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late@night

von

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Bevor alles begann

An einem sonnigen Frühlingsnachmittag, saß in aufgewecktes, sechzehnjähriges Mädchen namens Faye Yokozawa allein in ihrem Zimmer und starrte auf die Uhr. In einer viertel Stunde würden endlich ihre beiden besten Freundinnen zu ihr kommen. Jun und Kayako trafen sich fast täglich mit Faye bei einem der drei zu Hause und machten dort ihre Hausaufgaben, schauten Serien, probierten neue Frisuren aus und alberten herum. Ab und zu trafen sie sich aber auch in der Stadt und gingen shoppen, bummeln, oder schauten sich einen Film im Kino an. Was Teenagermädchen eben so machen, wenn sie nicht gerade eine ihrer pubertären Krisen durchleben.

Die drei Freundinnen kannten sich schon von klein auf und waren daher unzertrennlich. Jedoch wunderten sich eine menge Leute darüber, dass sich die schüchterne Jun, die extrem lebhafte und manchmal chaotische Kayako und die heitere aber nachdenkliche Faye so super verstanden, doch genau darauf waren sie sehr stolz und sie waren froh, dass sie einander hatten.
 

Die blumenförmige, knallbunte Uhr in Fayes Zimmer klickte zur halben Stunde. Es war schon halb fünf. Und die beiden waren immer noch nicht da. Gerade als sie überlegte, ob sie einen von beiden anrufen sollte, klingelte es auch schon an der Haustür. Sofort stürmte Faye zur Tür und riss sie fröhlich auf. Doch es war weder Kayako noch Jun zu sehen, sondern nur ein großes kräftiges Gesicht, das sie erwatungsvoll anstarrte.

Der Postbote stand mit einem Päckchen unterm Arm im Türrahmen und hielt Faye den Stift vor die Nase, damit sie unterschreiben konnte. Etwas überrumpelt ging sie ihrer Pflicht nach und nahm das Päckchen entgegen. Als er dann endlich die Tür hinausging, standen auch schon zwei vertraute Personen auf der Treppe vor dem Haus.
 

"Endlich - da seid ihr ja!", seufzte Faye und stürmte auf die beiden zu. "Ich hab mir schon Sorgen gemacht!" Lächelnd vielen sich die Freundinnen in die Arme und begrüßten sich.
 

"Tut uns echt leid, dass wir so spät kommen, aber ich musste noch schnell die Küche sauber machen - du weißt ja wie die immer aussieht, wenn ich erst mal am Werk war...", gestand Kayako.
 

"Ja, das kann man wohl sagen..." musste Faye mit einem breiten Grinsen zugeben.
 

Die ruhige Jun nickte nur mit einem süßen Lächeln.
 

"Aber egal, lasst uns endlich mal reingehen!", rief Faye während sie ihre Freundinnen, immer noch das Päckchen in den Händen haltend, vor sich her ins Haus schob.

Kaum ging die Haustür zu, raste Faye in ihr Zimmer, riss und zerrte an dem Paket bis es geöffnet war und ließ einen lauten Freudenschrei von sich hören. Verwundert starrten sich Kayako und Jun kurz an und eilten hinterher. Faye hielt zwei Videokassetten in den Händen, die sie sich bestellt und sehnlichst erwartet hatte, um unter anderem ihre Sammlung von mehreren Dutzend Anime-Videos zu vergrößern. Es waren zwei Fantasy-Animes. Somit stand der größte Teil des Tagesverlaufes fest: Videoabend! Sie alle liebten diese Art von Filmen und sie liebten es vor sich hinzuträumen und sich vorzustellen, dass sie selbst Teil eines riesigen Fantasy-Abenteuers wären. Jubelnd und voller Vorfreude stürmten die Mädchen die Küche um Getränke, Popcorn und andere Knabbereien vorzubereiten.
 

Faye lebte allein mit ihrer großen Schwester Keiko, die schon 21 war, und mit ihrem süßen kleinen Kater, den sie "Sydney" getauft hatten, in einem recht großen Haus am Rande der Großstadt. Sie hatten es gemeinsam von ihren Eltern überlassen bekommen, als diese sich entschlossen hatten im Ausland ihrer Karriere nachzugehen. Auch wenn sie sie oft vermissten genossen es beide ohne ihre Eltern zu leben, denn sie wussten, dass ihnen dadurch weitaus mehr Freiheiten offen standen, als es bei anderen in ihrem Alter der Fall war. Faye liebte ihre große Schwester über alles und sie verstand sich auch ausgezeichnet mit ihr. Ab und zu gab es zwar schon eine kleine Auseinandersetzung zwischen den beiden, aber das war immer wieder genauso schnell verflogen, wie es aufkam.
 

Fayes Zimmer war sehr groß mit zartrosa Wänden, und einem schneeweißen stickbemusterten Teppichboden. Direkt wenn man durch die Tür kam, stand dort ein gemütlich gemachtes Bett in den gleichen Farben wie Wand und Boden, mit einem süßen Häschenplüschtier. Direkt daneben war eine Couch mit rosa Überwurf und flauschigen weißen Kissen und gegenüber, zwischen Bett und Couch, stand auch schon der Fernseher samt Videorecorder auf einem drehbaren Schränkchen platziert.
 

Die Sonnenstrahlen fiehlen stets quer über das Bett durch ihr schön hell eingerichtetes Zimmer, wie man es eigentlich nur aus Katalogen für Traumeinrichtungen finden würde. Jun und Kayako liebten es jedesmal, wenn sie bei Faye waren und es sich so richtig gemütlich machen konnten.
 

Alle drei gingen zusammen in die 10. Klasse des riesigen Akimoto- Gymnasiums. Ihre Klasse hatte 27 Schüler, was dazu führte, dass es dort oft drunter und drüber ging, aber das war ihnen auch ganz recht so.

Die Häuser der Mädchen befanden sich ziemlich nah an einander. Kayako, die meist auf die merkwürdigsten Dinge kam und auch manchmal etwas zu sehr ans Schicksal glaubte, fand sogar heraus, dass ein vollsymmetrisches Dreieck entstand, wenn man auf einem Stadtplan alle drei Häuser miteinander verband. Jun und Faye staunten regelmäßig Bauklötze wenn ihre Freundin mal wieder einen ihrer typischen Einfälle hatte. Doch selbst die zurückhaltende Jun war nicht immer ganz so harmlos wie sie jeder einschätzte. Wenn es irgendetwas gab, das sie fesselte, konnte sie ihre Mitschüler durch ihre sichere Redegewandtheit oft in großes Staunen versetzen. Wer Jun zum ersten Mal sah verstand nicht sofort warum man sie als so schüchtern oder still bezeichnen konnte - wo sie doch manchmal sehr lebhaft sein konnte und mit ihren zwei Zöpfen die sie immer trug, sogar schon fast frech wirkte. Aber neben Faye und der wilden Kayako sah sie dann doch ziemlich blass aus.
 

Nachdem alle Snacks vorbereitet waren, kuschelten sich Jun und Kayako auf ihre gemütlichen Stammplätze auf dem Bett, während Faye den ersten Film in den Videorekorder einschob. Sofort huschte sie zu den anderen beiden aufs Bett und hielt in heroischer Pose die Fernbedienung nach oben, bevor es losging.

Kayako, die immer das Fernbedienungs-Kommando hatte, drückte auf den "Play"-Knopf und schon ging es los.
 

Während der Film lief lagen alle drei gespannt da und versanken mal wieder in ihrer gemeinsamen Fantasy-Welt.
 

So verträumt und fantasievoll sie jedoch alle waren, konnte keine von ihnen sich jemals ausmalen, was ihnen noch bevor stehen würde...

Klassenzuwachs

Freitag, 7.00 Uhr morgens

Faye, die vor wenigen Minuten noch schlief, versuchte gerade eins ihrer Kissen zu schnappen, um ihren sadistisch veranlagten Wecker zum Schweigen zu bringen. Mit einem letzten abgequälten Piepen knallte der Wecker auf den Teppich und verstummte.

"Na also" murmelte Faye noch im Halbschlaf, "es geht doch!".

Doch kaum fielen ihr wieder die Augen zu, vernahm sie schon ein sehr vertrautes Trampeln, das sich ihrem Zimmer näherte. Kurz darauf kam noch ein lautes "RUMS", das jedoch sogleich von dem unangenehmen Gebrüll ihrer Schwester übertönt wurde.
 

"HEY FAYE!!! WAS MEINST DU EIGENTLICH WOZU DEIN WECKER GUT IST???"
 

Das war wirklich die beste Medizin um vollkommen wach zu werden, es sei denn man hieß Faye und wollte noch schlafen - koste es, was es wolle.
 

"Lass mich doch nur noch fünf Min-"
 

"Kommt gar nicht in die Tüte, ich durfte mir schon die ganze Woche die Beschwerden deiner Lehrer anhören weil du jeden Tag verpennst!!", unterbrach Keiko ihre kleine Schwester, packte sie am Kragen und schleifte sie aus ihrem Zimmer und gegenüber ins Bad.

"So Schwesterherzchen, du wäschst dich jetzt schön brav und als Belohnung bekommst du sogar ein Luxus-Frühstück á la Keiko, ok?" , versöhnlich zwinkerte sie ihr zu.
 

"Nach dieser Folter ist das ja wohl das Mindeste was du mir anbieten kannst.", brummelte Faye, während sie sich den noch schmerzenden Nacken rieb. Mit einem letzten Grinsen schloss Keiko die Badtür und tappte zur Küche um das versprochene Frühstück vorzubereiten, während Faye ihre letzte Müdigkeit mit einer eiskalten Dusche überwältigte.
 

In der Küche angekommen verschwand ihre schlechte Laune sofort, denn ihre eigentlich sehr herzige Schwester hatte ihr nicht zuviel versprochen. Es gab alles, was Faye gern zum Frühstück aß - von Rühreiern bis hin zu leckeren süßen Pfannkuchen mit Sirup. Euphorisch sprang sie der Älteren in die Arme.
 

"Du versuchst doch wirklich alles um mich in die Schule zu treiben, oder?"
 

"Natürlich - ich will doch nicht, dass du in der Schule Ärger bekommst", schleimte Keiko theatralisch bemutternd. "Und nebenbei ist es auch eine ziemlich große Erleichterung für mich, wenn ich mir mal keine Ausrede für dich ausdenken muss", fügte sie halb zum Scherz, halb ernst gemeint hinzu.

Damit gab sich Faye zufrieden und mampfte seelig ihr Frühstück.
 

Auf dem Weg in die Schule traf sich Faye wie jeden Morgen unter der Woche mit Kayako und holte mit ihr Jun ab, die am nähesten an der Schule wohnte.
 

"Hatten wir irgendwelche Hausaufgaben bis heute auf?", fragte Kayako routiniert.
 

"So ne Frage kann ja mal wieder nur von dir kommen, Kay!", sagte Faye kopfschüttelnd.
 

"Ja stimmt. Es wäre ganz was Neues, wenn sie tatsächlich mal alles mitbekommt, was uns die Lehrer aufgeben.", bestätigte Jun nickend.
 

"Hey, hey Moment mal! Das ist doch nicht meine Schuld wenn alle vor der Glotze hocken, anstatt sich um die Hausaufgaben zu kümmern. Ihr wisst doch genau, dass nie was draus wird wenn wir erst mal mit Serien anfangen!", verteidigte sich Kayako schnell.
 

"Ja sicher! Gib uns doch die Schuld für deine Vergesslichkeit. Wir haben unsere Hausaufgaben immerhin gemacht - im Gegensatz zu dir..."

Dazu viel Kayako nichts mehr ein und sie musste sich wohl oder übel geschlagen geben.
 

Der restliche Weg zur Schule bestand nur noch aus einer ruhigen und ziemlich unbewohnten Straße, die von einigen Bäumen und Pflanzen verziert war. Von außen sah die Schule so etwa aus wie ein modernes Einkaufscenter: Außen war es rundum mit Fenstern ausgestattet und hatte eine lang gezogene Achteck-Form. Der Rest des Schulgrundstückes bestand aus einer großen, blumenbeschmückten Grasfläche mit Pfaden und Bänken. Durch die Ordnung und Pflege hatte alles eine große Ähnlichkeit mit einem wunderschönen Park. Die Schule wurde mit hohen Stahlzäunen und einem riesigen Tor als Eingang von der Straße abgegrenzt, was allerdings trotzdem noch ziemlich modern wirkte.
 

Als Faye mit ihren beiden Freundinnen nach dem 10-Minuten-Schulweg endlich das Klassenzimmer betrat, merkten sie, dass irgendetwas nicht stimmte. Alle saßen auf ihren Plätzen und gaben keinen Laut von sich, sondern schauten nur steif zu den etwas später eintreffenden Klassenkameradinnen hinüber. Doch schon gleich merkten die drei, dass nicht nur ihre Lehrerin, Frau Wakamoto, sondern auch der Schuldirektor höchstpersönlich vor der Tafel stand und sie erwartungsvoll ansah.
 

"Setzt euch bitte!", sagte er und wies mit seiner Hand auf ihre Plätze, die sich nebeneinander im gleichen Eck befanden.

Jun, Kayako und Faye tauschten verwunderte Blicke aus und setzten sich. Erst jetzt bemerkten sie, dass einige Schritte neben dem Direktor drei Schüler standen. Doch wie man an den neugierigen Blicken erkennen konnte, schien kein einziger aus ihrer Klasse auch nur einen der Jungs zu kennen.
 

"Das hier sind eure neuen Mitschüler.", fuhr der Dirktor fort. "Stellt euch bitte vor!", sagte er dann und nickte den drei gar nicht mal unattraktiven Jungs zu.
 

