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Charm of the candle

von

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Dragon's Candle

Titel: Candle's Charm

Teil: 1/?(wenn ich das wüsste; aber nicht besonders lang, schätze 5-7 Teile)

Autor: Lady Silverwolf

Fanfiction: Beyblade

Rating: PG-16(?)

Warning: OOC, Shounen-Ai

Pairing: Yuriy x Kai(wahrscheinlich)

Disclaimer: Die Charaktere gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

~~~~~~~
 

Okay, schon weider was Neues. -.- *drop* Schätze, ich sollte mich lieber um meine anderen FFs kümmern, aber ich konnte nicht anders, weil ich die Idee schon länger mit mir herumtrage. Darum hab ich damit angefangen. Wird sowieso nicht allzu lang.
 

~~~~~~~
 

Dragon's Candles
 

Sie alle starrten ihn an. Auffällig ins Gesicht - oder was davon zu sehen war - blickend oder unauffällig zu ihm schielend, immer hinter ihm hersehend, wie er rasch die Straße entlangmarschierte.

Nun, er hatte auch nichts anderes erwartet. Er würde es auch tun, wenn ihm jemand wie er entgegenkommen würde. An ihrer Stelle. Er selbst war es gewohnt, seltsame Gestalten zu treffen, da konnte ihn seine eigene Aufmachung nicht mehr schocken.

Eine Mutter zerrte ihre Kinder aus seinem Weg und starrte ihn entsetzt an. Zwei alte Frauen flüsterten lautstark, als er an ihnen vorbeiging. Kinder zeigten auf ihn, Jugendliche starrten ihn an, grölten ihm etwas Vulgäres hinterher.

Er kümmerte sich nicht um einen von ihnen, sie waren ihm egal, nicht wichtig, nur eine unbequeme, lästige Begleiterscheinung. Einzig und allein ihre Masse störte ihn. Zuhause, dort, wo er herkam, waren es nicht halb so viele Leute, die sich auf einem Fleck befanden. Ja, nicht einmal ein Zehntel davon. Wie konnten diese Leute nur so zusammengepfercht leben?

Es lag wahrscheinlich daran, dass er nichts anderes kannte. Und dass sie ihn jetzt mit ihren Blicken verfolgten, machte es auch nicht besser. Aber er hatte Übung darin, solche Sachen zu ignorieren.
 

Das war gar nicht schwer, wenn man erst einmal begriffen hatte, wie es ging, wenn man wusste, dass die Meinung anderer, die Meinung von Fremden, die Meinung der Masse nicht wichtig war. Wenn man das verstanden hatte, konnte man tun, was man wollte; aussehen, wie man wollte.

Auch wenn alle Leute starrten, tuschelten und misstrauisch dreinblickten. Was interessierte ihn das?

Er hatte im Moment sowieso nicht die Zeit, sich darum zu kümmern. Seine Mistress wartete auf ihn. Darum beeilte er sich, so dass bei jedem Schritt die kleine Pistolenarmbrust gegen sein Bein schlug und die lederne Tasche fortwährend an seinem Oberschenkel rieb, so dass es ihn langsam zu nerven begann.

Er fragte sich, ob er das Ding nicht besser zu Hause hätte lassen sollen. Andererseits trug er darin den wichtigsten Teil seiner Ausrüstung und ohne dieser war er beinahe wehrlos. Obwohl er sicherlich nichts davon brauchen würde, denn solange er auf den öfter benutzten Straßen blieb, war er sicher.

Er befand sich immerhin mitten in einer Großstadt, was bedeutete, dass die meisten Leute hier keine Ahnung davon hatten, dass es die Dritte Sphäre überhaupt gab, und der Rest alles dafür tat, dass es auch so blieb.
 

Nun ja, fast alles. Er selbst - und auch viele andere - würde nie auf die traditionelle Kleidung seines Ordens verzichten, die ihn jetzt so auffallen ließ. Aber solange die Leute nicht wussten, was die Bedeutung der schwarzen Kleidung war, würden sie nicht viel in ihm sehen.

Vor allem nicht das, was sich wirklich hinter ihm verbarg, hinter dem weiten, dunklen Mantel, der an einer Magierrobe erinnerte und seinen Körper vollständig verhüllte, und dem schwarzen Schleier, der Gesicht und Haar verdeckte.

Zusammen mit den langen, schwarzen Handschuhen verbarg der schwarze Stoff seinen gesamten Körper, so dass man nicht einmal erkennen konnte, ob er nun männlich oder weiblich war. Darunter trug er Kleidung wie es üblich war, Jeans und ein T-shirt, wenn auch beides dunkel.

Um die Hüften war der Gurt der Tasche geschlungen, an seinem Gürtel hingen die Pistolenarmbrust und der dazugehörige Köcher, an sein linkes Bein hatte er ein langes Messer geschnallt, so lang wie sein Unterarm. Aber das war nur für den Notfall. Er als shizara hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen musste.

An linken Brustseite, sowie am linken Arm und der rechten Handgelenk trug er den Schutz des Bogenschützen aus weißem Silber und weiß gefärbtem Leder, wie es bei shizara üblich war. Er trug zwar im Moment keinen der riesigen, dicken Bögen mit sich, die kaum jemand zu spannen vermochte und sich ihren Herren selbst aussuchten, aber das spielte keine Rolle. Diese Bögen trugen die shizara sowieso nur noch selten.
 

Aber ein shizara hatte den Brust-, Arm- und Handgelenkschutz immer zu tragen, genauso wie den rituellen, weißsilbernen Schmuck an Ohren, Hals und dem Fußgelenk. Und natürlich die eiserne Marke an seinem Hals, die ihn als Slave auszeichnete, mit dem Zeichen seiner Mistress darauf, eine Flamme in einem Ring.

Man sah zwar nichts davon, aber auch das spielte keine Rolle. Unter dem schwarzen Stoff waren nur die rubinroten, von langen Wimpern beschatteten Augen zu erkennen, doch niemand wagte einen Blick hineinzuwerfen, vielleicht aus Angst davor, was sie würden sehen können. Fremdartigkeit, Trauer, Schmerz und Einsamkeit.

Vielleicht hatten sie Angst davor, ein Blick in seine Augen könnte sie damit anstecken. Und Menschen fürchteten sich vor solchen Dingen, er wusste es. Er war selbst einmal ein Mensch gewesen. Jetzt war er nur noch ein Slave.
 


 

Kais Schritte waren zwar schnell, aber nicht hastig. Er wusste, dass die Zeit drängte, aber es waren trotzdem noch einige Tage, die sie hatten. Keine wirkliche Zeitnot also. Eher etwas wie... Eile.

Die Straßen und die Menschen zogen an ihm vorbei, die Geschäfte, die in den Häusern links und rechts untergebracht waren, verschwanden rasch hinter ihm. Er suchte nur eines davon. Ein einziges Geschäft in dieser Menge.

Dann hatte er es erreicht. Der Laden befand sich im Untergeschoss eines Eckhauses. Darüber schienen die Wohnungen der Besitzer zu sein, aber so genau konnte Kai das nicht erkennen und es interessierte ihn auch nicht. Es war ja nicht so, dass das dort Feinde waren.

Die Schaufenster waren mit blauen und grünen Tüchern verhängt, die verhinderten, dass man in den Verkaufsraum sehen konnte. Zwischen den Falten, die der Stoff warf, lagen Waren verstreut, Amulette, kitschige Elfenfigürchen, die große, hölzerne Statue eines chinesischen Drachen, ein riesiger Amethyst sowie einige Pflanzen.

Über der Glastür war ein Schild angebracht, auf der mit einem chinesischen Schriftzeichen Ten stand. Der Laden war überall in der Dritten Sphäre bekannt und gleichermaßen beliebt. Man konnte alles darin kaufen. Alles, was man brauchte, um Magie zu praktizieren und noch viel, viel mehr. Es gab viele solcher Läden in aller Welt, aber das Ten war einer der Besten.
 

Es war lange her, dass Kai das letzte Mal im Ten gewesen war. Er hatte noch die graue Kleidung der Novizen getragen und einen ängstlichen, unsteten Blick gehabt, war noch kein Slave gewesen und sein Meister hatte ihn begleitet.

Damals war der Laden in einer der schäbigeren Ecken der Stadt untergebracht gewesen, in einer der Ecken, von denen man erzählte, es ginge nicht mit rechten Dingen dort zu. Ging es natürlich auch nicht, denn es war ein Viertel gewesen, in denen viele Leute der Dritten Sphäre gelebt hatten. Und der Rest waren Verbrecher gewesen, Gesetzlose, die nichts akzeptierten, nicht einmal das, was sie sahen.

Inzwischen hatte sich das Ten gemausert. Die Straße, in der Kai stand, war eine der Einkaufsstraßen der Stadt, links und rechts von ihm befanden sich Modeboutiquen, gegenüber eine Drogerie. Ein gutes Viertel also.

Aber das war auch kein Wunder, bei dem Umsatz, den das Ten machte und dem neuerwachten Interesse der Menschen an der Magie. Über so etwas konnte Kai nur lachen. Wer waren sie, dass sie glaubten, so schnell wieder zur Magie zurückkehren zur können, wieder ein Teil der Dritten Sphäre zu werden? Sie glaubten doch noch nicht einmal daran und belächelten jene, die Läden wie das Ten betraten. Nichtsdestotrotz war der finanzielle Anteil, den das Ten aus ihnen zog, größer als der, den die Angehörigen der Ersten, Zweiten oder Dritten Sphäre beisteuerten.
 

Kai schob den lästigen Gedanken beiseite und drückte die Tür auf um den Laden zu betreten. Es roch nach Weihrauch und Sandelholz, die elektrischen Leuchten spendeten warmes, goldenes Licht und von irgendwoher kam leise, ruhige Musik.

Die Wände, die nicht von Möbeln oder Tüchern verdeckt waren, zeigten chinesische Schriftzeichen oder irgendwelche magischen Symbole, die nichts bewirken konnten, weil sie nicht fertig oder geringfügig falsch gezeichnet waren. Kai wusste, dass man mit solchen Dingen aufpassen musste, damit sie nicht wirklich wirkten.

Aber einige, erkannte Kai, zeigten Wirkung. Das Feuermal hinter dem Tresen war eindeutig in der Absicht angebracht worden, offene Flammen von dem Gebäude fernzuhalten. Rechts und links der Tür waren Pentagramme auf den Stein der Wand gezeichnet worden, jeweils umgeben von drei Symbolen. Niemand würde hier drinnen angreifen können. Auch ein Ladenbesitzer musste sich absichern.

Das Ten selbst war überall zu fühlen. Ob man es glauben wollte oder nicht, dieser Laden war lebendig. Sein Geist war gegenwärtig und leicht zu spüren, seine Augen beobachteten jeden und alles. Nichts würden dem Ten entgehen.

Kai wusste nicht, ob er die Chinesen, denen das Ten gehörte, die Familie Kon, beglückwünschen oder bemitleiden sollte deswegen. Ihm selbst war der lebendige Laden unheimlich und er wollte ihn so schnell wie möglich wieder verlassen.
 

Andererseits jedoch weckte das Ten das Bedürfnis, länger zu bleiben und mehr zu kaufen. Es war schon ein unangenehmes Wesen und Kai lief ein Schauer über den Rücken bei dem Gedanken daran.

Aber vielleicht gehörte nicht das Ten den Kons, sondern die Kons dem Ten. Vielleicht waren die Kons Slaves wie er. Masters traten in allen möglichen Formen und Arten auf.

An den Wänden des Raumes standen Regale und hohe Vitrinen, die voller Kram waren, in der Mitte befand sich ein großer Tisch, auf dem Bücher, Steine und eine große Phönixfigur aus rot bemaltem Holz standen.

Neben der Tür hielten einige Ständer billigen Schmuck und in Plastik verpackte Halbedelsteine. All das, erkannte Kai mit einem Blick, war nichts als unnutzes Zeug, das keine andere Funktion hatte, als ahnungslosen Menschen zu zeigen, dass das Ten ,wirklich' nur ein normaler Esoterikladen war.

Gegenüber der Tür befand sich eine Verkaufstheke, auf der weiterer Schmuck angeboten wurde. Dahinter saß ein junger Mann mit goldenen Augen und einem ellenlangen, schwarzen Zopf. Er war Chinese und trug die weite Kleidung aus seiner Heimat, was ihn mit dem Laden verschmelzen ließ. Auf der Straße hätte er eher fehl am Platze gewirkt, aber hier passte er perfekt herein. Sogar die spitzen Ohren, die Fangzähne und die goldenen Katzenaugen fielen nicht weiter auf.
 

Rechts von der Theke verdeckte ein langer, roter Vorhang den Weg ins Gebäude. Einige Perlenschnüre hingen davor und darauf war das Schriftzeichen für Ten zu sehen. Durch diesen Vorhang ging es wahrscheinlich in die Hinterzimmer des Ladens, in die Zimmer, die die wirklichen Verkaufsgüter des Ten enthielten.

Weiter hinten führten einige Stufen weiter in den Laden hinein und dort konnte Kai Bücher und andere Dinge erkennen, die eindeutig kein Kram waren, sondern auch für Eingeweihte nützlich.

Natürlich befand sich nichts darunter, was seltsam oder gefährlich war und dem Argwohn der Gewöhnlichen wecken würde. Dazu musste man schon in die Hinterzimmer treten.

Außer dem Chinesen und Kai selbst befanden sich noch andere Personen im Ten. Im hinteren Teil des Laden konnte er einige Erwachsene erkennen, mindestens zwei davon waren Magier, der Rest vermutlich nur auf dem Weg zur Dritten Sphäre. Einer war ein Vampir, eine junge Frau eine Chinesin mit pinkem Haar, goldenen Augen, spitzen Ohren und Fangzähnen.
 

In der Nähe der Tür befand sich eine Gruppe von kichernden Mädchen, die über etwas gebeugt waren und sicher nie etwas von der Dritten Sphäre gehört hatten. Ebenso wenig wie die drei Jugendlichen, die an dem Tisch standen und in den Büchern blätterten.

Als Kai eintrat, brachte er das Windspiel über der Tür zum klirren, und den Verkäufer sowie sämtliche Jugendliche im Raum dazu, ihn anzublicken. Die drei am Tisch wandten sich bald wieder ab, während die Mädchen laut zu tuscheln begannen und kurz darauf wieder in Gekicher ausbrachen.

Der Verkäufer blickte ihn an und über sein Gesicht huschte kurz ein Ausdruck der Erkenntnis. Kai trat sofort auf ihn zu und er erhob sich, verbeugte sich leicht. An seiner Kleidung trug er ein kleines Schildchen, auf dem ,R. Kon' stand. Wahrscheinlich war das der Erbe des Ten, denn die Kons hatten nur einen Sohn, Rei.

"Sagitta-san, nehme ich an?", erkundigte er sich und seine Stimme klang samtig wie das Schnurren einer Katze. Die Kons waren dafür bekannt, Neko-jin zu sein.

Kai nickte. Sagitta, den Namen hatte seine Mistress ihm gegeben, als Decknamen, da er nicht überall Kai Hiwatari sein konnte. Nur wenige durften seinen wirklichen Namen erfahren, das war ein eisernes Gesetz als Slave seiner Mistress. Es war das lateinische Wort für Pfeil, den Pfeile waren seine Waffen und er war der Pfeil seiner Mistress, der Todesbote, schnell, präzise und gefährlich.
 

Der junge Verkäufer wandte sich um. "Mao!" Die andere Neko-jin reagierte sofort und kam herunter um seinen Platz einzunehmen. Das Schild an ihrem Hemd wies sie als ,M. Wong' aus, also war sie keine der Kons. Wahrscheinlich aber würde sie in nicht allzu langer Zeit eine sein.

Kon forderte den Rotäugigen mit einer Handbewegung auf, ihm zu folgen, und führte ihn durch den Vorhang in einen kurzen Gang. Zwei Türen führten hinaus und am Ende befand sich eine Wendeltreppe nach oben.

Kon führte ihn hinauf. Das gesamte obere Geschoss war ein einziger Raum, vollgestellt mit Tischen, Regalen, Kommoden, Kisten, Haltern und Schränken. Kai erkannte mit einem Blick, dass alles, was hier angeboten wurde, hochwertig war; hochwertig, magisch und nicht für Hände von Ahnungslosen und Gewöhnlichen gedacht. Wahrscheinlich würde es einige Katastrophen geben, wenn es doch irgendwie geschah.

Sieben magische Lichter, die dicht unter der Decke schwebten, erhellten den Raum, die Wände waren bedeckt von Tüchern oder den Rückseiten der Schränke und Regale. In der Ecke stand ein hoher Stuhl, auf dem ein weiterer Neko-jin saß, das Schild wies ihn als ,L. Wong' aus.
 

Daneben befand sich ein Tisch, der mit Papieren übersät war und auf dem eine Kiste stand, die als Kasse diente. Über dem Tisch hing ein großer Fernsehapparat von der Decke, jedoch war er ausgeschaltet. Einige Leute wanderten durch den Saal und sie alle gehörten ausnahmslos der Dritten Sphäre an.

Drei von ihnen trugen ebenfalls die Tracht ihrer Gilden, Orden, Völker oder was sonst noch solcherlei Vorschriften gab, wenn auch keiner von ihnen ein shizara war. Sie warfen den beiden Eintretenden desinteressierte Blicke zu und wandten sich dann sofort wieder ab. Ein shizara war zwar nicht gerade gewöhnlich, aber doch nichts Ausgefallenes und vor allem nicht wirklich gefährlich.

Der Neko-jin führte Kai zu einem großen Schrank in der Ecke, in dem die Dinge aufbewahrt wurden, die jemand bestellt hatte. Kon öffnete die Schranktüren und zog ein großes, in hellen Stoff geschlagenes Päckchen hervor, ehe er die Tür wieder zuschob.

Abgeschlossen wurde hier niemals. Das Ten selbst war Schutz genug. Wer es wagte hier zu stehlen, starb qualvoll und sehr plötzlich.

"Hier sind sie. Drei Stück, wie bestellt. Haben Sie die Bezahlung dabei?"

"Natürlich.", grummelte Kai und folgte dem jungen Mann zum Verkaufstisch. Dieser legte das Päckchen darauf ab und blickte ihn an.

Kai kramte kurz in seiner Tasche, dann zog er die schmale hölzerne Schatulle heraus und reichte ihn an Kon weiter. Der Neko-jin löste vorsichtig die Verschlüsse und hob den Deckel ab.
 

Darin lagen drei rote Federn, sie schimmerten leicht in dem goldenen Licht der magischen Lampen und wenn man sie auf eine bestimmte Art drehte, wirkten sie wie aus Gold. Phönixfedern, äußerst wertvoll und selten, da die Phönixe ihre Federn selbst sammelten und verwahrten. Sie waren bei manchen Leuten sehr begehrt, da man bestimmte Zauber nur mit ihnen durchführen konnte.

Kai wusste, dass es seine Mistress schwer gefallen war, die Federn herzugeben. Er hatte keine Fragen gestellt. Denn er wusste nun mal auch, worum es ging. Außerdem war er ein Slave und ein Slave stellte die Handlungen seines Masters nicht in Frage.

Kon nickte, klappte den Kasten wieder zu und ging zu einem Regal, um ihn dort hineinzuschieben. Dann reichte er dem Rotäugigen das Päckchen.

Es war länglich und beinahe rund und er konnte die langen Stäbe unter dem weißen Stoff ertasten. Kerzen. Sie waren so lang wie sein Unterarm, golden, auch wenn er die Farbe durch den Stoff nicht sehen konnte, und waren aus Drachentalg gefertigt. Auch solche Kerzen waren rar.

Eine Bewegung neben ihm ließ ihn aufschrecken. Aber der junge Mann wollte nur zu Kon und blickte ihn nicht einmal an. Prüfend musterte Kai sein Profil, da war etwas an ihm, dass ihn störte. Seine Aura vielleicht? Es war nicht unangenehm, eher...seltsam.

Er war nicht groß, vielleicht etwas größer als Kai selbst, und trug Jeans, Turnschuhe und ein ärmelloses Shirt. Seine Haut hatte einen tief goldenen Ton, sein Haar dagegen war helles Gold, lang und zu einem Zopf geflochten.

Überhaupt schien er Gold zu mögen, denn in den Ohren trug er zwei große Ringe und die Hälfte seines Gesichts war von einer Maske verdeckt, deren vier Augen hellrot funkelten. Um den Hals schlang sich ein ebenfalls goldenes Halsband, doch der große, runde Anhänger war aus Eisen und wies den jungen Mann als Slave aus. Das Zeichen darauf konnte Kai jedoch nicht erkennen.
 

"Können Sie die Nachrichten anschalten?" Der Maskierte deutete auf den Fernseher über ihnen und Kon nickte. "In Ordnung." Er nahm die Fernbedienung vom Tisch.

Kai musste zugeben, dass der Fernseher eines der wenigen von den Gewöhnlichen erfundenen Geräte war, die recht praktisch waren. So erfuhr man sehr rasch, was in der Welt los war, und das nicht über eine Stimme, sondern mit Bildern, was viel effektiver war.

Kon hatte rasch den gewünschten Sender gefunden. Eine Frau war darauf zu sehen und redete irgendetwas von Politik. Kai interessierte das nicht, aber den jungen Mann neben ihm anscheinend auch nicht. Warum hatte er dann darum gebeten?

Dann legte die Nachrichtensprecherin ihr Blatt zur Seite und erklärte: "Gerade eben kam die Nachricht von einen Mord in der Park Avenue herein. Schalten wir zu unserer Kommentatorin vor Ort."

Kai horchte auf. Ein Mord? Das gab es zwar öfters, aber in letzter Zeit häufte sich eine andere Art von Morden. Auch der Rest der Anwesenden wurde aufmerksam und immer mehr versammelten sich um den Fernseher.

Das Bild zeigte inzwischen ein herkömmliches Einfamilienhaus, klein, schmuck, mit einem großen, gepflegten Garten und einem massakrierten Hundekadaver im Teich. Anscheinend waren die Nachrichtensprecher mindestens genauso schnell wie die Polizei gewesen.

Zwei Beamte waren gerade dabei, das Haus abzusperren. Auf der halbgeöffneten Tür konnte man erkennen, dass etwas daraufgeschmiert war. Die dunkelhaarige Sprecherin im Bild kommentierte gerade, was sie sah. "Anscheinend geht auch dieser Mord auf die Kosten des Zirkelmörders, der seit einigen Wochen in der Stadt sein Unwesen treibt. Alles weist wie bisher auf einen rituellen Mord für eine Zeremonie oder einen Kult hin. Vielleicht glaubt der Mörder - oder die Mörder - dass er damit einen Dämon oder etwas ähnliches beschwören kann. Die Zeichen auf der Tür scheinen wieder dieselben zu sein wie bei den letzten Malen."
 

Die Kamera zoomte an die Tür heran und zeigte ein hässliches Geschmiere, das einen Kreis und ein Pentagramm, in dessen Mitte sich ein seltsames, verschlungenes Symbol befand, darstelle. Kai erkannte sofort, dass es - wie bei den anderen Morden auch - aus reichlich Blut gemalt war und dementsprechend verlaufen schien es zu sein.

Die Kamera richtete sich wieder auf die Sprecherin: "Anscheinend wählt der Täter seine Opfer völlig willkürlich aus, denn nichts weißt auf Gemeinsamkeiten hin. Es ist nicht anzunehmen, das die Morde in nächster Zeit aufhören und..."

Kai hörte nicht mehr zu, sondern drängte sich durch die Leute, das Packet mit den Kerzen eng an den Körper gepresst. Er musste so schnell wie möglich zurück. Seine Mistress musste davon erfahren.
 

~~~*~~~
 

"Schon wieder einer?"

"Ich befürchte." Bryan reichte seinem Kollegen die Akte. "Komm jetzt, die warten da auf uns."

Seufzend erhob Yuriy sich und folgte dem anderen nach draußen. Das hatte man davon, wenn man ins Morddezernat kam. Man musste sich eklige Leichen ansehen, die irgendein Irrer aufgeschlitzt hatte.

Kurz nickte er Kenny hinter seinem Computer zu und folgte Bryan nach draußen. Der junge, grauhaarige Polizist vor ihm hatte ein raubvogelartiges Gesicht, scharfe Augen wie ein Falke und den misstrauischen Blick eines ehemaligen Straßenkindes.

Er trug lässige Kleidung, als Inspektor war er nicht mehr an die hässliche Uniform der einfachen Beamten gebunden, und darunter zeichnete sich deutlich ein durchtrainierter Körper ab und jeder, dessen Blick auf Bryan fiel, wusste sofort, dass er keinen Ärger mit dem falkenäugigen Mann wollte.

Er war noch nicht lange Yuriys Partner, aber sie kamen gut miteinander aus. Vielleicht lag es daran, dass sie beide aus Russland stammten, vielleicht daran, dass sie beide schwierige Personen waren, denen andere Leute gern die Charaktereigenschaft ,eiskalt' verliehen. Nun ja, damit hatten sie nicht einmal so unrecht. Sie waren es ja auch.

Sie waren sich im Allgemeinen auch sehr ähnlich. Niemand wollte Ärger mit ihnen, sie wollten keinen Ärger mit anderen, aber wenn jemand Ärger machte, so würde er ihn bekommen.

Yuriy wusste, dass es ein paar Unterschiede gab, während er Bryan gerne Falke nannte, so war er bei dem anderen der Wolf, beides Namen, die passten. Nachdenklich ließ er sich auf dem Beifahrersitz nieder und blätterte in der Akte, während Bryan den Wagen startete und losfuhr.

Vier Morde waren bisher geschehen, das war jetzt der fünfte. Yuriy hatte keine Ahnung, warum sie geschahen, wer sie vollbrachte und was sie dem Mörder brachten, aber eines wusste er: es war ein absolut bestialisches Dahinmetzeln von wehrlosen Opfern.

Dabei war es ganz egal, wer es war, Frauen, Kinder, Männer, Alte. Es war auch egal, wer diese Leute gewesen waren. Die ersten Mordopfer war ein junges Pärchen gewesen, sie Hausfrau, er angehender Anwalt. Als nächstes hatte es eine Familie aus der untersten Schicht erwischt. Dann einen Manager und schließlich eine alte Frau.

Jetzt schien es wieder eine Familie zu sein, denn in der Gegend wohnten die gutbegüterten, konservativen Leute, die viel auf die alten Traditionen und Familienstrukturen hielten. Hoffentlich hatten sie nicht zu viele Kinder gehabt.

Alle Morde waren auf die gleiche Weise abgelaufen, hatte Yuriy das Gefühl, und bei diesem hier würde auch nicht anders sein. Sie brauchten eigentlich gar nicht mehr hinzufahren.

Ein Menschenauflauf erwartete sie vor dem Haus. Die Beamten hielten die Leute zurück. Einige Reporterteams standen herum und schwatzten auf ihre Mikrophone ein. Bryan parkte das Auto an der Seite und sie stiegen so unauffällig wie möglich aus. Wenn diese Leute sie bemerkten...

Sie schafften es beinahe, dann stürzte sich eine dunkelhaarige Reporterin auf sie und bestürmte sie mit Fragen. Yuriy wehrte sie und den Rest der Meute mit dem altbekannten "Kein Kommentar." ab und drängelte sich zu dem nächsten Beamten durch.

Er hielt ihm kurz den Ausweis unter die Nase und duckte sich unter der Absperrung hindurch. Wie er Reporter und Gaffer hasste... Sensationsgeile Meute. Sollten sie doch verschwinden, sie waren doch nur hier, weil sie etwas wollten, was ihr langweiliges Leben aufpeppte!

Bryan folgte ihm dichtauf. Auf der Tür war wieder das altbekannte Zeichen zu sehen. Das Pentagramm und das Symbol in der Mitte. Yuriy wusste noch immer nicht, was das mittlere bedeutete; keiner ihrer Experten hatte es herausgefunden.

Er ignorierte es und stieß die Tür ganz auf. Ein Beamter kam ihm entgegen. Er war schon älter, hatte nur noch einen dünnen Haarkranz und war bleich ihm Gesicht. "Guten Tag, Ivanov-san." Yuriy nickte ihm zu. Der Mann deutete den Gang hinunter. "Sie sind im Wohnzimmer. Letzte Tür rechts."

"Danke. Gehen Sie raus und unterstützen die Jungs draußen. Wir lösen Sie hier drin ab." Der Mann nickte und Yuriy ging weiter. Sie lagen tatsächlich im Wohnzimmer. Beziehungsweise in dem, was einmal das Wohnzimmer gewesen war. Jetzt sah es eher nach der Schlachtbank eines Metzgers aus.

Jemand hatte alle Möbel in die hintere Hälfte des Raumes verfrachtet. Der Fernseher lag auf dem Boden, die Scheibe eingeschlagen. Man hatte den Teppich achtlos darüber geworden und er trug einige große Blutflecken. Anscheinend war mindestens einer der fünf Personen verletzt oder gar getötet worden, noch ehe die Angreifer - Yuriy und Bryan waren sich darüber einig, dass es sich bei dem Zirkelmörder um ein ganze Gruppe irrer Killer handelte - die Familie überwältigt hatte.

Der Linoleumboden und die Wände waren mit schmutzigroten Zeichen vollgeschrieben, alles aus Blut, wie Yuriy wusste. Er hätte es schon vorher sagen können. Es war immer so.

Ein großer Kreis war gezeichnet worden und darin befand sich ein weiterer, nur wenig kleinerer Kreis. Neun Striche unterteilten die Kreise in gleichmäßige Ecken; sie schnitten sich alle in der Mitte. Auf jeder Stelle, wo einer der Striche einen Kreis kreuzte, stand eine halb heruntergebrannte, schwarze Kerze, ebenso wie in der Mitte.

In jeder der durch die Striche entstandenen Ecken waren Symbole aufgemalt. Auch bei diesen wusste Yuriy nicht, was sie bedeuteten, denn sie waren ebenso unbekannt wie das an der Tür.

Die Zeichen an den Wänden waren einfacher zu entziffern. Es waren die astrologischen Symbole für die neun Planeten, jedes einzelne in einem Pentagramm. Aber weswegen sie dort standen wusste Yuriy auch nicht.

In der Mitte des Kreises lag die Leiche eines Kindes, höchstens sieben Jahre alt. Sein Blut verschmierte den Boden und machte ein paar der Symbole unkenntlich. Aber Yuriy ging richtig in der Annahme, dass es dieselben waren wie bei den letzten vier Morden. Die anderen vier Leichen lagen achtlos daneben.

Alle waren sie nackt, ihre Körper mit schon kunstvoll zu nennenden Schnittwunden übersät, die die Zeichen in dem Kreis wiederholten. Nur in der Brust klaffte bei jedem von ihnen ein riesiges Loch.

Yuriy ließ kurz den Blick über das Schlachtfeld schweifen und blickte dann Bryan an. Dieser hob beinahe hilflos die Schultern. Sie hatten keine einzige Spur, die sie zu den Mördern führen könnte. Und die Morde gingen immer weiter!
 

~~~~~~~
 

Wie gefällt's euch? Was anderes als ich normal mache, ich weiß. Aber ich steh grad total auf Magie in der stinknormalen Welt und deshalb hab ich die Idee auch in Tat umgesetzt. Ich weiß nicht, wann der nächste Teil kommt, weil ich ziemlich viel zu tun und grad auch noch 'n Faible für Amazonen habe. (Würd daraus auch gern 'ne FF machen, aber das geht mit BB nicht, es gibt viel zu wenig Mädchen -.-)

Lasst mir ein paar Kommis da!

Silberwölfin

Flame of the candle

Titel: Charm of the candle

Teil: 2/~ 5-7

Autor: Lady Silverwolf

Fanfiction: Beyblade

Rating: PG-16(?)

