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Charmante Courage

von

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Hochzeitstag

Er betrachtete sein Spiegelbild. Schwarze Stoffhose. Weißes Hemd. Schwarzes Jackett. Herausgeputzt. Und obwohl er sich selbst im Spiegel erkannte, stand doch jemand anderes vor ihm. Und dennoch würde er diesen Tag durchstehen. Für sie. Es war schließlich ihr Traum und bereits vor Jahren schwor er, all ihre Wünsche zu erfüllen.

Die Vergangenheit hatte bereits gezeigt, dass sie nicht ohne den Anderen leben konnten. Waren sie getrennt, fiel ihnen das atmen schwer. Aber bisher konnten sie sich immer zusammen raufen.

Akai wusste es bereits bei ihrer aller ersten Begegnung vor über sieben Jahren. Seine Eltern zogen gerade erst mit seinem jüngeren Bruder und seiner Schwester nach New York und er war gekommen um beim Auspacken und Einrichten zu helfen. Als er dort ankam, befand sich Angela – Jodies Mutter – im Gespräch mit seinen Eltern. Und da hatte er Jodie das erste Mal gesehen. Sie war noch so schüchtern und zurückhaltend. Kein Wunder wenn man wusste, dass sie zuvor von einem Klassenkameraden in den Keller gesperrt und kurz darauf ihre einzige Freundin ermordet wurde. Aber dennoch hatte sie etwas Besonderes an sich: Sie gab nicht auf.

Er hatte sofort Gefallen an ihr gefunden, blieb aber auch reserviert und wartete ab.

„Du musst Shuichi sein“, fing Angela an. „Ich bin Angela Starling und das ist meine Tochter Jodie.“

Shuichi nickte. „Freut mich. Sie sagten, ihr Mann sei FBI Agent?“ Natürlich fackelte er nicht lange und kam direkt auf den Punkt.

„Das ist er“, antwortete Angela. „Seit über 15 Jahren“, fügte sie stolz hinzu.

„Unter den Umständen nehme ich Ihr Angebot gern an.“

„Das dachte ich mir bereits“, entgegnete Angela. „Ich werde mit meinem Mann sprechen.“

„Danke.“

„Da gibt es aber noch eine Kleinigkeit“, fing Angela an.

„Mom“, sagte Jodie leise.

„Ich weiß Bescheid“, gab Shuichi von sich. „Im Gegenzug zu diesem Treffen soll ich mit Ihrer Tochter die Bewerbungsunterlagen für die Universität oder das College durchgehen.“

„Woher weißt du…?“ Angela sah ihn ungläubig an.

„Die Haustür stand sperrangelweit offen.“ Shuichi sah zu seinen Eltern. „Ihr müsst besser aufpassen. Auch wenn ihr gerade im Umzugsstress seid, sollte die Tür nicht die ganze Zeit offen stehen. Vor allem dann nicht, wenn keine Kisten rein getragen werden. Die Kriminalitätsrate in Japan ist sehr gering, während die in den Vereinigten Staaten sehr hoch ist.“

„Das ist mein Sohn“, entgegnete Tsutomu. „Ein kleiner Besserwissen.“

„Von wem er das nur hat“, kam es süffisant von Mary.

„Zur Hälfte von dir und zur anderen Hälfte von mir.“

„Gut gerettet“, schmunzelte Mary.

„Ich sage nur, wie es ist.“ Shuichi steckte seine Hand in die Hosentasche. „Also Jodie, wie stehst du zu der Sache mit den Bewerbungsunterlagen?“ Dafür, dass das Mädchen ebenfalls beim FBI arbeiten wollte, war sie still, beinahe zu still.

„Du musst das nicht machen. Ich schaff das schon alleine“, kam es sofort von Jodie. „Meine Mom hat das nur so gesagt. Und mein Vater wird sich auch trotzdem mit dir zusammen setzen. Es gibt dabei keine Bedingungen“, ratterte sie runter.

„Jodie?“, Angela sah ihre Tochter an. „Es ist doch keine Schande, sich für die Bewerbung Hilfe zu holen. Das machen alle. Shuichi hat sich bestimmt auch Hilfe geholt. Das hast du doch, nicht wahr?“

„Um ehrlich zu sein, nein. Der Bewerbungsprozess in Japan ist anders als hier. Da sich drüben keiner meiner Lehrer damit auskannte, habe ich mich selbstständig damit auseinander gesetzt und das erste Studienjahr in Japan absolviert“, antwortete der Student und blickte zu Jodie. „Wenn der Umzug soweit abgeschlossen ist, helfe ich Shukichi bei seiner Bewerbung. Du kannst dich gern anschließen.“

Jodie nickte. „Okay“, murmelte sie leise. „Sag Bescheid, wenn du Zeit hast.“

„Hast du eine Handynummer unter der ich dich erreichen kann?“, wollte er wissen.

„Hab ich“, nickte Jodie und schwieg.

„Und die wäre?“

„Ach ja…tschuldige…“ Jodie holte ihr Handy hervor und suchte nach der Nummer.

„Du kennst deine Nummer nicht auswendig?“

„Das Handy ist noch neu…genau wie die Nummer…ich hab sie noch nicht so oft verwendet“, gestand sie. „Ach, da ist sie ja.“ Sofort ratterte sie die Zahlen runter.

Shuichi sah sie überrascht an, nahm ihr dann aber das Handy aus der Hand und tippte darauf rum. Nachdem er ihr Adressbuch fand, speicherte er seine Nummer ein und rief sich an. „So, jetzt hab ich deine Nummer.“

Jodie nickte verlegen.

Beruflich konnte es auch nicht besser laufen. Nachdem seine Probezeit beim FBI vorbei war, bekam er eine Festanstellung. Niemand hatte daran gezweifelt und seine Ausbilderin Special Agent Laura McKnight strotzte nur vor Stolz. Auch jetzt bildeten sie immer noch ein Team. Jodie wurde ebenfalls nach ihrer Probezeit übernommen und arbeitete weiterhin mit Special Agent Kai Grayson zusammen. Selbst wenn sie gekonnt hätten, wollten sie nicht dem Anderen zugeteilt werden. Man musste schließlich keine 24 Stunden aufeinander hocken. Dennoch waren die Nachtschichten das Schlimmste an der Arbeit. Wenn er unterwegs war, lag Jodie wach und machte sich Sorgen. Sie wälzte sich von einer Seite auf die nächste und malte sich das Schlimmste aus. Hatte sie Nachtschicht war es genau andersherum. Hin und wieder versuchten sie den anderen bei seinem Fall zu unterstützen.

Akai war froh, dass Jodie in ihrer Arbeit aufblühte, auch wenn ihre ersten beiden Aufträge alles andere als gut liefen. Besonders der Fall um Nick Marone und Dr. Richard Cane blieb auf ihrer Seele haften. Es hatte mit Geldwäsche angefangen und endete bei Mord an Nick und zweifach versuchtem Mord an Jodie.

Die Zeit danach war schwer für die Agentin und ohne Hilfe von außen hätte sie sie nicht überstanden. Das Reden mit einem Dritten tat ihr gut und wann immer sie glaubte von einer Panikattacke erfasst zu werden, machte sie Entspannungsübungen. Anfangs hatte Akai nicht gedacht, dass so viele seiner Kollegen regelmäßig einen Therapeuten aufsuchten. Aber in Wahrheit war jeder Zweite betroffen. Je länger man im Dienst war, desto mehr schlimme Sachen sah man. Sachen, die einen zur Verzweiflung treiben konnten, ihnen den Schlaf raubten und in die Isolation führten. Akai war da anders. Er igelte sich nicht ein und er sprach auch nicht mit Fremden über die Geschehnisse. Ganz im Gegenteil: Er fand sich auf dem Schießübungsplatz wieder und verbesserte seine Fertigkeiten.

Doch heute stand er in einer Kirche und machte sich fertig. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären sie nur zum Standesamt gefahren und hätten sich dort das Ja-Wort gegeben. An der Feierlichkeit hätte maximal die engere Familie teilgenommen. Aber Jodie träumte schon lange von einer großen Feier mit Familie, Freunden und Arbeitskollegen, Kirche und Festsaal. Außerdem wollte sie unbedingt ein weißes Brautkleid tragen. Und selbst wenn Jodie mit dem Standesamt einverstanden gewesen wäre, ihre Mütter hätten protestiert. Kaum hatten sie es der Familie erzählt, begann auch schon die Planung. Jede Falte, jede Absage, jedes Probeessen, das Gedeck und die Auswahl der Blumen wurden zu einem Drama. Akai war froh, dass er außen vor gelassen wurde und nur in der Kirche zu stehen hatte. Ja zu sagen war der einfachste Teil.

Shuichi zuckte kurz zusammen, als er den Druck einer Hand auf seiner Schulter spürte. Er drehte den Kopf nach hinten. „Vater“, begann er.

„Ich hoffe, du bist bereit“, sagte Tsutomu ruhig. „Die Ehe kann manchmal nicht einfach sein, aber ich weiß, dass du diese Herausforderung meistern wirst. Es freut mich wirklich sehr, dass ihr wieder zueinander gefunden habt.“

Shuichi nickte. Ihre Trennung war auch für die Familie schwer. Sein Bruder Shukichi war Jodies bester Freund und ihre Eltern trafen sich regelmäßig.

„Wenn ihr mal Hilfe braucht oder irgendwas Passiert ist, lass es mich wissen. Ich bin zu jeder Tag- und Nachtzeit für euch da.“

„Danke, Vater“, entgegnete der Agent. „Mach dir mal darüber keine Sorgen“, fügte er an.

„Gut.“ Tsutomu sah ihn an. „Dann überstehen wir den Tag mal ohne Katastrophen.“ Er lachte.

„Black hat alle Agenten angewiesen ihre Handys auf lautlos zu stellen.“

„Du vergisst Brieftauben, mein Sohn“, schmunzelte der Ältere.

„Und du, dass ich ein guter Schütze bin.“

„Sehr guter Konter“, erwiderte Tsutomu.

Shuichi sah auf die Uhr. „Es dauert nicht mehr lange. Mutter wartet doch sicher schon auf dich.“

„Dann lass ich sie mal nicht länger warten“, antwortete er und begab sich nach draußen.

Akai sah ihm nach und blickte dann wieder in den Spiegel. Nur noch wenige Minuten trennten ihn von Jodie. Er war schon auf ihr Kleid gespannt. Seit Wochen machte sie schon ein Geheimnis daraus. Es bringt Unglück die Braut vorher im Hochzeitskleid zu sehen, hatte sie immer wieder gesagt und das Kleid bei ihren Eltern aufbewahrt. Sie wusste wie man die Spannung aufrecht hielt.

Das Klingeln seines Handys riss ihn aus den Gedanken. Akai nahm es vom Tisch und strich über den Display. Er rief die eingehende Nachricht auf.
 

Agent Starling beobachtete seine Tochter. „Jodie, du siehst wunderschön aus.“ Es war noch gar nicht so lange her, da war sie sein kleines Mädchen und konnte nicht ohne ihren Teddybären schlafen gehen. Jetzt war sie erwachsen geworden und plante zu heiraten. Sein kleines Mädchen brauchte nun etwas Anderes – jemand Anderen. Starling wurde wehmütig. Kaum dass sie mit Shuichi zusammen kam, beäugte er den jungen Mann argwöhnisch. Niemand würde seiner Tochter je wieder leid zu fügen, das hatte er geschworen.

Heute die Hochzeit und bald würde er bestimmt Großvater werden. Starling schüttelte den Kopf. Er war noch zu jung um Opa genannt zu werden und Jodie war mit ihren 25 Jahren ebenfalls noch viel zu jung um Mutter zu sein.

Angela warf ihm einen finsteren Blick zu, so als hätte sie seine Gedanken erraten. Der Agent kratzte sich verlegen an der Wange.

„Danke, Dad“, sagte Jodie leise. „So wie ich aussehe, kann Shuichi doch gar nicht Nein sagen.“

„Das will ich ihm auch geraten haben. Ansonsten bekommt er es mit mir zu tun. Lass das nur den Papa regeln.“

„Jetzt machst du mir Angst“, scherzte Jodie und nahm den Schleier zur Hand. „Mit oder ohne?“

„Ohne.“

„Hm?“ Jodie schien nicht überzeugt zu sein.

„Dann mit.“

„Mhm…“, murmelte die Braut.

„Es ist egal was ich sage, nicht wahr? Keine Antwort ist die Richtige“, entgegnete der Agent.

„Tut mir leid, Dad, aber alles muss perfekt sein“, wisperte sie.

„Das wird es, Liebes“, nickte Angela und nahm ihr den Schleier ab. „Wir lassen ihn weg. Jeder soll doch dein hübsches Gesicht sehen.“

„Okay, dann ohne“, murmelte Jodie und atmete tief durch. „Gleich geht’s los.“

Angela nickte.

„Ich würde gern noch einen Moment alleine sein. Glaubt ihr das geht?“

„Aber natürlich, du bist die Braut, heute geht alles, was du dir wünscht“, gab ihre Mutter von sich.

Jodie lächelte. „Also wenn das so ist…“, schmunzelte sie.

„Bevor du noch Wünsche äußerst, die wir nicht erfüllen können, warten wir draußen auf dich.“ Agent Starling sah zu Angela. „Na komm, lassen wir sie noch einen Moment alleine.“

Angela beobachtete ihre Tochter. Sie freute sich von ganzem Herzen und verließ mit ihrem Mann das Zimmer. „Shuichi…“ Sie sah den Verlobten ihrer Tochter lächelnd an, ehe dieses versiegte.

Shuichis Gesichtsausdruck war ernst, als er an die Zimmertür klopfte.

Jodie sah in den Spiegel und lächelte. Endlich würde es soweit sein. Jodie Starling? Jodie Starling-Akai? Jodie Akai? Letzteres hörte sich viel besser an und sie würde ihn damit überraschen. Jetzt konnte sie nichts mehr trennen. „Wer ist da?“, rief die Agentin.

„Ich bins“, kam es von Akai. „Kann ich rein kommen?“

Jodie sah sich hilfesuchend im Raum um. „Nein, das ist keine so gute Idee. Wenn du die Braut vor der Zeremonie siehst, bringt das Unglück. Können wir nicht danach reden?“

„Jodie, bitte…“ Shuichis Stimme klang hart.

Die Agentin schluckte. Sie hatte ein komisches Gefühl in der Bauchgegend. Die Anspannung in seiner Stimme verriet nichts Gutes. Irgendwas stimmte nicht. Irgendwas war gänzlich schief gelaufen. Jodie nahm ihren langen Mantel und legte ihn an. Aber das Unterteil ihres Kleides konnte sie damit nicht verstecken. Sie schluckte und öffnete langsam die Tür. „Was…was ist denn los…?“, fragte sie leise.

Ihre Eltern schauten besorgt zwischen den Beiden hin und her. Auch sie konnten sich nicht erklären was passiert war.

Shuichi musterte sie kurz, sagte aber kein Wort zu ihrem Kleid. Er verabscheute sich in jenem Moment selbst. Er hatte zu lange damit gewartet. „Jodie“, begann er.

Die Agentin schluckte. „Bitte nicht“, formte sie mit ihren Lippen.

„Es tut mir wirklich sehr leid, aber ich kann dich nicht heiraten. Ich hatte gerade genügend Zeit zum nachdenken. Während der gesamten Hochzeitsplanung habe ich dich von einer ganz anderen Seite kennen gelernt. Du hast dich über Dinge aufgeregt…“ Er schüttelte den Kopf. „Dabei wäre es egal, ob wir Rosen oder Tulpen auf den Tischen stehen haben, aber…nein, so geht es nicht. Die Hochzeit ist hiermit abgesagt.“ Er drehte sich um und sah in das schockierte Gesicht ihrer Eltern.

Agent Starling ballte die Faust, konnte sich aber auch nicht bewegen als Shuichi an ihm vorbei ging.

Jodie verlor den Halt und sank langsam zu Boden.

Absage

Jodie saß auf dem kalten Fußboden. Das Hochzeitskleid hatte sich ihrer Bewegung angepasst und erinnerte nun an einen Fächer. Ob es nun dreckig wurde, war ihre letzte Sorge. Mit leerem Blick war sie seiner Silhouette gefolgt, solange bis er verschwunden war. Getroffen von seiner eiskalten Handlung, sah Jodie auf den Boden. Wie konnte er ihr das nur antun? Am Tag ihrer Hochzeit. Was hatte er sich dabei gedacht? Hatte er überhaupt darüber nachgedacht?

