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Autumn and spring

Bonuskapitel endlich on!
von

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The beginning of nothing

Umino Iruka zählte nicht zu den Menschen, die sich in irgendetwas besonders hervortaten. Er war ein Chuunin, ging selten auf Missionen und unterrichtete die jungen Ninjaanwärter in der Schule. Es gab kein Talent, das er sein Eigen nannte, und keine Verdienste, die ihn in irgendeiner Weise auszeichneten.

Bereits seit seiner frühsten Kindheit hatte er gelernt, dass es Menschen gab, die Glück und Können hatten, und dass es eben jene gab, die Mittelmaß und daher nichts Besonderes waren. Und so, wie das für ihn immer festgestanden hatte, war ihm immer klar gewesen, dass er zur zweiten Gruppe gehörte. Er hatte sich damit abgefunden.

Iruka arbeitete viel und hart, und auch, wenn er keine gesuchten Verbrecher tötete, bekam er hin und wieder das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun. Das waren die Augenblicke, in denen die Kinder ihre Stirnbänder in den Händen hielten und glücklich an das dachten, was sie auf ihrem Ninjaweg erleben würden. Solche Momente waren selten - um genau zu sein, gab es diese nur einmal im Jahr.
 

Es war nur noch eine Woche bis zu den Genin-Prüfungen und für Iruka begann eine Zeit, die ihm den Schlaf und das Gefühl der Ruhe raubte. Tag und Nacht saß er an seinem Schreibtisch in der Schule und arbeitete die Aufgaben und einige Bücher durch. Nichts sollte beim Examen schief gehen und alle sollten bestehen. Sogar Naruto, der bereits einmal durchgefallen war.

Wenn jemand zu ihm kam und sagte, er sei ein Workaholic und solle doch mal zwei Stunden ausspannen, wischte der junge Lehrer dies mit einem Wedeln seiner Hand weg wie eine lästige Fliege.

Sein kontinuierliches Arbeiten dauerte acht ganze Tage an, bis die Prüfungen stattfanden.
 

Irukas Beine fühlten sich träge an, als er seinen Weg nach Hause antrat. Der Schnitt derjenigen, die bestanden hatten, war sehr gut gewesen, wahrscheinlich der beste seit drei Jahren. Und doch reichte es ihm nicht.

Naruto war wieder einmal durchgefallen und langsam begann Iruka, an seinen Kompetenzen zu zweifeln. Wieso schaffte der Junge es einfach nicht? Er wusste, dass er sich viel Mühe gab und jeden Tag trainierte.

Iruka seufzte. Sie waren beide nicht besonders gesegnet. Zwei Waisen, die nie den Wert ihrer Existenz in irgendeiner Handlung beweisen oder gar rechtfertigen konnten. Und er konnte nicht mit Gewissheit sagen, wen von beiden das Schicksal schlimmer getroffen hatte. Naruto, weil er von den Dorfbewohnern verachtet wurde, oder er selbst, weil er einfach gar nicht beachtet wurde.

Sein Kopf schmerzte leicht und es fiel ihm auf, dass seine Augen unruhig hin und her zuckten, was wohl am Schlafmangel lag, den er sich selbst zugemutet hatte. Iruka war mit den Nerven am Boden und das in jeder Hinsicht. Er wollte nur noch in sein Bett und dann das tun, was sein Körper verlangte. Schlafen oder weinen oder vielleicht beides.

Natürlich war er keine Heulsuse, denn das war einfach nicht die Art, wie ein Ninja zu sein hatte. Und wer wusste das schon besser als ein Lehrer an der Ninjaschule, der alle Regeln in- und auswendig kannte?

Aber manchmal da… Tränen konnten für ihn sehr befreiend sein, auch wenn dieses Gefühl nicht lange anhielt. Für ihn war es in Ordnung, mal alles raus zu lassen, solange ihn keiner dabei sah. Es ist nicht schlimm, was man tut, sondern was Leute daraus machen. Vor jemandem auch nur eine Träne zu vergießen… Das konnte er sich nicht leisten.

Gerade hob er den Kopf, als er ein Stück entfernt einen Anbu sah, der ihm entgegen kam. Sein, trotz des jungen Alters, graues Haar war zerzaust und hier und da zogen sich feine Schnitte über die nackten Schultern, die nicht von seiner Kleidung bedeckt wurden.

Iruka senkte den Blick wieder. Hatake Kakashi war nicht unbedingt einer der Personen, die besonders viel seiner Sympathie erhielten.

Kakashi war begabt, ein Jounin, ein Genie, um es kurz zu sagen. Das allein war natürlich kein Grund, ihn nicht zu mögen.

Das wirklich Störende, so fand Iruka, war das Vermeiden menschlicher Kontakte, das den Grauschopf auszeichnete. Wahrscheinlich war er den Menschen am nächsten, wenn er ihnen die Kehle auf einer Mission durchschnitt. Dabei konnte er wirklich viele Freunde haben, denn er war anerkannt. Doch all das beachtete er nicht und Iruka fand dieses Verhalten arrogant. Der Jounin würde nie zu schätzen wissen, was er im Gegensatz zu dem Jüngeren haben konnte.

Iruka vergrub die Hände in den Hosentaschen und beschleunigte seinen Schritt. Vermutlich würde er dem Anbu sowieso nicht auffallen, aber wirklich austesten wollte er es nicht.

Nur noch ein kleines Stück, dann war er an ihm vorbeigega…

„Man hört, du arbeitest wieder viel.“

Iruka blieb stehen, immerhin war er ein höflicher Mensch und Höflichkeit brachte es nun mal mit sich, dass man nicht einfach an jemandem vorbeilaufen konnte, wenn man gerade keine Lust dazu verspürte, mit demjenigen zu reden. Er sagte mit betonter Ruhe:

„Heute waren Prüfungen, da häuft sich die Arbeit eben.“

„Ein Wunder, dass dich deine Schüler noch von der Wand unterscheiden konnten, so bleich wie du bist.“

Noch ein Grund, warum Iruka nicht gern mit ihm redete. Sein Zynismus, der regelrecht aus jedem seiner Sätze triefte. „So ist das nun mal, da kann man nichts machen.“

Der junge Lehrer bemühte sich darum, Antworten zu geben, die keine weiteren Fragen zuließen. Bloß schnell das Gespräch beenden, nach Hause gehen und sich ins Bett legen.

Aber so einfach wurde es ihm natürlich nicht gemacht.

„Willst du mit in die Bar auf einen Sake kommen?“

„Nein, danke. Ich bin wirklich sehr müde und…“

„Ich auch“, unterbrach ihn Kakashi. „Nur für eine halbe Stunde und auf meine Rechnung.“

Iruka hob eine Augenbraue. Der Anbu hatte ihn nie gefragt, ob er mit ihm irgendetwas machen wollte. Sie sprachen ja kaum miteinander, was wiederum auf die mangelnde Sympathie zurückzuführen war. Und jetzt eine Einladung? „Du hast mich noch nie zum Sake eingeladen.“

„Ich brauche etwas Gesellschaft.“

„Seit wann denn das?“

Kakashi sah bei diesem offensichtlichen Sarkasmus milde verwundert aus und brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. Ein seltsames Lächeln, wie Iruka fand. Nicht wirklich belustigt, aber doch irgendwie ehrlich. „Ich weiß, ich pflege Kontakte nicht besonders, aber heute wäre es wirklich nicht schlecht, jemanden neben mir sitzen zu haben.“

„Eigentlich würde ich wirklich lieber ins Bett.“

Einen Moment herrschte Stille, bis Kakashi nickte. „Natürlich. Davon sollte ich dich nicht abhalten.“

Die nächste Sekunde veränderte Irukas gefestigte Sicht auf die Welt ein wenig. Er begriff, dass Kakashi an diesem Abend wirklich jemanden brauchte, der einfach da war. Wahrscheinlich beinhaltete das nicht mal richtige Gespräche oder etwas in der Art. Und verstand denn nicht gerade Iruka, dass man manchmal verletzlicher war, wenn man allein und für sich lebte? War Hatake Kakashi überhaupt in irgendeiner Weise angreifbar?

„Na gut. Eine halbe Stunde überstehe ich auch noch.“
 

Aus einer halben Stunde waren schnell zwei geworden und als die beiden die Kneipe verließen, war einer von ihnen betrunken und das war nicht Iruka.

Erstaunlicherweise hielt sich Kakashi sehr gut auf den Beinen, bis auf die kleinen unsicheren Schritt, die er hin und wieder setzte. Obwohl der andere ihm seine Schulter angeboten hatte, hatte er dankend darauf verzichtet. So schnell brachte einen Anbu nichts aus der Verfassung.

Kakashis Zunge hatte sich im Verlaufe des Abends etwas gelockert.

„Bist ein angenehmer Zeitgenosse.“

Iruka seufzte und kommentierte das mit einem „Ja ja“. Was konnte er auch sonst dazu sagen? Das war kein echtes Kompliment gewesen, nur sinnloses Gebrabbel eines Angetrunkenen. „Gehst du öfter Sake trinken?“

„Nur, wenn die Mission scheiße war.“

Das war mal was Neues. Die großen, starken Anbu betranken sich, wenn eine Mission nicht gut gelaufen war. Womöglich war jemand gestorben und zwar jemand aus den eigenen Reihen. Das war schwer zu beurteilen, denn offiziell wurde über so etwas nicht gesprochen. „Ich trink nicht so gern.“

„Ich auch nicht.“ Kakashi sah ihn an und irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Etwas Schmerzliches lag darin, das einen Beklemmungen fühlen ließ.

„Warum tust du es dann?“

„Weil Menschen selten das tun, was gut für sie ist.“ Kakashi blieb stehen und sein Gesprächspartner tat es automatisch auch. „Es ist wie der natürliche Selbstzerstörungsmechanismus.“

Er wusste nicht wieso, aber irgendwie interessierte Iruka dieses Gespräch langsam. Kakashis Ansichten liefen sicher nicht mit der Meinung jedes Menschen konform, doch er fand sie interessant und sogar zutreffend. „Und wenn es so schlecht für sie ist, warum tun sie es dann?“

„Weil sie sich in dem einen Moment, in dem sie es tun, besser fühlen.“

Ohne, dass er es gemerkt hatte, hatte Kakashi ihn an die Hauswand gedrängt und stützte sich beidseitig von seinem Kopf ab. „Ja… das klingt logisch.“ Ganz wohl war ihm nicht, aber einen angetrunkenen Hatake Kakashi machte man besser nicht sauer.

„Ich hatte nen richtig beschissenen Tag und ich würde mich gern besser fühlen.“

Plötzlich lag dem anderen ein „Ich auch“ auf den Lippen, aber das war irgendwie sehr gefährlich. Immerhin wusste er nicht, wie Kakashi sich besser fühlen wollte. Und so, wie er gerade an die Wand gedrängt wurde, und von der Nähe ihrer Gesichter zu schließen…

Kakashi hingegen sprach ungezwungen weiter, jedoch mit belegter und rauer Stimme:

„Ich seh dich manchmal, wenn du durch das Dorf gehst oder den Kids den Umgang mit den Shuriken beibringst. Du lächelst immer und ich frage mich, wieso du das tust.“

„Na, weil i-ich glücklich b-bin…“, stotterte Iruka etwas hilflos und sofort stob ihm der süßlich-bittere Geruch des Alkohols entgegen.

„Lüg doch nicht.“ Kakashi streichelte über seine Wange, wobei die Bewegung seiner Hand unkoordinierter wirkte als die seiner Beine. „Wir mögen in unterschiedlichen Arten der Einsamkeit leben, aber deswegen muss sie sich nicht anders anfühlen. Ich kenne die Schwärze, besser als du glaubst.“

Iruka fragte sich, warum er all dem so geduldig zuhörte. Dann fiel ihm der Sake ein, von dem er selbst auch nicht unbedingt wenig getrunken hatte. Aber war das ein Grund, sich gehen zu lassen? Vielmehr – war es eine Entschuldigung? Der Mann vor ihm sah so traurig aus und wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er gesagt, dass sich bei Kakashi zum ersten Mal Äußeres und Inneres glichen.

Von da an sprach Kakashi nicht mehr, sondern streichelte nur stumm Irukas Wange und das wahrscheinlich minutenlang. Und Iruka ließ ihn gewähren, denn sie waren beide allein und vielleicht war es gar nicht so schlecht, zu zweit einsam zu sein.
 

Warme Fingerspitzen strichen über Irukas Hals, als sich die neue Wärme des anderen Körpers zurückzog. Weiterhin hielt er die Augen geschlossen, brachte seinen Kopf in eine bequemere Position und atmete tief durch.

Seine Gedanken schwirrten in wilden Bahnen durch seinen Verstand, während er versuchte, die Realität der Situation zu begreifen. Da war etwas schief gelaufen, so hatte sein Tag definitiv nicht enden sollen. Im Bett schon, aber wenn, dann doch bitte in seinem eigenen.

Jetzt lag er hier, noch immer Hitze auf den Wangen und an Körperstellen, wo er es nie zuzugeben gewagt hätte, und überlegte, wie er am besten mit der Sachlage umgehen konnte.

Wie war es überhaupt dazu gekommen?

Er erinnerte sich daran, wie gut ihm Kakashis Berührung getan hatte, als er ihm die Wange gestreichelt hatte. Und wenn er ehrlich mit sich war, hatte ihm auch jede weitere Berührung gut getan.

Langsam, als würde er auf etwas Zerbrechlichem liegen, drehte er sich auf die Seite und öffnete die Augen. Da saß Kakashi und hatte ihm den nackten Rücken zugewandt.

Keiner von beiden traute sich, etwas zu sagen. Vielleicht befürchteten sie, mit den falschen Worten zu verletzen, doch die Stille lastete drückend auf ihnen.

Schließlich drehte Kakashi den Kopf und sah ihn mit seinem normalen Auge an.

Iruka wusste nicht recht, wie er den Blick deuten sollte. Nie hatte er sich wirklich Gedanken darum gemacht, aber jetzt fiel ihm auf, dass der Grauhaarige für ihn lesbar wie die Innenwand einer ägyptischen Pyramide war. Umso verrückter fühlte sich auf einmal das an, was sie gerade getan hatten.

Er wusste nur, dass es zugleich Realität und Illusion gewesen war. Das, was sie getan hatten, war sehr real gewesen und niemand konnte das abstreiten. Die Intention dahinter war es allerdings weniger. Sie hatten sich nicht einander hingegeben, weil sie wussten, dass sie gleich waren oder gleich über ihre Situation fühlten. Ganz im Gegenteil – sie waren Welten voneinander entfernt.

Schließlich setzte er sich auf, wobei er darauf achtete, dass die Decke nicht von seinem Schoß rutschte. Er fühlte sich entblößt, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Es war nicht Irukas Art, seine Verzweiflung nach außen hin zu zeigen und schon gar nicht gegenüber von Leuten, die er nicht einmal wirklich mochte. Zumindest war das der Zustand gewesen, bis Kakashis Hände angefangen hatten, über seine Haut zu fahren.

Es war so anders gewesen. Nicht wie die Umarmung der Eltern, keine tröstende Geste eines Freundes und auch nicht die Liebkosung eines Partners. Iruka hatte da nicht allzu viel Ahnung, seine einzige Beziehung war kurz vor seiner Chuunin-Prüfung gewesen und allzu lang hatte sie nicht angedauert. Doch er konnte sagen, dass sich dies definitiv unterschied. Was also dann?

Er fühlte sich stumpf. Wie ein betäubter Vogel, den man soeben durch einen Schredder gezogen hatte, um ihn – die Gedärme nach außen – wieder zusammenzuflicken. Iruka musste etwas über den Vergleich lächeln, doch das war genau das, was ihm alle seine Nerven zuriefen.

Wie Kakashi sich fühlte, das konnte er zu seinem Bedauern nicht sagen. Und eigentlich wollte er es auch nicht wissen. Auf eine seltsam sichere Weise war er sich sicher, dass er ihm gleichgültig war.

Das wiederum zeigte Iruka, dass er alles viel zu persönlich nahm.

Aber, verflucht – ein One-Night-Stand WAR persönlich!

Kakashi griff nach dem Hitai-ate, das auf den Tisch in der Nähe des Bettes lag, und band es sich um die Stirn, bevor er die linke Seite über sein Sharingan zog.

