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Letzte Wiederkehr

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Schon bald hatten sich alle ihrer nassen Schuhe entledigt, die Regenschirme in einen Schirmständer gestellt und versammelten sich nun um den großen Flachbildfernseher in Pegasus‘ Salon. Dort schaltete der Nachrichtensprecher gerade zu einer Reporterin in Tokio, deren Stimme aufgeregt erklang: „Nun zu weiteren Breaking News: In sämtlichen japanischen Städten kam es zu rätselhaften Erscheinungen“, erklärte sie ernst, „Passanten in den Innenstädten geben an, schattenhaften Kreaturen begegnet zu sein, die sie nicht näher zu beschreiben wussten.“
 

Als nächstes blendete man einen Mann in den Vierzigern ein, der verängstigt und gehetzt aussah. „Es war … einfach unheimlich“, erzählte er der Kamera, „ich war auf dem Weg zum Supermarkt. Auf einmal wurde es um mich herum düster, als wäre es Nacht. Und dann … hab ich etwas gesehen. Eine Art Schatten, ja, so könnte man es beschreiben! Ja, und dann ist er wie … in mich hineingefahren. Ich fühlte mich … irgendwie resigniert und wusste gar nicht mehr, was ich eigentlich im Begriff war zu tun. Auf einmal war es vorbei. Ich wusste nicht mal, ob ich mir alles eingebildet hatte. Ich wusste nicht, wie lange ich nichts mehr bewusst wahrgenommen hatte.“
 

„Ähnliche Begegnungen der dritten Art werden von dutzenden Einwohnerinnen und Einwohnern Japans beschrieben“, meldete sich nun wieder die Journalistin zu Wort, „ob es sich hierbei um kollektive Wahnvorstellungen, ausgelöst etwa durch eine Nahrungsmittelvergiftung oder Rauschgift, handelt, bleibt zu untersuchen.“ „Vielen Dank, Tanemura-san“, sagte nun der Nachrichtensprecher im Studio, „außerdem ist Japan von einem seltsamen meteorologischen Ereignis betroffen. Die Sonne war am heutigen Tag bereits ab 14:00 Uhr nicht mehr sichtbar. Expertinnen und Experten prüfen aktuell, ob es sich dabei um ein astronomisches Phänomen handelt.“
 

Yugi schaltete den Fernseher aus und wandte sich ernst zu den anderen um. „Ich habe mit Großvater gesprochen. Er hat mir gesagt, er hat in Domino mit eigenen Augen gesehen, wie eins dieser schattenhaften Wesen, die kaum Konturen oder eine Form zu haben scheinen, mitten auf der Straße vor dem Spieleladen in eine Fußgängerin hineingefahren ist. Sie hat daraufhin wie ein Zombie agiert. Außerdem scheint es stündlich dunkler draußen zu werden.“ „Ja, du hast Recht“, sagte Téa mit einem raschen Blick zum Fenster, „es ist jetzt erst früher Abend und bereits stockfinster. Bei dem Unwetter und in dem beleuchteten Zelt ist mir das gar nicht so sehr aufgefallen.“
 

„Seltsam“, sagte Atem gedankenverloren mehr zu sich selbst. „Was denn?“, wollte Yugi wissen. Atem sah auf. „Naja, warum überall in Japan? Warum dann nicht hier? Müsste denn hier nicht das Zentrum des Ganzen sein, weil Pegasus hier das Ritual durchgeführt hat? Ich meine, sicher, es ist auch hier dunkel und gewittrig. Aber einen Schatten habe ich bis jetzt nicht gesehen.“ Alle sahen sich etwas ratlos an und wussten darauf ebenfalls keine Antwort.
 

„Jedenfalls möchte ich so schnell wie möglich nach Domino zurück!“, sagte Yugi mit bebender Stimme, „ich kann Großvater dort nicht länger alleine lassen! Wahrscheinlich war es ein Fehler, überhaupt herzukommen. Irgendwas muss ich einfach tun!“ „Das sehe ich genauso!“, alle wandten sich überrascht um, als von der offenen Tür zum Salon her plötzlich Setos Stimme erklang. Auch Atem sah zu ihm hin und ihre Blicke verhakten sich für einen Augenblick ineinander.
 

