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Spiel ohne Limit

von

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Stolz legte sie sich ihre neue DuelDisc um ihr Handgelenk. Ihre alte verstaute sie mitsamt des Koffers in ihrem Schließfach, den sie am Abend wieder abholen würde. Ihr heutiger Tag war angestaut mit diversen Besprechungen, Fototerminen und einer - wie hatte es Mokuba gesagt - Imagefindung. Unter Letzteres konnte sich die junge Frau nur wenig vorstellen. Sie befürchtete, dass aus ihr eines jener Projekte gemacht wurde, mit dem bereits unzählige, beliebige und gesichterlose Popsternchen geboren worden waren. Darauf hatte sie wenig Lust, wenn sie sich auch letztendlich den Anweisungen ihrer Vorgesetzten zu beugen hatte, würde sie darum kämpfen, ihren Willen durchzusetzen. Mit Mokuba an ihrer Seite, der sie bei dieser Besprechung unterstützten sollte, würde sie vielleicht eine Chance haben, dagegen anzukommen. Mit einem Quietschen schloss sie ihr Fach und verließ die Kaiba Corporation, nur um eine kurze Pause in ihrem Lieblingscafé einzuschlagen. Auf dem Weg durchflog sie ihr Mailpostfach, das mit zehn verschiedenen Nachrichten der Kaiba Corporation gefüllt war. Darunter eine Terminänderung, bezüglich der Imagepflege, die von vierzehn auf sechzehn Uhr verschoben worden war. Rin war es nur recht, hatte sie nach dem Fotoshooting genug Zeit, zurück in die Firma zu kommen, ohne durch die Stadt hetzen zu müssen. Sie steckte ihr Telefon zurück in die Hosentasche und öffnete die Tür zum Café.

"Da kommt ja unsere Finalistin", Makotos Stimme hallte durch das fast leere Café. Lediglich ein paar Angestellte hatten sich in eine Schlange eingeordnet und bestellten ihre übliche Pausenmahlzeit. Ihre Köpfe drehten sich zum Eingang, erneut spürte sie die stechenden Blicke von viel zu beschäftigten Businessmännern und -frauen. Rin war es gewohnt, in der Kaiba Corporation wie ein Fremdkörper behandelt zu werden, doch diese Gesichtsausdrücke waren anders als die vorherigen. Schon wie am Morgen in der Kaiba Corporation wurde sie mit einem neugierigen und wissenden Blick angesehen, der sie nervös und gleichzeitig selbstsicher machte.

Geht sowas überhaupt?

"Morgen, Makoto", lächelte Rin und lehnte sich an den Tresen, als die Angestellten mit ihren Sandwiches und Kaffees verschwunden waren, "du hast es wohl auch schon gehört."

"Machst du Witze", Makoto machte sich daran, die Kaffeetasse zu füllen, "alle sprechen davon. Du hast mehr Aufmerksamkeit bekommen als dieser andere Typ...Yoshi." Sie stellte die Tasse auf den Tresen und belegte zwei Baguettes, während Kaito, ihr Verlobter, aus dem Hinterzimmer trat und Rin ebenfalls breit grinsend gratulierte. Nur selten zeigte sich der Chefkonditor seiner Kundschaft und meist auch nur, wenn er aushilfsweise Makoto unter die Arme greifen musste. Er war ein freundlicher Mann der ruhigeren Sorte. Mit seinen blonden, leicht gelockten Haaren und den tiefenblauen Augen musste er in Schulzeiten der heimliche Schwarm von vielen Mädchen gewesen sein. Zu seinem Auftreten fehlte nur noch eine Akkustikgitarre um den Hals und jeder wäre reihenweise schmachtend zu Boden gefallen. Sein Lächeln war zaghaft, jedoch ehrlich, dass Rin zurück lächelte und anfing breit zu grinsen als sie den spendierten Apfelkuchen entgegennahm. Er war noch warm und roch nach frischem Obst und einer milden Vanillecreme, dass Rin mehrmals zu einem >danke< ansetzte.

"Wir haben das Duell auf dem Flatscreen vor der Kaiba Corp. mitverfolgt", sagte der Blonde, bevor er sich hinter Makoto stellte und dieser sanft über den Rücken strich.