Der andere fragte sich, ob er sich nur ohne Stirnband wirklich nackt fühlte.

„Ich gehe jetzt mal“, begann Iruka vorsichtig. Einen Moment wartete er, ob Widerspruch folgen würde, doch es kam keiner und es verwunderte ihn auch nicht. Gleichgültigkeit.

Schließlich schlug er die Decke zurück und stand auf. Er schauderte kurz, als seine warmen, bloßen Füße den kühlen Boden berührten. Fast bedächtig sammelte er seine Sachen zusammen und zog sich an. Als er das obligatorische Stirnband umgebunden hatte, drehte er sich noch einmal zu Kakashi. Kurz zögerte er, denn er wusste nicht so recht, was er sagen konnte, doch dann meinte er: „Vielen Dank für den Sake.“

Danach ging er zur Tür, öffnete diese und verließ Kakashis Apartment. Es war kein guter Abschluss gewesen und die Begebenheit ließ ihn diese Nacht trotz seiner großen Müdigkeit nicht schlafen. So würde es ihm noch viele Nächte gehen.
 

Iruka war verdammt. Von Sandaime zum Urlaub verdammt.

Vielleicht hätte er doch zwischendurch eine Pause nehmen sollen, mal ein bisschen schlafen, keine Anbu nach Hause begleiten und schon wäre er nicht so blass gewesen, dass der dritte Hokage ihn nur einmal ansehen musste, um ihn zwei Wochen lang zu beurlauben.

Höchstwahrscheinlich hatte Sandaime nur selten einen Ninja erlebt, der sich mit Händen und Füßen gegen Urlaub gewehrt hatte. Shinobi hatten einen Hang dazu, sich zu überarbeiten, aber meist war das mit einer guten Behandlung durch Schlaf und Lindenblütentee zu beheben. Iruka hingegen war ein völlig hoffnungsloser Fall gewesen. Er ruhte sich erst aus, wenn man ihn beurlaubte oder KO schlug.

Also saß Iruka nun am Ichiraku und aß eine Miso. Ein bisschen fehlte ihm Narutos Gesellschaft, doch der junge Bondhaarige saß noch in der Schule und hörte einem anderen Lehrer mehr oder weniger aufmerksam zu. Aber irgendwie war es angenehm, in aller Stille essen zu können. Wenn sie zu zweit aßen, lief es immer darauf hinaus, dass Iruka seinen Schüler darauf hinwies, dass ein Shinobi sich gesünder ernähren musste und Naruto daraufhin erwiderte, dass in Nudeln, Schweinefleisch und Ei alles drin war, was man als Nährstoffe bezeichnete.

Iruka lächelte. So hatte er Ramen vor einigen Jahren auch verteidigt.

„Wie ich sehe, genießt du bereits deinen Urlaub.“

Iruka verschluckte sich, hustete kurz und drehte sich dann zum Hokage, der sich unbemerkt an den Imbiss gesetzt hatte und nun eine gewöhnliche Ramen mit Ei bestellte.

„Hokage-sama.“

Der Ältere lächelte ihn warm an. „Ich gönne mir eine Mittagspause und den Ichiraku besuche ich schon seit Jahrzehnten. Das Rezept ändert sich selten.“

„An alten Gewohnheiten festhalten, ja?“, sagte Iruka leicht grinsend.

Sandaime nickte. „Aber nur an Ramen. Man mag es mir nicht ansehen, aber ich unterstütze Veränderungen. Ohne die würde sich Konoha nicht entwickeln und es wäre nie zu seiner jetzigen Stärke und Größe gelangt.“

„Aber…“ Er stocherte mit den Stäbchen in seinen Nudeln. „Deswegen muss Veränderung doch nicht immer gut sein.“

„Es kommt drauf an, was man daraus macht“, erklärte der Hokage und lächelte weise, auch wenn es ihm selbst wohl nicht bewusst war. Von allen Bewohnern Konohas wurde er als der Mann angesehen, der die besten Antworten auf alle Fragen des Lebens kannte. Mit Sicherheit einer der Gründe, weshalb er in dieser wichtigen Position war.

„So, wie ich etwas aus meinem Arbeitsverbot machen soll?“

Der andere sah ihn nur fragend an. „Was für ein Ding?“

Iruka wurde rot, als ihm bewusst wurde, was er gerade gesagt hatte. Es klang ja fast so, als würde er eine Order des Dorfoberhauptes in Frage stellen. „Ich meinte, mein Urlaub.“

Auf einmal lachte der Hokage und setzte in derselben Sekunde seinen Hut ab. „Ich weiß, das muss ein Horror für einen Workaholic wie dich sein, aber in zwei Tagen wirst du es mögen, versprochen. Dann ähnelst du wieder ein bisschen dem glücklichen Jungen, der du mal gewesen bist.“

„Das ist sehr lange her“, gab der Lehrer zu bedenken und legte seine Essstäbchen beiseite. „Damals war alles noch anders.“

„Ah, Veränderung!“ Mit einer flüchtigen Geste streiften seine rauen Finger über die junge Hand und er schloss vergnügt die Augen. „Behalte deine Eltern gut in Erinnerung und im Herzen, aber vergiss dich selbst nicht.“

Dem Hokage wurde seine Portion gereicht und er griff nach seinen Stäbchen, die er auseinander brach. „Ah, Ramen!“

Iruka hingegen gab seine halbvolle Schale zurück und bedankte sich, auch wenn sein Appetit nicht besonders groß gewesen war. „Ich glaube nicht, dass ich mich selbst vergesse.“

Die Antwort darauf war ein bedächtiges Kopfnicken. „Du wirst es erkennen, wenn du endlich für dich lebst. Der Urlaub sollte dir helfen, Dinge zu ordnen. Und falls es nicht funktioniert, setze ich jemanden auf dich an.“

Der Chuunin straffte augenblicklich seinen Rücken und sah das Dorfoberhaupt entsetzt an. Wie hatte er das mit so einer Leichtigkeit sagen können?! „Das tun Sie nicht.“

„Toichi, die Soße ist hervorragend wie immer.“

Irukas Züge schliefen ein, als er feststellen wurde, dass seine Aussage völlig ignoriert worden war. Nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass der andere gelogen oder geblufft hatte.

Wieder legten sich vom Alter geblasste Augen auf ihn. „Du bist fertig mit Essen, also lege dich ein wenig hin. Nach dem Essen soll man ruhen…“

„ … oder tausend Schritte tun!“

„Ruhen ist besser, du hast ja kaum was auf den Knochen.“

Iruka schnaubte leise. „Ein übergewichtiger Shinobi ist kaum wünschenswert.“

„Das nicht“, gab der andere mit einem amüsierten Lachen zurück. „Aber einer, den der Wind wegbläst, wohl ebenso wenig.“

Nun musste er doch ein wenig grinsen. „Dann gehe ich jetzt besser schlafen.“

Mit diesen Worten stand er auf, verneigte sich leicht und ging.
 

tbc...

Do it only for yourself

Johoo. Danke für die beiden Kommis vom letzten Mal, das hat mich sehr gefreut. Von Freunden hab ich bisher auch Meinungen zu der Fanfic. Die eine lautete, ich solle sie fortsetzen und die andere, sie wäre schöner Schnulz (also angeblich im positiven Sinne).

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Eine Woche seines Urlaubs war vergangen und Iruka musste feststellen, dass die Weisheiten des Hokage nicht auf alle Lebensgebiete zutrafen. So gefiel es ihm zum Beispiel nicht, so viel Freizeit zu haben. Er konnte immerhin stattdessen im Büro sitzen und Aufträge ordnen oder in der Schule unterrichten. Aber so verschwendete er nur Tage, die Nutzen für das Dorf bringen konnten. Auch, wenn er es um keinen Preis aufgrund von Anstand und Respekt zugegeben hätte, so fand er dennoch, dass Sandaime keine gute Entscheidung getroffen hatte.

Müde lag er auf einer Wiese nahe dem Fluss, der Konoha passierte, und hatte die Augen geschlossen. Offenbar fühlte man sich schnell schläfrig, wenn man nicht besonders viel zu tun hatte.

Die Sonne wärmte sein Gesicht auf angenehme Weise und ab und zu lockerte eine frische Böe die erhitzte Luft. Einige Grashalme kitzelten sein Gesicht.

Iruka verspannte sich unbewusst, als plötzlich Schritte hörbar wurden. Normalerweise traf man in Konoha, direkt neben dem Dorf, keine Feinde an, doch davon konnte sich ein Shinobi nicht lenken lassen. In den Regeln stand ganz klar, dass man keine Situation unterschätzen durfte.

Das Geräusch wurde immer deutlicher. Jemand kam näher.

Immer mehr spannte er seine Muskeln an, jeden Moment bereit, sein Kunai zu greifen und in die Höhe zu schießen. Näher.

Direkt neben seinem Ohr ertönte ein feuchtes Platschen, als etwas Flüssiges auf das Gras neben ihm tropfte. Im gleichen Moment passierten die Schritte ihn… und entfernten sich weiter.

Verwirrt hob er leicht den Kopf und sah der Person hinterher, die er sofort an dem bezeichnenden Merkmal erkannte: Das silberne Haar.

Schnell hatte er sich aufgesetzt und schon den Mund geöffnet, als ihm klar wurde, dass Kakashi an ihm vorbeigelaufen war. Das sprach ja wohl kaum dafür, dass er im Moment besonders viel Lust auf Reden hatte. Na ja, zumindest nicht mit Iruka. Das war nichts Neues für den Chuunin. Viele Leute ignorierten ihn und hatten es schon immer getan. Sicherlich gab es Angenehmeres, aber Iruka zwang sich fortwährend dazu nicht darüber nachzudenken. Das gelang ihm auch meist, aber in Augenblicken wie diesem fuhr es wie ein heftiger Stoß in seine Brust, bereit, ihm die Luft zum Atmen zu rauben.

Er spürte etwas Feuchtes an seiner linken Hand und hob sie angewidert. Das war sicher die Flüssigkeit, die vor einigen Sekunden auf den Boden neben ihm getropft war. Seine Augen weiteten sich, als er erkannte, worum es sich handelte. Gut, Kakashi mochte ihn ignorieren und Iruka mochte den Fakt ignorieren, dass er ignoriert wurde, aber wenn er so etwas sah, hielt er sicher nicht den Mund.

„Kakashi!“

Der Anbu blieb stehen, drehte sich allerdings nicht um.

Mit einem Ruck war der Lehrer aufgestanden und ein paar Schritte auf den anderen zugegangen. „Du bist verletzt.“

„Schon möglich“, kam es nur leise zurück und er setzte seinen Weg fort.

„Du solltest unbedingt zum Hospital.“

„Dahin gehe ich gerade.“

„Lügner!“

Erneut blieb Kakashi stehen und dieses Mal wendete er den Kopf so, dass er den anderen Mann ansehen konnte. Sein gesundes Auge war wie immer halb offen und verriet nichts von dem, was in ihm vorging. „Klingt das nicht hart?“

Während er sprach, ging der Dunkelhaarige auf ihn zu und sah nicht besonders angetan von der ganzen Sache aus. „Du gehst genau in die entgegen gesetzte Richtung vom Krankenhaus und sagst mir, du bist auf dem Weg dorthin. Wie willst du es da anders nennen, als eine Lüge?“

„Eine Taktik, um endlich unter die Dusche zu kommen?“

So etwas konnte doch nicht wahr sein! Durften so unvernünftige Menschen wirklich zur Elite der Nation zählen? Manchmal fragte sich Iruka, warum alle Jounin einen Knack hatten. Die einen führten sich auf wie Naruto ein paar Nummern größer und weiblich, andere lachten über seltsame Witze, wiederum andere schienen dem Hippierausch der Jugend verfallen zu sein und von den Abnehmern von Jiraiyas Büchern wollte er besser nicht reden. „Du solltest das verarzten lassen.“

„Die Schramme ist den Gang zum Arzt nicht wert“, sagte der Anbu und der Tonfall seiner Stimme machte schnell sehr deutlich, dass er von seiner Meinung nicht abweichen würde. Erst einmal eine Dusche, der Rest war ihm völlig egal.

Langsam wurde Iruka das Gefühl nicht mehr los, dass Kakashi es nicht mochte, weiter aufgehalten zu werden. Aber ihn verletzt und völlig unbehandelt nach Hause gehen zu lassen, lag nicht in seiner Natur und der konnte man bekanntlich schwer nachgeben. „Gut, dann versorge ich deine Wunden.“
 

Es hatte sich herausgestellt, dass Kakashi keinen vernünftigen Vorrat an Verbänden und Salben besaß. Bei dem Wort „Desinfektionsmittel“ hatte er nur verwirrt geguckt und so hatte sich Iruka entschieden, ihn zu seinem Apartment zu bringen und ordentlich zu versorgen. Seine Wunde zu versorgen. Nichts anderes. Nichts zweideutiges.

Auf dem Weg hatte Iruka entschieden, dass die Idee vielleicht doch nicht die tauglichste gewesen war, und bis zu dem Moment, als er seine Tür aufschloss, war das Gefühl nicht verschwunden.

„Setz dich auf den Stuhl dort und zieh dein Shirt aus.“ Es war dem Chuunin fast unmöglich, dies ohne ein Erröten zu sagen, also drehte er sich schnell um und ging in das Bad, um den Erste-Hilfe-Kasten zu holen. Nachdem er den Kasten auf den Toilettendeckel gestellt hatte, stellte er den Wasserhahn an und wusch sich das Gesicht.

Wie hatte er auch nur im Entferntesten glauben können, einfach so über das Geschehene hinwegsehen zu können? Als Chuunin, und insbesondere als Lehrer, hatte er gelernt, mit Problemsituationen umzugehen, aber das hier lag nicht in seiner Macht. Immer wieder spülten die Erinnerungen an das Erlebte von vor einer Woche durch seinen Kopf und er konnte deutlich spüren, wie sich eine Gänsehaut über seinen Nacken zog. Wie sollte er damit umgehen?

Plötzlich fühlte er sich nicht mehr wohl dabei dabei, Kakashi in seiner Wohnung zu haben. Nicht, weil es erneut geschehen konnte, aber weil Kakashi mit Sicherheit auch gerade darüber nachdachte, und war es auch nur unterbewusst. Und Iruka wusste, dass er nackt gewesen war und verletzlich. Eben alles das, was er nie vor anderen Menschen sein wollte und schon gar nicht vor einem Genie der Attentateinheit.

Endlich fand er die letzten Reste seiner Courage, nahm den Kasten und ging zurück in das Wohnzimmer. Kakashi hatte statt dem Stuhl das Sofa gewählt und da wurde dem Brünetten klar, warum er den Anbu gebeten hatte, sich auf den Stuhl zu setzen. Das Sofa war viel zu… bequem.

Iruka schluckte und setzte sich neben den nunmehr halbnackten Jounin. Seine Nervosität sank etwas, als er bemerkte, wie verletzt Kakashi eigentlich war.

Ein gewaltiger Schnitt zog sich quer über seine Seite und er musste unweigerlich denken, dass, wäre es nur ein Stück tiefer gegangen… „Du gehörst wirklich ins Krankenhaus.“

„Kannst du es denn nicht heile machen, Iruka-sensei?“

Iruka schnaubte angesichts dieser Nachahmung seiner Schüler, die sich bei Verletzungen wesentlich reifer benahmen als Kakashi. Nachdem er geprüft hatte, ob Nähen nötig war, und dies für unnötig befunden hatte, nahm er das Desinfektionsmittel und machte sich an die Reinigung der Wunde. Unter seinen Fingern zuckte die rötliche Haut, was angesichts des Brennens nicht verwunderlich war. Ansonsten ließ sich Kakashi nichts anmerken.