Warning: OOC, Shounen-Ai, Gewalt

Pairing: Yuriy x Kai, Wolborg x Dranzer, eventuell Bryan x Mystel

Disclaimer: Die Charaktere und die Zitate gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

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So, hier ist das zweite Kapitel. Ich hab's schon länger fertig, weiß auch nicht, warum ich es erst jetzt hochlade. *drop* Na egal, Hauptsache, ich tu's.
 

Was ich beim letzten Mal vergessen hab zu erwähnen: Ten heißt soviel wie Himmel. (Im Chinesischen. Glaube ich.)
 

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@ Sesshi-Chan: Ja, schon wieder. -.- Kann mich einfach nicht beherrschen, dabei hab ich gar keine Zeit dafür. ;_; Aber trotzdem gut, dass es jemandem gefällt.

Warum sollte er kein Schwarz tragen? (Ist in diesem Fall übrigens die vorgeschriebene Kleidung seines Ordens.) Ich find's viel ungewöhnlicher, dass er einen Schleier trägt. XDDD *zur Zeit einen Schaden hat*

Weißwinterwindorden. <--- Das Wort hab ich nur genommen, weil mir der Klang gefällt. Spielt keine große Rolle. (shizara stimmt übrigens. ^^)

Der Laden war ein Nebenprodukt von dem Manga Pet Shop of Horrors, den ich kurz zuvor gekauft hab. Da gibt's auch 'nen Chinesen mit Esoterikladen. Die Idee hat mir gefallen, aber der Manga nicht besonders. TT

Dass die ein Team sind, hab ich auch schon irgendwo gesehen, aber erst nachdem ich das hier angefangen hab. Jaaaah, makaber soll's auch gewesen sein. Ich beschreibe immer genau. Zu genau, glaube ich manchmal.

Nein, die wissen nix von der 3. Sphäre und deine anderen Fragen beantworten sich in diesem Kappi, ich will jetzt nicht alles vorneweg nehmen.
 

@ Katzengirl: Weissu was? Ich will die ganze Zeit 'Vieh' schreiben statt 'Girl' und dass nur weil du dich mal so verabschiedet hast, oder so. -.-° Sorry.

Wie kommst du auf die Idee, ich würd das liegen lassen? Ich habe eigentlich vor, alles zu einem Ende zu bringen. Es könnte manchmal nur etwas länger dauern... Aber bei aufmunternden Kommis schreib ich gleich doppelt so gern weiter. ^------^

Also, mit Fantasy-Fics kann ich dir weiterhelfen, ich hab da noch ein paar, da könntest du auch mal reinschauen. Und ich kann dir noch eine empfehlen und zwar Adlerfeder von Arethelya. Könnte dir gefallen, wenn du Fantasy magst.

Bryan x Rei hab ich woanders, will ich hier nicht und passt auch nicht. Rei x Mao wäre wahrscheinlicher, aber die zwei spielen nur eine Nebenrolle. Wenn du nach oben schaust und dich für Bryan x Mystel stark machst, kommt es vielleicht tatsächlich raus. *drop*
 

@ schwarzer_nebel: Ja, wir hattens mal davon. *g* Fragen stellen, vielleicht beantworte ich sie sogar. *fg* Ja, Kais Mistress ist Dranzer, alles nähere in diesem Chapter.

Wie kommt ihr eigentlich alle darauf, ich würde hier was abbrechen? Wo diese Story doch sowieso so kurz ist! Oo

10 hab ich mit Ten eigentlich nicht gemeint. Ist mir nicht mal aufgefallen. *drop* Ten ist chinesisch(glaube ich) und heißt Himmel(<-- ganz sicher, wenn ich mir bei der Sprache auch nicht sicher bin).
 

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Flame of the candle
 

Ihr Büro war kein besonders angenehmer Arbeitsplatz, aber das konnte kein Polizeibeamte behaupten. Eher im Gegenteil, diese Zimmer waren meistens recht trostlos und hässlich. Selbst der Versuch, durch ein oder zwei Zimmerpflanzen etwas Farbe in den Raum zu bringen, scheiterte meist kläglich.

Die einzige Farbe, die sich von den grauweißen Wänden und den dunklen Tischen, deren Tischplatten von Computer und Papierkram eingenommen wurden, war oft nur auf den Bildern zu sehen, die an die Magnetwand geheftet waren. Und diese Bilder waren - besonders hier im Morddezernat - nie besonders appetitlich, so dass man lieber schnell wieder wegblickte.

Yuriy hatte sich längst daran gewöhnt. Er arbeitete jetzt lange genug als Polizist. An was er sich noch nicht gewöhnt hatte, war das beständige Klacken der Computertastatur, die gerade heftig von Bryan bearbeitet wurde. Was sein Partner da machte, wusste Yuriy allerdings nicht genau. Vielleicht schrieb er E-mails an seinen Freund. Oder nein, er hatte doch gar keinen mehr, oder? Der hatte doch mit ihm Schluss gemacht...

Aber sie sollten jetzt andere Probleme haben. Bryan wusste das auch. Es gab nur einen Grund, warum sie jetzt noch hier im Dezernat waren und nicht längst in ihren weichen Betten lagen, wo sie wirklich hingehörten. Er konnte kaum noch die Augen offen halten, trotz des Kaffees, den er schon seit Stunden in sich hineinschüttete.
 

Trotzdem saß er hier an seinem Tisch und stierte auf die Stadtkarte, die er sich besorgt hatte. Immerhin hatten sie nur noch ein paar Stunden um herauszufinden, wo der nächste Mord geschehen würde. Sie hatten immer drei Nächte gehabt, dann hatte sich das Massaker wiederholt. Drei Nächte. Und die waren heute um. Um Mitternacht würde der Zirkelmörder wieder zuschlagen.

Alle Kräfte, die sie hatten, waren zusammengezogen, aber da sie keinen blassen Schimmer von der Stelle hatten, an dem der nächste Mord geschehen würde, konnten sie nicht viel mehr tun, als die Augen offen zu halten. Sechzehn Leute waren bereits tot, aber sie wussten nichts, gar nichts. Und die Bevölkerung wurde unruhig. Wenn das noch lange so weiterging, würde eine Art Chaos ausbrechen.

Mit knallrotem Marker hatte er auf der Karte die Orte der fünf Morde markiert, aber er sah nur verschwommen. Verdammte Müdigkeit! Er sollte sich besser wieder an die Arbeit machen. Sonst kam er nie in sein Bett.

Am weitesten auseinander lagen der erste und der letzte Mord. Wenn man sie mit einem Strich verband, so lag er genau parallel zu dem, den der zweite und der vierte Mord bildeten. Der dritte allerdings lag genau in der anderen Richtung, von der Höhe her direkt in der Mitte der anderen.
 

Da sie es hier mit irgendeinem okkulten Ritual zu tun hatten, hatte er geglaubt, auch die Morde wären in einem bestimmten Muster angeordnet. Warum auch nicht, zum Teufel?! Er hatte einen weiteren Strich gezogen, eine Waagrechte, die die anderen beiden in einem 90°-Winkel schnitt. Aber - das war wohl nicht das Richtige.

Er hatte die Orte mit allen möglichen Strichen verbunden, hatte sogar versucht, das Kreissymbol, das sie immer an den Tatorten fanden, darauf zu übertragen, aber es passte nicht.

Aber was... was wenn es gar keine Striche waren, sondern ein anderes Symbol? Ein Kreis, ein Eck, ein Stern oder was auch immer? Mit neuem Eifer griff er nach dem Zirkel, aber heraus kam, dass nur der erste, der dritte und der fünfte auf der Linie lagen. Ein Viereck stimmte schon eher. Aber welcher Magier arbeitete mit Quadraten?

Das war doch ganz egal. Es passte zumindest, oder nicht? Wenn er recht hatte, dann würden noch drei Morde geschehen, oder doch mehr? Nachdenklich maß er ab und trug er drei weitere Orte ein, nutzte die zuerst gezogene Linie als Spiegelachse. "Bryan."
 

"Hm?"

"Bryan, schau dir das mal an."

"Hm?" Müde blickte der andere auf und kam herüber. "Meinst du, das könnte stimmen?", fragte er dann zweifelnd. "Ich hab noch nie von einem Magier gehört, der mit Vierecken arbeitet."

"Aber wenn man das so und so sieht, dann geht das?" Yuriy zog noch ein paar Striche, so dass aus dem Viereck ein Stern wurde.

"Jaaah. Vielleicht. Wir haben trotzdem keine Ahnung, wo der Mörder das nächste Mal zuschlägt."

"Ich denke, hier.", erklärte der Rothaarige und legte seinen Finger auf den Punkt, der zwischen dem ersten und dem dritten Mord lag.

"Und warum gerade da? Warum nicht woanders?"

"Schau. Der erste war hier unten, der zweite oben. Der dritte auf der anderen Seite und beim vierten ist er wieder zurück. Der fünfte da oben. Die sind alle gleich weit voneinander entfernt."

Bryan blickte leicht verblüfft drein. Dann hellte sich sein Gesicht auf. "Du könntest recht haben. Was ist da oben?"

Yuriy stutzte. "Ein Friedhof." Seine gesamte schöne Theorie! Einfach so über den Haufen geworfen! Wen konnte man auf einem Friedhof umbringen? Da waren doch schon alle tot.

Sein Partner beugte sich jetzt selbst darüber. "Nein, eine Siedlung, Blindfisch. Komm, wir haben noch...zehn Minuten Zeit."

"Was?!" Der Rothaarige sprang auf, schnappte seine Waffe und rannte hinaus. "Worauf wartest du, Falke?! Komm schon! Wir haben einen Mörder zu schnappen!"
 


 

~~*~~
 


 

Is there a God in heaven, on earth?

Do you know?

Is there a God in heaven, on earth?

I don't know

(Sometimes - Deine Lakaien)
 

Kai rannte, rannte so schnell er konnte. Sein Atem ging schnell und rasselnd und seine Kehle fühlte sich an, als würden bei jedem Atemzug ein Messer hindurchfahren. Sein Herz schien jeden Augenblick zerspringen zu wollen und seine Lunge schmerzte, seine nackten Füße jedoch nicht mehr. Hinter ihm flatterte der lange, weiße Schal, den seine Mutter so geliebt hatte. Er fror, das dünne Hemd und die Shorts, die er trug, halfen nicht gegen die Kälte.

Er stolperte und schlug der Länge nach hin. Stöhnend blieb er liegen, dann rollte er sich herum und rappelte sich auf. Wenn er hier liegen blieb, würde auch er sterben. Dann waren seine Eltern ganz umsonst gestorben.

Mühsam stemmte er sich auf die Füße, ein kleiner Junge, ganz allein in einer weiten, verschneiten Landschaft, nur bekleidet mit dünnem, blutverschmiertem Stoff. Seine Füße hinterließen blutige Abdrücke im noch jungfräulichen Schnee, aber er spürte sie nicht einmal mehr.

Es war zu kalt. Frierend schlang er die Arme um den viel zu dünnen Körper und tastete sich voran. Es war noch dunkel, aber durch den Vollmond und den Schnee konnte er genug sehen, also schleppte er sich vorwärts. Natürlich wusste er, dass er keine Chance hatte. Aber er hatte nicht einmal mehr die Kraft, stehen zu bleiben. Nicht einmal mehr die Kraft, Angst zu haben.
 

Der harte Schlag, der ihn an der Seite traf und drei, vier Meter durch den Schnee schleuderte, kam nicht einmal unerwartet und rief nichts ihn ihm wach als ein dumpfes Pochen über den Rippen.

Müde rollte Kai sich auf den Rücken und starrte direkt in das hässliche Gesicht des Dämons. Eine Fratze wie aus Alpträumen, riesige Hauer, eine platte Nase, gedrehte Hörner, deren Spitzen sich in der Nähe der dicken Lippen befanden. Die Haut war schwarz und die Augen glühten golden in der Dunkelheit. Er hatte einen annähernd menschlichen Körper und riesige Klauen, von denen rotes Blut in den Schnee tropfte.

Die schwulstigen Lippen verzogen sich zu einem zähnebleckenden Grinsen, als er den im Schnee liegenden Jungen bemerkte. "Opfer.", zischte er und trat näher.

Kai rührte sich nicht. Er zitterte nur, ob von Angst oder von Kälte, er wusste es nicht. "Ist...es dann vorbei?", fragte er und seine Stimme klang gebrochen. "Bin ich dann wieder bei Mama und Papa?"

Der Dämon grinste breiter und nickte, ehe er nach dem apathischen Jungen griff. Kai rührte sich nicht. Er fühlte gar nichts mehr. "Guter Junge.", zischelte der Dämon und in seinen riesigen Händen wirkte Kai wie ein Baby.
 

Vorsichtig, beinahe zart strich der Teufel mit den Daumen über Kais Wangen, zog Linien von den Wangen zu den Augen und den Mundwinkeln, so dass vier Dreiecke entstanden. Blutige Linien. Dreiecke aus Blut. Kai zuckte nicht, er fühlte es nicht einmal. Sein Körper war taub von der Kälte.

"Ist es bald vorbei?", fragte er und starrte das riesige Wesen mit großen, rubinroten Augen an. Das Grinsen wurde noch breiter und wäre Kai bei Bewusstsein gewesen und stünde nicht unter Schock, so hätte er gebrüllt wie am Spieß. Aber er realisierte nicht einmal, was geschah. "Bin ich dann bei Mama und Papa?"

"Ja. Nur Geduld." Es gab einen Schlag, der Dämon wurde herumgeschleudert wie eine Puppe und ließ Kai los. Der Junge spürte den Aufprall im Schnee nicht einmal. "Dummer Junge.", flüsterte eine dunkle, melodiöse Stimme in einem leisen Singsang. "Armer, dummer Junge."

Etwas huschte an ihm vorbei, eine schlanke, menschliche Gestalt mit riesigen Schwingen, rot und golden. Kai sah nicht, was geschah, aber er sah, dass der Dämon in Flammen aufging und mit lautem Gebrüll verbrannte.

Dann kam die geflügelte Gestalt zurück und hob das Kind auf beide Arme. Sie war sehr warm. Kai erkannte, dass es eine Frau war, aber er konnte ihr Gesicht nicht sehen. "Dummer Junge.", wiederholte sie. "Armer, dummer Junge."

Dann breitete sie die Flügel aus und hob sich in die Luft. Die roten und goldenen Bänder ihres Gewandes und der Schal von Kais Mutter flatterten in Wind. "Komme ich jetzt zu Mama und Papa?", fragte Kai und sie antwortete: "Nein."
 

Kai schrie. Er saß aufrecht im Bett, die rechte Hand ausgestreckt nach etwas, was er niemals würde erreichen können. Seine Wangen waren nass von Tränen und er zitterte, obwohl es warm war.

Langsam ließ er die Hand zurück auf die Bettdecke sinken. Er hatte schon wieder davon geträumt. Er träumte ständig davon, seit es geschehen war. Kein Wunder. Es war eher ein Wunder, dass er nicht verrückt geworden war deswegen. Na ja, vielleicht war er es ja.

Er ließ sich zurück in die Kissen fallen und betrachtete seine rechte Hand. Im Schein des Mondes, der durch die Fenster fiel, sah sie aus, als wäre sie so weiß wie der Schnee, in den sein Blut und das Blut seiner Eltern damals getropft war. Er erinnerte sich noch ganz genau an alles, als wäre es erst gestern geschehen.

Obwohl er damals einen Schock davongetragen hatte. Er hatte seitdem nie wieder etwas vergessen. Nie wieder. Oh ja, er erinnerte sich. An das Blut, den Gestank von offenen Wunden, Feuer, verbranntem Fleisch und Haar und den metallischen Geruch von Blut. An die Kälte der russischen Nacht und an die bedrohlichen Sterne weit über ihm. An den Schnee, der sich erst wie Messer angefühlt hatte und dann wie eine Decke. An den Dämon, den hässlichen Dämon, dessen Worten er geglaubt hatte, aus Schwäche und Angst.
 

Und an den Gestank des brennenden Teufels. Fleisch und Horn und Haar, das zu schwarzen Klumpen verschmolzen war, als er schon lange weg war, in den Armen seiner Mistress, die ihn zum Weißwinterwind-Orden gebracht und einige Jahre später wieder abgeholt hatte um ihn zu ihrem Slave zu machen. Seine Mistress...

"Dummer Junge. Armer, dummer Junge.", hatte sie gesagt mit ihrer schönen Stimme und in diesem Singsang, in dem sie immer sprach. Niemand sprach wie sie, niemand hatte eine Stimme wie sie. Niemand war wie sie.

Dranzer i'ahnia Hiwatari tash-un Suzaku. Dranzer aus der Familie Hiwatari aus dem Haus Suzaku.

Und weil er ihr Slave war, war er Kai i'ahnia Hiwatari, Kai aus der Familie Hiwatari. Nun, mit dem Namen hatte er die wenigsten Probleme gehabt. Kai stand auf, schlüpfte in ein paar Kleidungsstücke, die achtlos auf dem Boden verstreut lagen und verließ den Raum. Er würde sowieso nicht mehr schlafen können.

Dranzer und er lebten in einer riesigen Villa. Dranzer, als Erbin des Hauses Suzaku, war keine Person, die wenig Geld oder dergleichen besaß. Seine Mistress kam ihm auf dem Gang entgegen. Sie war groß, schlank und ihr athletischer Körper verriet, dass sie mehr als nur in Topform war. Rotes Haar fiel ihr in Lochen bis zu den Hüften hinab und ihr schönes Gesicht war kühl und beherrscht, die roten Augen funkelten.
 

Als sie ihn bemerkte, huschte ein kurzes Lächeln über ihr Gesicht. Er wusste, dass sie ihn mochte, vielleicht sogar liebte, aber was er ihr entgegenbrachte, wusste er nicht. Einerseits hatte sie ihn gerettet, seine Eltern gerächt und ihn nach ihrem Tod getröstet, außerdem hatte sie dafür gesorgt, dass der Weißwinterwindorden ihn aufnahm.

Aber andererseits war sie seine Mistress. Kein Slave konnte seinen Master lieben.

"Wir haben Besuch. Beeil dich." Etwas verwirrt blickte Kai sie an, drehte dann aber gehorsam um und ging zu seinem Zimmer zurück. Eine Viertelstunde später betrat er voll angekleidet - das hieß in seinem Fall, vollkommen verborgen unter schwarzem Stoff - Dranzers Arbeitszimmer.

In der Mitte stand eine große Sitzgruppe, rundherum an den Wänden Regale und einige Kommoden. Durch die Fensterfront gegenüber der Tür fiel das blasse Licht des Mondes, aber die Deckenlampen waren angeschaltet. Rechts, beinahe direkt vor den Fenstern, stand der große Schreibtisch, aber im Moment war er unbenutzt.

Dranzer saß mit zwei Männern auf der Sitzgruppe, während direkt neben der Tür ein weiterer junger Mann stand. Die beiden auf dem Sofa waren alte Freunde Dranzers, auch wenn Kai sie nicht kannte.
 

Einer davon hatte langes, weißes Haar und goldene Augen, sein Gesicht war schmal, aber durchaus attraktiv. Er trug enganliegendes, schwarzes Leder und neben ihm stand eine lange Klinge an den Sessel gelehnt, in deren Griff ein eisblauer Juwel eingelassen war, der die Kälte des Raumes aufzusaugen schien.

Gegenüber von ihm saß ein wahrer Riese von einem Mann, breit, muskulös und mit einer Glatze, aber nicht hässlich - das waren Master nie - und vor ihm am Boden lag ein über zwei Meter langer Stab, der dicker war als Kais Oberarm. Er trug, was man von einem Mann dieser Welt erwarten sollte, Jeans und ein Hemd. Sein Handgelenke wurden von Schweißbändern umschlossen und um den Hals trug er eine dünne Kette.

Den letzten kannte Kai. Er hatte ihn vor drei Tagen im Ten getroffen, das Gold der Maske und der Ohrringe glitzerte im Licht der Lampen. Der Blonde lächelte ihm freundlich zu, während Dranzer ihn kurz vorstellte und auch die Namen der Anderen nannte. Der Weißhaarige war Wolborg, einer der mächtigsten Eiswölfe, aber kein Master. Der Name des Glatzkopfes war Poseidon und Mystel, der Maskierte, war sein Slave.

Die eiserne Marke an Mystels goldenem Halsband zeigte einen Dreizack und eine Welle. Kai neigte den Kopf vor ihnen und stellte sich neben Mystel. Die Augen der Maske funkelten, als der junge Mann den Kopf zu ihm wandte. Er nickte kurz und die vollen Lippen verzogen sich zu einem freundlichen Lächeln. Anscheinend hatte der andere ihn auch erkannt. Oder nicht? Es war schwer in einem Gesicht zu lesen, das zur Hälfte verdeckt war. Noch schwerer, in hinter rotem Glas verborgenen Augen zu lesen.
 

Die beiden anderen Männer und seine Mistress hatten sich längst wieder ihrem Gespräch zugewandt. Kai verstand kein Wort, da sie in einer Sprache redeten, die weit älter war als die Menschheit und vollkommen über seinen Verstand hinausging. Es waren ineinandergeflochtene Töne, seltsame, melodische Laute, die er nicht zu deuten vermochte. Nur noch wenige Wesen konnten diese Sprache lernen, noch weniger beherrschten sie.

Kurz darauf erhoben sie sich und verließen den Raum, dicht gefolgt von Mystel und Kai. Zehn Minuten später saßen sie in einem von Dranzers Autos, einem hochbeinigen Geländewagen. Wolborg hatte sich hinter das Steuer geklemmt, die Mistress saß neben ihm, eine kleine Box auf dem Schoß.

Die restlichen Gegenstände, die sie für das Ritual brauchen würden, war in eine große Reisetasche gepackt, die Kai auf dem Schoß hielt. Darüber lag eine große Armbrust, in die man sieben Bolzen einlegen konnte. Auch Mystel trug eine Waffe, auch wenn er auf etwas wesentlich moderneres zurückgegriffen hatte. Aber shizara trugen nun mal keine Feuerwaffen, vor allem keine vollautomatischen.

Kai hätte es gerne einmal ausprobiert, aber damit hätte er nicht nur die Gebote des Ordens übertreten, sondern auch die seiner Mistress. Und wenn er etwas nicht konnte, dann war es, die Verbote seiner Mistress zu übertreten.
 

Sie hatten ihr Ziel recht schnell erreicht. Es war ein Friedhof, etwas abgelegen von den oft benutzten Straßen und Plätzen. Eine hohe Mauer umgab ihn und das Tor war ein Gitter mit scharfen Zacken. Es war ein alter, christlicher Friedhof, bewachsen mit riesigen Bäumen, Efeu, Gras und Unkraut.

Die Grabsteine sahen aus wie dunkle Schatten, unförmig und finster. Die Kirche und das angebaute Gebäude war nur ein dunkles Loch im Hintergrund und wirkten beinahe bedrohlicher als der Friedhof, obwohl Kai wusste, das auf letzterem die größere Gefahr lauerte.

Wolborg war der erste, der den Gottesacker betrat, er sprang nach oben und berührte die Spitzen des Gitters nicht einmal. Aber Eiswölfe waren für ihre enormen körperlichen Kräfte bekannt.

Vorsichtig schob Dranzer ihm das kleine Kästchen zu, dass sie so sorgsam auf dem Schoß gehalten hatte. Dann nahm sie Kai die schwere Tasche ab. Ein lautes Rauschen ertönte, worauf sie ihre riesigen, roten Schwingen spannte, ein Teil ihrer wirklichen Form, und überquerte den Zaun leichter als Wolborg vor ihr.

Poseidon und Mystel hatten ebenfalls keine Schwierigkeiten mit dem Sprung, obwohl es Kai bei letzterem etwas wunderte. Master und Eiswölfe - okay, aber ein ehemals menschliches Wesen, ein Slave wie er? Er hatte schon bei ihrer ersten Begegnung gemerkt, das mit Mystel etwas nicht stimmte. Aber darüber brauchte er sich keine Gedanken zu machen.
 

Sorgfältig schlang er den Gurt der Armbrust über seine Schulter, prüfte, ob die Bolzentasche gut verschlossen war, und sprang dann hoch. Das kühle Eisen des Gitters fühlte sich unter seinen Fingern an, als wollte es ihn verbrennen. Geh weg von hier. sagte es. Hier warten nur Tod und Unglück.

Er stieß sich von der obersten Stange ab und landete sicher neben seiner Mistress. Er konnte nicht gehen, solange Dranzer ihn hier haben wollte. Außerdem - hatte er schon genug Tod gesehen, genug Unglück gespürt, dass ihn ein wenig mehr nicht mehr schocken konnte. Keine Chance.

Von Innen sah der Friedhof noch bedrohlicher aus. Die Schatten wirkten, als würden sie in jedem Moment zu halblebendigen Wesen werden und sie anfallen. Die Grabsteine, konnte er erkennen, waren teilweise halb verfallen, die Schriften darauf kaum zu entziffern. Es war ein sehr alter Friedhof. Kreuze malten dunkle Schatten auf dem Boden, beschienen vom Mondlicht.

Engel starrten mit leeren Gesichtern in den Himmel hinauf, die Hände flehend erhoben, aber sie waren leer. Betende Gestalten erwirkten gar nichts. Der Himmel war leer. Er war immer leer gewesen. Ob es dort oben einen Gott gab? Kai wusste es nicht. Er glaubte es auch nicht.

Wenn es dort einen Gott gab und er wirklich so gütig war, wie die Priester sagten, warum war er dann nicht bei seinen Eltern? Glücklich und unwissend? Warum war er dann hier, ein Sklave, ein Vogel mit gestutzten Federn, eingesperrt in einen eisernen Käfig? Warum trug er dann das Stigma auf der linken Schulter, das Stigma, dass ihn als Dranzers Eigentum kennzeichnete, ihn und sie verband? Dabei wollte er doch nichts als seine Freiheit. Er konnte sie sehen, sie riechen, fühlen und schmecken, aber erreichen konnte er sie niemals. "Dummer Junge.", hatte Dranzer damals gesagt und sie hatte so recht gehabt. Er war ein dummer Junge.
 

"Kai?" Die süße Stimme seiner Mistress riss ihn aus den Gedanken. Ihre roten Augen wirkten beinahe besorgt um ihn. Er wusste ja, dass sie ihn liebte. Aber er konnte nicht anders und musste ihr die Schuld für seine Ketten geben. Dabei hatte sie ebenso wenig Schuld wie er. Sie fühlte wie er, auch sie war gefangen, auch sie würde am liebsten weit, weit fliegen und nie wieder zurückkommen. Aber auch ihre Ketten hielten sie am Boden.

Kai nahm die Armbrust von der Schulter und überprüfte die Bolzen. Alles in Ordnung. Eine federleichte Berührung an der Schulter ließ ihn aufblicken. Mystel winkte und folgte den anderen dreien, die schon beinahe im Schatten verschwunden waren. Kurz ließ Kai seinen Blick noch einmal über den Friedhof schweifen und schloss sich dem Maskierten an.

Rasch hatten sie den Ort erreicht, den sie gesucht hatten. Es war ein Grab, ganz am Rande des Friedhofs, nicht groß, eher unauffällig. Nur der Grabstein war etwas besonderes, schwarz, mit goldenen, jedoch schon verblassten Linien auf dem Sockel und in der Form eines Engels. Nicht wie die anderen, sondern ein Engel, der sich zum Boden neigte, die Flügel über sich geschlossen wie ein Schutz.

Die Hände waren halb geöffnet, so als sollte sich in ihnen etwas befinden. Sie waren jedoch leer und das entsetzte Gesicht des Engels verriet, dass dies nicht so sein sollte. Wer an ihm vorbeikommen würde und nur einen kurzen Blick auf den Engel warf, würde die verstörte Fratze des Engels nicht bemerken und musste glauben, die Flügel seinen zum Schutz für jenes gefaltet, was in den dünnen Fingern liegen sollte. Kai wusste es besser. Sie waren zum Schutz gegen den Himmel erhoben, gegen den Gott, den es nicht gab und der trotzdem Macht hatte.
 

"Hier..." Dranzers Stimme verklang. Sie bückte sich und entfernte bedächtig das Gestrüpp, dass den Blick auf die Grabinschrift verwehrte. Man konnte sie besser lesen als alle anderen, die Kai bis jetzt auf diesem Friedhof gesehen hatte. Gemacht für die Ewigkeit... Aber auch diese Ewigkeit währte nicht lang, denn das Gold war verblasst, die Rillen bröckelten. Nur mit Mühe konnte er die Buchstaben entziffern. Brooklyn Masefield 1876 - 1900 stand darauf. Mehr nicht. Natürlich stimmte höchstens das Todesdatum.

"Beginnen wir.", verlangte Poseidon. Seine Stimme klang tief und grollend wie das Donnern von Wellen an einer steinernen Klippe. "Wir haben nicht viel Zeit."

Dranzer kniete sich vor dem Grab auf dem Boden und öffnete den Reisverschluss der Tasche. "Beginnen wir.", stimmte sie zu und packte die Drachenkerzen aus.

"Ihr steht Wache.", befahl Wolborg den Slaves. "Wir können es nicht gebrauchen, dass dumme kleine Kinder, die glauben, ein nächtlicher Friedhof wäre ein aufregender Ort, das Ritual stören. Erschießt jeden, der sich nähert." Die beiden nickten und wandten sich ab, um die Umgebung zu beobachten.

Sie wussten sowieso, was geschah. Sie waren von Anfang an in alles eingeweiht gewesen, seit die Drachen dem Hohen Rat der Ersten Sphäre erklärt hatten, sie würden ihr Reich wieder errichten. Seit die Drachen begonnen hatten, ihre Feinde zu sein. Das Vorhaben würde das gesamte Gleichgewicht der Vier Sphären durcheinanderbringen. Das über Jahrtausende sorgsam gewahrte Geheimnis der ersten drei Sphären würde auffliegen, die Menschen wieder Kenntnis bekommen von der Magie.
 

Das hatte einst in einer Katastrophe geendet, die Atlantis verschlungen und einen Großteil des Planeten verödet hatte. Es würde auch ein zweites Mal so sein. Die Menschen waren noch nicht reif. Aber die Drachen wollten ihr Reich zurück und ließen sich nicht umstimmen.

Die Erste Sphäre durfte nicht eingreifen, wenn es nicht um Belange der eigenen Sphäre ging. Göttern war das verboten. Die Zweite Sphäre bekämpfte sich gegenseitig, Engel gegen Dämonen. Darum waren sie hier, sie von der Dritten Sphäre. Immerhin gehörten auch die Drachen zu ihnen. Da war es nur recht und billig, dass sie selbst ihresgleichen aufhielten. Und wenn sie dafür jemanden wie Brooklyn aus seinem Todesschlaf holen mussten. Wenn sie dafür jene Sünde begehen mussten. Der Zweck heiligte alle Mittel, war es nicht so?

Kai musste es wissen und fragte: "Stimmt das?" Der Rotäugige wandte den Kopf zur Seite, so dass er die goldene Maske von Mystel sehen konnte.

Das Gold glitzerte, als der Blonde den Kopf neigte. "Was? Dass man eine Sünde begehen darf, wenn man damit eine größere verhindern kann?"

"Ja."

"Ich weiß nicht."
 

Und sie richteten den Blick wieder auf den Friedhof. Er wunderte sich nicht, dass Mystel sofort gewusst hatte, von was er sprach. Wahrscheinlich ging es ihm genauso. Aber was war mit ihren Mastern und Wolborg? Ob sie es wirklich als Sünde sahen, Brooklyn zu wecken, eines der schrecklichsten Wesen, dass je auf der Erde gewandelt war? Brooklyn war einer der ihren. Ein vollwertiges Wesen der Dritten Sphäre wie sie, nicht wie Kai und Mystel, die einst unwissende Menschen gewesen waren, zumindest zu ihrer Geburt. Ein Wesen der Dritten Sphäre und ein Todfeind der Drachen.