"Tatsächlich", Rin nahm die Gabel zur Hand und konnte nicht widerstehen, von dem noch dampfenden Kuchen zu probieren.

"Das war absolute Spitzenklasse", entgegnete Makoto und klatschte in die Hände, "ich verstehe zwar nichts von DuelMonsters, aber selbst ich habe gesehen, dass du es echt drauf hast."

"Genug der Komplimente", bemühte sich Rin, nicht rot zu werden. Der Gedanke, dass vor der Kaiba Corporation ihr Duell für jeden sichtbar gewesen war, versetzte ihr einen Schauder. Allmählich begriff sie, warum jeder ihre Blicke kreuzte.

"Aber Rin", Makoto nahm einen Löffel zur Hand, "übertreib´es nur nicht mit dieser >alles oder nichts Nummer<"

"Du klingst schon wie Lumina", winkte Rin ab und nahm noch einen weiteren Bissen. Sie liebte frisch gebackene Kuchen, wenn er erst vor wenigen Minuten aus dem Ofen genommen wurde.

"Nicht, dass du noch wie diese anderen überheblichen Spinner wirst."

"Ach das", Rin sah aus dem Fenster, "das ist nur meine Art mich zu duellieren. Das mach ich schon seit ich mit DuelMonsters begonnen habe."

"Scheint an dem Spiel zu liegen, dass alle das Bedürfnis haben, ihre besten Sprüche raus zu hauen." Daraufhin musste Rin lachen. Makoto hatte recht. Irgendwie stachelte das Spiel regelrecht dazu an, sich von seiner unangenehmsten Seite zu präsentieren. Für Rin war es eine willkommene Ablenkung zu ihrem streng erzogenen Charakter.
 

Sie blieb nicht lange im Café, nur ein kurzer Plausch mit Makoto, bevor sie auch schon weiter musste. Schnell nahm sie den letzten Schluck Kaffee und machte sich auf dem Weg zum Fotostudio - wieder einmal. Wie Rin bereits vermutet hatte, musste sich der Fotograf nicht all zu viel Mühe gegeben haben, dass ein weiterer Termin nötig gewesen war. Diesmal war der Fotograf weniger abweisend, er begrüßte Rin geradezu überschwenglich als wäre sie das Model auf das er so ewig gewartet hatte. Anders als beim letzten Mal dauerten die Aufnahmen länger als eine Stunde, der Fotograf wollte sie aus sämtlichen Blickwinkeln. Zwischendurch überkam Rin das Gefühl, dass etwas fehlte, also bat sie um ein provisorisches Gummiband, womit sie ihre Haare festbinden konnte.

Besser

Die langen offenen Haare ließen die junge Frau mädchenhaft und unschuldig aussehen. Nicht gerade das Bild eines Champions. Je länger die Kamera auf sie gerichtet war, umso wohler fühlte sie sich. Die letzten Bilder waren im Handumdrehen geknipst, dass es keiner weiteren Anweisungen bedurfte. Auf dem Bildschirm des Rechners sah sie schließlich die Ergebnisse. Die Entscheidung, welches dieser Bilder für das Cover genommen wurde, oblag nicht ihr. Insgeheim hoffte sie, man würde sich für das Letzte entscheiden. Es spiegelte den gestrigen Sieg so gut wider. Zufrieden ließ sie sich auf den hintersten Platz des Busses nieder und ließ ihre Gedanken schweifen. Sie konnte noch nicht so richtig realisieren, was es bedeutete, in die nächste Runde zu kommen. Bisher waren die täglichen Herausforderungen der Battle-City-Turniere reines Abarbeiten gewesen. Sie hatte sich von früh bis spät duelliert, war ausgelaugt nach Hause gekommen und musste die paar Stunden Schlaf, die sie hatte, irgendwie hinnehmen. Nun war diese schnelle und intensive Phase vorbei. Auch wenn keine Ruhe einkehren sollte, denn sie hatte nun mit der geschäftlichen Seite des Business`zu tun. Es standen noch Meetings und Besprechungen an. Eine Analyse ihrer Duellfähigkeiten würde unternommen werden und sollte sie auf die nächsten Spiele vorbereiten.