Jodie kämpfte mit ihren Gefühlen und den Tränen. Auch wenn jeder ihre missliche Lage verstehen würde, wollte sie trotzdem stark sein. Es sollte die Art von Stärke sein, die sie in den letzten Jahren immer wieder zeigte, wenn irgendwas Schlimmes passiert war. Aber gerade jetzt fühlte sie sich so verletzlich und verraten. Er hatte alles weggeworfen, was sie sich in den letzten Jahren wieder aufgebaut hatten. Sie bewohnten zwar eine kleine Mietwohnung, sahen sich aber bereits nach einem Haus in der Nähe ihrer Familien um. Selbst auf das Thema Kinder kamen sie zu sprechen. Und jetzt zog er ihr wieder den Boden unter den Füßen weg. Wie damals. Vor Jahren.

„Ich bin schon da…ich bin schon da…“, rief Jodie, ehe sie aus dem Badezimmer in ihr Zimmer kam. „Shu…“, stieß sie hervor. Sie ging sofort zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich hab dich so vermisst“, fügte sie an und umarmte ihn. „Ich hab auch schon eine Idee was wir machen können. Was hältst du davon, wenn wir spazieren gehen und uns dann in das kleine Café in der Thirdstreet setzen? Ich war da letzte Woche mit Kommilitonen. Es ist wirklich süß dort.“

Shuichi löste sich aus ihrem Griff. „Jodie, wir müssen reden.“

Die Angesprochene schluckte. Seine Stimme war auf einmal so ernst. Zu ernst. So hatte sie ihn nur selten reden gehört. „Okay…“, murmelte sie. „Worüber?“

„Über uns“, sagte er ruhig. „Ich wohne jetzt schon eine ganze Weile in Buffalo und ich weiß nicht, wie lange ich noch dort bleibe. Es kann sein, dass ich nicht mehr zurück komme und nach meiner Ausbildung zum FBI Agenten in die dortige Niederlassung gehe.“

„Ja…das…das weiß ich doch…“, kam es von Jodie. Sie hatte ein sehr schlechtes Gefühl was die Richtung des Gespräches anging. „Aber…das war doch nie…ein Problem für uns. Ich hab…sogar geschaut…ich könnte nächstes Semester…auch nach Buffalo wechseln…dann…dann sind wir…häufiger zusammen und…können uns auch unter…der Woche sehen.“

„Es ist besser, wenn wir uns trennen.“

Jodie sah ihn geschockt an. „Was? Wieso?“ Sie kämpfte gegen ihre Tränen an. „Was…was ist passiert?“, wollte sie leise wissen.

„Jodie, bitte mach es uns nicht schwerer als es ist.“

„Aber…warum…was…was hab ich…falsch gemacht?“

„Du hast nichts falsch gemacht, Jodie. Es liegt an mir.“

Jodie schluckte ein weiteres Mal. „Das ist…so ein Klischee“, entgegnete sie. „Ich versteh…nicht, was…auf einmal…los ist. Warum…warum willst du dich…von mir trennen? Wir…sind doch glücklich…“ Die Tränen liefen ihr über die Wange. „Shuichi…bitte…wir…sind glücklich…Sag mir…bitte…warum…du die Trennung…willst? Ist es…wegen dem…FBI? Das…das ist sicher kein…Problem…Bitte…sag mir…was los…ist…“

Der junge Mann schwieg.

„Shu…“ Jodie hielt sich die Hand vor den Mund. „Gibt…gibt es…eine Andere? Hast…hast du…jemanden…kennen gelernt?“

„Tut mir leid, Jodie.“

„Also…also stimmt es? Du…du hast eine…Andere? Seit…seit wann?“

„Egal wie stark ein Mann ist, er wird nie in der Lage sein, zwei Frauen gleichzeitig zu lieben und sie gleichermaßen zu behandeln. Das gilt auch für mich. Ich habe dich nie betrogen, während wir zusammen waren.“

Jodie rutschte auf den Boden. „Kannst…kannst du…uns nicht noch eine…Chance geben…?“, fragte sie flehend.

„Es tut mir wirklich leid, Jodie.“ Shuichi ging an ihr vorbei und blieb im Türrahmen stehen. „Das mit uns ist vorbei.“

Und auch wenn bereits Jahre ins Land zogen und Jodie die wahren Hintergründe kannte, schmerzte die Erinnerung daran weiterhin. Manche Wunden brauchten länger um zu heilen und jetzt fügte er ihr eine Weitere zu. Und das an ihrem – eigentlich – glücklichsten Tag im Leben. Jodie ließ ihren Tränen nun endgültig freien Lauf. „Wieso…?“, wisperte sie leise. Was waren seine Gründe? Warum hatte er vorher nicht mit ihr gesprochen?

Angela kniete bereits bei ihrer Tochter und hatte sie in den Arm genommen. „Jodie“, begann sie leise. „Ich…“, aber sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie wurde nicht kurz vor der Trauung verlassen und sie musste nicht den gleichen Schmerz erdulden wie ihre Tochter. Sachte strich Angela über ihren Rücken. „Dein Vater und ich, wir sind immer für dich da.“

Jodie nickte und wischte sich die Tränen weg. Statt ihrer Brille trug sie für die Feierlichkeiten Kontaktlinsen. Jetzt wünschte sie sich, sie hätte darauf verzichten. Die Tränen in Kombination mit den Linsen verschleierten ihren Blick. Aber vielleicht war das gerade auch gut so.

Agent Starling sah verzweifelt zu seiner Tochter. Jetzt war es wieder geschehen. Er hatte ihr ein weiteres Mal weh getan. Und dabei schwor er, dass er Jodie nie wieder mit Absicht verletzen würde. Sie sollte nicht mehr so leiden wie einst. Nun war das Versprechen erneut gebrochen und Jodie ein Häufchen Elend. Aber das Schlimmste stand ihr noch bevor.

Shuichi war weg. Und nun würde alles an ihr liegen. Sie müsste sich vor die Gäste stellen und die Absage verkünden, mit dem Hotel und Reisebüro telefonieren und alles stornieren. Und was kam dann? Sollte sie wieder zurück in die gemeinsame Wohnung, wo die Erinnerungen nur warteten? Abends alleine einschlafen und morgens alleine aufwachen? Wie lange sie dieses Mal brauchen würde, um mit dem Schmerz zu Recht zu kommen, war unklar. „Du kannst natürlich erst einmal wieder bei uns wohnen. Dein altes Zimmer steht noch zur Verfügung“, entgegnete der Agent. „Bei Zeiten holen wir deine Sachen aus der Wohnung.“

„So machen wir das“, nickte Angela. „Wir kümmern uns um alles. Du musst dir darum keine Gedanken machen.“

„Um…alles…“, murmelte Jodie wiederholend.

„Ich werde gleich dem Pfarrer und danach den Gästen Bescheid geben.“

Angela räusperte sich. „Schatz, mach es doch einfach und erzähl Jodie nicht jede Kleinigkeit.“

„Und…und wenn er…zurück kommt?“, wollte die junge Agentin wissen.

Agent Starling schluckte. Ihr trauriger Blick bohrte sich in sein Herz. Seine Tochter litt und dennoch hatte sie noch Hoffnung. „Jodie“, sagte er leise. „Ich weiß, es ist schwer für dich, aber er hat sich entschieden. Er wird nicht zurück kommen.“

„Liebling!“ Angela sah ihren Mann streng an.

„Ich sag doch nur, wie es ist“, entgegnete der Agent. „Wir sollten das vor Jodie nicht schön reden, sonst macht sie sich nachher nur noch falsche Hoffnungen“, fügte er an.

Angela seufzte. „Na komm, Jodie, wir stehen zusammen auf, ja?“

Jodie nickte und stand mit der Hilfe langsam auf. Ihre Beine zitterten. „Ich…ich möchte…etwas allein sein…“, murmelte sie.

„Aber Jodie…“

„Bitte…Mom…“, bat Jodie leise.

Angela nickte. „Aber wenn du etwas brauchst, bin ich hier draußen und warte.“

„Danke“, wisperte Jodie und ging langsam zurück in den Raum. Sie schloss die Tür und rutschte an dieser runter. Jodie zog die Beine an sich heran und schluchzte leise. Was hatte sie nur übersehen?

„Angela, glaubst du wirklich, dass er zurückkommt?“, wollte der Agent wissen.

„Um Jodies Willen hoffe ich das. Es muss doch einen Grund geben, warum, er sie gerade jetzt verlassen hat.“

Agent Starling seufzte. „Ich weiß, dass du das glauben willst, aber wir müssen der Wahrheit ins Gesicht sehen.“

„Und wie sieht die aus?“, wollte Angela wissen.

„Wenn ich das nur wüsste“, murmelte der Agent. „So hab ich Jodie noch nie gesehen. Und dieser Akai…“ Er schüttelte den Kopf. „Als er sich das erste Mal von Jodie getrennt hat, konnte ich ihm noch verzeihen, weil ich es für jugendlichen Wahn hielt. Dass er einfach nur andere Erfahrungen sammeln wollte, aber das jetzt? Er müsste sich doch im Klaren gewesen sein, was eine Hochzeit bedeutet. Wenn er damit so große Probleme gehabt hat, warum hat er nicht einmal den Mund aufgemacht? Und was war das überhaupt für eine dumme Ausrede? Es ist vollkommen normal, dass eine Braut vor der Hochzeit ein wenig durchdreht und auch auf penible Kleinigkeiten achtet. Das hätte er sich vorher mal überlegen sollen und nicht erst hier in der Kirche.“

Angela nickte. „Seinen wahren Grund werden wir wohl nie erfahren. Vielleicht…hat er auch einfach nur kalte Füße bekommen und bereut es in einigen Tagen…“

„Shuichi?“, Starling hob die Augenbraue. „Das glaub ich kaum. Er hat doch bisher immer alles bis ins kleine Detail durchdacht.“ Der Agent sah zu seiner Frau. „Ich werde dann mal die Nachricht verkünden. Pass auf, dass Jodie nichts Unüberlegtes macht.“

„Mach ich.“
 

Nach über einer Stunde hatte auch der letzte Gast die Kirche verlassen. Fast jeder wollte die genauen Hintergründe wissen und löcherte ihn mit Fragen. Der Agent log sie alle an und er froh, dass nicht Jodie diese Aufgabe übernehmen musste. Nur Shuichis engster Familie erzählte er die Wahrheit.

Starling seufzte und folgte der Meute nach draußen. Sie tuschelten miteinander und warfen ihm komische Blicke zu. Es war als würden sie die Geschichte nicht glauben. Und wer konnte es ihnen auch verübeln? Die Ausrede, dass der Pfarrer den Termin doppelt belegt hatte und gerade bei einer anderen Trauung war, hätte er auch nicht geglaubt.

Tsutomu kam zu ihm. „Was Shuichi da getan hat, tut mir wirklich leid“, begann er. „Ich weiß auch nicht, warum er sich auf einmal anders entschieden hat. Als ich vorhin mit ihm gesprochen habe, hat er nichts erwähnt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er sich spontan umentschieden hat. Wenn es etwas gibt, was ich tun kann…“

„Danke, wir kommen schon klar“, sagte der Agent. „Das Wichtigste ist erst einmal, dass Jodie wieder auf die Beine kommt.“

„Ich werde nachher mit Shuichi sprechen und eine Erklärung einfordern.“

„Du weißt doch wie dein Sohn ist. Wenn er nichts sagen will, wirst du auch nichts aus ihm rauskriegen.“

„Leider“, murmelte der andere Mann. Sein Sohn konnte eben ein Sturkopf sein.

„Tsutomu?“ Mary kam zu Beiden gelaufen. Sie sah zuerst den Agenten an. „Es tut mir wirklich leid. Was sich Shuichi geleistet hat, ist unentschuldbar.“

Starling nickte nur.

„Was gibt es denn?“

„Hast du Masumi gesehen?“

Tsutomu ließ den Kopf hängen. „Dieses Kind…“, murmelte er und sah seinen Freund an. „Entschuldige, aber ich sollte mich jetzt darum kümmern, ehe sie ihrem Bruder den Kopf abreißt. Richte bitte Jodie aus, dass sie trotz allem immer zu uns kommen kann.“

„Das mach ich.“ Agent Starling ging wieder in den Kirchenflur. „Angela?“

„Jodie ist weg“, murmelte sie leise. „Sie hat drinnen nur geschwiegen und ich dachte mir nichts dabei. Als ich dann endlich rein ging, war sie weg.“

„Wie weg? Und das im Brautkleid?“

„Sie hat einen Zettel hinterlassen, dass sie nach Hause gefahren ist. Das Brautkleid hängt im Zimmer. Wir hatten es noch nicht komplett zugeschnürt, weswegen sie es einfacher ausziehen konnte. Danach muss sie durch das Fenster verschwunden sein.“

„Fahr du bitte zu uns nach Hause“, bat der Agent. „Und ich fahr zu ihrer Wohnung. Ich werde mich unterwegs um die Reservierung im Hotel kümmern und die Flitterwochen absagen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er zu seinem Wagen. Starling hoffte inständig, dass Jodie keinen Unsinn anstellen würde. Auch wenn sie seine Tochter war, Frauen die verletzt waren, waren zu allem im Stande. Er stieg in seinen Wagen und startete den Motor. Nachdem er das Handy in die Freisprechanlage steckte, schnallte er sich an. „Anruf Jodie“, sagte er. Während ihre Nummer gewählt wurde, fuhr er los. Please call again later. The person you have called is temporary not available…

„Jodie…tu bitte nichts Unüberlegtes“, murmelte er und kümmerte sich erst einmal um alles Organisatorische. Nach einer halben Stunde parkte er den Wagen und ging mit schnellen Schritten zu der Wohnung seiner Tochter. Nur in Notfällen – und genau das war ein Notfall – nutzte er den Ersatzschlüssel, den er bekam. Starling sah sich im Flur um. Shuichis Schuhe standen auf dem Boden und sein Jackett hing am Garderobenständer. Er ist hier, sagte er zu sich selbst und betrat das Wohnzimmer.

Akai saß auf dem Sofa und tippte auf dem Laptop. Starling ballte die Faust. „Shuichi!“

Akai sah nach oben.

„Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Weißt du, wie sehr du Jodie verletzt hast? Das werde ich dir nie verzeihen.“ Er ging auf ihn zu, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. „Du sagst mir sofort, warum du das Jodie angetan hast. Sonst…“

„Dad!“

Starling sah aus dem Augenwinkel zur Tür. „J…Jodie…“, wisperte er.

Bruderliebe

Agent Starling sah seine Tochter ungläubig an. Warum war sie nur hergekommen? Nahm sie ihn jetzt auch noch in Schutz? „Jodie“, begann er erneut. „Du solltest nicht hier sein. Fahr zu uns nach Hause, ich kümmer mich um alles.“

Jodie schüttelte den Kopf. „Lass ihn bitte los, Dad“, kam es von ihr.

Starling sah zu Akai und biss sich auf die Unterlippe. Er hatte kein Mitleid mit ihm. Akai hatte sich keinen einzigen Millimeter bewegt, stattdessen stand er regungslos da, als würde es ihm nichts ausmachen. Dabei könnte er sich mit Leichtigkeit aus dem Griff des Älteren befreien. „Das mach ich nur, weil mich Jodie darum bittet“, sagte er und ließ ihn los.

Akai blieb dennoch stehen und blickte zu Jodie. „Wir sollten ihn aufklären.“

Die Agentin nickte. Aber würde ihr Vater auch das gesamte Ausmaß der derzeitigen Situation begreifen oder würde er weiterhin gegen Shuichi sein? Egal wie es ausging, er musste die Wahrheit kennen. Danach konnten sie das weitere Vorgehen besprechen. „Dad, du solltest dich lieber setzen“, fing sie an.

Der Agent schluckte. Was würde nun kommen? Hatte sich Jodie mit ihm ausgesprochen und ihm wirklich so schnell verziehen? Oder steckte etwas Anderes dahinter? War sie vielleicht schwanger und musste sich jetzt irgendwie mit Akai arrangieren? Oder war es etwas woran er noch gar nicht dachte? Sofort malte sich der Agent diverse Szenarien aus, manche schlimm, andere weniger schlimm. Aber egal was es auch war, er machte sich Sorgen um sein einziges Kind. „Jodie, egal was es auch ist, du kannst immer zu uns kommen. Wir sind für dich da“, sprach er und ließ sich langsam auf das Sofa sinken.

Jodie lächelte und nahm auf dem Sessel Platz. „Das weiß ich doch“, meinte sie ruhig. Shuichi hatte sich ebenfalls wieder auf seinen Platz begeben und klappte den Laptop zu.