Ein Geräusch, das Knacken eines Astes, ließ ihn aufblicken. Kurz sah er zu Mystel hinüber, der nickte. Er hatte es auch gemerkt. Kai hob die Armbrust und ging leise in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. War da jemand? Oder doch nur ein Tier?

Die Sirenen eines Polizeiautos riss ihn aus den Überlegungen. Was war denn jetzt kaputt? Aber das Ziel der Polizisten schien nicht der Friedhof zu sein. Das wäre ja noch schöner...

Kai richtete seine Gedanken wieder auf das Gewirr von Baumstämmen und Grabsteinen und lauschte. Ja...da war wirklich jemand. Nicht weit von ihm, der keuchende Atem verriet ihn. Hier - hinter diesem Grabstein.
 

Kai sprang los, stützte sich auf dem Stein ab und landete geschmeidig dahinter. Seine Armbrust richtete sich genau auf das vor Angst verzogene Gesicht eines...Pfarrers? Oh nein... Genervt verdrehte er die Augen. Der Kerl hätte besser zu Hause bleiben sollen, dann müsste er jetzt nicht so viel Angst haben. Und nicht sterben. Wolborg hatte gesagt: "Tötet sie."

Der Mann war nicht besonders groß und trug einen langen Talar. Vielleicht kam er gerade eine Messe abgehalten? Seine Lippen bewegten sich lautlos und Kai wurde nach einem Moment klar, dass er betete.

Der Rotäugige schnaubte. "Gott wird dir jetzt auch nicht helfen." Das Gesicht des Pfaffen verwandelte sich zu einer schreckverzerrten Grimasse, ehe Kai den Abzug durchzog und der erste Bolzen davon schnellte. Er grub sich tief in das Herz des Mannes, dessen Augen sich weiteten. Er rutschte langsam an dem Stein nach unten und der Blick brach.

"Gott gibt es nicht. Wo war Gott, als meine Eltern starben? Wo war Gott, als ich den Abzug durchzog?" Er wünschte so sehr, Gott gäbe es. Er wusste nicht, ob es so war. Aber er wusste auch nicht, ob es nicht so war. Er glaubte, Gott gäbe es nicht. Wie konnte es ihn geben? Dass er solche Grausamkeiten wie diese hier zuließ, ohne etwas dagegen zu tun, obwohl man ihm allgegenwärtige Güte zusprach?

Vorsichtig trat der Rotäugige neben den Pfarrer und schloss die Augen. "Ruhe in Frieden. Auch wenn es deinen Gott nicht gibt." Mit einer behutsamen Geste zog er den Bolzen aus der Brust des Mannes und schlug ein Kreuz. Er hatte jedem, den er getötet hatte, den Segen seines Gottes gewünscht, sofern er es gewusst hatte. Wenn er es nicht wusste, wünschte er den Toten einfach Glück. Für was auch immer. Egal, ob sie es brauchen würden... oder eben nicht... Aber Glück war nie verkehrt.
 

Er wusste gar nicht, wie viele Leute er schon umgebracht hatte. Viele Wesen der Dritten Sphäre, aber auch sehr viele Menschen und jeden einzelnen im Auftrag seiner Mistress. Noch ein Grund, warum er sie nicht lieben konnte. Denn jedes Mal starb ein Stück seiner Seele. So sehr er auch seine Freiheit wünschte, wie würde er mit ihr zurecht kommen?

Mit einem abfälligen Geräusch erhob er sich, legte einen neuen Bolzen ein und kehrte zu dem Grab zurück. In der Ferne hörte er noch immer die Polizeisirenen. Moment...Polizei - das durchdringende Geräusch der Sirenen mochte oft zu hören sein in einer Stadt wie dieser, aber in letzter Zeit gab es noch einen anderen Grund.

Die Drachen. Die Drachen wollten ihr Reich wieder errichten. Dazu brauchten sie ihren Herrscher, Leviathan, und der war tief unter dem Meeresspiegel versiegelt. Um das Siegel zu brechen, mordeten sie. In einer ganz bestimmten Reihenfolge und immer zogen sie dasselbe Ritual durch. Erst vor drei Tagen hatte er die letzten Nachrichten über den letzten Mord gehört. Im Ten.

Neunmal das Ritual. Neun Familien, abgeschlachtet. Für etwas, was Dranzer und ihre Begleiter verhindern wollten. Und Kai fragte sich noch einmal: Wog die eine Sünde schwerer als die andere?
 

Als er zu Brooklyns Grab zurückkehrte, bemerkte er, dass sie beinahe fertig waren mit dem Ritual. Dranzer streute gerade das letzte Mal einen Kreis aus glitzerndem Steinpulver um das Gras. Wolborg entzündete die drei Drachenkerzen. Der Docht fing beinahe sofort Feuer und die Flamme loderte hell empor. Erst rot und gelb, wie es sich gehörte, dann weiß wie Magnesium. Das Licht brannte in Kais Augen, so dass er den Blick abwandte. Mystel blickte gar nicht erst her und die anderen drei schien es nicht zu stören.

Aber warum warf Wolborg ihm einen solch seltsamen Blick zu? "Kai?" Dranzers Stimme riss ihn aus den Gedanken und er blickte auf. "Hörst du sie?"

"Die Sirenen?"

"Ja. Geh hin und sieh nach, was geschehen ist."

"Warum?" Er war mehr als verdutzt.

"Der Stern - hier in der Nähe wird das nächste Ritual geschehen. Lass dich nicht blicken und vor allem nicht erwischen. Weder von den Menschen noch von den Drachen, von den Drachen am allerwenigsten!" Kai nickte und machte sich auf den Weg.
 


 

~~*~~
 


 

Ich glaube nicht an Engel

Doch falls wirklich welche gibt

Werd ich darum beten

Dass uns einer davon hilft

(Zur Hölle Und Zurück - Die Toten Hosen)
 

Sie waren zu spät gekommen. Die Familie, ein Mann, eine Frau und ein Kind von etwa fünf Jahren waren bereits tot, verstümmelt wie all die anderen. Kampfspuren konnte man nicht erkennen und auf dem Boden der riesigen Küche waren der Kreis und die Symbole zu erkennen. Die Küchenschränke waren ebenfalls mit Blut beschmiert.

Ein junger Polizist, anscheinend ein Neuling, rannte wieder hinaus und Yuriy konnte beinahe hören, wie er sich im Garten erbrach. Natürlich war das Quatsch. Er war viel zu weit weg, um das zu hören.

Neben ihm bewegte ein älterer Beamter lautlos die Lippen. Er betete. Das war hier wohl ganz angebracht. Wenn Yuriy selbst an Gott glauben würde, würde er ebenfalls beten. Vielleicht würde Gott dann einen seiner Engel schicken, der hier aufräumen und dem Zirkelmörder endlich sein Handwerk legen würde.

Vielleicht würde Gott seinen Opfern wenigstens die Gnade gewähren, sie in das Paradies einziehen zu lassen, aber das würde ihnen wohl kaum mehr etwas bringen. Außerdem waren alle bestimmt Buddhisten gewesen und hatten mit dem Christentum sehr wenig zu tun. Aber zu einem bisschen Hilfe von einem Engel - oder wem auch immer - würde Yuriy nicht ,Nein' sagen. Was für einen Quatsch er jetzt schon wieder dachte...

"Wenigstens wissen wir, wo der nächste Mord stattfindet.", tröstete Bryan die Leute.

"Ruft die Spurensicherung." Yuriy wandte sich von den Toten ab. "Ich schau mich noch mal um. Vielleicht find ich ja noch was. Draußen."

"Draußen?" Bryans Stimme klang mehr als skeptisch. "Und haltet die verfluchten Gaffer davon ab, in diese Küche zu marschieren, verdammt!" Yuriy hatte gerade das Haus verlassen und fand sich einer nicht unbeträchtlichen Menge von Personen gegenüber. Das machten die Sirenen...
 

Beinahe unauffällig gelangte er hinter den Haufen von Menschen, die zwei oder drei Beamte - so genau konnte er das nicht sehen - bedrängten und mit Fragen bestürmten. Die Männer hatten Mühe, die Meute zurückzuhalten. Das Haus der kleinen, nun toten Familie stand direkt am Rande der Wohnsiedlung.

Dahinter befand sich der Friedhof, der von einer riesigen Mauer umgeben war. Darüber konnte er die dunklen Schatten von Baumkronen erkennen. Es war viel zu dunkel, um mehr zu sehen. Aber trotzdem konnte er den Blick deutlich spüren. Irgendwer starrte ihn an. Durchdringend und beständig, aber für ihn nicht wirklich unangenehm. Es war eher jemand neugieriges, jemand, der wissen wollte, wer, wie, was er war.

Nachdenklich spazierte er auf die Mauer zu. Seine Augen musterten die Mauerkrone. Ob der Person auffiel, dass er sie bemerkt hatte? Ein Schatten war das nächste, was er sah. Dunkler noch als die schwärzeste Nacht, unförmig, wie eine zusammengekauerte, verhüllte Gestalt.

Wenn es hell gewesen wäre, wenn Yuriy hätte klar sehen können, hätte er in rubinrote, flammende Augen geblickt.

Einen Moment lang stand die Zeit still.

Einen Moment lang war alles unwichtig.

Einen Moment lang war alles Dunkelheit.

Einen Moment lang war kein Licht nötig.

Einen Moment lang waren sie Feuer und Eis.

Einen Moment lang hielten sie sich gegenseitig im Gleichgewicht.
 

Schließlich hob Yuriy die Hand und zerbrach den Zauber. "He!" Dann war die Gestalt weg. Oder war sie jemals da gewesen? Yuriy wandte sich ab, wanderte an der Mauer entlang, bis er ihr Ende erreichte. Jetzt hatte ihn die Neugierde gepackt. Wer war das? Ihm war vollkommen klar, dass er der Person niemals gegenüber stehen würde, wenn sie es nicht wollte. Aber versuchen konnte er es doch, verdammt noch mal?

Die Straße vor dem Friedhof war dieselbe, die auch vor dem Haus mit den drei Leichen entlang führte. In der Nähe konnte er einen Fluss rauschen hören. Hinter sich. Er hatte gar nicht gemerkt, dass er einen überquert hatte. Auch auf seiner Stadtkarte war keiner verzeichnet gewesen, oder? Nein... doch. Er verlief bis zu einer gewissen Stelle unterirdisch. Bis hier etwa.

Wie auch immer, es interessierte ihn nicht wirklich, wie die Flüsse in dieser verdammten Stadt verliefen! Langsam wanderte er die Straße hinunter, auf das geschlossene Friedhofstor zu, dass er in der Ferne erkennen konnte, weil die Spitzen über die Mauer ragten. Die Mauerkrone ließ er nicht aus dem Blick. Warum tauchte ,seine' Gestalt nicht auf?!
 


 


 

Kai fühlte sich, als würde er unter Schock stehen. Das Stigma auf seiner linken Schulter, das ihn als Dranzers Eigentum kennzeichnete, brannte wie Säure. Am liebsten hätte er sich die Haut vom Körper gerissen, aber er wusste, dass dies nichts bringen würde. Er hatte bereits versucht, es sich herauszuschneiden.

Er hatte es gefühlt. Einen Moment lang. Das perfekte Gleichgewicht. Als er in die eisblauen Augen des anderen, dieses Menschen, gesehen hatte. Er hatte davon gehört, natürlich, aber geglaubt hatte er niemals daran. Ein solches Gleichgewicht konnte es nicht geben. Niemals. Aber für einen Moment hatte er sich frei gefühlt. Sehr frei. Freier als je zuvor.

Bis der dumme Mensch den Zauber gebrochen hatte. Kai hatte nicht anders gekonnt, als zu fliehen. Sein Atem ging schnell und er lehnte sich haltsuchend an die Friedhofsmauer. Kai schloss die Augen um sich zu sammeln. Er wusste, das der Mensch gerade auf dem Weg zu Straße war. Er wollte hinterher. Er musste das noch einmal fühlen. Und er musste den Menschen töten... Wolborg hatte es befohlen. Es war der Wunsch seiner Mistress.

Langsam setzte er sich in Bewegung, wurde schneller und schneller, bis er schließlich rannte. Mithilfe eines Baumes und seiner Äste gelangte er rasch auf die Krone der Mauer und dann konnte er den Menschen auch schon sehen. Groß, muskulös, rothaarig, ein attraktives Gesicht mit eisblauen Augen. Er erinnerte den Rotäugigen an einen ruhigen Wolf, einen Jäger, der nicht aufgab, ehe er seine Beute zwischen den Zähnen spürte.
 

Kai sprang von der Mauer, landete sicher einige Meter vor dem Mann, der wie zu Eis erstarrt war, als er den Schatten auf der Mauer hatte auftauchen sehen. Er wirkte beinahe lässig, wenn man davon ausging, dass er eben wahrscheinlich mehrere übel zugerichtete Leiche gesehen hatte und eine völlig vermummte Gestalt, die von einer drei Meter hohen Mauer gesprungen war, als wäre sie ein niedriger Hocker.

Sein Gesicht war entspannt, schon neugierig zu nennen, aber nicht ängstlich. Ob er es auch gespürt hatte? Obwohl er wahrscheinlich niemals zur Dritten Sphäre gehören würde? Jemand wie er war ein Zweifler, ein Zyniker, ein Spötter, der für alles eine natürliche Erklärung finden musste. Der niemals etwas akzeptieren würde, was dahinter lag, was viel zu groß war, um es verstehen zu können.

Aber er musste es doch spüren? Diese Freiheit, als sich die roten und die blauen Augen mit einem Blick trafen? Dieses Gleichgewicht, das alles um sie herum auslöschte, selbst das Stigma auf Kais Schulter zum Verschwinden brachte?

Aber anscheinend spürte er es nicht. Denn schon wieder zerstörte er alles. "He, du..." Jetzt war es vorbei. Wenn er nur begriffen hätte... Kai hob die Armbrust. Ein seltsamer Ausdruck huschte über das Gesicht des Rothaarigen. Kai zögerte. Er...wollte den anderen nicht erschießen. Er wollte es nicht. Aber es war sein Befehl. Er musste es tun.
 

Der kleine Moment des Zauderns hatte dem Rothaarigen genügt. Er hatte begriffen, dass Kai Ernst machte. Dass er schießen würde. Gerade als der Bolzen von der Sehne schnellte, warf er sich zur Seite. Der Bolzen zischte knapp an ihm vorbei und klapperte viel weiter hinten über die Straße. Dann sprang er auf und rannte los. Er schien vergessen zu haben, dass er selbst eine Waffe trug. Oder wollte er sie nicht einsetzen?

Kai zögerte wieder einen Moment, dann rannte er los. Der andere war schneller als er, viel schneller, obwohl er selbst durch seinen Stand als Slave übermenschliche Kondition hatte. Ob Kai jetzt wirklich alles gab? Er blieb stehen, hob erneut die Armbrust und schoss. Diesmal traf er. Der andere stolperte, stürzte aber nicht.

Er blieb stehen und drehte sich um, um Kai wieder anzublicken. Seine Hand tastete langsam nach dem Bolzen in seiner Schulter. Dann hatte er ihn erreicht und er taumelte zur Seite, an das Geländer der Brücke, auf der er gerade stand. Kai richtete die Armbrust ein drittes Mal aus. Der Bolzen traf. Oder nicht?

Er konnte nichts mehr erkennen, denn der andere wurde über das Brückengeländer geschleudert und schlug mit einem lauten Klatschen auf der Wasseroberfläche auf. "Der ist tot.", sagte eine dunkle Stimme hinter ihm und Kai fuhr herum. Wolborg stand da, ein Schwert in der Hand, das lange, weiße Haar wehte leicht im Wind. "Schätze, du hast getroffen. Aber warum hast du gezögert?"

"Ich weiß nicht."
 

~~~~~~~
 

Okeee, das war's für heute. Viel länger als das letzte Chapter, aber ich wollte an dieser Stelle aufhören. *fg* Eigentlich haben bei mir alle Kapitel etwa dieselbe Länge, aber hier nicht. Hier schreib ich soviel wie in das Kappi rein muss.

Übrigens werden Wolborg und Yuriy nicht irgendeinen Vertrag abschließen oder so was. Also kein Slave Yuriy. Oo
 

Wenn ihr wollt, dass ich weiterhochlade - Kommis schreiben!

Silberwölfin

The golden candle

Titel: Charm of the candle

Teil: 3/5

Autor: Lady Silverwolf

Fanfiction: Beyblade

Rating: PG-16(?)

Warning: OOC, Shounen-Ai, Gewalt, Death

Pairing: Yuriy x Kai, Wolborg x Dranzer, evt. Bryan x Mystel

Disclaimer: Die Charaktere und die Zitate gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

~~~~~~~
 

So und schon das nächste Kappi. Kommt mir das nur so vor, oder bin ich wirklich ein bisschen zu schnell? Ich kann nicht versprechen, dass das nächste Kapitel ebenso schnell kommt.

Im Übrigen ist das hier beinahe sinnlos. Ein Übergangskapitel oder so was in der Art, bis auf eine Szene. Und bedauert diesen Hund nicht zu sehr. v.v Manchmal muss man Opfer bringen. *fg*

Im Übrigen hab ich jetzt die Kapitelzahl. *freu* Es werden nur fünf, okay?
 

**
 

@ Sesshi-Chan: 'Zusammen-Kommen' ist hier eigentlich nicht so das Richtige. Aber andererseits... Ich schätze, darüber muss du dir ein Urteil machen, wenn die Story dann abgeschlossen ist.

Sollte ja auch kein Geheimnis sein, dass sie die Mistress ist. (Keine Ahnung, wo ich das Bild herhab, aber es ist total unscharf geworden, als ich beide zusammengepackt habe ;_;)

Kai, der dumme Junge. XP Mir gefällt das auch so. ^^

Doch, schon, immerhin wissen sie jetzt, wo der nächste Mord passiert.

Die Sache mit dem Gleichgewicht kommt noch dran. Nur Geduld.

Leviathan ist ein Meerungeheuer, genauer gesagt, ein Meerdrache. v.v Wo du den Namen gehört haben könntest, da gibt es viele Möglichkeiten. Erstens: sagt dir Hobbes was? Wenn ja, weißt du ja, was ich meine. Zweitens, vorletzte Staffel(die Doom-Staffel) von YuGiOh! - Dartz will Leviathan erwecken. Drittens, die Bibel.

Hier ist er einfach der Herrscher der Drachen. (Der im Übrigen nicht mal auftaucht)
 

@ Katzengirl: Sooo weit würd ich nicht gehen, die zu den Mördern zu machen. Aber...gute Idee. *überleg*

Schätze mal, die Sache mit den Sphären in der Physik ist mir zu hoch *Physik abgewählt hat* Jedenfalls haben meine Sphären an nix damit zu tun. Ich brauchte einfach nur einen Begriff für diese unterschiedlichen 'Welten'. Erst hab ich 'Welt' nehmen wollen, aber das ist ja schon besetzt(3. Welt XD). Dann 'Reich', aber das ist ja noch negativer geprägt. *drop* 'Dimension' hat nicht gepasst und außer Sphäre ist mir nichts eingefallen.

Das schreibt man 'Fic'. 'Fick' hört sich irgendwie pervers an.
 

@ koukoufanin: Meisterwerk? *blush* ^///^

Naa, Tala ist nicht tot. Siehsu ja gleich.

Schnell genug?
 

@ schwarzer_nebel: He, du bist die einzige, die gesagt hat, es geschieht im Recht, dass Kai ihn abgeschossen hat. Klar tut das weh! *sich das gar nicht vorstellen will*

Und nein, ich verstehe nicht was du meinst. Stehe grad vollkommen auf dem Schlauch. *drop*
 

@ hells-bells: He, danke! Also, ich fand den Beginn jetzt nicht sonderlich aufregend. Der ist doch nur was einkaufen gegangen.

Ja, ich weiß, was du meinst. War auch genau meine Absicht, dieses Element hereinzubringen.
 