Iruka griff nach dem Verband und zog die Plastikhülle davon ab, als sich eine Hand um seinen Unterarm schloss. Verwirrt sah er den anderen an, der nur den Kopf schüttelte. „Was ist? Hab ich was falsch gemacht?“

„Ich möchte keinen Verband um den ganzen Oberkörper. Das stört beim Duschen.“

Iruka blinzelte kurz und zuckte dann, eher zu sich selbst, die Schultern. „Okay, dann mach ich dir halt ein schön langes Pflaster.“ Damit schnitt er ein langes Stück des Verbandes ab, legte diesen zu einem dreilagigen Streifen zusammen und befestigte ihn mit Hilfe von Pflasterband über Kakashis Wunde. „Das dürfte auch beim Duschen halten. Allerdings würde ich darauf achten, dass es nicht allzu nass wird.“

„Darf ich deine Dusche benutzen?“

Diese Frage traf ihn so unvorbereitet, dass Iruka nur die Augen aufriss und ihn konfus ansah. „Äh… hm?“

„Deine Dusche. Meine ist kaputt und produziert derzeit nur kaltes Wasser.“

Der Jüngere schüttelte unwirsch den Kopf, um sich selbst zur Ordnung zu rufen. Irgendwas an Kakashis Bitte behagte ihm nicht und ihm war auch ganz klar, was es war. Aber war es nicht etwas unfair, dem Anbu etwas zu unterstellen? „Natürlich. Geh einfach ins Bad und ich leg dir dann ein Handtuch rein.“

Kakashi stand stumm auf und ging so zielsicher zum Bad, als wäre er schon einmal in der Wohnung des Chuunin gewesen. Dieser fragte sich, woher der Grauhaarige das gewusst hatte und kam zu seiner wachsenden Beunruhigung zu dem Ergebnis, dass er ihn genau beobachtet haben musste, als er das Verbandsmaterial geholt hatte. Paranoia überfiel ihn und er fasste sich automatisch an sein Gesäß. Er hatte ihm doch wohl nicht etwa dahin geschaut?!

Das Wasser der Dusche wurde angestellt und er machte sich auf die Suche nach einem Handtuch.

In seinem Schlafzimmer befand sich eine Kommode, in der er solche Dinge unterbrachte. Er wühle sich durch die Handtücher und überlegte krampfhaft, welches er seinem Gast geben konnte. Eines mit Delphinen? Zu aufdringlich. Ein babyblaues? Zu babyhaft. Ein pinkes? Nicht dran zu denken.

Schließlich entschied er sich für ein neutral weißes und machte sich damit auf den Weg zum Bad. Er platze im ungünstigsten Moment herein.

Kakashi stand in der Mitte des Bades, splitternackt, nass und hatte den Blick zur Tür gerichtet, so dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass er sah, wie Iruka… sah.

„Ah, da kommt ja mein Handtuch!“, meinte er lächelnd und ging direkt auf Iruka zu. Er hob seine rechte Hand, aber anstatt nach dem Frottee zu greifen, glitt seine Hand zu Irukas Pferdeschwanz.

Mit einem Mal fühlte sich Iruka furchtbar unwohl dabei, an so einer harmlosen Stelle berührt zu werden. Und vielleicht war er paranoid, aber es gab Situationen, mit denen konnte er einfach nicht umgehen. „Was tust du da…?“

Nun lächelte Kakashi und hielt ihm ein braunes Blatt entgegen. „Herzlichen Glückwunsch. Dir ist das erste braune Blatt dieses Herbstes zugeflogen.“

Langsam griff der Braunhaarige nach dem Laub und fühlte sich jämmerlich bei dem Gedanken, in Kakashi immer nur Schlechtes sehen zu wollen. Eigentlich war er ja ganz nett und nicht so ein Perverser, wie es immer den Anschein hatte. Er hielt ihm das Handtuch entgegen und lächelte. „Bitteschön.“

Kakashi nahm es entgegen und drückte es kurz an sein Gesicht. „Es riecht gut…“

Sollte er jetzt erwidern, dass er Lavendel in seiner Schubladen legte, damit alles gut duftete, und er bald mal Rosenblätter ausprobieren wolle? Keine gute Idee, entschied er.

Kakashi senkte das Handtuch und beugte sich vor, bis Iruka das Kitzeln seines Atems auf seinem Hals spüren konnte. Unweigerlich versteifte er sich. Auf unbestimmte Weise hatte er das Gefühl, dass er Kakashis Gedanken in diesem Moment lieber nicht lesen können wollte.

„Du riechst auch gut.“

„D-danke…“

Er spürte, wie die Nase des Jounin seinen Hals entlangfuhr und ein Schauer überkam ihn. Das jetzt war nicht mehr nur Riechen und beide wussten es. Zwei starke Hände legten sich an seine Hüften und Iruka sog die Luft scharf ein. „Warte mal!“

Der Anbu hob seinen Kopf. Mehr nicht.

„Hör zu, du bist verletzt.“

„Dann puste doch meine Wunden.“

Nun wurde Iruka rot und das gefiel ihm nicht. Offenbar schien den anderen das aber völlig desinteressiert zu lassen. „Nein, wirklich! Nicht…“

„Warum nicht?“

Iruka dachte nach. Er brauchte ein paar Sekunden und sie kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Er wusste es einfach nicht und schwieg.

Die Lippen des Jounin streiften über seine Wange und ihnen entkamen nur wenige Worte. „Mach es nur, wenn du es für dich machen willst.“

Noch begriff er nicht ganz, was Kakashi ihm damit sagen wollte, aber er würde fragen. Nicht jetzt, aber irgendwann.
 

Iruka drückte das kühle Kopfkissen gegen seine nackte Brust und zog beiläufig die Decke höher, damit sie seinen Hintern bedeckte. Er starrte aus dem Fenster und stützte sich dabei auf seine Unterarme. Draußen wirbelten rötlich verfärbte Blätter durch die Luft.

„Der Herbst ist da.“

Einen Augenblick herrschte Stille, dann drehte der aufrecht sitzende Kakashi ihm den Kopf zu. „Habe ich das nicht vorhin gesagt?“

Er grinste. „Sorry, ein Perverser hat mich abgelenkt.“

Ein leises Schnauben war die Antwort.

Müde drehte sich Iruka auf den Rücken und schenkte nun seine visuelle Aufmerksamkeit der Decke über ihnen. „Kakashi?“

„Hm?“

„Was sind wir?“

Eine lange Pause setzte ein, in der beide nachdachten.

Iruka hatte die Antwort auf seine Frage in dem Moment gefunden, als sie durch Kakashis leise Stimme geäußert wurde.

„Nichts.“

Der Jüngere schob die Arme unter den Kopf und schloss die Augen. In seinem Leben gab es keine Veränderung, denn da war nichts. Ja, das klang irgendwie logisch.
 

Mit jedem Schritt glaubte der Lehrer, tiefer im Schnee zu versinken. Hinter ihm hörte er viele Schritte, aber es beunruhigte ihn nicht, da die Geräusche von seinen Schülern verursacht wurden.

Waldwanderung im Winter.

Er hasste diese Art von Unterricht, aber irgendwie musste man den Genin-Anwärtern ja zeigen, wie man sich auch bei miesesten Wetterbedingungen gut versteckte und anschlich. Und da er ihr Lehrer war, blieb diese Aufgabe auch an ihm hängen.

Kurenai dankte oft dafür, dass sie solche Aufgaben nicht innehatte, doch er lächelte. Denn er tat es gern, weil es den Kindern einen Nutzen brachte. Und er lächelte auch, wenn ihn ein harter Eisball im Nacken traf.

Sein Dasein war nie das beste gewesen. Ein Waisenjunge, ausgeschlossen von anderen Kindern. Ein Chuunin, nie dazu in der Lage, den nächsten Rang zu erreichen. Einfach ein Lehrer, dem man sagte, er solle mit mehr Härte unterrichten.

Er vergrub sein Gesicht tiefer in dem braunen Schal und steckte die Hände in die Hosentaschen. Konoha konnte im Winter sehr kalt sein.

„Sensei?“

Iruka blickte hinter sich und sah den betreffenden Jungen fragend an.

„Ich muss mal.“

Schallendes Gelächter brach aus und Iruka sah wieder nach vorn. So etwas wäre in den jüngeren Klassen normal gewesen, aber diese Zehnjährigen machten ihm zu schaffen.

Sein ganzes Leben hatte daraus bestanden, dass man über ihn gelacht hatte. Er war absichtlich in den Fluss gefallen und er hatte mit allen gelacht, aber am Ende war es doch nur das Lachen über ihn gewesen. Die gesamten Jahre hatten die Leute es immer wieder getan und solche Vorfälle wie dieser hielten es ihm klar vor Augen.

Eines Morgens war er aufgewacht und hatte festgestellt, dass er seine Schüler nicht mehr liebte. Er war nicht mehr bereit, alles für sie zu opfern. Also hatte er mehr gearbeitet, um sich selbst zu widersprechen. Um sich selbst zu zeigen, dass er doch noch Sorge für seine Schützlinge trug. Die Wahrheit war anders.

Ohne seine Arbeit war er ein Niemand. Er besaß keine sozialen Bezüge, bis auf seine Schüler. Sonst hatte er Nichts.
 

Eine warme Hand strich über seinen Rücken und er legte den Kopf auf die Brust des anderen.

„Ich hasse den Winter.“

Iruka schloss die Augen und murmelte ein: „Warum?“

„Er ist kalt. Der Frühling ist besser.“

Innerlich musste er über diese Aussage schmunzeln. Sie sprachen sehr wenig und noch seltener war es, dass Kakashi von selbst zu reden begann. „Frühling, ja?“

„Klar…“ Der Jounin bewegte sich kurz, um eine angenehmere Position zu suchen, die die Sofalehne nicht regelrecht in seinen Rücken bohrte. „Wartest du nicht auch auf den Frühling?“

„Doch“, flüsterte Iruka und sein Amüsement verschwand. Wer wartete nicht auf den Frühling? Manche fanden ihn, manche würden ihn nie sehen. Er selbst wusste, dass sie beide nie zu der ersten Gruppe gehören würden. Der Gedanke gefiel ihm nicht. So selten war es ihm möglich, nicht an all das zu denken, und das ging nur in diesen kleinen Momenten, in denen er bei Kakashi war. Er wollte nicht jetzt darüber nachdenken. „Jedenfalls riechst du nach Herbst.“

Die Hand blieb in seinem Nacken liegen, doch die Wärme war nicht real. Die Finger waren kalt.

„Und wie riecht der Herbst?“

Darauf gab er keine Antwort, auch wenn sie ihm auf der Zunge lag. ‚Nach Einsamkeit’ hatte er sagen wollen, aber das war nicht passend. Nicht jetzt in einem dieser Augenblicke, die ihn vergessen ließen und in denen er nicht einsam und nicht in Gesellschaft war.

Sie hatten nichts, ihnen gehörte nichts. Sie gehörten nur sich selbst und er begriff, warum er es nur für sich tun sollte.

Zwischen ihnen war eine Abhängigkeit gewachsen, die darin bestand, etwas zu erhalten. Etwas, das keinen Namen hatte und sich nicht gut und nicht schlecht anfühlte, wurde gegeben, nur damit man es zurückbekam. Vielleicht konnte man es als Tauschhandel bezeichnen.

„Kakashi?“

„Hm?“

„Wie lange stehst du schon auf Männer?“

Verwundert hob Kakashi den Kopf und blinzelte zweimal. Vielleicht hatte er auch nur mit einem Auge gezwinkert, da sein linkes Auge von silbernem Haar bedeckt war. „Und wer hat gesagt, dass ich auf Männer stehe?“

Nun fühlte sich Iruka unwohl. So unwohl, wie sich ein Erwachsener fühlte, wenn er dabei erwischt wurde, wie er auf dem Kopierer seine vier Buchstaben vervielfältigte. „Uh… ah, sorry… Ich meinte nicht, dass…“

Nun musste der andere lachen und tätschelte leicht die Schulter des Chuunin. „Hey, alles okay. Willst du es ehrlich wissen?“

„Natürlich will ich das.“

„Ich bin nie verliebt gewesen, deswegen habe ich keine Ahnung.“

Vorsichtig setzte Iruka sich auf, immer darauf bedacht, sich nicht schmerzhaft auf Kakashi abzustützen oder ihm gar das Knie in den Schritt zu pressen. Irgendwie hatte er ein Talent dafür, ungeschickte Dinge zu tun, auch wenn er sie meistens erfolgreich vertuschen konnte. „Du warst nie verliebt?“

„Nie.“

„Aber warum?“

Es trat lange Stille ein, was beinahe zu einem Ritual bei ihren Gesprächen geworden war. Sobald Iruka eine Frage dieser Art stellte, die über normalen Smalltalk hinausging, schien sich der Anbu jedes Wort seiner Antwort einzeln durch den Kopf gehen zu lassen, um nichts Falsches zu sagen.

.„Wer etwas hat, kann auch etwas verlieren, das solltest du dir merken. Ich habe bereits Dinge… Personen verloren, die mir wichtig waren. Nie wieder soll mir jemand wichtig werden.“

Bei diesen Worten hatte Kakashi den Kopf zur Seite gedreht und die Augen halb geschlossen. Allem Anschein nach war es ihm unangenehm, über so etwas Persönliches zu reden. Er war dafür bekannt, nicht viel über seine Gefühls- und Gedankenwelt preiszugeben, doch Iruka fühlte sich nicht geehrt. Dass er es ihm erzählt hatte, hatte keinerlei Bedeutung. Sie würden sich nicht trösten können.

Langsam griff Iruka nach unten und strich dem Mann die silbernen Haare aus dem Gesicht, um das rote Auge zu betrachten, welches das Bluterbe des Uchiha-clans war. Für ihn gehörten die beiden so unterschiedlichen Augen zusammen und nur zu einem Mann, aber er fragte sich, ob Kakashi seinen besten Freund sah, wenn er sich im Spiegel betrachtete. Doch das fragte er lieber nicht.

„Möchtest du Tee? Es ist ziemlich kalt und du hast Gänsehaut an den Unterarmen.“

Dies schien Kakashi aus seinen Gedanken zurückzuholen und er richtete sich etwas auf. „Nein, danke. Ich muss bald zu einer Mission.“

„Dann kann ich dir eine Thermoskanne voll mitgeben.“

Der letzte des Hatake-Clans lächelte nur etwas und rieb Iruka kurz die Schulter, bevor er sich unter ihm wegzog und die Beine über den Rand des Sofas schwang. Dann suchte er seine Kleidung zusammen und stand ganz auf. Es dauerte keine zwei Minuten, bis er vollständig angezogen war und sich sein Katana umschnallte.

Noch einmal drehte er sich zur Iruka. „Es wird eine zweiwöchige Mission. Der Tee würde also kalt werden.“

Iruka begriff. Er nickte.
 

tb...

Strength and heart

Mal wieder víelen Dank an die Kommischreiber vom letzten Mal. ^^
 

Heute gibt es endlich mal ein bisschen Yondi-Action. Der Teil ist auch sonst einer der melancholischsten der FF. Angeblich hat meine Schniefi beim Lesen geheult, aber na ja... XD
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

„Iruka-sensei!“, rief ein blonder Junge und hatte seinen Lehrer bereits eingeholt, bevor er das Schulgebäude verlassen hatte.

Iruka drehte sich lächelnd um und schloss kurz die Augen. „Na, Naruto? Wie lief dein Test heute?“

Kurz ließ Naruto den Kopf hängen, dann hob er diesen wieder und grinste breit. „Wissen Sie

noch, was Sie mir heute versprochen haben?“

Überlegend legte der Erwachsene einen Finger ans Kinn und drückte nachdenklich seine Tasche an die Brust. „Was war es denn nur? Habe ich dir wirklich etwas versprochen, Naruto?“

„Sensei!“

Iruka lachte und nickte schnell, bevor der Blonde noch ein Kunai zog und ihm das Auge ausstach. Bei manchen Dingen konnte man mit Naruto nicht allzu lange scherzen. „Miso zum Abendessen, habe es nicht vergessen.“

Er ging weiter und der andere lief an seiner Seite.

Iruka liebte es, mit Naruto Ramen zu essen. Er glaubte, hätte das jemand mit ihm gemacht, als er noch ein Kind gewesen war, hätte er sich sehr gefreut. Es war wichtig, eine Bezugsperson zu besitzen, und bis Naruto sein Schüler geworden war, hatte er selbst niemanden gehabt. Natürlich ging der Hokage ab und zu auf einen zu, weil er sich wirklich um die Bewohner Konohagakures sorgte, aber auch er hatte nicht immer für alle Zeit.

Jedenfalls war Naruto für den jungen Lehrer wie ein kleiner Bruder oder sogar wie ein Sohn.