"Ich heiße Kazuya Shirou und bin 16 Jahre alt.", stellte sich der erste Junge vor. Er war ziemlich muskulös und trug eine stylische Igelfrisur. Verlegen lächelte er kurz und schaute auf seinen rechten Nachbar.
 

"Mein Name ist Rick Segawa und ich bin auch 16."

Sein Auftreten und die Art wie er redete verriet, dass er ein lustiger Kerl zu sein schien, mit dem man jede Menge Spaß haben konnte. Mit einem frechen aber süßen Grinsen sah er sich in der Klasse um. Auch er sah umwerfend aus und er ähnelte auch etwas dem dritten Jungen. Dieser stellte sich als Tanaka Segawa vor und tatsächlich war dieser, wie man am identischen Nachnamen feststellen konnte, Ricks älterer Bruder. Er war der einzige, dem nicht zum Lachen zumute war. Ernst schaute er kurz in der Klasse umher, dann wieder gleichgültig zu Boden.
 

"So, damit wäre das geklärt...Frau Wakamoto, sie können nun mit ihrem Unterricht beginnen." Mit einem letzten Nicken zur Klasse, verließ der Direktor den Raum und ließ die "Neuen" dort zurück.
 

"Nun gut, das kommt uns ja mal gerade recht, nicht war ihr drei??" Mit einem Blick, den Kayako, Jun und Faye bis auf den Tod hassten, blickte die Lehrerin grinsend in ihre Ecke.
 

"Oh Mist - ich dachte sie hätte es schon längst vergessen uns auseinander zu setzen!", flüsterte Kayako entsetzt, die schon ahnte was Frau Wakamoto vorhatte.
 

"Ja, das dachte ich auch; und dabei haben wir uns doch die letzten paar Tage so mit dem Schwätzen zurückgehalten...", seufzte Faye.
 

"Oje - die will uns doch nicht etwa mit den drei Neuen vermischen, oder?", fragte Jun erschrocken, während sie einen unauffälligen Blick zu den Jungs warf.
 

"Habt ihr's bald? Oder wollt ihr noch länger rumquatschen?", rief Frau Wakamoto ungerührt in die Runde. "So, wie machen wir das am besten? Ah, ich hab's - du, Faye, setzt dich mit Rick an einen Tisch in der ersten Reihe, dann lasst ihr zwei Tische frei und dann kommen Kayako und Kazuya an den nächsten Tisch, dort hab ich euch wenigstens richtig im Auge."
 

Mit einer düsteren Miene tauschte Kayako einen schnellen Blick mit Faye aus, die ebenso empört über die neue Sitzordnung war.
 

"So und Jun setzen wir mit Tanako in die Mitte der zweiten Reihe, die redet ja nicht ganz soviel wie ihr beide.", sagte die Lehrerin zuckersüß.

Diesmal kassierte Frau Wakamoto sogar einen bösen Blick von Jun, was sie allerdings nicht sonderlich zu beeindrucken schien. Nach diesen letzten Worten lächelte sie wieder so unschuldig, dass ihr Kayako, Jun und Faye am liebsten alle gleichzeitig an den Hals gesprungen wären.

Als die Plätze dann endlich getauscht worden waren, fuhr die Lehrerin heiter mit dem Unterricht fort, als sei nie etwas gewesen. Wie konnte sie nur?

"So, Kinder. Holt eure Englischbücher raus, Seite 21..."
 

Als es nach der endlos langen Schulstunde endlich zur Pause klingelte, ging ein erleichtertes Seufzen durch die Klasse. Ebenfalls erschöpft verließ Frau Wakamoto den Klassenraum und Jun und ihre Freundinnen stürmten sofort auf ihre Stammplätze zu, die aus einer alten Sofa-Sitzecke im hinteren Zimmer bestanden.
 

"Oh Mann, wie ich diese Frau verabscheue!!", regte sich Kayako auf, womit sie große Zustimmung von beiden bekam.
 

"Wie kommt sie dazu mich einfach so meilenweit von euch weg zu setzen? Wir sind nicht mal mehr in derselben Reihe...", sagte Jun traurig.
 

"Hm.....", überlegte Faye wieder etwas nüchtern und zeigte auf die drei Neulinge. "...aber was sagt ihr denn eigentlich zu unseren neuen Tischnachbarn?"

Alle drei schauten gleichzeitig zu den Jungs und mussten sich ein eindeutiges Grinsen verkneifen.
 

"Na ja, die sehen doch ganz nett aus, oder?", meinte Kayako, und versuchte dabei so gelassen wie möglich zu wirken. Faye und Jun wussten natürlich, dass sie mit einem "die sehen doch ganz nett aus" in Wirklichkeit so etwas wie "omg, die sind der absolute Oberhammer" meinte, und verfielen in ein auffälliges Gekicher. Doch sie verstummten sofort wieder, als alle drei Jungs fragend zu ihnen hinüber blickten.
 

"Kaya - ich bin ganz deiner Meinung!", flüsterte Faye schließlich, als sich die verwirrenden Blicke der Neulinge wieder abwandten. "Vielleicht sollten wir mal zu ihnen rüber gehen und mit ihnen reden.....schau doch nur - keiner kümmert sich um die drei."
 

"Du hast Recht, lass uns gehen" stimmte Kayako ihr nach kurzem Überlegen zu und sprang vom Sofa auf.
 

"Mo-moment mal! Ihr meint jetzt? Jetzt gleich?? Oh nein - ohne mich!! Ihr könnt das alleine durchziehen, ich bleibe hier!", weigerte sich Jun, die meist noch unsicher war wenn es um Jungs ging - vor allem dann, wenn sie sie noch nicht kannte.
 

"Ach komm schon, Jun, was ist denn schon dabei! Viel mehr als jetzt können wir uns eh nicht mehr blamieren...!", sagte Faye optimistisch.

Dem konnte sie beim besten Willen nichts mehr entgegnen und so machte sie sich geschlagen mit Kayako und Faye auf den Weg zu dem Tisch, an dem Kazuya, Rick, und Tanako saßen und sich unterhielten. Die Mädchen verteilten sich auf Tische und Stühle zwischen den Jungs und grüßten die Unbekannten.

Kayako, die mittlerweile selbst etwas nervös wurde, machte den Anfang.

"Hi! Ich bin Kayako und das sind meine Freundinnen Jun und Faye!"
 

"Hi!", antwortete Rick, wieder mit dem gleichen süßen lächeln, mit dem er vorher schon die Hälfte der Mädchen in Ohnmacht versetzt hatte.

Auch Kazuya grüßte zurück, doch Tanako musterte sie nur mit kritischer Miene.
 

"Aber eure Namen kennen wir ja schon seit Beginn der Stunde...", fügte Kazuya mit einem verschmitzten Lächeln bei.

Schlagartig liefen Faye und ihre Freundinnen mal wieder knallrot an. Na super! Das war ja ein großartiger Start! Schon zu Beginn waren sie für die Jungs "die Mädchen, die vor lauter Quatschen auseinander gesetzt werden mussten"!
 

"Und...woher kommt ihr?", lenkte Kayako geschickt ab, woraufhin ihre Freundinnen dankbare Blicke austauschten.
 

Die Jungs sahen sich kurz an als wollten sie sich beraten.

"Wir wohnten früher in einer winzigen Kleinstadt, die sehr weit von hier entfernt ist. Jetzt wohnen wir zu dritt in einer Wohnung hier in der Innenstadt" antwortete Kazuya.
 

Faye wurde sofort hellhörig. "Und was ist mit euren Eltern?"
 

"Unsere Eltern waren der Meinung wir könnten hier besser lernen auf uns selbst gestellt zu sein und sie fanden, dass die Schule hier besser sei als unsere alte...", antwortete Rick ernst.

Jun sah ihn lange an. Er sah nun doch etwas traurig aus. Ob er die ganze Zeit nur so fröhlich tat?
 

"Wie alt seid ihr drei eigentlich?", wollte Tanako, wenn auch nicht unbedingt mit großer Überzeugung, wissen.
 

"Wir sind alle 16. Aber Faye ist die älteste und Jun die jüngste von uns."
 

Kayako sah auf den Boden als sie merkte wie keiner mehr etwas sagte. Es war sehr seltsam sie so ruhig und zurückhaltend zu sehen und Faye ging plötzlich ein Licht auf. Jun sah Faye, die auf einmal breit vor sich hin grinste, fragend an.

"...was?!", mimte sie ihr unauffällig zu.

Faye zuckte nur kurz mit dem Kopf erst zu Rick, dann zu Kayako.

Sofort schoss Juns Kopf in deren Richtung und auch auf ihre Lippen zog sich ein Schmunzeln.

Nach kurzem Überlegen entschied Faye zu improvisieren und verkündete eine - ihrer Meinung nach - fantastische Idee.

"Hey, habt ihr drei nicht Lust morgen mit uns weg zu gehen? Wir könnten euch etwas die Stadt zeigen und vielleicht auch ins Kino gehen, oder so. Na was meint ihr?"
 

"Hm... eigentlich gar keine schlechte Idee!", bestätigte Rick und sah fragend die anderen beiden an.
 

"Ja klar - warum nicht? Was ist mit dir Tanako?"
 

Tanako war der einzige, dem dieses Gespräch anscheinend völlig egal war. Er nickte nur schulterzuckend und verfiel dann wieder in seine stör-mich-nicht-und-sprich-mich-erst-recht-nicht-an-Aura.
 

"Coole Sache!", sagte Kayako und versuchte sich nicht von seiner nicht vorhandenen Euphorie verunsichern zu lassen. "Wird ja sicher ganz lustig werden."

Bevor sie aber noch weitere Details besprechen konnten klingelte es wieder und die Pause war vorbei.
 

"Na gut, wir können ja später weiter reden, ok?", sagte Faye noch schnell, bevor sie sich wieder alleine mit Rick an ihren neuen Platz setzte.

"Ja, geht klar", sagte Kazuya mit einem Zwinkern über Kayako hinweg. Faye lächelte locker zurück, setzte sich aber mit hochrotem Kopf.

Der Junge wusste durchaus wie man Mädchen schwach machen konnte...
 

~
 

Nach dem Unterricht warteten die Mädels auf einer Bank vor dem Schulgebäude auf die Nachkömmlinge.
 

"Oh Mann, hoffentlich kommen die bald.", sagte Kayako ungeduldig während sie nervös mit ihren Beinen wippte.
 

"Sag mal, Kaya...findest du einen von ihnen süß, oder warum verhältst du dich auf einmal so seltsam?", fragte Faye ohne Umschweife um sicher zu sein, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag.
 

"Was?? Nein! Also... es geht...sie sind halt...nett...!"

Daraufhin legte selbst Jun den Kopf schief und blickte sie ungläubig an.
 

"Pah! Erzähl uns doch nichts, wir sind doch nicht blind!", rief Faye amüsiert. "Und außerdem: Was wären wir denn für Freundinnen, wenn wir so was nicht merken würden?", fragte sie mit erwartungsvollem Blick.
 

"Jaaa, gut - ihr habt ja Recht...", gestand sie zögerlich.
 

"Und?? Wer ist es? Los sag schon!!", drängten Jun und Faye ihre Freundin.
 

"Also....na ja...."
 

"...Ja...??", riefen Jun und Faye gleichzeitig und platzten schon fast.
 

"...es ist...Rick...", sagte Kayako so leise, dass sie es selbt kaum verstand.
 

"HA! Wusste ich's doch!", sagte Faye vergnügt und hielt siegesbewusst ihre Faust nach oben.
 

"Ach ja?! Hat man das etwa so sehr gemerkt?", fragte Kayako besorgt und sah sie mit großen Augen an.
 

"Nein, nein, ich denk mal nicht, dass es einer von ihnen bemerkt hat. Aber gleich morgen kannst du ja versuchen ihn ein bisschen näher kennen zu lernen.", sagte Faye munter und stieß Kayako dabei leicht in die Seite.
 

"Naja, versuchen kannst du es ja mal. Wer weiß? Vielleicht gefällst du ihm ja auch..."stimmte Jun zuversichtlich zu.
 

"Na ja...mal sehen.", sagte Kayako verlegen während sie mit ihrer Fußspitze Kreise in den Sand bohrte.
 

"Hey, musstet ihr lange warten?", ertönte plötzlich eine laute, kräftige Stimme neben ihnen, wobei sie fast vor Schrecken von der Bank fielen.
 

"Ähm...nein!", antwortete Faye, die sich als erste wieder gefasst hatte, schnell und lachte nervös vor sich hin.
 

"Dann ist ja gut - wir dachten schon ihr wärt ohne uns losgelaufen.", sagte Rick erleichtert. Dabei musste er dummerweise ausgerechnet Kayako wieder mal mit seinem unerhört süßen Lächeln ansehen, woraufhin sie sich geschockt abwandte um nicht wieder die Beherrschung zu verlieren.
 

"Also dann lasst uns mal gehen...", schlug Faye vor, um zu verhindern, dass ihre missliche Lage aufflog.
 

Und so machten sich die sechs auf den Heimweg und plauderten hier und da miteinander.
 

"Sagt mal, wann und wo wollen wir uns morgen eigentlich treffen?", wollte Kazuya wissen, als sie die schmale Gasse der Innenstadt entlang liefen.
 

"Wenn ihr Zeit habt können wir uns ja um 14.00 Uhr am Brunnen-Denkmal in der Stadtmitte treffen. Danach ein wenig Bummeln, was essen gehen und einen Film anschauen.", schlug Faye vor und musterte einen nach dem anderen.
 