**
 

~~~~~~~
 

The golden candle
 

Als Kai und Wolborg zum Friedhofstor zurückkehrten, warteten die anderen schon. Mystel befand sich etwas von den anderen entfernt und wachsam die Straße hinunterstarrend mit der Maschinenpistole in der einen Hand.

In der anderen hielt er die Maske und hatte dadurch sein Gesicht enthüllt. Hübsch war er, keine Frage, mit türkisfarbenen Augen und einem überaus fröhlichen Gesicht. Die Maske war es, die es so hart und streng wirken ließ.

Dranzer und Poseidon standen neben dem Auto und einer weiteren Person, die Kai noch nie gesehen hatte. Das musste Brooklyn sein, denn er hatte keinen Zweifel daran, dass der Zauber, die Erweckung des Königs der Dunkelheit. Was er sah, bekräftigte Kais Vermutung. Die Person war jung, männlich und gutaussehend.

Orangerotes Haar stand in alle Richtungen ab, wuschelig und dazu einladend, die Finger darin zu vergraben. Jadegrüne Augen funkelten freundlich und etwas belustigt, so, als betrachte ihr Besitzer alles als eine Art Spiel. Der schlanke Körper war weder muskulös noch kräftig.
 

Alles in allem sah dieser junge, völlig in Weiß gekleidete Mann - oder war das noch ein Halbwüchsiger? - nicht so aus wie ein Dämon, ein Monster, das überall in der Dritten Sphäre gefürchtet war. Sonder eher wie ein...Lausbub mit einem spitzbübischen Grinsen im Gesicht, immer bereit für einen Streich oder einen Scherz.

Alles in allem sah er nicht aus wie ein wahnsinniger Dämon, dessen Hobby es war, mal kurz ein Dutzend Leute um die Ecke zu bringen.

Der es liebte, andere leiden zu sehen.

Der nichts lieber tat als andere zu quälen, physisch oder besser noch psychisch.

Der als einer der gefährlichsten, bösartigsten und grausamsten Wesen der Dritten Sphäre bekannt war, so gefährlich, dass man ihn in ein Grab gebannt hatte und erst wieder herausholte, als die gesamte Existenz der bestehenden Welt auf dem Spiel stand.

Ja, Brooklyn war eine Legende. Man berichtete großartige Dinge von ihm, großartig und schrecklich. Aber keine, mit der man den Platz tauschen wollte. Er wurde gehasst, verabscheut, angefeindet, aber größer als alle Abneigung war die Furcht vor ihm, diese panische Angst von jenen, die ihm begegnet waren, die ihn kannten, und die fürchterliche Panik derer, die nur die Geschichten über ihn wussten.
 

Dranzer gehörte zu jenen, die ihm bereits begegnet waren. Sie hatte zwar nicht unbedingt so viel Angst vor ihm wie andere, aber auch sie hatte bei dem Gedanken an die Erweckung gezittert.

Obwohl Brooklyn ihnen sicher nichts tun würde. Im Gegenteil, er musste ihnen dankbar sein, dass sie ihn aus seinem engen Gefängnis befreit hatten. Und dass sie ihm die Möglichkeit boten, gegen die Drachen zu kämpfen. War das nicht Grund genug, sie in Frieden zu lassen, sofern sie ihm nicht in die Quere kamen?

Anscheinend schon, denn Brooklyn machte nicht die Anstalten, sie irgendwie feindlich gegen sie zu verhalten. Im Gegenteil, er stand vollkommen friedlich da, die Reisetasche in der Hand, in der sie die Gegenstände getragen hatten, die sie für das Ritual benötigt hatten. Er blickte Kai und Wolborg offen entgegen, dann lächelte er.
 

Kai starrte. Das war...Brooklyn? Von dem er so viele schrecklicher Geschichten gehört hatte? Er blickte kurz zu Wolborg und der angespannte Ausdruck auf dem Gesicht des Eiswolfes sprach Bände. Das war Brooklyn. Aber...er wirkte gar nicht so, wie Kai ihn sich vorgestellt hatte.

"Alles erledigt?", fragte Dranzer und der Weißhaarige nickte. "Alles okay. Lasst uns von hier verschwinden, bevor irgendwer auf die Idee kommt, den Kerl zu suchen." Mit einer Kopfbewegung deutete er nach hinten in die Richtung, in der sich die Brücke befand, und steuerte die Fahrertür an. Er stoppte, die Hand noch am Türgriff. "Was habt ihr mit dem Pfaffen gemacht?"

"Nichts. Ihn jetzt zu beseitigen, wäre zu auffällig. Aber ich bezweifle, das irgendwer uns finden kann. Es war nur ein Bolzen."

Ohne ein weiteres Wort stieg Wolborg ein. Poseidon und Mystel kletterten wieder hinten in den Wagen, während Brooklyn die Beifahrertür öffnete. Mit einer höflichen Verbeugung bot er Dranzer elegant den Platz an und diese folgte verdutzt der Aufforderung.

Kai wusste nicht, was er davon halten sollte. Man hatte gesagt, der Dämon wäre ein Monster. Aber das hier war ein Gentleman. Oder was man auch immer zu einer Person sagen konnte, die sich so höflich benahm und trotzdem ein seltsames Funkeln in den Augen hatte. Er konnte Brooklyn einfach nicht einschätzen!
 

Der Rotäugige kroch vor dem Dämon in den Wagen, der ihm dann die Tasche reichte. Kurz meinte er, etwas goldenes aufblitzen zu sehen, aber als er genauer hinsah, konnte er nichts sehen. Auch gut. Außerdem konnte er jetzt schlecht nachsehen, Brooklyn stieg nämlich gerade ein und schloss die Tür hinter sich.

Kurz darauf startete Wolborg den Wagen und fuhr davon. Kai zog die Tasche auf den Schoß und legte die Armbrust darüber. Einen Moment stutzte er. Warum war sie denn noch offen? Er zog den Reißverschluss zu.

"He." Brooklyns Hand an seiner Schulter ließ ihn zusammenzucken und herumfahren, aber der andere sah ihn nicht einmal an. Wie gebannt starrte er aus dem Fenster und beäugte alles, was er dort sah, mit funkelndem Blick.

"Hn?"

"Was ist das?" Der Dämon klang aufgeregt wie ein kleines Kind. Seine Augen blitzten und er sah hierhin und dorthin, folgte allem und jedem mit dem Blick. Neugierig drückte er sich die Nase an der Scheibe platt. Er wirkte, als hätte er das, was draußen an ihrem Auto vorbeizog, noch nie gesehen.

...hatte er auch nicht. Kai hätte sich am liebsten die Hand vor die Stirn geklatscht. Sie hatten ihn 1900 gebannt und für ihn musste es gewesen sein, als hätte er geschlafen. Er hatte es einfach verschlafen, dieses letzte Jahrhundert.

Aber in diesem Jahrhundert war so viel geschehen, hatte sich so viel geändert... Viel mehr als in all den Jahrhunderten zuvor. Für Brooklyn musste alles neu und fremd sein. Darum auch die Frage. Er hatte keine Ahnung, wie die Welt heutzutage aussah. Sie würden ihn aufklären müssen.
 

Aber nicht jetzt. Er würde nicht zuhören. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, alles in sich aufzusaugen, was er sah. Kai fragte sich, wie es ihm wohl erging, wie er sich fühlen musste. Für einen normalen Menschen wäre alles sicherlich erschreckend und furchtbar.

Aber er schien es nicht als gefährlich zu betrachten, was er sah, nicht als Hexenwerk. Was hatten Dranzer, Wolborg und Poseidon erklärt? Hatten sie ihm gesagt, dass die Technik weiter fortgeschritten war, als er es sich je hatte vorstellen können? Oder war er klug genug, es von sich aus zu sehen?

Das war er sicherlich. Jemand wie Brooklyn musste es sein, sonst wäre er bestimmt schon tot. Außerdem bezog sich seine vorherige Überlegung nur auf normale Menschen. Brooklyn war weder ein Mensch noch war er normal.

Kai warf dem Dämon einen kurzen Blick zu, starrte dann auf die Armbrust in seinen Händen. Der Jadeäugige wirkte wie ein kleines, aufgeregtes Kind. Das konnte doch unmöglich ein gefährliches Monster sein! Der war doch harmlos! Der konnte den Drachen gar nichts! Wieso hatten Dranzer und Wolborg unbedingt ihn rufen müssen? Sie hätten doch sicherlich jemanden gefunden, der sich...weniger wie ein kleines Kind benahm?
 

Noch einmal blickte der Rotäugige zu Brooklyn, der seinen Blick für einen Moment erwiderte. In den jadegrünen Augen blitzte etwas auf und Kai blickte verwirrt wieder weg und starrte für den Rest der Fahrt auf seine Hände. Brooklyn dagegen wandte den Blick nicht mehr von der Scheibe ab. Oder besser von dem, was dahinter geschah.

Schließlich erreichten sie Dranzers Villa. Wolborg ließ sie vor der Eingangstür ausstiegen und fuhr dann den Wagen davon, während die Mistress den Schlüssel aus der Tasche kramte. Brooklyn wanderte einige Schritte den Weg hinunter.

Dranzers ,Vorgarten' war riesig, wie es sich für eine richtige Villa gehörte. Die weißen Wege waren gekiest, das Gras sowie die kleinen Beete und die Bäume, die hier wuchsen, sorgfältig gepflegt und geschnitten.

"So leben heute also die Reichen, ja?", fragte er neugierig und seine Augen funkelten, als er sich umsah. Er hatte nicht erst fragen müssen, ob Dranzer reich war. Zum einen sah man es, zum anderen war eine Familie wie Dranzers niemals arm. Das lag nicht in ihrer Natur.

"Ja.", murmelte Dranzer und fluchte leise. Anscheinend fand sie ihren Schlüssel nicht. Hundegebell riss alle aus ihrer Erstarrung und lenkte die Blicke auf den riesigen, schwarzen Hund, der durch den Garten gestürmt kam.
 

Kai kannte ihn, es war der Hund des Nachbarn. Ein gefährliches, aggressives Biest, eine muskulöse, scharfzähnige Dogge, das mit Vorliebe am Zaun entlang lief, sich dagegen warf und versuchte, hinauszukommen um die Leute zu beißen. Schon mehr als einmal hatte er seine Zähne in menschliches Fleisch geschlagen. Kai meinte die spitzen Zähne noch immer zu spüren, die sich um sein Bein geschlossen hatten, damals, vor einigen Jahren.

Dranzer hasste das Vieh, am liebsten hätte sie es getötet. Aber das hätte ihr Ärger mit dem Nachbarn eingebracht. Das Schlimmste an dem Tier aber war, dass es ein seltsames, kleines Schlupfloch kannte, das in Dranzers Garten führte. Dranzer und Kai hatten es nie finden können.

Er tauchte immer wieder auf, hetzte herum und jagte allen Anwesenden einen riesigen Schrecken ein. Mehr als einmal hatte Kai sich dabei erwischt, wie er nach seinem Bogen oder der Armbrust geschielt oder gar gegriffen hatte um die nächst beste Pfeilspitze auf die Töle zu feuern. Aber Dranzer hatte ihm befohlen, es nicht zu tun. Er konnte die Befehle seiner Mistress nicht übertreten und das war auch der Grund, warum der schwarze Hund noch am Leben war.
 

"Verdammt!", fluchte Dranzer und ihre Finger wurden nervös, so dass sie den Schlüssel erst recht nicht fand.

Kai hob die Armbrust. Sie war noch immer halb geladen und drei Pfeilspitzen richteten sich auf die heranrennende, schwarze Dogge. "Bitte, Mistress. Lass ihn mich erledigen."

"Nein!", fauchte sie. "Wir können keinen Ärger mit dem gebrauchen." Mit einer heftigen Handbewegung zeigte sie in die Richtung, in der der Besitzer des Hundes lebte.

"Was...?", begann Poseidon und hob seinen Stab. Auch Mystel hatte seine Waffe gehoben, blickte aber unschlüssig von dem Hund zu Dranzer und dann zu seinem Master.

"Lasst das, der Halter würde uns glatt die Polizei auf den Hals hetzen.", zischte Dranzer. Endlich hatte sie den Schlüssel gefunden, aber sie hatten keine Zeit mehr. Kai zitterte. Er wusste, dass er nicht abdrücken konnte. Und auch Poseidon und Mystel taten nichts. Der Hund rannte direkt auf den Rotäugigen zu.

Er würde ihn sicher irgendwo erwischen, sprangen solche Tiere nicht direkt an die Kehle, was, wenn der Hund wirklich...? Mehrere Gedanken schossen ihm durch den Kopf, dann stand plötzlich eine weiß gekleidete Gestalt zwischen ihm und der Dogge. Brooklyn! Er hatte Brooklyn ganz vergessen...
 

Der Hund blieb so jäh stehen, dass er beinahe über seine eigenen Beine gefallen wäre. Er knurrte und bleckte die Zähne, aber seine Ohren waren angelegt, den Schwanz hatte er zwischen die Beine gezogen. Das Tier hatte Angst! Mörderische Angst.

Dranzer blickte auf, die Hand noch am Schlüsselbund. "Nein, Brooklyn, bitte, lassen Sie ihn! Wir können tatsächlich keine Polizei erlauben und..."

Brooklyn hob die Hand und gebot ihr zu schweigen. Sie verstummte tatsächlich sofort. "Das ist mir egal.", flüsterte der Jadeäugige und seine Stimme klang rau und wie der eiskalte Hauch der Dunkelheit.

"Komm her.", wisperte er leise und der Hund kam auf ihn zu, kroch beinahe auf dem Bauch, winselte und knurrte gleichzeitig. Er wollte nicht kommen, aber er konnte sich nicht gegen Brooklyns Ruf und seine Kraft wehren. Kai hatte nie jemanden gesehen, der solche Angst hatte, weder Tier noch Mensch oder ein anderes Wesen. Er glaubte, gleich würde das Herz des Hundes zerspringen.

Sein eigenes schlug plötzlich doppelt so schnell, seine Hände zitterten und er fühlte, wie der Angstschweiß über seine Stirn rann. Hier ging etwas vor...etwas, was er nicht begriff, etwas, was so groß war, dass es über den menschlichen Verstand hinausging. Und es war schrecklich.
 

Der Hund kauerte jetzt vor Brooklyns Füßen, knurrte und versuchte gefährlich auszusehen, dabei wirkte er nur kläglich. Der Jadeäugige ging vor ihm in die Hocke, tätschelte ihn leicht. "Nein!", flüsterte Dranzer hinter Kai entsetzt und der Rotäugige fragte sich, was sie hatte.

Brooklyn lächelte, Kai konnte es sehen, als der Jadeäugige sich zu dem Tier hinunterbeugte und ihm sanft über den Kopf strich. Dann tastete sich die zweite Hand vor strich der Dogge über den Rücken, die Flanken und wanderte schließlich zurück zum Halsansatz, während die Finger der anderen Hand sie hinter den Ohren kraulten.

Das Tier hatte inzwischen die Drohgebärden aufgegeben, wedelte sogar leicht mit dem Schwanz, genoss die Liebkosungen des jungen Mannes, gab ein leises, genießerisches Grollen von sich. Die Finger hörten auf, hinter den Schlappohren der Dogge zu kraulen und wanderten zur Stirn, streichelten kurz, die andere Hand am Halsansatz kraulte ihn leicht.

Dann riss Brooklyn dem Hund den Kopf ab. So schnell und so heftig, dass das Blut wie eine Fontäne aus dem Hals spitzte, über den Rasen und die weiße Kleidung des Jadeäugigen. Der Körper des Tieres erschlaffte, der Kopf wirkte seltsam klein zwischen Brooklyns Fingern.
 

Kai riss entsetzt die Augen auf. Aus dem Leichnam floss weiterhin rotes Blut, Kai konnte rohes Fleisch und blutverschmierte Knochen erkennen. Von Brooklyn kam ein leises Kichern. Blut tropfte aus dem Hundekopf auf seinen Mantel, tränkte ihn karmesinrot.

Die Zunge des Hundes, dessen Kopf er noch immer in der Hand hielt, hing schlaff und dick aus dem Maul, wie ein aufgedunsenes Stück Fleisch; die scharfen Zähne blitzten. Aber jetzt wahren sie harmlos.

Kai keuchte, während Brooklyns Kichern sich zu einem Lachen wandelte. Der Jadeäugige warf den Kopf in den Nacken und lachte. Er war wahnsinnig, erkannte Kai und er hatte plötzlich grauenvolle Angst. Und er hatte geglaubt, der andere wäre harmlos?!

Brooklyn lachte und seine Augen glitzerten wild. Blut lief ihm über die Hände. Kai war es, als striche ein eiskalter Finger seine Wirbelsäule entlang.
 


 

~~*~~
 


 

Ich glaube immer noch an Wunder.

Ja, ich weiß, es kommt der Tag, an dem sie jeder von uns sieht.

Ich glaube immer noch an Wunder

und meine Hoffnung darauf, die kann mir keiner stehlen.

Wenn das Gute das Böse mal besiegt,

bleibt die Zeit vielleicht für immer stehen.

Wir werden alle barfuss über Wasser gehen

auf unserem Weg zurück ins Licht.

(Wunder - Die Toten Hosen)
 

Das erste, was Yuriy wirklich realisierte, waren die stechenden, pochenden Schmerzen in seiner rechten Schulter und dem Oberarm. Das nächste war der Geruch von Desinfektionsmitteln und Krankenhaus.

Dann sah er die weiße Decke. Nein, er sah sie nicht, er starrte sie an. Yuriy blinzelte. Wo zum Teufel war er? Und woher, bei allem was Recht war, woher kamen diese mörderischen Schmerzen? Er versuchte es probeweise mit einem Stöhnen. Scheiße, fühlte sich das schlecht an!

Neben sich hörte er ein Rascheln, wie von einer Zeitung. "Yuriy?" Bryans Stimme veranlasste ihn dazu, den Kopf zu drehen. Bryan saß neben seinem Bett auf einem Stuhl, die Zeitung in der Hand. "Guten Morgen.", erklärte der Falke und lächelte schwach. Er sah vollkommen übermüdet aus.

"Morgen.", knurrte der Rothaarige und richtete sich auf. Zumindest versuchte er es, aber die mörderischen Schmerzen in seinem Arm ließen ihn zusammenzucken. "Wo...?", begann er, während er versuchte, sich umzusehen.

Das Zimmer war einfach und weiß. In einer der Wände waren Fenster eingelassen, draußen wurde es gerade hell. Das beinahe grelle Deckenlicht beleuchtete eine Reihe Betten und Nachtische. Außer ihm und seinem falkenäugigen Partner befand sich niemand im Raum.
 

Bryan ließ ihn nicht ausreden. "Im Krankenhaus."

"Was? Wie komme ich hierher?"

"Mit dem Krankenwagen."

"Du verstehst, was ich meine!"

"Keine Ahnung."

"Bryan, ich habe keine Zeit für Späßchen."

"Yuriy, ich habe keine Ahnung, was passiert ist, dass du zwei Bolzen abbekommen hast. Ich habe gehofft, du könntest mir darüber Auskunft geben, immerhin warst du der, der dabei war, nicht ich."

Bolzen? Yuriy starrte seinen Partner an. Dann tastete er vorsichtig nach seiner Schulter. Unter seiner Hand fühlte er den Stoff des Krankenhaushemdes und darunter konnte er deutlich einen Verband fühlen, der Schulter und Oberarm einhüllte. "Bolzen..."

Dann fiel es ihm wieder ein. Seine Idee mit dem Stern. Der erneute Mord. Der Friedhof und die schattenhafte Gestalt. Die seltsamen Gefühle. Dann die Erkenntnis, dass der Verhüllte die Armbrust nicht nur zur Zierde trug und dass er vorhatte, sie auch zu nutzen. Die plötzlichen Schmerzen, als der kleine Pfeil seinen Oberarm durchschlagen hatte, knapp unterhalb der Schulter. Der zweite Bolzen, der ihn in der Schulter getroffen und dessen Wucht ihn über das Brückengeländer geschleudert hatte. Und dann...nichts mehr. Nur das Krankenhaus und Bryan. Ein Wunder eigentlich, dass er noch lebte und jetzt hier war.
 

"Ich sehe, du erinnerst dich wieder."

"Wie...?"

"Man hat dich gefunden. Sah aus, als hättest du ein kleines Bad hinter dir. Jedenfalls haben die Leute sofort den Krankenwagen und dann auch die Polizei gerufen. So hab ich davon erfahren. Und jetzt erzählst du mir mal, wie du dich in diese Scheiße geritten hast."

"Bin zum Friedhof. Da war irgendwer, saß auf der Mauer wie so 'ne Katze, ist aber gleich abgehauen. Ich bin dann auf die Straße, dort habe ich ihn - oder sie? - wieder gesehen. Der Kerl hatte 'ne Armbrust dabei und hat auf mich geschossen. Scheiße, ich habe gedacht, ich bin tot!"

"So sahst du auch aus. Wer war das?"

"Keine Ahnung."

"Irgendwas musst du doch gesehen haben. Komm schon, Yuriy."

"Nein, eben nicht. Er war vollkommen verhüllt. Trug sogar einen Schleier. Ich habe absolut nichts gesehen."

"Einen Schleier?!", echote Bryan verwundert.

"Mhm. Ich kann dir nicht einmal sagen, ob es ein Mann oder ein Frau war."

"Gar nichts?"

"Sag ich doch." Yuriy fragte sich, warum er so gelassen war. Da hatte jemand auf ihn geschossen, hatte ihn umbringen wollen und er fühlte nichts, bis auf den Drang, diesen jemand wieder zu sehen? Das konnte doch nicht normal sein! Aber er konnte sich nicht einmal darüber aufregen. Er fühlte sich irgendwie...friedlich. Friedlich wie noch nie.
 

"Das ist schlecht."

"Mhm."

Bryan blickte ihn scharf an. "Wer bist du und was hast du mit meinem Partner gemacht?"

"Wie meinen?"

"Yuriy. Bitte. Du hast dich noch nie so benommen. Vorhin hatte ich Angst, dass du hier alles kurz und klein schlägst, wenn du aufwachst. Aber es scheint dich ja nicht sonderlich zu stören, dass dich jemand niedergeschossen hat."

"Keine Ahnung." Wieder versuchte Yuriy, sich aufzusetzen, diesmal vorsichtiger. Er schaffte es sogar.

"Und? Was gibt's neues?"

"In unserem Fall? Nichts. Ich schätze mal, deine kleine Idee hat sich als Volltreffer erwiesen, das heißt, falls die Mörder nächstes Mal nicht irgendwie von ihrem Plan abweichen und auch keinen Wind von der Sache bekommen, haben wir sie."

"Gut. Wie viel Uhr ist es?"

"Was? Ach so, gleich acht."

"Acht?"

"Du warst ein paar Stunden weg. Im übrigen haben wir ein paar interessante Dinge gefunden."

"Wo?"

"Vor und auf dem Friedhof."

"Ach?"

"Einen Bolzen, eine Kerze und eine Leiche. Und ein offenes Grab."

"Ach? Wer ist der Tote?"

"Der Pfarrer."

"Oh. Und das Grab?"

Bryan kramte sein Notizbuch aus der Tasche. "Brooklyn Masefield. Gestorben 1900, geboren 1876."

"Und wo ist unser...Herr Masefield, wenn sein Grab offen ist?"

"Weg. Seine Leiche konnte nirgends gefunden werden."

"Irgendeinen Zusammenhang?"

"Zwischen dem Zirkelmörder und dem hier?"

"Mhm."

"Bezweifle ich. Das waren zwei vollkommen verschiedene Vorgehensweisen. Und wir haben auf den Tatorten weder goldene Kerzen noch rote Bolzen gefunden."

"Eine goldene Kerze?"

"Ja. Durch und durch. Sie wurde bereits benutzt. Anscheinend hat da jemand eine Art Totenritual durchführen wollen. Oder besser, es getan."

"Irgendwelche Spuren?"

"Nein. Wer auch immer die Täter waren, sie sind genauso professionell vorgegangen wie die Zirkelmörder."

"Scheiße, gleich zweimal Okkultisten. Und dann auch noch Profis." Yuriy rieb sich das Gesicht. Sorgen über Sorgen. Er wünschte sich die ruhige Zeit zurück, als er sich nicht mit irgendwelchen durchgeknallten Typen hatte herumschlagen müssen.
 

"Nicht unser Problem, wir sind nur für den Zirkelmörder zuständig. Die andere Sache wurde jemand anderem übergeben."

"Dann haben wir ja Glück gehabt."

"Wie du meinst."

Bryan gähnte. "Jetzt, wo du wach bist und wir alles besprochen haben, kann ich ja nach Hause und mich 'ne Runde aufs Ohr hauen. Ich schick dir noch den Arzt vorbei."

"Okay. Ich komm dann heute Nachmittag vorbei und..."

Bryan lachte und faltete seine Zeitung zusammen. "Das bezweifle ich. Die lassen dich heute noch nicht gehen."
 

Bryan hatte Recht. Der Arzt bestand darauf, dass Yuriy mindestens noch zwei Tage blieb und auch dann ließ er ihn ungern gehen. Darum tauchte der Rothaarige erst am Abend vor dem nächsten Mord im Dezernat auf.

Bryan begrüßte ihn schon ungeduldig. Auf seinem Schreibtisch lagen diverse Plastikbeutel mit Beweismaterial, allerdings hatten die nichts mit ihrem Fall zu tun. Es waren vier Bolzen und eine goldene Kerze.

Die Geschosse waren zwanzig Zentimeter lang, aus Leichtmetall gefertigt und glänzend rot lackiert. Die Spitzen glänzten silbrig und sahen nicht gerade gesund aus. Yuriy schauderte bei dem Gedanken daran, dass zwei davon in seinem Körper gesteckt hatten und einer einen Menschen getötet hatte, direkt ins Herz.

Die Kerze war dick wie der Unterarm einer schlanken Frau und durch und durch golden, wie Bryan es gesagt hatte. Sie musste einst mindestens vierzig Zentimeter lang gewesen sein, aber jetzt hatte sie noch knapp die Hälfe.
 

"Und was macht das Zeug hier?", fragte er den Grauäugigen

"Ich dachte, du wolltest es sehen."

"Ach ja?" Yuriy musterte scharf die Bolzen, die er sich gerade vor das Gesicht hielt "Das hier also sind die Dinger, ja?" Er verzog das Gesicht und tastete nach seiner Schulter. Der Arzt hatte ihn gewarnt, den Arm nicht zu sehr zu benutzen, und auch er selbst wusste, dass er sich hüten sollte. Diese Wunden schmerzten wie die Hölle.

Dann wanderte sein Blick weiter zur der Kerze. Die schien irgendwie...anders. Anders als alle Kerzen, die er je gesehen hatte. Aber was war es nur? Er legte die Bolzen wieder weg und hob sie hoch. Schwer, aber nicht schwerer als sie sein sollte. Glatt, aber das waren sie alle.

"Mhm." Er blickte Bryan an, der gelangweilt auf seinem Stuhl hockte. "Irgendwelche Neuigkeiten?"

"Ja."
 

"Die da wären?" Yuriy griff nach seinem Kugelschreiber und klickte nervös an der Mine herum. Er wusste auch nicht, warum er sich so seltsam fühlte, aber seit heute Morgen war er seltsam unruhig. Gleichzeitig aber fühlte er sich ruhig. Er wusste, dass die Morde heute aufhören würden. Dass sie die Verantwortlichen schnappen würden. Und dass noch etwas anderes geschehen würde.

"Herr Mutoyama glaubt uns nicht."

"Wer?"

"Der Kerl, dem das Haus gehört, in dem der nächste Mord geschieht. Er glaubt uns nicht. Oder zumindest glaubt er nicht, dass die Mörder bei ihm einbrechen können." Bryan nahm eine Stadtkarte zur Hand und reichte sie an seinen Partner weiter.

"Ach nein? Lebt er in einem Hochsicherheitsgefängnis?" Yuriy musterte sie aufmerksam und suchte den markierten Punkt, der den Ort des nächsten Mordes anzeigte.

"Fast. Oben im Villenviertel. Der Kerl ist stinkreich." Tatsächlich, eine Villa. Und dann im besten Viertel der Stadt.

"Ach?"

"Er hat jede Menge Wachmänner, eines der besten Überwachungssysteme der Welt und was weiß ich noch alles. Jedenfalls, als wir hinkamen und ihn über die Sache aufgeklärten, hat er uns wieder vor die Tür gesetzt. Meinte, er kommt schon damit klar."
 

Yuriy schnaubte. Natüüürlich würde der Kerl damit fertig werden. Nachdenklich drehte er die Kerze zwischen den Fingern. "Wir beziehen vor dem Haus Stellung, dagegen kann er nichts sagen. Unsere gesamten Kräfte wurden bereits alarmiert. Ich bin sicher, heute geht der Mörder uns ins Netz."

Bryan sah auf die Uhr. "Jedenfalls...sollten wir langsam los. Kommst du?"

"Klar. Hast du meine Waffe?"

"Da drüben." Yuriy stopfte alles, was er in den Händen hielt, in die Tasche und erhob sich, um sich Waffe und Marke zu holen, ehe er Bryan folgte. Heute, heute würden sie den Mörder schnappen.
 

~~~~~~~
 

So, im nächsten Kapitel geht's dann richtig zur Sache und das übernächste ist schon das letzte. Mal 'ne kurze FF zwischen all den Monstern mit über zwanzig Piteln.
 

Schreibt mir fleißig ein paar Kommis ^^

Silberwölfin

The candle and the phoenix

Titel: Charm of the candle

Teil: 4/5

Autor: Lady Silverwolf

Fanfiction: Beyblade

Rating: PG-16(?)

Warning: OOC, Shounen-Ai, Gewalt, Death

Pairing: Yuriy x Kai, Wolborg x Dranzer, evt. Bryan x Mystel

Disclaimer: Die Charaktere und die Zitate gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

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So und hier bin ich schon mit dem 4. Kapitel. Ich hab beschlossen, erst das hier zu Ende zu bringen, bevor ich bei den anderen FFs weiterschreib. Mal sehen, ob ich das auch einhalte.

Das Kapitel ist viiiiiel länger geworden, als ich es mir vorgestellt habe(mehr als doppelt so lang wie das erste *drop*), aber das macht nix. Und ich möchte alle mit einer lebhaften Fantasie bitten, diese nicht allzu sehr zu gebrauchen. v.v
 

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@ Katzengirl: Stimmt, das hättest du dir gleich denken können. *g* Aber ich hab 'n kleines Faible für die Psychos(Brooklyn, Mariku... *schnurr*)

Naja, ich brauchte halt irgendwas um Kai zu zeigen, dass Brooklyn nicht so harmlos ist, wie es scheint.
 

@ LindenRathan: Hey, danke für deinen Kommi. ^^ Naja, Magie ist hier ja nicht sooo viel. Nur ein kleines bisschen.
 

@ hells-bells: Es sollte auch eklig sein. Aber deinen folgenden Gedankengang versteh ich nicht ganz. @.@ Äh, verwirrend? Das sollte es eigenlich nicht sein...
 

@ Sesshi-Chan: Selber schuld, wenn du es dir vorstellst. Die Szene sollte nicht besonders appettlich sein. Du solltest deine Vorstellungskraft im nächsten Kapitel vielleicht etwas zurückhalten.

Irgendwie hast du recht. Kai ist der, der zu bedauern ist. Der Hund kriegt ja nix mehr mit. Was hätte ich denn da noch schreiben sollen? Ich fand die Stelle gut zum Aufhören.

Echt? Brooklyn ist IC? *freu* Mit dem hab ich nämlich noch nicht allzuviel Erfahrung.

Die Autofahrt und sein höfliches Gehabe davor war dazu da, einen richtig schönen Kontrast zu setzen.

Ja, der Wunsch wird ihm erfüllt.

Also, ich bin froh, wenn ich das zuende geschrieben habe! Es ist doch ziemlich viel Arbeit, an drei FFs gleichzeitig zu schreiben und nebenher auch noch für's Abi zu lernen. *drop*

Weissu was, ich hab irgendwie deine Kommis zu Feuermond, KMuD und TTATW vermisst, aber zu ersteren beiden hast du ja was gesagt. ^^
 

@ koukoufanin: Soll ich dir jetzt wirklich alles verraten? Doch, sie kommen zusammen, aber wie sag ich dir nicht. Da hab ich mirschon was gaaanz tolles ausgedacht. ^^

Genau so sollte es sein. Ein süßer, freundlicher Brooklyn bis hin zu der Hunde-Szene.

Glaubst du, ich lasse Yuriy hier abkratzen? Ne, der hat noch was zu erledigen.

Klar, die sind doch Freunde. Außerdem war er neugierig, wer denn nun die Bolzen abgefeuert hat.
 

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The candle and the phoenix
 

Das sechste Opfer des Rituals lebte unweit von Dranzer entfernt. Die Villa war größer, der Garten weiter, bewachsen von Bäumen und Sträuchern, so dass das große, im leichten, japanischen Stil gehaltenen Gebäude mit den vielen Dächern und weißen Mauern, das aussah, wie ein alter Palast, von der Straße aus kaum zu sehen war.

Zudem lag es hinter einem kleinen Hügel, sehr weit von den öffentlichen Wegen entfernt. Anscheinen mochte der Besitzer keine neugierigen Passanten. Kai war schon öfters an dem Anwesen vorbei gekommen, es war ihm allerdings nie besonders aufgefallen.

Es war einfach ein weiteres der vielen Besitztümern, die sich hier ausbreiteten, abgesichert von einer Heerschar Wachmänner, die durch den Garten patrouillierten, oft begleitet von bissigen Hunden mit scharen Zähnen.

Kai wurde es beinahe übel, als er an Hunde dachte. Er brauchte nur einen zu sehen und sei es die hässliche Schoßtöle der Nachbarin, die eher einer Ratte denn einem Hund ähnelte, schon kam ihm die Dogge in den Sinn; die Dogge, der Brooklyn vor drei Tagen den Kopf abgerissen hatte.
 

So schnell wie möglich verdrängte der Rotäugige den Gedanken und konzentrierte sich lieber auf das, was vor ihnen lag. Dazu hatte er seine gesamte Aufmerksamkeit auch bitter nötig. Immerhin hatten sie vor, gegen die Drachen anzugehen, wenn sie den nächsten Mord ausführten.

Heute Nacht auf dem Gebiet des Masaya Mutoyama würde wohl die Entscheidung fallen, ob die Drachen Leviathan erwecken und damit ihr Reich wiedererlangen würden oder ob sie diesen Plan noch um einige Jahrhunderte verschieben mussten.

Die Sterne standen nicht immer so günstig wie in diesem Jahr und ohne die richtige Konstellation konnten sie es vergessen, das Siegel, das den Drachenkönig tief unter dem Meer festhielt, zu brechen. Ohne die Sterne hatten sie keine Chance. Darum mussten sie genau nach Plan vorgehen. Wenn sie auch nur einmal patzen, war ihre Chance vertan.

Und damit waren sie auch schon bei dem nächsten Problem. Die Polizei hatte Wind bekommen. Kai wusste nicht, wer der kluge Kopf gewesen war, der herausbekommen hatte, wo die Morde stattfanden, aber keiner hatte einen Zweifel daran, dass es so war. Die Polizei waren viel zu schnell am letzten Tatort gewesen. Informiert hatte die sicher keiner. Die waren von selbst gekommen.
 

Die Drachen mussten das auch wissen, aber sie konnten das Ritual nicht verschieben. Sie mussten das Opfer heute bringen, heute, eine Stunde vor Mitternacht. Das hieß, sie waren schon einige Stunden vorher da. Sie mussten ja auch noch alles vorbereiten. Dranzer, Wolborg und Poseidon hatten eigentlich vorgehabt, die Drachen in Mutoyamas Haus zu empfangen und sie gar nicht erst zu dem Mann und seiner Familie vorzulassen, aber Brooklyn hatte abgelehnt.

Er wollte erst kommen, wenn die Drachen schon bei der Arbeit waren. Warum wusste Kai nicht, aber er wusste, warum keiner der drei anderen gegen Brooklyn gesprochen hatten. Er musste nur an den Hund denken. Und an das Lachen.

Das Tor stand, als sie ankamen, speerangelweit offen. Einen Moment wunderte sich Kai, warum das keinem der Nachbarn aufgefallen war, aber dann sah er sich um. Mutoyamas palastähnliches Haus befand sich am Ende der Straße, die nächste Hofeinfahrt war mehrere hundert Meter weit weg und es war bereits dunkel. Am Straßenrand standen ein paar Autos, aber sonst war alles still. Kein Wunder, dass es keinem aufgefallen war. Es war einfach niemand da, dem es hätte auffallen können. Diese reichen Leute hier oben lebten manchmal ganz schön einsam.
 

Wolborg, der wieder hinter dem Steuer saß, bog ohne Umschweife auf das Grundstück ein und raste den gepflasterten Weg hinunter, der auf einem großen Platz vor dem vielstöckigen, verzierten Gebäude endete. Darauf parkten bereits drei große Autos; zwei kompakte Transporter und eine lange Limousine. Offenbar waren die Drachen mit schwerem Geschütz und mächtigen Leuten angekommen.

Kai runzelte die Stirn. Wenn das so war... Ahnten sie, was Dranzer und ihre Freunde vorhatten? Dass sie Brooklyn mitbringen würden? Oder war es einfach nur eine Vorsichtsmaßnahme, da sie wussten, dass die Bewohnter der Dritten Sphäre nicht gerade begeistert von ihrem Plan waren?

Wie auch immer es sich verhielt - sie hatten keine Möglichkeit mehr, umzukehren. Brooklyn würde das nicht zulassen. Er war schon den letzten Tag aufgeregt gewesen. Wie ein kleines Kind, das wusste, dass es Geburtstag hatte und nun seine Geschenke auspacken wollte. Aber darunter hatte Kai etwas sehr finsteres gefühlt, etwas, was er nie, nie wieder spüren wollte. Blutdurst. Ihm wurde schlecht, wenn er auch nur daran dachte.

Die Haustür stand ebenfalls offen und gab den Blick in eine erleuchtete Halle frei. Links und rechts führten Treppen hoch und gingen Türen ab, ebenso gegenüber. Die Halle war so gut wie leer, zumindest soweit Kai es sehen konnte.
 

Wolborg parkte den Wagen mitten auf dem Hof und stieg aus. Die anderen folgten seinem Beispiel und sahen sich suchend um. Kai fühlte die Spannung, er konnte sie beinahe greifen. Dranzer war unruhig. Ihre Hände schlossen sich fest um das einfache Schwert, das sie trug. Bei jedem Geräusch fuhr sie herum und ihre roten Augen durchdrangen die Dunkelheit. Viel sehen konnte sie allerdings nicht.

Wolborg wirkte weit gelöster, aber Kai sah, wie sich unter dem schwarzen Leder seine Muskeln spannten und seine Faust war fest um den Griff des prächtigen Schwertes geschlossen, das er immer bei sich trug.

Poseidon wirkte gelassen und trug als Waffe nur seinen Stock, aber er hielt ihn auf eine Weise, die ihn schnell zuschlagen ließ. Mystel dagegen hatte die modernste von ihnen allen, die vollautomatische Maschinenpistole mitsamt genügen Munition. Allerdings verließ er sich nicht vollständig darauf, sondern hatte sich auch zwei lange, gebogene Dolche umgegürtet, die mindestens die Länge von Kais Unterarm hatten.
 

Brooklyn war der einzige, der unbewaffnet gekommen war, aber nach allem was Kai gesehen hatte, brauchte er das auch gar nicht. Brooklyn war ohne Waffen tödlicher. Er selbst trug die große Armbrust und einen Köcher Bolzen, allerdings wusste er, dass er sich nicht auf die klobige Waffe verlassen durfte. Sein Trumpf war der große shizara-Bogen auf seinem Rücken und die langen Pfeile, die gut verpackt in einem Köcher staken.

Er fühlte sich seltsam, irgendwie ruhig, obwohl er wusste, dass er das nicht sein sollte. Er würde heute vielleicht sterben. Nein, vielleicht war hier falsch, die Chance, dass mehrere von ihnen starben, war nicht gerade gering. Kai würde es als ein Wunder betrachten, falls es so war.

Und er war neben Mystel der Schwächste der Gruppe. Da er den Maskierten nie hatte kämpfen sehen und auch weder Poseidon noch einer der anderen etwas über seine Fähigkeiten gesagt hatte, wusste Kai nichts über ihn und seine Kampfkraft. Aber Kai wusste, dass er als shizara keinen Nahkampf überstehen würde. Er war ein Schütze und darum in einem Kampf wie diesem beinahe nutzlos.
 

Wenn er überleben wollte, musste er alles einsetzen, was er hatte, seine Bolzen und Pfeile und seine Magie. Obwohl letztere ihm wahrscheinlich nicht viel nutzen würde. Er war viel zu schwach. Drachen waren bekannt dafür, mächtige Magier zu sein. shizara-Magie dagegen war recht schwach, obwohl sie auf eine Art genutzt wurde, wie es kein anderer tat. Schon manch mächtiger Magier war von einem shizara getötet worden.

"Alles klar?", fragte Dranzer leise und zog damit seine Aufmerksamkeit auf sich. Aber sie meinte nicht ihn, sondern sprach alle an. "Lasst uns hineingehen und nach Mutoyama suchen. Wir müssen verhindern, dass sie ihn töten." Sie nickte mit dem Kopf zur Tür und setzet sich in Bewegung.

"Nein.", widersprach Brooklyn. "Die Drachen sind hier draußen." Er hob den Kopf und sah in diesem Moment aus wie ein witternder Hund. "Spürt ihr es nicht?"

"Nein.", grummelte Poseidon, während Wolborg seinerseits die Nasenflügel blähte. Er als Wolf hatte einen ausgeprägten Geruchssinn.
 

"Ich rieche nichts.", meinte er dann. "Nur den Gestank von menschenförmigen Drachen, die aus den Autos gekommen sind." Er nickte auf die Transporter. "Und es sind viel mehr, als wir gedacht haben."

Dranzer seufzte. "Anscheinend haben sie gemerkt, dass wir ihnen auf der Spur sind. Aber das ist ganz egal. Solange Mutoyama und seine Familie diese Nacht überleben, soll mir alles Recht sein. Kommt jetzt. Wir haben keine Zeit zu verlieren."

"Da drin sind keine Drachen.", maulte Brooklyn. "Zumindest nicht viele. Ich bleibe hier draußen und tue das, worauf ich mich schon die letzten drei Tage freue. Die Tage der Drachen sind gezählt."

Mystel neben Kai brummte leise und entsicherte seine Waffe. "Das bezweifle ich.", flüsterte er leise, so dass nur der andere Slave ihn hören konnte. "Es mögen die Tage der Drachen sein, die sich hier auf dem Gelände befinden, die gezählt sind, aber die Drachen selbst werden noch lange zu den großen Familien zählen."

Kai schwieg. Was sollte er darauf sagen? Er war nur eine kleine Figur im Spiel des Schicksals und hatte keinen Einfluss auf die Herrschaft der Drachen. Er war nur froh, wenn er überlebte.
 

Brooklyn wartete keine Antwort ab, sondern setzte sich in Bewegung und marschierte geradewegs auf die nächste Baumgruppe zu.

"Es ist ganz egal, was Brooklyn macht.", meinte Dranzer ungeduldig. "Er tut das, wofür wir ihn erweckt haben, er hält uns die Drachen vom Hals, während wir uns um das Ritual kümmern."