Endlich gelangten sie beim Ichiraku an und setzten sich auf die Hocker.

Der Ladenbesitzer Toichi lächelte sie nur an und gab jedem sofort eine Miso, da die Bestellung sich in den letzten fünf Jahren nie geändert hatte. Es gab Leute im Dorf, die redeten über die Freundschaft der beiden, doch ihn interessierte das nicht. Es war immer wieder angenehm, ihnen bei ihren Gesprächen zu lauschen.

„Also lief der Test nicht so“, stellte Iruka fest und brach die Stäbchen.

Zur Antwort bekam er ein leises Brummen. „Ich hasse Mathe.“

„Ich auch.“

Nun musste Naruto doch grinsen und erklärte nicht gerade leise: „Aber Hokage werde ich trotzdem!“

„Da nimmst du ein schweres Erbe auf dich.“

„Ich will mindestens so toll werden wie Yondaime!“

Auf Irukas Gesicht schlich sich ein nostalgisches Lächeln, als er an den Mann dachte, der noch immer als der Retter Konohas galt. Nur einmal hatte er mit ihm geredet.
 

Die Sonne stand tief am Himmel und bald würde sie untergehen.

Obwohl es ein warmer Sommer war und das Wetter nicht besser sein konnte, waren die Straßen leer. Unheil lag in der Luft und jeder spürte es.

Vor weniger als drei Tagen war die Späh-Einheit der Anbu von einer Mission zurückgekommen und hatte gemeldet, dass sie ein furchtbares Monstrum an der Südgrenze Konohas entdeckt hatten. Von da an war das Chakra des Unwesens für alle immer spürbarer geworden.

Morgen würden alle Chuunin und Jounin Konohagakures kämpfen, um ihre Nation zu schützen.

Iruka saß auf dem Dach seines Hauses und ließ den Blick über das Dorf schweifen. Vielleicht würde alles davon bald nicht mehr existieren.

Er schloss die Augen und unterdrückte das Brennen in ihnen. Sein Vater hätte ihm gesagt, dass nur schwache Ninja weinten, und er wollte nicht schwach sein.

Seine Hände begannen zu zittern, weshalb er sie sich schnell zwischen die Beine klemmte. Iruka hatte Angst, die schlimmste Angst seines Lebens.

„Du Schwächling. Du Heulsuse“, schalt er sich selbst und biss die Zähne aufeinander. „So wirst du nie ein richtiger Ninja!“

Ein Luftzug ließ ihn aufmerksam werden und er hob überrascht den Kopf, als er bemerkte, dass nun jemand neben ihm saß. Er sah die Person an und schnappte nach Luft. „Yondaime-sama!“

Yondaime lächelte. „Ich hatte nicht erwartet, heute Abend noch jemanden anzutreffen.“

„Ich habe es drinnen nicht mehr ausgehalten“, gab der Junge leise zu und legte das Kinn zwischen die angezogenen Knie.

„Das kann ich schon verstehen. Jeder ist sehr nervös wegen morgen.“

„Sie etwa nicht?“

Yondaime legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Ein paar Sekunden ließ er sich einfach nur den lauwarmen Wind um das Gesicht streichen. „Nicht sehr. Aufregung lenkt nur vom Wesentlichen ab.“

Fast schüchtern hob Iruka den Kopf wieder und sah den Mann voller Bewunderung an. „Sie sind zu Recht der größte Ninja im Dorf.“

„Komisch. Von meinen beiden Ex-Schülern höre ich immer das Gegenteil.“

Nun mussten beide lächeln, auch wenn es bei dem Jungen nicht lange anhielt.

„Ich könnte nie so stark sein. Ich sitze hier und habe nur Angst davor, dass jemand stirbt.“

Er spürte eine warme Hand auf seinem Rücken und seine Wangen färbten sich rosa, als ihm bewusst wurde, dass diese Hand dem Hokage gehörte.

„Es wird immer jemand sterben“, erklärte der Blonde sanft. „Ich kann nur versuchen, die Zahl einzugrenzen.“

Etwas Feuchtes stahl sich aus Irukas Augenwinkeln und er machte eine hektische Handbewegung, um die Tränen wegzuwischen, bevor Yondaime sie sah.

„Versteck deine Tränen nicht.“

Iruka zuckte stark zusammen und wagte es nicht, den Mann neben ihn wieder anzusehen. „Nur Schwächlinge heulen.“

Die Hand legte sich auf seine Schulter.

„Das ist nicht richtig. Weinen ist etwas sehr Menschliches und es zeigt nur, dass du ein gutes Herz hast.“

„Was hilft mir ein gutes Herz im Kampf?“, murmelte Iruka verbittert.

„Nichts. Nicht jeder ist für den Kampf geeignet, viele zerrüttet es. Sehr viele Anbu kommen abends nach Hause und sitzen einfach nur da. Aber durch das, was du hast, kannst du Menschen Nähe schenken, wenn sie es selbst nicht können.“

„Wozu braucht man einen Ninja, der nicht kämpfen kann?“

Yondaime lachte leise und Iruka sah ihn verwundert und etwas zornig zugleich an. Er wollte wirklich nicht ausgelacht werden, nicht auch noch von dem Mann, den er bewunderte.

„Iruka, du bist doch sehr klug, wie ich das so höre“, begann Yondaime, nachdem er sich selbst zur Ordnung gerufen hatte. „Intelligenz ist noch wichtiger als Stärke. Auf Intelligenz baut das ganze Wissen Konohas auf, das es zu einer so starken Nation macht. Späher, Medic-nins, die armen Bürokraten, die für mich arbeiten, Lehrer… Hey, Lehrer klingt doch gut.“

Der Junge blinzelte verwirrt. „Lehrer?“

Der junge Hokage nickte und schien von seinem Einfall sehr begeistert zu sein. „Na, klar. Du könntest doch Chuunin werden und dann deine Lehrer-Lizenz machen. Das macht richtig Spaß, die Kleinen rumzuscheuchen, ich schwör’s!“

Nun musste Iruka erneut lächeln und dieses Lächeln blieb. „Das ist bestimmt lustig.“

„Versprichst du es mir? Es wäre sonst wirklich eine Schande, wenn uns ein guter Lehrer abhanden kommen würde.“ Während er das sagte, stand Yondaime auf und strich sich durch das blonde Haar. Eine Antwort wartete er nicht ab, bevor er meinte: „So, ich muss noch ein paar Hausbesuche machen, bevor es ins Bettchen geht. Der kleine Grauschopf isst doch nicht richtig, wenn man nicht wie ein Hund aufpasst.“ Dann sprang er vom Dach und war verschwunden.

Iruka schloss wieder die Augen, blendete das Gefühl des fremden, bösartigen Chakras aus, und atmete die frische Luft ein. „Ich verspreche es.“
 

„Iruka-sensei.“

Er fuhr zusammen und hätte fast seine Schale mit Nudelsuppe umgestoßen, als er die weibliche Stimme hinter sich vernahm.

Iruka und Naruto drehten gleichzeitig ihre Köpfe, um Kurenai zu erblicken, die die Arme in die Seiten gestemmt hatte.

„Kurenai-sensei“, stellte der Lehrer überrascht fest und fragte sich, was sie ihm wohl zu erzählen hatte. Ohne Grund ging Kurenai auf keinen außer Asuma zu. Es kursierten schon seit einiger Zeit Gerüchte über die beiden, die jedoch keiner beweisen konnte.

Wie auf Befehl fing die Brünette von allein zu reden an. „Hast du schon gehört, dass Anbu-Einheit acht zurück ist?“

Perplex schüttelte Iruka langsam den Kopf. Sie hatte ihn so überrumpelt, dass ihm erst einige Sekunden später einfiel, dass das Kakashis Einheit war.

„Die Mission ist daneben gegangen.“

Mit einem Mal fühlten sich Irukas Fingerspitzen taub an und auch die Farbe schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein, was Naruto mit einem „Iruka-sensei, was ist?“ honorierte.

„I-Ist jemand umgekommen?“

Kurenai ließ die Arme sinken und sah kurz zur Seite, bevor sie seufzte. „Ich habe gehört, es soll übel gelaufen sein. Ein paar Otonin sind wohl dazwischengeplatzt und nur zwei der Anbu kamen relativ unbeschadet und mit dem Schrecken davon.“

Nun war Iruka so blass, dass seine Narbe, die von einer Wange zur anderen reichte, deutlich rot in seinem Gesicht hervorstach. Diese Nachricht war schrecklich, auch wenn er die meisten der Anbu nur vom sehen kannte. „N-Nur zwei?“

Inzwischen gehörte Kurenai auch Narutos ganze Aufmerksamkeit, der seine fast leere Schale Ramen völlig vergessen hatte. In seinen Augen lag Neugier und auch ein wenig Furcht, wie Iruka mit einem kurzen Seitenblick feststellte.

Kurenai schob sich eine Haarsträhne hinter das linke Ohr und nickte nur leicht. „Ja. Ayatoshi-san und Kakashi-san. Sie sahen ziemlich fertig aus. Aber deswegen bin ich eigentlich nicht gekommen.“

Iruka musste zweimal blinzeln, bis er sich wieder voll und ganz auf die Brünette konzentrieren konnte. „Uh, noch mehr schlechte Nachrichten?“

Sie neigte den Kopf leicht zur Seite. „Denke ich nicht. Der Hokage hat nach dir verlangt.“

Eigentlich passte ihm das nicht wirklich, aber andererseits war der Hokage derjenige, für den er so hart arbeitete. Für ihn war Sandaime ein ehrbarer Mann und ihm sollte man auch Respekt zollen, so wie jedem Hokage zuvor.

Deshalb legte er das Geld auf den Tresen und stand auf. Noch einmal sah er zu Naruto. „Und komm morgen nicht wieder zu spät, wir üben Shurikenwerfen.“

Naruto grinste breit und salutierte. „Bei Übungen bin ich nie zu spät!“

Das brachte den Lehrer zum Lächeln und er winkte noch einmal kurz, bevor er an Kurenai vorbeiging und sich auf den Weg zum Hokage-Turm machte.
 

Iruka klopfte an die Tür des Büros des Hokage und öffnete sie, als ein „Herein“ erklang.

Wie immer verneigte er sich kurz und sah dann erwartungsvoll zu dem älteren Mann, der an seinem Schreibtisch saß und Pfeife rauchte.

„Hokage-sama. Kurenai-sensei hat mir ausgerichtet, dass Sie mich sprechen wollen.“

Sandaime nickte und lächelte ihn gütig an. „Ich habe einen Auftrag und bin mir sehr sicher, dass du der richtige Mann dafür bist, Iruka.“

Da war er der einzige im Raum, der so dachte. Der Chuunin war erschöpft, sowohl vom Unterricht als auch von der Nachricht, die er soeben erfahren hatte. Ihm war im Moment alles recht, außer ein Auftrag, bei dem es sich entweder um ein langweiliges C oder ein anstrengendes B handeln würde. Also entschied er sich für die passive Methode des Boykotts und wartete darauf, dass der Hokage ihm die Schriftrolle mit dem Missionsauftrag überreichte.

Eine halbe Minute lang geschah nichts.

„Hokage-sama?“

„Ja?“

„Wo ist der Auftrag?“

Er lächelte und klopfte seine Pfeife über dem Papierkorb aus. Iruka fand das nicht wirklich schlau, aber sollte ausgerechnet er das Dorfoberhaupt belehren, als sei dieser ein Schüler?

„Es ist kein gewöhnlicher Auftrag und auch in keine Kategorie einzuordnen, aber ich bin mir sehr sicher, dass du mich nicht enttäuschen wirst.“

„Das klingt sehr ungewöhnlich“, gestand der Jüngere.

„Das ist es. Ich möchte, dass du zu Kakashi-san gehst und nach dem Rechten schaust.“

Völlig verwirrt deutete Iruka auf sich selbst und schluckte, bevor er seine Sprache wieder fand. „Wieso muss jemand nach ihm sehen? Und wieso ist dieser jemand ich?“ Okay, er musste sich eingestehen, dass er nicht besonders begeistert klang, aber reagierten nicht auch Kinder so, die sich ertappt fühlten? Er wollte Kakashi wirklich gern sehen, sehr sogar, aber irgendwie war ihm der Gedanke unangenehm, in einem konservativen Dorf etwas nicht-so-konservatives getan zu haben und erwischt worden zu sein.

„Weil du den besten Draht zu ihm hast. Ein Medic-nin hat mir gesagt, dass er vorhin nach seiner Verarztung regelrecht aus dem Hospital geflüchtet sei, obwohl man ihn noch genauer untersuchen wollte. Ich sorge mich, wie du sicher verstehst. Und ich glaube einfach, dass du die Person bist, die den meisten Kontakt zu ihm hat.“

Iruka konnte nichts gegen die Hitze tun, die sich von oben nach unten in seinem Kopf auszubreiten schien. Sandaime hatte wirklich ein Talent dazu, die nicht so schöne Wahrheit schön zu verpacken. „Mh, wenn er keinen sehen will, wird er mich ebenfalls abweisen.“

„Bitte versuche es. Kakashi ist nicht immun gegen die Gefühle, die einen nach einer schlechten Mission überrennen.“

In Irukas Magen bildete sich ein harter Klumpen, als er sich an die Worte Yondaimes erinnerte… Dass manche Anbu abends nach Hause kamen und nur vor sich hin starrten. Sein Leben lang hatte er sich nie mit der Psyche eines Anbu auseinandergesetzt, schließlich war er nie über den Rang eines Chuunin gekommen.

„In Ordnung… Ich werde nach ihm sehen.“

Auf das Gesicht des Hokage schlich sich ein erleichtertes Lächeln. „Dann geh jetzt.“

Noch einmal verbeugte sich Iruka, dann wandte er sich zur Tür und öffnete sie. Noch ein letztes Mal drehte er sich um und starrte zur Tischkante, anstatt Sandaime anzusehen. „Hokage-sama?“

„Gibt es noch etwas?“

„S-sind Sie enttäuscht?“

Schweigen trat ein, bis Sandaime begann, sich seine Pfeife neu zu stopfen. „Weshalb sollte ich das sein? Ich mag ein alter Mann sein, aber ich unterstütze jede Form der Partnerschaft, wenn sie zu niemandes Nachteil ist. Es macht mich schon glücklich, zu sehen, dass ihr beide eine Bezugsperson gefunden habt.“

Iruka hätte fast „Wenn Sie wüssten“ gesagt, doch er schluckte die Worte herunter. Stattdessen nickte er kurz und verließ endgültig das Büro.
 

Iruka stand vor Kakashis Tür, die Hand zum Klopfen erhoben, und zögerte. Mit einem Mal war er sich sehr sicher, dass er jetzt unerwünscht war. Einsame Tiere schrieen selten nach jemandem, der ihnen die Wunden leckte.

Er schüttelte den Kopf. Was für ein unpassender Vergleich, und lecken wollte er im Moment wirklich nichts.

Noch einmal kratzte er seine Courage zusammen, dann klopfte er leise an. Ihm wurde nicht geöffnet, aber das war auch nicht nötig, da die Tür bereits offen war. Iruka bückte sich, um den Grund dafür zu erfahren, und fand eine Anbumaske, die sich offenbar in den Türspalt eingeklemmt hatte. Kurz zuckte er zurück, als er das Blut an ihr wahrnahm, das allerdings schon getrocknet war.

Er hob sie auf und betrat die Wohnung. Falls Kakashi nicht da war, beging er zwar Einbruch, aber lieber schaute er nach dem Rechten, als dass jemand wichtige Dinge entwendete.

Da es vor kurzem dunkel geworden war, war die Wohnung ebenfalls nicht besonders hell, was der Grund dafür war, dass er einen kleinen Moment warten musste, bis sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten.

Im Flur der Wohnung war es – das war das einzig richtige Wort dafür- zappenduster.

Iruka streckte die Arme aus und tastete sich zur Wand vor. „Wo ist denn nur der Lichtschalter?“

Im selben Augenblick, als er die Wand berührte, stieß er mit beiden Füßen gegen etwas, das wahrscheinlich auf dem Boden lag. Etwas Warmes.