Rick war sofort Feuer und Flamme.

"Alles klar - wir sind da! Die Uhrzeit ist doch ok, Jungs, oder?"

Kazuya nickte, Tanako zuckte wieder gleichgültig mit den Schultern.
 

Somit war es beschlossene Sache.

Nachdem Jun nach Hause begleitet wurde, verabschiedeten sich alle von ihr und die restlichen fünf gingen alleine weiter. Kayako hatte nun umso mehr Herzklopfen, starrte nur noch auf den Boden und bekam den ganzen restlichen Weg keinen Ton mehr heraus, während sich Faye die ganze Zeit munter mit den Jungs unterhielt. Nach einer Weile stupste Rick, der zufällig gerade neben Kayako lief, ihr in die Seite und sah sie an. Als sie zu ihm herauf sah, hatte sie das Gefühl, als könnte er ihren Herzschlag hören, oder die Röte sehen, die ihr in diesem Moment ins Gesicht stieg.
 

"Was hast du denn? Du bist so ruhig...", sagte Rick und schaute sie besorgt an.
 

"Nein, es geht mir gut.....wirklich, ich hab nichts! Ich ...ähm, bin nur etwas müde...", stammelte Kayako verwirrt und senkte den Blick, in der Hoffnung Rick würde wieder weg sehen. Doch er sah sie immer noch an und lächelte.

Irgendwie gefiel sie ihm...
 

Der kurze Weg nach Hause kam Kayako wie ein 5-Kilometer-Marsch vor und sie war froh, als sie endlich in ihrer Straße ankamen und ihr Haus in Sicht war.
 

"Also dann bis morgen. Und komm nicht wieder zu spät!", rief Faye ihr mit einem Zwinkern zu.
 

"Ach was, nein - ich doch nicht!", gab Kayako lachend zurück und winkte lahm.

Sie stand sie noch vor der Türschwelle und sah ihnen nach - oder besser gesagt sah sie Rick nach. Sie wünschte sich, dass er sich noch mal umdrehte, um nur noch ein letztes Mal sein Gesicht zu sehen. Und tatsächlich drehte er sich im selben Moment zu ihr um und lächelte ihr zu, winkte kurz und lief dann weiter.

Als er sich endlich wieder umgedreht hatte, riss sie die Haustür auf, stürmte in ihr Zimmer, schleuderte ihre Schultasche ins Eck und warf sich kichernd aufs Bett. Ihre Vorfreude auf den nächsten Tag war unbeschreiblich
 

Faye war sehr gerührt, dass sie und ihre Freundinnen nach Hause begleitet wurden, vor allem weil sie sich doch gerade erst kennen gelernt hatten.
 

"Bye - und vielen Dank fürs Heimbringen. Das war wirklich sehr nett von euch!", sagte Faye zum Abschied.
 

"Ja, bis morgen. Es war übrigens schön euch alle kennen zu lernen, ihr seid wirklich sehr nett...!", sagte Kazuya während er Faye zum Abschied die Hand gab. Auch Rick und sogar Tanako winkten ihr noch mal bevor sie sich endlich auf den Heimweg machten. Alle drei Mädchen dachten noch lange an den vergangenen Schultag und das was sie am nächsten Tag erwarten würde. Doch Kayako war die einzige von ihnen, die bis tief in die Nacht wach lag und an Rick dachte.
 

~
 

Schon fast noch in der Nacht erwachte Kayako sehr früh für ihr Verhältnisse und obwohl sie kaum geschlafen hatte, war sie nicht einmal müde. Sie stand auf, schlüpfte in ihre Tigertatzen-Hausschuhe und ging ins Bad um sich zu waschen. Zu schlafen war nun sowieso nicht mehr möglich. Als sie wieder in ihr Zimmer kam, wusste sie nichts mit sich anzufangen und es waren noch neun lange Stunden, bis sie sich mit ihren Freunden traf. Kayako beschloss sich anzuziehen und schon mal zu Frühstücken, aber erst als sie den Kühlschrank öffnete und sich ratlos eine Weile darin umsah, bemerkte sie, dass sie gar keinen Hunger hatte. Also schloss sie die Kühlschranktür wieder, setzte sich auf einen Stuhl und sah durchs Fenster nach draußen. Da es noch immer erst kurz vor 5 Uhr war, war es draußen fast stockdunkel. Es fing gerade zu dämmern an. Zielsicher schnappte sich Kayako ihre Jacke und ihren Hausschlüssel, zog Turnschuhe an und verließ die Wohnung. Sie war sonst kein großer Fan von Spatziergängen, doch an diesem Morgen wurde sie förmlich nach draußen gezogen.
 

Die frische Luft tat ihr sehr gut. Während sie loslief und den Himmel sah, der langsam und sehr schwach von der bald aufgehenden Sonne angestrahlt wurde, musste sie wieder an Rick denken. Dabei wollte sie sich doch, wenn möglich, den ganzen Morgen lang ablenken. Sie seufzte und begann richtung Innenstadt zu rennen. Dort gab es einen großen Turm, der durch eine Gerüst-Treppe zu besteigen war. Oben auf der Plattform war ein kleines Bistro, das um diese Tageszeit aber noch geschlossen war, mit draußen aufgestellten Sonnenschirmen, Tischen und Stühlen.
 

Als Kayako endlich auf der Plattform stand, ging sie hinüber an das Geländer und schaute auf die Stadt hinunter. Dann sah sie in die Ferne. In diesem Moment ging gerade die Sonne auf und erhellte die ruhende Großstadt. Die Hügel der weit entfernten Weinberge wurden langsam vom warmen Licht der Sonne überzogen. Doch neben der blendenden Sonne, war noch ein anderes grelles, und bedeutend kleineres Licht zu sehen, das sich langsam als Strahl ihrem Blickfeld näherte. Kayako sah es ganz genau, aber sie konnte nicht erkennen was dieses kometenartige Etwas war.

"...eine Sternschnuppe...", flüsterte sie fasziniert und schloss die Augen um sich etwas zu wünschen und nach einer Weile vergaß sie schon wieder was sie gesehen hatte und malte sich aus, wie der bevorstehende Tag wohl ablaufen würde.

Drei x Zwei

Kurz nachdem die ersten Sonnenstrahlen gleichmäßig durch die Spalte der Jalousien drangen und das Zimmer erhellten, wachte auch Jun auf. Sie liebte es von dem schönen warmen Licht der Morgensonne geweckt zu werden.

Jun lebte in einer kleinen Wohnung mit ihren zwei Tanten. Die ältere der beiden, Tante Reiko, war für ihr Alter sehr lebhaft und aufgedreht. Sie war immer am Lachen und schien ein sehr unbeschwertes, glückliches Leben zu führen. Tante Ami hatte zwar auch ein sehr sonniges Gemüt, aber mit ihr konnte Jun am besten über Probleme oder Gefühle reden, während Tante Reiko meist eher für gute Laune sorgte und Jun aufheiterte, wenn sie schlecht drauf oder gar traurig war. Juns Eltern hatten sich scheiden lassen als sie noch sehr klein war und kurz darauf starb ihre Mutter bei einem Autounfall. Ihr Vater hielt es jedoch für das Beste, dass sich ihre Tanten um sie kümmerten, da sie nie ein sehr gutes Verhältnis zu ihm hatte und sich auch sowieso besser mit Tante Ami und Tante Reiko als mit ihm verstand. Jun hatte außerdem noch eine Cousine, die Akiko hieß und zurzeit in den USA ihr zweites Sprachlernjahr machte und diesen Sommer wieder zurückkommen würde. Leider hatte sie nie die Gelegenheit gehabt sich großartig mit ihr anzufreunden, weil sie seit dem Unfall ihrer Mutter sehr lange keinen Menschen - bis auf Kayaka und Faye - an sich heran gelassen hatte. Nachdem sie ganze 3 Jahre bei ihren Tanten gelebt hatte, war Akiko auch schon fort gegangen und sie hatte auch vorher nie ein besonderes Verhältnis zu ihr gehabt.
 

Als Jun, nachdem sie sich angezogen hatte, in die Küche trat, waren ihre beiden Tanten gerade dabei den Tisch zu decken um zu Frühstücken. "Guten Morgen!", grüßte Jun sie lächelnd.

"Guten Morgen, Kleines! Na, hast du gut geschlafen?", wollte Tante Ami wissen, während Tante Reiko gerade im Kühlschrank herumwühlte.

"Ja - sehr gut! Ich gehe heute mit Faye, Kayaka und drei neuen Freunden in die Stadt. Ihr habt doch nichts dagegen, oder?"

Tante Reiko schüttelte lächelnd den Kopf. "Aber nein - geh nur! Wir freuen uns doch wenn du was mit deinen Freunden unternimmst.", sagte sie fröhlich.

Jun sah sie lächelte ihr dankend zu und setzte sich an den Tisch, damit das Frühstück beginnen konnte.
 

Auch Faye wachte bald auf und strahlte bis über beide Ohren, denn sie freute sich sehr auf das Treffen mit ihren Freunden. Weil sie bei ihren neuen männlichen Klassenkameraden einen guten Eindruck machen wollte, machte sie sich etwas mehr zurecht als sonst und formte sogar aus ihren glänzenden, langen Haaren eine wunderschöne, jedoch komplizierte Frisur. Daraufhin durfte sie sich mal wieder einige von Keikos neckenden Sprüchen anhören, weil sie sich auf einmal so schick machte. Faye antwortete nur, dass sie ja nur neidisch wäre, weil sie keine Verabredung hätte und Keiko verließ mit einem übertriebenen Lachen, das vermutlich einen harten Rückschlag vertuschen sollte, Fayes Zimmer.
 

Inzwischen war Kayaka auch wieder zu Hause angelangt und hüpfte unter die Dusche um sich langsam auch mal fertig zu machen.

Sie wohnte in einem Einfamilien-Haus zusammen mit ihrer Mutter und ihrer kleinen 10-jährigen Schwester Sakura. Kayakas Vater hatte die Familie verlassen, oder wurde besser gesagt von ihrer Mutter aus dem Haus geworfen, als sich herausstellte, dass er eine Affäre mit einer seiner Arbeitskollegin hatte. Für Sakura war es anfangs noch recht schwer sich an ein Leben ohne ihren Vater zu gewöhnen, auch wenn ihre Mutter ihre Bezugsperson war. Kayaka jedoch kümmerte es allerdings nicht besonders keinen Vater mehr um sich zu haben. Auch sie hatte früher Probleme mit ihm und so hatten Faye, Kayaka und Jun wieder mal etwas gemeinsam. Sie alle wohnten ohne Vater oder ganz ohne einen Elternteil, aber das schweißte sie umso mehr zusammen. Sie waren wie Schwestern füreinander und das sollte auch immer so bleiben.
 

Nachdem Kayaka fertig mit Duschen war und anschließend ihren halben Kleiderschrank auseinander genommen hatte, um etwas Passendes zum Anziehen zu finden, war sie am verzweifeln. Es war ihr nämlich äußerst wichtig gut auszusehen - schon allein wegen ihrem neuen Schwarm. Sie fragte sich auch immer wieder, wie Rick eigentlich über sie dachte und ob er sie nur halb so interessant und attraktiv fand wie sie ihn. Doch das tat in diesem Moment nicht viel zur Sache, denn sie stand immer noch verloren in ihrem verwüsteten Zimmer zwischen ihren vielen Kleidern in allen Farben und Formen, die überall zerstreut auf dem Boden lagen. Kurzerhand darauf beschloss sie, als letzte Hoffnung Faye und Jun anzurufen und sie um Hilfe zu bitten. Immerhin war es erst 12.00 Uhr und sie würden noch genug Zeit haben um sich schick zu machen. Da Faye und Jun wussten, wie ernst es Kayaka war, entschlossen sie sich selbstverständlich ihrer Freundin aus der Patsche zu helfen und fuhren mit ihren Fahrrädern schnell zu ihr rüber. Bis die drei ein perfektes Outfit samt Frisur ausgesucht hatten, war es schon fast halb zwei. Aber der große Aufwand lohnte sich, denn sie alle sahen umwerfend aus. Zwar hatten sie es nicht übertrieben und auch keine extreme Schönheitsumwandlung an sich vorgenommen, aber für die erste Verabredung mit Rick, Kazuya und Tanako war es geradezu perfekt, auch wenn Jun und Faye nicht annähernd so verrückt nach einem von ihnen waren wie Kayaka.

Nach einem letzten Blick in den Spiegel waren die drei Mädchen auch schon auf dem Weg zur Stadtmitte, wo ganz in der Nähe des Turms ein großer Brunnen den Marktplatz markierte. Genau dort wollten sie sich auch mit Tanako, Rick und Kazuya treffen. Die große Turmuhr im Zentrum schlug zweimal laut, so dass es in der gesamten Stadt zu hören war.
 

Am Brunnen angekommen, sahen sie auch schon die drei Jungs auf einer Bank sitzen.

"Hey, da seid ihr ja.", freute sich Kazuya. Auch Rick und Tanako standen kurz darauf auf und liefen den Mädchen lächelnd entgegen. Nachdem sich alle begrüßt hatten, hakten sich die Mädchen bei den Jungs ein und machten sich auf den Weg zum Kino, wobei Jun und Faye sich natürlich sofort auf Tanako und Kazuya stürzten damit Rick und Kayaka gezwungenermaßen zusammen laufen mussten. Kayaka wusste jedoch nicht ganz recht, ob sie ihren beiden Freundinnen böse, oder dankbar sein sollte.

Als sich herausstellte, dass der Film, den sie schauen wollten, erst in einer Stunde lief, überlegten alle was sie in der Zwischenzeit unternehmen könnten.