"Warte, Dranna.", bat Wolborg. Er sah sich beunruhigt um. "Es sind wirklich zu viele Drachen hier. Brooklyn kann sie nicht alle aus dem Weg räumen. Wir sollten uns aufteilen."

"Wir bleiben hier.", bestimmte Poseidon. "Und sehen uns hier draußen um. Komm, Mystel."

Der Goldmaskierte nickte und überprüfte noch einmal seine Waffen. "Viel Glück.", sagte er leise zu Kai. "Du wirst es brauchen."

"Danke.", murmelte der Rotäugige. Mystel folgte seinem Master und auch sie verschwanden in der Dunkelheit des Gartens.

"Kommt jetzt, ihr zwei.", befahl Dranzer ungeduldig und stieg die Treppen hinauf. "Wir haben noch etwas zu erledigen."
 

Kai beeilte sich, ihr zu folgen, auch wenn er kein gutes Gefühl hatte. Heute würde sich etwas großes tun und er wusste nicht was und vor allem wusste er nicht, wie er es ändern konnte. Darum tat er gar nichts, sondern folgte Dranzer nur, die angespannt und vorsichtig das Schloss betrat.

Die Halle war wirklich groß und gar nicht so leer, wie Kai es gedacht hatte. Aber er hatte sie nicht sehen können, sie standen links und rechts von ihm und auf der Treppe. Es waren sieben und sie alle trugen Waffen und ihre menschliche Gestalt. Kai wusste, dass sie drei keine Chance hatten.

Er hob die Armbrust und fragte sich, wie sie Brooklyn hatten entgehen können, gleichzeitig war er aber damit beschäftigt - ebenso wie Dranzer und Wolborg - die Beine in die Hand zu nehmen und wieder nach draußen zu fliehen. Die Eingangshalle war eine tödliche Falle; sie hatten überhaupt Glück, dass keiner von ihnen tot zurückgeblieben war.

Kai stürzte nach vorn und hörte, wie Dranzer und Wolborg hinter ihm links und rechts auswichen. Er schlug sich in die Büsche. Jetzt war nicht daran zu denken, das Ritual zu stören. Erst mussten sie sehen, dass sie ihr eigenes Leben retteten.
 


 

~~*~~
 


 

Vier Wagen mit Kommissaren in Zivil, sowie eine Gruppe vom Sondereinsatzkommando warteten vor dem Grundstück auf sie. Salima Hakuto führte das Kommando. Yuriy kannte sie. Sie hatten schon öfter zusammengearbeitet.

Salima war noch jung für diesen Posten, aber er wusste, dass sie ihn besser ausfüllte als viele andere. Sie war eine extrem fähige Polizistin. Sie kam den beiden entgegen und nickte grüßend. "Schön, dass ihr da seid. Wird auch langsam Zeit."

"Tut uns Leid.", knurrte Bryan. "Aber wir wurden aufgehalten. Was ist passiert?"

Salima zeigte auf die Toreinfahrt. "Sie sind schon hier. Erst seit kurzem, aber trotzdem. Es waren zwei Transporter und eine Limousine. Da steckt wohl etwas größeres dahinter, als wir erst angenommen haben. Ich bezweifle, dass sie Mutoyama schon erwischt haben, aber..."

"Warum seid ihr noch nicht drinnen?", fragte Yuriy dazwischen.

"Das SEK kam gerade erst und ich wollte die Leben meiner Leute nicht gefährden. Außerdem hat es sich gelohnt."

"Aha?"

"Vor nicht fünfzehn Minuten kam ein weiterer Wagen an, ein Geländewagen. Das Kennzeichen war verdeckt und wir konnten nicht erkennen, wer darin saß, aber es waren mindestens fünf, wahrscheinlich aber sechs."

"Und?"

"Sie schienen nicht zu den anderen zu hören."

"Aha..."

"Eine Fehde?"

"Keine Ahnung, worum es bei all dem geht. Die Morde jedenfalls sollen heute aufhören!" Die junge Frau drehte sich zu dem Einsatzleiter der schwarz gekleideten Männer um, die in der Nähe ihre Waffen überprüften. Er war groß und muskulös und wirkte, als verstünde er seinen Job. Aber das taten sie alle. Sie hatten nicht diese Position, wenn sie nicht fähig genug waren.
 

"Ihre Männer sorgen dafür, dass das Gelände und das Haus abgesichert sind. Wir haben es hier mit einer Gruppe von skrupellosen Mördern zu tun, wenn sie es also für nötig halten, schießen sie. Ich möchte nicht, dass irgendeiner der Leute zu Schaden kommt. Sorgen sie dafür, dass alle Zivilisten in Sicherheit gebracht und unsere Mörder in Gewahrsam genommen werden."

"Verstanden." Der Mann drehte sich um und bellte seinen Leuten einige Befehle zu.

"Seid ihr fertig?", fragte Salima in die Runde, dann winkte sie und marschierte zielsicher auf das Eingangstor zu. Sechs der acht Kommissare folgten, ebenso die Männer des SEK. Die anderen beiden Polizisten blieben zurück, als Verstärkung und Absicherung.

Der Garten war größer, als Yuriy es sich vorgestellt hatte, und er stöhnte bei dem Gedanken daran, dass sie hier alles durchsuchen mussten. Sie hätten eine zweite Gruppe gebraucht, aber das würde ihnen nicht gestattet werden. Es waren ja schließlich nicht irgendwelche Terroristen, die zu Dutzenden anrückten, sondern ,nur' eine kleinere Gruppe irrer Mörder. Es hatte Salima, wie er mitbekommen hatte, genügend Kämpfe gefordert, überhaupt die eine Gruppe des SEK zu bekommen.
 

Yuriy schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die Umgebung. Es war still, viel zu still und außer dem keuchendem Atem und den auf dem Kies knirschenden Schritten war nichts zu vernehmen. Sollte nicht doch zumindest einige Vögel oder andere Kleintiere hören? Oder Hunde, hatte Bryan nicht gesagt, Mutoyamas Wachleute hatten Hunde bei sich? So gut solche Viecher auch ausgebildet waren, sie gaben immer irgendwelche lauten Geräusche von sich.

"Scheiße!", fluchte einer der Männer neben ihm und blieb stehen.

"Was ist?", fragte Salima leise.

"Ich glaube, da war was. Ich seh mal nach."

"Nein. Hakushi!" Salimas scharfe Stimme hielt den Mann nicht ab, vom Weg abzuweichen und sich in die Büsche zu schlagen. Kurz darauf war er nicht mehr zu sehen. "Jusho, lass deinen Partner nicht aus den Augen!", fauchte Salima einen anderen Mann an, der nickte und sofort hinterher stürzte. Plötzlich konnte man Schüsse hören, das hastige Stakkato von Maschinengewehrsalven.
 

"Was, zum Teufel!", fluchte Yuriy und die einzige Frau in der Gruppe befahl scharf: "Runter vom Weg. Versteckt euch, hier stehen wir wie auf dem Präsentierteller. Los doch!" Sie setzte sich in Bewegung. Bryan packte Yuriy am Arm und zerrte ihn hinter sich her.

"Au!", schnaufte der Rothaarige und machte sich los. Bryan hatte genau den Arm erwischt, der sowieso schon malträtiert war. "Ich kann immer noch selber laufen!" Er duckte sich hinter einen Baum und sah sich um. Es war niemand zu sehen, außer Gesichtern, die er bereits kannte, Bryan und Salima. Von den anderen drei Kommissaren war nichts mehr zu sehen.

Kurz darauf hörte man einen fürchterlichen Schrei. Yuriy kannte die einzige Situation, die einen solchen Schrei auslöste. Das war ein Todesschrei gewesen. Wer auch immer ihn ausgestoßen hatte, er war jetzt nicht mehr am Leben. Und, verdammt noch mal!, er war ganz in der Nähe gewesen. Er zog seine Waffe und entsicherte sie. Neben sich hörte er, wie Salima und Bryan seinem Beispiel folgten.
 

Das Knacken eines Astes zog seine Aufmerksamkeit nach rechts, dann brach eine schattenhafte, unförmige Gestalt aus dem Gebüsch. Rasselnder Atem jagte Yuriy einen Schauer über den Rücken. Entsetzt hoben sie die Waffen, aber kurz darauf erkannten sie, dass es ein Mensch war. Er trug eine Uniform wie sie von Wachleuten erwartet wurde und blutete aus mehreren klaffenden Wunden. Sein rechter Arm fehlte völlig und seine Augen hatten den gehetzten Ausdruck einer Person, die bald sterben würde. Yuriy kannte ihn, er hatte ihn schon viel zu oft gesehen.

"Da...da!", stotterte er in Panik und zeigte mit seinem noch vorhandenen Arm nach hinten. "Das Monster...da! Der Drache holt uns alle!"

"Was reden Sie da für einen Blödsinn?", fragte Salima scharf und Yuriy erkannte, dass sie unter einer Art Schock stand. Anscheinend hatte sie noch nie jemanden sterben sehen. "Ich rufe den Krankenwagen, bleiben Sie ruhig." Sie griff nach ihrem Funkgerät, doch Bryan drückte ihren Arm hinunter.

"Keine Chance.", meinte er und trat zu dem Mann. "Was für ein Monster?"

"Drache...riesig. Größer als ein Mann..." Der Wachmann keuchte und brach in die Knie.
 

Bryan und Yuriy wechselten einen Blick, der Rothaarige zuckte die Achseln und hob seine Pistole. "Ich schätze, wir werden es gleich herausfinden." Mit einer Kopfbewegung bedeutete er den anderen, sich zu verstecken und verschwand seinerseits hinter einem Baumstamm. Den Wachmann ließen sie an einen Baum gelehnt sitzen. Für ihn konnten sie nichts mehr tun.

Kurz darauf tauchte eine schlanke Gestalt zwischen den Bäumen auf. Sie trug keine Waffe und wirkte wie jemand, dem man auch auf der Straße begegnen sollte. Sie trug Jeans und einen Pullover, ein junger Mann kaum älter als die Polizisten.

Yuriys Augen weiteten sich erstaunt. Was suchte so eine Person hier? Der Mann beugte sich über den Wachmann und grinste. Kurz darauf stockte dem Rothaarigen das Blut in den Adern. Die Umrisse des Mannes veränderten sich. Yuriy riss erschrocken die Augen auf und realisierte, wie wahr der Wachmann vorher gesprochen hatte.

Das war ein Drache, größer als ein Mann, eine riesige Echse mit schuppiger Haut, ledrigen Flügeln, hornbewährten Haupt und langem Hals. Blitzschnell zuckte der Kopf herab und die scharfen, spitzen Zähne, die die Länge einer menschlichen Hand hatte, gruben sich in die Brust des Wachmannes. Dieser schrie nicht einmal mehr. Er war fast sofort tot.
 

Yuriy schluckte und spürte, wie ihm der Angstschweiß über das Gesicht lief. Drache, das war ein Drache. Ein DRACHE! Er träumte doch, oder? Vorsichtig lugte er am Baum vorbei auf den...Drachen, der inzwischen wieder ein junger Mann in Jeans und Pullover war.

Hatte er sich hier nur Blödsinn eingebildet? Vielleicht Nachwirkungen von der Verletzung? Vielleicht waren die Bolzen vergiftet gewesen und riefen nun Halluzinationen hervor oder...

Aber die riesige Bisswunde in der Brust des toten Wachpostens zeugten noch von der Bestie, die eben noch dort gesessen hatte, ebenso wie die Abdrücke mächtiger Klauen im weichen Erdboden.

Der junge Mann sah sich prüfend um. Anscheinend bemerkte er nicht die verängstigten Polizisten in ihren Verstecken. Ein Niesen ließ ihn in eine Richtung herumfahren und sein Gesicht verzog sich zu einem hämischen Lächeln. "Mensch, wo hast du dich versteckt?"

Yuriy zögerte keinen Augenblick, sondern schoss. Es war ein Reflex, er konnte gar nicht anders. Der Drachenmann zuckte getroffen zusammen und drehte sich in seine Richtung. Dann brach er zusammen. Yuriy schoss, bis sein Magazin leer war und jede Kugel erschütterte den Körper des Fremden. Er hielt erst inne, als nur noch ein helles Klicken ertönte.
 

"Yuriy?" Bryans Stimme ließ ihn zusammenzucken und in die Richtung herumfahren, aus der nun der Falke trat. "Alles in Ordnung?"

Salima kam aus einem anderen Gebüsch gekrochen und stieß den Drachenmann vorsichtig mit dem Fuß an. Er rührte sich nicht. Noch einmal trat sie zu, beugte sich dann vorsichtig zu ihm hinunter. Bryan blieb in Wachstellung, richtete seine Waffe auf den Mann und behielt gleichzeitig die Umgebung im Auge. Yuriy rührte sich nicht. Einen Moment stellte er sich die Frage, ob er unter Schock stand, aber das war irgendwie nicht wichtig.

"Er ist tot.", meinte Salima dann und erhob sich wieder.

Bryan nickte und trat rasch zu seinem Partner. "Yuriy? He!" Der Rothaarige rührte sich nicht, sondern starrte weiterhin die Leiche an. Das war doch nicht wirklich ein Drache gewesen, oder? Zum Teufel, es gab keine Drachen. Das waren Märchen, Geschichten, Sagen, Legenden. Es gab sie nicht wirklich. Niemals. Nein. Sein Verstand weigerte sich zu verstehen, was er sah. Zu akzeptieren, was er gesehen hatte. Es. Gab. Keine. Drachen. Punkt.

Die Ohrfeige, die Bryan ihm verpasste, schallte durch das kleine Wäldchen. "Was...?!", brüllte er los, aber der andere hielt ihm blitzschnell den Mund zu.

"Still!", zischte der Falke zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. "Sonst hört man uns." Yuriy schob ihn von sich, sagte aber nichts.
 

"Wir haben es hier wohl mit etwas anderem zu tun, als wir gedacht haben.", murmelte Salima leise und seufzte. "Lass uns schnell von hier verschwinden. Da lang." Sie deutete in eine beliebige Richtung, aber die anderen beiden folgten ihr. Es war egal, wohin sie gingen. Sie konnten hier nicht weg.

Salima hielt sich unter Bäumen und im Schatten verborgen und sie sahen sich aufmerksam um. Sie wollten ja nicht plötzlich über irgendwelche...Drachen stolpern. Missmutig lud Yuriy seine Waffe neu und stopfte die Hände in die Taschen. Wieso traf es gerade ihn? Warum wurde gerade sein Weltbild so durcheinander gewirbelt und nicht das von irgendeinem anderen Trottel? Wieso musste man gerade ihm und Bryan diesen Fall übergeben? Warum gerade er? Und, zum Teufel, es gab keine Drachen!

Seine linke Hand schloss sich um einen länglichen, glatten Gegenstand. Verdutzt hielt er inne. Was war denn das? Er ignorierte die anderen beiden, die leise weitergingen. Er konnte sie schnell genug einholen. Rasch zog er das Ding aus der Tasche und blickte verdutzt auf die golden schimmernde Kerze, die sie vor dem Friedhof gefunden hatten. Er hatte sie doch wieder auf den Schreibtisch gelegt... Er hatte Beweißmaterial entwendet. Uuups. Er würde sie zurückbringen, sobald sie im Dezernat waren. Würde schon niemandem auffallen. Sein Gewissen plagte ihn deswegen nicht besonders.
 

Aber...das erinnerte ihn an etwas. "He. Bryan." Er blickte auf. Die anderen beiden waren schon ein ganzes Stück weg. Rasch lief er hinter ihnen er. "Bry, warte kurz. Salima?"

"Was ist?", fragte sie leise und kam zurück. "Was hast du da?" Sie verbargen sich im Schatten, den eine kleine Baumgruppe spendete. Mit einem Dutzend Bäumen um sich herum würden sie nicht so leicht entdeckt werden.

"Yuriy, du hast das Ding doch nicht etwas mitgenommen?!", wollte Bryan beinahe entsetzt wissen, als er die Kerze bemerkte.

"Aus Versehen, aber das ist nicht der Punkt. Man habt die Kerze vor einem Friedhof gefunden, vor drei Tagen, als der letzte Mord geschah. Hast du es nicht mitgekriegt?"

"Doch. Aber warum hast gerade du sie? Yuriy, du hast sie doch nicht etwas..."

"Ich sagte doch, war keine Absicht. Wir sind eben so schnell los. Aber das ist jetzt gar nicht wichtig. Sie haben doch auf dem Friedhof ein offenes, leeres Grab gefunden, stimmt' s?"

"Ja. Und?" Der Grauäugige blickte ihn auffordernd an.
 

"Bedeutet das jetzt, dass hier irgendwo ein Toter rumrennt?", fragte Yuriy leise.

"Quatsch, so was geht nicht und außerdem..."

"Aber es gibt Drachen?"

"Natürlich nicht und...!"

"Aber es gibt Drachen.", flüsterte Salima leise und deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. "Wir haben eben einen gesehen." Bryan schwieg. Yuriy sagte ebenfalls nichts. Salima wurde bleich. "In der Stadt rennt also irgendwo ein Zombie rum?"

"So kann man das auch sagen.", murmelte Yuriy.

"Ach du Scheiße!", flüsterte Bryan. Nicht allzu weit weg ertönte ein lauter Schrei, gefolgt von wahnsinnigem Gelächter, dann hörten sie das Splittern und Bersten von Ästen. Jemand schrie.
 


 

~~*~~
 


 

Was er sinnt ist Schrecken

Was er blickt ist Wut

Was er spricht ist Geisel

Was er schreibt ist Blut

[...]

Es regnet

Es regnet Blut

[...]

Es regnet

Es regnet Blut

(Spielmannsfluch - In Extremo)
 

Kai duckte sich hastig unter einen umgefallenen Baumstamm. Von hier aus hatte er einen guten Blick über das Schlachtfeld. Ja, ein Schlachtfeld war es, es gab keinen anderen Ausdruck dafür. Auch wenn die feindlichen Heere beide nur klein waren. Das eine bestand aus neun Drachen, das andere aus Brooklyn, Dranzer und Kai.

Kai hatte keine Ahnung, wann er wieder auf den Jadeäugigen getroffen war, aber es war jedenfalls früher als auf Dranzer. Dann hatte der weißgekleidete Dämon sie mitten unter die Drachen geführt. Vier waren inzwischen tot, drei verletzt.

Kai hatte noch keinen einzigen Bolzen abgeschossen, geschweige denn einen Pfeil. Dranzers Schwert hatte zwei der Drachen erledigt. Den Rest hatte Brooklyn besorgt. Die Drachen hatten mit ihrem Auftauchen gerechnet, keine Frage, sonst hätten sie sie nicht in der Halle erwartet. Aber sie hatten sicher nicht Brooklyn erwartet. Mit allem, aber nicht mit ihm.

Seine weiße Kleidung war inzwischen zerrupft und er wirkte nicht mehr halb so gepflegt wie noch vor einer Stunde. Außerdem war sie mit Blut getränkt - eigenem, aber größtenteils fremden - so dass man kaum noch erkennen konnte, dass sie einmal weiß gewesen war. Seine Hände waren rot vor Blut, ebenso seine Lippen. Brooklyn war wirklich ein Monster. Ihn kämpfen zu sehen kam dem schrecklichsten Alptraum gleich.
 

Kai keuchte und hätte sich am liebsten übergeben. Aber dazu war jetzt keine Zeit. Eine Bewegung neben ihm ließ ihn die Waffe heben, aber es war nur Dranzer. Sie atmete schwer, so dass ihre Brust sich rasch hob und senkte. Über ihren rechten Arm lief Blut, das aus einem tiefen Kratzer an ihrer Schulter sickerte. Ihre ehemals schwarze Hose hatte einen hässlichen Braunton angenommen, weil sie einen Drachen aufgeschlitzt hatte, als sie halb unter ihm gelegen hatte.

"Kai, geht es dir gut?"

Er nickte. "Sie haben mich bisher ignoriert."

"Das ist kein Problem bei dem da." Sie deutete auf Brooklyn, der gerade dabei war, sich gegen drei Drachen zu wehren. Zwei von ihnen hatten ihre natürlichen Gestalten angenommen und die menschliche Form abgeworfen. Ihr Knurren und Brüllen war sicherlich bis zum Haus zu hören.

"Er...er ist schrecklich.", flüsterte Kai und er wusste genau, dass Dranzer sein Entsetzen voll und ganz spüren konnte.

Sie legte ihm die Hand auf die Stirn. "Ich weiß." Ihre Stimme klang bedrückt. "Es tut mir Leid, dass du das mit ansehen musst."

Kai senkte den Kopf und schwieg. Es wäre eigentlich seine Aufgabe als Slave, so etwas nicht an sich heranzulassen. Stark zu sein. Aber er konnte es einfach nicht. Er wusste, er war nicht stark, zumindest nicht so stark, wie er es sein musste.
 

"Kai. Hör mir zu." Er blickte wieder auf und direkt in die roten Augen seiner Mistress. "Wir lassen Brooklyn jetzt hier allein...spielen und gehen hinüber zum Haus. Dort drin müssen die Anführer damit beschäftigt sein, das Ritual durchzuziehen. Mutoyama und seine Familie sind sicherlich schon tot, aber wir können dafür sorgen, dass sie die Zeremonie nicht beenden können. Egal, was es kostet, Leviathan darf seinen Käfig nicht verlassen! Hast du das verstanden? Tu alles, was in deiner Macht steht um sie aufzuhalten! Egal, was geschieht!"

Kai nickte. "Ja, Mistress."

"Gut." Sie ließ ihn los und erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung. "Vielleicht treffen wir auf Wolborg?" Ihre Stimme klang hoffnungsvoll und Kai wusste, was das zu bedeuten hatte. Ein Slave konnte zwar keine Geheimnisse vor seinem Master haben, aber umgekehrt war das ebenso unmöglich.

Kai wusste ganz genau, mit welcher inbrünstiger Kraft seine Herrin Wolborg liebte. Er wusste auch um die Liebe Wolborgs zu Dranzer, weil Dranzer es wusste. Und er wusste ebenso gut, dass diese Verbindung unmöglich war. Ein Phönix und ein Eiswolf konnten eine solche Beziehung nicht eingehen. Es tat ihm von Herzen Leid für die beiden und er tat sich auch selbst Leid. Er wusste, dass Dranzer, wenn man ihr dies erlauben würde, ihn nicht mehr brauchen würde. Sie würde ihn freilassen, ihn von dem Stigma auf der Schulter befreien.
 

"Vielleicht.", sagte Kai leise und folgte ihr. Kurz warf er einen Blick zurück, aber niemand achtete auf ihn und seine Mistress. Die Drachen waren alle damit beschäftigt, sich den wahnsinnigen Jadeäugigen vom Hals zu halten und Brooklyn versuchte, sie umzubringen. Konnte man da noch etwas sagen?

Hastig folgte er Dranzer. Bald stellte er fest, dass sie entweder die falsche Richtung eingeschlagen hatten oder aber sich weiter von dem schlossähnlichen Gebäude entfernt hatte, als er gedacht hatte. Ein raschelndes Geräusch ließ ihn herumfahren und Dranzer das Schwert heben. Sie blickte sich kurz um, seufzte dann. "Komm raus, Strata."

Gleich darauf löste sich eine zierliche, kleine Gestalt aus dem nächsten Schatten. Es war eine Frau mit langem, blassblonden Haar und großen, braunen Augen. Ihre Miene wirkte traurig, aber Kai hatte keinen Zweifel daran, dass sie es nicht war. Ihre schlanke Statur ließ sie wie ein kleines Mädchen wirken, aber der weise Ausdruck in ihren Augen strafte ihr Aussehen Lügen. Sie trug keine Waffe, aber das brauchte sie auch nicht.
 

Kai kannte sie. Sie war Strata Dragoon, eine der mächtigsten Drachentöchter, die es in dieser Zeit gab. Und sie war eine persönliche Feindin Dranzers. Zwar war es zwischen ihnen nie zu einem offenen Kampf gekommen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Wenn die beiden sich nur sahen, gingen sie wütend und zähnefletschend aufeinander los und Kai erwartete jedes Mal, dass sie sich gegenseitig die Augen auskratzten. Zu seiner Überraschung war bisher nie etwas geschehen. Heute aber...heute war es soweit.

Rechts und links von Strata hielten sich zwei schlanke, junge Männer mit dunklem Haar und hellen Augen. Ihre Leibwächter? Das Mädchen lächelte und entblößte spitze Fangzähne. "Ich grüße dich, Dranzer." Sie verbeugte sich leicht und ihre Augen blitzten spöttisch. Als wüsste sie etwas, von was ihre Feindin keine Ahnung hatte, aber für diese nicht besonders gut war.

Dranzer schnaubte und hob ihr Schwert. "Strata."

Die Drachin blickte sie an und hob ihre Hände. Ihre Fingernägel wuchsen, formten sich zu langen, silberweißen Klauen. Sie lächelte noch einmal, streifte dann Kai mit einem verächtlichen Blick. "Schick deinen Sklaven davon, Dranzer."

Dranzer versteifte sich vor Ärger, weil sie ihren Slave so behandelte, sagte aber nichts dazu. "Kai, halt dich raus." Er nickte und trat zurück.
 

"Ich sagte, schick ihn weg!", brüllte Strata und bellte einen kurzen Befehl in der Drachensprache hinterher. Ihre beiden Begleiter setzten sich sofort in Bewegung. Der eine verwandelte sich noch im selben Augenblick in eine riesige Echse, mindestens zweimal so hoch wie Kai und mit scharfen Klauen und spitzen Zähnen.

Kai wich erschrocken zurück und hob die Armbrust. Die beiden Bolzen, die er abfeuerte, fuhren haarscharf an dem menschlichen Drachen vorbei; er war beiden ausgewichen. Dafür hüpfte Strata erschrocken aus dem Weg, sonst hätten die Geschosse sie getroffen. Sie lächelte zufrieden und wandte sich wieder Dranzer zu. "Nun, wenn das erledigt ist, kommen wir zu uns."

Kai rannte. Gegen die beiden hatte er auf diese Weise keine Chance. Er brauchte Abstand, sonst hatten sie ihn. Hastig duckte er sich unter dem Drachen weg, der seine ursprüngliche Form angenommen hatte und dadurch sehr viel schneller als ein Mensch war, und schlug einen Haken auf die nächste Baumgruppe zu.

Der Mann überholte ihn und hob seine Waffe, ein Schwert. "Na, shizara?" Kai hob die Armbrust und schoss. Klirrend prallte an der Klinge ab und landete nutzlos im Gras. Hinter sich hörte er jemanden schreien, gefolgt von lautem Gelächter. Kai hatte das schon einmal gehört. Als die Dogge gestorben war.
 

Über ihm rauschten die mächtigen Schwingen des anderen, der keinen Augenblick später hinter ihm landete. Kai duckte sich unter dem ersten Klauenschlag weg und rannte dann los, schlüpfte durch die Lücke zwischen beiden Gegnern. Gleich, gleich, dann hatte er die Bäume erreicht.

"Slave!", brüllte der Drache und sprang vorwärts. Seine kräftigen Beine brachten ihn beinahe zwischen Kai und den Wald. Er schlug zu, hatte sich aber verschätzt, so dass er Kai nicht aufschlitzte, sondern ihn nur auf der Brust traf und ihn durch die Luft schleuderte.

Kai schrie auf, als die Klaue ihn traf, dann spürte er Äste, die unter seinem Gewicht und der Kraft, mit der er geschleudert worden war, nachgaben und splitternd und berstend zerbrachen. Noch einmal schrie er gepeinigt auf, dann stieß er gegen warmes Fleisch und begrub es unter sich.

Seine Armbrust landete entfernt von ihm; er konnte das Klappern von Holz auf Holz hören, dann das vertraute Geräusch, als ein Bolzen davon zischte und sich in einen Baumstamm bohrte. Toll. Jetzt hatte er nur noch zwei.
 

Er hörte ein Stöhnen, einen erschrockenen Aufschrei und einen Ruf. "Yuriy!" Wer war denn das? Verdutzt rappelte Kai sich auf Hände und Knie und blickte nach unten...direkt in eisblaue Augen. Kai keuchte auf, als er das vertraute Gefühl des Gleichgewichts in sich aufsteigen fühlte und in diese eisblaue Kristallwelt versank.

Einen Moment, aber dazu drängte sich die Frage, warum der andere noch lebte? Er hatte ihn erschossen! Beinahe entsetzt sah er den anderen an, der seinen Blick verwirrt erwiderte. Dann zog er eine Augenbraue hoch und fragte: "Könnten Sie vielleicht von mir runter gehen?"

Kai fühlte, wie er rot anlief und stand hastig auf. Zum Glück konnte der andere sein knallrotes Gesicht hinter dem Schleier nicht sehen! Rasch blickte er von dem Rothaarigen zu den anderen beiden, einer jungen Frau mit Haar von der Farbe einer reifen Kastanie und einem falkenäugigen Mann.

"Wer...?", begann der Mann, doch der Rothaarige - Yuriy? - unterbrach ihn. "So sieht man sich wieder." Er blickte kurz zu der Armbrust und anscheinend verstand zumindest der Falkenäugige.

"Der?", fragte er ungläubig, doch zu weiteren Fragen hatten sie keine Zeit mehr, denn die Bäume wurden auf die Seite gedrückt, als ein massiger Körper sich zwischen ihnen hindurchschob. Hastig sprang Kai zur Seite und griff nach seinem Bogen. Verdammt! Die Fremden hatten ihn wertvolle Zeit gekostet. Zu allem Überfluss verhakte sich der Bogen auch noch irgendwo, aber das spielte keine Rolle.
 

Der Drache blickte verwirrt von den Menschen zur Armbrust und dann zu Kai, der inzwischen seinen Bogen spannte. Einen Augenblick später reagierten die Angehörigen der Vierten Sphäre und hoben ihre Pistolen.

Kai sprang hastig zurück, als Schüsse über die Lichtung peitschten und gegen den harten Schuppenpanzer des Drachen prallten. Sirrend, beinahe kreischend huschten sie über die Lichtung und schlugen in die zerfetzten Bäume ein. Der Drache brüllte, als mehrere die weiche Haut an seinem Bauch und seiner Kehle durchschlugen, aber Kai wusste, dass sie ihn nicht umbringen würden. Das musste er erledigen.

Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, sprach hastig drei Worte über die Spitze und setzte ihn auf die Sehne. shizara nutzten die Magie auf viele fremdartige Art und Weise, aber das hier war ihre gebräuchlichste und der Grund, warum sie Bögen trugen. Sie legten sie auf die Pfeile.

Der Bogen knarrte, als Kai die kräftigen Arme zurückzog, so dass seine rechte Hand beinahe sein Ohr berührte. Seine Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, aber der Bogen wehrte sich nicht. Es war verdammt schwer, mit einem shizara-Bogen zu schießen. Hastig zischte er noch ein Wort, ließ dann los, so dass der Pfeil mit ungeheurer Wucht nach vorn schnellte.
 

Er traf genau und durchbohrte den Hals des Drachen, grub sich tief hinein. Verdutzt hielt brüllte die große Echse auf, fuhr dann zu ihm herum und griff nach dem Pfeil. Angst flammte in den hellen Augen auf, der Drache hatte begriffen, was das zu bedeuten hatte. Aber es war zu spät.

Kai brüllte ein letztes Wort, dann explodierte die Pfeilspitze mit ungeheurer Wucht. Blut, Fleisch und Knochensplitter regneten auf sie nieder, bedeckten Pflanzen, Boden und die vier Menschen. Mit großen Getöse brach der Drachenkörper zusammen. Der Falkenäugige konnte gerade noch zur Seite springen, dann schlug der mächtige Echsenkopf an der Stelle auf, an der er eben noch gestanden hatte.