„Ich versuche die Geschichte so kurz wie möglich, aber so ausführlich wie notwendig zu erzählen. Dad, du weißt ja, dass das Leben als FBI Agent nicht immer leicht ist und viele Gefahren mit sich bringt. Und es sind nicht nur die Gefahren für einen selber, sondern auch die für seine Familie. Als ich damals über Nacht wegblieb und eingeschlossen wurde, bist du doch auch im Kopf die Liste deiner Feinde durchgegangen, nicht wahr? Und genau so würde es auch bei Shuichi und mir sein. Im Vergleich zu den anderen Agenten haben wir noch die Schwierigkeit, dass wir Beide für das FBI arbeiten. Durch unsere unterschiedlichen Aufgaben und Fälle häufen wir natürlich mehr Feinde an“, erzählte Jodie. „Dabei können wir auch nicht ausschließen dass wir selbst oder unser Partner in Gefahr geraten. Gerade die Nachtschichten sind schwer, weil wir wach im Bett liegen und auf die Nachricht warten, dass alles in Ordnung war. Natürlich blieben auch unsere Hochzeitspläne den anderen nicht verborgen. Es ist auch schwer eine Hochzeit geheim zu halten. Selbst als ich am Anfang den Ring nicht am Finger sondern an einer Halskette trug, war der Flurfunk bereits in vollem Gange. Im Laufe der Zeit sind wir daher auch sehr angreifbar geworden. Damit wir aber verhindern, dass einer von uns Opfer einer Intrige wird, haben wir uns entschieden mehrere Codewörter zu verwenden. So können wir uns immer einen Hinweis geben, wenn etwas Passiert ist, was nicht ans Tageslicht kommen sollte.“

„Code…wörter…“, murmelte Starling und sah zwischen den Beiden hin und her.

Jodie nickte. „Ich weiß, das ist eine Überraschung, aber wir wollten nichts dem Zufall überlassen. Aufgrund der Hochzeitsvorbereitungen haben wir uns daher auch für Begriffe entschieden, die sich am Thema Hochzeit orientieren.“ Jodie räusperte sich verlegen. „Eines dieser Wörter war Tulpen. Ich war vorhin allerdings so von den Emotionen mitgerissen, dass ich es nicht gleich verstanden habe. Und um ehrlich zu sein, habe ich so kurz vor der Trauung gar nicht mehr an die Codewörter gedacht, da alles bisher immer reibungslos lief. Deswegen zog es mir auch den Boden unter den Füßen weg, als Shuichi die Hochzeit absagte. Erst als ich wieder im Nebenraum war und dir und Mom zu hören konnte, hab ich es verstanden. Erinnerst du dich, Dad? Ihr habt darüber gesprochen, dass sein Grund komplett hirnrissig gewesen ist. Da machte es erst Klick bei mir und ich wusste, dass Shuichi einen guten Grund gehabt haben muss, um die Hochzeit abzusagen. Ich konnte auch nicht mehr warten und musste sofort herkommen. Es tut mir leid, dass ich euch Sorgen bereitet habe, aber jetzt bin ich im Bilde. Shuichi hat mir alles erklärt.“

Agent Starling sah baff zu seiner Tochter. Jodie hatte sich wirklich gemausert und nichts dem Zufall überlassen. „Und…ich mein, was ist passiert?“, wollte er von Akai wissen.

„Masumi sollte eigentlich meinen Bruder und Yumi vom Flughafen abholen. Allerdings ist dies nicht geschehen. Es ist aber niemanden aufgefallen, da Masumi ihn überraschen wollte und wie ich meine Eltern kenne, nahmen sie an, dass sich Masumi unter die Gäste gemischt hat. Bevor ich aus der Kirche gelaufen bin, konnte ich Shukichi im Eingangsbereich ausmachen, aber von Masumi fehlte jede Spur.“

Starling schluckte. „Das heißt…ist sie…?“

„Ja“, gab Akai von sich. „Sie wurde entführt. Wie schon gesagt, ahnen meine Eltern glücklicherweise noch nichts davon und ich hoffe, dass wir sie bald finden. Masumi war schon immer ein Wirbelwind, ich hoffe, sie macht ihren Entführer keine Szene oder bringt sie irgendwie in die Bredouille. Das könnte sonst übel enden. Durch die abgesagte Hochzeit konnte ich hoffentlich etwas Zeit schinden. Und wenn ihr Verschwinden auffällt, werden meine Eltern sicherlich annehmen, dass sie bei mir ist und mir die Ohren lang zieht.“

„Du willst es ihnen nicht sagen? Nicht einmal jetzt?“

„Noch nicht.“ Akai zog sein Handy hervor und rief die letzte Nachricht auf. Er reichte das Mobiltelefon an seinen Kollegen und Schwiegervater in spe weiter. Die Nachricht zeigte ein Foto von Masumi. Sie saß auf einem Stuhl, ihre Augen waren verbunden und auf den Ohren trug sie Kopfhörer. Ihre Hände waren mittels Kabelbinder aneinandergebunden und doch konnte sie noch ein Schild halten. Sag die Hochzeit ab, sonst spür ich die Konsequenzen am eigenen Leib. Das Bild in der Nachricht trug den Untertitel Keine Polizei / Kein FBI.

„Oh mein Gott“, murmelte der Agent. Natürlich hatte er ähnliche Situationen erlebt, aber es war immer schlimm, wenn es die eigene Familie betraf. „Aber glaubst du denn wirklich, dass diese Person deine Schwester freilässt, weil du die Hochzeit abgesagt hast? Woher soll sie das wissen…“ Starling hielt sich sofort die Hand vor den Mund. „Tut mir leid, so drastisch wollte ich es nicht ausdrücken.“

Akai schüttelte den Kopf. „Schon gut. Ich kenne die Statistik, aber ich kann Masumi nicht der Gefahr aussetzen. Ich vermute, dass sich irgendwo ein Komplize befindet, der die Absage schon bestätigt hat. Und so konnte ich wenigstens etwas Zeit schinden, auch wenn…“ Er blickte zu Jodie. „…ich dir wieder weh tun musste, ohne dass du die Wahrheit kanntest.“

Jodie aber lächelte. „Ich hätte auch nicht anders gehandelt. Und wenn du die Hochzeit nicht abgesagt hättest und Masumi etwas Passiert wäre, hätten wir Beide es uns nicht verziehen. Das wichtigste ist doch, dass ich weiß, dass du mich liebst, egal ob wir heute oder erst in paar Wochen heiraten. Jetzt müssen wir uns erst einmal auf Masumis Rettung konzentrieren und denjenigen finden, der für das alles verantwortlich ist.“

„Ich denke auch schon die ganze Zeit darüber nach und gehe im Kopf meine potentiellen Feinde durch. Aber ich wüsste auch nicht, wer davon von der Hochzeit weiß.“ Akai stand auf und nahm das Handy wieder an sich. Er steckte es in seine Hosentasche und sah zu Jodie. „Ich werde jetzt zum Hafen fahren.“

„Eh…“

„Was?“ Starling stand ebenfalls auf. „Was hast du vor?“

„Ich habe kaum Hinweise auf dem Bild finden können, aber der Hintergrund ähnelt Containern. Daher ist der Hafen am naheliegendsten. Und ich weiß, dass ich mich gerade an den letzten Strohhalm klammere, aber ich kann hier nicht nur herumsitzen.“

„Ich komme mit“, kam es sofort von Jodie.

Shuichi schüttelte den Kopf. „Das ist keine gute Idee“, begann er. „Wir wissen nicht, ob wir nicht beobachtet werden. Vielleicht weiß die Person auch schon, dass wir hier zusammensitzen und reden. Aber selbst wenn nicht, und Masumi am Hafen ist, sollten wir nicht zusammen dort auftauchen.“

„Das versteh ich“, murmelte Jodie. „Aber melde dich, wenn du etwas Neues hast.“

„Natürlich.“
 

Akai parkte den Wagen abseits vom Hafen und ging die letzten Meter zu Fuß. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und beobachtete die ganze Zeit seine Umgebung. Es war ruhig, eigentlich viel zu ruhig. Akai hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache. Würde er Masumi finden und wenn ja, würde es ihr gut gehen?

Das Blaulicht der Polizeiautos verstärkte seinen negativen Gedanken. Shuichi lief sofort zum Ort des Geschehens. Mehrere Polizisten des NYPD – New York Police Department – sicherten eine Lagerhalle. Als sich ihm ein Polizist entgegen stellte, zückte Akai seinen Dienstausweis. „FBI, Special Agent Akai“, stellte er sich vor. „Was ist hier passiert?“

Der Polizist kratzte sich am Hinterkopf. „Wir hatten Bombenalarm.“ Er wies mit dem Kopf hinters ich. „Wir sind sofort mit den Kollegen des Entschärfungskommandos angerückt. Es geht allen Beteiligten gut, die Bombe konnte entschärft werden.“

Akai verengte die Augen. „Was meinen Sie mit Beteiligten?“

„Es befand sich eine Person bei der Bombe.“

„Wo ist sie?“, wollte Akai sofort wissen.

„Wir glauben nicht, dass sie die Täterin ist. Sie war gefesselt und ist außerdem noch ein Kind.“

„Ich fragte, wo sie ist.“

„Eh“, murmelte der Polizist. „Sie wurde zu dem Krankenwagen gebracht und wird sicherheitshalber durchgecheckt. Wir wissen aber nicht wer sie ist oder was sie weiß.“

„Danke.“ Akai wandte sich ab und trabte zum Krankenwagen.

„Kannst du mir sagen, wie du heißt oder wo deine Eltern sind?“ Eine Polizistin kniete neben Masumi und sah sie an.

„Masumi!“ Akai spähte in den Krankenwagen. Er war erleichtert, als er seine Schwester wohl auf antraf.

Sofort sprang das Mädchen von ihrem Platz auf und lief auf ihren Bruder zu. Sie umarmte ihn und schloss die Augen. „Shu-nii.“

„Masumi, was ist passiert?“, wollte er sachlich von ihr wissen.

Die Jugendliche schluchzte. Shuichi hatte sie in den letzten Jahren selten so verletzlich gesehen. Masumi war immer stark und seit geraumer Zeit sprach sie davon Detektiv werden zu wollen. Dafür hatte sie sich sogar von ihm Selbstverteidigung beibringen lassen. „Es war meine Schuld“, wisperte sie. „Ich war so dumm…ich war am Flughafen und hab auf Shukichi und Yumi gewartet. Dann kam eine Durchsage in der ich gebeten wurde zum Taxistand zu kommen. Mama wollte mir dort etwas geben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich hätte nicht so blauäugig sein dürfen. Es hätte mir zu denken geben sollen, dass sie mich nicht auf dem Handy angerufen hat…“

„Und was ist dann passiert?“, fragte Shuichi.

„Ich wurde niedergeschlagen und wachte hier auf. Ich konnte nichts hören und auch nichts sehen. Im nächsten Augenblick zog mir ein Polizist die Augenbinde ab und befragte mich zu der Bombe unter mir. Danach wurde ihm bewusst, dass ich total aufgelöst war und so versuchte er mich zu beruhigen.“

Akai schluckte. Es stimmte also. Hätte er Jodie geheiratet, wäre die Bombe unter Masumis Füßen explodiert und seine Schwester wäre nicht mehr am Leben.

„Aber zum Glück ist alles noch einmal gut gegangen“, kam es von Jenna, der Polizistin bei Masumi.

Akai nickte. „Habt ihr schon einen Hinweis wer es gewesen sein könnte?“

„Nein, aber die Ermittlungen haben auch eben erst angefangen. Wir halten dich auf dem Laufenden und lassen dir alles zukommen oder schnappt sich das FBI gleich wieder einen unserer Fälle?“ Es war nicht unüblich, dass Polizei und FBI zusammen arbeiten mussten. Häufig wurde das FBI auch von der Polizei eingeschaltet. Und genau so häufig stahl das FBI einen Fall vor den Augen der Polizei und bearbeitete ihn selbst.

„Die Chancen dafür stehen gut.“

„Aber Shu-nii…“, murmelte Masumi. „Was wird denn aus deinen Flitterwochen? Ihr wolltet doch nach Japan fliegen.“ Erst jetzt realisierte sie, dass ihr Bruder seine normalen Sachen trug und nicht den Anzug. „Shu-nii…“, wisperte sie traurig.

„Du hast heute geheiratet?“, wollte Jenna wissen.

Akai schüttelte den Kopf und legte seine Hand auf Masumis Kopf. „Schon gut. Es freut mich, dass dir nichts passiert ist. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wer dich hier her gebracht hat.“

Zusammenarbeit

Mit einem Dosenkaffee betrat Shuichi gegen 16 Uhr den großen Besprechungsraum beim NYPD. Er sah in die Runde welche aus Jodie, Grayson, Laura und zwei Polizisten bestand. Sein Blick blieb bei diesen - Jenna Martin und Drake Svenson haften. Letzteren kannte er noch nicht, aber das würde sich bald ändern.

„Der Polizeichief war nicht gerade begeistert, als er hörte, dass das FBI den Fall übernimmt“, begann Laura. „Er kann zwar verstehen, dass es sich dabei auch um eine Privatangelegenheit handelt, hat aber zur Auflage gemacht, dass uns Lieutenant Martin und Lieutenant Svenson unterstützen. Außerdem sollen wir jedes Ergebnis mit dem NYPD teilen.”

Shuichi schien wenig begeistert zu sein. „Von mir aus“, gab er von sich und setzte sich auf den freien Platz neben Jodie.

Lieutenant Svenson räusperte sich. „Entschuldigung, ich bin Lieutenant Svenson und wurde gerade eben erst dem Fall zugeteilt. Ich hab schon gehört, dass meine Partnerin in der Vergangenheit mit einem von Ihnen gearbeitet hat. Nichtsdestotrotz möchte ich Sie bitten, dass wir kurz die Fakten durchgehen und uns alle auf den gleichen Stand bringen“, bat er.

Aus dem Grund arbeitete Akai ungern mit Polizisten zusammen. Man musste ihnen immer alles bis ins kleine Detail erzählen und wehe man ließ etwas aus. „Heute Morgen sollte meine Hochzeit mit Agent Starling stattfinden. Kurz vorher ging eine Nachricht ein, die meine Schwester gefesselt in einer Lagerhalle zeigte. Damit wollte mich der Täter dazu zwingen die Hochzeit abzusagen, was ich letzten Endes auch getan habe. Das Bild finden Sie in den Unterlagen vor Ihnen“, erklärte Shuichi und öffnete seine Mappe.

Lieutenant Svenson sah kurz zu Jodie, ehe auch er die Akte öffnete. „Woher wussten Sie, dass sich Ihre Schwester in der Lagerhalle am Hafen befindet? Das Bild gibt keinen weiteren Hinweis.“

„Es gibt wenig leer stehende Lagerhallen in der Stadt. Unserer Erfahrung nach zeigte sich, dass der Hafen für Entführungen oder krumme Geschäfte ein sehr beliebter Ort ist. Da ich nicht nur rumsitzen konnte, entschied ich, mich am Hafen umzusehen.“

„Zu dem Zeitpunkt war ich bereits vor Ort“, fügte Lieutenant Martin an. „Um etwa 10:45 Uhr wurden wir per Telefon über die Bombe in der Lagerhalle informiert. Der Täter hat uns den Ort und den Zeitpunkt der Explosion sehr detailliert übermittelt. Die Nachricht wurde nahezu augenblicklich an uns und die Kollegen vom Bombenentschärfungskommando weitergeleitet. Aufgrund der Dringlichkeit haben wir uns unverzüglich auf den Weg gemacht und konnten die Lagerhalle um etwa 11:30 Uhr sichern. Bis zur Explosion blieben nur noch zehn Minuten.“

Shuichi runzelte die Stirn. „Was für eine Konstruktion wurde verwendet?“

„Laut unseren Leuten eine sehr einfache und stümperhafte Konstruktion. Die Entschärfung hat weniger als drei Minuten gedauert und schien die Männer zu unterfordern“, Jenna schüttelte den Kopf. „Aber die sind eh immer ein wenig überheblich und halten sich für Götter. Dass sich ein Mädchen am Tatort befindet, hat uns der Anrufer nicht mitgeteilt. Wir sind dennoch froh, dass wir sie aus der Gefahrensituation retten konnten, ehe schlimmeres passiert ist.“

„So wie sich alles anhört, können wir davon ausgehen, dass es nie geplant gewesen ist, Masumi umzubringen“, sagte Laura ruhig und sah zu Akai. „Wie geht es ihr denn?“

„Den Umständen entsprechend“, antwortete Shuichi. „Meine Eltern kümmern sich jetzt um sie. Außerdem ist die Verwandtschaft noch da. Masumi kriegt jetzt jede Art der Fürsorge die man sich nur denken kann. Bevor ich hier her kam, hab ich noch mit Black gesprochen.“ Akai sah zu Svenson. „Agent Black ist unser Vorgesetzter“, erklärter er.