„Heute Abend ist das völlig zwecklos“, sagte Pegasus entschieden, „bei Nacht und in mitten dieses Unwetters zu fliegen halte ich für eine mehr als unvernünftige Idee.“ „Das stimmt leider“, gab Seto zu, „auch wenn ich befürchte, dass wir morgen früh ähnliche Bedingungen wie heute Abend haben werden. Trotzdem war es ein langer Tag und wir sollten alle etwas ausruhen. Ich werde morgen sehr früh aufbrechen. Ich kann meine Firma nicht so lange unbesetzt lassen.“ „Ich komme auf jeden Fall mit!“, verkündete Yugi entschlossen und Seto nickte.
 

Dann trat er zu Atem. „Atem, es wäre mir recht, wenn du auch mitkommst.“ Der Pharao sah unschlüssig aus. „Seto, ich weiß nicht …“ „Bitte, überleg es dir bis morgen.“ Schließlich trat er noch einen Schritt näher an ihn heran und drückte ihm, von den anderen unbemerkt, den Umschlag in die Hand, den er auf Pegasus Nachtschrank gefunden und im Gehen kurzerhand eingesteckt hatte. „Was …?“, setzte Atem an, doch Seto unterbrach ihn. „Rede mit niemandem darüber und sieh es dir später alleine an“, raunte er ihm zu, „ich denke, das wird dich davon überzeugen, dass es die richtige Entscheidung ist, abzureisen.“ Mit zusammengezogenen Brauen nahm Atem das Kuvert entgegen und steckte es ein.
 

„Vielleicht sollten wir morgen alle gehen“, überlegte Ryou leise, „Gott sei Dank sind wir ja mit Kaibas Jet gekommen. Wir sind also flexibel.“ Bakura sah nachdenklich aus. Hellwach und wieder ernüchtert ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Ein resigniertes Schweigen legte sich über die ganze Gruppe.
 

Doch es hielt nicht lange an. Unvermittelt wurde es durch ein ohrenbetäubendes Geräusch draußen vor dem Fenster unterbrochen und für einen kurzen Moment strahlte ein taghelles Licht zu ihnen herein. Es sah aus, als leuchte jemand mit einer riesigen Taschenlampe durchs Fenster. Alarmiert sprangen Joey und Tristan auf, liefen zur großen Glasfront und pressten ihre Nasen daran platt. „Was war das?!“, wollte auch Téa wissen. Pegasus schritt ebenfalls zum Fenster und beobachtete interessiert, was draußen vor sich ging. „Es sieht aus, als bekämen wir noch mehr Besuch. Wie gut, dass ich gerade heute eine Party ausrichte.“
 

Draußen auf dem Burgdach, auf dessen Höhe sich auch der Salon mit der großen Glasfront befand, landete gerade ein fliederfarbener, kompakter Jet direkt neben Setos Weißer-Drachen-Jet. Als sich dieTür des Fluggeräts öffnete, konnten sie beobachten, wie diesem ein hochgewachsener, gutgekleideter Mann entstieg.
 

Joey machte große Augen. „Spinn ich?!“, rief er aus, „das ist dieser Etepetete-Schnösel, Ziggy von Schroeder!“ „Ah, Zigfried, mein alter Freund und Geschäftspartner“, sagte Pegasus amüsiert, „nun, das könnte interessant werden. Ich bin gespannt, was er hier will.“ Er machte Croquet ein Zeichen, dem Neuankömmling das Tor zu öffnen.
 

Es dauerte lediglich wenige Minuten, bis Zigfried von Schroeder in einem mintgrünen Anzug mit violetter Schleife und mit einem rosa-geblümten Regenschirm bewaffnet vor ihnen allen stand und sie argwöhnisch begutachtete. „Was ist das hier für eine Versammlung?“, verlangte er verwundert zu wissen. Dann fiel sein Blick auf Kaiba und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Sieh an, der liebe Herr Kaiba. Herr Pegasus, machen Sie etwa hinter meinem Rücken Business-Deals mit der KaibaCorporation?“ „Mit Nichten!“, knurrte Seto, „ich habe es nicht nötig, überhaupt noch mit Industrial Illusions zusammenzuarbeiten. Die KaibaCorporation hat mittlerweile so sehr expandiert, Kooperationen wären nur unnötiger Ballast!“, prahlte er. „Nun, wenn du das sagst“, entgegnete Zigfried unbeeindruckt.
 