Die Frau schrie. Von irgendwoher wurde ihr Schrei beantwortet, aber Kai kannte die Stimme nicht. "He, du, was war...?", begann Yuriy und drehte sich zu ihm um, aber dann weiteten sich seine Augen entsetzt. "Achtung!", brüllte er und Kai fuhr herum.

Der Gedanke, er hätte seinen anderen Gegner nicht vergessen dürfen, durchzuckte ihn, dann ließ er sich nach hinten fallen. Hart schlug er auf dem Boden auf, das Schwert zischte über ihm weg.

Kurz darauf sprang ein Schatten über ihn und warf sich auf den Drachen. Knurrend wälzten sich die beiden Gestalten im Dreck, der Drache und der Rothaarige, dann wurde Yuriy herumgeschleudert und landete fluchend und keuchend zwei, drei Meter entfernt.
 

Kai rollte sich herum und langte nach seinem Bogen, aber der Drache war flinker. Mit unmenschlicher Schnelligkeit war er wieder auf den Beinen, das Schwert noch immer in der Hand. Kai starrte ihn entsetzt an, als er die Waffe hob, dann riss er die Augen auf, als der silberne Halbmond einer Klinge sich dem Hals des Mannes näherte und ihm glatt den Kopf von den Schultern trennte.

Ein zweites Mal an diesem Tag wurde Kai mit dem Blut eines Sterbenden bespritzt und das schwarze Tuch seines Gewandes sog die rote Flüssigkeit gierig auf. Kai fühlte sich, als würde er gleich sein Abendessen wieder von sich geben. Der kopflose Torso sackte zusammen, während das Haupt des Mannes etwas entfernt durch den Dreck rollte.

Jetzt stand Wolborg Kai gegenüber, das bluttriefende Schwert in der Hand. Sein weißes Haar leuchtete beinahe in der Dunkelheit und sein Gesicht wirkte wie ein blasser Fleck, aus dem goldene Augen hervorstachen. Kalt starrte er auf den Rotäugigen hinunter. "Wo ist deine Mistress? Hol deine Waffen und folge mir." Kai nickte und sammelte hastig Bogen und Armbrust ein.
 

"He!" Die Stimme der Frau riss die Aufmerksamkeit Wolborgs auf sich. "Was hat das hier zu bedeuten?!"

"Sie, Sie habe ich gesehen." Der Eiswolf drehte sich zu dem Sprecher um, Yuriy. Seine Augen weiteten sich überrascht. "Ich dachte, du wärest tot, Junge?"

"So wie's aussieht nicht. Und nennen Sie mich nicht ,Junge'."

"Ich nenne dich, wie ich will, Junge. Und jetzt schweig und verschwinde von hier. Bevor die Drachen dich erwischen." Wolborgs Stimme war eindeutig spöttisch. Kai blickte ihn beinahe ängstlich an. Er wollte nicht, dass dem Rothaarigen etwas geschah. Yuriy sollte gehen.

"Hören Sie zu. Ich habe zwar keine Ahnung was hier gerade abläuft, aber ich weiß, dass ich nicht wehrlos bin. Und, zum Teufel, ich bin kein Junge mehr!"

In den goldenen Augen des Eiswolfes blitzte es auf. "Schön, Junge, wie ist dein Name?"

"...Yuriy Ivanov."

"Schön, Yuriy Ivanov. Wenn du überleben willst, so geh. Und nimm deine Freunde mit. Ich hab da schon einige von euch nutzlosen Menschen sterben sehen. Vielleicht schafft ihr es bis draußen, obwohl Brooklyn und Dragoon her herumrennen." Dragoon? Der Name durchzuckte Kai wie eine glühende Klinge. Dragoon, der gefährlichste der hiesigen Drachen. Nichts gab es, was man ihm entgegensetzen konnte. Sie mussten sich beeilen!

"Komm, Kai, deine Mistress wartet auf dich." Wolborg wandte sich ab und rannte durch die Schneise, die der nun tote Drache geschlagen hatte, davon. Kai warf Yuriy noch einen bedauernden Blick zu und folgte dann dem Eiswolf. Hinter sich hörte er die wütenden Flüche des Rothaarigen, die abrupt abbrachen. Kai sah sich nicht um.
 

Dranzer und Strata waren nahezu ineinander verkeilt. Peitschende, rot geflügelte Schwingen droschen die Luft. Goldgelbe, ledrige Flügel verursachten ein pfeifendes Geräusch, wann immer Strata sie bewegte. Das Schwert klirrte mit silberweißen Klauen zusammen. Rote und goldene Flammen vermischten sich, färbten die Erde um sie herum schwarz und grau von Ruß und Asche. Beide waren sie verletzt, rotes Blut tropfte zu Boden und mischte sich mit züngelnden Flammen, die immer höher aufloderten.

Sie bemerkten Kai und Wolborg erst, als der Eiswolf begann, die Flammen zu ersticken. Zischender Dampf fuhr auf, dann gefror der Boden. Dranzer und Strata trennten sich voneinander, sprangen Meter zurück.

Dranzer taumelte, lächelte erst ihrem Slave, dann Wolborg zu. Die Drachin knurrte, als sie Kai bemerkte, und fauchte Wolborg an. Dann schrie sie und ihr Geschrei verwandelte sich in monströses Gebrüll, als ihre Form sich veränderte. Ihr Körper streckte sich, ihr Hals wurde länger, Schuppen bildeten sich auf ihrer Haut, ihr Haar färbte sich leicht violett, wurde kürzer bis es eine dicke, struppige Mähne bildete, die den gesamten Hals bedeckte. Ihre Zehen veränderten sich zu dicken Klauen, die tiefe Furchen in den Erdboden gruben. Ihr nahezu dreieckiger Kopf war mit Hörnern und scharfen Zähnen bewehrt, die hart aufeinander schlugen. Sie öffnete das Maul und brüllte noch einmal.
 

"Verdammt!", fluchte Dranzer, dann fuhr sie herum und musterte scharf die drei Menschen, die hinter ihnen aus dem Wald getreten waren.

Wolborg fuhr herum. "He! Ihr sollt verschwinden!", fauchte er. Kai riss die Augen auf, als Strata den Moment der Ablenkung nutzte und nach vorn sprang, auf Dranzer zu. Er stürzte nach vorn. "Mistress!"

Kais Ruf ließ Dranzer herumfahren. Geschockt riss sie die Augen auf, dann fühlte sie einen harten Stoß. Kai schrie auf, als Stratas Klaue ihn am Arm traf, ihn aufschlitzte, obwohl sie ihn kaum gestreift hatte. Hart landete der Rotäugige auf dem Boden und ihm wurde pfeifend die Luft aus den Lungen gepresst.

"Strata!" Dranzers Schrei war eine einzige Äußerung der Wut und des Zornes und die Welt schien plötzlich in Flammen zu stehen. Kai rappelte sich auf und fasste sich stöhnend an die Schulter. Hinter sich hörte er Dranzers wütendes Gebrüll, kurz darauf Wolborgs heulenden Wolfsruf.

Sein Arm brannte. Das Tuch des Mantels war zerfetzt und sog sich langsam mit seinem Blut voll. Sein Bogen und die Armbrust lagen etwas entfernt von ihm am Boden, aber anscheinend beides noch ganz. Stöhnend fasste er nach der Wunde und zuckte zusammen, als er sie berührte.
 

"He, lass das. Das tut doch weh." Die Stimme gehörte dem Rothaarigen.

"Hn?" Kai blickte auf und in eisblaue Augen. Yuriy stand direkt vor ihm. Die anderen beiden Menschen waren ihm gefolgt, die Frau und der zweite hielten besorgt die Kämpfenden im Blick, während Ivanov sich neben ihm in die Hocke sinken ließ. "Lass mich das erledigen." Er wartete nicht erst eine Antwort ab, sondern riss den zerfetzten Ärmel von Kais Mantel.

Erschrocken fuhr der Rotäugige zurück. Er hatte gar nicht realisiert, was der Rothaarige gesagt hatte. Zu sehr hatten die Augen ihn gefangen genommen. "Halt still, verdammt."

Kai hielt still. Er wusste nicht, warum er den anderen gewähren ließ, aber irgendwie fühlte es sich gut an. Wenn auch sehr schmerzhaft, als der andere den Stoff als ein behelfsmäßiger Verband um seinen Arm wickelte. Kai verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Erst als Ivanov fertig war, wurde ihm klar, was er hier gerade machte. Er wich ein Stück zurück und runzelte die Stirn.

Verwirrt sah der andere ihn an. "Was ist jetzt plötzlich los?"

"Ihr sollt verschwinden.", sagte Kai.

"Ach ja? Ich gehe erst von hier weg, wenn ich ein paar Mörder und ein paar Antworten mitnehmen kann!", schnappte der Rothaarige und richtete sich auf. "Schätze mal, letztere kannst du mir geben."
 

"Nein." Kai verengte die Augen zu Schlitzen und rutschte zu seinem Bogen. "Geht jetzt, sonst sterbt ihr hier."

"Yuriy." Der falkenäugige Mann packte den Angesprochenen an der Schulter. Dieser zuckte zusammen und Kai wusste warum. Es war die Schulter, die er mit seinen Bolzen getroffen hatte. "Ich glaube, er hat recht. Wenn ich mir das da so ansehe." Er deutete mit dem Kopf auf die Kämpfenden.

Kai wagte einen kurzen Blick. Dranzer attackierte Strata mit einer Heftigkeit, die ihn erstaunte, während Wolborg in seinem riesigen, schneeweißen, fangzahnbewehrten Wolfskörper zwei der schwächern Drachen an sich band, die von irgendwoher aufgetaucht waren. Ein dritter lag tot am Boden.

"Nein, Bryan! Zum Teufel..."

"Yuriy. Bitte." Bryan zog leicht an dem Arm des anderen.

"Achtung!" Die Stimme der Frau überschlug sich fast und alle fuhren in die Richtung herum, in die sie zeigte. Kai stöhnte, als er die Gestalt erkannte, die da auf sie zukam. Es war Brooklyn.

Sein Gesicht war zu einem freundlichen Lächeln erstarrt, während die jadegrünen Augen belustigt funkelten. Seine Kleidung war inzwischen beinahe gänzlich rot und hinter sich zog er den abgerissenen, schuppigen Schwanz eines Drachen her wie ein Kind ein Spielzeug. Kai wich zurück, aber er hatte nicht wirklich Angst. Solange Drachen hier waren, würde Brooklyn nicht sie angreifen.
 

"W...wer...wer ist das?", stotterte die Frau.

"Brooklyn.", flüsterte Kai. "Monster." Seine Stimme war nur ein ängstlicher Hauch. Der Jadeäugige warf ihm einen kurzen Blick zu und lächelte noch freundlicher. Dann ließ er den Schwanz los und sprang los. Er war so schnell, dass Kai kaum mehr als einen Schatten sah. Kurz darauf lag einer der Drachen, mit denen Wolborg eben noch gekämpft hatte, mit abgerissenem Kopf auf dem Boden.

Kai fühlte ein weiteres Mal, wie der Brechreiz in ihm aufstieg. Er würde...er würde nie wieder ruhig schlafen können, wenn er das hier überstanden hatte. Nie wieder. Er hatte schon viele schlimme Dinge gesehen, aber diese Nacht überstieg vieles. Nicht alles, aber sie würde sicherlich unter die Top Ten seiner Alptraumstunden kommen.

Die Frau weinte. Sie war zusammengesackt, ihre Hände verkrampften sich um den Griff ihrer Waffe und ihr Körper zuckte und zitterte unter den Schluchzern. "Scheiße!", zischte Bryan, Ivanov sagte gar nichts.

Dann brüllte jemand und eine Gestalt sprang aus dem Schatten, prallte mit dem einst Weißgekleideten zusammen und riss ihn von den Füßen. Beide waren mit blitzschneller Gewandtheit wieder auf den Beinen und starrten sich wütend an.
 

Der wahnsinnige Jadeäugige und der junge, gutaussehende Mann mit dem langen, blauen Haar, das in seinem Nacken zu einem Zopf zusammen gefasst war. Er war schlank und groß für einen Japaner und seine braunen Augen wirkten hart.

"Das ist doch...Hitoshi Kinomiya?", murmelte Ivanov verdutzt und Kai grunzte zustimmend. Die Kinomiyas waren eine der reichsten und bekanntesten Familien der Stadt, ihre Firma scheffelte jährlich Millionen und sie waren allesamt Drachen. Nicht nur das, sie waren die Anführer der hier in Asien lebenden Drachen, ihr Aushängeschild.

Hitoshi und Brooklyn stürzten aufeinander los. Kai fragte sich einen Moment lang, ob der Drache gegen Brooklyn eine Chance hatte. Dann ließ ein Geräusch ihn zusammenzucken und herumfahren. Dort kam noch jemand. Nicht direkt aus der Richtung, aus der Brooklyn gekommen war, aber er musste ihm gefolgt sein.

Kai riss die Augen auf, als er die Gestalt erkannte. Es war ein Mann. Nicht besonders groß, aber kräftig und durchtrainiert. Seine Augen waren braun, sein Haar blau. Dragoon. Kai wurde bleich und wich zurück, aber der Drache kümmerte sich gar nicht um die kleine Gruppe Menschen, sondern marschierte an ihnen vorbei. Die Kämpfe waren zum Erliegen gekommen, als er aufgetaucht war.
 

Sein Gesicht verzog sich zu einem wilden Grinsen, als er Brooklyn entdeckte, und der kühle Blick huschte kurz über Wolborg, der wieder die menschliche Gestalt angenommen hatte und sein Schwert hielt, über Dranzer, deren Federn sich im leichten Nachtwind bewegten, Strata, die die Zähne bleckte und knurrte, Hitoshi, der von Brooklyn zurückwich und schließlich über die Menschen und Kai, bei dessen Anblick sich sein Gesicht verächtlich verzog. Kais Finger krampften sich um den Bogen und am liebsten hätte er den Mann erschossen, aber dazu würde er wohl kaum kommen.

"Strata." Dragoons Stimme glich einem Kratzen. Er zog einen Gegenstand aus der Hosentasche und warf ihn ihr zu. Er rollte vor ihr durch das Gras, aber Kai konnte nicht sehen, was es war. Die Drachin schlüpfte in die menschliche Form und hob ihn auf. "Geh zu Takeru und bereite alles vor. Ich komme gleich nach." Sie verbeugte sich und verschwand. Niemand wagte es, ihm zu widersprechen.

"Hitoshi, sammele alle unsere Leute ein und verschwindet. Hinterlasst keine Spuren." Der Kinomiya verbeugte sich und verschwand mit geschmeidigen Schritten im Schatten.
 

"Brooklyn, lass uns unseren Kampf zu Ende führen." Der Jadeäugige blickte erst in die Richtung, in die Strata verschwinden war, dann hinter Hitoshi her und richtete seinen Blick schließlich auf seinen Erzfeind, Dragoon, mit dem er eine jahrhundertealte Fehde hatte. Dann schüttelte er den Kopf und verzog das Gesicht. "Ich will aber nicht."

In diesem Augenblick wirkte er wie ein quengelndes Kind, das nicht ins Bett gehen wollte. Dann verwandelte sich sein Gesicht in eine wahnsinnige Fratze. "Ich will lieber deine Untergebenen töten." Er drehte sich um und rannte davon, Hitoshi hinterher.

Dragoon stieß einen wütenden Schrei aus und wollte hinterher, doch er war keine drei Meter gekommen, als er gegen eine feste Mauer aus Eis prallte. Wolborg taumelte, dann zersprang das Eis in tausend kleine Splitter, die wie Geschosse durch die Luft sausten. Dragoon schrie erschrocken auf und hielt sich die Arme vor das Gesicht.

Um Dranzer bildete sich eine Flammenwand, so dass das Eis sich zischend in Dampf auflöste. Wolborg erreichten sie nicht. Kai duckte sich und fühlte, wie die Splitter seinen Mantel schnitten und die Haut ritzten, aber er und die anderen Menschen waren zu weit weg, als dass es für sie hätte gefährlich werden können. Sie behielten allenfalls schmerzende Kratzer zurück.
 

"Kai!", fauchte Dranzer und ihre Stimme klang wie Glocken in der Stille. "Folge Strata. Du weißt, was du zu tun hast. Und nimm diese dummen Menschen mit, wenn sie nicht gehen wollen."

Kai nickte eilig und sprang auf. Weit kam er jedoch nicht, denn plötzlich baute sich Dragoon vor ihm auf. Mit einem erschrockenen Aufschrei fuhr er zurück, stolperte und landete auf dem Boden. "Nein. Du kommst hier nicht weg." Seine Verwandlung war innerhalb eines Augenblicks abgeschlossen.

Dann stand dort eine mächtige, schlangenartige Gestalt mit langem Schwanz, muskulösem, schuppenbedecktem Körper, dreieckigem, gehörten Kopf und mindestens meterlangen Krallen. "Du kommst hier nicht weg, Slave."

"Kai! Lauf!", brüllte Dranzer und er hörte wie ihre Schwingen die Luft droschen. Er rollte sich herum und stemmte sich auf Hände und Füße. Dragoon lachte und hob die Klauen. //Jetzt ist es aus!//, fuhr es dem Rotäugigen durch den Kopf. Er meinte schon, die Krallen durch seinen Körper fahren zu spüren und fühlte sich irgendwie seltsam ruhig. Was störte ihn, dass er jetzt starb? Dann war er wenigstens frei...
 

Zum dritten Mal in dieser Nacht wurde er mit Blut bespritzt, das von oben auf ihn herunterregnete. Es war heiß, brannte beinahe auf seinem halb nackten Arm. Er blickte nach oben und schrie. Dragoons Klauen hatten nicht einmal den halben Weg zwischen dem mächtigen Drachen und ihm zurückgelegt, als sie auf ein Hindernis gestoßen waren.

Dranzer hing aufgespießt zwei Meter über ihm in der Luft. Vier lange, gekrümmte Krallen hatten ihren Körper durchstoßen, drangen aus ihrem Rücken heraus. Im Mondlicht schimmerndes Blut lief an ihnen entlang und tropfte wie fürchterlicher Regen auf den zusammengekauerten shizara hinunter.

Dranzers Körper war schlaff, sie hing wie eine Puppe, wie ein aufgespießtes Stück Fleisch an Dragoons Klauen. Die Federn und ihr Haar wogten leicht im Wind. Kai schluchzte. Er begriff nicht wirklich, was hier geschah, bis seine Schulter in Flammen aufzugehen schien. "Lauf!", klang es in seinem Kopf und riss ihn aus der Erstarrung. Das Stigma brannte. Es verschwand und ließ ihn leer und ausgebrannt zurück, ohne seine Mistress. Er rappelte sich auf.

"Dranzer!" Der erst klagende Schrei Wolborgs verwandelte sich in wütendendes, unheilvolles Geheul. Kai hörte knisterndes Eis und wütendes Knurren.
 

Selbst Dragoon wirkte geschockt. Kai rappelte sich auf, während drei Gestalten an ihm vorbeirannten. Die Menschen? Hatten sie begriffen, was hier ablief oder einfach nur Angst? Er würde es ihnen nicht verübeln. Er hatte selber Angst, fürchterliche Angst. Aber er hatte auch einen Befehl, den letzten Befehl seiner Mistress.

Er rannte an Dragoon vorbei, der ihn nicht einmal zu bemerken schien und den Menschen hinterher, die auf den schattenhaften Umriss des Schlosses zuhielten.
 

She's fading away

Away from this world

Drifting like a feather

She's not like the other girls

She lives in the clouds

And talks to the birds

Hopeless little one

She is not like the other girls I know

(Not like the other girls - The Rasmus)
 

~~~~~~~
 

Ich glaube, Dragoon und Co. stehen hier in keinem besonders guten Licht, oder? >.> Egal, sie sind hier ja auch die Feinde. Und seid mir nicht zu böse wegen Dranzers Tod.
 

Das nächste ist das letzte Kapitel und ich schätze, es kommt recht bald. Wie gesagt, ich möchte die FF abschließen.

Lasst mir doch ein paar Kommis da. *bettel*

Silerwölfin

The charm of the candle

Titel: Charm of the candle

Teil: 5/5

Autor: Lady Silverwolf

Fanfiction: Beyblade

Rating: PG-16(?)

Warning: OOC, Shounen-Ai, Gewalt, Death

Pairing: Yuriy x Kai, Wolborg x Dranzer

Disclaimer: Die Charaktere und die Zitate gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld mit dieser Fanfic.
 

"..." reden

//...// denken
 

~~~~~~~
 

Das letzte Kapitel! Fast so lang wie das Vierte. Es ist nicht ganz so geworden, wie ich das gewollt habe, aber mit manchen Teilen bin ich seeeehr zufrieden. (Mit anderen nicht so, aber ich weiß nicht, was ich ändern könnte.) Ach ja, und das BryanMystel-Pairing kam auch nicht zustande. Hatte einfach keine Gelegenheit und die Zeit war auch zu kurz.
 

Weil das das letzte Chapter ist, möcht ich mich jetzt auch noch bei allen meinen Kommischreibern bedanken:

Katzengirl

Sesshi-Chan

hells-bells

Koukoufanin

LindenRathan

RitaChan

schwarzer_nebel
 

Danke schön!!!
 

**
 

@ Katzengirl: Ich schätze, das Wort 'Showdown' passt eher auf das letzt Kappi. Hier geht's nicht mehr so blutig zu.
 

@ RitaChan: Thx für deinen Kommi. ^^ Nun, ich hab die Warnung 'Gewalt' da nicht ohne Grund stehen. He, meinst du, ich würde jetzt vor dem letzten Kappi aufhören? Oo
 

@ hells-bells: Das war das längste Chap, die ich hier je hochgeladen hab. Aber das hier ist fast gleich lang.

Schätze, ich muss dich enttäuschen. Soooo viele Leute bluten hier nicht mehr.
 

@ LindenRathan: Schnell genug, das hier? Schätze mal, so schnell hab ich noch nie das nächste Kapitel hochgeladen.
 

@ koukoufanin: Wenn du's nicht bereust... Ist ja kein Problem.

*auf Warnungen deut* da stehts. Zwar nicht, dass es Dranzer ist, aber 1 Toter musste mindestens da sein.

Brooklyn? Der würde eher zusehen, wie die anderen alle getötet werden und es würde ihn überhaupt nicht stören.

Beim Versuch wird es bleiben...

Ich bin eher für Happy-Ends.
 

@ Sesshi-Chan: Lieblingskapitel? Oo Ich fand's jetzt nicht soooo gut, aber es hat wahnsinnig Spaß gemacht, es zu schreiben und sie alle morden oder sterben zu lassen. *drop* (Und wegen der Action: in Feuermond wirst du, glaube ich, voll auf deine Kosten kommen.)

Ich liebe es, diese Psychopathen auftreten zu lassen(Brooklyn, Mariku...)

Der Szenenwechsel kam halt zustande, weil ich berichten musste, was bei beiden geschieht. Wolborg ist schon sehr alt. Der darf 'Junge' zu jemandem wie Yuriy sagen. XD

Kampfszenen in Büchern sind so eine Sache. Wenn sie zu lange dauern und du sie nicht auf eine kurz Beschreibung reduzierst, werden sie einfach langweilig. Darum sind die da auch immer so schnell gestorben. Da kam es ja gar nicht zu einem 'richtigen' Kampf.

Jaah, mir auch. *Yuriy pat* Und weil ich ihn als eine seeehr skeptische Person einschätze, die so etwas nicht so schnell akzeptiert, musste er eben ein wenig leiden.

Ich mag auch Drachen! Aber irgendwer muss ja die Rolle des 'Bösen' einnehmen. Solange sie nicht irgendwelche schwächlichen Trottel sind, find ich sowas okay.

Na ja, wenn ich hier keinen der 'Guten' hätte abkratzen lassen, hätte das komisch ausgesehen. Erst wollt ich ja auch noch Brooklyn und Poseidon über den Jordan schicken. Bei Poseidon hab ich's dann gelassen, weil ich Mystel nicht das gleiche Schicksal 'erleiden' lassen wollte wie Kai und Brooklyn lebt noch, weil er nicht wirklich 'gut' ist und das außerdem auch nicht gepasst hätte. (Ich mein, der Kerl ist ein irre starkes Monster. Der beißt nicht so leicht ins Gras.)
 

