt wohl oder übel Rina-chan anrufen müssen.“, meint Yukihito niedergeschlagen. „Ich hoffe, sie reißt mir nicht den Kopf ab, weil ich sie nicht gut genug vertreten habe...“

„Kaum“, meint Ren düster, „denn dann müsste sie gleich bei mir weiter machen. – Hat sich Takarada-san schon gemeldet?“

„Nein, warum?“

„Eventuell müssten wir über eine Pressekonferenz nachdenken.“, antwortet der junge Schauspieler.

„Da kannst du sogar fest von ausgehen.“, wirft Sho unvermittelt ein. „Ich habe vorhin mit meiner Managerin gesprochen und die meinte, dass im Internet bereits Gerüchte über diese Sache kursieren. Das heißt auch, dass wir damit rechnen müssen, dass die Klinik in absehbarer Zeit von neugierigen Fans und Reportern umlagert sein wird.“

„Na toll!“, bemerkt Ren sarkastisch. „Das hat uns gerade noch gefehlt.“

„Hmm, Ren-kun“, denkt Kanae laut nach, „sollten wir dann nicht auch das Ehepaar vom Daruma-ya benachrichtigen? Wenn sie davon hören, werden sie sich sicher Sorgen machen.“

„Du hast Recht“, bestätigt Ren stirnrunzelnd, „ich werde das gleich nach dem Anruf bei Hawatari-san erledigen.“

„Wer ist Hawatari-san?“, will Sho wissen; verständnislos schaut er Kanae an.

„Kyoko-chans Großvater.“, erklärt sie kurz angebunden. „Der Vater ihres Vaters.“

Sho sieht sie fassungslos an. „Sollte ich sonst noch irgendwas wissen?“, murmelt er resignierend.

„Kann sein“, gibt Kanae trocken zurück, „frag mich das später noch mal; im Moment ist mein Verstand nicht so leistungsfähig.“
 

Als Ren eine halbe Stunde später endlich an Kyokos Bett sitzt, fällt eine zentnerschwere Last von ihm ab. Auch wenn sie noch nicht aus der Narkose erwacht und an etliche Überwachungsapparate und Schläuche angeschlossen ist, beruhigt ihn ihr Anblick ungemein, ganz besonders, als er zusätzlich nach ihrer Hand greift, die inzwischen wieder deutlich wärmer ist und durch die er, trotz ihrer offensichtlichen Schwäche, das Leben kräftig pulsieren fühlt.

Erleichtert atmet er auf.

Die Schwester kontrolliert noch einmal einige Geräte, regelt etwas am Tropf und sagt dann leise: „Wenn etwas ist, drücken Sie einfach den Knopf, Tsuruga-san; ich bin gleich nebenan. Geben Sie mir bitte auch Bescheid, wenn sie aufwacht.“

„Mach ich.“, antwortet Ren fast flüsternd und widmet sich wieder dem Anblick seiner Frau, während die Schwester auf leisen Sohlen das Krankenzimmer verlässt.

Lange beobachtet er einfach nur ihre ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge und ihr entspanntes Gesicht, während die Überwachungsgeräte leise und regelmäßig vor sich hin piepen und die winterliche Nachmittagssonne sanft durch die geschlossenen Vorhänge ins Zimmer scheint.

Er fühlt sich müde und ausgelaugt und doch kann er sich im Augenblick nicht vorstellen, sich mehr zu wünschen, als hier und jetzt an ihrem Bett zu sitzen, ihren Schlaf zu bewachen und zu warten, bis sie wieder ansprechbar ist.

Allmählich kommt wieder mehr Leben in ihren geschundenen Körper, einzelne Muskeln in ihren Händen zucken leise vor sich hin. Es dauert noch einige Minuten, doch dann beginnen – endlich – ihre Lider zu flimmern. Mit einem schwerfälligen Stirnrunzeln öffnet sie schließlich blinzelnd die Augen und stöhnt leise auf.

Ren streichelt sachte über ihre Wange und bringt sein Gesicht näher zu ihrem. „Lass dir Zeit.“, flüstert er lächelnd. „Ich bin bei dir.“ Mit einer Hand sucht er nach dem Klingelknopf und drückt darauf.

„Koon...“, flüstert Kyoko heiser und ein müdes Lächeln huscht über ihr Gesicht. „Was... Was ist denn ... passiert?“ Ihre Stimme klingt schwach und beinahe lallend.

„Erinnerst du nicht?“, fragt Ren ruhig. „Du wurdest angeschossen.“

Kyoko schließt die Augen und überlegt eine Weile. „Ich... Ich weiß noch, dass ich über mir den Beagle gesehen hab... Er hat eine Waffe auf dich angelegt... Danach ist alles ... schwarz...“

„Das ist zumindest das Wichtigste.“, meint Ren lächelnd. „Danach hast du mich aus der Schussbahn geworfen und wurdest selbst getroffen. Du hast dir übel den Kopf angeschlagen, als du gefallen bist, vermutlich hast du deshalb Gedächtnislücken. Mach dir keine Sorgen, dass dein Gehirn gerade nicht ganz so funktioniert wie sonst, das kommt schon wieder in Ordnung.“

„Aber du bist okay, ja?“, erkundigt sich Kyoko schwerfällig.

„Zum x-ten Mal jetzt, Hime-chan: Ja, ich bin vollkommen in Ordnung; nur ein paar blaue Flecke.“, versichert Ren ihr weich.

Eilig betritt die herbeigerufene Krankenschwester das Zimmer und lächelt breit, als sie bemerkt, dass Kyoko wach ist. „Das ging ja schneller als erwartet.“, meint sie gut gelaunt. „Wie fühlen Sie sich, Mogami-san?“

Kyoko seufzt leise. „Wie durch einen Fleischwolf gedreht.“, sagt sie müde. „Mir ist schlecht und schwindelig und alles ist so ... na ja, irgendwie verschwommen; ich komm mir vor, wie in eine ... dicke Watteschicht verpackt.“

„Das ist noch der Rest vom Narkosemittel und das Schmerzmittel.“, erklärt die Schwester. „Seien Sie froh, dass sie alles nur so nebelhaft wahrnehmen, wenn das vorbei ist, werden Sie vermutlich ziemliche Schmerzen haben.“ Mit routinierten Handgriffen beginnt sie, Kyokos Blutdruck zu messen und ihre Vitalzeichen zu überprüfen. Zufrieden lässt sie schließlich von der jungen Schauspielerin ab.

„Versuchen Sie zu schlafen und bewegen Sie sich vorerst nicht zu viel. Wenn Sie mich brauchen, rufen Sie mich mit der Klingel. – Ihr Mann weiß auch Bescheid.“, sagt sie und verschwindet wieder ins Schwesternzimmer.

„Hast du eigentlich was gegessen?“, fragt Kyoko, als die Tür wieder geschlossen ist.

Ren schüttelt fassungslos den Kopf und lacht trocken auf. „Kannst du mal damit aufhören, dich ständig nur um andere zu sorgen? Sieh zu, dass du selbst wieder auf die Beine kommst!“

„Also hast du nichts gegessen.“, stellt Kyoko seufzend fest und stöhnt leise, weil ihr Kopf unangenehm zu dröhnen beginnt.

„Natürlich nicht.“, gibt Ren freimütig zu und legt Kyoko eins der bereitliegenden Kühlkissen auf die Stirn. „Du hast mir einen derartigen Schrecken eingejagt, dass ich nicht mal an Essen denken konnte. Ich esse nachher ganz bestimmt etwas, ... etwas Vernünftiges. Aber nur, wenn du dich jetzt ausruhst und versuchst zu schlafen. – Ich gehe nicht weg, bevor du eingeschlafen bist.“

„Na gut.“, gibt Kyoko jeden Widerstand auf; sie ist ohnehin viel zu schwach, um ernsthaft zu diskutieren ... oder sich gar aufzuregen. Und eigentlich sehnt sie sich sowieso im Moment nach nichts mehr, als nach tiefem, erholsamen Schlaf. Seufzend schließt sie die Augen und drückt noch einmal kraftlos seine Hand.

„Aber nicht nur einen Energieriegel.“, murmelt sie noch, dann ist sie auch schon eingeschlafen.

Ein paar Minuten noch bleibt Ren bei ihr sitzen, dann erhebt er sich seufzend aus dem Sessel; er muss dringend mit Rory Takarada sprechen und hofft inständig, dass der LME-Chef bereits in der Klinik ist, damit er möglichst schnell wieder zu seiner Frau zurück kann.
 

Ren hat Glück. Kaum ist er auf dem Flur, da kommt ihm der Agenturchef bereits mit sorgenvoller Miene entgegen. Es ist reichlich seltsam, den sonst so exzentrischen Mann heute in einem vollkommen normalen Maßanzug anzutreffen...

„Ist sie aufgewacht?“, fragt Rory ohne Gruß.

Ren nickt mit einem angedeuteten Lächeln. „Ja, sie schläft jetzt. Sie hat darauf bestanden, dass ich was Vernünftiges esse, darum hab ich jetzt ein bisschen Zeit, bis ich wieder reingehe. Kommen Sie mit mir in die Cafeteria?“

„Kluges Mädchen“, sagt Rory anerkennend, „anscheinend geht es ihr tatsächlich etwas besser. – Natürlich begleite ich dich. Wir können dabei ein paar Dinge besprechen.“

Ren nickt ernst. „Genau das hatte ich auch vor.“
 

Ein paar Minuten später sitzen die Beiden an einem ruhigen Tisch in der Cafeteria, Ren mit einem Tablett kleiner, halbwegs gesunder Gerichte vor sich, von denen er glaubt, dass er sie die trockene Kehle hinunter bekommt.

„Wir werden wohl um eine Pressekonferenz nicht rum kommen.“, konstatiert Rory stirnrunzelnd, während Ren ein bisschen lustlos zu essen beginnt.

„Ich bestehe sogar darauf.“, gibt der junge Schauspieler nachdrücklich zu verstehen.

Rory hebt verblüfft die Augenbrauen und sieht ihn neugierig an.

„Ich bin dieses Versteckspiel endgültig Leid.“, meint Ren entschlossen. „Vorhin hätte mir die Ärztin beinahe nicht geglaubt und mir keine Auskunft über Kyokos Zustand gegeben, eigentlich wollten die mich nicht mal im Krankenwagen mitfahren lassen, weil sie mich für einen Schwindler hielten. – Ich will so was nie wieder erleben. Sie ist meine Frau und ich habe die Pflicht an ihrer Seite zu sein, wenn sie mich braucht!“

Vor lauter Wut stopft er das Essen nur so in sich hinein. Rory kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.

„Sie sollten mich lieber ernst nehmen!“, fordert Ren zwischen zwei Bissen ein wenig beleidigt.

„Das tue ich, glaub mir.“, winkt Rory lächelnd ab. „Aber vielleicht solltest du das Essen lieber weniger schlingen.“

„Oh!“, macht Ren und verlangsamt, peinlich berührt, sein Tempo.

„Du willst eure Ehe also öffentlich machen.“, fasst Rory sachlich zusammen. Ren nickt ernst. „Mir soll es recht sein.“, findet der LME-Chef. „So wie es aussieht, lässt es sich ohnehin nicht mehr lange geheim halten, warum also nicht in die Offensive gehen?“

Der junge Schauspieler atmet sichtlich auf, er hatte mit mehr Widerstand gerechnet. „Ich weiß zwar noch nicht wie, ... aber ich habe ja die ganze Nacht, um darüber nachzudenken. An Schlaf ist sowieso nicht zu denken.“

„Es wäre trotzdem besser, wenn du wenigstens ein bisschen ausruhen würdest.“, widerspricht Rory. „Für eine Pressekonferenz brauchst du einen klaren Kopf. – Aber ich würde sowieso vorschlagen, sie erst für den Nachmittag anzusetzen, dann wird auch Dr. Ito etwas zu Kyokos Zustand verlauten lassen können. Ich schlage vor, dass bei der Pressekonferenz erst das Medizinische abgehandelt wird und dann kannst du sagen, was du zu sagen hast.“

„Einverstanden.“, antwortet Ren lächelnd und isst hastig weiter, um so schnell wie möglich wieder zu seiner Frau zu kommen.

„Soll ich übrigens deine Eltern anrufen?“, will Rory noch wissen.

Ren überlegt einen langen Moment, dann schüttelt er langsam den Kopf. „Nein, das mache ich irgendwann heute Nacht selber.“

Bekenntnis

„..........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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...

„Es wäre trotzdem besser, wenn du wenigstens ein bisschen ausruhen würdest.“, widerspricht Rory. „Für eine Pressekonferenz brauchst du einen klaren Kopf. – Aber ich würde sowieso vorschlagen, sie erst für den Nachmittag anzusetzen, dann wird auch Dr. Ito etwas zu Kyokos Zustand verlauten lassen können. Ich schlage vor, dass bei der Pressekonferenz erst das Medizinische abgehandelt wird und dann kannst du sagen, was du zu sagen hast.“

„Einverstanden.“, antwortet Ren lächelnd und isst hastig weiter, um so schnell wie möglich wieder zu seiner Frau zu kommen.

„Soll ich übrigens deine Eltern anrufen?“, will Rory noch wissen.

Ren überlegt einen langen Moment, dann schüttelt er langsam den Kopf. „Nein, das mache ich irgendwann heute Nacht selber.“

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Bekenntnis
 

Auf dem Rückweg steuert Ren das Krankenzimmer seiner Frau nicht auf direktem Weg an, sondern macht zusammen mit Rory einen Umweg über den Aufenthaltsraum der Stationsetage, wo die Anderen seit Stunden warten.

Inzwischen ist auch Rina zu ihnen gestoßen; mit rot geweinten Augen steht sie am Fenster und starrt in den beinahe unerträglich schönen, winterlichen Sonnenuntergang. Yukihito tritt gerade hinter sie, um sie flüsternd darauf aufmerksam zu machen, dass Ren gekommen ist. Zögernd dreht sie sich darauf zu ihm herum, den Kopf beschämt gesenkt.

„Es tut mir Leid“, flüstert sie mit belegter Stimme, „das wäre alles nicht passiert...“

„Mach dir keine Vorwürfe.“, unterbricht Ren sie nachdrücklich. „Wenn es danach ginge, könnten wir hier wahrscheinlich eine Art Wettbewerb starten. Es war einfach höhere Gewalt, dass du ausgerechnet jetzt krank geworden bist. Niemand kann dir da einen Vorwurf machen.