„Was verschafft mit denn die Ehre, Schroeder-Boy?“, fragte der Burgherr höflich. „Ganz einfach: Sie haben etwas von mir, das ich wiederhaben will, Pegasus. Und ich brauche es sofort!“, kam der Angesprochene ohne Umschweife auf den Punkt. „Aha, so ist das also. Ich helfe natürlich gerne, wenn ich kann. Und was könnte das sein, dass du von mir brauchst?“, fragte Pegasus, während er seelenruhig an seinem Glas Wein nippte. „Die Schriftrolle mit dem ‚Ritual der Schatten‘!“, verkündete Zigfried. Alle starrten ihn mit offenen Mündern an.
 

„Wie bitte?“, fragte Yugi als erster, „die Schriftrolle soll dir gehören?“ „Jetzt wird es interessant“, murmelte Bakura schadenfroh. „Genau so ist es! … Aber woher wisst ihr überhaupt von der Schrift?“, wollte Zigfried skeptisch wissen. „Nun, bedauerlicherweise … kann ich deinem Wunsch nicht nachkommen“, entgegnete Pegasus ruhig. „Was? Aber … warum denn nicht? Ich zahle Ihnen den ursprünglichen Preis wieder vollständig zurück!“, begehrte Zigfried auf. „Das glaube ich nur zu gerne. Aber leider ist eine Seite der Schrift ... abhandengekommen“, erklärte Pegasus, während er hilflos die Hände hob.
 

„Sie ist … was?!“, Zigfried von Schroeder wurde mit einem Mal blass um die Nase. „Aber wie … wie kann das möglich sein?! Hätte ich gewusst, wie Sie mit einer solch antiken Kostbarkeit umgehen, hätte ich sie Ihnen gar nicht erst beschafft!!“, stieß er zornig hervor, das Gesicht vor Wut verzerrt.
 

„Jetzt mal langsam zum Mitschreiben“, ging Tristan verwirrt dazwischen, „du hast Pegasus die Schrift besorgt?“ „Ich wüsste zwar nicht, was dich das angehen könnte, aber – ja“, erklärte Zigfried ungeduldig, „Herr Pegasus hatte mich damals kontaktiert, nachdem ich bei Kaibas Grand Championship-Turnier gescheitert war. Vielleicht wisst ihr es nicht, aber ich sammle antike Gegenstände. Ja, ich habe eine ganz beachtliche Kollektion. Jedenfalls hat er meiner Firma einen Exklusiv-Deal mit Industrial Illusions angeboten. Alles was ich dafür tun musste, war, diese Schriftrolle zu beschaffen, die aus dem Museum in Kairo entwendet worden war. Da ich exzellente Kontakte in den Untergrund habe, hat es nicht lange gedauert, herauszufinden, wo das Stück im Darknet angeboten wurde. Natürlich hätte ich ein solch kostbares Dokument gerne selbst in meiner Sammlung gehabt, aber … der langersehnte Vertrag mit Industrial Illusions war nun mal wichtiger.“
 

Die Gruppe sah nun geschlossen zu Pegasus hinüber. „Was schaut ihr denn jetzt so? Habe ich euch nicht schon anfangs erzählt, dass ich die Schriftrolle für meine Kartenproduktion habe beschaffen lassen? Von wen, das ist doch vollkommen irrelevant!“ „Zigfried“, klinkte sich nun Atem in das Gespräch ein, „aber warum möchtest du denn die Schrift nach all der Zeit nun so plötzlich wiederhaben?“ „Das würde mich auch interessieren!“, sagte Joey.
 

„Nun ja … das ist weil … ein Käufer ist auf mich zugekommen. Ja, er hatte wohl Wind davon bekommen, dass die Rolle einmal in meinem Besitz war, und er zahlt einen – einen phänomenalen Betrag dafür! Ich dachte erst, ich hätte mich verhört! Ein Betrag, der mir gerade sehr gelegen kommt, da ich an einer neuen, geheimen Technologie arbeite, die sogar die KaibaCorp nicht toppen kann! An der Trendwende in meiner Karriere sozusagen!“
 

Alle sahen zu Pegasus, als er unvermittelt in schallendes Gelächter ausbrach. „Ist das nicht die reine Ironie?“, er wischte sich die Lachtränen weg, „alle sind wir zum gleichen Zeitpunkt versammelt wegen dieser sagenumwobenen Schrift. Und das Tragische ist: Wäre sie noch vollständig in meinem Besitz, hätte ich vielleicht sogar ein Nachsehen gehabt und sie dir für einen guten Preis oder ein Vorrecht auf deine neue Technologie zurückverkauft – nur damit du sie dann hättest weiterverschachern können. Aber nun sind mir ja leider die Hände gebunden. Du kannst die eine Hälfte haben – für die Hälfte des Kaufpreises.“
 

