Lockharts Doppelleben

Nächtlicher Aufruhr

Lockharts Doppelleben
 

Nächtlicher Aufruhr
 

Disclaimer: siehe Prolog

~*~

Obwohl seit Wochen bekannt war, daß Clara Lockhart zu Schuljahresbeginn in Hogwarts einziehen würde, hatte die Verwaltung es nicht fertiggebracht, ihr ein Appartment zuzuweisen. Das erfuhr sie allerdings erst, als sie bei Filch den Schlüssel abholen wollte.

Der Hausmeister bemerkte lapidar, er hätte die zweite Eintragung unter >Professor Lockhart< für einen Kopierfehler gehalten und noch nichts organisiert. Clara versprach ihm, sich umgehend zu beschweren und zog bei Sybil Trelawney ein. Ihre Koffer hatte sie ohnehin bei der Freundin deponiert, weil sie zu spät angekommen war und das Essen nicht verpassen wollte, indem sie ganz Hogwarts nach Filch absuchte. Sie hatte angenommen, sie würde ihn nach dem Fest in der Halle erwischen, aber nachdem sie Harry und Neville abgefertigt hatte, war er schon weggewesen.

Mittlerweile war es spät, schon nach Sperrstunde, und sie saß in Sybils hippiemäßig eingerichteter Wohnung auf einem Yoga-Kissen auf dem Boden und trank Ingwer-Tee.

Wie früher, zu ihrer Zeit als Schülerinnen, als sie sich noch einen Schlafsaal teilten, hatten sie ein stinkendes Räucherstäbchen angezündet, trugen nichts als ihre Nachthemden und redeten über die Schule. Sybil war einmal in Gilderoy verliebt gewesen - behauptete sie zumindest. Soweit Clara vermutete, war ihre beste Freundin immer noch hinter ihrem Bruder her. Das sprach sie auch laut aus.

Sybil lachte. "DU! Du warst in Snape verliebt, das weiß ich ganz genau!"

Clara zuckte mit den Schultern. "Und wenn schon. Der kann wenigstens was. Nicht so wie Gilly."

"Oh, ich hasse diesen Spitznamen und ich weiß, er haßt ihn auch!" kicherte Sybil. Sie machte eine Pause und trank etwas Tee. "Ich weiß bis heute nicht... ich meine... stört dich seine Nase nicht?"

Clara brachte ein wehmütiges Lächeln zustande und seufzte: "Ich verliebe mich gewöhnlich in Intelligenz, Ernsthaftigkeit und Kompetenz." Sie versuchte, möglichst würdevoll zu wirken, was aber nicht so ganz gelang, in dem bauschigen Nachthemd. "Abgesehen davon - was ist denn mit seiner Nase?"

Kopfschüttelnd lachte Sybil. "Arme, irregeleitete Clara! Ich hoffe, du bist von ihm geheilt. Du hast ihn doch heute abend erlebt - ich kann mir nicht vorstellen, daß du nach all der Zeit und nachdem er sich so dämlich verhalten hat, noch was für ihn empfindest.

Und überhaupt - du weiß ja, was man über seine Sorte sagt..."

"Seine Sorte?"

"Er war ein Death Eater," erklärte Sybil ernst.

"Ich weiß. Was sagt man denn über die?"

"Du warst lange nicht in England, oder?"

Clara schmunzelte. "Richtig.

Also?"

"Na, sie tragen nicht nur Kutten wie Mönche, sie müssen auch so leben. Du weißt schon, die drei Gelübde: Armut, Gehorsam... Keuschheit..." Bedeutungsvoll zog sie die Augenbrauen hoch. "Gehorchen müssen sie IHM sowieso alle. Und sie dürfen sich nicht... durch fleischliche Begierden ablenken lassen."

"Das wundert mich," kommentierte Clara trocken. "Ich meine, ich kannte Lucius Malfoy, bevor er dem Verein beigetreten ist - und er war bekannt dafür, daß er nichts anbrennen ließ..."

"Hast du...?"

"Nein." Clara grinste. "Nein, er ist nicht mein Typ.

Er hat mich zu sehr an Gilly erinnert, weißt du?

...

Was ist mit der Armut? Die Malfoys waren noch nie arm."

"Dann werden sie bald wissen, wie das ist... nachdem Lucius in Azkaban gelandet ist..." Sybil räusperte sich. "Armut konnte Du-weißt-schon-wer nie ganz durchsetzen, gerade wegen solcher Mitglieder wie der Malfoys. Wenn die gegangen wären, hätte er einpacken können."

"Was ist mit dem Jungen?"

"Draco?" Sybil runzelte die Stirn. "Ich habe nichts bemerkt. Ich glaube auch nicht, daß Lucius ihn mal zu einem Treffen mitgenommen hat. Der Dunkle Lord haßt Kinder. Seit dieser Sache mit Harry Potter ganz besonders - und damit wären wir wieder bei Snape gelandet.

Ich glaube nicht, daß er ein guter Liebhaber ist, wenn er seit zwanzig Jahren nicht... naja..." Die Wahrsagelehrerin kicherte unterdrückt. "Meinst du, der weiß ÜBERHAUPT, wie es geht?"

"Du kannst ihn ja fragen," schlug Clara spaßeshalber vor. "Immerhin sind wir alle erwachsen."

"Oh, um Himmels Willen, nein!" gab ihre Freundin zurück. "Darauf kann ich verzichten! Ich würde lieber Gilderoy fragen."

Verzweifelt schlug Clara sich die Hände vor's Gesicht. "Warum denn um alles in der Welt mein Bruder, Sybil?!"

Ein herausforderndes Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. "Ihr seid beide sehr hübsch... und so heldenhaft... und gebildet... na gut, Gilderoy stellt sich in der Praxis etwas dumm an... vielleicht sollte ich doch lieber DICH nehmen! So gut wie Snivelly bin ich allemal!"

"Nenn ihn nicht so," verbot Clara ihr leise. "Du bist betrunken."

"Von Ingwer-Tee?!" lachte Sybil. "Komm, laß uns den Traum aller Männer leben - gehen wir ins Bett!"

"Ich übernachte NIE WIEDER bei dir," schwor Clara düster, folgte ihr aber ins Schlafzimmer.

Sie hatten es sich gerade gemütlich gemacht und sich fest in die Decken eingewickelt, als draußen das Donnerwetter losging: etwas polterte die Stufen des Turms hinunter, mit einem ohrenbetäubenden Krach, der Clara senkrecht in die Höhe schießen ließ.

"Das ist nur wieder Peeves," versuchte Sybil sie zu beruhigen. Doch dann hörten sie ein Mädchen schreien - und waren mit einem Satz aus dem Bett, in ihre Morgenmäntel und Pantoffeln geschlüpft und hinausgestürmt.
 

Ff...