Kommen wir lieber zu den wichtigeren Dingen. Kyoko-chan ist vor einer guten halben Stunde aufgewacht und schläft jetzt.“

Rory lacht gedämpft. „Obwohl ich ihr durchaus zutrauen würde, dass sie extra noch mal kurz aufwacht, um zu überprüfen, ob Ren-kun wirklich essen gegangen ist.“

„Wieso?!“, fragt Sho verständnislos.

„Sag nicht, sie hat dich gleich deswegen zusammengefaltet, als sie aufgewacht ist?“, fragt Kanae stattdessen fassungslos.

„Doch, hat sie.“, seufzt Ren mit einem leicht schrägen Grinsen auf den Lippen. „Sie hatte kaum ihre Sinne beisammen, da kam auch schon die Frage, ob ich genug gegessen hätte. – Na ja, nicht gleich, erst wollte sie wissen, was passiert ist und dann, ob ich in Ordnung bin.“

Ausführlich berichtet er.

„Klingt zwar danach, dass sie schwer angeschlagen ist, aber immerhin auch ganz typisch Kyoko. So schlecht kann es ihr also auch wieder nicht gehen.“, überlegt Kanae sichtlich erleichtert, als er geendet hat.

„Wieso motzt sie ihn an, dass er mehr essen soll?“, fragt Sho leise in Kanaes Ohr und sieht sie dabei immer noch reichlich verständnislos an.

Kanae schaut ihm einen Moment in die Augen, dann winkt sie grinsend ab. „Erzähl ich dir später. Ich glaub, dafür sollte ich etwas weiter ausholen.“

Sho zuckt die Achseln und gibt sich vorerst damit zufrieden.

Die Anderen sind sich indessen einig, nach Hause zu fahren, denn selbst hier auf dieser vergleichsweise ruhigen Station hat sich herumgesprochen, dass sich etliche Prominente im Aufenthaltsraum befinden. In Sichtweite stehen jedenfalls ein paar kleine Grüppchen zumeist junger Menschen, die leise kichernd tuscheln und sie durch die Glassscheibe hindurch beobachten, freilich ohne sich näher heran zu trauen.

„Gut, dann setze ich mich jetzt mit der Krankenhausverwaltung wegen der Pressekonferenz zusammen.“, sagt Rory Takarada und deutet mit einer Kopfbewegung auf die neugierigen Grüppchen vor dem Aufenthaltsraum. „Und vielleicht sollten wir auch den Sicherheitsdienst verstärken, schließlich braucht Kyoko-chan im Moment vor allem eins: Ruhe.“

„Stimmt.“, meint Kurozaki nachdenklich. „Das bedeutet auch, dass ich den Kollegen mitteilen muss, von Besuchen, Anrufen oder Ähnlichem abzusehen.“

„Ja, richtig.“, nickt Ren. „Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. – Wie soll es jetzt überhaupt mit den Dreharbeiten weiter gehen?“

„Ich weiß es noch nicht genau.“, antwortet der Regisseur. „Kyoko-chan wird ja sicher mindestens vier Wochen ausfallen und auch dann wird sie die Schulter noch nicht voll belasten können. Das bedeutet, keine Stunts mehr. Glücklicherweise haben wir das Meiste ja schon im Kasten, der Rest müsste problemlos mit einer Stuntfrau zu drehen sein.“

„Am besten, Sie warten ein paar Tage ab, bis wir genauer wissen, wie lange Kyoko-chan ausfällt. Außerdem ist es in diesem Fall wohl günstig, dass sich die Gemüter erst mal wieder beruhigen, bevor Sie weiter drehen.“, schlägt Takarada vor.

„Ja, das wäre wohl angebracht. Außerdem nehme ich an, dass Ren-kun vorerst ebenfalls nicht verfügbar sein wird.“, fügt der Regisseur mit fragendem Blick hinzu.

Ren nickt seufzend. „Mein Platz ist jetzt hier.“, sagt er fest. „Diese Woche werde ich auf keinen Fall mehr irgendwelche Termine wahrnehmen. – Außer der Pressekonferenz morgen.“

„Gut, das ist dann wohl mein Stichwort.“, stellt Yukihito fest. „Ich und Rina werden uns an die Telefone hängen und eure Termine absagen. Ist es in Ordnung, wenn wir das erstmal für die nächsten zwei Wochen tun? In ein paar Tagen sehen wir dann weiter; und was die Dreharbeiten betrifft, da können wir uns ja auch kurzfristig absprechen.“

Kurozaki nickt bestätigend und Ren brummt ein resignierendes „In Ordnung“.

Der junge Regisseur sieht kurz auf seine Armbanduhr. „Gut, dann werde ich mich an dieser Stelle verabschieden; ich denke, ich habe heute noch eine Menge zu tun. Wäre es dir recht, wenn ich dich irgendwann morgen Abend noch mal anrufe, Ren-san?“

„Kein Problem.“, sagt dieser und fügt noch hinzu: „Falls ich dann gerade nicht abnehmen kann, rufe ich Sie sobald wie möglich zurück.“

„Oh, ja, natürlich. – Bis dann.“ Kurozaki verbeugt sich kurz und macht sich dann auf den Weg.

„Tja, ich geh auch zurück.“, meint Ren, als der Regisseur fort ist. Seufzend greift er in seine Hosentasche und gibt Yukihito seinen Schlüsselbund. „Der kleine am Rand ist der für den Safe“, erklärt er, „die für die Wohnung kennst du ja. – Du könntest mir die Drehbücher auf dem Wohnzimmertisch mitbringen und das Nötigste aus dem Bad; du weiß schon, Zahnbürsten und so was.“

„In Ordnung“, antwortet Yukihito und holt etwas von einem der Stühle. „Hier ist ein Mantel für dich. Brauchst du vielleicht noch was für heute Nacht?“

„Ich denke nicht“, überlegt Ren, „ich werde wahrscheinlich sowieso kein Auge zu kriegen. Aber einen Block und Stifte könntest du mir noch mitbringen, dann kann ich mir Notizen für die Pressekonferenz machen. Ich glaube, in der Küche findest du was Entsprechendes.“

„Gut, dann machen wir uns jetzt auf den Weg.“, verkündet der junge Manager und verbeugt sich kurz. Resolut nimmt er Rina an die Hand und verlässt mit ihr die Station.

Auch Ren verabschiedet sich knapp und begibt sich zurück in Kyokos Krankenzimmer.

„Was wird denn morgen bei der Pressekonferenz ablaufen?“, fragt Sho neugierig, während er ihm noch hinterher sieht.

„Natürlich geht es in erster Linie darum, die Öffentlichkeit über Kyoko-chans gesundheitlichen Zustand aufzuklären, aber Ren-kun will auch reinen Tisch machen.“, antwortet Takarada ernst. „Tabula rasa, sozusagen. Du wirst ja sicher mitgekriegt haben, dass er und Kyoko-chan schon seit einiger Zeit verheiratet sind.“

„Ja, habe ich“, gibt der junge Sänger ein wenig zerknirscht zurück. „wenn auch erst heute. Wahrscheinlich war ich so ziemlich der Letzte, der es geschnallt hat.“

„Och, nö, eigentlich nicht“, widerspricht Kanae kichernd, „Kurozaki-san war da auf jeden Fall später dran als du. Und da draußen wissen es ja auch nicht besonders viele Leute.“

„Na ja, auch egal.“, meint Sho achselzuckend. „Wahrscheinlich hab ich’s sogar verdient. – Aber mal ernsthaft, will er wirklich so eine Art öffentliche Beichte ablegen?“ Rory nickt ernst. „Dann sollten wir morgen vielleicht auch hier sein, um ihn notfalls unterstützen zu können.“ Mit gerunzelter Stirn sucht der junge Sänger Kanaes Blick, die ihn zunächst nur höchst verwundert anschaut.

„Was ist denn mit dir passiert?!“, fragt sie schließlich mit großen Augen.

„Ich... Na ja“, stammelt Sho verlegen, „es tut mir halt Leid. Ich... Wenn ich was für Kyoko-chan tun kann, dann mach ich das auch.“

„Das hört man doch gern.“, findet Kanae mit immer noch überraschter Anerkennung in der Stimme. „Anscheinend besteht ja doch noch Hoffnung für dich.“

Sho lässt ihren milden Spott kommentarlos über sich ergehen und sieht stattdessen den LME-Chef fragend an.

„Hm, möglicherweise gar keine so dumme Idee“, gibt Rory zu, „auch wenn ich eigentlich zuversichtlich bin, dass Ren-kun die richtigen Worte finden wird, so entschlossen wie er ist. – Allerdings ist er möglicherweise ein bisschen ... hm ... übermotiviert. Er würde notfalls wahrscheinlich soweit gehen, seine Karriere als Schauspieler an den Nagel zu hängen. Und, um ehrlich zu sein, würde ich ungern mein bestes Pferd im Stall verlieren.“

„Aber...“, beginnt Sho fassungslos.

„Oh, keine Sorge“, unterbricht ich Kanae knurrend, „finanziell bedeutet das keinen allzu großen Schaden für ihn. Kyoko-chan wird also nicht am Hungertuch nagen müssen. – Aber natürlich würde das auch Kyoko-chans Karriere in Mitleidenschaft ziehen...“

„Na ja, malen wir mal nicht den Teufel an die Wand. Schließlich haben wir in dieser Sache ja PR-technisch schon ein bisschen vorgearbeitet.“, wendet Rory Takarada beinahe schon optimistisch ein. „Wenn ihr meint, kommt morgen ruhig vor der Pressekonferenz her; allerdings denke ich, dass ihr auch später noch helfen könnt, falls es wirklich schlecht laufen sollte. Ich rufe dich an, wenn ich die genaue Zeit weiß, Kanae-chan. Es wird irgendwann morgen Nachmittag sein.“

„Na gut. – Machen wir es so.“, stimmt Kanae lächelnd zu. „So und jetzt machen wir beide, dass wir hier raus kommen, bevor das Gebäude von Fans und Reportern umstellt wird. Heute hab ich nämlich absolut keine Lust mehr auf neugierige Fragen.“

„Ich auch nicht.“, bestätigt Sho seufzend. „Ehrlich gesagt, steckt mir der Schreck immer noch in den Knochen.“

„Jepp.“, sagt Kanae und Rory nickt ernst.

Schnell haben sich die beiden jungen Leute verabschiedet und gehen, ebenso wie Rory Takarada, ihrer Wege.
 

Als Ren das Krankenzimmer seiner Frau wieder betritt, schläft sie tief und fest. Vorsichtig tritt er ans Bett und streicht ihr sanft über die Wange, während seufzend ein leichtes Lächeln über seine Lippen huscht.

„Ich bin so froh, dass du lebst.“, flüstert er. „Werd schnell wieder gesund, Hime-chan.“

Tief durchatmend legt er seinen Mantel auf das Bett, das ihm die Schwestern zusätzlich ins Zimmer gestellt haben und setzt sich dann neben Kyoko in den dort stehenden Sessel, von wo er eine Weile einfach nur erleichtert beobachtet, wie ihr Brustkorb sich gleichmäßig hebt und senkt.

Ganz allmählich bekommt er wieder Ordnung in seine Gedanken und die Rastlosigkeit, die ihn den ganzen Tag im eisernem Griff hatte, löst sich langsam in liebevolle Fürsorge auf, während die Angst um seine Frau nach und nach immer weiter in den Hintergrund tritt. Es dauert nicht lange, dann ist er eingenickt.
 

Ein leises Stöhnen weckt ihn schließlich wieder. Hektisch öffnet er die Augen und bemerkt, dass Kyoko aufgewacht ist. Ächzend bewegt sie den Kopf, um sich ein wenig im Zimmer umzuschauen.

„Übertreib es lieber nicht.“, meint Ren leise. „Deine Kopfschmerzen werden sicher nicht besser, wenn du dein Gehirn so durchschüttelst.“ Leise lachend legt er eine Hand an ihre Wange, um sie sanft zu stoppen.

„Ich hab doch nur versucht, mich umzusehen.“, protestiert sie heiser.

„Das war trotzdem keine so gute Idee.“, findet Ren und streichelt besänftigend über ihre Hand. „In deinem Kopf geht noch alles durcheinander, am besten versuchst du, bis auf weiteres einfach nur möglichst ruhig zu liegen.“

„Ich glaub, ich hasse Gehirnerschütterungen.“, seufzt sie leise.

„Das kann ich durchaus nachvollziehen.“, meint Ren mit einem schrägen Grinsen. „Hast du Schmerzen?“

„Es geht.“, antwortet Kyoko und verzieht den Mund ein wenig. „Jedenfalls wenn ich mich nicht bewege. Mein Schädel dröhnt, als würden Lastwagen durchfahren, ... aber ich meine, mir wäre wenigstens ein bisschen weniger schwindelig.“

„Das ist doch schon mal ein Fortschritt.“, findet Ren. „Alles andere wird noch werden, ist nur eine Frage der Zeit.“

„Genau das fürchte ich auch.“, vermutet Kyoko missmutig. „An Arbeit wird wohl in nächster Zeit nicht zu denken sein... Wie langweilig...“

Ren schüttelt lächelnd den Kopf. „Natürlich nicht. Die Termine sind erstmal für die nächsten zwei Wochen gecancelt; danach werden wir weitersehen. Allerdings wirst du wahrscheinlich schon froh sein, wenn du dich wieder einigermaßen normal bewegen kannst. Noch wirkt die Narkose nach und du hast auch noch einiges an Schmerzmitteln intus. Das Schädelbrummen ist eigentlich nur der Anfang, die Schulter wird dir höchstwahrscheinlich noch eine ganze Weile zu schaffen machen. Bitte, lass es langsam angehen, dein Körper braucht Zeit, um sich zu erholen, Hime-chan.“ Mit einem tiefen Seufzen senkt er den Kopf. „Und bitte, Hime-chan, jag mir nie wieder so einen furchtbaren Schrecken ein!“, sagt er leise. „Ich dachte, mein Herz bleibt stehen, als ich dich da im Theater blutend am Boden liegen sah.“

„Tut mir Leid, dass ich dir Sorgen mache, Koon“, gibt Kyoko beinahe flüsternd zurück, „aber ich konnte doch nicht zulassen, dass er dich erschießt. Für was anderes war keine Zeit...“

„Entschuldige dich nicht dafür“, sagt Ren, „ ich sollte mich entschuldigen. Meine Augen waren nämlich nicht da, wo sie hätten sein sollen.“

Kyoko seufzt schwer. „Ich glaube, diese Diskussion führt zu nichts... Was ist eigentlich danach passiert? Ich meine, nachdem ich sozusagen k.o. war?“

Ren schüttelt fassungslos den Kopf. „Also wirklich, Kyoko, ‚k.o.’ ist die Untertreibung des Jahrhunderts! - Wir haben uns zusammengetan und das Kinotheater abgesucht. Ich... Na ja, die Kurzfassung ist, dass ich ihn erwischt und mit Sho schließlich der Polizei übergeben hab. Mittlerweile haben sie ihn in eine geschlossene Anstalt gebracht. Je nachdem, wie das Gutachten über ihn ausfällt, wird entweder Anklage erhoben oder er wird entmündigt und bekommt einen amtlich bestellten Vormund. Takarada-san kümmert sich darum, dass die Sache nicht unter den Tisch gekehrt wird. Jedenfalls brauchst du dir seinetwegen keine Gedanken mehr machen.“

„Aha.“ Kyoko überlegt einen langen Moment und mustert Ren dann für eine Weile eindringlich. „Du hast ihn verprügelt, oder?“, fragt sie schließlich leise seufzend.