"Bist du Rin Yamamori", riss sie ein Teenager aus ihren Gedanken. Er trug die Uniform ihrer ehemaligen Schule. Flüchtig nickte sie, bevor der junge Kerl seine Mitschüler ran holte und höflich nach einem Autogramm fragte, dass Rin nicht anders konnte als seinem Wunsch nachzukommen. Das Metallarmband um ihr Handgelenk erinnerte sie daran, dass mit ihrem Verhalten auch Verantwortung einherging und jedes Handeln auch auf die Firma abfärbte.

So richtig kann ich mich nicht daran gewöhnen, dass mich alle anstarren und scheinbar wissen, wer ich bin.

Es war geradezu angenehm zurück in die Kaiba Corporation zu kommen. Im Eingangsbereich verabschiedeten sich bereits die ersten in den Feierabend, andere liefen ungeduldig von links nach rechts um ihre abschließenden Aufgaben schnell hinter sich zu bringen. Für Rin schien es als hätte der Tag erst begonnen. Zunächst wurde sie von Senshin und seinem Assistenten in ihre Statistiken eingewiesen, in welche sie Rin irgendwo eingeschoben hatten. Für die junge Frau war es nicht greifbar, wie ihre Fähigkeiten anhand von Daten und Analysen gemessen werden konnten. Auf dem Bildschirm wirkte es als wäre sie lediglich eine Nummer, die man einzugliedern hatte. Diese Einordnung erinnerte sie schwer an die Abschlussprüfungen, die sie auch in ein Schubfach gesteckt hatten, ohne danach zu fragen, was sie wollte. Statt eines bissigen Kommentars bezüglich der streng nach den Algorithmen vorgehenden Ergebnissen, nickte Rin lediglich, dass sie diesen Teil schnell hinter sich bringen konnte. Seit ihrem letzten Gespräch, in dem Rin ein neuer Vertrag zugesprochen wurde, hatte sie ihren Vorgesetzten nur selten zu Gesicht bekommen. Es schien als mied er sie absichtlich.

Vielleicht hat er Angst, dass ich noch eine Gehaltserhöhung will

Der Gedanke ließ sie schmunzeln, dass der Assistent ein fragendes Gesicht aufsetzte, als stammte sie vom Mond ab. Nur zu gern hätte sie einen lauten Seufzer von sich gegeben als sie das Büro verlassen durfte. Nur waren die Flure bereits so leer, dass ihr Seufzen durch die gesamte Etage geschallt hätte. Ihr Blick huschte über ihr Smarthone. Sie hatte noch eine Stunde. Also genug Zeit, schnell das Trainingsgelände zu besuchen und ein paar Übungen durchzunehmen. Je mehr sie sich mit der neuen Technologie auseinandersetzte, umso selbstverständlicher wurde es für sie. Das System schien sie regelrecht mit offenen Armen zu empfangen, sobald sie es einschaltete und die holographische Technik start bereit war. Wenn sie sich genug konzentrierte, konnte sie ihre eigenen Arme und Beine verändern. Konnte sie in Klauen verwandeln oder Blitze aus ihren Fingerspitzen entsenden. Für die junge Frau war es kein Problem mehr Wind zu erzeugen, den kalten Schauer eines Somergewitters auf ihrer Haut zu spüren und mit Flammen den gesamten Raum zum Schmelzen zu bringen - zumindest in der virtuellen Realität. Sie musste sich zusammenreißen, nicht die Zeit dabei zu verlieren. Glücklicherweise hatte sie die leitende KI darum bitten können, sie rechtzeitig an ihren Termin zu erinnern.

Ich bin gespannt, was der kleine Stick bereit hält

Während sie das in der Mail angesprochene Zimmer ansteuerte, gingen ihre Finger über die rechte Hosentasche, in der sie das kleine Gerät verstaut hatte. Sie hoffte, daraus ein paar Informationen sammeln zu können, wo und wie die nächsten Duelle stattfinden sollten. Sie hatte immer geglaubt, dass lediglich das Publikum im Unwissenden gelassen wurde und die Duellanten nur vorspielen sollten als wären sie über die neuen Regeln und Örtlichkeiten überrascht.