„Kakashi?“

Obwohl er keine Antwort bekam, wusste er, dass er richtig getippt hatte. Plötzlich spürte er die Präsenz des anderen sehr deutlich. Iruka hockte sich hin und legte instinktiv die Maske beiseite und die Hände an die Beine der anderen Person. An seiner Position erkannte er, dass Kakashi die Beine an den Körper gezogen und die Arme darum geschlungen haben musste. Zwar lag er nicht, wie zuerst vermutet, aber die Position sah dem Grauhaarigen nicht ähnlich.

„Hey, Kakashi“, versuchte es der Chuunin erneut, doch auch das war vergeblich. Das ließ darauf deuten, dass er entweder unerwünscht war oder nicht wahrgenommen wurde. Aber Iruka wäre nicht Iruka gewesen, hätte er schon an diesem Punkt aufgegeben. Er spürte deutlich, dass etwas nicht in Ordnung war, auch ohne das Gesicht des anderen zu sehen. „Kurenai-sensei hat mir von der Mission erzählt…“

Die Reaktion darauf hätte nicht geringer ausfallen können.

Langsam fragte sich Iruka, ob Kakashi überhaupt wusste, dass er da war. Genauso gut konnte er auch gegen eine Wand reden. „Hör mal, wenn du lieber allein sein möchtest…“ Langsam hob er die linke Hand und legte sie auf Kakashis Schulter.

Auf einmal schien die Zeit doppelt so schnell zu laufen, so dass Iruka kaum mitbekam, was los war.

Kakashi schlug seine Hand beiseite, Iruka griff nun mit beiden Händen nach seinen Schultern und es entstand ein unkoordiniertes Gerangel. Der Chuunin merkte sehr schnell, dass er im Vorteil war, da Kakashi offenbar keine seiner Bewegungen richtig steuern konnte oder wollte.

Irgendwann wurde es ihm zu viel und er verpasste dem Jounin eine Ohrfeige, die schon als richtiger Schlag bezeichnet werden konnte. Es folgte eine Sekunde der Stille, die Iruka dazu nutzte, seine Arme um Kakashi zu legen. Dieser begann erneut, sich zu wehren, doch der junge Lehrer war nicht gewillt, jetzt wieder loszulassen.

Iruka hatte begriffen, dass er das Richtige tat und es jetzt ein Fehler wäre, locker zu lassen. Es kostete ihn einiges an Kraft, Kakashi festzuhalten, und fast wäre dieser seinem Griff entglitten, hätte der Silberhaarige nicht kurz vorher seine Gegenwehr eingestellt.

Nicht völlig, noch immer zappelte er, was Iruka dazu nutzte, die Umarmung noch einmal zu verstärken.

Einen Augenblick lang erschlaffte Kakashis Körper, dann zuckte er schlagartig zusammen und Lippen drückten sich gegen Irukas Schulter, geöffnet zum Schrei, der nur ein wenig von der Weste des Chuunin gedämpft wurde. Ein weiterer folgte.

„Shhhh…“ Iruka strich ihm vorsichtig über den Kopf, während er es zuließ, dass der andere das einzige tat, was ihm in dieser Situation noch blieb. Er weinte.
 

tbc...

A new view on things

Hallo. ^^

Entschuldigt, dass das Kapi so lange gedauert hat. Mein Compi war in der Reparatur, nur, damit mir dann jemand sagen konnte, dass der Akku leer war und ich nen Kabelbruch habe. -.-

Ich hoffe mal nicht, dass das hier unter Adult gesteckt wird (und bis mal ein harmloses Kapi von mir so eingestuft wurde, hatte ich auch nie dran geglaubt).
 

Ansonsten... Viel Spaß beim Lesen. ^^
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Von da an veränderte sich für Iruka so einiges. Zuerst merkte er es kaum, aber bald begriff er, dass sich seine Sicht auf Kakashi grundlegend verändert hatte. Er merkte, dass er Kakashi sah.

„Kakashi, hör mal…“

„Hm?“ Der Jounin schien nur beiläufig interessiert an dem, was Iruka ihm sagen wollte, während er seinen Weg über das Schlüsselbein des anderen nach unten fand.

„Ich finde, du solltest… hn…“ Gerade hatte Kakashi eine Stelle in Angriff genommen, von der beide genau wussten, wie gottverdammt er es liebte, dort berührt zu werden. Mit Fingern, mit Zähnen, es war dasselbe Resultat.

„Ich sollte was?“, fragte Kakashi grinsend und leckte über die andere Brustwarze. Das Geräusch des anderen war nicht zu ignorieren.

„Mal im Ernst…!“

„Ich höre zu.“ Inzwischen war seine linke Hand auf Irukas Bauch liegen geblieben und neckte die Vertiefung in der Haut.

„Das Gefühl hab ich nicht.“

„Ich lüge nicht.“ Ob er an die sternenförmige Narbe in der Mitte des Rückens des Chuunins herankam? Es war immer ein kleines Kunststück, den anderen in die Bauchlage zu kriegen.

„Na gut. Du solltest mehr essen.“

„Ich esse ausreichend“, erklärte Kakashi noch immer grinsend und wollte sein Werk fortführen, als der andere weiter sprach.

„Ich kenne Vogelscheuchen, die haben mehr auf den Rippen als du. Und die sind aus Stroh.“

„Das ist nun wirklich nicht dein Problem. Kann dir als Uke doch recht sein.“

Wie auf Knopfdruck schoss Iruka die Röte ins Gesicht und er setzte sich auf, wobei er den halbnackten Kakashi etwas zurück schob. „Du sollst mich nicht so nennen!“

„Klingt die Wahrheit so grausam?“

Das solltest du doch am besten wissen. „Ich bin heute nicht so in Stimmung.“

„Das hab ich gesehen, als du dich vorhin hin und her gewälzt hast, als ich…“

„Sag es nicht!“

„Gut, ich drück es in schülerfreundlicher Sprache aus. Als ich dich lieb gehabt habe.“

Iruka knurrte leise. Er fand es schrecklich, wenn Kakashi ernsthaften Gesprächen mit Hilfe von sarkastischen Kommentaren zu entkommen versuchte. „Nein, wirklich. Erstens nimmst du mich nicht ernst und zweitens finde ich den Boden gerade verdammt unbequem.“

„Weil du Uke bist.“

„Kakashi!“

Der Gescholtene ließ kurz den Kopf hängen und sah ihn dann ruhig an. „Gut, gut. Dann das Bett. Deal?“

„Nicht Deal.“

„Plus Haselnusseiscreme?“

Er tat es schon wieder. Ein Witz, um dem Ernst den Rücken zu kehren. Mit jeder Nacht, die sie beieinander verbrachten, begriff Iruka mehr und mehr, warum er dieses Schundbuch namens ‚Icha Icha Paradise’ las. So konnte man hervorragend nicht nur ein physisches, sondern auch zwei geistige Augen verschließen. „Du nimmst mich nicht ernst, ich wiederhol mich ungern ein drittes Mal.“

Der Jounin seufzte und stand auf. „Dann anders. Ich geh jetzt und schaffe den letzten Bericht zum Hokage und du wartest im Bett. Dann essen wir Instant-Ramen. Okay?“

„…Deal.“
 

Es gab nichts, was Iruka mehr liebte, als im Meer zu tauchen. Es war ein schöner Tag und die Sonne erhellte alles, was unter der Wasseroberfläche lag.

Er nahm lange Züge, tauchte an Anemonen und Fischschwärmen vorbei. Zum Glück musste er nicht extra Luft holen, so dass seinem Vergnügen nichts im Weg stand.

Auf ihn kam ein Schwarm silberner Fische zu und er entschied sich, direkt durch seine Mitte zu schwimmen. Er war noch nicht ganz hindurch, als sich plötzlich ein Fisch an seiner Nase festsaugte. „Ah!“ Es war ein komisches Gefühl, so feucht und glitschig. Und es kitzelte.

Instinktiv griff er nach vorn und packte den Fisch.

Das Tier hatte Haare.

Iruka schlug seine Augen auf und gab einen Aufschrei von sich, als er direkt in das Gesicht eines Mopses schaute.

Pakkun sah ihn beleidigt an. „Das hätte man auch netter ausdrücken können.“

„Aber ich war doch grad noch im Wasser und bin geschwommen und…“

„Delphine sind eben auch nur schwule Haie.“

„Ich bin nicht schwul!“, keifte der Chuunin und setzte sich im Bett auf.

Pakkun war völlig unbeeindruckt und gab nur ein „Natürlich“ von sich.

Iruka ließ ein undefinierbares Grummeln vernehmen und rieb sich den noch müden Kopf. „Wo ist Kakashi?“

„Der ist auf Mission. Ich habe den Auftrag, hier zu sein und dir zu sagen, wo alles steht, wenn du was brauchst. Instant-Ramen ist im Küchenschrank unten links.“

„Aha.“ Er wandte den Kopf, um auf den Wecker zu sehen, und ließ sich nahezu im selben Moment stöhnend zurück in die Kissen sinken. „Um Vier?! Vor halb Sechs geht bei mir nichts, lass mich schlafen.“

„Ich fürchte, das wird nicht gehen.“

Iruka drehte sich weg und schlang die Decke um sich. „Ach? Wieso?“, nuschelte er und war schon fast wieder im Land der Träume.

„Weil mir der Rücken ganz schrecklich juckt.“

Plötzlich fuhr er herum und packte den Mops im Nacken. „Du verarschst mich!“

„Er juckt wirklich schrecklich. Nur mal kurz kratzen, dann kannst du pennen, so lange du willst.“

„Du lässt mich in Ruhe, wenn ich dich Fellwurst kratze?“

„Mops. Ja.“

Resigniert seufzte er und setzte sich wieder auf, bevor er Hand an den Hund legte. „Gut so?“

Pakkun wedelte fröhlich mit der Rute, so dass sie beim Aufschlagen auf die Matratze ein dumpf klopfendes Geräuusch verursachte. „Das ist großartig. Hmmm… Ah, nicht da hinten!“

Der Chuunin stoppte kurz vor dem Ansatz des rechten Hinterbeins und sah ihn fragend an. „Wieso nicht?“

„Narbe.“

Jetzt fiel sie auch Iruka auf und er betrachtete sie eingehend. „Die ist schon ziemlich alt.“

„Natürlich, da war ich noch ein halber Welpe.“

„Kakashi hat einen kleinen Welpen in den Kampf gebracht?“

Sofort schüttelte Pakkun den Kopf und legte sich quer über Irukas Unterarm, der aus unerfindlichen Gründen wohl sehr bequem zu sein schien. „Die habe ich bekommen, als ich den ersten Tag als Ninjahund verbracht habe.“

„Und wie ist das passiert?“

Der Hund drehte sich auf den Rücken und streckte alle Viere von sich. „Wird ne längere Story. Kraul mir den Bauch und ich erzähle sie dir.“

Jetzt, wo er einmal wach war, konnte er sich auch die Geschichte eines Mopses anhören, also tat er, was von ihm gewünscht wurde.
 

Es war das erste und einzige Mal in seinem Leben, dass Yondaime seinen jüngsten Schüler lachen sah. Es war schon seltsam, wie sich das sichtbare Auge des Grauschopfes zu einem amüsierten Ausdruck gebogen hatte und seine Wangen regelrecht rosig wirkten. Seit Obitos Tod waren inzwischen sechs Monate vergangen und es hatte Yondaime wirklich einiges an Phantasie abverlangt, sich etwas zu überlegen, um den jungen Hatake aufzumuntern.

Schließlich hatte er sich für das entschieden, was Jiraiya mit ihm gemacht hatte, als er als Schüler zu hitzköpfig geworden war: Er hatte ihm die Kuchyose-no-justsu beigebracht.

Natürlich war das mit Kakashi eine andere Sache, da der Kleine sich kein Stück für Kriechtiere und Lurche interessierte.

Also hatte er ihm einen treuen Gefährten besorgt: Einen Hund.

Rin hatte angesichts des kleinen Hundes gezweifelt, immerhin war es ein Mops und die kämpften ja nun nicht gerade ‚wie die Großen’. Inzwischen allerdings musste sie zugeben, dass ihr Meister - und Hokage seit einem Monat - gute Arbeit geleistet hatte.

Kakashi verabschiedete sich von seinem Team und machte sich zusammen mit dem kleinen Pakkun auf den Heimweg. Hin und wieder geschah es, dass der Hund an seiner Hose oder Sandale zupfte, was ihn fast zum Stolpern und zum Lachen brachte. Der Junge war schon seit Jahren nicht mehr so ausgelassen gewesen.

Er hob einen Stock auf und warf ihn ein paar Meter weit weg. „Schnapp ihn dir, Pakkun!“

Und schon wetzte der kleine Hund los und holte den Stock. Auf halber Strecke jedoch packte ihn jemand und hob ihn hoch.

„Lasst ihn los!“, verlangte Kakashi von den vier Jungs, die vor ihm standen und Pakkun in ihrer Gewalt hatten.

„Guckt mal, Hatake spielt mit Welpen. Wie putzig ist das denn?“, spottete einer von ihnen und alle lachten. Alle, bis auf Kakashi.

„Ich mache keine Witze“, warnte er. Seine Hände ballten sich zu Fäusten, die weiß wie Pergament waren.

„Nun, ich finde das ganz lustig“, sagte derjenige, der Pakkun festhielt, und zog ein Kunai aus seiner Tasche, das er dem Mops an den Nacken hielt. Der Welpe begann zu winseln und klemmte den Schwanz zwischen die Hinterläufe.

„Was wollt ihr?“, fragte Kakashi mit betonter Ruhe, auch wenn jeder spürte, dass sich enorme Wut in ihm anstaute.

„Hatake, nana! Wer wird denn seine guten Manieren vergessen und sich gleich am nächsten Baum aufknüpfen?“, höhnte der Dritte von ihnen und grinste breit, als er in Kakashis Auge bemerkte, dass dieser Schlag getroffen hatte. „Sei einmal besser als dein Alter und mach nichts. Dann lassen wir deine Töle am Leben.“

Kakashi sah zu Pakkun, der wahrscheinlich gerade die schlimmsten Ängste in seinem bisherigen jungen Leben ausstehen musste, und zog das Stirnband auf der linken Seite tiefer. Das Training mit seinem Lehrer hatte ihn so erschöpft, dass er nicht dazu fähig war, das Sharingan zu benutzen. „Schwört es.“

„Wir schwören.“ Er kitzelte Pakkun mit der Spitze des Kunais hinter dem Ohr. „Jungs…“

Und schon waren die restlichen drei bei Kakashi. Er leistete keine Gegenwehr, als sie ihn an den Armen festhielten und Schläge in seinen Solarplexus einsetzten.

Kakashi schloss die Augen, als sie seine Arme schmerzhaft verdrehten, ihn zu Boden warfen und auf seinen Rücken traten. So würde es immer sein, denn er war ein Hatake. Wahrscheinlich war er dort genau richtig, wo er sich nun befand. Im Dreck, übersäht mit Schrammen und blauen Flecken, die sich zu bilden begannen.

Jemand trat ihm gegen den Kopf.

Kakashi öffnete sein rechtes Auge und beobachtete eine Ameise, die vor seinem Gesicht über den Boden wanderte. Wo wohl seine Freunde waren?

Als Blut in seine Sicht floss, schloss er das Auge wieder. Schmerz war über seinen gesamten Körper verteilt, doch er schrie nicht. Er weinte nicht. Er lag nur da und bekam, was er als der letzte Nachkomme seines Clans verdiente.

Irgendwann endeten die Schläge und Tritte gegen seinen Körper und er wagte es erneut, das Auge zu öffnen. Die Jungs waren noch da und standen um ihn herum. Womöglich war ihnen die Lust vergangen, da er nicht einmal dem Schmerz Geräusche verlieh.

„Hatake, schau her.“

Schwach drehte er den Kopf und erblickt den Jungen, der noch immer Pakkun hielt. Dieser setzte das Kunai am hinteren Bein des Hundes an und grinste. „Weißt du, wie so ein Welpe von innen aussieht? Ich wette, das wird eine wichtige Lektion für dich.“

„Du Lügner…“, keuchte Kakashi und versuchte aufzustehen, was jedoch kläglich misslang.