„Danke. Bitte fahren Sie fort.“

„Wir positionieren zur Sicherheit ein Agententeam vor dem Haus meiner Eltern. Sobald meine Verwandten nach Japan zurück kehren wollen, kriegen sie die Eskorte zum Flughafen und werden auch sonst nicht aus den Augen gelassen. Allerdings gehe ich nicht davon aus, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas zu Befürchten haben.“

„Wie kommst du zu dieser Annahme?“, wollte Jenna wissen. „Immerhin bist du gezwungen worden die Hochzeit abzusagen. Da ist es doch offensichtlich, dass es jemand auf dich abgesehen hat.“

„Oder auf Jodie“, warf Grayson ein. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht sagen, wer von Beiden das eigentliche Ziel ist.“

Shuichi nickte. „Allerdings glaube ich, dass das primäre Ziel des Täters die Hochzeit war und nicht die Familie oder die Gäste. Durch die Absage haben wir erst einmal Zeit gewonnen um ihn zu finden oder uns auf seine nächsten Schritte vorzubereiten.“

„Agent Akai, Sie sagten, dass Sie eine Nachricht bekamen. Wann war das?“

„9:30 Uhr“, antwortete der Gefragte. „Um 10 Uhr sollte die Trauung anfangen, spätestens dann hätte ich das Handy auch ausgeschaltet.“

„Was haben Sie gemacht, als die Nachricht einging?“, wollte der Lieutenant wissen.

„Da die Nachricht vom Handy meiner Schwester kam, rief ich sofort zurück. Es ging keiner ran. Daraufhin bin ich zu Jodie gegangen und hab die Hochzeit abgesagt. Da ich das Ausmaß nicht abschätzen konnte, habe ich ihr dementsprechend auch die Wahrheit verschwiegen.“

„Lassen Sie mich raten, auch wieder aufgrund von Erfahrungswerten?“, kam es von Svenson.

Shuichi spürte die Feindseligkeit in der Stimme des jungen Mannes. „So kann man es ausdrücken. Ich habe befürchtet, dass die Kirche abgehört wird und dass meiner Schwester etwas passiert, wenn ich Jodie nicht das Herz breche. Letzten Endes weiß nur unsere Familie, dass ich die Hochzeit abgesagt habe. Die Gäste wurden von Jodies Vater informiert, dass der Pfarrer den Termin doppelt belegt hatte und dementsprechend auch nicht vor Ort war. Ob sie es glauben, sei dahin gestellt.“

Lieutenant Svenson sah zu Jodie. „Aber Sie haben gewusst, dass etwas nicht stimmte?“

Jodie nickte. „Am Anfang war es natürlich ein Schlag ins Gesicht, als er die Hochzeit absagte. Allerdings kenne ich meinen Verlobten und gestern Abend war noch alles in Ordnung. Genauso wie heute Morgen. Wenn er mich nicht heiraten wollte, hätte er die Hochzeit viel eher absagen können. Aus diesem Grund ahnte ich, dass irgendwas nicht stimmte.“ Auch wenn nun alle am gleichen Strang zogen, wollten sie die Wahrheit über ihre codierten Absprachen noch nicht preis geben.

„Mhm…ich verstehe“, murmelte Svenson nachdenklich. „Ihre Schwester hat niemanden erkannt?“, wandte er sich wieder an Akai.

„Leider nicht“, entgegnete der Agent. „Masumi wurde reingelegt. Eigentlich wollte sie meinen Bruder und meine Schwägerin am Flughafen überraschen. Nur meine Eltern wussten Bescheid, weswegen sich Masumi auch nichts dabei dachte, als sie ausgerufen wurde.“

„Daraufhin ist deine Schwester auch gleich zum Taxistand geeilt…“, kam es von Lieutenant Martin, die das Gespräch der Geschwister im Krankenwagen mitbekam. „…und wurde dort niedergeschlagen. Ich habe vorhin mit dem Polizisten gesprochen, der die Lagerhalle zuerst betrat und sie fand. Er bestätigte, dass sie gefesselt war und dass sie sehr erschrocken reagierte, als er sie befreite.“

„Du willst doch nicht sagen, dass sie irgendwas damit zu tun hat!“ Akai verengte die Augen.

„Selbstverständlich nicht, aber wir müssen jeder Möglichkeit nachgehen“, antwortete die junge Polizistin. „Ich will nicht, dass wir am Ende irgendwas Wichtiges übersehen.“

„Ich denke, das will keiner hier“, versuchte Grayson die Situation zu entschärfen.

Shuichi nickte zustimmend. „Selbstverständlich haben wir uns bereits mit der ersten Informationssuche befasst. Gegen 8 Uhr morgens wurde Mrs. Davidson am Informationsschalter des Flughafens angerufen. Der Anrufer wies eine weibliche Stimme auf und bat, dass Masumi Akai zum Taxistand kommen soll, da sie, in dem Fall ihre Mutter, ihr noch etwas geben wollte. Aufgrund des Krisenmanagements wird jeder Anruf aufgezeichnet. Die Aufnahme befindet sich bereits auf dem Weg zu unseren Spezialisten.“

„Du hast das mit der weiblichen Stimme so betont, gehst du davon aus, dass ein Stimmverzerrer verwendet wurde?“, wollte Jenna wissen.

„Ja und ich möchte nicht voreilig eine Personengruppe ausschließen“, sagte Shuichi. „Unser Täter war schlau. Er ließ seine Nummer anzeigen und gab uns die Möglichkeit der Rückverfolgung. Allerdings handelt es sich um ein Wegwerf-Handy, welches in einem Mülleimer in der Nähe des Flughafens geortet wurde. Die Spurensicherung konnte darauf keine Fingerabdrücke erkennen.“

„Da wusste jemand, was er tut“, murmelte Laura.

„Das lässt auch auf eine akribische Planung schließen“, fügte Grayson an.

„Wir sollten uns die Kameraaufzeichnungen des Außenbereichs besorgen“, entgegnete Svenson.

„Daran dachten wir auch schon“, fing Akai an. „Die Kamera, die den Taxistand aufzeichnet ist seit einer Woche defekt und konnte noch nicht ausgewechselt werden. Ob dies das Werk unseres Täters war, können wir nicht bestätigen. Black arbeitet gerade an einer schriftlichen Verfügung um an alle Aufnahmen aller Kameras im Außenbereich zu kommen. Selbst wenn wir den direkten Tathergang nicht sehen können, können wir vielleicht einen Anhaltspunkt erhaschen – ein wegfahrendes Auto, ein Kennzeichen…irgendwas.“

„Gut“, räusperte sich Svenson. „Ich denke, wir sind jetzt auf dem aktuellen Stand. Wer von Ihnen leitet die Ermittlungen?“

„Ich“, entschied Akai sofort.

„Entschuldige, dass ich dich da unterbrechen muss“, fing Grayson an. „Auch ich habe mit Agent Black über den Fall gesprochen. Da sowohl Jodie als auch du befangen seid, aber ermitteln wollt, wurde der Fall Laura und mir übertragen. Wir kennen zwar eure Familien und sind eure Partner, sind aber nicht so sehr befangen wie ihr. Und natürlich teilen wir alle Ermittlungsergebnisse und arbeiten zusammen.“

Shuichi ärgerte sich innerlich über diese Entscheidung, konnte sie aber verstehen. Er selbst hasste es, wenn Familienangehörige oder Freunde der Opfer bei den Ermittlungen helfen oder dabei sein wollten. Mit der Einmischung, die durch Emotionen hervorgerufen wurde, ging meistens vieles daneben und verursachte mehr Ärger. Und jetzt war er auch an diesem Punkt. Zwar war er auch bei Jodies Fall um die Familie Cane ein Befangener, aber er hatte sich gut im Griff. Jetzt könnte es anders sein.

„Gut“, sagte Laura. „Da wir uns alle einig sind, dass ein ausgeklügelter Plan hinter der Sache steckt, sollten wir uns die Frage nach dem Motiv stellen.“

„Rache würde mir als erstes einfallen“, gab Jenna von sich.

Shuichi sah zu Jodie. „Wir sollten unsere alten Fälle durchgehen und alle Verbrecher, Angehörige der Täter, deren Freunde und jeden der uns einfällt auf die Liste setzen und überprüfen lassen.“

Die Agentin nickte. „Da wird einiges zusammen kommen“, murmelte sie leise. „Ich werde mit meinem Vater sprechen und ihn bitten, das gleiche zu tun.“ Jodie sah zu den beiden Polizisten. „Mein Vater ist ebenfalls FBI Agent.“

„Ah, ich verstehe, Sie vermuten, dass sich jemand an Ihrem Vater rächen will und das über Sie versucht“, gab Svenson von sich.

„Es wäre eine Möglichkeit“, nickte Jodie.

„Gut, dann machen wir das so. Jodie und Akai kümmern sich um die Liste aller Personen, die einen Groll gegen sie hegen könnten. Bitte weitet eure Liste auch auf Feinde oder verärgerte Personen aus eurer Jugend aus. Wir können leider nicht in die Köpfe der Menschen sehen und sollten uns jede Option offen halten. Laura und Lieutenant Svenson sehen sich in der Lagerhalle um, sprechen mit dem Bombenentschärfungskommando und setzten sich mit der Bombe auseinander. Lieutenant Martin und ich fahren zum Flughafen und befragen alle Taxifahrer und das Sicherheitspersonal. Möglich, dass jemand etwas gesehen hat. Wenn Black die Aufnahmen hat, werden wir entscheiden, wer sie sichten wird. Sollten wir weitere Unterstützung benötigen, fordern wir sie an. Irgendwelche Einwände?“

Keiner meldete sich zu Wort.
 

Jodie saß mit Shuichi in seinem Wagen. Sie waren auf den Weg ins Büro und hatten bis eben einander angeschwiegen. „Sagt dir dein Bauchgefühl etwas zu den Tätern?“, wollte sie von ihm wissen.

„Nein, es könnte nahezu jeder sein.“ Akai sah nach vorne auf die Straße. „Aber wir müssen trotzdem alles tun, um den Drahtzieher zu finden. Um unser Willen und um Masumis Willen.“

Jodie nickte. „Ich werde mir im Büro alle Einzelheiten zu den Fällen um Tom Weston und Emily Cane ansehen.“ Sie seufzte leise. Beide Fälle waren kein Zuckerschlecken und hatten sie ziemlich gefordert. „Ich werde überprüfen, was aus ihnen und ihren Familien geworden ist. Kann sein, dass einer von ihnen seine Finger im Spiel hat.“

„Sei bloß vorsichtig“, murmelte Akai. Auch ihm waren beide Fälle an die Nieren gegangen, hatten aber auch gezeigt, dass er prädestiniert für die Laufbahn als FBI Agent war.

„Bin ich doch immer“, antwortete sie. „Apropos, die Ereignisse um die Canes waren ja mein erster richtiger Fall. Wie war eigentlich deiner? Du hast mir nie davon erzählt.“

„Hab ich nicht?“, fragte der Agent. „Der war gar nicht so spektakulär“, fügte er an.

„Eher langweilig?“

„Das würde ich nicht sagen“, antwortete er. „Gut, ich erzähl es dir. Mein erster Fall war…Besonders…“

Shuichis erster Fall: Leichenfund

Nachdem er die Sicherheitskontrolle passierte, zog sich Shuichi seine Jacke wieder an. Er beobachtete die Menschen in dem Eingangsbereich und ließ die Atmosphäre auf sich wirken.

Vor knapp drei Wochen hatte er seinen ersten Arbeitstag in der New Yorker Niederlassung. Er fühlte sich wie ein kleines Kind im Spielzeugladen, welches sich alles aussuchen durfte und nicht auf die Konsequenzen achten musste. Aufregung und Freude zugleich bestimmten den Morgen. Aber da war auch noch ein kleiner Hauch Nervosität, denn er würde Agent Starling wiedersehen. Sein anfänglicher Wunsch diesem als Partner zugeteilt zu werden, zerschlug sich mit der Trennung von Jodie. Selbst wenn er gekonnt hätte, hätte der ältere Agent alle Hebel in Bewegung gesetzt um der Partnerschaft zu entkommen. Und vielleicht war es auch besser so. Nicht nur der Partnerschaft wegen, sondern auch um Jodies Gefühle nicht noch mehr zu verletzen. Durch seine Familie wusste er, dass Jodie noch immer an ihm hing. Und auch wenn ihr letztes Widersehen lange her war, musste er nicht noch Salz in die Wunde streuen.

Seine neue Partnerin – Laura McKnight – hingegen schien ein unbeschriebenes Blatt zu sein. Was Akai über sie erfuhr, war nicht allzu viel. Sie hatte knapp zehn Jahre Berufserfahrung und einige Anfänger in ihrer Probezeit begleitet. Sie war nie auffällig und arbeitete ihre Fälle immer ordnungsgemäß und mit der notwendigen Distanz ab. Dennoch wurde sie nur selten in Zeitungsartikeln erwähnt und hielt sich generell lieber im Hintergrund. Wenigstens war sie nicht inkompetent und wusste was zu tun war. So wie er sie einschätzte, war sie auch bereit die Regeln hin und wieder etwas zu drehen, um sich entsprechend in den Grauzonen zu bewegen.

Dennoch hatte seine neue Arbeit auch einen bitteren Beigeschmack. Hatten Agenten einen Fall übernommen, gaben sie ihn nicht mehr ab. Aber einen Fall haben und einen Fall zugeteilt bekommen, waren zwei Paar Schuhe. Und er hatte das Problem, dass es keinen Fall gab, sodass er nur am Schreibtisch saß und Lauras Akten wegsortierte, mal für einen anderen Agenten die Recherchearbeit übernahm oder zum Schießstand fuhr und dort seine Fertigkeiten trainierte.

Langsam trabte Shuichi zum Aufzug. Wenn er heute wieder nichts machen konnte, würde ihm noch die Decke auf den Kopf fallen. Als sich die Aufzugstüren öffneten, kamen ihm einige Agenten der Nachtschicht entgegen, andere wie Starling blieben im Aufzug stehen. Shuichi musterte Jodies Vater und stieg dann ein. „Morgen“, grüßte er die übriggebliebenen Männer und Frauen, hoffte aber innerlich, dass der Aufzug schnell bei seiner Etage ankam und nicht stecken blieb. Denn aus seiner Erfahrung wusste er, dass das Schicksal gerne mal Streiche spielte. Auch wenn er nichts sagte, fieberte er jeder Etage entgegen und als sich Agent Starling endlich auf den Weg nach draußen machte, war er erleichtert. Eigentlich sollte zwischen den beiden Männern ein normaler Umgang herrschen, aber die Realität sah anders aus.

„Ich behalte dich im Auge“, flüsterte ihm der ältere Agent zu.

Akai sah ihm irritiert nach. Das konnte noch heiter werden. Und wenn sich ein erfahrener Agent gegen ihn stellte, musste er sich erst recht beweisen. Aber er würde nicht aufgeben und hart arbeiten, um ein verlässliches und nicht wegzudenkendes Mitglied des FBIs zu werden. Als der Fahrstuhl erneut seine Türen öffnete, stieg er aus und ging zu seinem Büro. Seinen Namen an der Tür zu lesen, gab ihm ein unglaubliches Gefühl. Sofort musste Shuichi lächeln. Dann aber räusperte er sich und betrat das Büro. Shuichi sah auf den Schreibtisch und seufzte innerlich auf, als er den Aktenberg sah. „Laura“, begann er.

Die Angesprochene sah von ihrer eigenen Akte auf. „Hmm? Dir auch einen schönen guten Morgen.“

„Morgen“, murmelte er und setzte sich auf seinen Platz. „Hast du mir wieder ein paar von deinen Akten untergejubelt?“ Der Tag fing wie der Vorherige an. Aber er würde nicht aufgeben. Egal welche Aufgabe Laura ihm gab, er würde sie mit Bravour bestehen.

Laura pfiff unschuldig, ehe sie kicherte. Manchmal war die Arbeit als FBI Agent trist, aber es gab auch gute Zeiten. Vor allem wenn man einen Fall löste, war die Euphorie groß.

„Oh man…“, sagte Akai leise und öffnete die erste Akte. Es war ein Fall den Laura Monate zuvor bearbeitet hatte. Ihre Notizen hatten sie handschriftlich dazu gelegt. Jetzt würde er sie abtippen und an die richtigen Stellen heften.

„Jetzt lass den Kopf nicht hängen“, entgegnete Laura ruhig. „Du bist doch noch nicht so lange bei uns und leider haben wir gerade wohl eine kleine Flaute. Das kommt hin und wieder vor. Aber keine Sorge, damit du dich nicht langweilst, hab ich dir ein paar Akten auf den Tisch gelegt.“

„Ein paar?“ Akai hob fragend die Augenbraue. „Dann will ich wohl nicht wissen, was viele bei dir heißt.“

Laura zuckte schmunzelnd mit den Schultern. „Ich bin sicher, du hast sie im Nu abgearbeitet.“

„Das werde ich“, sagte Shuichi ruhig. „Kommen diese Flauten öfters vor?“, wollte er anschließend wissen.