Nachdem sie angeklopft hatte, betrat sie das Zimmer. In einem kleinen Büro saß ein schlacksiger und hochnäsig aussehender Mann mit übergroßer Brille, die irgendwie jeder Brillenträger zurzeit trug. Er hob nur flüchtig seinen Kopf als er Rin eintreten sah und wirkte etwas enttäuscht, dass sie es war.

"Lassen Sie ruhig die Tür auf und setzen Sie sich auf den linken Stuhl, Frau Yamamori", seine Stimme war rau und klang etwas gelangweilt. Während Rin Platz nahm, beschäftigte er sich mit seinem Laptop, auf dem er die Finger über die Buchstabentasten hämmerte als wäre er in einem Tipp-Marathon. Sie war froh, dass Mokuba bald eintreffen würde, so würde diesem Raum etwas mehr Leben eingehaucht werden.

Sie zuckte leicht zusammen als die Tür geschlossen wurde. An der Art wie der Mann vor ihr aufsah und sich erhob, ließ sie zweifeln, ob der Neuankömmling wirklich Mokuba war.

Natürlich nicht

Sie versuchte, ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen als der Firmenchef persönlich neben ihr Platz nahm, die Beine übereinander verschränkte und den Eindruck erweckte als wäre er es, der bereits eine Weile auf sie wartete.

Scheinbar gelang es ihr nicht, ihren Blick unbeeindruckt wirken zu lassen, denn ihr Boss wandte sich ihr zu und sagte: "Mein jüngerer Bruder musste zu einer kurzfristigen Besprechung und kann daher nicht hier sein. Und ich überlasse Dinge, die meine Firma unmittelbar betreffen und beeinflussen könnten, nur ungern einem Außenstehenden. Ich hoffe, Sie haben kein Problem mit dieser Maßnahme." Seine Worte klangen wie eine Herausforderung, etwas an seinem Tonfall hatte sich leicht gewandelt als wollte er sie mit der Frage aus der Reserve locken.

"Ihr Bruder hat mir bereits gesagt, dass dieses Gespräch testen soll, wie gut ich meine Nerven behalten kann. Ich denke unter diesen Voraussetzungen ergibt sich die perfekte Gelegenheit das herauszufinden." Daraufhin musste er lächeln. Etwas zynisch, aber Rin konnte sich genauso gut vorstellen, dass diese Art auf seine Weise natürlich und echt war.

"Fangen wir also an", entgegnete der junge Firmenchef und drehte sich zu dem Mann hinter den Rechner. Dieser räusperte sich kurz und sah schließlich zu Rin.

"Da Sie bisher noch keinen Kontakt mit dem öffentlichen Leben hatten, müssen wir sämtliche Aspekte Ihres Privatlebens beleuchten. Um letztendlich Ihre Person ins richtige Licht zu rücken, bedarf es zunächst genauerer Informationen Ihres bisherigen Werdegangs. Daher bitte ich Sie, offen und ehrlich zu sein, damit wir auf mögliche Skandale vorbereitet sind.

Was für Skandale

Ihr Gesichtsausdruck musste Bände gesprochen haben, dass ihr Gesprächspartner sein Vorhaben näher erläuterte: "Jeder noch so kleine Makel aus ihrer Vergangenheit, kann in den falschen Händen zu einem enormen schlechten Image führen. Im Sinne der Kaiba Corporation erwarten wir, dass Sie uns alle Informationen wahrheitsgetreu und detailiert schildern." Er schob ihr ein Blatt Papier hin, dass sie scheinbar unterzeichnen sollte. Sie wusste, dass sie keine Wahl hatte und fragte auch nicht genauer. Stattdessen ließ sie den Kugelschreiber, den er daneben platziert hatte über die Erklärung wandern.

"Fangen wir also an", er sah zurück auf den Bildschirm, "sind Ihre Angaben im Lebenslauf korrekt?"

"Natürlich."

"Sie sind also in der Lage, sich fließend in Englisch, Italienisch und...Arabisch zu unterhalten?"

"Letzteres nein. Wie in meinem Lebenslauf steht, kann ich mich nur auf niedrigem Niveau in dieser Sprache verständigen."