Der Junge stach in die Haut des Hundes, der nun wie wahnsinnig zappelte und winselte. Langsam zog er das Kunai einige Zentimeter nach vorn, so dass das erste Blut zu fließen begann. Der Rest der Gruppe sah gespannt und lachend zu.

Kakashi kniff die Augen zusammen. Das war mehr, als er ertragen konnte. Wie viele Tote musste er noch erdulden?

Ein schriller Vogelschrei ertönte und ließ alle gleichzeitig zusammenzucken. Jeder, der in Konoha lebte, kannte dieses Geräusch. Es war der Vogel des Hokage, der von Generation zu Generation weitergegeben wurde.

„Scheiße, hauen wir ab!“, befahl der scheinbare Anführer der Gruppe und ließ Pakkun achtlos fallen. Es dauerte nicht lange, da waren sie alle verschwunden.

Kakashi warf einen prüfenden Blick in den Himmel, doch er konnte keinen Vogel erkennen.

Schließlich schaffte er es, sich aufzusetzen und seinen Mageninhalt über das Stück Erde vor sich zu verteilen. Seine Seite stach schrecklich, vielleicht hatten sie ihm eine Rippe gebrochen. An Aufstehen war im Moment nicht zu denken.

Also kroch er auf Pakkun zu, besudelte seine Sachen dabei mit Erbrochenem und Dreck, und legte dem Welpen eine Hand auf den Kopf. Der Hund lag nur da und zitterte.

„Mach nicht schlapp, Pakkun…“ Er wischte sich Blut aus seinem Auge, das von der Wunde an seinem Kopf nach unten geflossen war. „Hörst du? Es tut mir Leid. Pakkun, verzeih mir.“

Vorsichtig nahm er den jungen Hund hoch, nicht ohne vorher seine schmutzigen Hände an seiner Hose abgewischt zu haben, und drückte ihn an seine Brust, auch wenn diese dadurch nur noch mehr schmerzte. „Warum mache ich alles falsch…?“
 

„Kurz darauf kamen Yondaime-sama und Rin-san und haben sich um uns gekümmert“, beendete Pakkun die Erzählung und rollte sich auf die Seite.

„Ich weiß.“

Der Hund sah ihn fragend an, doch sein Interesse war sehr kurzweilig, als er sah, wie der Chuunin statt einer Antwort zu den Büchern über dem Bett griff.

„Au!“, klagte Iruka und schüttelte den Köter ab. „Wofür war das denn jetzt?!“

„Kakashi mag es nicht, wenn jemand seine Bücher anfasst.“

„Ich bin Lehrer und habe zu Hause wirklich mehr Bücher und bisher hab ich noch keines von denen geschreddert“, gab Iruka zurück und griff wieder nach ‚Icha Icha Paradise Vol. 1’.

Diesmal ließ Pakkun ihn machen, was er wollte. Er verstand sowieso nicht, wie sein Chef so an einem Packen Papier hängen konnte. Man konnte es nicht fressen und zum Markieren war es offenbar auch zu wertvoll.

Der Lehrer schlug das Buch auf und las sich die ersten Seiten durch. Die waren harmlos. Der erste Hammer setzte auf Seite Neunzehn ein. Der Rest folgte dann in sehr rascher Abfolge und nach einem Viertel legte Iruka zum ersten Mal in seinem Leben ein Buch weg, das er nicht weiter lesen wollte.

„Pakkun?“

„Ja?“ Er machte es sich inzwischen in einer Bettfalte gemütlich und legte die kurze Schnauze auf seine Vorderpfoten.

„Warum trägt Kakashi die Maske?“

„Ihr Menschen seid echt ulkig. Wieso erwartet ihr von uns, dass wir uns für so etwas interessieren? Ich hab ihn nie gefragt, also weiß ich es auch nicht. Vielleicht ist er das, was ihr Menschen als ‚hässlich’ bezeichnet.“

„Unsinn!“, ereiferte sich Iruka. „Er sieht sogar richtig gu… Ach, was rede ich mit einem Mops?“ Mit diesen Worten stand er auf und fegte nebenbei den Hund vom Bett. „Ich zieh mich jetzt an und gehe zum Hokagebüro. Frühstücken kann ich auf dem Weg.“

Pakkun hüpfte wieder auf das Bett und kroch unter die noch warme Decke. „Menschen…“
 

Iruka stand auf einer kleinen Leiter und fuhr mit dem Zeigefinger über die Rücken der Ordner. Und wenn man bedachte, dass die Bibliothek alles seit der Entstehung des Dorfes beinhaltete, waren das nicht wenig.

Der Hokage hatte ihn gebeten, etwas für ihn herauszusuchen, und weil Iruka ein loyaler Arbeiter war, hatte er sich sofort an die Suche gemacht. Und bei dieser Gelegenheit fiel ihm auf, dass das Archiv eine Generalüberholung brauchte. In all den Jahren war so viel dazugekommen, dass das Alphabet nur noch in Grundzügen eingehalten wurde.

Mit beiden Händen ergriff er einen besonders schweren Ordner und wuchtete ihn auf den Schreibtisch, von dem eine fast undurchsichtige Staubwolke aufstob.

„Und putzen sollte man auch hier, wenn wir schon dabei sind“, murmelte Iruka zu sich selbst, bevor er mit der Handfläche über den Stuhl wischte und sich hinsetzte. Er klappte den Ordner auf und überblätterte einige Seiten. Irgendwann stieß er auf etwas, das ihn lächeln ließ. Da waren er und sein altes Team abgebildet. Unter dem Foto gab es tabellarische Angaben mit vermerken zu anderen Ordnern. Wenn er einmal Zeit hatte, würde er sich vielleicht ansehen, was man so über ihn berichtete. Sein Hefter würde mit Sicherheit nicht der dickste sein, aber das fand er gut.

Wieder blätterte er weiter und entdeckte einen Eintrag über das damalige Team von Yondaime. Darauf waren ein brünettes Mädchen, Yondaime selbst, Kakashi und noch ein schwarzhaariger Junge abgebildet. War das vielleicht…?

Sein Zeigefinger rutschte über das Papier, bis er an der richtigen Stelle angekommen war. „Uchiha Obito. Rang: Genin. Verstarb im Ninjakrieg an Quetschungen und Brüchen. Transplantierte Organe: linkes Sharingan an Hatake Kakashi… siehe folgende Seite.“

Iruka wusste, dass er das nicht tun sollte und eigentlich auch nicht durfte, doch die Neugier war größer. Also schlug er die Seite um.

„Hatake Kakashi. Rang: Jounin. Sohn des verstorbenen Hatake Sakumo. Vermerk: Hatake Sakumo – Schrägstrich ‚White Fang’- Ordner H 8, Sparte C.“

Wenn er schon unerlaubterweise am Stöbern war, tat das jetzt auch nicht mehr weh. Also stieg er wieder auf die Leiter und suchte den betreffenden Ordner heraus. Mit einem geschickten Handschlag war die passende Information aufgeschlagen. Diese Seite war von oben bis unten gefüllt und durch mehrere Randbemerkungen und Fußnoten nicht unbedingt besser zu übersehen. Also beschränkte er sich darauf, alles zu überfliegen und dann die falschen Ordner zurückzustellen. Zuletzt sah er sich das Foto an.

In weniger als zwei Minuten hatte alles an seinen alten Platz zurückgefunden und er ging wieder seiner eigentlichen Aufgabe nach. Das, was er gelesen hatte, war leider nicht so einfach aus seinen Gedanken zu verbannen.
 

Als Kakashi die Tür öffnete, staunte er nicht schlecht. Iruka kam ihn nie aus freien Stücken besuchen und schon gar nicht mit einem Päckchen Kuchen in der Hand. „Bist du wirklich Iruka?“

„Nö, bin der Hokage“, meinte der Dunkelhaarige lächelnd und drängte sich an ihm vorbei durch die Tür. „Ich habe Kuchen dabei.“

„Das sehe ich“, murmelte er und schüttelte unwirsch den Kopf. „Und wieso?“

„Hast du Tee da? Kuchen ohne Tee ist doch nichts.“

Der Jounin gab sich geschlagen, schloss die Tür und ging zu ihm in die Küche. Wieso sollte er sich auch beschweren, wenn jemand mit ihm Kuchen aß? „Tee ist da oben.“

Daraufhin setzte Iruka heißes Wasser auf und stellte zwei Tassen mit Teebeuteln bereit.

Der Grauhaarige stellte sich hinter ihn und legte einen Arm um seine Taille. „Das dauert ein bisschen, bis der durchgezogen ist“, erklärte er und legte sein Gesicht in den Nacken des Jüngeren.

Reflexartig hob Iruka die Schultern und lachte leise. „Hör auf, das kitzelt.“

„Ach, ehrlich?“, neckte der andere ihn und verstärkte seinen Griff etwas. „Wo bist du denn noch so empfindlich?“

„Hey, ich weiß es inzwischen besser, als dir meine erogenen Zonen zu verraten.“ Er drehte sich in der Umarmung an und sah Kakashi nun direkt ins Gesicht. Dann hob er einfach die Hand und zog Kakashis Maske herunter.

Der wiederum fand das plötzlich nicht mehr lustig. „Lass das.“

„Wovor grämst du dich? Ich hab dich doch schon wirklich oft so gesehen.“ Es gab vier unausgesprochene Regeln. Regel eins: Keiner, außer Kakashi selbst, zieht die Maske herunter.

„Das ist aber meine Sache, wann ich das mache!“, fauchte Kakashi plötzlich angegriffen, so dass der Chuunin zurückzuckte, sich aufgrund seiner Position jedoch nicht entfernen konnte. „Was nimmst du dir das Recht dazu? Du hast doch nicht den Hauch einer Ahnung!“

Iruka kniff kurz die Augen zusammen und sah ihn dann vorsichtig wieder an. Die passenden Worte zu seiner Verteidigung fielen ihm nicht ein. Das war schon immer so gewesen und er vermutete, dass es an seinem Mangel an Spontaneität und Zynismus lag. Stattdessen beugte er sich schnell vor und drückte seine Lippen auf die seines Gegenübers. Regel zwei: Keine Küsse.

Es war wahr, seit mehr als vier Monaten trafen sie sich etwas zweimal in der Woche und nie hatten sie sich auch nur einen Kuss auf die Wange gegeben. Im Nachhinein fragte sich Iruka, warum das eigentlich so gewesen war.

Der kurze und eher schüchterne Kuss endete und beide sahen sich nur irritiert an.

„Ich habe keine Ahnung und sicher auch nicht das Recht, aber das macht nichts. Lass dich nicht stören, in Wahrheit bin ich doch gar nicht da“, erklärte Iruka ruhig. Für ihn war das die pure Wahrheit und er hegte keinen Zweifel daran, dass es für Kakashi ebenfalls so war. Es versetzte ihm einen Stich, von wirklich allen ignoriert und nur geduldet zu werden, doch damit musste er leben. „Ich bin nicht da, also mach, wonach dir der Sinn steht.“

Kakashi küsste ihn kurz auf die geschlossenen Lippen und grinste schief. „Delphinfleisch und als Nachtisch Kuchen…“
 

tbc...

Drawing conclusions

Sorry, dass der Upload so lange gedauert hat, aber ich hatte es schlicht und einfach vergessen. Zurzeit habe ich nichts Sinnvolles zu tun und andererseits bin ich voll gestresst.

Vielen Dank für die Kommis vom letzten Mal. ^^

Ich mag das Ende der FF nicht. So was ist eigentlich nicht mein Stil, aber was solls's?

Sorry, dass ich kein Lemon eingebaut habe (ganz ehrlich, ich les sowas selbst für mein Leben gern), aber ich wollte, dass die FF auch jeder lesen kann.

Vielleicht entscheide ich mich irgendwann, ein Bonuskappi mit Lemon anzuhängen, aber momentan ist meine schriftstellerische Kreativität bei Null angelangt.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Er hatte die Arme um sich selbst geschlungen und saß auf einer niedrigen Mauer am Wegrand. Es war Februar und hundekalt, ohne gewisse Vierbeiner beleidigen zu wollen.

Iruka wartete erst seit knapp zehn Minuten und er war sich sicher, dass es nicht viel mehr werden würden, da das Treffen schon vor zwei Stunden statt finden sollte. Inzwischen hatte er ein Gefühl für Kakashis Verspätungskrankheit entwickelt, so dass er nicht mehr so lange warten musste, bis der Jounin endlich kam.

Schritte ertönten und er sah auf, um Kakashi zu erblicken, der einen blauen Schal um seinen Hals geschlungen hatte. Wie immer schien er die Ruhe in Person zu sein, hielt den Kopf leicht geneigt und vergrub die kalten Hände in den Hosentaschen. „Hallo, Iruka.“

„Hallo.“ Der Braunhaarige stand auf und kam ihm die letzten Schritt entgegen.

„Es sieht dir nicht ähnlich, Treffen mit mir zu vereinbaren.“

Das stimmte. Bei ihnen war nie etwas vereinbart oder geplant. Meistens lief es darauf hinaus, dass Iruka an nichts dachte, als Kakashi förmlich aus einer Ecke oder Gasse sprang und sie in die Wohnung gingen, die gerade sauberer war. Das war in neunzig Prozent der Fälle die Wohnung des Lehrers.

„Das tut es nicht“, gestand er deshalb. „Aber heute ist ja auch was anders.“

Kakashi legte den Kopf seitlich und blinzelte kurz. „Neue Frisur?“

„Doch nicht so! Ich meinte das Datum!“

Einen Moment überlegte der Ältere, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. „Valentinstag.“

„Worauf du wetten kannst.“

Das schien den Grauschopf nun vollkommen aus der Bahn zu werfen. „Aha… Hat das jetzt eine Bedeutung? Falls ja, dann solltest du wissen, dass…“

„Bleib ruhig!“, beschwichtigte ihn der andere und hob abwehrend die Hände. „Nichts dergleichen. Ich wollte dir nur was geben und ich fand einfach, dass es ein günstiges Datum wäre. Ich steh nicht so auf den ganzen Kommerz. Für mich ist der Valentinstag der Tag, an dem man Freunden und Verwandten seine Aufmerksamkeit schenkt.“

„Also gehöre ich zu deinen Freunden“, schlussfolgerte Kakashi, woraufhin Iruka rot anlief.

„Na ja, nein, ja… So genau hab ich mir da bisher keine Gedanken gemacht“, log er. In Wirklichkeit hatte ihn diese Frage schon seit mehreren Monaten beschäftigt. „Auf jeden Fall wollte ich dir was schenken.“

Der Jounin sah ihn beinahe fassungslos an, was darauf deuten ließ, dass er nicht besonders oft Geschenke bekam. „Oh, ich habe leider nichts für dich…“

„Unsinn!“, erwiderte er heiter und griff in die Innentasche seiner Weste. „Ist auch nur was ganz Kleines, versprochen.“ Er ergriff Kakashis rechte Hand und drehte sie so, dass die Handfläche nach oben zeigte. Danach legte er etwas Kleines hinein. „Siehst du?“

Kakashi sah den Talisman an, der sich nun in seiner Hand befand, und man konnte ihm nicht ansehen, ob er sich darüber freute. „Arigatou.“

„Kein Problem. Einem Anbu kann ein bisschen zusätzliches Glück nicht schaden.“

Nun ließ Kakashis Gesicht doch eine Spur eines Lächelns erkennen. „Das bestimmt nicht. Ich habe gehört, du hast heute Morgen über eine Stunde lang gebetet.“

Wieder einmal fragte sich Iruka, woher Kakashi solche Informationen bekam. „Ja, das könnte hinhauen. Ich hab ja gesagt, dass sich der vierzehnte Februar für so etwas eignet. Also habe ich gebetet. Für meine Eltern, für Yondaime und die beiden ersten Generationen, wenn wir schon dabei sind. Ach, und für deinen Vater habe ich auch gebetet.“

Schlagartig wich das Lächeln einem zornigen Ausdruck und Kakashi steckte den Talisman lieblos in seine Hosentasche. „Lass das!“

„Was soll ich lassen?“, erkundigte sich der andere verständnislos. Was war denn plötzlich in den Anbu gefahren?