„Eigentlich nur dann, wenn die Ausbildung in Quantico beendet ist. Jeder Agent mit neuem Partner möchte natürlich sofort einen guten Fall abbekommen und gerade dann haben wir mehr Agenten als Fälle. Natürlich geht da auch mal das ein oder andere Team leer aus.“

„Und warum ausgerechnet wir?“, fragte er.

Laura seufzte. „Du lässt echt nicht locker“, gab sie von sich. „Hör zu, Akai, ich hab schon mehrere Neulinge ausgebildet. Einige sind noch am Leben, andere nicht. Durch diese Erfahrungen weiß ich, dass der beste Weg nicht immer die direkte Konfrontation ist. Ich habe entschieden, dass wir dich erst einmal so einarbeiten und du im Laufe der Zeit deinen ersten Fall bekommst.“

„Du hast was?“ Shuichi sah sie entgeistert an. War das ihr ernst? „Du musst dir wegen mir keine Sorgen machen“, sagte er. „Ich bin bestens auf alles vorbereitet.“

„Ja, ich hab schon mit Agent Black gesprochen. Du hast dem FBI vor einigen Jahren unter die Arme gegriffen. Aber unser Job ist kein Kinderspiel. Wenn etwas Passiert, stirbst du oder du bringst andere in Gefahr. Ich will kein unüberlegtes Handeln sehen. Du bist neu und hast keine wirkliche Erfahrung, also wirst du das tun, was ich dir sage. Haben wir uns verstanden?“

Shuichi knirschte mit den Zähnen. „Ja.“

„Gut. Und jetzt hör auf so zu gucken, der nächste Fall wird an uns gehen.“

Akai nickte. „Sprecht ihr oft über mich?“

„Hm? Was meinst du?“

„Du und Agent Black. Was hat er dir über mich erzählt?“

„Ach das“, murmelte Laura. „Hört sich schlimmer an als es ist. Die Agenten die neue Partner aus dem Ausbildungsprogramm zugeteilt bekommen, sitzen in kleiner Runde zusammen und gehen die Neulinge durch. Als du dran warst, hat Black von deiner Unterstützung erzählt. Mehr war da nicht.“

„Verstehe“, sagte er erleichtert. Eine vorgefertigte Meinung hätte ihrer Zusammenarbeit nur geschadet. „War Agent Starling bei dem Gespräch auch dabei?“

„Mhm?“ Laura sah ihn überrascht an. „Nein, er konnte an dem Tag nicht. Wieso fragst du?“

„Neugier“, antwortete Shuichi knapp.
 

Shuichi schloss die Akte und legte sie auf den Stapel zurück. Er streckte sich und sah zu Laura.

„Ja, verstanden….ja…ist gut…so machen wir das…wir sind auf dem Weg“, sagte sie und legte den Hörer zurück auf das Telefon.

Akai blickte sie erwartungsvoll an. „Ein Fall für uns?“

Laura ließ gespielt den Kopf hängen. „Warum wusste ich nur, dass du das fragen würdest?“ Sie stand auf. „Aber du hast Recht. Wir haben einen Fall.“

Shuichi stand ebenfalls auf und zog sich seine Jacke an. „Dann wollen wir mal. Erzähl mir unterwegs alles was du weißt.“

Laura lächelte. „Nichts anderes habe ich von dir erwartet“, sagte sie und ging mit ihm nach unten zum Wagen. Laura stieg auf der Fahrerseite ein, schnallte sich an und ließ den Zündschlüssel in das Schloss gleiten. Sie drehte ihn einmal und startete den Motor.

„Also? Was weißt du über den Fall?“, wollte Akai wissen.

„Der Besitzer des Fox hat heute Morgen beim Müll rausbringen eine Leiche entdeckt. Die Polizei wurde bereits gerufen und hat vor Ort die nötigen Untersuchungen initiiert. Die Ausweispapiere fehlen, aber man versucht über das zahnärztliche Profil an mehr Informationen zu kommen. Die Leiche wurde der Gerichtsmedizin überstellt und wie gesagt, die Identifizierung läuft.“

„Das Fox ist ein Nachtclub, nicht wahr?“

Laura nickte. „Wir kennen die Umstände des Todes noch nicht. Aber Verbrechen in denen ein Nachtclub involviert ist, stehen oftmals mit sexuellen Übergriffen in Verbindung. Deswegen wollte uns die Polizei auch dabei haben.“ Laura trat auf das Gaspedal und fuhr los. „Wir fahren direkt in die Pathologie.“

„Kennen wir den diensthabenden Pathologen?“

„Ja, Jackson Mallville. Ich hab mit ihm bei einigen Fällen zusammen gearbeitet. Er weiß was er tut. Ach ja, öffne bitte das Handschuhfach.“

Akai tat was ihm aufgetragen wurde.

„Siehst du den kleinen Roller drin? Den nehmen wir mit rein.“ Laura bog auf den Parkplatz und stellte den Wagen ab. „Menthol. Werden wir wegen dem Geruch brauchen. Manchmal riecht es…etwas streng dort unten.“

„Verstehe“, murmelte Akai und stieg aus dem Wagen. „Geh ruhig vor.“ Dann hätte er genügend Zeit um sich noch umzusehen.

„Aber kipp mir da drin ja nicht um“, mahnte sie ihn scherzhaft. Natürlich war es nie einfach ins Leichenschauhaus zu gehen, weswegen die Agenten immer versuchten ein wenig Humor zu bewahren.

„Hier geht’s lang“, sagte sie nachdem sie in die Räumlichkeiten gelangte. Sofort marschierte sie ins Erdgeschoss und drückte dort die große Eisentür auf. „Hast du den Roller mit?“, wollte sie wissen und hielt ihre Hand auf.

„Natürlich“, entgegnete Akai und gab ihr den Roller. Sofort trug Laura etwas Menthol unter ihrer Nase auf und reichte den Roller wieder an ihren Kollegen. „Willst du ihn nicht verwenden?“

„Ich komm mit dem Geruch schon klar“, antwortete Akai.

Laura zuckte mit den Schultern. „Neulinge“, murmelte sie. Sie hatte diese enthusiastische Art oft erlebt, aber am Ende lief jeder Neue aus dem Leichenschauhaus und übergab sich auf dem Flur. Ein Glück stand in fast jeder Ecke ein Mülleimer. Laura blieb stehen. „Wir sind da“, sprach sie und drückte die Tür auf.

Im kühlen Raum arbeiteten zwei Personen – der Gerichtsmediziner und sein Assistent. Letzterer sah sofort auf. „Jack, wir haben Besuch.“

Jackson Mallville unterbrach seine Arbeit. „Laura“, fing er an. „Wenn bringst du uns da mit?“

„Das ist mein neuer Partner“, begann sie. „Er kommt frisch aus Quantico.“

„Shuichi Akai“, stellte sich der Agent vor.

„Freut mich. Jackson Mallville. Das ist mein Assistent Leo Byrne.“

Leo nickte den Agenten kurz zu.

„Jackson, was haben wir?“, wollte die Agentin wissen.

„Bei dem Opfer handelt es sich um Mason Klein“, begann Jackson. „36 Jahre, weiße Herkunft, viele Tätowierungen.“

„Entschuldigung, da muss ich unterbrechen“, entgegnete Akai. „Man hatte uns gesagt, dass das Opfer keine Ausweispapiere bei sich hatte. Ist der zahnmedizinische Vergleich bereits abgeschlossen?“

„Der Vergleich läuft noch, aber ich bin mir sicher, dass das Ergebnis bestätigt wird.“ Jackson ging an den Computer. „Wir wurden letzten Monat mit einer neuen Software ausgestattet. Dabei scannen wir den Fingerabdruck des Opfers und lassen in der Kartei danach suchen. Das System findet jeden der eine Vorstrafe besitzt, sich freiwillig registrierte oder sich eine Waffe zulegte.“

„Und was davon ist Klein?“

„Tja…“, murmelte Mallville. „Klein war ein registrierter Straftäter. Er wurde aufgrund von guter Führung vorzeitig entlassen. Da werdet ihr es nicht einfach haben. Die Daten die ich aus dem System angezeigt bekomme, sind teilweise noch unvollständig, aber ich hab irgendwie ein ganz mieses Gefühl.“

Wieso?“, fragte Laura.

„Kann ich nicht genau beschreiben. Ich denke, das hängt wohl mit meiner Erfahrung zusammen.“

Shuichi sah auf die Bahre. Die Person darunter war mit einem weißen Tuch abgedeckt. „Können Sie schon etwas zur Todesursache sagen?“

„Noch nichts Genaues. Die Tests laufen noch, aber ich würde auf Herzstillstand infolge einer Überdosis tippen. Außerdem war der Alkoholpegel des Opfers enorm“, antwortete der Mediziner. „Durch sein Aussehen und den Abend im Nachtclub hätte ich normalerweise angenommen, dass die Überdosis ein Unfall war. Die Tatsache, dass er ein Straftäter war, rückt Mord in den Fokus. Rache kann für viele ein Motiv sein. Andererseits schaut ihn euch an. Es gibt keinen Hinweis auf einen Schlag, Stoß oder auf ein gewaltsames Verabreichen der Drogen.“

Laura überlegte. „Lass uns bitte einen Bericht ins Büro zukommen.“ Sie sah zu ihrem Kollegen. „Aufgrund seines Hintergrundes können wir Mord aus Rache nicht ausschließen. Wir sollten zurück ins Büro fahren und uns seine Akte ansehen. Auch wenn er auf der anderen Seite des Gesetzes stand, müssen wir alles dafür tun, um den Fall aufzuklären.“

Shuichis erster Fall: Spurensuche

Laura kam in das Büro und sah zu ihrem Kollegen, der an seinem Schreibtisch saß und einen Kugelschreiber in seiner Hand rotieren ließ. Er schien sich zu langweilen oder war es seine Art nachzudenken? „Lass mich raten, der Bericht aus der Gerichtsmedizin ist noch nicht da?“

Akai sah zu seiner Partnerin. „Noch nicht. Hast du die Akte von Klein bekommen oder hatte die Polizei Einwände?“

„Aber selbstverständlich hab ich sie bekommen“, entgegnete sie und setzte sich an ihren Schreibtisch. Die Akte legte sie obendrauf. „Und ich hab sogar noch was Besseres?“

Akai stand auf und ging zu ihrem Schreibtisch. Sofort griff er nach der Akte und blätterte sie durch. „Ganz schön dick“, murmelte er und sah seine Partnerin an. „Was hast du herausgefunden?“

Laura schmunzelte. „Als ich mir die Akte aus dem Polizeiarchiv geholt habe, fand ich sie auch sehr dick. Daraufhin habe ich einen Blick hineingeworfen und sie durchgeblättert. Dreimal darfst du raten, was ich dabei herausgefunden habe?“

„Ich rate nicht gerne. Sag es doch einfach.“

Laura seufzte innerlich. „Auch das FBI führte damals eine offizielle Ermittlung gegen Klein durch.“

Shuichi sah sie überrascht an.

„Daraufhin habe ich mit den beiden diensthabenden Kollegen gesprochen. Sie kommen gleich mit unserer Ermittlungsakte vorbei.“

„Nicht schlecht“, gab Akai von sich.

„Ich weiß halt wie der Hase läuft“, entgegnete Laura mit einem Grinsen auf den Lippen. „Wenn es wirklich Mord war, wird es ein sehr heikler Fall werden. Klein wurde wegen Vergewaltigung verurteilt. Die Medien haben sich damals auf den Fall gestürzt und seine Entlassung in Freiheit vor einigen Monaten war mehrere Schlagzeilen Wert. Ich gehe jede Wette mit dir ein, dass sein Tod und unsere Ermittlungen ebenfalls für Schlagzeilen sorgen werden. Wenn du mit mir an diesem Fall arbeitest, wirst auch du in den Fokus der Medien geraten und ich kann dir versprechen, es wird nicht nett werden. Noch kannst du es dir anders überlegen. Keiner wird dich dafür verurteilen.“

Akai schüttelte den Kopf. „Das muss ich nicht. Ich bin nicht aus Spaß beim FBI und wenn es zu meinen Aufgaben gehört, den Mörder eines Straftäters zu finden, dann werde ich nicht kneifen.“ Laura lächelte leicht. Genau das wollte sie hören. Nur ein ambitionierter Partner, hatte eine Chance die Probezeit zu bestehen. „Ich hoffe, es wird nicht so schlimm wie ich denke…“, murmelte sie.

„Und selbst wenn, wir machen das nicht aus Spaß. Jeder Agent weiß, worauf er sich eingelassen hat, als er die Ausbildung begann.“

„Die Worte merk ich mir“, sprach die Agentin, ehe es an der Tür klopfte. „Herein“, rief sie und zwei Agenten betraten den Raum.

Akai lächelte. „Agent Pierce…Agent Fries…wie schön Sie zu sehen.“ Die Agenten kannten einander. Einst hatten sie sich kennen gelernt, als es Tom Weston auf Jodie abgesehen hatte.

„Ebenfalls“, antwortete Pierce. „Wie mir scheint, sind wir jetzt eure Unterstützung.“

„Laura hat uns am Telefon über euren Fall aufgeklärt. Wir hoffen, dass wir euch weiterhelfen können. Das ist eine Kopie unserer Ermittlungsakte.“ Agent Fries reichte diese an ihre Kollegin.

„Danke“, sagte Laura ruhig. „Setzt euch bitte.“ Sie wies auf die Stühle vor ihrer beiden Schreibtische. Die Agenten setzten sich und auch Shuichi ging wieder zurück an seinen Platz. Noch einmal aktualisierte er – in der Hoffnung den gerichtsmedizinischen Bericht bekommen zu haben - das E-Mail Programm. Nichts.

„Dann erzählt uns doch mal, was ihr über Klein wisst.“

Agent Fries sah zu ihrem Partner. Dieser schenkte ihr ein Nicken. „Nun ja“, murmelte sie. „Während unserer Ermittlungen fanden wir heraus, dass Klein ohne Vater aufwuchs und seine Mutter immer an die falschen Männer geriet. Obwohl er damals beteuerte, dass er sie liebt, zeigte sich, dass er ein komisches Frauenbild besaß. Kein Wunder, er ist schließlich durch seine Vergangenheit geprägt worden. Was soll ein Kind auch denken, wenn seine Mutter regelmäßig geschlagen und krankenhausreif geprügelt wird. Kaum wurde sie einen Mann los, kam auch schon der nächste in ihr Leben. Im Übrigen müsst ihr nach seiner Mutter nicht mehr suchen. Sie ist im Laufe des Prozesses gegen ihren Sohn verstorben…Herzinfarkt.“

„Und sein Umfeld? Arbeit? Freunde?“, wollte Laura wissen.

„Richtige Freunde hatte er keine, es gab immer nur Bekannte von der Arbeit oder aus seiner Wohngegend. Mit 18 Jahren brach er die Schule ab und hat eine Weile als Barkeeper und wenn es notwendig wurde, als Türsteher gearbeitet. Und das ist auch der Knackpunkt. Viele Gäste, vor allem weibliche Gäste, sind bis zum Schluss geblieben. Sie fühlten sich dort sicher…und Klein nutzte diese Sicherheit aus. Während sie nach Hause gingen, pirschte er sich von hinten an sie an und…“

Laura schluckte. „Klein hat die Frauen vergewaltigt?“

„Fries!“

Sie sah zu ihrem Partner. „Ja, ich weiß. Wir nehmen an, dass er es in mehreren Fällen gewesen ist, aber…wir können es nicht beweisen. Sein letztes oder wie einige sagen, sein erstes Opfer hatte einige Jahre Kampfsport trainiert und sich gewehrt. Sie konnte ihn kratzen und danach durch das Überraschungsmoment entkommen. Obwohl sie unter Schock stand, hat sie bei der Polizei ihre Aussage gemacht. Bis dahin war Klein noch ein unbeschriebenes Blatt. Wir kennen bis heute seine Motivation nicht“, sagte die Agentin. „Es gab andere Opfer die auf die gleiche Art und Weise vergewaltigt wurden: Sie alle waren im gleichen Club und wurden auf dem Heimweg überfallen…aber es gab keine DNA-Spuren die den Täter hätten überführen können. Mit den DNA-Spuren von Klein hoffte die Polizei auf ein Gesamtbild und hat das FBI, als uns, dazu geholt. Wir konnten leider nichts beweisen. Klein schwieg bis zum Verhandlungstag.“

Agent Pierce nickte. „Im Gerichtssaal hat er diese eine Tat gestanden, weil er glaubte, eine mildere Strafe zu bekommen.“

„Was aber nicht der Fall war…“, murmelte Shuichi.