Zigfried war außer sich vor Verzweiflung. „Ich verstehe einfach nicht, wie ein solch wertvolles Artefakt einfach so verschwinden kann! Das – das kann ich nicht akzeptieren! Nein, ich gehe hier nicht eher weg, bevor diese Seite wieder aufgetaucht ist, und wenn ich die ganze Burg Stein für Stein auseinandernehmen muss!“ „Soll er doch suchen“, bemerkte Bakura glucksend, „vielleicht findet er ja was.“ „Heute noch zurückzufliegen ist jedenfalls keine Option“, bemerkte Pegasus, „Croquet, sei so gut und quartiere Herrn von Schroeder in einem der Gästezimmer ein.“
 

„Naja, schätze mal, deine Party hat ein frühzeitiges Ende gefunden, Pegasus“, seufzte Joey bitter. Tatsächlich war keinem von ihnen mehr nach Feiern zumute. „Ja, ich denke, wir sollten alle etwas Ruhe finden und uns für morgen auf alles gefasst machen“, nickte Ryou zustimmend, „ich für meinen Teil würde auch morgen früh lieber nach Hause fliegen. Ich mache mir Sorgen um meine Mutter.“
 

***

So löste sich die Gruppe nach und nach auf. Schweigend liefen Ryou und Bakura die Stufen hinauf in Richtung ihrer Quartiere, die nebeneinanderlagen. „Verrate mir mal eins“, durchbrach der Grabräuber schließlich das Schweigen zwischen ihnen, „warum steckt ihr eigentlich so viel wertvolle Energie in eure Bemühungen, eine Sache zu verhindern, gegen die ihr vermutlich nicht das Geringste ausrichten könnt? Was geht’s euch überhaupt an? Ihr habt es nicht mal ausgelöst. Ihr seid niemandem was schuldig.“
 

Ryou sah ihn nachdenklich an. Sie standen jetzt vor ihren Zimmertüren. „Eigentlich keine schlechte Frage“, gab er zu. Auch er würde sich jetzt lieber um einen Studienplatz in England kümmern. Doch nun, da er nicht einmal sicher wusste, ob er überhaupt jemals dort würde leben können, ob nicht vorher eine große Dunkelheit dem Leben, das sie jetzt lebten, ein Ende bereiten würde … „Ich schätze, wir haben einfach immer das Missvergnügen, mehr zu wissen als alle anderen. Wir stecken mittlerweile zu tief in alldem drin. Und mit diesem Wissen einfach so weiterzumachen, nichts zu unternehmen und dadurch indirekt dazu beizutragen, dass vielleicht Menschen zu Schaden kommen … ich für meinen Teil ziehe es da lieber vor, den unangenehmen Weg einzuschlagen. Gegenfrage: Wieso verwendest du so viel deiner Energie darauf, Gräber auszurauben und dich unrechtmäßig zu bereichern? Oder Schriftrollen mit dunklen Ritualen darauf an dich zu bringen?
 

Bakura betrachtete ihn nachdenklich. Dann grinste er hämisch. „Es ist einfach, was ich tue. Aus der ersten Reihe zu verfolgen, wie das ‚Ritual der Schatten‘, von dem ich geglaubt hatte, dass ich es aus Leichtsinn verloren hatte, endlich entfesselt wurde – also ich für meinen Teil fand diesen Trip in die Zukunft bisher mehr als lohnenswert!“
 

Ryou zog eine Augenbraue nach oben. Dann steckte er wortlos den Schlüssel in das Schlüsselloch seiner Tür und schloss auf. Bevor er eintrat, drehte er sich noch einmal zu Bakura um. „Du kannst so viel mit deiner Skrupellosigkeit prahlen und das alles so sehr auf die leichte Schulter nehmen, wie du willst. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du sicherlich nicht nur als stummer Zaungast hierhergebracht wurdest. Ich bin fest davon überzeugt, dass du deinen Teil dazu beitragen wirst, das Schlimmste zu verhindern, ob es dir gefällt oder nicht. Und ich hoffe, wenn es soweit ist, bin ich dann ein Zuschauer in der ersten Reihe.“ Er lächelte Bakura erhaben zu, dann schloss er die Tür hinter sich und ließ ihn irritiert auf dem Flur stehen.
 