„Misch dich nicht in meine Sachen ein!“

„Hör mal, ich wollte doch nur…“

„Das ist mir egal, Iruka!“, fuhr Kakashi ihn an. „Bete nicht für Menschen, die du nicht gekannt hast! Sei nicht so naiv, zu glauben, dass alle im Inneren gut und gerecht sind! Dieser Bastard hat es nicht verdient, dass irgendeiner auch nur seinen Namen in den Mund nimmt, hast du mich verstanden?!“

Perplex nickte Iruka nur leicht und brachte ein leises „Ja“ hervor. Zu mehr traute er sich nicht.

„Gut.“ Damit drehte sich der Ältere um und ging.
 

Es war Anfang April und der Regen drosch gnadenlos auf die Straßen Konohagakures nieder.

Keiner war draußen, nur zwei Gestalten standen am Waldrand.

„Ich versteh das nicht“, sagte Iruka und es kostete ihn einiges an Mühe, den Regen zu übertönen, was in Anbetracht seiner trockenen Kehle nicht unbedingt ein leichtes Unterfangen war.

„Was gibt es da nicht zu verstehen?“, entgegnete Kakashi kühl und stützte die Hand neben ihm am Baumstamm ab. „Das war es. Schluss.“

Es fühlte sich sehr unangenehm an, so von ihm in die Ecke gedrängt worden zu sein. Er drückte sich enger an den Baum und redete sich fortwährend ein, dass jeder mal einen schlechten Traum hatte. Das hier musste einer von dieser Art sein. Sein ganzer Körper war von einem Zittern gefangen, das von der Kälte des Regens und seiner eigenen Furcht ausgelöst wurde. „Hör auf…“

Obwohl Kakashi klitschnass war, schien es ihm nichts auszumachen. Seine Haare hingen ihm wild ins Gesicht und es machte nicht den geringsten Anschein, dass ihm dieser Moment etwas bedeutete. „Das tue ich, herzlichen Glückwunsch. Hier beweist sich, ob du begreifst, dass ich niemanden in meinem Leben brauche, der mir in irgendeiner Weise eine Blöße geben kann.“ Seine Stimme war kalt und gefühllos.

Der Chuunin kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf. Sein Hals tat ihm weh und er wusste nicht, wie lange er die Tränen noch unterdrücken konnte. „Ich bin keiner deiner gestorbenen Freunde, verdammt.“ Er sprach nicht laut genug, nicht energisch genug. Seine Worte würden nicht beachtet werden.

„Rede nicht von Dingen, die du nicht verstehst.“

Zum ersten Mal bekam Iruka zu spüren, wie es war, von einer höher gestellten Person gescholten zu werden. Ob seine Schüler sich auch so miserabel fühlten, wenn er sie tadelte?

Er begriff das alles nicht. Immerhin hatte Kakashi mit allem begonnen und da hatte er nicht das Recht, es eigenmächtig abzubrechen. Das zumindest versuchte sich Iruka einzureden, während der schlechte Film, mit ihm in einer der Hauptrollen, weiterlief.

„Also war es das, ja?“, fragte Iruka und spürte in sich das Gefühl aufkommen, ungerecht behandelt und überrascht worden zu sein. Von Anfang an hatte er sich keine Illusionen gemacht. Es hatte schon immer festgestanden, dass sich ihre Wege irgendwann trennen und nicht mehr kreuzen würden. Doch nun traf es ihn härter, als er es sich vorgestellt hatte. Wenn da dieses ‚Nichts’ gewesen war… Warum betrauerte er dann dessen Verlust? „Hat sich das Kind ausgespielt und wirft die Bauklötzer um?“

„Stell es nicht so einfach dar.“

„Wie soll ich es sonst darstellen? Du hast bekommen, was du brauchtest, ich habe bekommen, was ich brauchte, und jetzt bist du satt und beendest das Spiel.“

Jetzt sah Kakashi wirklich verärgert aus und Irukas Herz hämmerte heftig gegen seine Brust, als ob es flüchten wollte, als er mit der Faust gegen den Baumstamm schlug.

„Ich wünsche mir, dass es ein Spiel wäre. Dann würde mir das hier alles nicht so irre schwer fallen, auch wenn du mich wie einen Ausbeuter darstellst. Du hast auch nur genommen, weil du es brauchtest. Und jetzt… Jetzt setz ich den Punkt dahinter bevor es zu weit geht.“

Iruka starrte ihn trotzig an. „Was ist denn ‚zu weit’? Warum gerade jetzt? Warum überhaupt?“

Eine Pause trat ein, die lediglich vom Rauschen des grauen Regens gefüllt wurde. „Weil ich nicht zurück kann, wenn ich es zulasse, dass es noch weiter geht. Ich brauche keinen Seelentröster, keinen ‚netten Kerl’, der für meine verstorbenen Angehörigen betet. Ich bin kein Kind, das nichts auf die Reihe kriegt.“

Nun war der Jüngere verwirrt und seine Gedanken stoppten gänzlich. Ging es nur darum? War der Grund für all das hier der, dass der Grauhaarige seine Unabhängigkeit beweisen wollte?

Kakashi stellte sich wieder aufrecht hin und drehte sich um.

„Also willst du wieder allein sein?“, fragte Iruka verzweifelt. Jetzt weinte er wirklich, auch wenn er versucht hatte, das zu vermeiden. In dieser Handlung bestand so wenig Sinn. Der Jounin würde sich nicht mehr umwenden, um ihm die Tränen fortzuwischen. Das konnte er gar nicht.

„Das bin ich immer gewesen.“ Er setzte sich in Bewegung und ging, ohne einen Blick zurück zu wagen.

Der andere hob den Kopf und lehnte sich vollends gegen den Stamm. Wasser traf ihn ins Gesicht und seine Wangen fühlten sich kalt an, doch das war ihm egal. Er wollte nur, dass seine Tränen versiegten. Wie töricht war er, um etwas zu weinen, das es nie gegeben hatte?

Regel drei: Verletze den anderen nicht.
 

Iruka wollte einfach nur noch sterben. Seit einer Woche drosch es draußen wie aus Eimern und jeden Tag, wenn er von der Arbeit kam, legte er sich in sein Bett und las. Lesen war das einzige, das ihn nicht ständig an den Vorfall erinnerte.

Ihm musste keiner sagen, dass er mit der Situation nicht besonders gut umging, aber er wusste nicht, was er sonst tun sollte. In der Schule gab er sich wie immer und was er zu Hause machte, interessierte ohnehin niemanden.

Er legte das Buch beiseite und starrte vor sich hin. Das tat er oft und die Leute verstanden nicht, warum er manchmal minutenlang in eine Ecke starren konnte, ohne sich auf etwas Spezielles zu konzentrieren. Als er noch wesentlich jünger gewesen war, hatten ihn seine Mitschüler damit aufgezogen und gesagt, dass eben auch das Gehirn eines Einserschülers mal eine Pause machen musste. Aber so war es nicht. Wenn er vor sich hin starrte, dachte er sogar über vieles nach und es fiel ihm auch leichter.

Irgendwie musste er wieder auf die Beine kommen, aber wie sollte er das bewerkstelligen? Iruka fühlte sich durchgängig mies. Sein Hunger war seit Tagen vergangen und seit Kakashi das abgebrochen hatte, das ihm so normal und richtig vorgekommen war, hatte er das Gefühl, als hätte man ihm ein wichtiges Organ entnommen, ohne das man zwar leben konnte, aber ohne welches es einfach nicht dasselbe war.

Er griff nach seinem Kopfkissen und drückte es sich auf den Kopf. Es war zum Ausrasten! Warum konnte er einfach nicht darüber hinweggehen und dorthin zurückkehren, wo es noch keinen Anbu in seinem Leben gegeben hatte? Was hatte er denn eigentlich verloren, außer einem perversen Jounin, der irgendwelche fragwürdigen Büchlein las und auch sonst nicht viel mehr im Kopf hatte als das Eine?

Iruka seufzte. Was nun, wenn Pakkun Recht gehabt hatte? Wenn er auf Männer stand?

Nein, so war das nicht richtig. Er lief ja nicht herum und gaffte fremden Männern auf den Hintern. Doch es gab ihm zu Denken. Wenn er nun unausgesprochene Regel Nummer vier gebrochen und sich verliebt hatte?

Der Chuunin drückte das Kissen fester auf seinen Kopf. Und selbst wenn, jetzt war es ohnehin zu spät, um sich über so etwas Gedanken zu machen. Er stand in der Sackgasse und würde da nur wieder herauskommen, wenn er den Rückwärtsgang einlegte.

Sein ganzes Leben lang hatte er sich immer von jemandem ausnutzen lassen und jedem Befehl brav gehorcht. Yondaime hatte gelogen. Er hatte kein starkes Herz und sein Verstand brachte ihn nirgendwo hin. Iruka war ein Jammerlappen und ja, er war auch eine Heulsuse. Es gab keinen Grund, das zu ändern. Wofür?

In solchen Momenten wünschte sich Iruka so sehr jemandem zum Anlehnen. Jemand, dem er etwas bedeutete. Und damit hörte es auch schon auf, denn in Wirklichkeit war er für niemanden wichtig. Die einzige Nähe, die er jetzt noch haben konnte, gab es in seinem Kopf, wenn er die gnadenlose Realität ausblendete.

Schließlich legte er das Kissen beiseite und schob eine Hand unter die Decke. Er wurde rot bei dem Gedanken, was er im Begriff zu tun war. Es war nicht so, dass er sein ganzes Leben über brav gewesen war, aber noch nie zuvor hatte er dabei an eine bestimmte Person gedacht. Irgendwie kam er sich schändlich vor, Kakashi in dieser Weise zu missbrauchen.

Es klingelte an der Tür.

Noch bevor er irgendetwas getan hatte, sprang er aus dem Bett und zog sich ein Shirt an, da er noch Shorts trug. Auf dem Weg zur Tür band er sich die Haare zusammen, was einfach eine Gewohnheit geworden und am Ende völlig irrelevant war.

Als er öffnete, staunte er nicht schlecht, drei seiner Schüler auf seiner Matte stehen zu sehen.

„Hallo, Iruka-sensei!“, begrüßte Naruto ihn auf seine stürmische Art und drückte ihm eine Einkaufstüte in die Hand.

Iruka konnte vor Überraschung nichts erwidern und wagte einen Blick in die Tüte. Mehl, Eier, Vanillezucker… „Ihr wollt backen?“

„Sie sehen in letzter Zeit so blass aus, da dachten wir, dass Kuchen nicht schaden kann“, erklärte Choji und griff in seine Chipstüte.

Der Lehrer musste lächeln und sah zum Dritten im Gespann. „Und ich nehme an, du wirst alles überwachen, Shikamaru.“

Der Angesprochene seufzte nur.

Iruka vermutete, dass Naruto und Choji sich darüber unterhalten hatten, dass etwas mit ihrem Lehrer nicht stimmte, und darauf hin entschieden hatten, Kuchen für ihn zu backen. Und da Choji und Shikamaru schon seit Jahren die besten Freunde waren, war es nicht verwunderlich, dass man den faulen Nara dazu überredet hatte, sich den beiden anzuschließen.

„Ich sehe schon, ihr wollt meine Küche verwüsten.“

Nun grinste Shikamaru schief. „Nicht doch. Ich halte mich fein raus und freue mich schon darauf, Ihre Haare aus dem Kuchen zu pulen.“

Verdattert zeigte Iruka auf sich selbst. „Ich?“

Schon hatte der Blonde seinen Arm gepackt und ihn rein gezogen. „Was denken Sie denn? Ein Kuchen schmeckt erst, wenn man ihn selbst mit gebacken hat!“

„Da hast du vielleicht Recht“, gab er sich geschlagen und musste lächeln. So schnell bekam man Gesellschaft.

Binnen weniger Minuten war alles ausgepackt und das Nötige aus den Küchenschränken geholt. Choji untersuchte alles fachmännisch und erklärte dann, dass noch Milch fehlte.

Shikamaru, der dem Kühlschrank am nächsten war, opferte sich und holte sie heraus. Nach einem kurzen Naserümpfen beendete sie ihre Reise im Mülleimer. „Jemand muss frische holen.“

„Ich gehe“, erklärte sein Freund und verließ chipsverzehrend die Wohnung.

An diesem Punkt musste Iruka ihm ein gutes Feingefühl zugestehen. Shikamaru hätte das nur mit einem „Mendokuse“ kommentiert und wäre langsam zum Laden getrottet und Naruto schätzte jede Sekunde mit seinem Lehrer sehr, wie es den Anschein hatte.

Naruto schaute zum Mülleimer und blieb lange still, bis Shikamaru ihm mitteilte, dass er gerade wie ein Vollidiot aussah. Dann richteten sich die blauen Augen auf Iruka und er fühlte sich auf eine unangenehme Weise durchschaut.

Bis Choji mit der Milch eintraf, redeten sie nicht viel, doch es war ein erwünschtes Schweigen, was Shikamaru für den Rest des Tages fast schon gut gelaunt stimmte.
 

Choji und Shikamaru hatten sich irgendwann gemeinsam verabschiedet und so waren nur noch Iruka und Naruto in der Küche.

„Uh, ich bin so voll mit Kuchen!“, erklärte der Junge lautstark und sah dabei doch recht zufrieden aus. „Ich hätte nicht gedacht, dass Choji so eine Ahnung vom Backen hat.“

„Ich auch nicht“, pflichtete Iruka ihm bei und räumte die Teller vom Tisch. Zu seiner Überraschung sah die Küche nur wie ein halbes Schlachtfeld aus, da Shikamaru bei Naruto und dem Rührgerät gerade noch das Schlimmste hatte verhindern können.

„Iruka-sensei?“

„Was ist denn, Naruto?“

„Geht es Ihnen nicht gut?“

Iruka drehte sich um und sah ihn konfus an. „Wie kommst du darauf?“

Naruto blieb am Tisch sitzen und spielte nebenbei mit einem Holzlöffel. „Es sieht Ihnen nicht ähnlich, saure Milch im Kühlschrank zu haben. Außerdem merkt man das.“

Nachdem er das Geschirr weggeräumt hatte, lächelte der Chuunin ihn an. „Es geht schon und außerdem fällt es doch keinem auf, wenn ich mal in einem Tief bin.“

„So ein Blödsinn!“ Schnell war der Jüngere aufgestanden und stand nun vor ihm. „Ich wette, dass es mindestens der Hälfte der Klasse aufgefallen ist. Und mir ist es aufgefallen, zählt das denn nicht?“

„Doch, das zählt, aber…“

„Kein Aber!“, ereiferte sich Naruto. „Sie sehen nicht gut aus und ich mache mir Sorgen.“

Etwas beschämt senkte Iruka den Blick. „Du machst dir Sorgen?“

„Natürlich! Sie sind die Person, die ich am allerliebsten auf der Welt habe“, erklärte er und umarmte seinen Lehrer. „Na ja, Sakura-chan ist aber eine andere Kategorie, okay?“

Iruka nickte und strich ihm durch das wirre, blonde Haar. „Na klar. Du solltest langsam nach Hause, oder? Sonst kommst du morgen zu spät zum Unterricht.“

Daraufhin nickte Naruto und drückte ihn noch einmal, bevor er ihn endgültig losließ. „Wenn jemand fies zu Ihnen war, dann spielen Sie ihm doch einen Streich.“

„Mal sehen“, antwortete er lachend. „Vielleicht fällt mir ja was Gutes ein.“

„Echt?“

„Wohl eher nicht. Und jetzt kusch ins Körbchen!“

Grinsend verabschiedete sich Naruto und auch Iruka legte sich ins Bett. Er fühlte sich viel ruhiger, jetzt, wo ihm klar geworden war, dass es jemanden auf der Welt gab, der ihn liebte und vielleicht sogar ein bisschen brauchte.
 

Frische Luft strich um sein Gesicht, als Iruka das Fenster morgens öffnete und die Augen schloss. Es war dieses schöne Wetter, was er vermisst hatte. Der Winter behagte ihm nicht, alles war dann kalt und tot.

Er atmete tief durch und lächelte, obwohl alles in ihm vor Nervosität zitterte. Nach dem vorangegangenen Abend, an dem Naruto ihn umarmt hatte, hatte er sich viel wohler und sicherer gefühlt. Wahrscheinlich war er nicht besonders stark, wenn man nach dem Maßstab für Ninja ging, doch er besaß etwas, das nicht viele hatten.