**
 

~~~~~~~
 

Charm of the candle
 

Das Gebäude war verlassen und leer. Zumindest sah es so aus, denn in der hell erleuchteten Eingangshalle befand sich niemand mehr. Anscheinend waren sie alle hinaus zum Kampf oder aber Hitoshi hatte sie bereits abgeholt. Ob sich wirklich nur noch drei Drachen auf dem Gelände befanden? Nur noch Strata, Takeru und Dragoon?

Wie auch immer es war - viele konnten es nicht mehr sein und sie wurden sicherlich mit jeder Minute weniger. Brooklyn war hinter ihnen her und Dragoon mit Wolborg beschäftigt. Wo steckten Poseidon und Mystel? Lebten sie überhaupt noch? Wie viele der Menschen, die Ivanov, Bryan und die Frau begleitet hatten, lebten noch? War es überhaupt noch einer?

Kai zögerte und warf den dreien einen Blick zu. "Was ist?", raunzte der Rothaarige, als er das bemerkte.

Kai blieb stehen. "Wo sind eure Freunde?"

"Wen meinst du?", schnappte Ivanov zurück. Die Frau zuckte zusammen und griff nach dem Funkgerät. Sie wandte sich ab, sprach hinein, forderte Rückmeldungen. Niemand antwortete und sie versuchte es ein weiteres Mal.

"Das kannst du bleiben lassen.", meinte jemand. Sie fuhren herum und hoben die Waffen, aber es war nur Poseidon. Kai atmete erleichtert auf und senkte seine Armbrust. Die anderen taten es ihm zögernd nach.
 

"Wo sind die anderen?", fragte der Master und blickte sich um. "Und warum sind die noch hier?" Er deutete mit dem Kopf auf die Polizisten.

"Sie wollten nicht gehen. Sag, sind ihre Kollegen tot?", antwortete Kai.

"Ja." Die Frau schluchzte, von den anderen beiden kam keine Regung. "Ich habe Mystel losgeschickt so vielen wie möglich zu helfen, aber ich schätze, viel konnte er nicht mehr tun. Ich bin froh, wenn er da lebend rauskommt." Noch war der Maskierte also nicht tot. Sonst hätte Poseidon das gewusst.

"Ich...wir...Dragoon hat die Drachen weggeschickt, Poseidon. Nur Strata und Takeru und er selbst sind noch da. Dragoon ist draußen, Wolborg kämpft mit ihm. Brooklyn verfolgt die Drachen. Und Dranzer...Dranzer ist tot." Poseidon starrte ihn an. Erst, als habe er nicht begriffen, was Kai eben gesagt hatte, dann ungläubig und schließlich verwandelte sein Gesicht sich in eine Maske aus Trauer.

Er wusste, dass Kai die Wahrheit sagte. Vielleicht konnte er den hässlichen Schmerz spüren, der in Kais Brust tobte, sein Herz zu zerreißen schien. Und vielleicht auch die Erleichterung darüber, endlich frei zu sein. Schließlich nickte er und winkte. "Kommt. Wir haben jetzt etwas anderes zu tun als zu trauern. Ihr..." Er wandte sich zu den drei Fremden um.
 

"Was?", blaffte der Rothaarige und Poseidon hob die Hände. "Mir ist egal, was ihr jetzt tut. Aber wenn ihr nicht geht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr hier sterben werdet, sehr hoch. Wir können euch nicht schützen."

Der Rothaarige blickte ihn an, warf kurz einen Blick auf Kai, der stumm daneben stand, und schüttelte den Kopf. "Nein. Ich bleibe hier. Ich würde vorschlagen, Bryan und ich kommen mit euch. Ich habe keine Ahnung, wie wir euch helfen können, aber irgendetwas wird und schon einfallen. Salima, du gehst nach draußen und wartest dort auf uns. Wenn wir bis...sagen wir, Sonnenaufgang nicht zurück sind, sind wir tot und du verschwindest mit allen, die noch am Leben sind." Die Frau, Salima, nickte, bleich im Gesicht, aber gefasst.

Poseidon lachte auf. "Wenn wir bis Sonnenaufgang nicht zurücksind, könnt ihr auch reinkommen. Dann ist hier niemand mehr am Leben. Niemand." Er blickte auf seine Armbanduhr. "Wir haben jetzt zehn nach elf. Sie müssen das Ritual eben angefangen haben, eigentlich, aber da Dragoon die treibende Kraft ist und er Wolborg nicht so schnell besiegen kann, kann das noch gar nicht sein. Sie haben eine Frist von einer Stunde, wenn sie das Ritual bis dahin nicht begonnen haben, ist die Sache gelaufen. Wie sich das vorhin angehört hat, sind sie mit den Vorbereitungen noch nicht fertig, aber das hat nichts zu bedeuten. Wir sollten uns beeilen."
 

"Warum reden Sie dann noch die ganze Zeit hier herum?", maulte Ivanov. "Salima, alles klar?" Sie nickte kurz, hob die Hand zum Gruß und rannte wieder hinaus, wo sie sehr schnell von den Schatten verschluckt wurde.

"Kommt jetzt.", befahl Poseidon und lief die nächste Treppe hinauf. "Ich glaube, ich weiß, wo sie sind."

"Woher?", fragte Bryan beinahe misstrauisch.

"Ich kann sie schmecken." Bryan sagte nichts mehr, sondern folgte dem laufenden Master. Poseidon führte sie tatsächlich auf den richtigen Weg, denn plötzlich stand Strata vor ihnen. Sie trug ein Schwert und in ihren Augen blitzte es.

"Kommt schon.", zischte sie und ihr Gesicht verzog sich zu einer hässlichen Fratze. "Ihr kommt hier nicht vorbei." Poseidon blieb so plötzlich stehen, so dass Bryan fast in ihn hineinrannte. Kai stolperte fast und atmete schwer. "Kai." Poseidon kramte in seiner Tasche und zog etwas daraus hervor.

"Hn?"

"Geht zurück. Ich glaube, sie sind im dritten Stock. Die Tür da hinten... Ich denke, ihr könnt sie nehmen. Du bürgst mir davor, dass sie aufgehalten werden. Tu alles dafür." Kai nickte und nahm den Gegenstand in Empfang, den der Master ihm zusteckte. Es war ein handlanger, dünner Spieß. "Einer von euch Jungs bleibt bei mir.", meinte Poseidon und packte Bryan am Kragen. "Hilf mir. Du lässt Kai nicht aus den Augen." Den letzten Satz hatte er zu Ivanov gesagt, der nickte.
 

"Los jetzt!", brüllte der Glatzköpfige und Kai und der Rothaarige rannten sofort los. Strata stieß einen wütenden Schrei aus und stürzte nach vorn, doch Poseidon hielt sie auf, in dem er sechs Worte sagte: "Dranzer soll nicht umsonst gestorben sein." Sie taumelte und blieb stehen, die Augen ungläubig aufgerissen; Kai konnte es beinahe sehen.

Aber er drehte sich nicht um, sondern öffnete die Tür und schlüpfte hindurch. Ivanov folgte ihm und Kai zog die Tür wieder zu, rammte den Spieß in den Rahmen. Kurz darauf krachte ein Körper dagegen, dann hörte er Stratas wütendes Gebrüll. Sie rüttelte an dem Rahmen. Die dünne Schiebetür erbebte, rührte sich aber kein Stück.

"Das hast du mit Absicht gemacht!", kreischte Strata.

"Natürlich." Poseidons Stimme war ruhig. "Du kommst dort erst durch, wenn ich tot bin."

Sie ließ von der Tür ab. "Woher weißt du, dass der Zauber dort stattfindet? Woher weißt du, dass sich diese Wand durch das ganze Gebäude zieht?" Die leise Antwort des Masters war nicht zu verstehen. Kai wich von der Tür zurück und von dem Spieß, der von Macht pulsierte.
 

"Was ist das?", fragte Ivanov leise.

"Ein Bannzauber. Wenn sie hindurch will, muss sie Poseidon töten. Komm, wir haben keine Zeit zu verlieren."

"Kann sie das?"

"Was?"

"Ihn töten?"

"Nein, ich glaube nicht."

"Und wenn doch?"

"Dann haben wir ein Problem. Gegen zwei von dieser Größe kommen wir nicht an."

"Aber gegen einen?"

"Ich weiß nicht. Vielleicht. Takeru ist schon sehr alt." Sie verließen den kleinen Raum durch eine zweite Tür. Hinter sich hörte Kai einen lauten Schrei, dann das Bersten von Holz. Ob sie den Kampf ins Freie verlegten?

Kai und Ivanov gelangten in ein hohes Treppenhaus. Dritter Stock, hatte Poseidon gesagt, und das musste wohl stimmen. Die Dielen knarrten unter Ivanovs Füßen und Kais Hand krampfte sich um die Armbrust. Den Bogen hatte er wieder über den Rücken geschlungen und am Bein trug er einen langen Dolch, aber damit würde er wohl kaum etwas ausrichten können. Ivanov trug nur eine Handfeuerwaffe. Kai blieb stehen und zog den Dolch aus der Scheide.
 

Der Rothaarige vor ihm stoppte und drehte sich um. "Was ist?"

"Hier." Der Andere streckte unwillkürlich die Hand aus und griff nach der Waffe. "Was soll ich damit?"

"Ich schätze, dir ist er nützlicher als mir. Kannst du damit umgehen?"

"Nun...ja."

"Gut, behalt ihn bis zum Ende."

"Wenn du meinst."

Kai erkannte sofort, dass Ivanov mehr Erfahrung mit einem Dolch - oder einem Messer - hatte, als es für einen Polizisten üblich war. Der Kerl hatte wohl auch keine so reine Weste, wie er geglaubt hatte. Aber jeder Mensch hatte das Recht auf seine eigenen Geheimnisse. Egal, wie schmutzig sie waren.

Sie hatten den dritten Stock sehr rasch erreicht. Ein langer Flur zog sich von der Treppe bis hin zu einem Fenster, links und rechts gingen Schiebetüren ab, wie sie für japanische Häuser üblich waren. Einige waren offen. Ängstliches Schluchzen erfüllte das Stockwerk. "Hier sind wir richtig.", brummte Ivanov zufrieden und seine Stimme klang tief wie das Knurren eines Wolfes, der wusste, dass seine Beute keine Möglichkeit mehr hatte zu entkommen.

Aber hier stellte sich die Frage, wer die Beute war. Hatte der Wolf eine Chance gegen den Drachen?

Kai legte den Finger auf die Lippen und bedeutete dem Rothaarigen, zu warten, dann schlich er nach vorn. Seine Füße verursachten kaum ein Geräusch auf dem hölzernen Boden, nur hin und wieder ein leises Knarren, und seine Kleidung raschelte kaum. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, so dass er das Gefühl hatte, der Drache würde ihn trotz aller Vorsicht hören.
 

Aber er wusste, dass es nicht so sein konnte. Niemand konnte das Schlagen eines Herzens hören und sei es noch so laut oder so schnell. Es spielte gar keine Rolle, wie viel Angst man hatte. Das, was einen verraten konnte, waren weder Angstschweiß noch Herzklopfen, es war die Unvorsichtigkeit.

Ivanov hinter ihm hielt sich tatsächlich an den Befehl, zumindest so weit, dass er wartete, bis Kai einige Meter vor ihm war, ehe er sich selbst in Bewegung setzte. Er war wesentlich lauter als der shizara, aber nicht so viel, dass es etwas ausgemacht hätte.

Endlich hatte Kai die Tür erreicht, aus der das Geräusch kam. Er spähte vorsichtig ums Eck. Tatsächlich, sie waren hier richtig. Der Raum war riesig und nahezu leer. An den Wänden standen kleine Kommoden, aber das war auch alles. Die zwei der sieben Fenster waren offen und ließen den kühlen Nachtwind herein.

An der Decke brannte Licht, so dass sie wenigstens etwas sehen konnten. Der Boden war mit Blut beschmiert und Kai konnte erkennen, dass der Kreis beinahe fertig gezeichnet war. Auch die Symbole an den Wänden waren bereits vorhanden. Um das Symbol am Boden verteilt lagen diverse Gegenstände verstreut, die sie für das Ritual benötigten.

Drei Leichen lagen ganz in der Nähe des Symbols, zwei davon waren nackt und von blutigen Symbolen entstellt. Eine davon musste Mutoyamas sein. Die Zweite war die eines Jungen von höchstens vierzehn, fünfzehn Jahren. Der letzte Körper gehörte einem Wächter und war darum unbrauchbar für den Zauber. Nur die Bewohner der Häuser konnten bei dem Ritual genutzt werden.
 

In der Ecke kauerten eine Frau und zwei Kinder, ein Mädchen von etwa neun und ein Junge nur unwesentlich jünger - der Rest von Mutoyamas Familie. Über den Kreis in der Mitte gebeugt stand ein alter Mann und war dabei, sie zu vollenden. Takeru Kinomiya, Hitoshis Großvater, das Oberhaupt der asiatischen Drachen. Nicht einmal Dragoon stand höher als er.

Er hatte eine kräftige Statur und langes, zu einem Zopf gebundenes Haar. Kai zog sich zurück und nickte Ivanov zu. Dieser hockte einige Meter entfernt, den Dolch und die Pistole in der Hand, und wirkte wie ein zum Angriff bereites Raubtier. Ein Wolf, bereit sich auf sich auf seine Beute zu stürzen. Er zog eine Augenbraue hoch. "Was jetzt?", sollte das bedeuten.

Kai überlegte einen Moment. Wenn sie angreifen konnten, bevor Takeru etwas merkte, würden sie ihn überwältigen und töten können. Er ahnte sicher nicht, dass sie an Strata vorbeigekommen waren. Sie hatten eine Chance.

Kai winkte dem Rothaarigen. Dieser kam vorsichtig näher, während Kai ein paar Pfeile aus dem Köcher zog und jeden einzelnen mit einem Zauber belegte. Die würde er sicherlich brauchen. Immerhin hatten sie es hier mit einem Drachen zu tun, er es geschafft hatte, über zwei Jahrhunderte lang die ganze Bande in Schach zu halten, darunter auch immer wieder welche wie Dragoon. Schon allein deswegen lohnte sich alle Vorsicht.
 

Ivanov saß jetzt neben ihm und blickte ihn auffordernd an. "Die Frau und zwei Kinder sind noch am Leben.", wisperte Kai leise. "Ich kümmere mich um den Drachen." Er nickte, wenn er auch sichtlich nicht einverstanden damit war. Aber Kai war hier eindeutig der mit der größeren Erfahrung.

"Ich gehe zuerst.", murmelte Kai, rührte sich aber nicht. Er zitterte. Seine Hände krampften sich um die Armbrust. "He." Die Stimme des Polizisten klang beinahe zärtlich. Oder bildete er sich das nur ein, weil er so leise sprach?

Die kräftigen Finger legten sich auf seine Schulter und drückten fest zu, so dass Kai das Gesicht vor Schmerz verzerrte. Er holte tief Luft und zwang sich dazu, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das half immer. Die Angst ging vorbei. Das Zittern hörte auf und er nickte, kurz bevor er sich von der Wand löste und um die Ecke trat.

Die Sehne der Armbrust gab ein sirrendes Geräusch von sich, als Kai sie losfeuerte. Der Drache fuhr herum, während hinter ihm Ivanov in den Raum stürzte, auf den Rest der Familie zu. Kai zog den Abzug ein zweites Mal durch. Kein Sekunde waren zwischen beiden Schüssen vergangen.
 

Der Drache schrie auf, machte eine scheuchende Handbewegung und wich aus, aber es war zu spät. Der erste Bolzen bohrte sich mit einem widerlichen Geräusch in seine Schulter, der zweite streifte seine Seite und bohrte sich in die hintere Wand. Der Drache brüllte.

Kai schluckte und duckte sich eilig hinter die Wand zurück, griff nach Bogen und Pfeilen. Einen Moment später hörte er knallende Schüsse und das hastige Trampeln von Füßen. Er rannte beinahe in die Frau hinein, als er wieder in den Raum huschte. Sie stieß einen Schrei aus, die Kinder rannten an ihm vorbei und sie folgte schnell.

Kai fluchte und hob den Bogen, aber es war schon zu spät. Takeru wich dem Pfeil mit Leichtigkeit aus und er bohrte sich mit einem dumpfen Laut in die Wand. Kai fluchte erneut und duckte sich unter einem Feuerball weg, während er Ivanov erneut schießen hörte.

Diesmal fluchte der Drache, dann ertönte ein schrilles Geräusch. Kai wechselte einen Blick mit dem Rothaarigen, sah dann wieder zu Takeru, der zurückwich und einen Gegenstand aus der Tasche zog. Es war der, den Dragoon Strata zugeworfen hatte, eine kleine, goldene Kugel. Sie leuchtete und anscheinend stammte der Laut von ihr.
 

Einen Moment fragte sich Kai was es war, dann sah er, wie Takerus Form zu verschwimmen begann und er wusste es: ein Teleporter. Und Dragoon hatte ihn gerade aktiviert. Bedeutete das, dass Wolborg tot war?

Fluchend schoss er einen weiteren Pfeil, aber es war zu spät. Ein weiteres Geschoss bohrte sich in die Wand und dort, wo Takeru noch eben gestanden hatte, war nichts mehr. Er hörte wie Ivanov verwundert aufschrie und dann herübergelaufen kam. "Was war das, zum Teufel?!"

"Ein Teleporter. Dragoon kommt."
 


 

~~*~~
 


 

Bryan konnte gar nicht so schnell schauen, wie Strata sich von der Tür löste und auf Poseidon stürzte. Der große Glatzkopf stieß den Polizisten zur Seite, so dass er hart gegen die Wand krachte, dann waren die beiden nur noch ein Bündel aus Armen und Beinen.

Erschrocken rappelte er sich auf und griff nach seiner Waffe, aber er konnte nichts tun. Er würde auf gut Glück schießen müssen und wahrscheinlich auch Poseidon treffen. Keine gute Idee.

Dann lösten sich die beiden so plötzlich voneinander, dass Bryan sich unwillkürlich enger an die Wand presste. Strata stieß ein Brüllen auf und stürzte dann nach vorn, nahm noch während des Laufes ihre andere Form an. Poseidon wich blitzschnell aus und man hörte noch das Splittern und Bersten von Holz.

Dann spürte Bryan den kühlen Nachtwind im Gesicht. Der goldene Drachenkörper hatte ein riesiges Loch in die Hauswand gerissen. Holz und Stein bröckelten ab, polterten krachend in die Tiefe. Verdutzt rappelte Poseidon sich auf und trat zu dem Loch um nach unten zu blicken.

"Schätze mal, sie wartet auf uns.", meinte er dann und drehte sich um, um zur Treppe zu gehen. "Kommst du? Sie wird dich in Stücke reißen, wenn du da stehen bleibst."
 

Bryan beeilte sich, hinterher zu kommen. Er wollte auf keinen Fall alleine mit einem verrückten Drachen zurückbleiben. Poseidon wählte den schnellsten Weg um aus dem Haus zu kommen, über die Treppen und durch die Vorhalle.

Bryan fragte sich einen Moment, ob Salima es geschafft hatte, das Grundstück zu verlassen. Er wünschte es ihr. Dann überlegte er, ob Yuriy und der Verhüllte, Kai, wohl noch am Leben waren. Schließlich hatten sie die Haustür erreicht.

Strata wartete auf sie. Die scharfen Zähne in ihrem Maul schimmerten perlweiß im Mondlicht, die Flügel und die Schuppen glitzerten golden, wann immer sie sich bewegte. "Da seid ihr ja endlich.", höhnte sie und stieß eine Flammenwolke aus. Bryan warf sich zur Seite und hörte, wie Poseidon getroffen aufschrie. Die mächtigen Flügel der Drachin pfiffen durch die Luft, dann erklang erneut das Bersten von Holz.

Bryan hob seine Pistole und wagte einen Blick zur Seite. Der große Glatzkopf lag am Boden, sein rechter Arm war versengt. Die Drachin hockte wie eine riesige Katze über ihm, das Maul weit geöffnet. Bryan schoss.
 

Die Kugeln trafen diesmal gezielter als bei dem letzten Angriff, schlugen in die weiche Haut ihres Bauches und der Brust ein. Erschrocken taumelte Strata zurück, quietschte auf. Sie warf ihm einen bösen Blick zu, so dass er sich unwillkürlich duckte, aber er hörte nicht auf zu schießen. Er merkte zwar, dass sie kaum verletzt war, aber es lenkte sie von Poseidon ab, der inzwischen unter ihr hervorgekrochen war und sich wieder fasste.

"Du, Mensch...wagst es..." Ihre Stimme kam einem Zischen gleich. Sie ließ sich auf alle Viere herunter und kam auf ihn zu. Bryan riss die Augen auf und wich zurück, ließ die Waffe sinken. Er würde jetzt sowieso nur noch eisenharte Schuppen treffen.

Das Trappeln von Schritten ließ alle drei zur Treppe herumfahren. Dort flohen drei Menschen, zwei waren noch Kinder, der dritte eine Frau. Strata brüllte wütend auf, anscheinend kannte sie sie. Der Rest der Familie Mutoyamas? Wie auch immer, sie hatten sie zu schützen.

Alle drei schrieen erschrocken auf und blieben stehen, als sie das Monster in der Eingangshalle ihres Hauses bemerkten. Der Junge taumelte und sackte zusammen, das Mädchen begann unaufhaltsam zu schluchzen, während die Frau nur starrte.
 

Die Drachin öffnete erneut ihr Maul, um Feuer zu speien, als der Boden explodierte. Nein, er explodierte nicht, er barst auseinander unter der Wucht des Wassers, das in einer riesigen Fontäne nach oben schnellte. Dampf hüllte die Halle in weißen Nebel, als Wasser und Feuer sich vermischten.

Bryan sah kaum mehr etwas und Strata, wie er ihrem Gebrüll zu entnehmen vermochte, ebenso wenig. Das Schreien und Schluchzen der Kinder klang gespenstisch und wie von Ferne an sein Ohr. Die Hand, die ihn plötzlich an der Schulter packte, ließ ihn aufschreien und herumfahren, die Waffe drohend erhoben.

Er richtete sie genau auf die Brust eines riesigen Mannes. Poseidon. Der Glatzkopf ignorierte die Pistole und meinte: "Hol die Menschen und bring sie raus zu deiner Kollegin. Sie sind noch immer auf der Treppe, schnell, bevor sie sich wieder orientieren kann! Aber pass auf den Boden auf! Und...nimm Dranzer mit, such nach Wolborg. Wir dürfen sie nicht hier lassen."

Bryan nickte und folgte der Anweisung des Mannes. Er hatte die Treppe beinahe schnell erreicht und sah man davon ab, dass er beinahe in die Leere getreten und viele Meter gestürzt wäre, sogar unbehelligt. Als er vor den dreien auftauchte, brüllten die Kinder noch lauter, aber die Frau fasste sich schnell. "Nein! Lassen Sie meine Kinder, ich tue alles um..." Sie verstummte. "Kommissar Kutznetskova!" Anscheinend hatte sie ihn erkannt. Sie hatte immerhin ihn und seine Kollegen empfangen, als sie mit ihrer Warnung hier angekommen waren.
 

"Kommen Sie, schnell. Ich bring Sie hier raus." Er packte den Jungen und hob ihn hoch. "Nehmen Sie Ihre Tochter." Die Frau nickte, packte das Mädchen an der Hand und zog es hinter sich her. "Achtung, der Boden."

Der Dampf hatte sich schon beinahe verzogen, man konnte deutlich die Umrisse von Strata erkennen, die sich suchend umblickte, die Nüstern weit geöffnet. Von Poseidon war nichts zu sehen, aber das hatte nichts zu bedeuten. Die Drachin suchte ihn ja auch, sie ignorierte die Menschen vollkommen, die sich vorsichtig um sie herumschlichen.

Endlich hatten sie die Tür erreicht und sofort rannten die Frau und ihre Tochter los. Bryan machte, dass er hinterher kam, auch wenn er die beiden verfluchte. Sie sollten bei ihm bleiben, verdammt! Außerdem mussten sie noch nach Wolborg und Dranzers Leiche suchen! "He! Bleiben Sie stehen! Warten Sie!"

Mutter und Tochter blieben nicht stehen, als er rief. Erst, als sich vor ihnen eine riesige, geschuppte Gestalt aufbaute. Beide hielten so abrupt an, dass sie stolperten und der Länge nach hinfielen. Der lange Hals beugte sich zu ihnen hinunter und schnupperte vorsichtig. Bryan erstarrte. Er hatte gedacht, sie seien alle vom Grundstück herunter. Ein Drache, den Hitoshi nicht gefunden hatte?
 

Das Wesen hob den Kopf und starrte ihn an, sein Maul öffnete sich zu einem zähnebleckenden Grinsen. Bryan schauderte. Jetzt war es aus. Er hob die Pistole, eine wahrhaft schlechte Verteidigung gegen das Untier, und schoss.

Zwei Kugeln prallten gegen die Schuppenpanzer, nur drei trafen, dann war das Magazin leer und die Waffe klickte nur noch. Das Monster grinste wieder und öffnete das Maul um etwas zu sagen. Aber seine Worte gingen in dem plötzlichen Stakkato von Maschinengewehrfeuer unter. Der Drache zuckte und fiel dann vornüber. Hart schlug der Körper mit einem dumpfen Laut auf dem Boden auf und wirbelte Dreck und Pflanzenfetzen auf.

Bryan fuhr herum und starrte die schlanke Gestalt an, die aus der Dunkelheit auftauchte. Der fremde junge Mann wirkte...dissonant. Seine gesamte Erscheinung war unstimmig und unvereinbar. Er war gekleidet wie ein ganz normaler Jugendlicher, in Jeans und ein ärmelloses Shirt. Seine Füße steckten in Turnschuhen.

Die breiten Goldarmreife, die schweren, goldenen Ohrringe, das goldene Halsband mit der eisernen Marke und die ebenfalls goldene Maske mit den vier orangerot schimmernden Augen machten den Eindruck der Normalität aber sofort zunichte. Das alles allerdings war noch irgendwie vereinbar. Dass er Mystik und Natürlichkeit so gegenüberstellte, machte ihn nur noch geheimnisvoller.
 

Was aber das magische Bild vollkommen zerstörte war...ja, das war die vollautomatische Maschinenpistole, die er in der zartgliedrigen Hand hielt und mit der er anscheinend auch umzugehen verstand. Wer war der Kerl? Anscheinend gehörte er nicht zu den Drachen. Natürlich nicht, er hatte gerade einen erschossen. Warte! Hatte Kai nicht vorhin von einem...Mystel geredet?

Der maskierte Junge kam rasch näher. "Geht es euch gut?" Er blickte Bryan kurz an und rannte dann an ihm vorbei um der Frau und der Tochter aufzuhelfen. Die Frau nickte, sie wirkte verwirrt und wusste anscheinend nicht, was gerade geschehen war. Das Mädchen schrie.

"Alles okay, Kleines." Der Blonde legte ihm die Hand auf die Stirn und sie kippte einfach um, anscheinend tief schlafend. Er hob sie hoch und drückte sie der Mutter in der Hand, während Bryan langsam näher kam. "Wer bist du? Bist du Mystel?"

Der Maskierte drehte sich herum und nickte. "Ich bringe euch hinaus. Kommt mit."

"Nein. Wir müssen erst Wolborg und Dranzer suchen."

"Du...weißt Bescheid?"

"Mehr oder weniger."

"Wo sind die anderen?"

Bryan zuckte die Schultern. "Der Wahnsinnige ist weg. Jagt Drachen. Der Glatzkopf ist da hinten und streitet sich mit der goldenen Drachin. Der Verhüllte ist mit meinem Partner hoch um das Ritual zu beenden."
 

Mystel warf einen Blick an ihm vorbei in die von Flammen, Wasser und weißem Dunst verschleierte Eingangshalle. "Master..." Dann riss er sich von dem Anblick los. "Das Ritual, wie weit sind sie?" Er drehte sich zu der Frau um.

"Mein Mann...", jammerte sie. "Mein Sohn. Mein Erstgeborener. Sie haben sie getötet!"

"Ja. Ich weiß. Was haben sie getan?"

"Sie haben die Wände mit ihrem Blut vollgeschmiert. Und den Boden. Aber sie sind nicht fertig geworden. Dann sind der schwarz Verschleierte und der Mann mit den roten Haaren gekommen. Der...hat uns befreit und gesagt, wir sollen so schnell wie möglich weg."

"Das war Yuriy.", erklärte Bryan, als der Maskierte ihn ansah.

Mystel nickte. "Kai wird wissen, was er gegen den Drachen ausrichten kann. Was ist mit Wolborg und Dranzer?"

"Ich weiß nicht, was mit dem Weißhaarigen ist. Aber die Frau ist tot."
 

Mystel schwieg und Bryan hatte das Gefühl, dass er ebenso ungläubig starrte wie der Glatzkopf vor nicht allzu langer Zeit in der Eingangshalle auch, als sie auf ihn getroffen waren. "Poseidon hat gesagt, wir sollen sie suchen und mitnehmen." Bryan ruckte den Jungen höher auf seine Hüfte, der schwer an seinem Hals hing. Anscheinend war er ohnmächtig geworden oder so, jedenfalls rührte er sich nicht mehr und kein Geräusch kam von seinen Lippen. Nur das regelmäßige Heben und Senken seines Brustkorbes zeigte, dass er noch lebte.

Mystel nickte. "Wo war das?"

Bryan zuckte die Schultern und nickte dann in die Richtung, von der er annahm, dass es die richtige war. "Ich glaube, dort."

"In Ordnung. Gehen wir und holen sie. Bleiben Sie bei uns. Es könnten hier noch mehr Drachen herumstreunen, als uns lieb ist.", erklärte er der Frau, die nickte und ihre Tochter enger an sich presste.
 


 

~~*~~
 


 

Kaum hatte Kai zu Ende gesprochen, flimmerte die Luft vor ihnen und dann erschienen die Umrisse des anderen Drachen. Er hatte wieder die menschliche Form angenommen und von seinen Händen tropfte Blut. Rote Phönixfedern und weiße Fellbüschel klebten auf seiner Kleidung und sein Gesicht war von einem zufriedenen Grinsen geziert.

"Schätze mal, ich muss das hier allein fertig bringen.", meinte er und sah sich um. Er beachtete die beiden Menschen gar nicht.

"Warum schießt du nicht?", flüsterte Ivanov.

"Er ist zu stark.", antwortete Kai ebenso leise. "Keine Chance."

"Ganz recht." Das Grinsen auf Dragoons Gesicht wurde breiter, dann zupfte er ein Büschel weißer Haare von seinem Ärmel. "Nicht einmal Dranzers kleines Schoßwölfchen konnte mir etwas anhaben."

Aber das stimmte nicht. Kai sah ganz genau, dass Dragoon erschöpft war und die Kleidung an seiner Schulter war zerfetzt, eine hässliche Fleischwunde zeigte sich dort und man konnte ganz genau die Bissspuren erkennen. Er zog eine Augenbraue hoch.

Dragoon lachte. "Ach, das meinst du? Das ist gar nichts!"

"Darf ich den Finger darauf legen?", fragte Kai sarkastisch. Natrüüüürlich schmerzte das nicht. Ganz und gar nicht. Er verzog ärgerlich das Gesicht. Musste der arrogante Drache Wolborg so herabsetzen, indem er ihm nichts zugestand?
 

Aber wie auch immer Dragoon handelte: Kai wusste, dass er selbst und Ivanov ihm nichts entgegenzusetzen hatten. Sie waren verloren. Aber wenigstens...wenigstens konnten sie ihn noch so lange aufhalten, um das Ritual zu verhindern?

Dragoon lachte. Dann wurde er blitzschnell wieder ernst. "Nein. Wo käme ich denn hin, wenn ich mich von einem niederen Wesen wie dir berühren lassen würde? Von einem Slave?" Er lachte noch einmal, diesmal eindeutig höhnisch. "Ach nein, du bist ja kein Slave mehr. Deine Mistress ist tot. Sag mal, wie fühlt man sich so als Versager?"

Dann zupfte er Federn von seiner Kleidung, so viele, wie er auf die Schnelle erwischen konnte, und warf sie von sich. Sie schwebten langsam zu Boden. Zwei oder drei landeten zu Kais Füßen. Der Rotäugige zuckte zusammen. Nicht nur, dass der Drache weiter in der brennenden Wunde bohrte, die Dranzers Tod hinterlassen hatte, nein, er legte seinen Finger genau in die Wunde, die Kai eigentlich nicht rühren wollte.

Es stimmte, er hatte als Slave versagt. Seine Aufgabe war es, seiner Mistress zu dienen bis in den Tod und auch darüber hinaus, wenn sie es wollte. Er musste dafür sorgen, dass alle ihre Vorhaben gelangen. Und dafür, dass sie sie alle überlebte.
 

"Sag mal, wie widerlich kann man eigentlich sein?", fragte Ivanov hinter ihm. Kai schluchzte auf und blickte ihn an. Wollte der Mensch ihm auch noch Vorwürfe machen? Er verstand doch gar nichts davon!

Aber der Rothaarige sah nicht ihn an, sondern den Drachen, starrte ihn an mit einer solchen Verachtung und einem solchen Ekel im Gesicht, dass Kai unwillkürlich schauderte. Dragoon hingegen wirkte eher irritiert. Ein Mensch widersprach ihm und wagte ihn, so anzusehen? Das hatte er noch nie erlebt!

Er blinzelte, einmal, zweimal. "Wie meinen?", fragte er dann und seine Stimme klang perplex.

"Da fragst du noch?", hakte Ivanov nach und klang dabei ungläubig. "Du kreuzt hier auf, bringst was weiß ich wie viele Leute um die Ecke, willst den Kleinen hier töten und wirfst ihm vor, er habe sich nicht genug um seine...Mistress gekümmert, weil sie dazwischen gesprungen und statt ihm gestorben ist? Hast du sie noch alle?"
 

Kai und Dragoon starrten. Der Rothaarige blinzelte und erwiderte Dragoons Blick hart und unerschrocken. Kai wurde bewusst, dass er Recht hatte. Er hatte nichts tun können für seine Mistress. Sie selbst hatte es so gewollt, in dem sie ihn gerettet hatte und nicht einfach die Aufgabe selbst übernommen hatte, die sie ihm gestellt hatte.

Sie hatte gewollt, das er lebte und dafür hatte sie ihr eigenes Leben gegeben. Sie hatte sie beide befreit von den Fesseln, die sie zurückhielten. Ihn von seinem Status als Slave und sich selbst...von den Zwängen der Gesellschaft und der Pflicht. Aber deswegen so mit einem Drachen zu sprechen und auch noch einem von Dragoons Stand war doch ein starkes Stück!

Der Drache schwieg einen Moment, dann senkte er halb den Kopf und grinste. "Ganz egal, was ich ihm vorwerfe...sein Weg und auch deiner enden hier, Mensch. Ihr könnt gar nichts tun um mich aufzuhalten. Mein Ritual wird heute nach vollbracht und in neun Nächten wird mein Herrscher seine Ketten abwerfen und sich über die Welt erheben um sein Reich zurückzufordern. Leviathan wird wieder herrschen und ihr Menschen werdet zittern vor unserer Macht!"

Kai realisierte kaum, was der Drache sagte, sondern fragte sich, wie lebensmüde man sein konnte um so, wie Ivanov es getan hatte, mit einem Wesen zu sprechen, das einen mit einem einzigen Bissen verschlingen konnte. Nun gut, wenn er sich die hochgewachsene Gestalt des Polizisten so ansah, würde er wahrscheinlich zwei oder drei brauchen, aber das spielte nicht wirklich eine Rolle. Er stutzte und sein Blick wanderte wieder an eine bestimmte Stelle zurück. Was war denn das? Und wie kam es in die Tasche des Rothaarigen?
 

Ivanov verengte die Augen zu Schlitzen. "Das werden wir ja sehen." Er hob die Hand und schoss. Dragoons Augen weiteten sich und für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Kai, die Schüsse würden ihn treffen. Doch der Drache zischte ein Wort und die Kugeln sausten in alle Richtungen davon und schlugen in den Wänden ein. Doch sie trafen niemanden.

"Was? Glaubst du, du könntest mich mit so einer lächerlichen Waffe töten?"

"Ein Versuch war es wert."

"Es gibt keinen Weg, mich zu töten. Zumindest keiner, der euch offen stehen würde."

Kai hätte beinahe den Kopf geschüttelt. Es gab einen Weg. Er wusste nur noch nicht, wie er aussah. Aber dieser Gegenstand dort...er hatte damit zu tun. Kais Blick wanderte weiter zu den Federn zu seinen Füßen. Er ging in die Hocke und hob eine auf. Sie war fragil und zerbrechlich und wirkte wie ein winziges Skelett, aber sie war weich und flauschig.
 

Etwas durchzuckte ihn, ein Gedanke nur, ein Geistesblitz. "Aber es gibt noch einen Weg.", behauptete er und seine Augen leuchteten auf. Er blickte zu Ivanov, dann auf seine eigenen Finger, die sich um Dranzers Feder krallten. Sie war zerrupft, aber sie war noch immer eine Phönixfeder. Wirksam wie jede andere auch.

"Mach die Kerze an.", zischte Kai und ließ Dragoon nicht aus den Augen. Der Drache legte den Kopf schief, er schien nicht zu wissen, was Kai vorhatte. Natürlich nicht. Niemand wagte einen solchen Zauber, vor allem nicht, wenn der einzige, der als Begleiter nur einen Fremden zur Verfügung hatte, niemand, dem man absolut vertraute, dem man alles von sich zeigen würde.

Aber Kai war das jetzt egal. Dranzer war tot. Sie hatten ihm Dranzer genommen. Sie wollten ihr Reich errichten und opferten dafür Leben. Sie wollten die Ordnung zerstören. Das durfte er nicht zulassen und er sah nur diesen einen Weg.

Der Rothaarige wirkte verwirrt wegen der Aufforderung. "Die Kerze!", zischte Kai wütend, drängend, weil die Zeit davon lief. Irgendwann würde Dragoon doch auf die richtige Idee bringen.
 

In Ivanovs Augen leuchtete etwas auf, er zog die Kerze aus der Tasche und warf die Plastiktüte, in der sie sich befunden hatte, weg. Dann blickte er auf den Drachen und auf Kai. Er wusste, dass diese Kerze mehr war, als er es noch vor fünf Stunden gedacht hatte. Immerhin hatte er in der Zwischenzeit Drachen gesehen.

Einen Augenblick zögerte er, dann zog er ein Feuerzeug aus der Hosentasche und hielt die kleine Flamme an den Docht. Sofort fing er Feuer, brannte wie am Grab erst rot und gelb, wechselte dann zu Weiß über. Geblendet sah Kai weg und auf die Feder.

Dragoon folgte seinem Blick und nach dem Bruchteil einer Sekunde huschte Verstehen über sein Gesicht. "Du willst..." Seine Augen wurden groß. "Das wagst du nicht. Nicht mit dem!" Er deutete abfällig auf Ivanov. Der zuckte mit einer Augenbraue, doch Kai ließ ihn nicht zu Wort kommen.

"Warum nicht?" Er trat näher an den Rothaarigen heran. Der starrte ihn an, wirkte verwirrter denn je. Er mochte eine große Klappe und genügen Mut haben, sie auch einzusetzen, aber er wusste nicht wirklich, was hier ablief.

"Er weiß noch nicht einmal, worum es hier geht!", fauchte Dragoon, aber Kai merkte, dass sein Körper begann, sich zu verändern. Er nahm seine andere Form an, seine richtige. Anscheinend nahm er Kai und sein Vorhaben durchaus ernst.

Jetzt musste er sich beeilen, sonst war es vorbei, sonst würde Dragoon sein Vorhaben behindern. "Das ist egal. Er wird verstehen."
 

"Er gehört der Vierten Sphäre an. Er wird den Verstand verlieren." Dragoons Stimme war nur ein Zischen. Seine Kleidung riss, als der Körper sich streckte, aus seinen Fingern wuchsen lange Krallen, seine Zähne wurden spitz und groß. "Vielleicht."

"Hey! Redet nicht über mich, als sei ich nicht da!", protestierte der Polizist und trat einen Schritt auf Kai zu. Er schien nicht einmal zu bemerken, was Dragoon da machte. Genau darauf hatte der Rotäugige gewartet. Er hob die Feder und hielt sie in die Flamme, packte beinahe gleichzeitig mit der anderen Hand Ivanovs und zischte die Worte, die er für den Zauber brauchte.

Die Welt explodierte in weißem Licht.

Dann wurde alles dunkel und er fühlte sich, als würde er in zwei Stücke gerissen werden. Er schrie, aber kein Ton kam von seinen Lippen. Dann war der schneidende Schmerz des Zerreißens weg und einen Moment später trat ein anderer an seine Stelle, er war viel schlimmer. Es war ein stechender Schmerz, wie wenn etwas an ihm zerren würde und das mit einer so gewaltigen Kraft, dass sein Körper nicht hinterher kam. Wieder wollte er schreien, doch diesmal kam er nicht einmal dazu, den Mund zu öffnen. Ob es Ivanov genauso ging?
 

Dann war es vorbei und er stand wieder auf dem Boden des Raumes, von dem er aufgebrochen war. Aber etwas stimmte nicht. Die blutigen Schmierereien an den Wänden und auf dem Boden waren weg, ebenso die Gegenstände. Der Raum war vollkommen leer, sah man von Kai selbst ab. Auch Dragoon war weg, aber neben sich fühlte er eine weitere Präsenz.

Das musste Ivanov sein. Immerhin hatte er den Zauber auf sie beide bezogen. Er hatte dafür gesorgt, dass sie beide, er und Ivanov, in diese Dimension kamen, in die Dimension, wo nur die Wahrheit zu sehen war und wo man die Macht vereinigen konnte.

Natürlich, es lagen gewisse Risiken dabei. Vor allem, weil man alles entblößen musste. Man musste seine Seele sozusagen frei darbieten, denn hier konnte man nur das erkennen, was wirklich war. Es gab hier nichts, was man verstecken konnte. Aber man musste auch die Seele der anderen erkennen, die mit hier eintraten und darin lag die eigentliche Gefahr.

Denn eine Seele zu erkennen konnte schrecklich sein. Was, wenn sie sich hassen würden? Sie würden niemals miteinander kämpfen können. Und noch schlimmer, was, wenn sie sich lieben würden? Sie wären für immer aneinander gebunden, denn wer hier die Liebe erkannte, irrte sich niemals.
 

Kai hatte schreckliche Angst vor der Erkenntnis, aber noch viel mehr von der Enthüllung. //Was soll's?// Er würde Ivanov nie wieder sehen. Ihre Wege würden sich trennen und ganz egal, was er jetzt sah, es sollte ihn eigentlich nicht interessieren.

Aber trotzdem...da war dieser Gedanke, diese Angst vor dem, schrecklicher zu sein, als man geglaubt hatte und dies nachher zu hören. Die Angst, hässlich zu sein. Ein hässlicher Körper war eine Sache, von der Kai noch nicht einmal wusste, wie sie für ihn stand, aber eine hässliche Seele etwas ganz anderes.

Eine hässliche Seele würde für ihn der Untergang sein, denn seine Seele war das Einzige, was er noch hatte und er wollte nicht, dass sie hässlich war. Er wollte schön sein, zumindest, vor allem auf diese Weise, denn diese Weise war die einzige, wie andere Leute ihn sehen konnten.

Ivanov wusste nichts von diesen Gefahren und Kai fragte sich für einen Moment, ob er überhaupt das Recht hatte, den anderen mit hierher zu nehmen, aber dann erinnerte er sich an Dranzer und es war ihm egal. Hauptsache, sie konnten Dragoon besiegen.
 

Aber Ivanov...starrte ihn schon so lange an. Er konnte den Blick fühlen. Und da war noch etwas anderes und zwar das Gefühl, das über allem lag. Ein Gefühl, das er kannte, das er jedes mal gespürt hatte, als er in die eisblauen Augen des anderen geblickt hatte. Ruhe, Frieden und ein allumfassendes Gleichgewicht. Alles, hatte er das Gefühl, alles konnte er jetzt vollbringen.

Kai drehte sich um, um sich Ivanov zu stellen. Er sah...einen Wolf. Groß und stolz und schön und wild. Ein Jäger, der sich durch nichts aufhalten lassen würde. Ein Jäger, der seine Beute mit aller Macht hetzte. Ein Jäger, der unter dem Mondlicht sang.

Sein langes, struppiges und so weich erscheinendes Fell war rot, in allen Schattierungen rot. Blutrot, dunkelrot, karmesinrot, amarant, weinrot, hellrot, feuerrot. Die Augen waren eine kaltblaue Welt aus Eis und Glas und Kristall und Spiegel.

Narben und Wunden zogen sich kreuz und quer durch den dichten, wunderschönen Pelz, zeigten die seelischen Qualen, die Yuriy...ja, Yuriy hatte ausstehen müssen und immer noch ausstand. Aber er ließ sich nicht davon beeinträchtigen oder gar schwächen, sondern stand stark und furchtlos da und um das Kommende zu bekämpfen.

Wer sich mit ihm anlegte, war selber Schuld. Jede Bewegung war bedächtig und sprach von instinktiver Weisheit und ungetrübter Intelligenz, aber auch von bestialischer Kraft und animalischer Wildheit.
 

Kai wusste sofort, dass seine schlimmsten Befürchtungen eingetreten waren. Das unsichtbare Band, das sie beide plötzlich verband, war mehr als fühlbar. Am liebsten hätte er geflucht, aber solche Worte gehörten nicht hierher. Sie beide würden so schnell nicht mehr voneinander loskommen. Er hatte sich selbst wieder angekettet, gefesselt an den anderen, weil er sie beide hierher gebracht hatte. Aber warum fühlte er sich dann freier denn je?

Der Rotäugige wusste nicht, welche Form seine eigene Seele hatte, denn man sah nur die der anderen, fühlte sich selbst aber wie immer. Man konnte sich nicht selbst auf diese Art und Weise erkennen, zumindest nicht hier.

Kai atmete tief durch. Auch wenn die Zeit hier nicht verging wie im üblichen Sinne, war jeder Augenblick in dieser Dimension ein Risiko, denn desto schlechter würden sie den Rückweg finden. Er musste die geistige Kraft von ihnen beiden finden und bündeln und in irgendein Medium stecken.

"Hast du den Dolch noch?", fragte er. Einen Moment rührte der Wolf sich nicht, dann nickte er und hatte plötzlich die Waffe im Maul. Kai nahm ihn an sich und für einen Moment berührten sie sich. Es war wie ein Stromstoß, der durch seinen Körper fuhr. //Wir sollten Berührungen hier lieber vermeiden.//, dachte er und hob die Waffe hoch.
 

Dann tastete er nach dem, was er für Yuriys Geistkraft hielt und griff nach ihr. "Lass los.", bat er und Yuriy ließ ihn gewähren. Das Vertrauen zwischen ihnen war groß, grenzenlos. Kai steckte alle Kraft, die er bekommen konnte, in den Dolch, das Medium. Es war egal, ob Yuriy taumelte und plötzlich schwach war. Seine Kraft würde sich erholen, stark werden wie sie sein sollte, zuvor war. Das hatte Lebens- und Geisteskraft so an sich.

Der Dolch veränderte seine Form, mit jedem Stückchen Macht, das Kai hineinstopfte. Er wurde länger, bis er die Größe eines langen Armes erreicht hatte. Seine Klinge bog sich, wurde spitz und auf der einen Seite scharf. Sie war schmal, ein Katana, weil seine Vorstellung von einem guten Schwert ein Katana war, scharf und tödlich.

Über dem Heft bildete sich ein kleines Symbol, eine Rune, jene für Wolf. Yuriy brach zusammen und Kai hörte auf. Er suchte nach seiner eigenen Kraft, fing sie und stopfte sie Yuriys hinterher.

Diesmal gab es keine große Veränderung des Aussehens, nur ein kleines Symbol, das sich auf der Klinge bildete, genau dort, wo sich auch die Rune auf der anderen Seite befand. Das Symbol für Phönix.
 

Diesmal vollzog sich der Wandel der Waffe in der Substanz. Sie wurde leichter, wärmer, kein Metall mehr, sondern eher wie etwas lebendiges. Und sie begann zu singen. Leise, aber beruhigend und kräftigend.

Kai schluckte. Er fühlte, dass er schwächer wurde, aber er hörte erst auf, als der Wolf ihm plötzlich die Waffe aus der Hand riss. "Du bringst dich um, du Idiot!"

Kais benebeltes Hirn stellte sich die Frage, wie ein Wolf ein Schwert im Maul haben konnte und gleichzeitig reden konnte. Er schüttelte den Kopf und nickte gleich danach. "Du nimmst die Waffe,...Yuriy."

Der Wolf nickte und Kai flüsterte das Wort, das den Zauber beendete. Keinen Augenblick später waren sie zurück in der Wirklichkeit oder zumindest in dem, was die Wirklichkeit hätte sein sollen. Es gab keinen Schmerz, kein Reißen oder Zerren, nur den schrecklichen Moment der vollkommenen Verwirrung, in dem man nichts mehr wusste. Weder, wo man war, noch wohin man wollte, nicht einmal, wer man war. Und er erschien ihm grausamer als alles andere zuvor.

Aber das war so schnell vorbei wie es gekommen war und sie standen auf dem Holzboden des Ritualzimmers. Aber es war nicht so, wie es sein sollte. Alles war grau verdeckt, schwarzweiß, als hätte etwas alle Farben geschluckt. Dragoon stand ihnen gegenüber, grinste über das ganze Gesicht, was selbst bei seiner menschlichen Gestalt grauenerregend aussah. In der Hand hielt er ein Schwert.
 

Yuriy neben Kai hatte wieder sein übliches Aussehen; groß, muskulös und umwerfend attraktiv. Kai hätte sich am liebsten selbst den Kopf abgerissen. Machte ein einziges Gefühl so viel in der Betrachtung des anderen aus?

In der Hand hielt er das Schwert, das jetzt lauter summte und leicht, wie vor Erregung, zitterte. Sein Besitzer allerdings sah eher verwirrt aus. Er drehte sich leicht zu Kai. "Wo sind wir?"

Aber darauf konnte der Rotäugige keine Antwort geben, also zuckte er nur mit den Schultern. So, wie er die Situation einschätzte, würde er gleich eine Antwort erhalten und zwar von Dragoon.

Und wirklich, der Drache öffnete den Mund und erklärte: "In einer Zwischenwelt." Das Grinsen wurde breiter. "Zwischen Leben und Tod. Ich hatte eigentlich gedacht, eure Welt über diese hier erreichen zu können, weil sie zwischen allem ist, aber so geht es natürlich auch. Denn hier habe ich mehr Macht als sonst wo." Er hob leicht das Schwert und bedeutete Yuriy. "Komm schon. Töte mich."

"Aber...", begann Kai. Er hatte Angst um Yuriy.

"Nein.", sagte der Rothaarige und verzog das Gesicht zu einem Grinsen. "Lass mich das tun, Kleiner." Er legte die zweite Hand an den Schwertgriff und trat vor. Kai fragte sich einen Moment, wo die Kerze war, dann wurde ihm klar, dass ein Gegenstand wie sie niemals die Grenzen der Dimensionen überschreiten würde. Sie existierte hier einfach nicht.
 

"Du schaffst mich nicht, Drache."

"Ach ja?" Dragoon zog eine Augenbraue hoch und grinste.

"Yuriy...", wimmerte Kai, aber er sah schnell, dass Yuriy die Wahrheit gesagt hatte. Dragoon mochte hier zwar mehr Macht haben, aber die Ebene, die er selbst gewählt hatte - die des Schwertkampfes - war die, zu der Yuriy ihn jetzt auch zwang. Es gab kein Zurück mehr für den Drachen. Der Kampf hatte hier begonnen und er würde hier enden.

Vielleicht hätte Dragoon gewinnen können, wenn er sie dort erwartet hätte, wo sie aufgebrochen waren. Dort hatte er immerhin die Gestalt des Drachen, war größer, stärker und schneller als der menschliche Wolf, aber hier hatte er sich selbst zum Tode verurteilt.

Yuriy war ein Mensch, Dragoon nicht. Sie beide hatten menschliche Gestalt. Sie beide hatten ein Schwert. Aber Yuriy, so schien es, hatte mehr Erfahrung mit der Waffe. Und er hatte das singende Schwert, das aus ihrer gemeinsamen Macht entstanden war. Dragoon hatte sich selbst den Stuhl unter den Füßen weggerissen, während sein Kopf noch in der Schlinge gesteckt hatte. Und die Schlinge hing fest an der Decke.
 

Kai konnte gar nicht so schnell schauen, wie Yuriys Schläge auf den Drachen niederprasselten und diesem ging es wohl ebenso. Sein Gesichtsausdruck wandelte sich erst von überlegen, zu verdutzt und dann entsetzt, schließlich zu ungläubig, als das singende Schwert an seiner eigenen Klinge vorbei in seine Brust fuhr.

Yuriy hielt das Heft unerbittlich umklammert, während Dragoons Schwert auf den Boden polterte und der Drache nach der Klinge in seiner Brust griff. Blut tropfte über seine Lippen. "Nein.", flüsterte er, dann sackte sein Kopf zur Seite und sein Körper erschlaffte.

Die Welt implodierte.

Es war alles vorbei. Kai saß auf dem Boden, Yuriys Kopf auf dem Schoss. Der Polizist wirkte völlig verwirrt, aber andererseits schien er verstanden zu haben, was gerade geschehen war. Seine Hände krallten sich um die einzelne Drachenkerze und das Schwert mit der gebogenen Klinge.

Langsam löste sich sein Griff um das Heft und die Waffe polterte klirrend zu Boden und blieb still liegen. Kein Geräusch mehr war von ihr zu hören, kein Summen, kein Singen, nichts. Den Stummel der goldenen Kerze legte er vorsichtiger ab, aber er rührte sich kein Stück.

Kai störte das nicht. Es fühlte sich...gut an. Das einzige, was die Stimmung störte, waren die vier Leichen, die um sie herum lagen, zwei nackt und von eingeritzten Symbolen entstellt, einer ein Wächter, die letzte Dragoons mit einem riesigen Loch in der Brust. Vorsichtig fuhr Kai mit der Hand durch das weiche, rote Haar des anderen.
 

Ihm war zum Heulen zumute. Dranzer war tot. Wolborg wahrscheinlich auch. Brooklyn war weg und lief irgendwo Amok. Was mit Poseidon war, wusste er nicht. Bryan musste bei ihm sein. Er hatte keine Ahnung, ob Salima es bis zum Tor geschafft hatte. Mystel hatte er seit Beginn des Kampfes nicht mehr gesehen.

Aber andererseits wollte er lachen. Glücklich sein. Das Stigma auf seiner Schulter war verschwunden, verbrannt, als seine Mistress gestorben war. Er war frei. Und er...hatte Yuriy.

"Du.", sagte der Rothaarige plötzlich und durchbrach die friedliche Stille, die über dem zerstörten Raum gelegen hatte.

"Hn?" Kai zog seine Hand zurück und ließ zu, dass der Polizist sich aufrichtete und sich vor ihn kniete.

"Ich glaube, ich liebe dich." Kai lächelte und er wusste, dass Yuriy wusste, dass er lächelte, auch wenn er es nicht sehen konnte. Sein Gesicht war nach wie vor hinter dem Schleier verborgen. Aber...das spielte jetzt keine Rolle mehr.

"Ich liebe dich auch.", flüsterte Kai leise und seine Augen trafen kurz den eisblauen Blick des anderen. Dann senkte er die Lider.
 

"Kai." Es war das erste Mal, dass Yuriy seinen Namen aussprach. Es war ein kehliger Laut, zärtlich, liebevoll, wie es noch niemand gesagt hatte, nicht einmal Dranzer. Der Rotäugige blickte auf und begegnete einem warmen Blick. "Darf ich dein Gesicht sehen?" Er schwieg einen Moment und fügte dann hinzu: "Ich möchte wenigstens wissen, wie du aussiehst, wenn ich dich schon liebe ohne dich überhaupt zu kennen."

Kai hätte beinahe gelacht ob der Absurdität dieses Satzes, aber der andere hatte Recht. Mit einer bedächtigen Bewegung griff er nach oben und löste die Schnallen und Schnüre, die den Schleier an seinem Platz hielten. Er fühlte sich...befreit. Es war das erste Mal, dass er den Schleier vor einer anderen Person abnahm als seiner Mistress. Seit Jahren hatte sein Gesicht niemand anderes gesehen als sie und er selbst.

Aber was würde Yuriy sagen? Was, wenn ihm nicht gefiel, was er sah? Kais Finger zitterten einen Moment, dann löste er den letzten Knoten und das schwarze Tuch rutschte von seinem Haar, seinem Gesicht.
 

Yuriy starrte ihn an. Was war los? War er nicht...hübsch genug? Er blickte unsicher auf seine Hände, wagte nicht dem anderen ins Gesicht zu sehen. Er wusste ja gar nicht... War er hübsch? War er hässlich? Nie hatte jemand sein Aussehen beurteilt, Dranzer nicht, auch niemand anderes. Sie kannten es ja nicht einmal, sein Aussehen. Ohne den Schleier fühlte er sich nackt. Und jetzt enthüllte er Yuriy alles. Auch nach dem Seelenstriptease, den er hinter sich hatte, fühlte es sich seltsam an, auch dies hier zu enthüllen.

Er fühlte eine vorsichtige, sanfte Hand an der Wange, die ihn so zart berührte, als könne er zerbrechen, wenn sie zu grob wäre. Er blickte auf. "Du bist wunderschön.", flüsterte Yuriy mit leuchtenden Augen, dann beugte er sich vor und ihre Lippen berührten sich zart wie Schmetterlingsflügel. Kai schloss genüsslich die Augen und erwiderte den Kuss ebenso sanft.
 


 


 

Mystel kam ihnen entgegen, als sie die Treppe hinunterstiegen. Er hatte die Maske abgelegt, nur seine Ohrringe, Armreife und das Halsband glitzerten im Licht, das von oben herabfiel. Seine Augen weiteten sich erstaunt, als er Kai erkannte, der sein Kopftuch in der Hand trug, zusammen mit der Armbrust. Den Bogen hatte er sich auf den Rücken geschnallt.

Mit der anderen Hand hielt er fest Yuriys Finger umklammert, der das Schwert trug. Die Kerze hatte er wieder in der Tasche verstaut. Mystels Blick wanderte von Kais Gesicht zu Yuriy und dann zu ihren verschlungenen Händen. Die Verwirrung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Kai löste sich von dem Rothaarigen und trat auf ihn zu. "Wie...wie geht es dir? Und was ist mit den anderen?"

"Dranzer...Dranzer ist die Einzige, die starb. Aber Wolborg könnte ihr folgen und meinen Master hat Strata schwer erwischt.", erklärte Mystel. "Was ist da oben geschehen?"

"Dragoon ist tot.", erklärte Kai.

"Was?!"

"Ja. Er...ich erkläre es dir später. Wir haben den Sik-an-Zauber durchgeführt."

Mystels Blick wanderte von ihm zu Yuriy und dann wieder zurück. "Ich verstehe. Kommt. Die anderen warten auf euch."
 

Das taten sie tatsächlich. Poseidon saß neben dem Auto am Boden, umklammerte mit einer Hand seinen anderen Arm, der schlimm verbrannt aussah. Aus einer Wunde, die sich über seinen gesamten Kopf zog, blutete er, ebenso wie aus zahlreichen anderen.

In der Nähe hockte Frau Mutoyama mit ihren schlafenden Kindern. Salima stand neben ihr und sprach leise auf sie ein. Bryan befand sich in der Nähe, wie eine Art Wachtposten, Mystels Maschinenpistole in der Hand.

Am Boden vor Poseidon lag Wolborg aufgebahrt. Sein Gesicht war beinahe ebenso bleich wie sein Haar und seine Kleidung war zerfetzt und mit Blut getränkt. Das Schwert lag neben ihm. Dragoon musste ihn schlimm erwischt haben, schlimmer für ihn aber war Dranzers Tod. Ob er das überleben würde?

Dranzer selbst lag einige Meter von allen entfernt. Ihr Gesicht war ruhig und friedlich und Kai schien es, als ob sie lächelte. Warum sollte sie nicht? Sie war jetzt frei. Alle blickten auf, als sie aus dem zerstörten Haus traten. Yuriy ließ Kais Hand los und trat zu Bryan, während Mystel und Kai zu Poseidon gingen.

Der Rotäugige berichtete leise, was geschehen war, in aller Kürze und der Master nickte. "Strata ist geflohen, Hitoshi und seine Leute haben die restlichen Drachenleichen mitgenommen, bis auf die, den Mystel vorher erledigt hat. Aber die haben wir schon beseitigt. Wir müssen alle Spuren beseitigen. Ich habe schon mit Frau Hakuto und Herrn Kutznetskova geredet wegen ihren Berichten. Kai, zünde das Haus an. Es soll alles bis auf die Grundmauern niederbrennen. Dann verschwinden wir."
 

Kai nickte. Während Mystel und Kutznetskova Wolborg und Dranzer in Dranzers Geländewagen verfrachteten, half Hakuto der Frau und den Kindern in ein Polizeiauto. Der Rotäutige trat zum Haus. Als sie in zwei Autos das Grundstück verließen, züngelten die ersten Flammen an der Hauswand empor.

Sie hörten nicht mehr, wie das Feuer das Haus verschlang, aber sie sahen von Ferne, wie die Nacht von ihrem Schein erhellt wurde. Kai wandte den Blick nach vorn und seufzte. Mit diesem Haus ließ er wohl auch seine Vergangenheit hinter sich. Seine Vergangenheit als Slave. Seine Hand krallte sich um Yuriys, die den Druck ebenso stark erwiderte.
 


 

Den Himmel überlassen wir

Den Engeln und den Spatzen.

Heinrich Heine
 

