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Einzelposting: Jane Austen- Vorbild?


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Von:    4FIVE 10.07.2011 19:38
Betreff: Jane Austen- Vorbild? [Antworten]
Ich weiß nicht, wie die Matura (Abitur) in Deutschland handhabt, in Österreich jedenfalls brauchen wir in jedem Fach ein Spezialgebiet, das im Unterricht nicht behandelt wurde und über das wir ebenfalls geprüft werden. Meines war in Englisch "Jane Austen", daher kenne ich mich ein wenig damit aus und muss mich mal eben einmischen.

Austen war meiner Ansicht nach nicht wirklich eine Vertreterin des Realismus, da Realismus ja immer die bloße Beobachtung und Verschriftlichung des Beobachteten ist. Sie war sehr viel mehr als das. Ihre Romane haben einen zynischen, mahnenden Kommentar. Sie überzeichnet die Charaktere wo sie nur kann und überspitzt die Handlung gekonnt, um alles perfekt in Szene zu setzen - mehr ist es aber auch nicht, was ihre Bücher auf dieser Stilebene gesehen ausmacht. Sie zeichnet ein Bild, das an die Realität angelehnt und davon inspiriert ist, aber nicht die Realität per se.
Sie selbst war außerdem Teil der Lower Gentry und kannte gar nichts anderes. Wie lachende_goettin bereits erwähnt hat, kam Austen selten vor die Tür. Sie versuchte zwar nach bestem Wissen und Gewissen sich alles Hintergrundwissen anzueignen, mehr aber als die Recherche war ihr nicht möglich.

Du darfst Austens Bücher also nicht für bare Münze nehmen. Ebenso wenig wie Bücher der heutigen Zeit. Sie sind alle nicht so, wie die Realität ist. Ich beziehe mich hier natürlich bloß auf Romane, deren Inhalt nicht fantastisch (mit Vampiren und Zauberern etc) ist. Und da sie alles, wie bereits erwähnt, überspitzt als impliziten Kommentar zu den Missständen der Gesellschaft formulierte (wobei die Missstände natürlich nur aus ihrer Sicht gesehen solche waren und wohl auch nicht ganz so waren, wie Austen sie schildert), muss man, um der Wahrheit des 18./19. Jahrhunderts nahe zu kommen, wohl einiges entschärfen.

Als stilistisches Vorbild finde ich sie absolut perfekt gewählt. Ihre Handlungen sind klar definiert, haben Hand und Fuß und ihr Repertoire an Stilmitteln, ihr Vokabular und die Art, wie sie Sätze formuliert, sind beachtens- und beneidenswert. Auch wenn sie erst sehr viel später nach ihrem Tod populär wurde.

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