Zum letzten Mal hatte er etwas so hingenommen, wie es war, weil er nicht glaubte, das Schicksal ändern zu können. Das war Vergangenheit und er würde kämpfen.

Wie gewohnt ging er zur Schule und unterrichtete seine Schüler, nur wieder mit mehr Elan und Freude, was auch Naruto schnell zur Kenntnis nahm. Als ihm ein Kunai bei den Wurfübungen eine Haarsträhne abschnitt, lachte er sogar darüber.

Gegen vier Uhr machte er sich auf den Weg zum Hokageturm, um sich einen Auftrag abzuholen. Eigentlich hatte er schon etwas Bestimmtes vor, aber mit Geduld war manchmal mehr zu erreichen und vor Abend war Kakashi wohl ohnehin nicht daheim.

Er stieg die Treppen hinauf und begrüßte Kotetsu und Izumo, die heute Wache hielten und somit einen Tag ohne Ibikis Drill genossen. Es ging das Gerücht um, dass es Ibikis Chuunin-Einheit nicht leicht hatte und böse Zungen behaupteten sogar, dass sie das Geheimhalten von Informationen unter echten Bedingungen übten, aber Iruka glaubte dem nicht. Ibiki war wohl kaum der Mann, der seine eigene Truppe folterte.

Er hatte das Büro des Hokage noch nicht erreicht, als ihm die Person entgegen kam, die er erst später anzutreffen gehofft hatte. Aber es war eben, wie es war.

Kakashi lief an ihm vorbei, als ob er ihn nicht bemerkt hatte.

„Kakashi?“

„Hm?“, kam es desinteressiert von dem Anbu, der sich immer mehr entfernte.

„Ich muss mit dir reden.“

„Aha.“

„Jetzt.“

Kakashi blieb stehen, wandte sich jedoch nicht um. „Ich wüsste nicht, was es noch zu bereden gibt.“

„Das macht nichts, ich weiß es nämlich ganz genau“, versicherte ihm Iruka und ging auf ihn zu. „Und ich will, dass du mich dabei ansiehst.“ Er selbst war verwundert, wie ruhig und sicher seine Stimme klang.

Nun drehte sich der andere um und sah ihn völlig kühl an, was ihn allerdings nicht aus der Fassung brachte. „Also, was ist es nun?“

„Kakashi, ich brauche dich.“

Der Jounin schwieg lange und wandte dann den Blick ab. „Rede nicht so einen Unsinn.“

„Das ist kein Unsinn!“, rief der Jüngere und ballte die Hände zu Fäusten. „Warum versteckst du dich so sehr vor der Wahrheit? Ist es, weil du das Gefühl hast, dich selbst bestrafen zu müssen und alles Gute auszuschließen? Glaubst du, es ist dein Schicksal, einsam sein zu müssen?“

„Ich verstecke mich nicht vor der Wahrheit.“

Das brachte Iruka zu einem ironischen Lachen. „Ach, echt? Dann zieh deine Maske runter.“

„Was?“, fragte Kakashi verdattert und sah ihn an, als hätte er einen makaberen Witz gerissen. „Wieso?“

„Denkst du, ich weiß nicht, warum du sie trägst?“ Er ging noch einen Schritt auf ihn zu, nun völlig von seiner Sache überzeugt. Dieses Mal würde er sich nicht aufhalten lassen. „Wenn du mir beweisen willst, dass du die Wahrheit verträgst und damit umgehen kannst, dann zieh sie runter. Hier und jetzt.“

„Das geht nicht“, erklärte er leise.

„Du hast Angst, dass sich jemand an dieses Gesicht erinnert“, stellte Iruka fest und sprach nun etwas sanfter. Er wusste, dass es auch für Kakashi kein leichtes Gespräch war. „Vielleicht, aber willst du dich ewig verstecken?“

„Du weißt doch gar nicht, wie das ist! Du hast keine Ahnung, wie es sich anfühlt, von den Menschen verachtet zu werden, weil man so ist, wie sie einen nicht haben wollen!“

„Shhh“, flüsterte Iruka und legte eine Hand an seine Wange. „Woher weißt du das? So geht es vielen in Konoha und sicher versteckt fast jeder hier irgendetwas, weil es nicht in das Bild passt. Und es ist nicht alles so hart, wie du glaubst. Du wirst nie erfahren, ob sie dich wegen deines Aussehens ausstoßen, wenn du nichts wagst. Zeig ihnen, wessen Sohn du bist.“

Der Anbu schloss die Augen und drehte den Kopf weg. „Er war ein Versager.“

„Das war er nicht“, widersprach er ruhig. „Und das weißt du, auch wenn du dir etwas anderes einredest. Du hast allen Grund, stolz auf dein Gesicht zu sein, das so sehr dem White Fangs ähnelt.“

Trotzig schüttelte er den Kopf und wich etwas zurück. „Sie würden mich verachten, noch schlimmer als zuvor. Du hast nicht gesehen, wie sie…“

„Das habe ich.“

Verwirrt hob Kakashi den Kopf. „Was meinst du?“

Der Chuunin lächelte. „Ich habe es damals beobachtet, wie sie dich mit Pakkun erpresst und dann verprügelt haben. Du hast da gelegen und dich nicht gerührt und ich habe immer darauf gewartet, dass du aufstehen und ihnen eine Lektion erteilen würdest, aber das hast du nicht getan. Ich habe mich gefragt, warum ein Genie wie du sich so etwas gefallen lässt und den Grund dafür habe ich erst begriffen, als du diesen Winter gegen meine Schulter geschrieen hast.“

„Der Hokagevogel…“

„Das war ich“, bestätigte er seine Vermutung. „Ich habe als Kind gern Tierrufe nachgeahmt und dieser Vogelschrei war das Goldstück meines Repertoires.“ Iruka hob wieder die Hand und legte sie auf die Schulter seines Gegenübers. „Keiner ist so allein, wie er sich fühlt. Auch wenn du es nicht gewusst hast, aber insgeheim habe ich dich oft für deine Stärke und taktischen Fähigkeiten bewundert. Du schienst so anders als ich zu sein, du warst intelligent und hast immer einen kühlen Kopf behalten. Aber in Wirklichkeit unterscheiden wir uns fast gar nicht.“

Dem Grauhaarigen war es beinahe unmöglich, ihn anzusehen. Immer wieder huschte sein Auge Richtung Erdboden. „Was macht dich da so sicher?“

„Ich habe geglaubt, ich werde von niemandem gebraucht, aber das ist nicht wahr. Die Antwort war nur so nahe, dass ich sie nicht gesehen habe. Du hast jemanden vor dir stehen, der dich braucht. Und auch ich trage etwas in mir, vor dem ich mich fürchte, es vor anderen zuzugeben.“

Kakashis Blick drückte leises Unbehagen aus, als er zu der Hand auf seiner Schulter blickte. Es machte den Anschein, als wolle er nur noch von diesem Ort flüchten, wie ein Tier, das man in die Ecke drängte. „Ist es so furchtbar?“

Er schüttelte den Kopf und sah ihn aufmunternd an. „Nein. Und wenn du es von mir verlangst, dann stelle ich mich auf den Dorfplatz und schrei es so laut heraus, wie ich kann. Denn ich habe keine Lust mehr, mich von den Vorstellungen und Worten anderer einengen zu lassen. Das habe ich mein ganzes Leben lang getan und jetzt ist Schluss. Ich liebe dich.“

Kakashis Kopf fuhr nach oben und es sah so aus, als verstand er plötzlich nichts mehr. „Wieso?“

„Brauche ich einen Grund?“, erkundigte sich der Jüngere amüsiert. „Ich fühle mich bei dir richtig. Wenn du mit mir redest, dann wiegen deine Worte viel mehr als etwas, was mir ein Mensch mit bösem Willen an den Kopf werfen könnte. Vielleicht bin ich nicht normal, aber es ist egal, denn ich fühle mich gut so. Und wenn du nichts von mir willst, dann ist das okay für mich. Sag mir einfach jetzt, dass ich gehen soll, und ich bin weg.“

Kakashi gab keine Antwort.

Einige Sekunden verstrichen, dann begann Iruka wieder zu sprechen: „Ich gebe zu, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet. Nur warum hast du es dann beendet? Wolltest du dich selbst für irgendetwas bestrafen?“

„Nein…“ Er schluckte. „Weil du der Frühling bist.“ Noch bevor er sich abwenden konnte, hatte Iruka ihn umarmt und seinen Kopf gegen seine Brust gelehnt.

„Findest du nicht, dass der Frühling die schönste Jahreszeit ist?“

Zögerlich legte der Jounin die Arme um ihn. Er atmete tief durch, bevor er die Maske von seinem Gesicht löste. „Etwas, das ich auch keinen Fall verpassen will.“
 

E~N~D~E

..:~Bonuskapitel~;..

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]



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Kommentare zu dieser Fanfic (42)
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Von:  Yuiki
2009-08-04T01:05:50+00:00 04.08.2009 03:05
Massageöl?! Das ist..ne ganz dumme Idee xDD

Massageöl hat irgendso ein Kräuterzeugs drin, das dafür sorgt dass die damit eingeriebene Haut sehr gut durchblutet und..warm..heiß..(*hust*) wird^^°
Daher vertrete ich die Meinung, dass es sich nicht als Gleitgel-Ersatz eignet:3

Ansonsten: Niedelisch*, aber mir haben die anderen Kapitel besser gefallen:)
Ich fand die beiden dort irgendwie besser getroffen..nya, dieses Kapitel war aber nicht schlecht oder so, es war nur..es hat nicht zum Rest gepasst.
Und vor allem ´Ruka und Ka haben mir nicht gefallen xD
(Also diese seltsamen Spitznamen x.X)


*(Niedelisch = Niedlich^^)
Von: abgemeldet
2007-11-10T09:53:31+00:00 10.11.2007 10:53
einfach total einfühlsam!
dieses etwas, das man noch nicht genau bestimmen kann, das sich ganz langsam entwickelt und man nicht weiß, ob es wieder zerbricht, stillsteht, oder weitergeht...
wunderschön, wie du diese geschichte erzählt hast.
ich war mir bis zu ende einfach nicht sicher, was passieren wird, dann aber sehr erleichtert^^
gelungener abschluss!

mehr kann ich dazu nicht sagen, ich bin einfach begeistert! *KakaIru- fahne schwenk*

alles liebe
Skye
Von:  Atsu
2007-11-03T14:18:46+00:00 03.11.2007 15:18
*smile*
Wunderschön. Du hast genau im richtigen Moment aufgehört. Respekt, weiter so und mehr davon. :3
~ Atsu / Kashi
Von:  Destiel
2007-08-15T21:55:10+00:00 15.08.2007 23:55
Also ich bin mir jetzt nich sicher ob ich diese Ff schon gelesen hab..ichg laub aber schon auch wenn sie mir nur Teilweise noch Bekannt vorkamm..(Mein Gedächtnis is im Arsch..drop)..
Daher geb ich jetzt nur ein Kommentar zu dem Adult Kapitel noch ab da ich mir das damals warscheinlich nich ankucken konnt. (Bzw. lesen konnte)Ans ich fand ich es vom Schreibstill (wie auch zuvor) sehr gut auch von Gesamten her die Einzigen Sachen die mir nich so gefallen haben war die Tatsache mit den 'spitznamen' (?) den Kakashi ..Iruka gegeben hat da 'Ruka' wie ich finde sehr Frauenhaft Klingt und ich fand es einfach völlig Unpassend und Albern.
Was mich gleich zum nächsten Punkt Bringt ich find Kakshi Teilweise schon sehr wie soll ich sagen..Albern..?..Kindisch..? auf jedenfall hatt er mir hier und da in manchen Szenen nich so gefallen..aber das war nich so schlimm..ansonsten hab ich bei diesem Kapitel nicht's zu bemängeln und fand es so auch ganz gut!
So und jetzt muss ich ma nachkucken..o_O ob ich hier schon kommitiert habe..aber ich denke schon ..(Wie kann man nur so Vergesslich sein..!?)
Und die Kritik nich Böse nehmen ja..!?!

Liebe grüße omiw~chan^^
Von:  Trailerpark
2007-07-08T21:18:40+00:00 08.07.2007 23:18
eine wunderbare story
dein schreibstil ist wirklich klasse und man kann sich gut in die beiden rein versetzen, wenn man sich zurzeit ebenso in der lage befindet
mach weiter so, du hast echt talent!
Von:  Carnidia
2007-05-09T19:25:36+00:00 09.05.2007 21:25
Es ist seltsam Iruka einmal so energisch zu erleben, aber die FF hat mir sehr gut gefallen. Am Besten hat mir die Stelle gefallen, an der Iruka von dem Hokagen zu Kakashi geschickt wird und dieser sich erst wehrt und dann doch aufgibt, das war absolut klasse beschrieben. <.<
Es stört nicht weiter, dass viele Dinge nicht ausgeschrieben sind, sondern eher ungesagt zwischen den Zeilen stehen, im Gegenteil, mir gefällt das sehr gut. ^.^b
Danke für diese FF, ich hoffe man liest sich wieder,
Carnidia ^.^v
Von:  _Akatsuki_Note_
2007-03-22T17:19:42+00:00 22.03.2007 18:19
Nein, ist das geil...XD


Mata ne
_Aka_No_
Von:  misha_hiroshima
2007-03-06T06:23:04+00:00 06.03.2007 07:23
hehe danke^^~
was soll ich sagen ôô: einfach wow X3 *wedel* es hat mir echt super gut gefallen!
Iruka war totaaaaal niedlich beschrieben <3
Von: abgemeldet
2007-01-03T23:49:02+00:00 04.01.2007 00:49
Unglaublich schön ;.;
du hast alles so perfekt geschrieben...
es ist einfach super ich liebe die ff >///<
Von: abgemeldet
2006-12-13T21:13:42+00:00 13.12.2006 22:13
Wow! Deine FF ist echt der wahnsinn!! Ich liebe sie, sie ist wirklich ganz große klasse^__^ Die ganze Situation und die Gefühle der Personen kommen einfach super rüber.
Besonders schlimm fand ich die Situation als Iruka vom Hokage beauftragt wurde nach Kakashi zu sehen und ihn dann zusammengekauert im Flur vor findet, ich hab so geheult an der StelleT.T Der Schluss ist auch phantastisch geworden, Kakashi's letzter Satz hat mich so berührt, das war einfach toll. Der ganze Aufbau deiner FF ist genial und wirkt wahnsinnig gut durchdacht, die Verknüpfung mit dem Hokagevogel und Iruka zum Beispiel fand ich toll. Am besten aber waren immer noch die, wenn auch wenigen Gespräche, zwischen Kakashi und Iruka z.B als Iruka fragt :''Kakashi was sind wir?''; mir ist richtig ne Gänehaut gekriegt, ich kann es nur noch einmal wiederholen: wirklich ganz große klasse. Man liest selten solche wirklich guten FFs mit Tiefgang die einfach unter die Haut gehen müssen. Diese Themen die immerwieder in der FF auftauchen, wie Einsamkeit und diese innere Leere die Iruka zu schaffen macht oder das Gefühl gänzlich nutzlos zu sein, finde ich einfach wundervoll dargestellt, so klar könnte ich das alles niemals ausdrücken. Eine weitere Stelle die ich absolut klasse fand war das Gespräch zwischen Sandaime (<.< ich hoffe ich hab's richtig geschrieben, bin noch Naruto-Neuling sozusagen) und dem jungen Iruka, super!!! Auch die Stelle als Iruka die Nachricht erhält, dass die Mission von Kakashi's Éinheit gescheitert ist war phantastisch beschrieben. Mir ist fast das Herz stehn geblieben als Kurenai zu Iruka meinte, dass nur zwei Personen überlebt hätten, ich hab so gehofft, dass du Kakashi nicht sterben lässt, das wäre einfach zu schrecklich gewesen...
Also um dann langsam mal zum Ende zu kommen^^ ich fands einfach große klasse (wie ich ja schon mehrmal wiederholt habe^^). Deine FF wird für immer und ewig auf meinem PC in meinem Naruto-Ordner weilen^^
Ich hoffe du schreibst mal wieder was über Kakashi und Iruka, wenn ja musst du es mich umbedingt lesen lassen^__^
Ich freu mich schon drauf. Bis dann^^
Koro-chan=^__^=


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