Ren schreckt unwillkürlich auf. „Woher...?“, stammelt er verblüfft und atmet dann kräftig aus. „Nur ein bisschen.“, gibt er leise zu. „Sho-kun hat mich von Schlimmerem abgehalten.“

Eigentlich findet Kyoko, dass sie wenigstens etwas mit ihrem Mann schimpfen sollte, doch sie kann sich ein Grinsen einfach nicht verkneifen. „Sieh an“, sagt sie leise kichernd – und verzieht unmittelbar darauf das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse. „ist der Tunichtgut doch zu was zu gebrauchen.“ Trotz der Schmerzen, die selbst das leiseste Lachen offensichtlich verursacht, kann sie nicht ganz damit aufhören. „Er hat ihn übrigens auch schon mal ‚ein bisschen’ verprügelt. Damals in Karuizawa. – Scheint nicht viel genützt zu haben.“

„Nun, bei ihm hat er vermutlich auch nicht winselnd auf den Knien gelegen.“, rutscht es Ren unvermittelt raus. Peinlich berührt schließt er die Augen und senkt stöhnend den Kopf.

Kyoko sieht ihn einen Moment lang mit offenem Mund an ... und beginnt dann erneut zu kichern. Allerdings nicht lange, denn die Schmerzen, die die kleinen Erschütterungen dabei in ihr auslösen, lassen sie unwillkürlich aufschreien.

„Au, verdammt!“, flucht sie gequält und schon die Lautstärke ihrer eigenen Stimme verstärkt die Schmerzen noch zusätzlich. Mühsam gedämpft setzt sie hinzu: „Scheiße, tut das weh!“

Ren sieht seine Frau an, als frage er sich, ob sie vielleicht einfach zu viele verschiedene Medikamente bekommen hat. „Bitte, hör endlich auf zu lachen! - Sonst hol ich die Schwester!“, droht er besorgt.

Die Schmerzen jedoch haben Kyoko ohnehin schon wieder zur Raison gebracht. „Ich glaub, das lässt sich eh nicht mehr verhindern.“, meint sie ächzend. „Die Schmerzen in der Schulter waren schon vor dem Lachanfall schlimmer. Ich glaub, von dem Narkosemittel ist jetzt endgültig nichts mehr in meinem Körper.“

Stirnrunzelnd klingelt Ren nach der Schwester.
 

„Die Schmerzen sind stärker geworden, nicht?“, sagt die Stationsschwester mit einem leicht besorgten Lächeln im Gesicht, als sie das Zimmer betritt. „Ich habe mich schon gewundert, warum sie nicht eher geklingelt haben, Mogami-san.“ Sie hat eine fertig aufgezogene Spritze in der bereits behandschuhten Hand und entfernt rasch den Schlauch zum Tropf, um Kyoko die durchsichtige Flüssigkeit direkt über die Kanüle in den Arm zu spritzen.

„Sie hat geschlafen.“, erklärt Ren unaufgefordert.

„Oh, das ist gut.“, meint die Schwester zufrieden. „Am besten machen Sie damit auch gleich weiter, Mogami-san, es ist sowieso schon längst dunkel draußen, Sie hatten unzweifelhaft einen reichlich anstrengenden Tag und der Blutverlust, den Sie bei der Operation hatten, will auch erst ausgeglichen werden. Rufen Sie mich, wenn Sie mich brauchen!“ In der Zwischenzeit hat sie den Schlauch wieder in die Kanüle gesteckt und schickt sich an, das Zimmer wieder zu verlassen.

„Oh, bevor ich es vergesse“, fügt sie beim Hinausgehen noch hinzu, „das Schmerzmittel hat auf die meisten Patienten einen leicht sedierenden Effekt, wundern Sie sich also nicht, wenn Sie plötzlich sehr müde werden. Das ist völlig normal.“
 

„Apropos“, meint Kyoko stirnrunzelnd, als sie fort ist, „du siehst auch müde aus.“

„Ich sehe immer noch besser aus als du.“, kontert Ren grinsend. „Jedenfalls im Moment.“

„Tja, da müssen wir dann wohl beide durch.“, grinst Kyoko zurück. Dann seufzt sie leise. „Ich hoffe, ich habe die anderen nicht zu sehr erschreckt.“

„Es ist wohl kaum dir anzulasten, dass sich jetzt alle Sorgen um dich machen.“, findet Ren. „Ich soll dir übrigens gute Besserung von allen bestellen. – Ach und morgen wird irgendwann dein Großvater vorbeikommen, um zu sehen, wie es dir geht. Ich finde, die fünf Minuten sollten wir dem alten Herrn ruhig zugestehen, auch wenn Besuch sonst wirklich noch nicht das Richtige für deinen armen, geschundenen Kopf ist.“

„Na gut. Ich hoffe, er ist nicht enttäuscht, ich gebe bestimmt nicht gerade eine repräsentable Figur ab...“, seufzt Kyoko.

„Mach dir doch nicht über so einen Unsinn Gedanken! Er ist froh, dass du lebst.“, antwortet Ren ein wenig aufgebracht.

„Du, ... Koon...?“, beginnt Kyoko langsam.

„Ja, was denn, Hime-chan?“

„Ich glaub, die Schwester hat Recht.“

„Hm?“

„Ich bin schrecklich müde...“ Kyokos Stimme ist deutlich leiser geworden.

„Dann schlaf doch.“, meint Ren lächelnd. „Ich bleibe die ganze Nacht hier.“

„Dann ist ja gut.“, lallt Kyoko noch schleppend, dann fallen ihr auch schon die Augen zu.

„Schlaf dich gesund, Hime-chan.“ Liebevoll streicht Ren seiner Frau eine widerspenstige Strähne aus der Stirn, dann lehnt er sich zurück in den Sessel und brütet darüber nach, was er morgen bei der Pressekonferenz sagen will...
 

Nervös zupft Ren sein Jackett nun zum dritten Mal in den letzten zwei Minuten zurecht, während er angespannt hinter der Stellwand darauf wartet, dass Dr. Ito mit ihren Ausführungen fertig wird.

„Atme ein paar Mal tief durch.“, rät Yukihito neben ihm. „Das hilft sicher.“

Seufzend tut der junge Schauspieler genau das, wenn auch mit wenig Erfolg.

„Ich wünschte, ich hätte es schon hinter mir.“, murmelt er.

„Wir können auch Kanae und Sho dazuholen. Die Beiden sind fest entschlossen, dich und Kyoko-chan zu unterstützen.“, meint sein Betreuer.

Ein leises Lächeln huscht über Rens Gesicht. „Nein, schon gut, ich denke eigentlich, dass ich klar komme. Irgendwie finde ich auch, dass es meine Aufgabe ist.“

„Wie du meinst.“ Yukihito lächelt ihm aufmunternd zu. „Du bist ja erfahren genug mit der Presse.“

Von der Seite kommt leise Rory Takarada auf die Beiden zu – heute schon wieder verstörend normal gekleidet, allerdings ein wenig legerer als gestern.

„Dr. Ito ist gleich fertig“, flüstert er Ren zu, „halt dich bereit. Sie wird dich ansagen; sie meint, das würde viel natürlicher und selbstverständlicher wirken, als wenn ich jetzt noch vor die Kameras trete.“

Ren nickt nur stumm.

Draußen kommt die Ärztin tatsächlich gerade zum Schluss, was zur Folge hat, dass das Blitzlichtgewitter noch einmal deutlich aufflammt.

„...dann danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und verabschiede mich an dieser Stelle von Ihnen. Allerdings bitte ich Sie noch einen Moment zu bleiben, denn Ren Tsuruga hat Ihnen noch etwas mitzuteilen.“, sagt sie und verbeugt sich leicht, bevor sie ihre Unterlagen aufnimmt und den Platz an dem kleinen Stehpult für Ren freimacht.

Mit ernster Miene kommt der junge Schauspieler nun nach vorn und wartet, bis die Fotografen mit dem ersten Blitzlichtansturm fertig sind und nach dem verblüfften Gemurmel wieder Ruhe eingekehrt ist. Ein wenig umständlich räuspert er sich dann und wirft einen Blick in die Runde der neugierigen Reporter, um sich deren ungeteilte Aufmerksamkeit zu sichern.

„Einen guten Tag Ihnen allen.“, beginnt er schließlich lächelnd. „ Meiner ist immerhin besser als der gestern.“

Aus dem Saal antwortet ihm vereinzeltes Lachen.

„Eigentlich wollte ich das Folgende noch eine Weile für mich selbst behalten, bevor ich es der Öffentlichkeit verkünde“, fährt er ernster fort, „allerdings weiß ich inzwischen, dass da draußen mittlerweile die wildesten Gerüchte kursieren und daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, einige Dinge klarzustellen.

Das Wichtigste zuerst: Kyoko Mogami und ich sind seit über einem Vierteljahr glücklich verheiratet.“

Augenblicklich herrscht aufgeregtes Durcheinander im Saal, während das Blitzlichtgewitter postwendend geradezu blendende Ausmaße annimmt. Trotzdem scheint Ren Tsuruga vollkommen ungerührt.

„Warum haben Sie die Öffentlichkeit so lange in die Irre geführt?“, kommt durchdringend die Frage aus der Mitte der tuschelnden Journalisten.

Ren wartet noch einen Moment, bis es wieder ruhiger ist, dann seufzt er leise.

„Nun, zum Teil hat das ein ganz egoistisches Motiv“, gibt er offen zu, „ich wollte die Beziehung zu meiner Frau noch ein Weilchen ganz für mich allein genießen dürfen, ohne öffentliche Beobachtung, ohne öffentliche Kommentare. Ich wollte sie schlichtweg wenigstens noch eine zeitlang für mich allein haben, zumal bei uns beiden freie Zeit ohnehin sehr knapp bemessen ist. Ich denke, das wird jeder nachvollziehen können, der schon einmal ernsthaft verliebt war. Sie alle wissen, wie es in unserem Geschäft zugeht und dass weder Fans noch Medien vor dem Privatleben eines Schauspielers halt machen, wenn es so interessante Nachrichten gibt.

Außerdem steht meine Frau gerade erst am Anfang ihrer Karriere und ich wollte ihr nicht zumuten, ständig nur als ‚Frau von Ren Tsuruga’ bezeichnet zu werden. Das hat sie nicht verdient, denn sie nimmt ihren Beruf nicht nur ausgesprochen ernst und versucht stets, Höchstleistungen zu bringen, sie ist dabei auch noch außerordentlich begabt.

Und es gab noch einen anderen Aspekt bei der Entscheidung. Es gab - und gibt – unter den Fans leider immer wieder solche, die meinen, ein Anrecht auf das Privatleben ‚ihres’ Stars zu haben und sich herausnehmen, die Partnerwahl von Unsereinem nicht nur bezweifeln und verurteilen zu dürfen, sondern auch noch glauben, schon fast illegale Maßnahmen ergreifen zu dürfen, um einen nicht akzeptierten Partner von ihrem auserwählten Idol zu trennen. – Lassen Sie sich gesagt sein, dass wir – trotz größstmöglicher Diskretion – etliche solcher Vorfälle erleben mussten. Was glauben Sie also, was passiert wäre, wenn unsere Beziehung gleich von Anfang an bekannt gewesen wäre und diese Leute nicht nur vage Vermutungen in der Hand gehabt hätten?

Ich will hier nicht ins Detail gehen, denn ich weiß, dass die weitaus größte Anzahl Fans niemals auf die Idee kommen würde, solches Tun auch nur in Erwägung zu ziehen. Einen nicht unbeträchtlichen Teil unserer Arbeit machen wir beide schließlich praktisch ausschließlich für unsere Fans ... und wir tun es ausgesprochen gerne; immerhin sind im Gegenzug sie es, die uns zu den größten Erfolgen verhelfen ... und mitunter zu sehr interessanten, inspirierenden Begegnungen.

Wissen Sie, was meine Frau gestern gesagt hat, als Narkose und Schmerzmittel in ihrer Wirkung nachgelassen haben und sie zum ersten Mal das ganze Ausmaß ihrer Schmerzen zu spüren bekam? Sie hat es bedauert, dass sie die nächsten Wochen nicht wird drehen können.“

Es ist ziemlich still geworden im Saal und Ren atmet heimlich ein wenig auf.

„Was ist denn gestern eigentlich genau passiert?“, fragt einer der Reporter neugierig.

Ren schließt für einen winzigen Moment die Augen und muss tief Luft holen, bevor er ernst das Wort ergreift.