„Kommt drauf an wie man es sehen will. Er bekam zwölf Jahre ohne Bewährung. Das Opfer und ihre Angehörigen sind erzürnt gewesen, da sie lebenslang forderten. Zu Recht wenn man mich fragt, immerhin muss das Opfer auch ein Leben lang damit zurechtkommen. Nun ja…nach zehn Jahren wurde Klein wegen guter Führung und guter Chancen auf Resozialisierung entlassen…“

„Ich verstehe“, gab Laura von sich. „Und kaum ist er draußen, stirbt er. Man könnte meinen, dass Rache im Spiel ist.“

„Oder Verzweiflung. Es gibt viele Insassen, die nach so vielen Jahren nicht mehr mit der Außenwelt klar kommen und wieder zurück ins Gefängnis wollen“, gab Pierce von sich.

„Habt ihr schon mit seinem Bewährungshelfer gesprochen oder seinem Therapeuten?“, wollte Fries anschließend wissen.

„Er wird therapiert?“, kam es von Akai.

„Ja, das war eine Auflage, damit er frühzeitig entlassen wird.“

Akai sah zu Laura. „Ich lass mir die Namen und die Adressen geben und rede mit Beiden.“

„Wir“, korrigierte die Agentin. „Danach werden wir auch ein Gespräch mit dem Opfer und seiner Familie führen müssen.“

„Das können wir übernehmen“, entgegnete Pierce. „Sie kennen und vertrauen uns…es wird leichter für sie sein, wenn sie mit uns sprechen müssen.“

Laura überlegte. Aus dem Augenwinkel sah sie zu ihrem Partner, der mit den Zähnen knirschte. Dass es ihm nicht gefiel seinen ersten Fall zu teilen, konnte jeder sehen. Aber er würde noch verstehen, dass es manchmal mehr brauchte als nur zwei Agenten. Und wenn es sein musste, würde sie ihm diesen Zahn ziehen. „Wir nehmen eure Hilfe gerne an.“

„Gut.“ Pierce stand auf und verließ mit seiner Partnerin das Zimmer.

„Jetzt schau nicht so griesgrämig“, sagte Laura.

„Tu ich nicht“, murmelte Akai.

„Sag das mal deinem Gesicht…“

„Laura, bitte.“

„Was denn?“ Sie seufzte. „Hör zu, ich weiß, die Realität sieht anders aus. Es ist nicht wie in Büchern oder Fernsehserien. Die Fälle lösen sich nicht innerhalb von wenigen Stunden oder einigen Tagen. Es taucht nicht einfach so ein neuer Hinweis auf. Es steckt viel harte Arbeit dahinter. Und dass immer nur ein zweier Team an einem Fall arbeitet, ist ebenfalls erstunken und erlogen. Das erzählen sie nur um nicht noch mehr Charaktere einzuführen und in der Realität sollen nicht zu viele Ermittler in den Fokus gerückt werden. Selbstverständlich brauchen auch wir Hilfe und man kann nicht von zwei Leuten erwarten, dass sie sich teilen und immer 24 Stunden durcharbeiten.“

„Das weiß ich doch, Laura“, begann Shuichi. „Ich hab nur nicht erwartet, dass wir gleich bei meinem ersten Fall Unterstützung anfordern.“

„Du wirst es mir noch danken“, sagte die Agentin. „Mit dem ehemaligen Opfer und seiner Familie zu sprechen, ist kein Zuckerschlecken. Sei froh, dass Fries und Pierce das machen.“

„Mhm…“, murmelte der Agent.

„Ist der gerichtsmedizinische Bericht in der Zwischenzeit gekommen?“, wollte sie wissen.

Shuichi aktualisierte das betroffene Fenster im E-Mail Programm. „Ja, gerade eben“, murmelte er und öffnete die Datei. „Es ist genau so wie Mallville vermutet hat…Überdosis…kein Hinweis auf eine Gewalttat…“

„Verdammt…wir müssen dennoch zu 100 Prozent sicher gehen…gerade wenn wir Rache nicht vollkommen ausschließen können…“ Laura ballte die Faust. „Also gut…ich hab von Jackson die persönlichen Sachen des Opfers bekommen. Wir sehen uns zuerst in seiner Wohnung um. Danach fahren wir zu seinem Bewährungshelfer und Therapeuten.“

Shuichi stand auf. „Haben wir die Adresse von Klein?“

„Ja, hab ich vorhin rausgesucht.“
 

Laura stellte ihren Wagen ab und seufzte. „Wir hätten doch dein Auto nehmen sollen.“

„Du hast auf deinen Wagen bestanden“, entgegnete der Agent und stieg aus. Die Wohngegend war alles andere als liebreizend. Mehrere Schnapsläden, kleinere Lebensmittelgeschäfte und Tankstellen führten zu verdreckten Straßen. Die Menschen warfen ihren Müll auf den Boden, liefen über rote Ampeln und beachteten nichts und niemanden. Es herrschte ein reges Treiben und dennoch klebte der typische Kanalisationsgeruch in ihren Nasen. Menschen schrien, Kinder spielten auf der Straße und die Älteren beobachteten das Treiben von ihren Fenstern aus. „Schöne Gegend“, sagte Akai sarkastisch.

„Wahrscheinlich konnte er sich nicht mehr leisten…wenn er überhaupt Miete zahlt. Wenn ich mir die Gegend hier so ansehe, werden Drogen für mich immer wahrscheinlicher.“ Laura sah sich um. „Die armen Kinder.“

Shuichi nickte. „Man glaubt kaum, dass eine solche Gegend in einer Stadt wie New York existiert.“

„Und dass Kinder hier auf den falschen Weg geführt werden. Kein Wunder, dass Klein auf die schiefe Bahn geriet.“

Akai sah sie fragend an. „Verteidigst du ihn?“

„Nein, natürlich nicht“, antwortete sie vehement. „Aber wenn er in einer solchen Gegend aufgewachsen ist und von Allen und Jedem gesagt bekommt, dass er nichts wert ist, sollte man sich nicht wundern...“

„Mhm…“, murmelte Shuichi. „Und nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis wird er natürlich auch wie ein Nichts behandelt, findet keinen Job und sieht möglicherweise keinen Ausweg als Drogen zu nehmen.“

„Gehen wir jetzt hoch, ehe wir hier unten noch Aufmerksamkeit erregen“, sagte Laura und betrat das Wohnhaus. Es sah innen wie außen aus: Ein dreckiger Flur, der nach Urin stank.

Als Laura endlich an der Wohnungstür des Toten stand, schloss sie auf und ging rein. In der Wohnung herrschte das Chao, dreckiges Geschirr lag in der Küchenspüle, auf dem Boden und über jeden Stuhl, hingen getragene Anziehsachen und Unterwäsche. „Oh man…“, murmelte sie. „Vielleicht sollten wir doch die Spurensicherung rufen.“

„Mach das“, antwortete Akai und streifte sich ein paar Handschuhe drüber, ehe er von einem Zimmer in das nächste ging.

„Akai…“ Laura ließ den Kopf hängen und informierte die Kollegen der Spurensicherung. Danach folgte sie ihrem Partner. „Pass auf was du anfässt.“

Akai nickte. „Keine Sorge, ich hab nicht vor mich an irgendwas zu schneiden oder zu stechen. Aber wenn ich mir die Wohnung so ansehe, kann ich keinen Drogenvorrat erkennen. Hast du die Spurensicherung gerufen?“

„Sind auf dem Weg.“

„Gut, sie sollen dann gezielt nach Drogen oder Drohbriefen suchen.“

„Und wir fahren jetzt zu seinem Bewährungshelfer, ehe ich nach dem hier noch eine Dusche brauch“, sagte sie.

„Oder einen neuen Wagen.“

„Was?“

„Ach komm, Laura, schau dir die Gegend hier an. In wenigen Minuten werden sich unten so viele Menschen vor deinem Auto versammelt haben, dass wir gar nicht mehr wegkommen…oder es wird gestohlen…beschmiert…oder sie werfen mit Steinen nach uns.“

„Du hast mich überzeugt“, sprach sie und machte sich sofort auf den Weg nach unten. „Was machen Sie da?“ Laura beäugte kritisch den Mann vor ihrem Wagen. Für diese Gegend sah er viel zu gut gekleidet aus. War er vielleicht Kleins Drogendealer?

„Waren Sie bei Klein?“, wollte der Fremde wissen.

„Wer will das wissen?“, konterte Laura. „Sind Sie Reporter?“

„Um Gotteswillen, nein“, kam es sofort von ihm. „Ich bin Stephan Palmer, ich bin der Bewährungshelfer von Mr. Klein und auf der Suche nach ihm.“

Shuichis erster Fall: Bewährungshelfer

Nur widerwillig musterte Laura den fremden Mann. Er stellte so gar nicht das typische Bild eines Helfers der Justiz dar. Er trug blaue Jeans und ein T-Shirt der Eishockeymannschaft New York Rangers, während seine schwarze Jacke lässig über der Schulter hing. „Bewährungshelfer?“, murmelte Laura überrascht. „Können Sie sich auch ausweisen?“

Stephan schmunzelte. „Ich weiß, ich sehe nicht aus wie der typische Bewährungshelfer. Ich kann Ihnen aber versichern, dass ich in meiner Freizeit nie so herumlaufe wie jetzt.“ Er blickte sich um. „Aber Sie verstehen sicherlich, dass ich meinen Stil einer Gegend wie dieser anpassen musste. Ich will gar nicht wissen, was passiert wäre, würde ich hier anders gekleidet…“ Sein Blick blieb bei Lauras Wagen hängen. „…oder mit einem solchen Wagen auftauchen.“

„Zum Glück sind Sie ja nicht ich“, entgegnete die Agentin ruhig. Dennoch fühlte sie sich angegriffen. „Und jetzt hätte ich gerne Ihren Ausweis.“

„Sie müssen ja nicht gleich schlechte Laune bekommen“, konterte er. „Vielleicht sollten Sie sich zuerst vorstellen, ehe Sie an meine Papiere wollen. Ich wäre auch für einen kleinen Snack zu haben.“

Laura seufzte innerlich. Dabei waren eigentlich nur Reporter nervig, aber dieser Mann wollte wohl, dass sie ihre Ansichten überdachte. „Special Agent McKnight“, stellte sie sich vor. „Das ist mein Partner, Agent Akai.“

„Partner? Oder Partner?“, wollte der Bewährungshelfer mit zweideutiger Betonung auf dem Wörtchen Partner wissen.

Laura verdrehte die Augen. „Ausweis“, sagte sie erneut und hielt ihm die Hand hin.

„Ja, doch“, murmelte Stephan und zog seine Geldbörse aus der Hosentasche seiner Jeans. Er holte seinen Ausweis und eine Karte, die seine Arbeit als Bewährungshelfer bestätigte, heraus. „Sie können die Daten gerne überprüfen.“

„Keine Sorge, das machen wir“, sagte Laura und schrieb sich seinen Namen sowie die Sozialversicherungsnummer auf. „Klein ist nicht hier. Kommen Sie bitte zu uns ins Büro zu einer Befragung. Mein Partner gibt Ihnen die Adresse“, fügte sie an und gab ihm die Dokumente zurück. Sie stieg in ihren Wagen und rieb sich den Nasenrücken. Der Fall stank.

„26 Federal Plaza…nicht zu übersehen.“ Shuichi stieg wieder auf der Beifahrerseite ein, während Laura den Motor startete.

Stephan spähte in den Wagen und klopfte gegen die Fensterscheibe, die Shuichi anschließend herunterkurbelte. „Brauchen Sie eine Wegbeschreibung?“

Der Mann schüttelte den Kopf. „Aber jetzt mal im Ernst, ist sie vergeben?“, fragte er im Flüsterton.

Shuichi rollte mit den Augen. „Wir erwarten Sie dann im Büro.“ Akai sah zu Laura. „Du kannst los fahren.“

Laura nickte und scherte aus der Parklücke aus. „Was für ein…ein…ah…“

„Reg dich nicht auf“, entgegnete Shuichi ruhig. „Er steht halt auf dich.“

„Ich aber nicht auf ihn!“

Akai schwieg.

„Und dann noch diese plumpe Anmache…so billig…“ Sie aus dem Augenwinkel zu ihm. „Und sag jetzt nicht, dass ich froh sein sollte, dass mich dort draußen nur ein Bewährungshelfer angemacht hat. Ich weiß, er hätte auch ein Zuhälter oder Drogendealer sein können…“

„Ich hab nichts gesagt“, murmelte Shuichi.

„Gut…“, sagte Laura und sah in den Rückspiegel. Zu ihrer Verwunderung war der Bewährungshelfer nicht mehr zu sehen. „Wenn er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, braucht er über eine Stunde um ins Büro zu kommen.“

„Wir haben genug zu tun“, antwortete Akai und sah auf die Straße. Mit erhöhtem Tempo sauste Laura über den Highway und bog ein paar Ausfahrten weiter ab.

„Sicher…glaubst du der Bewährungshelfer wird uns irgendwie helfen können?“

So sieht also kein Interesse bei ihr aus, sagte sich der Agent und zuckte mit den Schultern. „Vielleicht…wir werden es im Büro sehen. Wenn du willst, führe ich das Gespräch mit ihm.“

„Passt schon“, entgegnete sie und fuhr auf den Parkplatz. „Bevor Palmer kommt, sollten wir mit Kleins Therapeuten sprechen und uns schon einmal einen Termin geben lassen.“

„In Ordnung“, gab Akai von sich und stieg aus.

Die beiden Agenten machten sich auf den Weg in ihre Büroräumlichkeiten. Sofort setzte sich Laura an ihren Computer und fuhr ihn hoch. Nach ihrer Anmeldung überprüfte sie die Daten des Bewährungshelfers. „Er ist sauber…“

„Mhm?“ Shuichi sah überrascht hoch. Er hatte gerade erst die Telefonnummer des Therapeuten herausgesucht, als Laura die Überprüfung fertig vollzogen hatte. Sie war schnell. Eine solche Vorgehensweise mochte er.

„Palmer…ich hab seine Daten überprüft. Er arbeitet seit sechs Jahren als Bewährungshelfer, hatte aber bisher nur Strafgefangene mit kleineren Delikten. Klein ist der erste, der nach so langer Zeit aus dem Gefängnis entlassen wurde.“ Laura überlegte. „Glaubst du, er kam vielleicht mit Kleins Art nicht klar?“

Shuichi zuckte mit den Schultern. „Man kann nie in einen Menschen hineinsehen. Die Option können wir uns offen lassen.“

„Da hast du Recht. Es gibt Menschen die sich gut verstellen können und jahrelang einer normalen Arbeit nachgehen…“ Die Agentin überlege, wurde aber durch das Klingeln ihres Telefons aus ihren Gedanken gerissen. „McKnight“, sagte sie in die Hörmuschel. „Ja…schicken Sie ihn hoch.“

„Palmer?“

„Ja, er ist soeben unten eingetroffen. Scheinbar hat er doch nicht die öffentlichen Verkehrsmittel genommen“, sagte sie.

„Gut, dann bringen wir es hinter uns“, entgegnete Akai und öffnete das Schreibprogramm an seinem Computer. „Ich mach mir ein paar Notizen.“

„Wir müssen aber aufpassen, dass er nicht das Gefühl bekommt, ein Verdächtiger zu sein.“

„Kriegen wir hin“, antwortete der Agent.

Wenige Minuten später klopfte es an der Tür und Stephan betrat den Raum. „Hallo.“

„Mr. Palmer, schön, das Sie da sind. Setzen Sie sich doch.“ Fing Laura an. „Sie sind ja früher als gedacht hier. Ich nahm an, dass Sie nicht mit dem Wagen zu Klein fuhren.“

„Ich sagte nur, dass ich nicht mit dem Wagen in die Gegend fahren würde“, fing er an. „Ich hab ein paar Straßen weiter geparkt.“

„Machen Sie das häufiger?“, wollte Akai von ihm wissen.

„Es kommt immer auf die Gegend an. Nachteil ist natürlich der Fußweg, aber es hat auch diverse Vorteile. Man kommt früher an einen Treffpunkt und hat noch genügend Zeit um sich die Gegend anzusehen. Da ich künftig schwerere Fälle betreuen soll, kann es nie schaden, wenn ich mir vorher alles genau ansehe. Und gerade in der Gegend von Kleins Wohnung möchte ich meinen Wagen nicht stehen lassen. Ich habe es einmal gemacht und brauchte neue Reifen…“

„Verstehe“, murmelte Laura. „Bestimmt haben Sie sich gefragt, warum wir Sie hierher eingeladen haben.“

Stephan nickte. „Auf dem Weg habe ich mir selbstverständlich meine Gedanken gemacht. Hat er irgendwas angestellt?“

„Das kann man so nicht sagen“, fing Laura an. „Klein ist tot.“

Stephan schluckte. „T…tot? Aber…wie? Ich mein…warum?...wann?“

„Zu den Hintergründen kann ich Ihnen nicht viel erzählen. Wir ermitteln noch.“

„Ich verstehe…“, murmelte er. „Er…er kann aber noch nicht so lange tot sein…nicht wahr?“

„Wie kommen Sie darauf?“, wollte Shuichi wissen.

