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Fünfmal Weihnachten

Ein Adventskalender mit Mut zur Lücke
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Prompt für den 16.12.: "Sag kein Wort - tanz einfach mit mir!"

Besser spät als nie - nicht?
Hier findet ihr auch noch den Soundtrack, den ich beim Schreiben gehört habe: https://open.spotify.com/track/5NdxiycRi3nP2v7RJoAJIT?si=lZ68f-TCSFm5Ynuw_iT-vg Komplett anzeigen

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Viermal Vorweihnachtszeit

Mao lungerte gemeinsam mit Lai am Rand der Tanzfläche vor der kleinen Bühne im Loop, einer Bar, in der regelmäßig Live-Musik spielte und die seine Schwester seit kurzem besuchte, weil dort ein gewisser Bassist, für den sie schwärmte, Stammgast war. „Die Band ist so gut!“, plapperte sie aufgeregt, während sie darauf warteten, dass besagte Band – Lai wusste nichts über sie, abgesehen von Maos Schwärmereien über das Aussehen des besagten Bassisten – endlich auftauchte und das Konzert losgehen konnte. Der Schwarzhaarige zuckte unbeteiligt mit den Schultern, ließ seine Schwester reden. Ihn interessierte die Musik nicht wirklich; eigentlich interessierte ihn momentan gar nichts, bis auf –

Lai unterbrach seinen Gedankengang, indem er heftig den Kopf schüttelte. Seine kleine Schwester sandte ihm einen Blick, der alles heißen mochte, von du armer, liebeskranker Trottel (Er war liebeskrank, aber kein Trottel. Sein Schwarm würde ihn niemals wollen) zu fang‘ dich endlich du Dramaqueen. (Er war weder eine Queen noch Drama, aber damit kam er bei Mao nicht durch.)

Bevor er den Mund öffnen und etwas erwidern konnte, trat die Band auf die kleine Bühne und Mao hängte sich an seinen Arm, während die Menge schwerfällig in Bewegung geriet. „Wir müssen näher ran!“, beschloss sie in einem Tonfall, der keine Widerrede zuließ. Noch bevor er reagieren konnte, zerrte sie ihn mit sich in die Menge. Er stolperte ihr hinterher wie auf den unsicheren Brettern eines Floßes in der stürmischen See, ohne innere Balance oder Balance in seinen Gliedern. Er wurde von allen Seiten her angerempelt, während seine kleine Schwester sich scheinbar mühelos durch die Menge hindurch bewegte, bis sie einen Platz gefunden hatte, der ihr zu gefallen schien, ganz vorne an der Bühne.

Lai suchte nach einem Griff, fand jedoch keinen, brandete an der Bühne auf und wurde durch die stürmischen Wogen der Tanzenden weggerissen. Der pinke Haarschopf seiner Schwester verschwand. Lais Atem wurde kurz – ob das an der Menge lag oder an der aufsteigenden Desorientierung zwischen blitzenden Lichtern und lauter Musik wusste er nicht. Jemand Unbekanntes schubste ihn nach hinten und seine Füße verloren den Boden unter sich.

 

Lai machte sich schon darauf gefasst, mit dem klebrigen Boden und den trampelnden, springenden Fußen der Tanzenden rundum Bekanntschaft zu machen.

 

Anstelle des Bodens rammte der Chinese einen Unbekannten hinter sich, der einen erstickten Laut von sich gab. Beinah automatisch schlossen sich sehnige Arme um ihn, hielten seinen Fall auf. Unter dem festen Griff fiel es Lai plötzlich leichter, zu atmen. Er fing sich, gewann ein wenig Balance in sich und in den Füßen zurück.

Als er sich umdrehte, um sich zu entschuldigen und zu bedanken, stockte er. Der rote Haarschopf kam ihm seltsam bekannt vor: Der Chinese blinzelte überrascht als er Raul Fernandez erkannte, der verlegen grinste. „Raul, du-“, Lai schluckte trocken, während seine Füße, die soeben noch im Meer aus Menschen den Boden verloren hatten, feste Wurzeln schlugen. „Ich-“

„Lai“

Rauls grüne Augen blitzten einen Moment lang im Scheinwerferlicht auf, ernst, dann weich. Verdammt. Lai hatte nicht damit gerechnet, ausgerechnet im Loop auf den anderen zu treffen. „Warum bist du hier?“, platzte es aus ihm hervor. Der Spanier blinzelte überrascht, ehe er in Richtung der kleinen Bühne zeigte. Er sagte etwas, doch das ging im Schlagzeuggewitter unter und Lai traute sich nicht, nochmal nachzufragen. Er folgte Rauls Geste in Richtung Bühne, auf der eine Frau mit Gitarre neben den Sänger getreten war. Lai erkannte zwischen den grellen Lichtern der rotierenden Scheinwerfer Julia Fernandez, herrisch und selbstbewusst auf eine einschüchternde Art, selbst aus der Distanz, mit einer Gitarre in der Hand.