"Lasst uns doch ein wenig in Geschäften rumlaufen, das unterhält uns eine Weile.", schlug die einkaufslustige Faye vor. Doch Kayakas Magen war strikt dagegen und ließ ein lautes Knurren von sich hören.

"Oh, Mist! Ich hab ja heute ganz vergessen noch was zu essen ...!", sagte sie und haute sich gegen die Stirn.

"Na ja, das trifft sich doch ganz gut, wir sind doch sowieso zu früh dran. Wie wär's wenn wir erst mal was essen gehen, Leute?", fragte Rick und schaute in die Runde. Da alle einverstanden waren suchten sie einen Schnellimbiss auf und schlugen sich dann erst einmal die Bäuche voll, wobei sie sich auch schon wieder etwas näher kennen lernten.

Nachdem alle gesättigt waren und wieder zurück zum Kino liefen, bemerkte Kayaka plötzlich, dass sie ihren Geldbeutel verloren hatte.

"Oh je! Ich hab ihn bestimmt am Schnellimbiss liegen lassen.", sagte sie und schaute dabei Faye und Jun hilflos an.

"Ja, das kann sein...! Los, wir gehen mal nachschauen. Ihr könnt ja schon mal die Kinokarten kaufen." Mit diesen Worten packte Faye Kayaka beim Arm und zog sie wieder über den Weg, den sie vorher gegangen waren zurück.

"Ähm, ja ok. Wir warten dann draußen auf euch...!", rief Jun, die nun ganz alleine mit Kazuya, Tanako und Rick dastand und ihren Freundinnen verzweifelt nachsah.

Während Faye Kayaka immer noch wie wild durch die Gegend zerrte, wurde Kayaka langsam misstrauisch. Geschickt riss sie ihren Arm frei und schaute Faye erwartungsvoll an.

"Sag mal, kannst du mir mal verraten was das Theater gerade sollte?", fragte sie aufgeregt.

"Selbstverständlich kann ich das!", erwiderte Faye gelassen. "Also, damit das mal klar ist: Ich werde im Kino keine Ruhe geben, ehe du dich nicht neben Rick gepflanzt hast, verstanden?!"

"Was? Aber das...das ist doch unfair...", antwortete Kayaka beleidigt, denn sie wusste genau, dass Faye ernst machen würde. Immerhin kannte sie ihre Freundin gut genug. "Ich sterbe wenn ich den ganzen Film neben ihm sitzen muss, das kann mein armes kleines Herz unmöglich verkraften.", sagte Kayaka verzweifelt.

"Ach komm schon, Kayaka! Das kriegst du schon hin und außerdem willst du ihn doch auch etwas besser kennen lernen... ansonsten wird das doch nie was und das ist doch die Gelegenheit, oder nicht?"

Kayaka seufzte. "Ja, du hast ja recht..."

"Na also!", sagte Faye zufrieden, "so gefällst du mir!"

Die einzige Antwort, die Kayaka dazu noch einfiel war ein kräftiger Stoß in Fayes Rippen. Doch es schien sie nicht zu stören, denn sie rannte fröhlich voraus zur Imbissbude, die nur noch wenige Meter entfernt war. Tatsächlich wurde Kayakas Geldbeutel dort gefunden und von der netten Verkäuferin ausgehändigt.
 

Während Rick mit Kazuya in der Schlange stand um, wie versprochen schon mal die Kinokarten zu kaufen, stand Jun alleine mit Tanako vor dem Kino auf der Straße um auf Faye und Kayaka zu warten und versuchte sich ein wenig mit ihm zu unterhalten, was ihr allerdings gar nicht mal so schwer viel wie sie immer geglaubt hatte. Sie stellte fest, dass sie sich recht gut mit ihm verstand. Auch wenn er nicht sonderlich aufgeschlossen war, lief das Gespräch recht gut.

Sie hätte gerne noch etwas länger mit ihm geredet, doch da kamen Faye und Kayaka auch schon wieder zurück und sammelten die auf der Straße stehenden Freunde ein, um endlich ins Kino zu gehen.

Kurz nachdem alle mit ihren Popcornbechern und Getränkeflaschen den riesigen Kinosaal betraten und vor der Reihe, in der sie sitzen sollten, standen, schob Faye Kayaka mit einem Schubs direkt neben Rick, um zu erreichen, dass sie sich nebeneinander setzten. Faye wusste nämlich ganz genau, dass Kayaka, auch wenn sie es versprochen hatte, sich immer noch weigern würde sich neben Rick zu setzen oder zumindest so tun würde, als habe sie es vergessen. So kam es, dass Rick ganz außen und Kayaka neben ihm Platz nehmen musste. Danach ging die Sitzreihenfolge natürlich mit Faye und Kazuya weiter und endete mit Jun und Tanako.

Als der Film begann, schaute Faye noch mal mit ihrem fiesesten Grinsen zu Kayaka rüber, die angespannt auf ihrem Platz saß.

"Dafür hasse ich dich!", sagte Kayaka böse über Ricks Schulter hinweg, wobei sie sich jedoch ein gleichzeitiges Lächeln verdrücken musste, denn insgeheim war sie erleichtert, dass sie tatsächlich ganz alleine neben ihm saß. Sie konnte es aber einfach nicht lassen, ihn während des Films mindestens alle paar Sekunden aus dem Augenwinkel anzusehen.

Nach einer Weile drehte sich auch Rick unerwartet zu Kayaka um und sah ihr tief in die Augen. Kayaka erschrak dabei so sehr, dass sie sich dummerweise an der Cola, die sie gerade trank, so sehr verschluckte, dass ihr plötzliches, lautes Husten im ganzen Saal zu hören war und großes Aufsehen erregte. Als sie sich wieder beruhigt hatte und die gesamte Aufmerksamkeit der Zuschauer langsam wieder dem Film galt, saßen Faye und auch Jun mit hochroten Köpfen da und Lachten sich immer noch über Kayakas, mal wieder typisches Missgeschick, kaputt. Selbst Rick konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen und da er nicht wollte, dass es Kayaka unangenehm war, hielt er sich unauffällig die Hand vor den Mund. Nachdem auch er sich wieder beruhigt hatte, legte Rick seine Hand zurück auf die Armlehne und stellte erschrocken fest, dass dort schon Kayakas Hand lag. Kayaka durchfuhr es in diesem Moment blitzartig, ihr wurde kochend heiß und ihr Herz schlug wie wild. Sie wartete darauf, dass Rick seine Hand schnell wieder weg zog, da es ja ein Versehen war, doch vergebens - denn er ließ sie genau dort wo sie war und schaute zufrieden auf die Kinoleinwand als sei nichts geschehen.

Als der Film zu Ende war und die sechs neuen Freunde vor dem Kino standen, wurde vorerst noch heftig über den Film und die verschiedenen Stellen daraus gelacht und geredet. Doch nach einer Weile ging der Gesprächsstoff aus und alle waren am Überlegen was sie als nächstes unternehmen sollten.

"Hm, wie wäre es, wenn wir ein wenig im großen Stadtpark rumlaufen würden? Da gibt es auch sicher einiges, was man dort machen könnte", schlug Faye vorsichtig vor und wartete auf die Reaktion der anderen. Dass Jun und Kayaka einverstanden sein würden war ihr ja schon ziemlich klar, doch sie war am zweifeln ob die Jungs diesen Vorschlag auch akzeptieren würden. Aber zu ihrer Überraschung fanden die Jungs diese Idee gar nicht übel - im Gegenteil! Sie schauten sich an und nickten ihr daraufhin einstimmig zu.

"Hey, das ist gar kein schlechter Einfall. Wir haben schon von diesem Park gehört und es soll wirklich schön dort sein", sagte Rick begeistert.

"Ja - ich hab gehört dass es dort auch eine kleine Sportanlage geben soll.", stimmte Kazuya ihm interessiert zu.

"Na also - worauf warten wir dann noch?", riefen Kayaka und Faye gleichzeitig, hakten sich beieinander ein, packten auch Jun und die Jungs beim Arm und machten sich mit ihnen lachend auf den Weg. Tanako hielt sich dabei allerdings etwas zurück und lief nur mit geringem Abstand neben ihnen her.
 

Der Park war nicht sehr weit von der Innenstadt entfernt, also beschlossen sie zu Fuß dorthin zu gehen. Obwohl die Stadt, in der sie lebten nicht besonders groß war, war sie ziemlich populär für den großen und erst vor kurzer Zeit errichteten Park, der neben der wunderschönen naturellen Landschaft und der angenehmen friedlichen Atmosphäre, noch sehr viel mehr zu bieten hatte. Da es vorher nie besonders viele Möglichkeiten gegeben hatte, in seiner Freizeit etwas zu unternehmen, was vor allem die Jugendlichen betraf, beschloss die Gemeinde statt einem gewöhnlichen typischen Park, auch eine gesamte, direkt angebaute Freizeitanlage zu errichten. Diese wurde seither auch regelmäßig von unzähligen Leuten - jungen bis mittleren Alters - besucht und besucht.

Neben Tennis-, Basketball-, Fußball- und Volleyballplätzen gab es auch noch einen Fitness-Center und ein Freibad, das vor allem um diese sonnige und schwüle Jahreszeit genutzt wurde. Als eine der meistgeliebten Attraktionen galt nebenbei auch vor allem die große, aufregende Tropfsteinhöhle, die sich etwas außerhalb des Parks befand.

Als die sechs Freunde nach kurzer Zeit dort ankamen und vor dem gleich am Eingang platzierten Fitness-Center standen, wurde erst wieder einmal beraten was als erstes unternommen werden sollte.

"Lasst uns doch gleich hier rein gehen.", schlug Kazuya begeistert vor.

"Scherzkeks! Und was, machen wir mit den Mädels? Die langweilen sich dort doch zu Tode..." widersprach Rick und grinste zu Kayaka hinüber, die auch im selben Moment Kontra geben wollte.

"Nein, nein - wir können ruhig mit rein gehen" rief Faye schnell und sah Jun dabei fragend an. Doch Jun wusste selbst nicht so recht wo sie hin wollte und da Faye sie so durchdringlich anstarrte und immer noch auf eine Reaktion von ihr wartete, tat sie einfach so als hätte sie nichts bemerkt und schabte unauffällig mit dem Fuß in den Kieselsteinen herum.

"Also ich würde ehrlich gesagt gern mal zum Basketballplatz gehen.", sagte Tanako vorsichtig um sich auch ein wenig mit einzubringen und schaute in die Runde woraufhin ihm keine überwiegende Begeisterung entgegen kam.

"Halt, halt!", rief Kayaka dazwischen, "wie wäre es wenn wir uns aufteilen und uns später wieder irgendwo im Park treffen...?"

Nach diesen Worten war es erst mal wenige Sekunden still, bevor jemand etwas dazu sagte. Jedoch fanden alle diese Idee nach einigen Überlegungen gar nicht mal schlecht.

"Hey - coole Idee Kayaka", rief Faye begeistert und klopfte ihr übermütig auf die Schulter. "Also was haltet ihr davon, wenn Kazuya und ich ins Fitness-Center gehen, Jun geht mit Tanako auf den Basketballplatz und Rick und Kaya..."

"Hey Moment mal Faye!" unterbrach sie Kayaka empört, "wer hat denn bitte gesagt, dass ich mit Rick zusammen..."

"Na ich sag das! Und ich denke nebenbei auch nicht, dass Rick etwas dagegen hat, wenn du ihn begleitest!", sagte Faye zuckersüß und schaute Rick fragend an.

"Nein - natürlich nicht.", sagte dieser dann und blickte erfreut zu Kayaka rüber, die Faye gerade noch am liebsten eine Gemeinheit an den Kopf geworfen hätte. Doch in diesem Moment hellte sich ihr finsterer Blick sofort wieder auf und sie vergaß alles um sich herum - zu Fayes großem Glück. Faye und Jun amüsierten sich wieder mal köstlich über Kayakas gezähmtes Verhalten, das immer dann zum Vorschein kam, sobald Rick sie ansah.

"Also dann bis in so ca. 1 Stunde!" rief Faye während sie sich bei Kazuya einhakte und lachte Kayaka dabei frech an. Doch bevor Kayaka darauf noch etwas einfiel, was sie Faye hinterher rufen konnte, hatte diese ihr schon den Rücken zugewandt und begann ein auffallend spontanes Gespräch mit Kazuya, wobei sie sich jedoch ein letztes gemeines Grinsen über die Schulter hinweg zu Kayaka hin, nicht verkneifen konnte. Kurz darauf berieten sich dann Jun und Tanako und machten sich auch sogleich auf den Weg zum Basketballplatz.

"Bis später, Kayaka!", rief ihr Jun noch schnell zu und auch sie hatte dieses seltsame zweideutige Lächeln aufgesetzt, das Kayaka so aufregte, denn sie wusste genau, dass Jun in dieser Beziehung genau wie Faye war. So schaute sie verzweifelt und hilflos ihren beiden Freundinnen nach und begann langsam nervös zu werden.

"So ein Mist! Das sieht den beiden mal wieder ähnlich - lassen mich hier einfach mit Rick stehen...pf!", murmelte Kayaka beleidigt vor sich hin. "auf diese bescheuerte Idee mit der Aufteilung konnte mal wieder nur ich kommen..."

"Na, was wollen wir zwei jetzt machen?", fragte Rick, der sich plötzlich vor Kayaka schob und ihr somit die Sicht versperrte. Erschrocken zuckte Kayaka zurück und starrte irritiert in sein Gesicht, das sie munter anlachte.

"Ich ...ähm...hab keine Ahnung...", lachte Kayaka verlegen "schlag was vor...!"