„Wir hatten heute um 11 Uhr unseren wöchentlichen Termin. Weil er nicht erschienen ist, habe ich das der Polizei gemeldet und bin zur Wohnung gefahren. Normalerweise findet unser Termin zwei Stunden eher statt, aber Klein bat mich gestern Mittag um Verschiebung.“

„Das ist eine sehr gute Information“, sagte Laura. „Damit können wir den Todeszeitpunkt besser eingrenzen. Wie lange treffen Sie sich schon?“

„Seitdem er aus dem Gefängnis draußen ist. Das erste Mal war am 17. April“, antwortete Stephan. „Klein war…naja er war…er war besonders…“

„Klein war besonders?“, wiederholte Laura. „Was heißt das?“

„Naja er war der Meinung, dass er doch gar nichts verbrochen hat und umsonst im Gefängnis saß. Wenn Sie mich fragen, hat er kaum Reue gezeigt. Allerdings wollte er wieder ein normales Leben führen und hat sich um Arbeit bemüht. Sie können sich bestimmt vorstellen, dass es bei seinem Hintergrund nicht leicht war.“

Laura nickte verstehend. „Durch die sozialen Medien ist es nicht schwer etwas zum Hintergrund eines Bewerbers herauszufinden. Und wenn Sie mich fragen…“ Laura schüttelte den Kopf. „Entschuldigung, selbstverständlich darf ich mir kein Urteil über unser Opfer bilden.“

„Das tut man zwangsweise“, entgegnete Stephan.

Laura räusperte sich. „Wir werden Ihre Aussage natürlich überprüfen. Was wussten Sie von Klein? Hat er alte Freunde getroffen oder hatte er andere Probleme?“

Der Bewährungshelfer überlegte. „In unseren wöchentlichen Treffen reden wir leider noch nicht so viel wie wir sollten. Aber ich habe das Gefühl, dass Klein von Mal zu Mal mehr auftaut. Ich weiß nicht warum, aber es gibt irgendwas, was er mir sagen wollte, es aber nicht konnte. Aber fragen Sie mich bitte nicht was…An anderen Terminen hatte ich das Gefühl, dass Klein gar nicht so viel über sich verraten wollte. Und dann waren da die Sachen, die ich ihm aus der Nase ziehen musste. Damit er durch das Programm besser resozialisiert wird, überprüfen wir seine Kontakte. Die, die er mir nannte, lernte er erst durch seine Wohnung kennen…keiner aus der Vergangenheit…“

„Ich verstehe“, sagte die Agentin ruhig.

„Sie haben ja seine Wohnung und die Gegend in der er wohnt, gesehen…dort hat er es natürlich nicht leicht. Ich glaube auch, dass er am Anfang mit einigen Problemen zu kämpfen hatte.“

„Wie zum Beispiel?“

„Naja Sie wissen doch wie das so ist…er war der Neue und musste sich erst einmal beweisen. In der Gegend laufen viele muskelbepackte Männer herum. Sie suchen nur nach einem Fußabtreter oder nach jemanden, den sie in ihre krummen Geschäfte mit reinziehen können.“ Stephan seufzte. „An sich ist das gesamte System ja nicht schlecht, aber schauen Sie es sich nur genauer an. Als Straftäter hat man nichts, man kriegt keine Arbeit und keine Wohnung. Man kann nur in Gegenden mit hoher Kriminalitätsrate ziehen und läuft Gefahr wieder rückfällig zu werden. Es ist ein Teufelskreis aus dem man nicht herausbrechen kann“, erklärte er. „Und zu seinen Problemen…er hatte die normalen Probleme eines ehemaligen Häftlings…keine Arbeit, keine Freunde…niemand der ihm eine zweite Chance geben wollte.“

Laura nickte verstehend. „Denken Sie, dass er Drogen nahm um seinen Problemen zu entkommen?“

Sofort schüttelte Palmer den Kopf. „Definitiv nicht.“

„Wie können Sie da so sicher sein?“, wollte Akai wissen.

„Sobald jemand auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen wird, bekommt er nicht nur einen Bewährungshelfer sondern auch einen strengen Regelkatalog. Man darf sich nichts mehr zu Schulden kommen lassen, da ansonsten die Rückkehr ins Gefängnis droht. Eine Regel ist ein regelmäßiger Drogentest. Am Anfang jede Woche, danach einmal im Monat. Klein hat immer eine Urinprobe abgegeben und bisher konnte nichts nachgewiesen werden.“

„Mhm…“, murmelte Laura. „Hatten Sie das Gefühl, dass er keinen Sinn mehr in seinem Leben sah?“

Stephan überlegte. „Dazu kann ich wirklich nichts sagen.“ Er sah zu Laura. „Starb er an einer Überdosis?“

Laura sah ihn überrascht an.

„Ach bitte, Agent McKnight, ich bin nicht dumm. Sie hätten mich alles fragen können, haben aber das Thema Drogen angeschnitten…da muss man nur noch eins und eins zusammen zählen…“

„Sie haben Recht. Er wurde im Hinterhof eines Nachtclubs aufgefunden.“

Stephan seufzte. „Ich hab ihn gewarnt…er sollte nicht wieder an solche Orte zurück.“

„Scheinbar hat er sich nicht daran gehalten“, murmelte Akai.

„Denken Sie, dass er wieder in sein altes Verhaltensmuster gefallen ist?“, wollte er wissen.

„Dazu können wir Ihnen noch nichts sagen“, gab Laura von sich. „Wie schon gesagt, ermitteln wir in alle Richtungen. Zunächst einmal müssen wir Selbstmord ausschließen können.“

Stephan verschränkte die Arme. „Das wird schwer…ich weiß von vielen meiner Kollegen, dass ehemalige Häftlinge, die keine Familie haben, wieder zurück ins Gefängnis wollen, um ihrem routinierten Alltag nachzugehen. Einige gehen dafür so weit, dass sie Verbrechen begehen…“

„Oder sich etwas zu Schulden kommen lassen“, fügte Akai an. „In diesem Fall wäre es ein positiver Drogentest.“

„Spekulationen bringen uns nicht weiter“, warf Laura ein. „Mr. Palmer, danke, dass Sie hier gewesen sind. Bitte halten Sie sich für weitere Fragen bereit.“

„Selbstverständlich“, antwortete der junge Mann. „Wir können den Fall auch gerne bei einem Essen weiter besprechen.“

„Palmer!“

„Was denn? Jeder muss mal essen…“

Laura schüttelte den Kopf. „Vergessen Sie es. Wir haben noch viel zu tun. Sie können gehen.“ Laura sah zu Akai. „Hast du die Nummer von Sullivan?“

Der Bewährungshelfer stand auf und ging Richtung Tür. „Sullivan?“ Er drehte sich zu beiden Agenten.

„Kennen Sie ihn?“

„Nicht persönlich. Er war Kleins Therapeut. Aber den müssen Sie jetzt nicht mehr anrufen.“

„Und wieso nicht?“, wollte Laura wissen. Langsam wurde ihre Geduld überstrapaziert.

„Er ist im Urlaub. Klein hat mir davon erzählt und er machte sich Sorgen, dass er die zwei Wochen ohne Therapiesitzung nicht überstehen würde.“

Laura sah ihn entgeistert an. „Und warum haben Sie uns das nicht vorhin schon gesagt?“

„Ich hielt es nicht für wichtig“, gestand Stephan.

Die Agentin seufzte. „Bei Ermittlungen in diesem Ausmaß ist alles wichtig. Jedes Wort oder jede Geste.“

Shuichis erster Fall: Sackgasse

Shuichi sah in die Runde. Gemeinsam saßen sie in einem kleinen Konferenzraum. „Vielen Dank, dass ihr gekommen seid“, begann er. „Seitdem wir den Fall übernommen haben sind fünf Tage vergangen. Wir haben im Team und getrennt Aufgaben bearbeitet und wollen uns nun auf den aktuellen Stand bringen. Agent Pierce und Fries, Sie haben mit dem Opfer von Klein und dessen Familie gesprochen.“

„Das ist korrekt“, entgegnete Pierce ruhig. „Fries hat sich hauptsächlich mit Larissa Jenson unterhalten, während ich mit ihren Eltern gesprochen habe. Sie wussten selbstverständlich, dass Klein wieder auf freiem Fuß ist und haben ihrerseits die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Ihr Haus hat eine sehr teure Alarmanlage bekommen und Larissa hat sich einen großen Hund zugelegt. Mittlerweile studiert sie, wohnt aber noch bei ihren Eltern und macht auch weiterhin Kampfsporttraining, aber…“

„Aber sobald man sie auf Klein anspricht, wird sie zu einer anderen Person. Sie zittert, hat Angst und man merkt, dass ihr alles immer noch sehr tief in den Knochen sitzt. Es wird noch lange brauchen ehe sie damit Leben kann. Ihre Familie hat einen Fahrtdienst organisiert, der sie immer zum College, zum Sport und woanders hinbringt und abends auch wieder entsprechend abholt. Sie geht kaum noch alleine aus dem Haus, weil sie Angst hat, ihm wieder zu begegnen. Sie hat mir erzählt, dass sie fast jede Nacht von Albträumen geplagt wird und immer Kleins Gesicht vor Augen sieht“, fügte die Agentin hinzu. „Ich weiß, man sollte sich nicht von Äußerlichkeiten täuschen lassen, aber ich glaube nicht, dass sie etwas mit Kleins Tod zu tun hat. Dafür ist sie einfach nicht in der Lage…Kampfsporttraining hin oder her. Und selbst aus Hass, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie ihm etwas antun würde.“

„Außer wenn sie erneut von ihm bedrängt worden wäre“, sprach Shuichi ruhig. „Leider wissen wir nicht, ob er sie nicht doch beobachtet hat. Aber in einem stimme ich zu, Fries, ich glaube auch nicht, dass das Opfer von damals seinen Peiniger umbrachte.“ Akai sah Pierce. „Wie sieht es mit der Familie aus?“

„Selbstverständlich haben sie immer noch diese große Wut auf Klein. Als sie erfahren haben, dass er entlassen wird, waren sie außer sich und haben regelmäßig Anträge gestellt, damit er wieder ins Gefängnis geht. Für den Tatabend haben Sie aber ein Alibi. Sie waren bei einem Wettkampf ihrer Tochter. Das können mehrere Personen bezeugen. Wir haben bereits mit ihnen gesprochen. Außerdem gibt es Videoband vom Wettkampf.“

„Auf dem sie immer zu sehen waren?“, wollte Laura wissen.

Agent Pierce nickte.

„Und das sie jemanden engagiert haben um Klein zu erledigen?“

Pierce sah Shuichi überrascht an. „Können wir nicht nachweisen und ohne gravierenden Verdacht haben wir nicht einmal die Möglichkeit an ihre Bankdaten, E-Mail-Konten und was es sonst noch alles gibt, zu kommen. Ich möchte aber anmerken, dass sie sehr überrascht waren, als ich sie über Kleins Tod aufklärte. Es war nicht gespielt, dafür würde ich meine Hand ins Feuer legen.“

„Verstehe“, murmelte Akai.

„Während der damals laufenden Ermittlungen haben sich weitere Frauen gemeldet, denen Klein ähnliches angetan haben soll. Die Tat konnte aber nie mit ihm in Verbindung gebracht werden.“

Shuichi nickte. „Das hatten wir schon bei unserem letzten Meeting besprochen.“

„Ja, ich weiß. Nach der Entlassung von Klein aus dem Gefängnis wurde nur der Anwalt des Opfers informiert und daraufhin auch das Opfer selbst. Durch die zahlreichen Verhandlungen lernten die Jensons auch die anderen Familien kennen. Sie blieben in Kontakt und wurden durch die Jensons über Kleins Entlassung informiert.“

Laura schluckte. „Das heißt, wir haben…so viele potentielle Täter…“, wisperte sie leise.

Agent Fries nickte. „Wir baten die Jensons nichts über Kleins Tod zu erzählen und haben Black instruiert bei den Zeitungen und Nachrichtensendern auf die Verschleierung des Namens zu achten. Da wir durch unsere damaligen Ermittlungen auch die Adressen der anderen potentiellen Opfer hatten, fuhren wir dort vorbei.“

„Was ergab die Befragung?“, wollte Shuichi wissen.

„Nicht allzu viel. Zwei Familien waren im Urlaub und kommen erst in einigen Tagen zurück. Mit den anderen haben wir zwar sprechen können, aber sie warfen uns vor, auf seiner Seite zu sein. Nur weil wir seinen Tod aufklären wollen…“, antwortete Fries. Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann ja verstehen, dass sie nicht traurig über seinen Tod sind, aber ein Verbrecher bleibt ein Verbrechen. Egal wer das Opfer ist.“

Agent Pierce nickte. „Wie gesagt, sie waren froh über seinen Tod, aber als wir sie aufklärten, waren sie überrascht. Ich habe mir die Gestik und die Mimik genau angesehen…es ist schwer einen von ihnen damit in Verbindung zu bringen, zumal auch sie für den Tatabend ein Alibi vorweisen können.“

„Das hab ich mir schon fast gedacht“, gestand Akai. „Der Täterkreis ist zu groß und wenn sie sich alle gegenseitig decken, haben wir ein Problem.“

„Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand“, sagte Laura. „Vielleicht denken wir auch einfach viel zu kompliziert und wollen, dass es ein Mord war. Überlegt doch mal: Klein kam aus dem Gefängnis und stand vor einem Haufen Schutt und Asche. Vielleicht hat er ja doch sein Leben selbst beendet.“ Laura schlug die Akte vor sich auf. „Laut Gerichtsmediziner gibt es keine Spuren, die auf ein Gewaltverbrechen hindeuten. Außerdem hatte Klein so viel Drogen im Blut, dass sie sogar ein Pferd ausknocken könnten. Wenn ihm ein Dritter die Drogen verabreicht hätte, hätte er sich doch gewehrt und um sich geschlagen. Er hätte es nie einfach so geschehen lassen. Und für diesen Kampf hätte die Spurensicherung Hinweise gefunden.“ Laura blätterte weiter. „Wir haben die Spurensicherung außerdem in seine Wohnung beordert. Es wurden keine Spuren oder Hinweise auf Drogen gefunden. Allerdings ist die Gegend auch nicht gerade die Beste. Mit seinem Hintergrund wird er sich auch mehr nicht leisten können. Durch den Staatsanwalt haben wir einen Beschluss zur Kontoeinsicht erwirken können. Klein war notorisch Pleite. Wenn er Geld vom Staat bekam, war es innerhalb von zwei Wochen wieder weg. Außerdem habe ich mehrmals mit Palmer über ihn gesprochen…“ Sie sah nach oben. „Stephan Palmer ist sein Bewährungshelfer“, erklärte sie.

„Was hat er gesagt?“, kam es von Fries.

„Es werden wöchentliche Drogenkontrollen durchgeführt. Klein war immer sauber. Außerdem lassen sie in Ausnahmefällen auch die Wohnung auf Drogen durchsuchen. Aber wenn ich durch eine Überdosis sterben will, würde ich vorher keine Drogen konsumieren.“

„Das überzeugt mich ehrlich gesagt wenig“, gestand Pierce. „Was ist denn mit dem Bewährungshelfer? Können wir ihn als Täter ausschließen.“

„Ja!“, kam es sofort von Laura. Sie räusperte sich. „Entschuldigung…er hat zur Tatzeit ein Alibi und er hat Klein der Polizei gemeldet, als dieser zum wöchentlichen Treffen nicht erschienen ist.“

„Das kann auch eine Finte sein“, erwiderte Pierce. „Habt ihr seine Statistik überprüft?“

Shuichi schmunzelte. Sie hatten die gleiche Denkweise an den Tag gelegt.

„Ich hab seine Daten überprüft. Palmer arbeitet seit sechs Jahren als Bewährungshelfer, hatte aber nur Strafgefangene mit kleineren Delikten. Klein war sein erster Häftling, der nach so langer Zeit aus dem Gefängnis entlassen wurde. Natürlich haben wir auch daran gedacht, dass er mit Klein nicht klar kam und stellten uns die Frage, ob seine Statistik damit geschmälert wird“, antwortete Laura. „Ich hab in der letzten Woche mehrfach mit Palmer gesprochen und ich kann mir nicht vorstellen, dass er etwas damit zu tun hat. Er hat auch schon einen neuen Häftling zugeteilt bekommen. Ich werde ihn weiterhin im Auge behalten.“

„Was ist mit Kleins therapeutischem Profil?“, wollte Fries wissen.

„Das gestaltete sich schwerer als gedacht. Dr. Sullivan befand sich bis gestern Abend nicht in der Stadt. Das haben wir allerdings auch erst letzte Woche von Palmer erfahren. Da Dr. Sullivan zwei Wochen im Urlaub war, soll Klein besorgt gewesen sein, ob er die Zeit ohne Sitzung überstehen würde“, antwortete Akai.