"Und Ihre Noten?", er durchflog scheinbar ihren Lebenslauf, "sie sind nicht gefälscht oder manipuliert?"

"Nein."

"Hier steht", er schien ihren bissigen Ton zu ignorieren, "Sie hätten an der Vorprüfung für das Medizinstudium teilgenommen und bestanden. Warum haben Sie nicht studiert?"

"Aus demselben Grund, warum ich ein Studium in Jura und Wirtschaftslehre abgelehnt habe: Ich wollte nicht auf die Universität gehen."

"Warum haben Sie dann an den Vorprüfungen teilgenommen?"

"Weil ich darum gebeten wurde."

"Von wem?"

"Von meinen Eltern."

"Ihre Eltern also", er ging mit der Maus über einen Teil des Bildschirms, "Ihre Eltern sind gegen Ihre Berufswahl?"

Rin zögerte. "Spielt das eine Rolle?"

"Ich muss einschätzen können, in welcher Beziehung Sie zu Ihren Eltern stehen. Für gemeinhin wird ein harmonisches Familienbild von den meisten bevorzugt. Sollte es Streit innerhalb der Familie geben, müssen wir versuchen, Sie aus der Rolle des schwarzen Schafes herauszubekommen."

"Meine Beziehung zu meinen Eltern ist normal", entgegnete Rin und versuchte zu ignorieren, dass sie ihre Mutter noch zurückrufen musste - wieder einmal. "Ich bin in einer harmonischen und glücklichen Familie aufgewachsen. Das Verhältnis zu meinen Eltern ist vollkommen normal. Dass sie meinen gewählten Lebensweg nicht verstehen, liegt nur an ihrer Fürsorge." Zumindest glaubte sie fest daran, dass ihre Mutter ihren Traum nicht absichtlich umgangen hatte.

"Sonst irgendwelche Skandale oder Vorfälle in Ihrer Familie?", ihr Gesprächspartner, der sich noch nicht einmal vorgestellt hatte, schien es völlig gleich, was Rin antwortete.

"Nein."

"Irgendwelche Krankheiten, Scheidungen oder Ehebrüche."

"Nein", Rin sah auf ihren Schoß, sie konnte nicht glauben, dass sie darauf antwortete, "wenn es irgendwie von Belang ist, denn ich glaube, dass es ans Licht kommen könnte und falsch dargestellt werden würde...mein Vater ist nicht mein leiblicher Vater." Ihr Gegenüber machte sich grob Notizen.

"Und ihr biologischer Vater."

"Tot", entgegnete die junge Frau trocken, "er starb als ich noch nicht auf die Welt gekommen bin. Meine Mutter heiratete wieder. Mein Adoptivvater ist mein richtiger Vater. Ich möchte aber nicht, dass das publik gemacht wird. Ich sage das nur, damit mögliche Informationen nicht missdeutet werden." Sie spürte den Blick Kaibas, der auf ihr ruhte und keinen Spielraum für Interpretationen ließ. Nur ein eisiges Blau ruhte auf der jungen Frau, vor dem sie nicht ausweichen konnte.

"Machen wir mit Ihrem privaten Leben weiter", ihr Gegenüber ging über die Tasten, "ich kann Sie auf keiner Social Media Seite finden - verwenden Sie einen Nicknamen?"

"Ich bin auf gar keiner Socialmedia Plattform", entgegnete Rin und heimste sich einen entrüsteten Blick ein.

"Das werden wir umgehend ändern. Wir werden einen Account für Sie anlegen. Sie brauchen nichts tun, man wird sich um die Pflege Ihrer Seite kümmern."

Was für ein beruhigender Gedanke: Irgendwelche Wildfremden posten in meinem Namen und geben ihren Senf zu allem möglichen Schrott.

"Wie sieht es außerhalb ihrer Arbeit aus?", der Mann machte sich derweil Notizen, dass Rin mit den Schultern zuckte.

"Besitzen Sie abnormale Vorlieben, einen Fetisch oder üben Sie von der Gesellschaft verrufene Aktivitäten aus?"

"Nein "

"Gehören Sie einer Religion oder Sekte an?"

"Nein."

"Haben Sie bereits die Ehe vollzogen, Abtreibungen getätigt oder haben Sie ein uneheliches Kind gezeugt."