„Wie Sie ja vorhin schon von Dr. Ito gehört haben wurde sie von einem verrückten Stalker angeschossen, als wir gestern mit der Filmcrew von ‚Crazy Alliance’ eine Location besichtigt haben. Was Dr. Ito nicht gesagt hat, ist, dass der Mann eigentlich auf mich schießen wollte und meine Frau das verhindert hat, indem sie mich aus der Schusslinie geworfen und sich selbst dabei in höchste Gefahr gebracht hat. Sie hat mir damit ohne jeden Zweifel das Leben gerettet.“

Bestürzt schnappen etliche Leute im Publikum nach Luft, andere tuscheln gedämpft miteinander und viele machen eilig Notizen.

„Wurde der ... Attentäter gefasst?“, kommt es schließlich aus der dritten Reihe.

„Ja“, bestätigt Ren so sachlich wie möglich, „nur Minuten nach der Tat. Soweit mir bekannt ist, wurde er zunächst in eine geschlossene psychiatrische Anstalt eingewiesen. Um alles weitere werden sich die Gerichte kümmern, denke ich.“

„Wie geht es Mogami-san jetzt?“, will eine Journalistin wissen „Ich meine Sie waren doch sicher bei ihr.“

„Natürlich!“, gibt Ren nachdrücklich zurück. „Nichts hätte mich davon abgehalten, meiner Frau beizustehen, wenn sie mich am meisten braucht. – Wie soll es ihr gehen? Sie schlägt sich tapfer, aber sie ist so schwer angeschlagen, dass sie sich trotz der Schmerzmittel kaum bewegen kann, ohne dass es ihr echte Qualen bereitet. Und dabei geht es ihr schon erheblich besser als gestern Abend.“ Seufzend senkt er den Kopf. „Glauben Sie mir, ich würde nichts lieber tun, als ihr das abzunehmen.“

„Himmel, das ist wirklich keine PR-Beziehung!“, entfährt es einer älteren Reporterin aus der ersten Reihe entgeistert in die betroffene Stille hinein. „Er liebt sie ja tatsächlich!“

Ren schaut sie einen Moment lang fassungslos an.

„Natürlich liebe ich meine Frau, sonst hätte ich sie gar nicht erst geheiratet.“, gibt er empört zurück. „Es gibt überhaupt keine Worte, die beschreiben könnten, wie viel sie mir bedeutet; ich würde mein Leben für sie geben! – Und ob Sie mir nun glauben oder nicht, wird auch nicht das Geringste daran ändern ... und keine Macht der Welt wird mich davon abhalten können, sie so zu lieben, wie sie es verdient hat.“

Es ist so still geworden, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte, fast scheint es, als haben die Leute sogar die Luft angehalten.

„Da es keine weiteren Fragen zu geben scheint, entschuldigen Sie mich bitte.“, sagt Ren schließlich leise in die Stille hinein. „Ich würde mich jetzt gerne wieder um meine Frau kümmern, das hat für mich im Moment einfach oberste Priorität.“ Er verbeugt sich tief und geht langsam auf die Stellwand hinter dem Rednerpult zu, hinter der er schließlich verschwindet.
 

Ren holt tief Luft und pustet sie seufzend wieder aus, als er endlich aus dem Fokus der Presseleute ist. Mehrere Hände schlagen anerkennend auf seine Schultern und Oberarme, während erleichterte Glückwünsche auf ihn einprasseln. Sho pfeift gar durch die Zähne und Kanae hat kleine Tränen der Rührung in den Augenwinkeln.

Draußen im Saal haben indessen die Leute wieder angefangen, angeregt zu diskutieren und man hört etliche Reporter bereits lautstark mit ihren Redaktionen telefonieren.

Auch Rory Takarada atmet hörbar auf. Kurzerhand nimmt er Ren in die Arme und drückt ihn väterlich an sich. „Ich glaube, das ist ganz gut gelaufen.“, sagt er ihm ins Ohr. „Jetzt müssen wir einfach abwarten, wie sich die Sache weiter entwickelt.“
 

An anderer Stelle in der Klinik fließen heiße Tränen lautlos die Wangen einer jungen Schauspielerin hinab und versickern feucht in einem blütenweißen Kissen, während besagte junge Frau unwillkürlich das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse verziehen muss.

Bestürzt schaut die freundliche Lernschwester Kyoko an und hat binnen Sekunden selbst Tränen in den Augen. Als die junge Schauspielerin zum wiederholten Mal unter Tränen aufstöhnt, klingelt die Lernschwester verzweifelt nach der Stationsschwester, die auch kurz darauf im Zimmer erscheint.

Ein Blick auf Kyoko und den eingeschalteten Fernseher sagen der erfahrenen Schwester alles.

„Himmel, Mariko, was machst du denn?“, schimpft sie verhalten mit der Lernschwester. „Mogami-san hat eine schwere Gehirnerschütterung, Fernsehen ist da das reinste Gift!“

„Aber...“, stammelt die junge Frau hilflos, „Ich... Ich dachte, es wäre schön, wenn sie ihren Mann bei der Pressekonferenz sehen könnte, ... wenn sie schon nicht dabei sein kann...“

„Mariko-chan“, erklärt die Stationsschwester tadelnd, „Mogami-san hätte nicht mal von der Pressekonferenz erfahren sollen. Sie soll sich möglichst wenig aufregen. Du siehst doch, was dann passiert. Ihr Kopf muss ja jetzt entsetzlich dröhnen.“

Kopfschüttelnd lässt sie die junge Schwester einfach stehen und wendet sich Kyoko zu. Vorsichtig berührt sie ihr Gesicht und betrachtet die junge Frau eingehend, die ihren Tränenfluss inzwischen wieder einigermaßen im Griff hat, was allerdings nicht das Geringste an ihren hämmernden Kopfschmerzen ändert.

„Schimpfen Sie nicht zu sehr mit ihr“, sagt Kyoko leise, „ich hätte es auch besser wissen müssen.“ Erneut ächzt sie gequält.

„Lassen Sie das meine Sorge sein.“, erwidert die Stationsschwester lächelnd. „Ich werde ihr schon nicht den Kopf abreißen. – Aber Ihnen werde ich jetzt vermutlich eine ordentliche Dosis Beruhigungsmittel verpassen müssen. Am besten, ich rufe gleich Dr. Ito deswegen an.“

Kyoko beherrscht sich mühsam, mit dem Kopf zu schütteln. „Das wird nicht nötig sein.“, sagt sie stattdessen leise. „Ich... Ich war nur so gerührt. Ich hab das jetzt wieder unter Kontrolle, ich denke, es reicht, wenn ich ein Kühlpack bekommen kann.“

„Na gut, wie Sie meinen“, lenkt die Schwester ein, „dann versuchen wir es erstmal damit.“ Mit einer strengen Geste veranlasst sie die Lernschwester, sich zu beeilen, ein Kühlkissen zu besorgen. „Aber bitte versprechen Sie mir, mich zu rufen, wenn das nicht reicht! Es ist nicht nötig, dass Sie hier die tapfere Heldin spielen.“

„Versprochen.“, antwortet Kyoko mit einem dankbaren Lächeln.
 

Als Ren ein paar Minuten später zurückkommt, erblickt er als Erstes das Kühlkissen auf Kyokos Kopf, dann ihre immer noch leicht geröteten Lidränder und ihr beinahe erleichtertes Lächeln. Sie hat fast schon entspannt die Augen geschlossen.

„Was ist los?“, fragt Ren in einer Mischung aus Besorgnis und Neugier.

Leise seufzend öffnet Kyoko die Augen und antwortet lächelnd: „Es ist tatsächlich schön, wenn der Schmerz nachlässt.“

Ren ist augenblicklich alarmiert „Was ist passiert?!“, fragt er streng.

„Ich hab die Pressekonferenz gesehen.“, gibt sie ohne Umschweife zu. „Jedenfalls den letzten Teil davon.“

„Was?!“, entfährt es Ren entsetzt.

„Schon gut, Koon. Ich hab mich nicht wirklich aufgeregt; nur ein bisschen geweint vor Rührung.“, erklärt sie lächelnd, während sie wieder die Augen schließt und die Kühle auf ihrem Kopf intensiv genießt. „Du hast mir wirklich schon viele schöne Liebeserklärungen gemacht“, sagt sie grinsend, noch immer mir geschlossenen Augen, „aber die hier gehört eindeutig zu meinen Favoriten.“

„Die größte Liebeserklärung, die du mir je gemacht hast, war, dich statt meiner in die Schusslinie zu werfen.“, antwortet Ren beinahe heiser. „Aber so eine Liebeserklärung möchte ich trotzdem nie wieder von dir bekommen, Hime-chan.“

Kyoko öffnet die Augen wieder und sieht ihren Mann liebevoll an. „Du weißt, dass ich dir das nicht versprechen kann, nicht? In einer ähnlichen Situation würde ich wahrscheinlich wieder genauso handeln. Schon allein, weil gar keine Zeit zum Nachdenken ist. – Aber ich verspreche, mir Mühe zu geben. – Allerdings wäre es wohl besser, wenn ich gar nicht mehr in die Verlegenheit käme...“

„Das wäre allerdings wirklich das Beste.“, stimmt Ren lächelnd zu und küsst Kyoko sanft auf die Wange.

Rückkehr in ein neues Leben

"...........“ = wörtliche Rede

>.........< = Gedanken

kursive Worte sind betont
 

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„Die größte Liebeserklärung, die du mir je gemacht hast, war, dich statt meiner in die Schussbahn zu werfen.“, antwortet Ren beinahe heiser. „Aber so eine Liebeserklärung möchte ich trotzdem nie wieder von dir bekommen, Hime-chan.“

Kyoko öffnet die Augen wieder und sieht ihren Mann liebevoll an. „Du weißt, dass i ch dir das nicht versprechen kann, nicht? In einer ähnlichen Situation würde ich wahrscheinlich wieder genauso handeln. Schon allein, weil gar keine Zeit zum Nachdenken ist. – Aber ich verspreche, mir Mühe zu geben. – Allerdings wäre es wohl besser, wenn ich gar nicht mehr in die Verlegenheit käme...“

„Das wäre allerdings wirklich das Beste.“, stimmt Ren lächelnd zu und küsst Kyoko sanft auf die Wange.

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Rückkehr in ein neues Leben
 

Zehn Tage später ist es dann soweit, Kyoko darf endlich wieder nach Hause. Sie kann es kaum erwarten, den eintönigen Klinikalltag ebenso hinter sich zu lassen wie den beißenden Geruch der Desinfektionsmittel, von dem sie mittlerweile glaubt, ihn kaum jemals wieder vollständig aus der Nase zu bekommen. Zufrieden seufzend lässt sie sich von Ren in den Kimono helfen, den er ihr kurz nach der Hochzeit geschenkt hatte.

Behutsam wickelt Ren dann den Obi um Kyoko und bindet mit scheinbar geübten Handgriffen die Schleife in ihrem Rücken.

„Gut so oder zu fest?“, fragt er unsicher.

Kyoko bewegt sich vorsichtig hin und her. „Hm, nein, ist gut so.“ Lächelnd schaut sie ihren Mann an und schüttelt langsam den Kopf. „Dass du das überhaupt noch kannst!“

Ren zuckt grinsend die Achseln. „Ich hab mir vorsichtshalber noch mal die DVD angesehen, ich wollte schließlich so wenig an dir rumzupfen wie möglich, deine Schmerzen sind auch so noch groß genug.“

Kyoko winkt lächelnd ab. „Gegen letzte Woche ist das doch fast ein Spaziergang.“, meint sie und streicht beinahe liebevoll über das Drachenmuster auf dem magentafarbenen Obi.

„Es reicht sicher trotzdem.“, kontert Ren stirnrunzelnd.

„Na ja...“, seufzt Kyoko schulterzuckend. Plötzlich kommt ihr ein unangenehmer Gedanke. „Wenn ich allerdings daran denke, gleich in deinem Auto zu sitzen...“

Ren küsst sie lachend auf sie Stirn. „Glaubst du ernsthaft, ich fahre dich im Sportwagen nach Hause?!“, fragt er ein klein wenig empört. „Die Schüssel ist so hart gefedert, dass dir wahrscheinlich gleich die Wunden wieder aufreißen würden; mal abgesehen davon, dass du im Kimono da bestimmt nicht mal reinkommen würdest, ohne dir scheußlich wehzutun. - Nein, keine Sorge, Takarada-san schickt eine Limousine.“

Kyoko atmet unwillkürlich auf und Ren nimmt sie vorsichtig in die Arme.

„Ich kann dir unmöglich mehr Schmerzen zumuten als nötig.“, sagt er leise. „Ich hoffe nur, die Limousine wird von den Menschenmassen unten nicht so lange aufgehalten; es wird vermutlich gar nicht so einfach, da durch zu kommen.“

Kyoko schaut ihn skeptisch an. „So schlimm?!“

„Von dieser Gebäudeseite aus ist es nicht zu sehen, aber da draußen auf der Straße ist seit zehn Tagen die Hölle los. Es gibt sogar jede Nacht ein paar Leute, die vor der Klinik übernachten. Und seit sie wissen, dass du heute entlassen wirst, sind es noch mehr geworden.“

Kyokos Gesicht ist deutlich anzusehen, dass sie das nicht glaubt, doch sie haben keine Zeit mehr, darüber zu diskutieren, denn Dr. Ito betritt nach kurzem Anklopfen das Zimmer.

„Oh, wow!“, entfährt es der Ärztin mit einem breiten Lächeln, als ihr Blick auf Kyoko fällt. „Der Kimono steht Ihnen außerordentlich gut, Mogami-san.“ Für einen kurzen Moment zieht sie die Stirn ein wenig kraus. „Oder sollte ich lieber Hizuri-san sagen?“

„Ganz wie Sie wollen, Doktor.“, antwortet Kyoko lächelnd. „Danke. – Dabei dachte ich in erster Linie, dass der Kimono am schmerzärmsten an- und auszuziehen ist. Außerdem zwingt mich der Obi in eine sehr gerade Haltung.“

„Was zweifelsohne in Ihrem Fall auch genau das Richtige ist.“, stimmt Dr. Ito zu. „Aber es ist doch schön, wenn man auf die Art das Nützliche mit dem Schönen verbinden kann, finde ich. – Wem darf ich denn jetzt Ihre Papiere für den nachbehandelnden Arzt geben?“

„Geben Sie sie mir!“, antwortet Ren und nimmt den Umschlag dankend entgegen.