"Hm...", überlegte Rick kurz, "hast du Lust mit zur Tropfsteinhöhle zu kommen? Ich war dort nämlich noch nie....."

"In die...Tropfsteinhöhle...?", fragte Kayaka verdutzt. Sie wäre auf alle Arten von Vorschlägen gefasst gewesen, wie z.B. Tennisplatz, Minigolfplatz, oder auch einfach nur ein harmloser Spaziergang durch die Parkanlage. Aber das übertraf ihre Vorstellungskraft völlig, denn die Tropfsteinhöhle galt als einer der romantischsten Orte der Stadt und ausgerechnet dort wollte Rick nun mit ihr hin!

"Ähm...na klar, wenn du dort hin willst - warum nicht?", sagte Kayaka schnell nachdem sie mit Mühe ihre schon angesetzten Fantasien in ihrem Kopf stoppen konnte.

"Na dann komm.", forderte Rick sie lächelnd auf, nahm sie bei der Hand und lief mit ihr in die Richtung in die sie das wegweisende Schild führte. Kayaka konnte ihr Glück noch gar nicht fassen: Rick, der neue Mädchenschwarm der Klasse - und nebenbei auch ihr persönlicher - lief mit ihr Händchen haltend durch den Park auf dem Weg zur Tropfsteinhöhle, als wäre das die natürlichste Sache der Welt.

"Glück muss der Mensch haben!", dachte Kayaka bei sich und lachte fröhlich vor sich hin.
 

In der Zwischenzeit standen Kazuya und Faye bereits im Fitness-Center und bewunderten die unzähligen Gewichte und Trainingsgeräte, auf die Kazuya auch sogleich begeistert zustürmte.

"Wow! Hier gibt's wirklich alles!", rief Kazuya erstaunt und sah sich mit schnellen unentschlossenen Blicken in dem hellen Raum um, der von mehreren Leuten gleichzeitig genutzt wurde. Faye war eigentlich weniger der sportliche Typ und konnte sich daher nur schwer von Kazuyas übergroßer Freude mitreißen lassen. Doch sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass er ihr sicher sehr dankbar für die Begleitung war und so glich sich ihrer Meinung nach, alles wieder aus.
 

"Hey - du machst das ja richtig gut, Jun!", staunte Tanako ehrlich beeindruckt, als Jun den Basketball aus mindestens 3 Meter Entfernung im Korb versenkte.

"Oh. Danke." Jun lächelte etwas verlegen. "Du bist aber auch sehr gut."

Tanakos Gesicht wurde schlagartig wieder ernst und er sah verunsichert zur Seite.

"Danke", murmelte er nur vor sich hin.

Jun warf ihm den Ball zu und stellte sich wieder an den Rand. Dann sah in eine Weile an und dachte nach. Tanako war wirklich sehr verschlossen. Ob er einfach nur schüchtern war, oder hatte er in der Vergangenheit eine schlimme Zeit hinter sich gebracht, weshalb er nun so abweisend war? Jedenfalls schien er langsam aufzutauen und sie lagen so ziemlich auf derselben Wellenlänge, was verhinderte, dass der Gesprächsstoff ausging.

Trotzdem war er auf jeden Fall anders als sein Brüder und Kazuya...
 

Mit lautem Stöhnen ließ Faye die viel zu schwere Hantel wieder zu Boden fallen. "Oh je. Ich hätte nie gedacht dass diese Dinger so schwer sein könnten." Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie ihre Handgelenke.

Kazuya begann zu lachen.

"Kein Wunder - du hast dir ja auch gleich die drittgrößte Hantel vorgenommen. Er deutete auf eine etwas kleinere. "Hier. Versuchs mal mit dieser hier"

"Äh, nein schon ok. Ich geh mal zu den Fahrrädern", antwortete Faye schnell. Auf eine zweite Zerrung konnte sie sehr gut verzichten.

"Wie du meinst, ich bleib noch etwas hier bei den Gewichten", rief ihr Kazuya schmunzelnd hinterher.

Beim Herausgehen wischte sie sich den ersten Schweiß von der Stirn und sah auf ihre Armbanduhr. Die Stunde war schon zur Hälfte vorbei. Was wohl die anderen machten?
 

Genau wie es sich Kayaka erhofft hatte, war in der Tropfsteinhöhle zurzeit nicht viel los. Genauer gesagt gar nichts - denn sie waren alleine. Die Leute schienen es anscheinend für angenehmer zu empfinden, sich an diesem schönen Sonnigen Tag allen möglichen sportlichen Aktivitäten zu unterziehen als durch eine dunkle und glitschige Tropfsteinhöhle zu spazieren. Das Glück scheint auf meiner Seite zu sein, dachte Kayaka vergnügt bei sich, während sie mit Rick die Höhle betrat.

Da Beide schon 16 Jahre alt waren, durften sie die Höhle ohne Aufsichtsperson betreten, denn bei Kindern bestand die Gefahr, dass sie über die Absperrungen kletterten oder in die kleinen Gruben fielen, die sich an den Seiten der Wege befanden.

Die Tropfsteinhöhle sah wirklich wunderschön aus, mit den ganzen bunt schillernden und verformten Gesteinen die schwach von einigen Wandleuchten erhellt wurden. Allerdings war es dort nicht gerade so warm wie in der Sonne.

"Puh, ganz schön kühl wenn man von der Hitze draußen hier rein kommt...", bemerkte Kayaka und schauderte.

"Soll ich dir meinen Pulli geben?" fragte Rick und deutete mit einer Handbewegung auf den Kapuzenpullover, den er um seine Hüfte gebunden hatte.

"Ähm...wenn du ihn nicht brauchst...", antwortete sie zaghaft und sah verlegen zur Seite.

Rick reichte ihr den Pulli und wartete bis Kayaka ihn angezogen hatte.

"Steht dir ausgezeichnet!" sagte er und musterte sie grinsend.

Da Rick mindestens einen Kopf größer war als sie selbst, hing der Pullover weit über ihren Oberschenkeln hinunter, was Kayaka irgendwie ein niedliches Aussehen verlieh.

"Danke", sagte sie nur kurz angebunden und lief mit langsamen Schritten weiter. Rick folgte ihr mit fragendem Blick.

"Es ist dir doch nicht unangenehm mit mir alleine hier zu sein, oder?"

"Nein... Im Gegenteil... ich kann dich ja gut leiden, bis jetzt..."

"Ich mag dich auch. Aber ich hab das Gefühl, dass du irgendwie abweisend bist..."

Kayaka blickte verdutzt vor sich hin während sie weiterliefen. Hatte sie ihm etwa etwas Falsches vermittelt? Dabei waren ihr doch einfach nur diese peinliche Situation unangenehm gewesen. Sie wollte doch keinesfalls Abweisend sein.

Durch die vielen Gedanken die sie plötzlich im Kopf hatte, vergaß sie völlig auf den unebenen und holprigen Weg zu achten, bis sie auf einmal heftig stolperte und stürzte. Doch kurz bevor sie auf dem Boden aufkam, hatte sie Rick schon am Arm gepackt und hielt sie fest. Dabei hielt sie sich mit ihrer anderen Hand an seiner Schulter fest und zog sich hoch, sodass ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war.

Einige Sekunden standen sie einfach nur so da und starrten sich erschrocken an. Kayakas Herz begann zu rasen und die eben noch kühle Luft begann seltsamerweise unglaublich heiß zu werden. Erst jetzt erkannte Kayaka Ricks ungewöhnliche blau-grünen Augen, die im dunkeln Licht der Höhle von einem geheimnisvollen Glanz erfüllt wurden.

"T...tut mir leid...ich wollte nur..." Verwirrt half er Kayaka auf und entfernte sich einen Schritt von ihr. Auch Kaya versuchte sich wieder zusammen zu reißen und klopfte nur irritiert einige Steinchen von Ricks Pullover, der bei der ganzen Aktion zwischendurch auf dem Boden hing.

Rick war jetzt völlig eingeschüchtert und wagte nicht mehr sie anzusehen, während sie versuchten völlig unauffällig weiterzuspazieren.

Diesmal wollte Kayaka die Gelegenheit nicht schon wieder versäumen, also nahm sie einfach seine Hand und hielt sie fest. Nach einem ersten verdutzten Gesichtsausdruck griff auch Rick ihre Hand und beide schlenderten plaudernd weiter.
 

Als sich schließlich alle am Eingang wieder trafen, konnte man ihnen sofort ansehen wie die letzte Stunde abgelaufen war. Faye tappte völlig erschöpft hinter Kazuya her der plötzlich äußerst zufrieden wirkte, Jun unterhielt sich recht lebhaft mit Tanako, der wohl doch einen netten Kern zu haben schien und Kayaka lief schüchtern und mit hochrotem Kopf neben dem grinsenden Rick her.

"Also, Leute - sagt was ihr wollt, aber ich bin völlig am Ende!", stöhnte Faye den anderen zu, während sie sich sofort auf die nächste Parkbank fallen ließ. Jun nickte ihr zustimmend zu.

"Ja, bei uns ging es auch ziemlich ab. Wer hätte gedacht, dass man vom Basketball so erledigt sein könnte", sagte sie und stemmte ihre Hände auf die Knie.

"Ihr zwei scheint ja noch recht fit auszusehen...", bemerkte Kazuya und blickte in die Richtung von Rick und Kaya.

"Na ja, dafür bin ich jetzt halb blind. Ist ganz schön anstrengend für die Augen wenn man so lange in ner Höhle rumgeirrt ist.", erklärte sie, wobei ihr nicht entging, das Faye ihr mal wieder eindeutige Blicke zuwarf und vor sich hin grinste.

"Und kalt schien dir wohl auch gewesen zu sein, was?" fragte sie schmunzelnd. Kayaka wusste darauf nichts zu erwidern und tat so als hätte sie nichts gehört.

"Wenn ihr mich fragt, würde ich sagen wir machen für heute Schluss. Es wird schon bald dunkel und ich finde es war ein ziemlich langer Tag...", bemerkte Tanako.

"Stimmt. Für einen Tag haben wir verdammt viel unternommen", stimmte ihm Kazuya zu und auch alle anderen waren wohl deren Ansicht, denn sie nickten nur stumm.

So kam es, dass sie noch bis zur Stadtmitte gemeinsam liefen und sich dann trennten um die Heimreise anzutreten. Kayaka durfte sogar noch Ricks Pullover behalten, da es mittlerweile etwas abgekühlt hatte.
 

Währenddessen stand ein mysteriöses Wesen vor einem großen Fenster von dem aus man die Erde betrachten konnte.

"Dort sind sie also gelandet?", fragte es mit grimmiger Miene. Im selben Augenblick erschien plötzlich ein anderes Wesen in der Dunkelheit.

"Ja, Herrin! Vor ca. 13 Stunden sind sie auf der Erdoberfläche eingetroffen! Was wollt ihr nun tun?"

"Vorerst noch nichts...lass uns erst einmal abwarten ob und wann sie sich zeigen..."

"Jawohl, Herrin!" Und mit diesen Worten verschwand die dunkle Gestalt wieder auf die gleiche Weise, auf die sie erschienen war.

Die Erste jedoch stand noch immer am selben Fleck vor dem großen Fenster, den bösen ernsten Blick auf die Erde gerichtet.

"Wartet nur! Irgendwann werdet ihr euch schon zeigen müssen..."

Nächtliche Ereignisse

Zuhause angekommen ging Kayaka sofort ins Wohnzimmer und setzte sich zu ihrer Schwester vor den Fernseher, während ihre Mutter gerade in der Küche das Abendessen zubereitete.

"Na wie war dein Date?", fragte Sakura kurzerhand ohne den Blick vom Bildschirm zu richten. Kayaka starrte sie daraufhin nur verdutzt an.

"Welches Date...?", fragte sie langsam und sah Sakura unsicher von der Seite an.

"Na so wie du heute das Haus verlassen hast wirst du bestimmt eins gehabt haben, oder nicht?", erwiderte sie gelassen.

"Na ja...", sagte Kayaka zögernd, "eigentlich war ich nur mit Faye, Jun und den Neuen aus unserer Klasse unterwegs..."

"Und da waren keine Jungs dabei??", hakte Sakura weiter.

"Doch..."

"Wusste ich's doch!" Zufrieden lehnte sie sich wieder auf der Couch zurück.

"Hey, Moment mal! Ich wüsste nicht was dich das überhaupt angeht. Für solche Sachen bist du noch viel zu klein!", antwortete Kayaka beleidigt und ärgerte sich darüber dass ihr keine bessere Ausrede eingefallen war um das Gespräch mit ihrer Schwester, die nebenbei cleverer war als sie aussah, zu beenden. Aus diesem Grund war sie auch froh als endlich deren Mutter, Chigusa Tsukimura, ihre Töchter an den Esstisch rief.
 

Später, als sie gemeinsam den Tisch abgeräumt und das Geschirr gespült hatten, ging Kaya gleich in ihr Zimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Während in ihrem Kopf alle möglichen Gedanken des heutigen Tages umherschwirrten, schweifte ihr Blick zum Fenster. Sie verspürte auf einmal ein ziemlich starkes Verlangen zu dem Turm im Stadtzentrum zu gehen. Allerdings war sie in ein paar Minuten wieder mit Faye und Jun verabredet, um sich gegenseitig über die jeweiligen Erlebnisse auszutauschen. Außerdem war an diesem Tag mal wieder eine Übernachtung bei Faye geplant gewesen. Doch warum sollte sie nicht auch Jun und Faye mit dorthin nehmen?