Stand sie hier vor einem priesterlichen Gericht?

"Nein."

"Sind Sie noch Jungfrau?"

Rin starrte ihn mit großen Augen an: "Was?! Nein!", immer deutlicher spürte sie die Blicke von Nebenan, dass sie liebendgern in dem Stuhl versunken wäre. Dass ihr Gesprächspartner so distanziert und abgeklärt war, machte es zu einem grausamen Spiel für sie.

"Wie viele Beziehungen hatten Sie bisher?"

Rin überlegte.

"Drei."

Er hat Beziehungen gesagt, also habe ich nicht gelogen.

"Ich brauche Name und eine mögliche Anschrift."

"Grenzt das nicht an Datenschutz?"

"Wie sehen Sie das, wenn einer ihrer Ex-Freunde Geheimnisse und Intimitäten über sie verbreitet? Die Presse schert sich einen Dreck um Datenschutz." Sie notierte die Namen der Männer, von denen sie eine Ewigkeit nichts mehr gehört hatte. Von ihrem ersten Freund wusste sie, dass er sich voll und ganz auf seine Kendo-Karriere konzentrierte. Ihre Beziehung war nicht im Schlechten auseinander gegangen, sondern als natürliches Resultat entsprungen, dass beide einvernehmlich miteinander Schluss gemacht hatten. Von ihn, wie auch den anderen beiden Männern, mit denen sie relativ kurz zusammen gewesen war, ginge wohl keine Gefahr hinsichtlich ihres Images aus.

Es folgte noch eine Reihe von Fragen, die alle zu demselben Ergebnis führten: "Ihr Lebenslauf ist tadellos - klassisch, ohne besondere Ereignisse. Ich denke, damit werden wir wenig Schwierigkeiten haben", er sah zu seinem Vorgesetzten, der nichts darauf erwiderte - ja, nicht einmal mit dem Kopf nickte. Er war noch immer Rin zugewandt, deren Leben wie eine Kurzfassung ihrer Biographie erschien, während sie überhaupt nichts von ihm wusste - bis auf die allgemeinen Informationen, über die jeder informiert war.

"Und was bedeutet das jetzt für mich?", stellte Rin seit über eine Stunde ihre erste Frage.

"Nun, Frau Yamamori", ihr Gegenüber klappte den Laptop zu und sah sie zum ersten Mal richtig an, "im Grunde ist ihr Image lupenrein: Gute Noten, angemessene Interessen und gepflegtes Privatleben. Keine Skandale, innerhalb und außerhalb der Familie. Das heißt, wir werden uns auf das Profil der Amateurspielerin konzentrieren."

Wie sie diesen Begriff hasste.

"Auf Grund Ihres mangelnden Interesses an Öffentlichkeitsarbeit, wissen Sie vielleicht gar nicht, dass Sie bereits einen kleinen, aber nicht unbedeutenden Fankreis um sich gebildet haben. Schüler der Mittel- und Oberstufe bewundern Sie. Sie vermitteln Ihnen das Gefühl, dass jedes x-beliebige Kind es schaffen kann, DuelMonsters-Champion zu werden. Sie geben den Kindern Hoffnung."

Kinder

"Und soll ich mich jetzt dementsprechend geben? Mich wieder wie ein Teenager anziehen?"

"Nein", sprach Seto Kaiba und verhackte die Hände ineinander, "mit denen brauchen Sie sich nicht länger beschäftigen. Wenn man ihnen einmal den Knochen hingeworfen hat, sind sie für eine sehr lange Zeit zufriedengestellt. Konzentrieren wir uns also auf die richtigen DuelMonsters-Fans. Die geben sich nicht mit ein bisschen Händeschütteln und Lächeln ab. Meist wollen sie nur ein extremes Duell mit extremen Spielern sehen. Ein paar von denen konnten Sie gestern sicherlich überzeugen, aber das reicht bei Weitem noch nicht, um von ihnen akzeptiert zu werden."

"Sagen Sie mir, was ich tun soll."

Ein Lächeln huschte über seine harten Züge, dass Schatten unter seinen Augen entstanden: "Das, was Sie immer tun - sich etwas einfallen lassen."



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