Dr. Ito greift mit der Rechten in ihre Kitteltasche und holt zwei Visitenkarten heraus, die sie Ren ebenfalls in die Hand drückt. „Dies hier ist die Nummer des Krankengymnasten, von dem ich Ihnen erzählt hatte und die andere ist die Karte von einem hervorragenden Akupunkteur. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht; bei vielen Patienten geht mit Hilfe der Akupunktur die Heilung wesentlich schneller und problemloser vonstatten ... und das liegt Ihnen ja besonders am Herzen.“

„Ja“, seufzt Kyoko tief, „ich würde gern so bald wie möglich wieder arbeiten.“

„Das ist mehr als verständlich“, meint die junge Ärztin freundlich, „aber bitte übertreiben Sie es nicht und fangen Sie nicht allzu früh wieder an, die Schulter voll zu belasten.“

„Machen Sie sich keine Gedanken, dafür werde ich schon sorgen.“, verkündet Ren bestimmt und sieht Kyoko streng an.

„Sie hören es.“, sagt die Junge Schauspielerin mit einem resignierenden Seufzen. „Und ich fürchte, er wird nicht mal der Einzige sein, der mich in nächster Zeit mit Argusaugen überwachen wird.“

„Worauf du dich verlassen kannst!“, meint Ren grinsend und küsst sie sanft auf die Schläfe. „Auch wenn dabei wohl keiner so gründlich sein wird wie ich, mein Herz.“

Das Klingeln seines Handys hält ihn vom Weiterflirten ab.

„Ja?“, fragt er in den Hörer. „Oh! ... M-hmm... - Warten Sie einen Moment!“ Ratlos sieht er seine Frau an. „Das ist der Fahrer. Er meint, die Tiefgarage ist überfüllt mit Reportern und Fans und es wäre praktisch unmöglich, irgendwo anzuhalten, wo wir mit einem einigermaßen kalkulierbaren Risiko einsteigen könnten. Jedenfalls nicht ohne Drängeln und Schubsen.“

„Wie sieht es am Haupteingang aus?“, will Kyoko wissen.

Ren stellt dem Fahrer die gleiche Frage. „Er sagt, auch da ist ziemlich viel los.“

„Hm, aber da kommt man mit dem Wagen sicher leichter durch.“, mischt sich Dr. Ito nachdenklich ein. „Außerdem stehen dort schon einige Polizeistreifen, die die Situation sicher unter Kontrolle haben. – Die haben bestimmt nicht damit gerechnet, dass die Leute sich auch in der Tiefgarage einfinden werden.“

„Vermutlich...“ Ren überlegt angestrengt, was sie jetzt tun sollen.

Kyoko seufzt leise. „Dann lass uns vorne rausgehen.“, sagt sie leise. „Yukihito und Rina sind doch sicher noch im Haus, oder?“

„Wahrscheinlich.“, mutmaßt Ren. „Sie wollten ja schließlich die Meute vor dem Haus ablenken, bis wir weg sind.“

„Dann ruf sie an.“, schlägt Kyoko vor. „Wenn wir die Beiden zusätzlich dabei haben, kommen wir sicherlich einigermaßen ungehindert ins Auto. – Außerdem können wir uns sowieso nicht ewig verstecken.“

„Ich hab auch eher Angst, dass sie dir zu nahe auf die Pelle rücken wollen.“, gibt Ren zu bedenken. „Ich hatte dir schon gesagt, dass die Reaktionen auf die Pressekonferenz in den letzten Tagen überraschend gut waren, um nicht zu sagen enthusiastisch.“

„Das stimmt.“, bestätigt Dr. Ito, nachdem sie Kyokos skeptischen Blick bemerkt hat. „Ich interessiere mich ja sonst nicht so fürs Feuilleton, aber in den letzten Tagen habe ich die Nachrichten verstärkt verfolgt. – Es wäre schon wichtig, dass jemand darauf achtet, dass niemand Sie anrempelt, auch nicht aus Versehen oder purer Begeisterung.“

„Da sind wir absolut einer Meinung.“, meint Ren ernst.

„Ja, aber zu Dritt müsste das doch zu machen sein.“, findet Kyoko. „Außerdem wird die Situation nicht dadurch besser, dass wir sie aufschieben. Und mal abgesehen davon will ich endlich nach Hause.“

Ren gibt sich geschlagen. „Na gut, ich rufe die beiden an.“ Dann nimmt er das Telefon wieder ans Ohr. „Entschuldigen Sie, dass Sie warten mussten.“, sagt er und erklärt dem Fahrer, wie sie weiter vorgehen wollen.
 

Eine gute halbe Stunde später sitzt das junge Ehepaar endlich in der LME-Limousine und ist auf dem Weg nach Hause. Die beiden Betreuer sind zurückgeblieben, um mit Rinas Wagen nachzukommen.

Kyoko atmet seufzend auf, während von Rens Schultern eine zentnerschwere Last zu fallen scheint. Die junge Schauspielerin wirft einen kurzen Seitenblick auf ihren Mann und muss plötzlich kichern.

„Komm schon!“, sagt sie und verzieht das Gesicht ein wenig, weil das Lachen ihr immer noch Schmerzen bereitet, wenn auch nicht mehr so stark wie noch vor einer Woche. „So schlimm war es nun auch wieder nicht. – Die meisten waren doch ganz nett.“

„Nett schon“, brummt Ren schlecht gelaunt, „aber extrem aufdringlich. Zwei Mal hätten sie dich beinahe übel angestoßen vor lauter Begeisterung, wenn Rina nicht rechtzeitig dazwischen gegangen wär. Und das, obwohl sie genau wissen , wie empfindlich deine Schulter noch auf jede Berührung reagiert!“, regt er sich auf.

Kyoko sieht ihn verständnislos an. „Woher sollten sie das denn wissen?“

Ren seufzt leise. „Hime-chan, das stand landesweit in praktisch allen Zeitungen. – Auch wenn wir dich die letzte Woche aus allem komplett raus gehalten haben - schließlich hatte die Ärztin dir absolute Ruhe verordnet – irgendwas mussten wir den Reportern ja bieten, damit sie wenigstens halbwegs Ruhe gegeben haben.“, erklärt er. „Du warst die letzten zehn Tage quasi eine Dauerschlagzeile.“

„Du meinst: wir.“, berichtigt Kyoko.

„Nein, unsere Beziehung war eigentlich nur drei Tage das Thema, danach ging es praktisch nur noch um deinen Gesundheitszustand.“, gibt Ren grinsend zurück. „Du wirst dich vor Interviewanfragen nicht retten können, wenn du wieder arbeiten darfst.“

„Oh...“

„Rina hat dir das Wichtigste zusammengestellt, was in den letzten Tagen veröffentlicht wurde, vielleicht solltest du dir in der nächsten Woche ein wenig Zeit nehmen, es durchzuarbeiten.“

„Na toll“, seufzt Kyoko, „eigentlich würde ich lieber drehen, als die vermutlich immer gleichen Fragen von Moderatoren und Journalisten zu beantworten.“

„Tja, dafür wirst du noch ein bisschen mehr Geduld brauchen.“, meint Ren streng. „Du hast Dr. Ito gehört, du sollst frühestens in drei Monaten wieder anfangen die Schulter zu belasten; die nächsten sechs Monate kannst du Stunts jedenfalls komplett vergessen. – Und du brauchst auch gar nicht anfangen zu schmollen oder einen Versuch starten, mir mit irgendwelchen fadenscheinigen Argumenten zu kommen. Kurozaki-san weiß es längst und hat sich darauf eingestellt, die fehlenden Szenen mit einer Stuntfrau zu drehen. Das ist alles auch überhaupt kein Problem, zumal wir ja ohnehin schon das Meiste im Kasten hatten. Du wirst nur noch ungefährliche, nicht allzu anstrengende Szenen drehen.“

„Manno, das ist so unfair!“, schmollt Kyoko resignierend. „Dabei hat das so einen Spaß gemacht...“

„Keine Sorge“, tröstet Ren sie lächelnd und drückt ihr einen Kuss auf die Wange, „das nächste Angebot für einen Actionfilm kommt bestimmt ... und dann darfst du dich auch wieder austoben.“
 

Kyoko ist – entgegen ihrer eigenen Erwartung – vollkommen fertig, als sie endlich in ihrer Wohnung ankommen. Ächzend lässt sie sich auf das große Sofa in "Rens" Teil der Wohnung sinken, um zunächst erstmal wieder zu Atem zu kommen ... und versucht dann vergeblich, die Beine hochzulegen.

„Lass mich dir doch helfen!“, meint Ren schmunzelnd. „Außerdem wird das ohne Kissen im Rücken sowieso nichts, jedenfalls nicht, ohne dass du dich dabei total verspannst im Rücken.“

Eilig holt er einige Kissen, um sie so zu platzieren, dass seine Frau es sich einigermaßen gemütlich machen kann.

„Willst du nicht lieber was Bequemeres anziehen?“, fragt er dann.

Kyoko überlegt einen Moment, dann nickt sie seufzend.

„Jogginganzug oder Yukata?“, will er wissen.

„Ich glaube, in einen Yukata komme ich leichter rein ... und auch wieder raus...“, überlegt Kyoko laut.

„Also Yukata.“, stellt Ren lächelnd fest. „Warte einen Augenblick, ich hole dir einen.“
 

Als es eine Viertelstunde später an der Tür klingelt, ist Kyoko gerade fertig umgezogen und sitzt reichlich erschöpft auf dem Sofa, eine weiche Decke über den Beinen und während Ren die Tür öffnet, lehnt sie sich seufzend zurück und schließt für einen Moment matt die Augen.

„War es so anstrengend?“, fragt Rina leise, als sie zu ihr ins Wohnzimmer kommt.

Kyoko öffnet lächelnd die Augen. „Es ging.“, sagt sie. „Das Schlimmste war, aus der Tiefgarage hier hoch zu kommen.“

„Ja“, bestätigt Ren düster, „und tragen war leider keine Option, das hätte ihr nur unnötig Schmerzen bereitet.“

„Tut mir wirklich Leid.“, meint Rina zerknirscht.

Kyoko winkt unwirsch ab. „Jetzt hör endlich auf, dich zu entschuldigen“, fordert sie leicht genervt, „schließlich hast ja nicht du mit einer Armbrust auf mich geschossen! – Und bitte auch kein ‚Aber’ mehr!“

„Wir haben euch übrigens was zu essen mitgebracht.“, wechselt Yukihito, der hinter sie getreten ist, das Thema. „Ich hoffe, Sushi ist dir recht, Kyoko-chan?“

„Mir ist alles recht.“, gibt Kyoko grinsend zurück. „Ich hab ja auch nicht wirklich Hunger. – Kein Wunder, schließlich tue ich seit über einer Woche auch nichts anderes, als unmotiviert rumzuliegen und alle anderen durch die Gegend zu scheuchen. Wovon sollte ich also hungrig sein?“

„Hmm“, überlegt Ren gespielt und schmunzelt, „ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass du in der letzten Woche irgendwen gescheucht hättest. Nicht mal die Schwestern in der Klinik.“

„Ich mein ja nur.“, murmelt Kyoko mit einem angedeuteten Schulterzucken, das ihr sofort ein schmerzvolles Stirnrunzeln abverlangt.

„Ich setz mal das Teewasser auf, packt ihr doch schon mal das Essen aus.“, schlägt Ren vor und bedenkt seine Frau gleich darauf mit einem strengen Blick. „Und damit meine ich alle, außer dir!“, fügt er ernst hinzu.
 

„Bleibt es dabei, dass du zum Wochenende hin wieder arbeitest?“, fragt Yukihito, als der junge Schauspieler mit einer Kanne heißem Tee und Tassen wieder zurückkehrt.

„Ja“, nickt dieser, „ich denke, es wäre ganz gut, am Wochenende schon ein paar Interviewtermine abzuarbeiten, dann wird es bei den Dreharbeiten der restlichen Stunts sicher ruhiger zugehen. Kyoko wird ab Freitag ohnehin für eine Weile bei ihrem Großvater bleiben, so ist sie rundum versorgt, wenn ich bei der Arbeit bin.“

„Und du nimmst das einfach so hin, Kyoko-san?“, wundert sich Rina.

Kyoko grinst verschmitzt. „Klar.“, meint sie nachdrücklich. „Denn ich wohne ja in dieser Zeit nicht alleine dort. Ren wird nämlich nach der Arbeit schön zu mir kommen ... und da wird dann auch dafür gesorgt sein, dass er was Anständiges in den Bauch bekommt. Kaede-san, die Haushälterin von Großvater, wird mir bestimmt helfen, ein Auge darauf zu haben. ...wenn ich schon selbst nicht kochen darf.“

„Du bist einfach unverbesserlich.“, sagt Ren leise und küsst sie zärtlich auf die Wange.

„Fragt sich, wer hier unverbesserlich ist...“, antwortet Kyoko murmelnd.

„Apropos Essen:“, sagt Ren schmunzelnd, nimmt ein Maki mit Thunfisch vom Tablett und schiebt es Kyoko genüsslich in den Mund. „Wir sollten jetzt essen.“

Kyoko bleibt nicht anderes übrig als zu kauen und die beiden Betreuer lassen sich kein zweites Mal auffordern und greifen tüchtig zu.

„Sag mal, wo sind eigentlich die ganzen Blumenbouquets geblieben?“, fragt Yukihito schließlich verwirrt.

„Blumenbouquets?!“, fragt Kyoko verständnislos zurück.

„Ein Teil davon sah einfach nicht mehr gut aus und darum hab ich den entsorgt.“, erklärt Ren seufzend. „Ich weiß sowieso nicht, was die Leute sich dabei gedacht haben, jetzt schon Blumen zu schicken.“ Lächelnd drückt er Kyoko einen Kuss auf den Handrücken. „Keine Sorge, ich hab Fotos gemacht und die Karten, die dabei waren, sind alle noch da. Ich les sie dir später vor, wenn du willst.“ Sein Lächeln wird breiter. „Außerdem sind noch etliche übrig, ich hab sie in deinem Wohnzimmer und deinem Schlafzimmer verteilt. – Und ich wette, dass da in den nächsten Tagen noch einige dazukommen.“

Kyoko sieht ihn einen Moment lang nur mit offenem Mund an. „Wer hat denn...?“, beginnt sie fassungslos und wird grinsend von ihrem Mann unterbrochen.