 

Raul – für dessen grüne Augen Lai schwärmte seit er ihn zum ersten Mal gesehen hatte – hatte ihn noch nicht losgelassen. Seine Hände umfassten Lais Unterarme warm und fest, erdeten ihn gegen die Musik. Der Spanier lächelte und beugte sich vor, an Lais Ohr. „Das nächste Stück ist unglaublich gut!“, rief er. „Tanzen wir?“

Lai schluckte, ehe er nickte, das Herz in der Kehle. Sie warteten, bis das nächste Lied begann, das voller weicher Klänge war. Raul begann sich zu wiegen, langsam und im Takt mit dem Schlagzeug, das nach den ersten Akkorden einsetzte. Bald fühlte er, wie sie im Klang verschwammen, sich sanft in den Wellen der Menge treiben ließen. Diesmal ließ Lai es zu, sträubte sich nicht dagegen, sondern überließ die Führung Raul, dessen Hände ihn niemals verließen. Der Chinese fühlte sich seltsam körperlos und zugleich war die Berührung wie ein elektrischer Schlag, der ihm bis ins Herz fuhr. Er lauschte dem dumpfen Pochen des Herzschlags in seinen Ohren, das im Rhythmus zum Bass schlug.

 

Inmitten der Menge sah er auf und zu Giulia. Ihr Blick schweifte über die Menge, blieb in seiner Nähe hängen – und plötzlich zwinkerte sie Lai zu. Oder war das nur Einbildung?

Lai schluckte, trat einen halben Schritt zurück, um seine Hände von Raul zurückzuziehen. Dieser sah ihn einen Moment lang verwirrt, sehnsüchtig an, ehe Lai in den leiser werdenden Klängen des Stückes sein Gesicht in die Hände nahm und ihn küsste, im Rhythmus des Schlagzeugs, seines wilden Herzschlags im Meer aus Farbflecken und Klängen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Bevor ihr fragt: Nein, nicht Löwenherz. Aber Raul und Lai; ich hoffe, die Geschichte hat euch ein bisschen gefallen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Phoenix-of-Darkness
2020-12-29T12:03:58+00:00 29.12.2020 13:03
Awww ich zerfließe...
❤❤❤
Ich liebe deine Beschreibungen zu Lais Körperbewusstsein.
Das macht alles sehr greifbar und realistisch 👍🏻
Antwort von:  FreeWolf
29.12.2020 14:20
Danke dir!! :) Das macht mich sehr glücklich zu lesen!
Von:  WeißeWölfinLarka
2020-12-26T00:13:46+00:00 26.12.2020 01:13
Hach.
Diese GEschichte hat mich herrlich nostalgisch an all meine Konzerterfahrungen aus früheren Zeiten denken lasen (gut, es waren nur zwei, aber IMMERHIN?!?!?) und ich werde das Gefühl nicht los, dass Mao irgendwie vielleicht ein bisschen für Julia schwärmt, die in der Band schwärmt.
Ehrlich dachte ich, Lai macht aufgrund des Zwinkerns von Julia einen Rückzieher, darum war ich positiv über den Kuss überrascht! Wie du weißt, kenne ich Löwenherz noch nicht.
ABer diese Geschichte macht mich sehr neugierig darauf.
Und die Konzertszenerie lässt mich sehnsüchtig an ein Morgen ohne Corona denken ♥
Antwort von:  FreeWolf
26.12.2020 13:53
Ich war nicht auf vielen großen Konzerten, nur auf kleineren, aber ich habe an eine ganz bestimmte Bar in Wien gedacht, wo ich sehr herrliche kleine abgefahrene Konzerte gehört habe. Ja, fühlt Mao für GIulia oder nicht? Ich lasse diese Frage offen, aber es ist schon eine verführerische Vorstellung, oder? :D
Der Kuss hat sich aufgedrängt. Ich wollte dass die beiden mal ihre Köpfe aus ihren Komplexen rauskriegen, nachdem die in Löwenherz sehr hart daran festklammern. Ich freu mich total, dass meine Sehnsucht nach Konzerten dich auch angesteckt hat. :)
Danke für deinen Kommentar, du Kommentar-Maschine! <3
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
26.12.2020 20:01
Heh. Immer gern ;)


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