Entschlossen sprang sie vom Bett auf und packte ihre Tasche mit Schlafanzug und Zahnbürste. Dann lief sie in den Flur und blieb vorm Wohnzimmer stehen, wo ihre Schwester und ihre Mutter saßen. Da sie ja recht oft auswärts schlief hatte ihre Mutter kein Problem damit, dass sie so spät noch aus dem Haus ging. Des Weiteren wusste sie ihre Tochter auch in sicherer Begleitung.

"Ich geh dann..."

"Ok, viel Spaß und grüß die beiden, ja?" rief ihre Mutter ihr mit einem Lächeln zu.
 

Schon nach wenigen Minuten traf Kayaka auf halbem Weg auf Jun und Faye, die ihr entgegen gelaufen waren.

"Hey, du bist ja richtig pünktlich - ich bin geschockt!", rief ihr Faye sarkastisch entgegen, doch wie sonst üblich zog Kaya daraufhin gar keine Grimasse oder warf ihr eine Bemerkung an den Kopf.

"Alles in Ordnung?", fragte Jun besorgt.

"Ja... ich bin nur gerade etwas in Gedanken...nichts Ernstes..."

Sie schaute erst Faye dann Jun nachdenklich an.

"Was hast du denn?", wollte nun auch Faye wissen und sah Kayaka fragend an.

"Sagt mal, habt ihr Lust noch wohin zu gehen?" fragte diese dann mit einem unerwartet sensiblen Unterton.

"Wohin willst du denn um diese Uhrzeit noch gehen, Kaya?" fragte Faye verwundert.

"Na ja, ich wollte euch nur mal meinen Lieblingsplatz zeigen" antwortete sie mit einem verlegenen Lächeln. "Also, kommt ihr mit?"

Ohne noch lange nachzudenken hakten sich die Mädchen beieinander ein und schlenderten durch die Straßen. Als sie am Turm angekommen waren und Kayaka nach oben zeigte, stiegen sie die Treppen nach oben, bis sie schließlich auf der schwach beleuchteten Terrasse des Bistros standen und den traumhaft schönen Ausblick aus einer Höhe von 25 Metern über die beleuchtete Stadt genossen.

"Also wirklich, Kayaka! Wie konntest du uns nur diesen romantischen Ort vorenthalten?" beklagte sich Faye mit einer gespielten Schmollmiene.

"Ach, so atemberaubend ist es hier auch wieder nicht. Außerdem war ich hier noch gar nicht so oft!", verteidigte sie sich schnell. "Aber manchmal sieht man von hier aus echt schöne Dinge. Wie gestern zum Beispiel, da hab ich die schönste Sternschnuppe gesehen die ihr euch vorstellen könnt."

Während sie sprach, fuhr Kayaka mit ihrem Finger in der Luft den Bogen nach, den ihre Sternschnuppe gemacht hatte, und ließ ihn auf einmal stocken.

"Hey!", rief sie nun aufgebracht ihren Freundinnen zu. "Seht ihr das auch?"

"Was denn?" fragte Faye und sah in die Richtung, in die Kayaka zeigte. Es dauerte eine Weile bis sie es erkennen konnte, doch nun sah sie ganz genau, dass mehrere hundert Meter von der Stadt entfernt ein grelles Licht aufleuchtete.

"Hm, was könnte das sein?" Kayakas Neugier wurde stärker. "Wollen wir nicht mal hingehen und nachschauen?"

Auch Faye konnte sich nicht lange zurückhalten. "Also mich würde es irgendwie auch interessieren... und du bist sicher, dass das eine Sternschnuppe war?"

Jun, die skeptisch den Blicken folgte, versuchte die wachsende Neugier der beiden zu stoppen.

"Aber es ist doch schon ziemlich spät und außerdem scheint dieses Licht aus dem Wald zu kommen. Was, wenn es irgendwas Gefährliches ist? Vielleicht ist das ja sogar eine Gruppe von irgendwelchen Satanisten..."

Kayaka dachte einen Augenblick über diese Möglichkeit nach und musste sich schließlich angestrengt beherrschen um nicht laut aufzulachen.

"Ach komm schon, Jun - jetzt mach aber mal halblang. Ich denke nicht, dass Satanisten so dumm sind und an einem Samstagabend im bekanntesten Wald der Gegend eine Versammlung abhalten."

Jun war jedoch noch immer nicht ganz überzeugt.

"Also ich weiß nicht", sagte sie zögernd.

"Sieh es doch einfach als eine kleine Mutprobe an. Wir sind doch sowieso zusammen, uns wird sicher nichts passieren!", ermutigte sie nun auch Faye.
 

Letztendlich ließ sich Jun doch noch überreden und machte sich mit Kayaka und Faye auf den Weg zu dem Licht, das sie immer tiefer in die Mitte des finsteren Waldes führte.

"Hm, vielleicht hätten wir uns doch lieber ne Taschenlampe oder so was mitnehmen sollen...?" sagte Kayaka und lachte nervös vor sich hin.

Würde nicht noch der Mond zwischen den Bäumen hindurch scheinen, hätte es wohl mittlerweile schon mehrer Stolperunfälle gegeben.

"Ich hab Angst...!", flüsterte die zitternde Jun und hielt sich noch fester an Kayakas Ärmel fest. Aber sie war nicht die einzige - sie alle hatten furchtbare Angst, denn keine von ihnen wusste, was sie in dieser Nacht noch alles erwarten würde und sie konnten bis auf das schwach durch den Wald schillernde Licht nicht einmal richtig die Hand vor Augen sehen. Doch da ihre Neugier und ihre große Abenteuerlust um einiges stärker war, dachten sie nicht daran halt zu machen oder umzukehren und so verschwanden sie gemeinsam immer tiefer zwischen den dunklen Ästen.
 

Als sie endlich unmittelbar in der Nähe des Lichtes ankamen, erlosch es plötzlich und es war nur noch ein schwacher heller Schimmer aus dem kleinen Bach, der vor ihnen lag, zu erkennen.

"Was... ist denn das?" flüsterte Jun, die sich hinter Kayakas Rücken versteckte.

"Ich hab keine Ahnung" antwortete diese verwirrt.

Faye jedoch sagte nichts dazu sondern näherte sich nur mit langsamen Schritten der im Wasser liegenden Lichtkugel.

"Oh Gott, Faye! Pass bloß auf!", rief Kayaka erschrocken über den plötzlichen Mut ihrer Freundin.

"Keine Angst, ich will nur mal sehen was das ist... So schlimm wird es schon nicht sein - es ist ja nichts Übergroßes..."

"Komm Jun." Kayaka nahm Jun bei der Hand und folgte Faye vorsichtig. Sie konnte immerhin unmöglich nur dastehen und zusehen, wie Faye sich in eine mögliche Gefahr begab.

Als sie bei ihr standen und nach vorne ins Wasser blickten, begann die leuchtende Kugel plötzlich zu schweben. Jun und Kayaka wichen geschockt zurück und sahen entsetzt zu, wie sie auf Faye zuflog.

"Faye! Los - geh da weg!", schrie Jun. Doch Faye bewegte sich nicht.

Gerade als Kayaka wieder zu Faye rannte um sie wegzuzerren, hörte die Kugel plötzlich auf zu schimmern und wurde durchsichtig, wie eine Seifenblase. Kayaka hielt inne und wartete ab was geschah. Als beide genau hinsahen, erkannten sie, dass diese Kugel vier verschiedene Edelsteine enthielt.

"Kayaka? Faye?" Die arme Jun bekam es nun wirklich mit der Angst zu tun. "Verdammt, antwortet mir doch!", schrie sie hysterisch und ließ sich verzweifelt und den Tränen nahe auf die Knie fallen.

"Keine Angst Jun, es passiert doch gar nichts.", sagte Kayaka mit beruhigender Stimme, während sie sich nun wieder zu ihr umdrehte und sie herwinkte. "Na los. Komm schon her!"

Zögernd stand Jun auf und schlich sich an ihre Freundinnen heran. Nun konnte auch sie alles genau erkennen.

"Was sind denn das für Steine?", fragte sie schließlich.

"Ich weiß nicht. Aber sie sehen wunderschön aus...", antwortete Faye. "Meint ihr wir können sie berühren?" Sie schaute erst Jun und dann Kayaka aufgeregt an.

"Da gibt es wohl nur eine Möglichkeit um das herauszufinden...", sagte Kayaka mit einem geheimnisvollen Unterton und streckte ihre Hand langsam aus.

"Du willst das doch nicht wirklich versuchen, oder Kayaka?" Jun hielt ihren Arm fest und starrte sie mit großen Augen an. "Was, wenn dieses Ding elektrisch geladen ist, oder so was?"

Doch bevor Kayaka darauf antworten konnte, löste sich die Kugel mit einem grellen Blitz auf und einer der vier Steine fiel zu Boden. Die restlichen Steine wurden zu Jun, Faye und Kayaka geschleudert und landeten vor ihren Füßen.

Das Licht war erloschen und der Wald wurde wieder stockfinster.

Die drei Mädchen standen noch immer regungslos da, und begriffen gar nicht was gerade geschehen war.

"Oh Gott! Ich will hier weg!", flüsterte Jun verzweifelt. "Das ist doch abartig was hier abgeht!" Sie drückte sich ganz nah an Kayaka und begann wieder zu zittern.

"Sie hat Recht, Faye. Lass uns lieber wieder zurück gehen.", sagte Kayaka, die es nun auch langsam mit der Angst bekam.

Ohne zu zögern bückte sich Faye und hob den Stein auf, der vor ihr lag. "Ja lasst uns schnell von hier verschwinden." sagte sie abwesend. "Aber mein Andenken werde ich trotzdem mitnehmen." Sie sah Jun und Kayaka erwartungsvoll an, woraufhin auch sie nach kurzem zögern die im Moos liegenden Steine an sich nahmen. Kurz darauf stürmten sie auch schon los, um diesen unheimlichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen.
 

Als die drei schließlich völlig aus der Puste wieder in der vertrauten und vor allem beleuchteten Stadt ankamen, hörten sie auf zu rennen und beschlossen den Rest des Weges zu laufen. Mittlerweile fanden sie ihren plötzlichen Panikausbruch gerade zu lächerlich. Immerhin war doch gar nichts allzu schlimmes passiert, oder?

"Na ja.", meinte Faye mit einem Lachen, als sie vor ihrer Haustür ankamen. "Sehen wir die Steine einfach als kleine Tapferkeitssymbole an." woraufhin sie einen strafenden Blick von Juns Seite als Antwort bekam.

Während alle das große, luxuriöse Haus betraten, herrschte unheimliche Stille.

"Wo ist denn deine Schwester, Faye?", fragte Jun als sie bemerkte, dass keinerlei Geräusche von Fernseher oder Anlage im Haus zu vernehmen waren.

"Ich hab keine Ahnung.", antwortete Faye mit einem Schulterzucken. "Vielleicht ist sie schon im Bett."

Doch als sie genauer über diese Theorie nachdachte, fiel ihr auf, dass das unmöglich stimmen konnte. Es war immerhin Samstagnacht und nicht einmal ihre manchmal noch so seltsame Schwester, die nicht gerade unternehmungslustig war, würde an solch einem Abend schon so zeitig zu Bett gehen. Wahrscheinlich war sie tatsächlich doch noch vernünftig geworden und ging nun an Wochenenden wie jeder normale Jugendliche (oder fast noch Jugendliche) mit Freunden auf Partys oder in die Disco. So hätten Faye und ihre Freundinnen heute Abend wenigstens sturmfrei und müssten somit keine Rücksicht auf Keiko nehmen.

Während Jun und Kayaka schon mal in Fayes Zimmer gingen und es sich gemütlich machten, lief Faye in die Küche um ihren hungrigen kleinen Kater zu füttern, der ihr, seit sie zur Tür hereinkam, bettelnd und schmusend um die Beine gestreift war.

"Wow. Was für ein Tag!", stöhnte Kayaka und ließ sich erschöpft quer über Fayes riesiges Bett fallen. "Ich glaube das dürfte meinen Bedarf an Abenteuern und anderen extremen Erlebnissen für mindestens 2 Wochen decken" Sie grinste sarkastisch zu Jun hinüber.

"Also, ich glaube bei mir wird es noch für die nächsten paar Monate ausreichen.", murmelte diese während sie sich aufs Sofa sinken ließ. "Du kannst dir gar nicht vorstellen wie froh ich bin, dass ich heute mit dir hier bei Faye schlafen darf. Ich wäre zu Hause vor Angst gestorben."

"Ja, allerdings. Das war wirklich zu viel des Guten.", stimmte Kayaka ihr zu und betrachtete nachdenklich den Edelstein, den sie in ihrer Hosentasche aufbewahrt hatte. "Diese Dinger sehen aber wirklich cool aus. Hatte deiner nicht eine andere Farbe?" Kayaka setzte sich im Bett auf und schaute neugierig zu Jun, die nun auch ihren Stein etwas näher unter die Lupe nahm.

"Ja. Meiner ist irgendwie so komisch braun und weiß gestreift. Seltsame Farbe.", sagte Jun etwas enttäuscht.

"Hm. Meiner ist rot" Auch Kayaka schien nicht gerade begeistert davon zu sein. "Mich würde mal interessieren welche Farbe der Stein von Faye hat. Vielleicht mag sie ihre Farbe ja auch nicht und tauscht mit uns." Kayaka grinste Jun frech an und beide mussten lachen.

"Hab ich was verpasst?" Faye kam gerade herein und stellte ein kleines Tablett mit Getränken und Knabberzeug auf ihrem Couchtisch ab.