„Was denkst du? Natürlich Leute, die sich Sorgen um dich gemacht haben. – Es scheinen übrigens deutlich mehr zu sein, als du anzunehmen bereit bist.“, erklärt er amüsiert.

„Ach, apropos...“, fällt Rina plötzlich ein. „In den letzten Tagen ist unglaublich viel Fanpost aufgelaufen. Wenn du ein bisschen Zeit erübrigen kannst, wären wir froh, wenn du sie mal durchsehen könntest. Es würde der Postabteilung ungeheuer helfen, wenn ihr Beide versucht, die häufigsten bzw. besonders exemplarische Fragen rauszusuchen und so eine Art Musterantworten für die Mädels zu erstellen, die die Fanpost bearbeiten.“ Mit einem ernsten Blick in Kyokos Augen fügt sie noch hinzu: „Aber dass du mir nicht auf die Idee kommst, das eigenhändig zu notieren, Kyoko-san!“

„Als ob ich auch nur den Hauch einer Chance hätte!“, schnaubt Kyoko frustriert.

„Jetzt sag aber nicht, du würdest es wirklich versuchen?“, hakt Yukihito entsetzt nach.

„Mit ziemlicher Sicherheit.“, behauptet Ren grinsend. „Aber mit genauso großer Sicherheit würde es keine zwei Minuten gut gehen, weil es noch viel zu schmerzhaft wäre.“

Eigentlich würde Kyoko gern schmollend die Hände vor der Brust kreuzen, allerdings lässt sie es dann doch lieber und seufzt stattdessen nur theatralisch.

„Ach, da fällt mir was ein!“, meint Ren plötzlich und schaut seinen Betreuer eindringlich an. „Hast du das Päckchen abgeholt?“

Yukihito grinst und greift nach seinem Jackett, das er auf einem der Sessel abgelegt hatte.

Kyoko hingegen sinkt stöhnend in sich zusammen. „Nein! – Nicht schon wieder!“

„Hey! Hör auf, dich zu beschweren!“, fordert Ren breit grinsend. „Du hattest fast zwei Wochen Ruhe, jetzt ist mal langsam wieder Zeit für kleine Aufmerksamkeiten.“

Yukihito hat ein kleines, dunkelblaues Kästchen aus der Jackentasche geholt und reicht es Ren. Dieser öffnet es kurz, ohne dass Kyoko hineinschauen kann, lächelt zufrieden und lässt sich dann kniend vor seiner Frau nieder.

„Auch wenn ich nie wieder erleben möchte, dass du dich buchstäblich vor mich in die Schusslinie wirfst“, sagt er ernst, „war das nicht nur sehr mutig von dir, sondern geradezu heldenhaft. Vielleicht drücke ich mich ein bisschen zu theatralisch aus, aber mir ist mehr als bewusst, dass du mir damit das Leben gerettet hast.“ Er räuspert sich ein wenig umständlich. „Und weil eine Heldentat nun mal geehrt werden sollte, möchte ich dir – sicher auch im Namen meiner treuen Fans...“ Er öffnet das Kästchen und dreht es Kyoko zu, die darauf puterrot anläuft. „diesen kleinen Orden überreichen.“ Breit grinsend nimmt er eine große, üppig mit Edelsteinen besetzte Brosche aus der Schatulle, die die Form eines besonders fantasievollen Ordens hat ... und steckt sie seiner Frau an den Kragen.

Kyoko kullern unwillkürlich Tränen über die Wangen. Hilflos schaut sie in die Runde, doch die beiden Betreuer sind ebenso gerührt, auch wenn Yukihito, der aus nahe liegenden Gründen ja schon davon wusste, dabei ein leises Grinsen auf den Lippen hat.

„Als ob das mein Verdienst wäre...“, murmelt Kyoko verlegen. „Ich hatte nicht mal Zeit zum Denken, ich hab einfach nur gehandelt.“

Ren nimmt liebevoll ihr Gesicht zwischen seine Hände und küsst sie sanft auf die Stirn. „Vielleicht gerade deshalb.“, betont er ernst. „Du hast es offenbar nicht mal ansatzweise für eine Überlegung wert gehalten, mein kleiner Schutzengel. – Ich liebe dich.“

„Ich dich doch auch!“, schluchzt Kyoko hilflos. „Ich hätte nicht damit leben können, wenn er dich...“ Der Kloß in ihrem Hals ist nun so groß, dass sie abbrechen muss.

„Schhhht.“, macht Ren leise; er muss selber schwer an dem Kloß im Hals schlucken. Sanft nimmt er seine junge Frau in die Arme, auch wenn er weiß, dass das für sie nicht ganz ohne Schmerzen abgeht. „Ich liebe dich, Hime-chan“, flüstert er heiser, „ich sollte dich beschützen, nicht du mich...“

Einen langen Moment noch sitzen sie so ineinander verschlungen da, dann stöhnt Kyoko unwillkürlich auf. Erschrocken lässt Ren von ihr ab und entschuldigt sich leise.

„Schon gut.“, flüstert Kyoko zurück und wischt sie die Tränen aus den Augen.

Auch die beiden Betreuer reiben heimlich Tränen der Rührung aus ihren Gesichtern und räuspern sich verlegen.

„Ich denke, wir sollten dann mal wieder gehen.“, sagt Rina lächelnd. „Ich hab euch eine grobe Auswahl von der Fanpost auf Stick gezogen, wenn ihr mehr haben wollt, braucht ihr nur eine Mail an die Agentur schicken; bisher gibt es übrigens keine einzige negative Reaktion. – Ach und Sawatari-san hat auch jede Menge Filmangebote für euch. Allerdings hat das Zeit, ruht euch erstmal ein bisschen aus, bevor ihr euch die anseht. Ich bringe euch eine Vorauswahl, wenn ihr soweit seid.“ Sie legt einen USB-Stick auf den Wohnzimmertisch und erhebt sich.

Eine kurze Verabschiedung später sind die Beiden auch schon verschwunden und das junge Ehepaar ist wieder allein mit sich und seinen überfließenden Gefühlen. Wie auf ein geheimes Kommando atmen beide gleichzeitig durch, sehen sich verblüfft an ... und lachen plötzlich befreit.

„Wenn du volljährig wärst, würde ich dir glatt ein Glas Champagner zur Feier des Tages anbieten.“, meint Ren grinsend.

„Haben wir so was im Haus?!“, fragt Kyoko verwundert nach.

„Nö“, gibt Ren grinsend zu, „seit du hier wohnst, ist kaum noch Alkohol hier. Wozu auch? Du machst mich eigentlich schon high genug.“ Rens Grinsen wird plötzlich breiter. „Da fällt mir übrigens ein, dass ich noch gar nicht fertig war.“

Kyoko verdreht beinahe genervt die Augen, ... aber nur beinahe. Ihr Mann indessen verschwindet kurz aus dem Zimmer, um schon Sekunden später wieder mit hinter dem Rücken verschränkten Armen aufzutauchen.

„Gib mir deine Hand!“, verlangt er sanft. „Die linke.“

Kyoko tut seufzend wie ihr geheißen ... und hat einen Moment später eine schwere, goldglänzende Armbanduhr an ihrem Handgelenk. Staunend bewundert sie die ausgesprochen geschmackvolle Uhr.

„Um dir deutlich zu machen, wie kostbar mir jede Sekunde mit dir ist.“, erklärt Ren leise.

„Koon...“, versucht Kyoko ihn halbherzig zu tadeln, gibt es jedoch gleich wieder auf, als sie in seine Augen schaut. „Wann soll ich das denn alles tragen?“, setzt sie nur noch leise seufzend hinzu.

Ren lächelt triumphierend. „Die Uhr kannst du durchaus jeden Tag tragen; das ist nur eine Frage der Gewöhnung.“, meint er. „Und was den kleinen Orden betrifft: Ich möchte, dass du ihn bei der Premiere von ‚Crazy Alliance’ trägst. Ich werde jedem, der danach fragt, seine Bedeutung erklären, mein Herz.“

„Du bist doch verrückt.“, flüstert Kyoko verlegen.

„Ja“, gibt ihr Mann unumwunden zu, „nach dir. – Das war übrigens immer noch nicht alles. Allerdings wird der Relax-Sessel, den ich für dich bestellt habe, erst heute Nachmittag geliefert. Ich glaube nämlich nicht, dass es auf Dauer gut für deine Schulter und deinen ohnehin schon verspannten Rücken ist, wenn du weiter auf diesem Sofa sitzt. – Darum fällt der Sessel auch – genau genommen – nicht unter die Kategorie ‚Geschenke’, sondern eher unter ‚Reha-Maßnahme’, finde ich.“

Kyoko resigniert endgültig, sie ist sowieso inzwischen reichlich müde. „Wenn du meinst...“
 

„Die Sorge um Kyoko-chan ehrt dich wirklich, Ren-kun“, merkt Ryuichi Hawatari an und schaut dem jungen Schauspieler ernst in die Augen. „aber ich bin ehrlich froh, dass die innere Spannung endlich bei dir nachlässt, mein Junge.“

Ren ist gerade vom Set auf das Hawatari-Anwesen zurückgekehrt, wo ihn Ryuichi direkt an der Tür abgefangen und ihn gebeten hat, ein Tässchen Tee mit ihm zu trinken.

„Natürlich hab ich mir Sorgen um sie gemacht“, gibt der junge Schauspieler lächelnd zu, „manchmal hab ich das Gefühl, dass ich sie keine Sekunde aus den Augen lassen darf.“

„Ich kann dich durchaus verstehen, mein Junge“, nickt Ryuichi ernst und schenkt Ren Tee ein, „aber manchmal werde ich den Eindruck nicht los, dass du es übertreibst. In den ersten beiden Wochen nach der Sache hast du kaum geschlafen, oder?“

Ren seufzt leise und nippt kurz an der Tasse. „War das so offensichtlich?“, fragt er.

Ryuichi nickt erneut. „Ja. – Natürlich sehe ich jetzt, dass du dich seit ein paar Tagen auch wieder entspannen kannst und endlich alles ein bisschen leichter nimmst, aber ich möchte, dass das nicht noch einmal passiert.“ Der alte Mann schaut Ren eindringlich an. „Ich möchte nicht, dass du dich noch mal so verausgabst. Du kannst mich jederzeit um Hilfe bitten, du bist mit deiner Sorge nämlich durchaus nicht allein. – Es nützt Kyoko-chan überhaupt nichts, wenn du irgendwann vor Erschöpfung zusammenbrechen solltest; außerdem ist das mit Sicherheit das Letzte, was sie will.“

„Ich weiß.“, gibt Ren ein bisschen kleinlaut zurück. „Aber das hier war auch hoffentlich eine einmalige Extremsituation. Ich möchte so was jedenfalls nie wieder erleben.“ Hörbar ausatmend nimmt er die Tasse wieder auf, trinkt einen kräftigen Schluck und seufzt dann noch mal leise.

„Ich auch nicht, um ehrlich zu sein.“, gibt Ryuichi beinahe flüsternd zu.

Die beiden ungleichen Männer schweigen sich viel sagend an.

Hanako, das Hausmädchen, reißt sie jedoch schon bald wieder aus ihren Gedanken.

„Hawatari-sama!“, ruft sie verzweifelt. „Kommen Sie bitte schnell in die Küche!“ Als sie einen Augenblick später beim näher Kommen Ren bemerkt, huscht ein erleichtertes Lächeln über ihr Gesicht. „Gott sei Dank, Tsuruga-san, Sie sind auch da!“

„Was gibt es denn?“, fragt der junge Schauspieler alarmiert nach. „Ist etwas mit meiner Frau?“

„Ja. – Nein, ... nicht direkt.“, stammelt die junge Frau ein wenig verwirrt. „Ich... Kyoko-sama...“

„Nun lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, Hanako!“, fordert Ryuichi mühsam beherrscht. „Sag endlich, was los ist!“

„Kyoko-sama ist in der Küche und lässt sich partout nicht davon abhalten, beim Kochen zu helfen. Und wir... Na ja, wir können ja wegen ihrer Verletzung kaum handgreiflich werden, Hawatari-sama.“, platzt es aufgeregt aus dem Mädchen heraus.

Ren ist beinahe versucht, laut loszulachen, amüsiert schaut er Kyokos Großvater an. „Verstehst du jetzt, warum man sie besser nicht aus den Augen lässt?“, fragt er grinsend. „Jedenfalls nicht in solchen Zeiten...“

„Dabei war sie in den letzten Tagen so kooperativ.“, meint Ryuichi schulterzuckend.

Ren erhebt sich seufzend von seinem Platz. „Dann werde ich mich mal darum kümmern.“, verkündet er mit einem schrägen Grinsen und einem verschmitzen Glitzern in den Augen.

Eilig folgt er dem Hausmädchen in die Küche, Ryuichi folgt ihm nicht weniger hastig nach.
 

„Soso!“, grollt Ren düster, als er in der Küchentür steht und sieht, wie Kyoko sich anschickt, das Gemüse klein zu schneiden. Zu seiner Zufriedenheit registriert er, wie seine Frau unwillkürlich zusammenzuckt.

Mit geweiteten Augen dreht sie sich zu ihm herum und lässt dabei das Messer beinahe fallen. Keine Sekunde später hat das Messer den Besitzer gewechselt und landet von dort rasch wieder im Messerblock.

„Hast du gedacht, du könntest mich austricksen?“, fragt Ren gefährlich leise.

Kyoko zuckt erneut zusammen, sie weiß augenblicklich, dass sie zu weit gegangen ist ... viel zu weit...

„Ach, Mensch, Koon...“, versucht sie, sich zu verteidigen. „Ich langweile mich zu Tode, wenn ich nichts tun darf. Ich hab nicht mal Texte zu lernen.“

Kraftlos lässt sie die Arme an die Seiten sinken und Ren nutzt die Gelegenheit, ihre beiden Hände mit seinen zu ergreifen. Sachte hebt er sie vor seine Brust und sieht ihr tief in die Augen, während langsam ein überaus breites Grinsen sein Gesicht erobert.

„Ich kann dir anbieten, mit dir einige Kussszenen durchzugehen.“, schlägt er selbstzufrieden vor.