***

Atem saß derweil auf seinem Bett und drehte nachdenklich den Briefumschlag in den Händen, den ihm Seto vorhin zugesteckt hatte. Er fragte sich, was das alles sollte, Erst verhielt sich Seto vollkommen irrational und eifersüchtig und nun überbrachte er ihm eine Art schriftliche Botschaft. Noch dazu wusste der Firmenchef doch nur zu gut, dass Atem der Schrift dieses Landes nicht mächtig war. Der Pharao spielte mit dem Gedanken, den Brief einfach nicht zu öffnen, entschied sich letztlich aber doch dafür. Er war zu neugierig, um nicht wissen zu wollen, was sich darin befand. Er löste die Klebefläche und war überrascht, als er im Inneren des Kuverts keinen gewöhnlichen Brief, sondern ein kleineres Stück Papier fand.
 

Zuerst war er sich nicht darüber bewusst, was es war, das er da in Händen hielt. Leider hatte er noch immer viel zu viel über die Gepflogenheiten dieser Zeit zu lernen. Doch schließlich erkannte er darauf neben den üblichen Schriftzeichen deutlich eine Zahl und dazu das Zeichen, das sie hier in diesem Japan benutzten, wenn es um Geldsummen ging. Es musste sich also um eine Art Scheck oder Rechnung handeln. Eine zweite Zeichenfolge kam ihm ebenfalls bekannt vor, denn er hatte sie schon mehrmals während ihres Aufenthaltes hier gesehen: Es waren dieselben Zeichen, die an dem Namensschild auf der Kleidung des jungen Sanitäters standen: Uyeda Bukhari. Bedeutete das etwa, dass Uyeda von Pegasus Geld empfangen hatte?
 

Atem schnappte nach Luft und ließ den Zettel sinken. Natürlich! Nun machte es alles Sinn. Wie hatte er so dumm sein können, zu glauben, dass Seto ihn aus Eifersucht von Uyeda hatte fernhalten wollen? Er hatte es nur getan, weil er Informationen gehabt hatte, die Atem nicht hatte – und er hatte es versucht, ihm zu sagen. Dass nämlich Pegasus Uyeda für irgendetwas bezahlt hatte, das nichts mit seinem regulären Gehalt zu tun hatte. Dass möglicherweise beiden nicht zu trauen war. Atem schämte sich jetzt für seine harschen Worte.
 

Entschlossen klopfte er wenige Minuten später an Setos Zimmertür. Erstaunt öffnete ihm der Chef der KaibaCorporation. Er trug lediglich ein locker geknöpftes Hemd, offenbar hatte er nicht mehr mit Gesellschaft gerechnet. „Tut mir leid“, sagte Atem leise, „du wolltest es mir sagen, aber ich hab dich nicht gelassen.“ Seto schüttelte leicht den Kopf. „Mir tut’s auch leid. Ich … hab dich ziemlich ins Kreuzverhör genommen, das war albern von mir. Ich weiß auch nicht, was in mich …“
 

Weiter kam er nicht, denn Atem zog ihn rabiat zu sich herunter und verwickelte ihn in einen stürmischen Kuss, der immer begieriger und leidenschaftlicher wurde. Mit dem Fuß trat Seto die Tür hinter ihnen zu, als Atem ihn ins Innere des Zimmers schob und ungeduldig an Setos Hemdknöpfen nestelte. Er spürte Setos Hände warm auf seinem Rücken, wie sie unter sein Shirt glitten und ihn enger an sich zogen, hörte ihrer beider Atem, der schneller und stoßweise ging.
 

Atem brach den Kuss für einen kurzen Moment ab, um Seto mit seinen ausdrucksstarken Augen anzusehen. „Seto, ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn alles einen anderen Verlauf genommen hätte", sagte er, „ich weiß nur, dass ich das hier will. Und dass es im Augenblick nichts mit Seth zu tun hat." „Und ich weiß nach wie vor nicht, warum ich dich unbedingt aus dem Totenreich zurückholen wollte", entgegnete Seto leise, „Aber vielleicht … spielt das alles auch einfach keine Rolle. Wir sind jetzt hier. Mehr muss ich im Augenblick nicht wissen.“
 

Atem ließ seine Hände über Setos entblößte Brust nach oben zu dessen Schultern gleiten und zog ihn erneut nach unten und in einen Kuss. Seine Hände vergrub er in Setos Haar, während Seto seine Lippen über Atems Nacken gleiten ließ. Und Atem erlaubte es sich, nicht an sein früheres Leben zu denken, nicht an Seth oder an seine Fehltritte, an sein Schicksal oder daran, dass alles enden musste.


 


 


 


 


 


 



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