"Nein, nein. Wir reden nur gerade über diese komischen Dinger aus dem Wald." antworte Kayaka. "Ich hoffe du hattest mit deiner Farbe etwas mehr Glück."

Nun war auch Fayes Neugier gewachsen, denn in dem dunklen Wald war es unmöglich gewesen die genaue Farbe der Steine erkennen zu können. Nicht dass sie das in diesem Moment sonderlich interessiert hätte.

"Ha!" Faye hielt triumphierend ihren Stein hoch, als sie ihn ebenfalls in ihrer Hosentasche wieder fand. "Meiner ist hellblau", sagte sie stolz, denn hellblau war neben pink und weiß ihre absolute Lieblingsfarbe.

"Ach egal!" knurrte Kayaka beleidigt und warf sich wieder nach hinten aufs Bett. "Das sind doch eh nur irgendwelche dummen Steine. Wenn ich es brauche kann ich mir auch 50 andere kaufen, die blau sind."

"Eben!", sagte Faye versöhnlich und ließ sich neben Jun auf die Couch fallen. Ist doch völlig egal was diese Dinger für eine Farbe haben. Hauptsache wir sind endlich aus diesem unheimlichen Wald draußen. Ich glaube ich hätte dort keine Minute länger ausgehalten"

"Ich würde echt gerne wissen was genau da vorhin passiert ist" sagte Jun, während sie sich eines der Gläser nahm und wie geistesabwesend auf dem Strohhalm herum kaute. "Das war ja fast so wie in einem schlechten Horrorfilm"

Auch wenn es die Mädchen erst jetzt bemerkten, mussten sie zugeben, dass dieses mysteriöse Erlebnis von vorhin einfach unrealistisch war. Die Erinnerungen kamen ihnen vor wie ein Traum, und doch waren sie Wirklichkeit. Trotzdem wollten sie vorerst die Sache so schnell wie möglich aus ihrem Gedächtnis verdrängen, denn sie konnten sich auf all das keinen Reim machen. Und sie wussten ebenfalls nicht was es mit den seltsamen bunten Steinen auf sich hatte, die ihnen praktisch zugeflogen waren als seien sie von ihnen magnetisch angezogen worden.

"Ach vergessen wir's einfach! Jetzt ist erst mal Ablenkung angesagt!" rief Kayaka laut um wieder die Stimmung zu lockern und deutete auf Fayes Stereoanlage.

Gerade als Faye nach ihrer Fernbedienung griff um sie einzuschalten, ertönte ein lautes schreien von der Zimmertür. Sofort schraken alle im Raum zusammen und sahen sich geschockt an. Doch als Kayaka aufstand und die Tür einen Spalt öffnete hüpfte nur ein kleiner vereinsamter Kater ins Zimmer und sah sich in der Runde um.

"Sydney!" Alle seufzten erleichtert auf und Kayaka schloss wieder die Tür und setzte sich mit Sydney aufs Bett.

"Sollte ich jemals in meinem Leben einen Herzinfarkt erleiden, weiß ich jetzt schon wen ich dafür verantwortlich machen werde" Kayaka schrubbte dem Kater verspielt über den Kopf, woraufhin er leicht mit seinen Pfötchen nach Kayaka schlug.

"Wisst ihr was sonst noch äußerst seltsam an der ganzen Sache war?" fragte Faye, der diese Angelegenheit einfach keine Ruhe ließ. Sie schaltete ihre Anlage ein und machte eine bedeutungsvolle Pause.

"Alles?" fragte Kayaka sarkastisch und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

"Ja natürlich", sagte Faye geduldig. "Aber ich meinte damit eigentlich eher den Zeitpunkt. Das alles ist erst passiert als die Jungs nicht mehr da waren. Und außer uns war niemand sonst dort und das ist doch eigentlich recht unlogisch, da dieses grelle Licht ja nicht gerade leicht zu übersehen war"

"Vielleicht waren wir einfach schneller als andere, oder die anderen haben schon alle geschlafen", sagte Jun schnell, um gar nicht weiter auf Fayes Aussage einzugehen. Sie hatte befürchtet, dass entweder Faye oder Kayaka einige ihrer typischen Fragen stellen würden, die die ganze Situation nur noch schlimmer machten. Sie hatte immerhin auch so schon genug Angst.

"Ach Faye! Dass du immer deine komischen Theorien aufstellen musst. Lass es doch einfach erst mal alles so stehen und uns die ganze Sache verdauen, ok?" Kayaka schien wohl auch langsam genug von diesem Thema zu haben.

"Na gut. Schon ok. Dann lasst uns noch einen Film anschauen oder so. Dann sind wir wenigstens richtig abgelenkt." sagte Faye, die unter allen Umständen einen Streit vermeiden wollte.

Wenig später saßen sie auch schon alle drei aneinander gekuschelt auf Fayes Bett und quetschten Kayaka über ihre Erlebnisse mit Rick aus. Sie hatten größtenteils ihre angsteinflößenden Gedanken für diesen Abend vertrieben. Zumindest vorerst. Doch wie lange würde das Anhalten?
 

Als Jun am nächsten Vormittag nach Hause kam und ihre Schuhe und ihre Jacke auszog, war die Wohnung fast leer. Nachdem sie ihre Tasche von der Schulter streifte und an die Wand im Flur lehnte, entdeckte sie auch sofort den kleinen Zettel der auf der Kommode lag:
 

Hallo Jun,
 

Tante Ami und ich sind zum

Flughafen gefahren, um Akiko

abzuholen. Wir werden ca. gegen

16.00 Uhr wieder da sein.

Essen steht neben dem Herd.
 

Bis später,

Tante Reiko und Tante Ami
 

Na wundervoll! Nicht nur, dass sie eine schlimme Nacht hinter sich hatte - nein! Sie hatte vor lauter Aufregung auch noch vergessen, dass ihre Cousine wieder aus den USA zurückkam. Dabei hatten sie ihre Tanten doch schon seit Wochen daran erinnert.

Jun ging in die Küche, schaute lustlos in die Töpfe, die neben dem Herd standen und entschied sich dann doch dazu nichts zu Essen. Sie hatte absolut keinen Appetit und wollte nur noch in ihr Zimmer und sich ausruhen.

Während Jun mit geöffneten Augen im Bett lag dachte sie über die An-kunft ihrer Cousine nach, die nur noch 3 Stunden vor ihr lag. Wenn Akiko wieder bei ihnen leben würde, müsste sie wahrscheinlich wieder ihr altes Zimmer einnehmen, das direkt neben Juns lag. Es war seltsam sich das vorzustellen. Immerhin stand dieses Zimmer 2 Jahre lang leer und schon bald würden sie wieder zu viert in der Wohnung leben.

Jun musste plötzlich an ihre Mutter denken. Und an den Unfall. Dieser Gedanke versetzte ihr sofort einen stechenden Schmerz in der Brust. Unbewusst griff sie nach der Halskette, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte als sie noch klein war. Sie bestand aus einem silbernen Tropfen mit einem kleinen Diamanten in der Mitte. Abgesehen von ih-ren Erinnerungen, war es das einzige Andenken an ihre Mutter, das sie besaß. Zu der schlimmen Zeit als sie gerade erst bei ihren beiden Tanten eingezogen war, hatte Akiko oft versucht mit Jun zu reden und sie zu trösten. Doch Jun wies sie jedes Mal zurück. Sie wollte nicht mit ihr reden, sondern einfach nur von ihr in Ruhe gelassen werden. Doch sie sah nun auch ein, dass es Akiko damals nur allzu gut mit ihr gemeint hatte und für sie da sein wollte, weil sie wusste wie traurig sie war. Trotzdem war das Verhältnis zwischen den beiden damals nicht gerade harmonisch. Oft gab es Meinungsverschiedenheiten, die zum Streit führten, welcher sich nur schwer wieder gelegt hatte. Erst einige Monate nachdem Juns Mutter verunglückt war, gab es eine Art von Waffenstillstand zwischen den beiden, der damit endete, dass Akiko für zwei Jahre nach Amerika ging.

"Ob sie sich wohl verändert hat?" flüsterte Jun nachdenklich und drehte sich zur Seite.

Veränderungen

Gerade als Kayaka die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, wurde sie auch schon von ihrer kleinen Schwester mit einer stürmischen und sehr verdächtigen Umarmung begrüßt.

"Hey, was ist denn mit dir los?", fragte Kayaka, der sofort auffiel, dass die Sache nicht ganz mit rechten Dingen zuging.

"Gar nichts Schwesterherz!", rief ihr Sakura sofort entgegen, wobei sie bei ihrem strahlenden Lächeln keine Miene verzog.

Verwirrt drängte sich Kayaka an ihr vorbei um endlich in die Wohnung zu gelangen. Nachdem sie sich kurz umgesehen hatte und die auffällige Stille bemerkte, kam sie wieder zurück zu Sakura und stellte sich mit verschränkten Armen und skeptischem Blick direkt vor sie.

"Wo ist denn Mama hin?"

"Weg..." Sakura begann frech zu kichern und schaute neugierig zu ihrer Schwester.

"Na toll!" Kayaka warf stöhnend ihre Tasche in die Ecke des Hausflurs. "Also darf ich mal wieder den Babysitter spielen, stimmt's? Da hätte sie mich gestern ruhig vorwarnen können...", motzte sie vor sich hin.

"Ach komm schon! ... So schlimm bin ich doch auch wieder nicht, oder?" Sakura schob beleidigt die Unterlippe vor.

Um sich eine Antwort darauf zu ersparen, verdrehte Kayaka nur kurz die Augen und flüchtete in ihr Zimmer, denn sie wollte im Moment einfach nur ihre Ruhe. Dort angekommen schloss sie sofort die Tür ab, stolperte über den Berg Kleidung und anderer Sachen, die quer über ihrem Boden verstreut waren und ließ sich mit einem lauten Seufzer aufs Bett fallen.

Da Sakura jedoch klug und gnädig genug war ihre Schwester nicht unnötig zu ärgern, vereinbarte sie mit ihr, dass sie den restlichen Tag bei ihrer besten Freundin daheim verbrachte. Kayaka konnte ihr Glück noch gar nicht fassen und gab Sakura einen dicken Kuss auf die Stirn. Immerhin konnte sie sich so noch ein wenig Ruhe gönnen und versuchen Rick anzurufen.

Nachdem sie ihre Schwester schon fast aus der Tür hinausgescheucht hatte, fasste Kayaka all ihren Mut zusammen und tippte die Nummer, die Rick ihr aufgeschrieben hatte in ihr Telefon ein. Mit knallrotem Gesicht und rasendem Puls wartete sie geduldig ab während sich die Töne des Wartesignals häuften. Plötzlich hörte sie ein klicken als ob jemand den Hörer abnehmen würde.

"Hallo..."

"...Rick? Bist du..."

"...hier ist der Anrufbeantworter von Rick, Kazuya und Tanako! Wir sind zurzeit leider nicht zu Hause, aber ihr könnt uns ja eine Nachricht auf dem Band hinterlassen! piep"

Enttäuscht stellte Kayaka das Telefon wieder in die Ladestation und seufzte traurig.

"Heute scheint echt nicht mein Tag zu sein."

Sie saß noch eine Weile still auf ihrem Bett herum, sprang dann aber doch auf und verließ die Wohnung. Sie musste dringend raus. Am besten irgendwohin wo sie ungestört war.
 

Wie versprochen waren Juns Tanten pünktlich um die angegebene Uhrzeit zuhause. Jun hörte wie die Wohnungstür aufgeschlossen wurde und wie jemand stöhnend versuchte einen Koffer in den Flur zu hieven. Tante Ami.

"Halt! Warte! Lass mich das machen!"

Akikos Stimme. Es war seltsam sie nach so langer Zeit wieder zu hören. Jun lächelte. Anscheinend war sie noch ganz die Alte. Zögernd verließ sie ihr Zimmer und lief in den Flur um ihre Cousine zu begrüßen. Als Akiko sie sah, ließ sie den Koffer sinken und schaute sie einen Moment lang an.

"Hey!" grüßte sie schließlich etwas unsicher. "Du bist ja ganz schön gewachsen." Sie grinste als sie sah wie Jun die Augen rollte. "Wirklich, das ist mein ernst. Du hast dich ganz schön gemacht!"

"Du dich auch. Du siehst so... erwachsen aus!"

Akiko lachte geschmeichelt und nahm Jun in die Arme. "Schön dich wieder zu sehen, Jun!"

"Ja...!"

"Ach ist das schön euch zwei so zu sehen!" unterbrach Tante Reiko die rührende Szene. "Nun bringt aber mal schnell das Gepäck ins Zimmer, damit wir endlich fahren können. Sofort lösten sich die Mädchen voneinander und machten sich an die Arbeit. Hätte ihre Tante nichts erwähnt, hätte Jun glatt vergessen, dass sie heute Abend zur Begrüßung von Akiko Essen gingen. Kopfschüttelnd nahm sie eine der Taschen. Neue Ereignisse konnte sie nur langsam verarbeiten, das war schon immer so. Wahrscheinlich war sie deshalb so zerstreut. Aber sie war sich nicht sicher ob das Gefühl, das sich seit Akikos Anwesenheit in ihr aufgebaut hatte, wirklich Freude war.
 

Nach dem üblichen Sonntagsfrühstück mit ihrer Schwester, ging Faye wieder in ihr Zimmer um sich die Schulsachen für den nächsten Tag zu richten. Anschließend nahm sie sich eines ihrer Mangabücher aus dem Regal und machte es sich damit auf dem Bett gemütlich. Im selben Moment ging dann auch schon die Tür einen Spalt auf und Sydney tapste in den Raum, sprang aufs Bett und kuschelte sich an Fayes Seite. Sofort begann sie zu lächeln.