„Von welchem Film?!“, fragt Kyoko verschmitzt zurück. „Ich dachte, wir hätten bereits alle abgedreht.“

„Wusstest du nicht, dass es verschiedene Kategorien von Kussszenen gibt, Hime-chan? Wir können jede einzelne durcharbeiten, damit du vor der Kamera nie wieder in Verlegenheit gerätst.“, gibt er mit der erotischsten Stimme, zu der er fähig ist, zurück, ein deutliches „Eroberer-der-Nacht-Funkeln“ in den Augen. Kyoko werden unweigerlich die Knie weich.

„Ein bisschen Routine kann ja eigentlich nicht schaden.“, gibt sie überraschend bereitwillig zu.

„Das finde ich auch.“, meint Ren dunkel und streichelt zärtlich ihre Handrücken mit den Daumen. „Aber zuerst will ich den Willkommenskuss, der mir zusteht, meine Liebste.“, fordert er unnachgiebig.

„Natürlich.“, antwortet Kyoko rau, „Wie konnte ich das denn vergessen?“ Lächelnd stellt sie sich auf die Zehenspitzen und küsst ihn sanft auf den Mund.

Ren braucht keine weitere Aufforderung, sanft klopft seine Zunge an ihre Lippen, die ihn darauf bereitwillig in ihr Inneres einlassen. Ein ebenso leidenschaftliches wie zärtliches Zungenspiel entspinnt sich so zwischen den beiden Liebenden, bei dem sie für eine Weile vollkommen ihre Umgebung vergessen.

Schließlich lösen sie sich wieder voneinander und Ren meint grinsend: „Na dann, ran an die Arbeit, Kohai!“

„Jawohl!“, antwortet Kyoko zackig und lacht hell.

Kommentarlos machen sich die Beiden auf den Weg zu ihrem Zimmer, allerdings nicht ohne dass Ren Ryuichi noch kurz über die Schulter hinweg zuzwinkert und lässig mit der freien Hand winkt.

Die drei Zurückbleibenden schauen ihnen leise seufzend nach.

„Hach, ich liebe es, wenn die Zwei so turteln!“, flüstert Kaede, die Haushälterin, hingerissen. „Das ist schöner als im Kino...“
 

Noch ein paar Wochen später ist es schließlich soweit, dass Kyoko ihren ersten Fernsehauftritt nach ihrem Krankenhausaufenthalt hat ... und das ausgerechnet bei „Rock Bizarr“. Es ist ein fröhliches Hallo, als Ren und sie im Studio ankommen; sie müssen tatsächlich alle paar Meter stehen bleiben, um einen ihrer alten Bekannten aus Kyokos Zeiten als Bou zu begrüßen und so dauert es eine geschlagene Stunde, bis sie endlich in ihrer Garderobe angekommen sind.

„Gut, dass wir extra früher gekommen sind.“, seufzt Ren, als er die Tür hinter sich schließt. „Ich wusste nicht, dass du hier so beliebt bist.“

„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“, stichelt Yukihito grinsend.

„Nö“, gibt Ren breit grinsend zurück, „eigentlich nicht. Aber wenn das so weiter geht, kommen wir heute nicht mehr vor einer Kamera an, fürchte ich.“

Rina überlegt einen Moment. „Das stimmt leider.“, meint sie dann nachdenklich. „Ich denke, es wäre besser, wenn ich jemanden aus der Maske bitte, herzukommen und euch hier zu schminken. So habt ihr wenigstens noch eine Chance, rechtzeitig fertig zu werden.“

Kyoko zuckt unentschlossen die Schultern, doch Ren nickt Rina nachdrücklich zu.

„Ich glaube, das wäre das Beste.“, meint er und lächelt in Kyokos Richtung. „Nach dem Auftritt ist ja schließlich immer noch Zeit für nette Gespräche und Wiedersehensfreude.“

Ohne weiteren Kommentar macht sich Rina auf den Weg.

Kaum ist sie zur Tür hinaus, da klingelt Kyokos Telefon; schon der Ton verrät ihr und Ren, dass es Kanae ist.

„Hallo, meine Liebe.“, grüßt Kyoko verblüfft ins Telefon.

„Wieso ruft sie an? Sie weiß doch eigentlich, dass wir jetzt beschäftigt sind.“, wundert sich Ren, an seinen Betreuer gewandt.

„Was?!“, lacht Kyoko indes in den Hörer. „Wirklich?“

Ren und Yukihito spitzen neugierig die Ohren, doch aus den kurzen Bemerkungen und Ausrufen, die die junge Schauspielerin in den nächsten Minuten von sich gibt, werden sie einfach nicht schlau. Und so sind Beide reichlich gespannt, als Kyoko das Gespräch beendet.

„Was wollte Kanae-chan denn?“, hakt Ren neugierig nach.

Kyoko lacht hell auf. „Das glaubst du nicht!“, sagt sie kopfschüttelnd. „Das glaub ich ja selber kaum.“

„Wie wär’s, wenn du es mir erstmal erzählst und mich das selbst entscheiden lässt.“, gibt Ren grinsend zurück.

„Okay...“ Kyoko kann nicht aufhören zu grinsen und ein amüsiertes Funkeln strahlt aus ihren Augen. „Kanae-chan hatte heute ein längeres Gespräch mit Sho. Unter anderem hat sie ihm von den Ereignissen erzählt, die letztlich zu unserer Heirat geführt haben.“

„Ich dachte, das hätte sie schon vor Wochen getan.“, merkt Ren verblüfft an. „Sie hatte doch extra gefragt, wie viel sie ihm erzählen darf, oder?“

„Stimmt.“, nickt Kyoko. „Anscheinend hatte sie sich aber bis heute davor gedrückt. Weiß nicht genau. Jedenfalls hat sie ihn heute eingeweiht; aber das ist gar nicht der Punkt. Weißt du, was er danach getan hat?“ Wieder schüttelt die junge Schauspielerin amüsiert den Kopf.

„Nun rück schon raus damit! Spann uns nicht auf die Folter!“, fordert Yukihito ungeduldig, während Ren nur gelassen grinst.

„Er war so sauer, dass er spontan seine Eltern angerufen hat. – Ich weiß nicht, ob man es als gutes oder schlechtes Timing bezeichnen soll, jedenfalls hat er gleich beim ersten Versuch seinen Vater dran gehabt. Kanae-chan meint, er war so in Rage, dass er seinem alten Herrn dermaßen die Leviten gelesen hat, dass sie selbst jetzt noch rote Ohren davon hätte. Sie meinte, sie könne unmöglich alles wiedergeben, was er dabei so von sich gegeben hat, aber es muss ziemlich heftig gewesen sein. Zum Schluss hat er dann in den Hörer gebrüllt, dass seine Eltern bei ihm komplett unten durch wären, solange sie sich nicht persönlich bei mir entschuldigen würden ... und dass er unter diesen Umständen nicht das geringste Interesse an einem Kontakt zu ihnen hätte. Und dann hat er ihm noch an den Kopf geknallt, dass seine Eltern sich ihr bescheuertes Erbe in den Allerwertesten schieben können.“

Yukihito pfeift verdutzt durch sie Zähne, während Ren nur in einer Mischung aus Belustigung und Anerkennung die Augenbrauen hebt.

„Ich wette, Kanae-chan war beeindruckt.“, meint Yukihito.

„Allerdings“, antwortet Kyoko grinsend, „sie sagte, sie wäre ziemlich stolz auf ihn und dass das vermutlich das Vernünftigste war, was er je in seinem Leben getan hat.“
 

Als das junge Schauspielerehepaar 20 Minuten später in den Kulissen steht und auf seinen Auftritt wartet, seufzt Kyoko leise.

„Alles in Ordnung?“, flüstert Ren besorgt.

Kyoko lächelt ihm beruhigend zu. „Ja, ja. Wir hatten nur kaum Gelegenheit, vorher mit den Jungs von Bridge Rock zu sprechen. Normalerweise wissen die Gäste wenigstens so ungefähr, was in der Sendung auf sie zukommt.“

Ren küsst sie grinsend auf die Lippen. „Das macht doch nichts.“, meint er. „Sie mögen dich doch, so schlimm kann es also nicht werden.“ Sein Grinsen wird noch ein wenig breiter. „Außerdem bin ich ja auch noch da.“

Kyoko erwidert unwillkürlich sein Grinsen. „Das ist allerdings wahr.“

Draußen kündigt Hikaru Ishibashi unter frenetischem Beifall die heutigen Gäste an:

„Und darum freuen wir uns wahnsinnig, das derzeit wohl beliebteste Ehepaar der Nation bei uns zu begrüßen: KYOKO MOGAMI und REN TSURUGA!“
 

Unter donnerndem Applaus und beinahe schon hysterischen Jubelrufen betreten die Beiden die Studiobühne. Ren drückt unwillkürlich Kyokos Hand ein wenig fester, als er merkt, dass ihre Augen verdächtig gerührt glitzern. Ein flüchtiger Blick und ein kaum merkliches Nicken von ihr teilen ihm jedoch mit, dass sie sich bereits wieder im Griff hat.

Herzlich werden sie von ihren Gastgebern begrüßt und es dauert noch eine ganze Weile, bis sich das Publikum soweit beruhigt hat, dass die Sendung endlich richtig beginnen kann.

„Mensch, Kyoko-san“, ergreift Shinichi als erster das Wort, „wir sind echt froh, dass es dir wieder gut geht! Diese Sache mit dem verrückten Stalker vor ein paar Wochen hat uns alle ganz schön geschockt.“ Einige Zwischenrufe aus dem Publikum stimmen ihm spontan zu. „Wie geht es dir jetzt?“

„Oh, ganz prima.“, antwortet Kyoko lächelnd. „Ich hab zwar noch einen Titanstift im Schlüsselbein – der kommt nächste Woche raus – und ich darf meine Schulter noch nicht voll belasten, aber ich kann mich wieder weitgehend normal und ohne Schmerzen bewegen. Seit letzter Woche darf ich sogar wieder drehen ... wenn auch ohne Stunts. – Na ja, das würde wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren; dadurch, dass ich mich anfangs kaum bewegen konnte, hat meine Kondition natürlich ganz schön gelitten.“

„Als ob dich das abhalten würde.“, lacht Ren gut gelaunt und wendet sich ohne Umschweife direkt ans Publikum. „Manchmal ist es richtig schwierig, sie vom Arbeiten abzuhalten.“, erklärt er.

Kyoko wird auf der Stelle tomatenrot im Gesicht. „Ich versuch einfach nur, mein Bestes zu geben.“, verteidigt sie sich leise.

In Rens Gesicht breitet sich ein verliebtes Grinsen aus. „Das weiß ich doch.“, sagt er weich und drückt kurz ihre Hand. „Aber manchmal übertreibst du es einfach.“

„Du etwa nicht?“, kontert Kyoko grinsend.

„Okay“, gibt Ren freimütig zu und lächelt ein wenig verlegen ins Publikum, „schuldig.“ Lachend küsst er Kyokos Fingerspitzen, ... was allerdings das Rot in ihrem Gesicht noch ein bisschen weiter vertieft. „Süß, oder?“, meint er zwinkernd in Richtung Zuschauer.

Das Publikum scheint augenblicklich dahin zu schmelzen und auch die Jungs von Bridge Rock seufzen leise.

„Kein Wunder, dass Shinichi nicht die geringste Chance bei Kyoko-san hatte.“, stellt Hikaru Ishibashi trocken fest. „Übrigens glaube ich, dass ihn die Tatsache, dass ihr Beide verheiratet seid, beinahe noch mehr geschockt hat, als dieser Anschlag.“

Shinichi senkt verlegen den Kopf und hält stöhnend die Hand vors Gesicht.

„Och, damit war er bestimmt nicht allein.“, merkt Yusei Ishibashi grinsend an.

Aus den Zuschauerrängen ertönen einige bestätigende Lacher.

„Ja“, fährt Hikaru mit einem verschmitzten Grinsen fort, „aber er ist sicher der Einzige, der sich danach für drei Tage in sein Zimmer eingeschlossen hat, um zu schmollen.“ Kyoko sieht verblüfft zu dem Jungen hinüber, dem das Ganze mehr als peinlich ist, zumal es die Leute im Publikum sichtlich zu amüsieren scheint. „Am dritten Tag kam er dann raus“, erzählt Hikaru weiter und kichert leise, „hat sich die Aufzeichnung von Ren-sans Rede auf der Pressekonferenz gekrallt und sie sich mindestens vier Mal angesehen ... und dann war es irgendwie vorbei. Anscheinend hast du ihn überzeugt, Ren-san.“

„Na, das freut mich aber“, meint Ren grinsend, „allerdings hätte ich meine Frau auch im anderen Fall an niemand abgetreten.“

Einige Mädchen im Publikum kichern ausgelassen.

„Spaß beiseite“, wechselt Kyoko unvermittelt das Thema, „ich war sehr gerührt, dass ihr und das Team von Rock Bizarr mir so ein schönes, großes Blumenbouquet mit Genesungswünschen geschickt habt. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.“

„Oh, gern geschehen!“, kommt es synchron von allen Dreien zurück, die darauf verblüfft in Gelächter ausbrechen.

„Ihr da draußen fragt euch jetzt sicher, warum wir hier so vertraut mit Kyoko-san umgehen.“, vermutet Hikaru in die Kameras. „Ihr müsst wissen, dass Kyoko-san hier bei uns eine ganze Weile in Bous Kostüm gesteckt hat ... sogar noch zu der Zeit, als sie schon ‚Dark Moon’ gedreht hat.“

Ein überraschtes Raunen geht durch die Zuschauerreihen.

„Ehrlich“, erklärt Hikaru weiter, „sie war hier nach allgemeiner Auffassung der beste Bou, den wir je hatten. Wirklich, keiner kann sich so in diesem Kostüm bewegen, wie Kyoko-san das konnte. – Ich hab es selbst mal versucht, aber nach 10 Minuten in diesem Ding hab ich völlig verschwitzt aufgegeben.“

„Wahrscheinlich hast du einfach nicht genug Biss.“, vermutet Shinichi grinsend.