~~~*~~~Ende~~~*~~~
 

----Geschrieben Februar 2006

----53 Word Seiten

----Times New Roman; Schriftgröße 12
 

Das hier ist die erste FF, die mehrer Kapitel hat und jetzt abgeschlossen ist. ^-------^ Ich werd heute noch KMuD hochladen, dann sind es gleich zwei fertige FFs. *freu*
 

Das stellt mich jetzt vor ein Problem. Und zwar: Soll ich mich nur um meine laufenden FFs kümmern(also TTATW, Feuermond und SaSa-SaNi) oder noch 'ne neue anfangen? Ich hab so viele Ideen, aber wenn ich noch eine anfang, geht es halt mit den FFs selbst langsamer weiter. ;_;

Deswegen wollt ich diese Entscheidung euch überlassen, weil ich mich einfach nicht entscheiden kann. Sagt einfach was dazu(in Form eines Kommis natürlich. ^^ Würd mich natürlich auch über Kommis einfach so freuen!)
 

Gesprochen und besiegelt

Lady Silverwolf



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Kommentare zu dieser Fanfic (37)
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Von: abgemeldet
2008-02-12T16:54:06+00:00 12.02.2008 17:54
toll ich hab schon wieder tränen in den augen T.T...
ich will soviel sagen und kann es einfach nicht in worte fassen...nur eines...es kommt selten vor das mich eine ff so sehr berührt wie diese hier es getan hat...

ein wahres meisterwerk.
Von: abgemeldet
2008-02-10T14:44:31+00:00 10.02.2008 15:44
dranzer...T.TT *wein* omein gott...der arme kai...ich hatte ihr bild regelrecht vor augen, wie sie da aufgespiesst hing vor kai...das war so...mich hats richtig zerrissen...T.T....konnte richtig den schmerz fühlen den er empfunden haben muss...*seufz*
hab ich schon gesat wie geil ich brooklyn in deiner ff finde :P...einfach alles an ihm XD.
ich weiss ich bin nicht mehr normal...bin ma gespannt auf das finale...*weiter zum nächsten kapi renn*...
Von: abgemeldet
2008-02-04T20:46:44+00:00 04.02.2008 21:46
also ich find die rolle richtig geil, die du brooklyn zuweist...ich liebe diese psychopathischen "weiss ncih so ganz was er ist"e ^^; dafür hatte ich schon immer ne schwäche ^^
udn wie du kais gefühle beschrieben hast, während dessen präsenz...ich konnte richtig spüren wie sich ihm die häärchen auf den armen aufgestellt haben mussten....
ich hasse hunde >.<; aber ihm den kopf abreissen...mh...o.k. das müsst ich mal beio der töle meiner besten freundin bringen die würde nie wieder ein wort mit mir reden ^^.
naja ich hör dann mal auf; mal sehen ob ichs heut ncoh fertig schasffe oder ob ich mich da morgen weiter ranmache ^^
lg
Von: abgemeldet
2008-02-03T19:12:33+00:00 03.02.2008 20:12
Wenn ihr wollt, dass ich weiterhochlade - Kommis schreiben!
öhm den satz würd ich an deiner stelle weglassen; das klingt ein wneig...erpresserisch ^^° udn wie ein befehl...^^; wenn ich deine ffs ncih so mögen würde, würde mich das abschrecken weiter zu lesen...
aber egal, zum kapi...
das ist eines der seltenen male, wo yuriy und kai mal in einer deiner ffs aufeinander treffen XDXD und ich fands geil; besonders wie du diesen augenblick von gleichgewicht beschrieben hast...herrlich...
...armes yuriy T.T wird einfach so abgeschossen...*ihn ausm wasser fisch un aufpäppel*
jut det wars auch dann schon wieder ^^ ma sehn ob ich heut abend nochn kapi schaff ^^
Von: abgemeldet
2008-02-03T14:06:13+00:00 03.02.2008 15:06
boah ich hab mal wieder was neues von dir angefangen zu lesen und bin, wie bis jetzt jedes mal restlos begeistert!!!
wie du soviel in ein kapitel packst ohne das man durcheinander kommt...hach ich liebe okkultismus und esoterik...genauso wie ich mich für magie interessiere..*schwärm* bin ma gespannt wies weiter geht ^^
Von:  shibui
2006-08-06T16:48:35+00:00 06.08.2006 18:48
eine äußerst interessante FF, wenn ich das mal so sagen darf. erstmal find ich die Idee ziemlich gut, den Bitbeasts menschliche Formen zu geben. und dann Tala und Bryan als Cops. das Bild was du übrigens zu Tala vorne drin hast, find ich total genial.
aber der Chara, der mich am meisten überzeugt hat, ist Brooklyn, ich mag diesen Typ Sympathischer-Psychopath-von-nebenan. obwohl, wo er den Hund den Kopf abgerissen hat... (Gewalt gegen Menschen ist ja eine Sache, aber Gewalt gegen Tiere...)
ganz toll war's wo alle schon auf dem Gelände der Villa waren, plötzlich Menschen mal eben verschwunden sind oder mal eben von nem Drachen gerissen worden. Und im Hintergrund das wahnsinnige aber eben sympathische Gelächter von Brook, wenn er mal wieder zugeschlagen hat. als Feind möchte man den wirklich nicht haben *lach*. Wär's nen Film gewesen, hätt ich mich vor Lachen sicher nicht mehr eingekriegt.

besonders süß war wiederrum die Szene, wo Kai sich schon Sorgen gemacht hat, das Yuriy ihn nicht attraktiv findet, als er den Schleier abnimmt. den seine Probleme will ich haben. Ich glaub Yuriy war ziemlich beeindruckt. (wär ich auch gewesen, allein schon wegen der roten Augen)

aber eine Frage stellt sich ja dann doch. Was wird jetzt mit Brook? die wolln doch denn Irren nicht frei rumlaufen lassen?
Von:  SongToMyself
2006-07-23T12:23:29+00:00 23.07.2006 14:23
Also die Fanfiktion ist echt der Hammer!
Besser kann ich das jetzt einfach nicht ausdrücken. Schon von den ersten paar Sätzen war ich richtig gefesselt!

Ich habe da allerdings noch eine Frage zu dem Pentgramm, bei den Morden, dass auf die Haustür gemalt wurde:
Stand das Pentagramm auf der Spitze oder war es "normal" gezeichnet?

Wenn es ja auf der Spitze steht, ist es ein Zeichen des Satanismus, "normal" allerdings kann man es auch als Druidenfuss bezeichnen, der ja einen vor Bösem schützt.
Wäre nett, wenn du mir meine Frage beantworten würdest!

Ich gehe jetzt noch die anderen Kapitel lesen!
Bye.
Metallica
Von: abgemeldet
2006-06-22T14:19:46+00:00 22.06.2006 16:19
Interessant, interessant...

Aber auch verdammt blutig *lol*

Und wer sammelt Brooklyn jetzt wieder ein und sperrt ihn in einen Laufstall? Der läuft nu Amok und die Welt geht zugrunde... Ganz ohne Drachen *lol*

Aber ansonsten gut ^^
Von: abgemeldet
2006-04-28T17:19:36+00:00 28.04.2006 19:19
So ^-^

Die FF habsch schon n bissl länger fertig gelesen *drop*
Bin aber nich zum kommentieren gekommen -.-
Nya..*sfz* Nu aber ^-^

*_____________________________________________*
Was sollsch dazu sagen?
Die Idee, dass die Bit Beatss hier die Master sind *-*
Klasse ^-----------------^
Und das mit den Drachen und Tala und Bryan als Bullen und Kai n Slave und Brook n Psycho und hach *schwärm für die FF*
Die FF ist einfach geil *nodnod*
Besonders das da wo Kai und Tala in diese andere 'Welt' (??) nya 'gegangen' XD" sind. Tala als Wolf *-* Kai war bestimmt n Phönix X3
Aber dann auch wo Tala meinte
>>"Du.", sagte der Rothaarige plötzlich und durchbrach die friedliche Stille, die über dem zerstörten Raum gelegen hatte.
"Hn?" Kai zog seine Hand zurück und ließ zu, dass der Polizist sich aufrichtete und sich vor ihn kniete.
"Ich glaube, ich liebe dich."<<
Dieses 'Du, ich glaube, ich liebe dich.'
So derbst geil und waii~ *_____*
Der Schluss war toll ^-^d
Die ganze FF war toll, mehr als das ^--^

*nu schnell die nächste lesen geht*
Byezlü deine DeityYuriy *neuer treuer Fan desu*
Von: abgemeldet
2006-03-10T19:54:41+00:00 10.03.2006 20:54
...*puh*...
Ich bin jetzt voll geschafft...*grins*
Das war echt ein laaaanges Kapi..*ist echt am ende*
Aber wie immer toll! Und sooo schlimm war´s dann, zu Glück, auch nicht, dass es diesmal nicht soooo Blutig war..*kicher*
Die stelle mit der Kerze war am lustigsten. Ich hab das foherige Kapi nocheinmal zur einstimmung gelesen und bin so wieder voll in die Story eingestiegen. Ach menno...alle haben schon das wiederholt, was mir auch sooooo gut gefallen hat! *mecker*
Auf jeden fall, freu ich mich schon wenns weiter geht! *knuddel*
*dich anhimmelt*


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