"Was würde ich nur ohne dich machen, mein Kleiner?"

Da Faye in der letzten Nacht nur sehr unruhig geschlafen hatte wurde sie sehr schnell müde und schlief auch schon kurz darauf mit dem Buch in der Hand ein.

Als sie wieder aufwachte war es schon spät. Die Sonne war bereits untergegangen. Trotzdem schien es erstaunlich hell in ihrem Zimmer zu sein, denn irgendetwas blendete sie als sie. Verschlafen rieb sie sich die Augen und setzte sich im Bett auf wobei sie sich verwirrt im Raum umsah. Das Licht schien von ihrem Schreibtisch zu kommen und als Faye genauer hinsah, erkannte sie deutlich den Stein den sie am Abend zuvor im Wald gefunden hatte. Mit skeptischem Blick erhob sie sich langsam und ging zu ihrem Schreibtisch der direkt vor ihr stand. Nach kurzem betrachten nahm sie all ihren Mut zusammen und griff nach dem leuchtenden Objekt, ließ es jedoch sofort wieder fallen, als sie bemerkte, dass aus dem Stein eine nebelige Wolke empor stieg und sich zur einer Gestalt formte, die Faye um einige Zentimeter überragte.

Erschrocken floh sie zur anderen Seite ihres Zimmers - bereit sofort die Tür hinauszustürmen - und beobachtete mit aufgerissenen Augen was sich vor ihr abspielte.

Aus der großen Nebelwolke entstand die Figur einer Frau mit riesigen Flügeln, die nicht denen eines Engels, sondern eher eines Drachens glichen. Als sich der Nebel aufgelöst hatte, stand sie da und blickte zu Faye in der anderen Ecke des Raumes. Faye wollte am liebsten türmen, doch sie war wie gelähmt. Das einzige was wirklich in Bewegung blieb war der rasende Herzschlag, der durch ihre Adern pulsierte und die zittrigen Hände, die sie zu bändigen versuchte. Da das Licht des Steins nun erloschen war, konnte sie kaum noch etwas in ihrem Zimmer erkennen. Nur die groben Umrisse des fremden Wesens, das vor dem Fenster stand wurden von dem schwachen Schein der Straßenlaternen sichtbar.

"Was...was willst du hier??" Fayes zaghafte Worte waren kaum zu hören.

"Hab keine Angst, ich tu dir nichts! Vertrau mir!" Die unmenschliche Frau sah ihr mit einem gutmütigen Lächeln in die Augen. "Ich möchte dich nur um Hilfe bitten..."

Der hellblaue Stein lag nun als Kette um ihren Hals. Ihre Kleidung schien ebenfalls nicht von dieser Welt zu sein. Sie trug nur ein knappes kompliziertes Oberteil und einen langen Rock, der an den Seiten komplett offen war und nur durch zwei silberne Ringe an ihrer Hüfte zusammen hielt. Schuhe trug sie keine, dafür aber unzählige Reife aus Silber um Arm- und Fußgelenke.
 

Faye runzelte die Stirn und stand noch immer bewegungslos da.

"Ich muss träumen, ganz bestimmt.", murmelte sie lautlos vor sich hin.

"Bitte glaube mir. Ich weiß, dass du verwirrt bist oder auch Angst vor mir hast, aber ich will dir nichts Böses tun!" Mit diesen Worten versuchte sie sich langsam zu nähern.

Fayes Angst lies langsam nach und sie fand ihre Stimme wieder.

"Wer bist du?"

"Mein Name ist Mirelle. Ich verkörpere den Wind. Er ist das Element aus dem ich meine Lebenskraft schöpfe. Und ich komme von einer Welt, die nicht mehr existiert. Aus diesem Grund bin ich auch nur der Geist meiner früheren Lebensform. Ich bin hier weil du meine Reinkarnation bist. Mit Hilfe dieses Steins werden meine Kräfte auf dich übertragen und du kannst dich verwandeln." Während sie sprach hob Mirelle den Stein an ihrer Kette fest und streichelte ihn mit ihren Fingern.

Faye ließ sich Mirelles Sätze durch den Kopf gehen. Was gab diese Person da gerade von sich? War das ihr Ernst? Erwartete sie, dass Faye ihr tatsächlich Glauben schenkte? Sie wusste beim besten Willen nicht, wie sie sich verhalten oder was sie dazu sagen sollte. Außerdem begriff sie nicht, was das alles mit ihr zu tun hatte. Wieso wollte diese Person sie verwandeln?

"Wieso ich?? Und was soll hab ich davon wenn ich mich verwandeln kann?" fragte sie aufgebracht. Trotz ihrer vorherigen Angst, war Faye nun etwas mutiger und sicherer geworden, was aber noch lange nicht hieß, dass sie sich näher zu Mirelle traute.

"Der Kampf, der in meiner Welt begann kurz bevor sie zerstört wurde, ist nie zu Ende gegangen. Er geht jetzt auf diesem Planeten weiter und ist erst beendet, wenn die Elemente wieder in Frieden vereint sind."

"Also heißt das, es gibt noch mehr von dir??"

"Ja, alle die solch einen Stein besitzen."

Faye spürte plötzliche Neugier in sich aufsteigen und sie musste an Kayaka und Jun denken. Natürlich, wieso hatte sie da nicht vorher dran gedacht? Jun und Kayaka hatten auch solche Steine. Wahrscheinlich machten die Ärmsten gerade dasselbe durch wie sie.

"Arme Jun.", murmelte sie. "Die wird vor Angst gestorben sein." Fayes blick streifte nun wieder an Mirelle vorbei und ihr wurde wieder ihre Situation klar.

"Aber was ist mit dem anderen passiert? Da war doch noch ein Stein im Wald..."

Mirelles Blick wurde auf einmal ernster.

"Nur einer?"

"Ja...? Wieso?"

"Aber das kann unmöglich sein. Es müssten noch zwei gewesen sein!" Mirelle begann unruhig zu werden und musterte Faye mit misstrauischen Augen.

"Ehm, tut mir leid, ich kann dir nur sagen was ich gesehen habe."

Noch bevor Faye reagieren konnte stand Mirelle auf einmal vor ihr und hielt ihr die Halskette hin.

"Hier, nimm sie und trage sie immer bei dir. Es ist von jetzt an lebenswichtig für dich."

Und mit diesen letzten Worten verschwand sie wieder im Nebel des Steins. Faye stand noch immer ratlos an ihrer Zimmertür und versuchte die letzten Minuten zu verarbeiten. Kritisch betrachtete sie den hellblauen durchsichtigen Stein an der silbernen Kette. Ob ihren Freundinnen das gleiche wie ihr passiert war? Und wer war die andere Auserwählten? Oder waren es zwei??...
 

Leise sauste der Abendwind durch die Luft und wirbelte durch Kayakas Haarsträhnen, die sanft über ihre Wangen fielen. Anscheinend ging Kayaka mehr im Kopf herum als ihr bewusst war, denn in ihren Gedanken versunken vergaß sie völlig die Zeit. Umso mehr erschrak sie daher als sie auf ihre Armbanduhr schaute.

"Oh nein, Mom killt mich wenn sie schon da ist! Wenn sie sieht, dass ich Sakura alleine gelassen hab gibt's riesen Ärger!", rief sie panisch und rannte so schnell sie konnte nach Hause in der Hoffnung sie würde vor ihrer Mutter dort sein. Doch Kayaka hatte das Glück auf ihrer Seite, denn als sie die Tür herein trat, herrschte totenstille. So wie es aussah war Sakura schon daheim und schlummerte vor sich hin, denn auch von ihr war kein Geräusch zu hören. Da Kayaka auch eine leichte Müdigkeit verspürte, beschloss sie ebenfalls ins Bett zu gehen. Sie stand gerade einige Schritte vor ihrer Zimmertür, als sie bemerkte, dass unter der Tür ein heller Lichtspalt hindurch schien und der dunklen Ecke des Flurs eine unheimliche Atmosphäre verlieh. Nach kurzem zögern nahm sie die Klinke in die Hand und öffnete die Tür langsam Zentimeter für Zentimeter, wobei sie die Augen zusammenkneifen musste um nicht so stark geblendet zu werden. Doch kaum war die Tür weit geöffnet, verblasste das Licht ein wenig, sodass Kayaka erkennen konnte woher es kam. Sie atmete einmal tief ein und wieder aus und griff nach ihrer Tasche auf ihrer Fensterbank, die sie am vorherigen Tag bei sich hatte. Da sie schon die ganze Zeit lang ein seltsames Gefühl hatte, konnte sie sich nur allzu gut denken welcher Gegenstand für diese Szene verantwortlich war. Als sie den Stein fand und herausholte, spürte sie eine leichte Vibration und warf ihn erschrocken in die Ecke direkt hinter ihr Bett neben der Zimmertür.

"Blöde Idee, Kayaka!" flüsterte sie sich selbst zu, denn sie konnte nun weder sehen was hinter dem Bett vor sich ging, noch zur Tür hinaus flüchten.
 

Als Jun mit Akiko und ihren Tanten wieder zur Wohnungstür hereinkam rannte sie sofort in ihr Zimmer und knallte wütend die Tür zu. "Ich hasse dich Akiko!" rief sie mit tränenerfüllter Stimme, die jedoch durch die dicke Tür nur sehr leise bei Akiko ankam. Auch sie war den Tränen nahe, dabei wollte sie doch gar nicht dass es soweit kam. Vor einigen Stunden, während die Familie beim Essen war, bekamen sich Akiko und Jun wieder wegen ihrer Mutter in die Haare. Akiko hatte sie gefragt ob sie den schlimmen Unfall bisher ein wenig verdaut hätte, doch Jun fuhr sie daraufhin nur an sie würde sich kein Stück verändert haben und war den ganzen restlichen Abend weder von ihr noch von Tante Reiko oder Ami ansprechbar.

"He ihr beiden. Bitte streitet doch nicht schon wieder. Du bist doch kaum hier und es geht schon wieder los! Bitte Akiko! Geh doch mal zu ihr...", sagte Ami traurig und sah Akiko mit bittendem Blick an. Doch Akiko kannte Jun nur allzu gut und sie wusste, dass sie bis zum nächsten Morgen nicht mit sich reden lassen würde.

"Ich... ich glaube ich lasse sie lieber noch eine Weile in Ruhe.", antwortete sie leise und verschwand daraufhin in ihrem Zimmer genau nebenan.

Verzweifelt ließ sich Tante Ami in den Sessel des Wohnzimmers fallen. Sofort kam Reiko zu ihr und versuchte ihr Mut zu machen.

"Ich weiß es ist nicht einfach für uns. Wir hatten gehofft nach der langen Zeit in der Akiko fort war hätten sich die Probleme zwischen den beiden gelegt und nun ist es wieder so wie früher. Aber ich bin mir sicher dass sich das diesmal ändern wird. Beide sind doch älter und reifer geworden. Sie werden schon einen Weg finden die Streitereien zu schlichten." Sie setzte sich auf die Lehne des Sessels und schloss Ami liebevoll in die Arme. Ami lehnte ihren Kopf an Reikos Brust und schloss die Augen. Eine von Amis Tränen tropfte auf ihren Arm.

"Ich hoffe nur dass du Recht hast, Reiko!"
 

Akiko kam gerade aus der Dusche und tappte mit einem Handtuch, das sie sich umgebunden hatte, durch den Flur. Als sie am Wohnzimmer vorbei schlich, blieb sie plötzlich stehen und starrte unsicher zu Tante Ami und Reiko, die zusammengesackt auf Boden und Sessel saßen. Misstrauisch näherte sie sich den beiden und sah, dass sie ohne Bewusstsein waren. Ehe sie reagieren konnte Akiko einen lauten Schrei aus Juns Zimmer.

"Verdammt!" flüsterte Akiko und rannte zurück durch den Flur, doch als sie Juns Zimmertür öffnen wollte, wurde sie wie durch eine gigantische Schockwelle von der Tür weg gestoßen und an die andere Wand des Ganges geschleudert, woraufhin sie benommen zu Boden fiel.

"J...Jun...!"

Mit aller Kraft versuchte Akiko sich wieder aufzuraffen um ihrer Cousine zu helfen, doch es gelang ihr nicht und sie sank bewusstlos zusammen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Renraven
2006-01-11T23:23:29+00:00 12.01.2006 00:23
*auf Ihr gugg*
x.x
*in 5h 1/2h rausmuss*

nya egal das 4 kap. war ja ned lang.

Weita! XD
*anfeuer* *motivier* *_*
Von: abgemeldet
2006-01-03T16:42:20+00:00 03.01.2006 17:42
Hey du hast es echt drauf ;)
Mach nur weiter so! Will wissen wie es weitergeht
Is richtig spannend ^^
*dich vor den Rechner schieb*
Also mach schön weiter xD
Von: abgemeldet
2006-01-03T02:57:30+00:00 03.01.2006 03:57
Hey Kleine!
Ich kenn die Story zwar schon ne Weile aber du arbeitest ja jeden Tag daran ^^
Ich find sie einfach total genial und freu mich schon drauf wie es weiter geht, denn alles kenn ich ja auch noch nicht *schnief*
Auf jedenfall mach weiter, du hast es echt drauf!!!

*fettes Knuddel* *kiss*
Von: abgemeldet
2006-01-02T12:28:57+00:00 02.01.2006 13:28
hey!! wann gehts weiter?? ^^?
Die ist voll cool!!! ^_^
Von:  Renraven
2005-12-31T17:18:30+00:00 31.12.2005 18:18
weiter weiter! xD *vor neugier platz* ^^


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