„Egal.“, wechselt Hikaru abrupt das Thema. „Es ist Zeit für ein erstes Spiel. – Und weil ihr Beide ja quasi frisch verheiratet seid, haben wir uns gedacht, dass ein Fragespiel ganz interessant wäre, um herauszufinden, wie gut ihr Zwei euch schon kennt.“

In Windeseile und offensichtlich zum Amüsement aller Beteiligten werden die beiden Schauspieler in einer beinahe schon überfallartigen Aktion getrennt und müssen – natürlich ohne sich gegenseitig sehen zu können – die Antworten auf die gestellten Fragen auf Tafeln schreiben.
 

Zehn Minuten später herrscht verblüffte Stille im Studio, Ren und Kyoko hatten nur eine einzige Antwort, bei der sie nicht übereinstimmten.

„Krass!“, meint Shinichi schließlich. „Wie es scheint, kennt ihr euch besser als die meisten älteren Ehepaare, die ich kenne.“ Wie auf ein geheimes Zeichen, beginnen die Leute im Zuschauerraum wieder zu tuscheln. „Darf man fragen, wie ihr euch kennen gelernt habt?“

„Man darf.“, antwortet Ren grinsend, während er nachdrücklich seine Frau wieder an seine Seite holt. „Aber ich werde es nicht verraten.“ Die sichtlich enttäuschte Reaktion aller Anwesenden lässt sein Grinsen nur weiter in die Breite wachsen. „Nur so viel“, fügt er augenzwinkernd hinzu, „wir kannten uns schon vor meinem Durchbruch als Schauspieler, ... auch wenn wir damals noch kein Paar waren.“

„Wow, hätte ich nicht gedacht.“, staunt Yusei. „Dann ist das quasi eine Art Sandkastenliebe?“

„Nicht ganz“, antwortet Ren, „aber es kommt schon nah dran.“

„Dann können wir uns das nächste Spiel vermutlich auch sparen.“, vermutet Shinichi ein bisschen enttäuscht. „Eigentlich hättest du Kyoko-san jetzt aus zehn Personen allein an den nackten Beinen erkennen sollen.“

„Wir können es gerne versuchen“, meint Ren mit seinem Eroberer-der-Nacht-Grinsen, ... was einen Teil des weiblichen Publikums augenblicklich zum Dahinschmelzen bringt, „ich kann von keinem Körperteil meiner Frau genug bekommen.“

„Ren!“, schimpft Kyoko empört und wird im gleichen Moment so rot im Gesicht, dass sie meint, es müsse bis nach Okinawa leuchten.

Die drei Jungs von Bridge Rock brechen in ausgelassenes Gelächter aus, ebenso wie der größte Teil der Zuschauer.

„Das heißt dann vermutlich, dass Ren Tsurugas Selbstsicherheit in dieser Sache nicht ganz von ungefähr kommt.“, spekuliert Hikaru grinsend, als er sich wieder ein wenig beruhigt hat.

Wenn das noch möglich wäre, würde das Rot in Kyokos Gesicht noch dunkler werden; am liebsten würde sie vor Scham im Boden versinken. Einen Moment später jedoch steht Ren bereits hinter ihr und schließt sie ebenso zärtlich wie schützend in seine Arme.

„Richtig.“, bestätigt er mit einem breiten Grinsen. „Alles meins. - Jedenfalls nach Drehschluss.“ Sanft setzt er einen Kuss auf ihr Haar.

Zum wiederholten Mal an diesem Abend geht ein schmachtendes Seufzen durch die Reihen der Zuschauer.

„Na, dann wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht was finden, mit dem wir euch Beide ein bisschen herausfordern können.“, meint Hikaru schließlich verschmitzt und zückt seine Moderationskarten...
 

Etliche Spiele und unzählige Lachtränen später kommt die Sendung schließlich zum Ende.

„Damit steht wohl fest, dass Ren Tsuruga und Kyoko Mogami heute Abend als die haushohen Sieger aus dieser Show rausgehen.“, verkündet Shinichi lachend, was das Publikum zu frenetischem Applaus und ausgelassenen Jubelrufen anstachelt.

„Übrigens“, meint er, als es wieder ein wenig ruhiger ist und man sein eigenes Wort wieder verstehen kann, „Yusei war ganz enttäuscht, dass du heute nicht im Kimono aufgetaucht bist, Kyoko-san.“

„Stimmt“, bestätigt dieser ein bisschen schmollend, „in den letzen Wochen warst du so oft in tollen Kimonos zu sehen, dass ich dachte, ich kriege dich auch mal so zu sehen. Kimonos stehen dir echt gut.“

„Ganz meine Meinung.“. stimmt Ren grinsend zu.

„Also, ich bin froh, dass ich endlich wieder normale Sachen ohne Schmerzen anziehen kann.“, antwortet Kyoko lächelnd. „So schön Kimonos ja sind, aber im Alltag sind sie eigentlich ziemlich unpraktisch. – Auch wenn der Kerl hier“, sie deutet grinsend auf Ren, „es auch ganz gern hätte, wenn ich sie öfter trage.“

„Och, ich finde, du siehst eigentlich in allem gut aus.“, behauptet Ren grinsend.

„Da hat er nicht mal Unrecht.“, findet Shinichi. „Jedenfalls danke ich euch Beiden ganz herzlich für diese unterhaltsame und ziemlich aufschlussreiche Sendung.“

„Gern geschehen.“, antworten Ren und Kyoko synchron.

„Dann bleibt uns eigentlich nur noch, uns zu verabschieden.“, meint Hikaru.

Das Publikum tut seine Enttäuschung freimütig kund.

„Allerdings würden wir uns sehr freuen, wenn ihr noch mal in Erwägung zieht, bei uns vorbei zu schauen. Vielleicht wenn eure Agentenkomödie im Kino startet.“

„Ich denke schon, dass sich das machen lässt.“, sagt Ren lächelnd und Kyoko nickt zustimmend.

Im Zuschauerraum beginnt es, leise zu rumoren, während man sich vor den Kameras für japanische Verhältnisse ungewöhnlich herzlich voneinander verabschiedet. Immer lauter tuscheln die Leute und schließlich bildet sich wie aus dem Nichts ein fröhlicher Sprechchor, der „Küs-sen, küs-sen, küs-sen...!“ fordert.

Als das junge Schauspielerehepaar sich dessen bewusst wird, starren sie zunächst beide ungläubig in die Masse der Zuschauer.

Ren hat sich als Erster wieder gefangen. Breit grinsend wendet er sich seiner Frau zu, nimmt sie zärtlich in die Arme und küsst sie derart leidenschaftlich, dass es den Zuschauern buchstäblich die Sprache verschlägt.

Kyoko ist zunächst einfach nur überrumpelt, doch schon Sekunden später lässt sie sich seufzend in seine Arme sinken und erwidert den Kuss ebenso leidenschaftlich.

Als das Rotlicht an den Kameras erlischt, stehen sie noch immer so da...
 

*************************
 

So, das war’s. - Sense. Aus. Ende. Finito.

Ich hoffe, ihr hattet ebenso viel Spaß beim Lesen dieser FF wie ich beim Schreiben. ☺

So schön es allerdings auch war, jetzt ist es an der Zeit, mich anderen Projekten zu widmen, darum wird es auf absehbare Zeit keine FF von mir an dieser Stelle mehr geben.

Danke für die schöne Zeit mit euch. ☺ Ich hab viel dabei gelernt.

*mega-knuddel*

goldenchie



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Von:  Fullmoon1
2015-05-10T11:34:35+00:00 10.05.2015 13:34
Hi ich fand diesen fanfiction seehr gut ich habe ihn schon mehr als 10 mal gelesen und freu mich immer wieder ihn zu lesen :)

Von:  Gaia-LeFee
2015-01-09T15:20:19+00:00 09.01.2015 16:20
Ich möchte dir zu dieser Fanfic ganz herzlich gratulieren! Ich habe noch nie eine so gut ausgearbeitete und bewegende Fanfic gelesen!

Nachdem ich auch dein Vorgängerwerk gelesen hatte, wollte ich natürlich wissen, wie es mit den 2 weitergeht und ich muss sagen, du hast an Dinge gedacht, an die ich beim Durchlesen des Mangas nie gedacht hätte.
Ich wollte immer nur, dass die beiden zusammenkommen, aber dass das gleichzeitg Probleme auslöst, war mir nur im hintersten Winkel meines Herzens bewusst.
Ich war richtig schockiert, als auf einmal Kyokos Mutter auftauchte und dachte mir: stimmt! So könnte das im Manga ja auch noch passieren...
Die Lösung, die du dir zu diesem Problem ausgedacht hast, fand ich schlüssig und der Situtation entsprechend.
Du bist auch auf andere Probleme sehr einfühlsam und auch gewissenhaft herangegangen.
Nie hatte ich das Gefühl, dass du dir etwas aus den Haaren herbei ziehst, ich konnte mir zu jedem Zeitpunkt vorstellen, dass Yoshiki Nakamuras Geschichte genau so ausgehen könnte.

Sehr spannend fand ich auch die detaillierten Beschreibungen des Actionfilmes, man merkt, dass du dir sehr viele Gedanken gemacht hast.

Auch was den Schreibstil und Rechtschreibfehler betrifft möchte ich dich loben, ich war wirklich sehr positiv überrascht, welche Qualität mich in deiner Fanfic erwartete.

Ich konnte von deiner Geschichte nicht genug bekommen und habe die vielen Kapitel in den letzten 2 Tagen verschlungen, wie ich es sonst nur von Romanen erstklassiger Autoren kenne.

Abschließend möchte ich mich von Herzen für dieses tolle Werk bedanken, dass ich mir sicher noch öfters durchlesen werde!
Alles Liebe für deine Zukunft, ich hoffe sehr, du schreibst weiter!
Antwort von:  goldenchie
10.01.2015 01:21
Ganz lieben Dank für dein überschwängliches Lob. Da werde ich ja noch ganz verlegen.
Freut mich jedenfalls sehr, dass dir das Lesen so viel Spaß gemacht hat; das ging mir übrigens beim Schreiben ganz ähnlich. ^_^
LG
goldenchie
Von:  Yve
2011-08-01T20:38:54+00:00 01.08.2011 22:38
Oh man..
ich habe deine FF vor einiger Zeit schon mal gelesen und ich weiß auch nicht wieso ich die zu Beginn wieder angefangen habe zu lesen.. nun, wo ich mir die gesamte story durchgelesen habe, weiß ich wieder warum ich es getan hab. ich habe mich in deinen stil und in die story zum zweiten mal verliebt ♥

normalerweise lese ich geschichten kein zweites mal, aber nachdem ich begonnen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören. ich konnte mich noch an einiges erinnern, aber wenn dann was kam, was ich noch nicht kannte, bzw nicht mehr wusste, habe ich mich total gefreut. Ich habe mit den darstellen geliebt, gelitten und auch die anderen gefühle geteilt.

Vielen dank dafür :)
Von:  AMJH
2010-06-02T15:17:36+00:00 02.06.2010 17:17
OMG du hast ja schon das letzte kapitel hochgeladen!

das war einfach nur toll!

mir tut jetzt noch das gesicht vor lauter lachen und grinsen weh!

das ende ist richtig süß, zwar offen, aber auch in vielerlei dingen abschließend, einfach perfekt!

hach ich kanns immernoch nicht richtig glauben, das deine FF jetzt endgültig beendet ist!

ich werds vermissen, auch wenn deine FF ein gutes beispiel dafür ist, das qualität und quantität in einem seine zeit braucht!

bis zur nächsten geschichte^.-

lg AMJH
Von:  Kyoko-Hizuri
2010-05-19T13:56:33+00:00 19.05.2010 15:56
^_____________________________________________________________________________^
besser kann ich das Kap nicht beschreiben...*strahl*
aber ich finde auch das man aus dieser ff noch eine weitere machen kann (^^fortsetzung)
ich würde mich freuen wenn du noch eine ff über Skip Beat schreiben würdest
bis bald,
Kyo-Hizu
Von: abgemeldet
2010-05-19T13:30:06+00:00 19.05.2010 15:30
Schöner Schluss! *applauiert*
Klar, schade dass jetzt Sense ist aber alles hat ein Ende (nur die Wurst hat zwei, ja ja).
Ich würde mich ganz doll freuen wenn du wieder was schreiben würdest :)
Und ich muss hier mal ein Lob aussprechen, während der ganzen FF hab ich keine einzigen Logikfehler gefunden, nur eins hat mich irritiert, aber das weis man auch nur wenn die halbe Familie medizinisch tätig ist xD
Normalerweise setzt man bei einem Bruch der keine dauerhafte Versteifung oder Stütze braucht keinen Stift ein, weil sonst der KNochen zum Entfernen wieder geöffnet werden muss. Normalerweise schraubt man eine Platte drauf :)
Aber wie gesagt, unwichtig xD
Danke nochmal für die tolle FF, war wirklich ein Erlebnis sie zu lesen. :)

lg Nagaskara
Von: abgemeldet
2010-05-19T02:04:53+00:00 19.05.2010 04:04
schönes Ende
manche szenen ja wahren recht lustig xD
Schade das es zu Ende ist >o< Will mehr haben
es gibt ja so wenig FF von den Beiden.
Spaß beim lesen, wahr immer dabei, wer weiß villt schreibst du ja ne Fortsetzung ^^
LG
MIchan
Von: abgemeldet
2010-05-19T00:03:22+00:00 19.05.2010 02:03
wunderschönes ende <3
ich finds zwar schade das es jetzt zuende ist, weils wirklich schön war deine version ihrer geschichte durch die 2 FF's zu verfolgen, aber wenn man wirklich liebt muss man auch loslassen können nicht wahr? ;D

jedenfalls lautet mein persönliches fazit zu deiner FF (und deren vorgänger): definitiv lesbar! :D

also zum vorraussichtlich letzten mal in nächster zeit:
liebe grüße
Ellionne <3
Von:  Amy-Lee
2010-05-18T22:20:45+00:00 19.05.2010 00:20
He,
man war das gut (das letzte Mal. Leiter.)
Ich kann mir Bildlich vorstellen wie das Publikum bei Kyoko´s Süßem Rot dahin geschmolzen ist sie ist doch so niedlich.
Schade das es vorbei ist naja man sollte aufhören wenn´s am schönsten ist ne?
Bye
Von:  veri-chan
2010-05-18T22:05:55+00:00 19.05.2010 00:05
ich fands super!!!!
du kannst echt stolz auf dich sein!!!!

lg
veri-chan


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