„Was wiederrum die Selbstmord-Theorie bestätigen könnte“, kam es von Pierce.

„Wir haben in zwei Stunden einen Termin bei ihm“, sagte Shuichi. „Wir werden ihn darauf ansprechen. Möglich, dass Klein seinen Therapeuten auch etwas von diesen Ängsten erzählte.“

„Da Klein tot ist und er keine Familie mehr hat, wird euch der Therapeut bestimmt alle Informationen geben, die ihr braucht.“

„Das erhoffen wir uns auch. Vielleicht hat Klein ihm gegenüber etwas über mögliche Selbstmordpläne oder über Ärger mit anderen Menschen erzählt“, fügte Laura hinzu.

Agent Pierce nickte. „Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber irgendwie stinkt der Fall. Ich weiß nicht, was es ist, aber ich hab so ein Gefühl, als würden wir etwas übersehen.“

„Ich weiß, was Sie meinen. Das alles sieht einfach zu rund aus“, begann Akai. „In den letzten Tagen habe ich mir auch das Fox näher angesehen und mit dem Besitzer, den Barkeepern, Türstehern und Putzfrauen gesprochen. Keiner kann sich daran erinnern, dass Klein dort Stammgast wurde.“

„Naja…habt ihr ihn euch mal angesehen?“, kam es von Fries. „Für die Gegend in der er wohnt, hat er ein Allerweltsgesicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie ihn von anderen Gästen nicht unterscheiden könnten.“

„Das kommt drauf an“, sagte Shuichi. „Der Türsteher hat mir gegenüber zugegeben, dass er Klein nicht rein gelassen hätte. Das Fox ist zudem ein recht teurer und sehr angesagter Club. Ohne Geld oder ohne den Anschein Geld zu haben, hat man dort keine Chance. Eine Ausnahme wäre es natürlich, wenn man ihn eingeladen hätte. Allerdings ist der Anteil der Einladungen prozentual so gering, dass man sich das dazugehörige Gesicht gemerkt hätte.“

„Wenn wir die Selbstmord-Theorie weiterverfolgen, muss Klein doch gar nicht das Fox betreten. Viele Drogendeals finden draußen statt.“

„Mhm…das ist möglich“, murmelte Laura.

Shuichi zog seinen Laptop aus der Tasche und klappte ihn auf. „Wie ich schon erwähnte, habe ich mich am Tatort umgeschaut. Das Fox besitzt eine Kamera die den Außenbereich aufnimmt. Ich habe die Bänder vom Tatabend angefordert und gesichtet. Man sieht leider nichts, da die Leiche im toten Winkel gefunden wurde“, erzählte er. „Allerdings gibt es direkt gegenüber vom Fox mehrere Geschäfte…“

„Ich verstehe“, gab Pierce von sich. „Und was war auf den Bänden zu sehen?“

„Das zeig ich gleich“, sagte Shuichi. Er schob den Laptop in die Tischmitte und ließ das vorbereitete Video laufen.

Zunächst sahen die Agenten einen kleinen Ausschnitt vom Hinterhof. Lange Zeit über passierte nichts. Dann aber sah man eine schwarz gekleidete Person mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze. Der Blick war zum Boden gerichtet. Die Person zog etwas. Und Sekunden später war ein Körper zu erkennen. Er wurde abgelegt und die fremde Person verschwand.

Shuichi klappte den Laptop wieder zu. „Wir konnten kein Gesicht erkennen. Von der Statur ist davon auszugehen, dass es sich um einen Mann handelt. Die Person, die liegen gelassen wurde, ist Klein.“

„Also doch Mord“, sagte Laura.

„Oder ein Unfall“, warf Pierce ein. „Wobei ich mir gut vorstellen kann, dass man eine Überdosis nicht als Unfall meldet.“

„Bei der Menge würde man sich ja selbst strafbar machen“, murmelte Fries. „So einen verzwickten Fall hatte ich schon lange nicht.“

„Allerdings sieht es auf dem Video sehr danach aus, dass es Mord war. Die Person, die ihn in den Hinterhof gebracht hat, wusste was sie tut. Sie kannte die Kameras und hat darauf geachtet, dass man sein Gesicht nicht sieht“, entgegnete Akai. „Ich werde gleich parallel weitere Videobänder anfordern. Wenn wir Glück haben, hat er vorher die Gegend ausgekundschaftet und wird zu sehen sein.“

„Nur wird uns das nicht helfen um ihn auch zu finden.“ Laura seufzte.

„Es muss irgendwo einen Wagen geben, aber leider ist er auf keinem der Videos zu sehen. Wir sollten trotzdem zusätzlich alle Meldungen vom Abend überprüfen. Außerdem schlage ich vor, dass wir den Wagen der Jensons und der anderen Familien untersuchen lassen. Wenn sie es doch waren, werden wir in einem der Autos Spuren finden.“

Pierce nickte. „Das werden Fries und ich überwachen.“ Er sah zu seiner Kollegin. „Wir führen zuerst die Abfrage nach allen Verkehrsmitteln der Familie durch und werden sie dann systematisch prüfen. Ich wende mich an das zuständige Verkehrsamt und du prüfst alle Unternehmen die Leihwagen vermieten.“

„In Ordnung“, sagte die Agentin.

„Gut, ich stimme dem Vorgehen auch zu. Die Familien kennen euch und vertrauen eurem Urteilsvermögen. Wenn sie sich dagegen aussprechen, überzeugt sie irgendwie.“ Shuichi sah zu Laura. „Und wir sollten uns jetzt langsam auf den Weg zu Dr. Sullivan machen.“

Sie nickte. „Ich bin schon gespannt, was wir jetzt über Klein erfahren werden.“

Shuichis erster Fall: Therapeut

Laura saß mit verschränkten Armen im Wagen ihres Partners und beobachtete den Verkehr. Sie war vieles, aber nicht erfreut.

„Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, wollte Shuichi wissen.

Die Agentin seufzte leise. „Shuichi“, fing sie an. Es war das erste Mal, dass sie seinen Vornamen in einem Gespräch erwähnte. „Wir sind Partner, wir müssen einander vertrauen und uns auf den Anderen verlassen können.“

„Die Standpauke hast du mir schon einmal gehalten“, erwiderte Akai. „Ich dachte, wir waren uns einig, dass ich das Meeting leite.“

„Darum geht es doch nicht“, sagte Laura. „Ich hasse es, dass ich mich wie eine nörgelnde Frau verhalten muss, aber damit müssen wir beide jetzt leben. Als wir den Fall besprochen und die Aufgabenverteilung durchgeführt haben, wurden keine Videoaufzeichnungen erwähnt. Es ist gut, dass du daran gedacht und die Bänder bekommen hast, aber du hast es vor mir geheim gehalten. Das ist keine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Ganz im Gegenteil…es zeigt, dass bei uns etwas nicht stimmt.“

„Du solltest das nicht so düster sehen“, entgegnete Shuichi. „Ja, wir arbeiten zusammen, aber wir arbeiten auch erst seit einigen Tagen miteinander und müssen zuerst einen gemeinsamen Rhythmus finden. Wahrscheinlich hätte ich dir von den Videoaufzeichnungen erzählen sollen, aber als wir uns zum Austausch getroffen haben, wusste ich nicht, was auf ihnen drauf ist. Die Bänder selbst habe ich erst kurz vor unserem Meeting mit Pierce und Fries gesehen. Dadurch gab es für mich keine Möglichkeit dich zu informieren.“

„Oh“, gab Laura leise von sich. „Das wusste ich nicht.“

„Schon gut.“

„Die meisten Neulinge mit denen ich arbeite, waren nicht so wie du. Sie waren eher…zurückhaltender. Ich bin es wohl einfach nicht gewöhnt, dass mein Partner sich so aktiv in den Fall stürzt.“

„Du musst dich nicht rechtfertigen“, antwortete Akai und parkte seinen Wagen. „Wir sind da. Bevorzugst du ein bestimmtes Vorgehen?“

„Nein“, sie schüttelte den Kopf. „Wir werden ein ganz normales Gespräch mit Sullivan führen. Ich hoffe, dass er uns dabei helfen kann, herauszufinden ob Klein vor irgendwem Angst gehabt hat.“

Shuichi nickte. „Ich würde gern damit anfangen, dass er uns etwas über seine Arbeit im Allgemeinen erzählt und warum er Straftäter therapiert.“

Laura überlegte. „In Ordnung. Beginnen wir damit“, gab sie von sich. „Ich hab ihn vorhin bereits durch unser System laufen lassen. Er wurde nie straffällig und hatte immer ein gutes Verhältnis zu seinen Patienten. Seit vier Jahren betreut er ehemalige Strafgefangene und hilft bei ihrer Integration ins normale Leben zurück. Ich habe ein paar Therapeuten mit denen das FBI in der Vergangenheit zusammen gearbeitet hat, über Sullivan befragt. Sie halten große Stücke auf ihn.“

„Mhm…das klingt schon fast zu gut um wahr zu sein.“

Laura zuckte mit den Schultern. „Wir werden es ja sehen.“ Sie öffnete die Beifahrertür und stieg aus. „Wenigstens liegt seine Praxis an einem Ort der nicht so sehr stinkt…“

Shuichi schmunzelte. „Ich frage mich, wie sich Klein gefühlt haben muss, wenn er einmal die Woche hier war.“

„Mhm?“

„Schau dir doch die Gegend an. Es gibt überall Läden und die Menschen kaufen ein, ohne richtig auf ihre Umgebung zu achten. Der Ort muss doch ein Paradies für Handtaschendiebe oder Kleinkriminelle zu sein. Oder er suggeriert den Sträflingen, dass sie es nie aus ihrer Gegend raus schaffen.“

„Denkst du jetzt nicht etwas zu negativ?“, wollte Laura wissen.

„Ich bevorzuge das Wort realistisch.“

„Dann halt das…“ Laura schüttelte den Kopf. „Gehen wir rein“, fügte sie an und begab auf den Weg zur richtigen Hausnummer. Sie studierte die Schilder vor dem Eingangsbereich und drückte anschließend die Tür auf. „Das Konstrukt von Ärztehäusern hat doch einen gewissen Charme.“

„Und was für einen“, murmelte Akai. „Wenn der Augenarzt nicht weiter weiß, schickt er dich zum Seelenklempner…“

„Akai!“

Der Angesprochene zuckte mit den Schultern und folgte ihr in die zweite Etage. Laura betätigte die Klingel und sofort sprang die Tür mit einem Summen auf. Sie sah sich um. Die Praxis wirkte hell und freundlich.

Kaum dass sie durch die Tür trat, wurde sie von einer blonden Frau in Empfang genommen. „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, wollte diese wissen und tippte bereits auf ihrem Computer rum.

Laura zückte ihren Dienstausweis. „FBI Special Agent McKnight, das hinter mir ist mein Partner Agent Akai. Wir haben einen Termin bei Dr. Sullivan.“

Die junge Frau nickte. „Bitte nehmen Sie noch kurz im Warteraum Platz. Dr. Sullivan hat gleich Zeit für Sie.“

„Selbstverständlich“, gab Akai von sich und betrat das Zimmer mit dem Wörtchen Wartezimmer auf der Tür.

Laura folgte ihm und nahm neben ihm Platz. „Es überrascht mich, dass du so ruhig geblieben bist.“

Shuichi beäugte den Raum argwöhnisch.

„Sag mir nicht, dass du das die ganze Zeit über vor hattest…“

„Ich sag es nicht“, antwortete er.

Laura schüttelte den Kopf. „Irgendwann treibst du mich noch ins Grab…“

„Hoffentlich nicht“, sagte Shuichi.

Die Tür ging auf und die Sprechstundenhilfe kam hinein. „Agent McKnight? Agent Akai? Sie können jetzt in das Büro kommen. Hier entlang.“

Laura nickte und stand auf. Zusammen mit Shuichi wurden sie in die Räumlichkeiten geführt.

„Setzen Sie sich doch.“ Dr. Sullivan stand von seinem Platz auf und schüttelte die Hände seiner Besucher. „Entschuldigung, dass Sie warten mussten.“

Laura lächelte. „Das verstehen wir natürlich“, sagte sie und setzte sich. „Vielen Dank, dass Sie Zeit für uns gefunden haben.“

„Aber selbstverständlich“, antwortete er. „Am Telefon klangen Sie so kryptisch. Ist etwas mit einem meiner Patienten?“, wollte er wissen.

„Dazu kommen wir noch“, warf Shuichi ein. „Ich habe im Wartezimmer die Auszeichnung der Stanford University gesehen.“

Dr. Sullivan nickte. „Es ist lange her…aber ich schwelge gerne in alten Erinnerungen.“

Der Agent nickte. „Das versteh ich gut. Mir geht es genauso, auch wenn meine Ausbildung noch gar nicht so lange her ist.“

Dr. Sullivan schmunzelte. „Sie sind gut, Agent Akai“, fing er an. „Gemeinsamkeiten schaffen, bricht das Eis und verschafft einem eine Verbundenheit mit seinem Gegenüber.“

„Das war mein Plan“, sagte Shuichi lächelnd. „Aber bleiben wir ernst und kommen nun zum Wesentlichen. Stanford und New York sind ziemlich weit weg.“

„Das sagen mir viele. Ursprünglich komme ich auch aus Texas. Und bevor Sie gleich fragen werden: Ich habe mich hier niedergelassen, weil die Familie meiner Ex-Frau hier lebt. Wir hatten damals entschieden uns hier niederzulassen.“

Akai nickte verstehend. „Wollten Sie schon immer mit Straftätern arbeiten?“

„Ehrlich gesagt, nein. Ich habe angefangen mich auf Opfer von Post-traumatischen-Belastungsstörungen zu spezialisieren, als mich ein alter Freund bat, seinen Sohn zu therapieren. Der Junge war…schwierig und wurde mehrfach wegen kleinerer Delikte verurteilt. Entschuldigung, aber ich bin an die ärztliche Schweigepflicht gebunden. Ich kann Ihnen nicht mehr zu dem Fall sagen.“

„Schon gut, das reicht soweit“, antwortete Shuichi. „Und nachdem Sie mit dem Jungen fertig waren, kamen weitere Fälle?“

„Zunächst einmal ist eine Therapie ein laufender Prozess. Gerade bei Jugendlichen oder Erwachsenen ist es nicht damit erledigt, dass man seine Sitzungen abhält. Man muss es selbst wollen und viel Arbeit reinstecken. Auch ich als Therapeut höre nicht auf, wenn die Sitzung vorbei ist oder mein Feierabend eingeläutet wurde.“ Er räusperte sich. „Entschuldigung, aber manchmal glauben die Menschen, dass es ausreicht ein paar Termine wahrzunehmen um geheilt zu werden.“

„Das macht doch nichts. Kommen wir nochmal dazu zurück, wie Sie sich entschieden haben mit Straftätern zusammen zu arbeiten.“

Dr. Sullivan nickte. „Eigentlich so ähnlich. Ich musste vor Gericht meine Aussage machen und wurde danach von Verteidigern, aber auch von der Staatsanwaltschaft für verschiedene Gutachten angefordert. Da ich dadurch einen gewissen Ruf erwarb, wurde ich gefragt, ob ich nicht bei der Resozialisierung helfen will. Ich sagte zu. Und so habe ich mich auf dieses Fachgebiet spezialisiert“, erzählte er.

„Mhm…“, gab Akai von sich. „Wie ist das für Sie? Ich mein, Sie müssen sich andauernd mit freigelassenen Straftätern auseinander setzen, ihnen zuhören und helfen, und dann dürfen Sie nicht einmal mit jemand anderem darüber sprechen.“

Dr. Sullivan sah ihn überrascht an. „Sowas ist nie einfach. Ich bekomme vorher immer die Akte eines neuen Patienten und habe genug Zeit um mich vorzubereiten. Nichts ist schlimmer, als wenn Ihnen jemand von seinen Gräueltaten erzählt und man verängstigt da sitzt. Man muss immer ruhig bleiben. Nur so verdient man sich den Respekt und kann mit der Therapie erst richtig beginnen“, sprach er. „Aber trotzdem bin ich jedes Mal aufs Neuste schockiert, wenn mir jemand von seinen Taten erzählt. Und wenn ich mit jemanden darüber reden muss, rede ich mit Kollegen. Jeder neue Patient unterschreibt eine Einverständniserklärung, dass ich seinen Fall mit einem anderen Facharzt besprechen darf.“

„Und dann kommt ein Urlaub auch gelegen, wenn man Mal abschalten will.“

Der Therapeut nickte. „Nur wenige von meinen Patienten bekommen meine private Nummer für den Notfall, aber ja, das Abschalten tut gut.“ Er musterte die beiden Agenten. „Verraten Sie mir jetzt, worum es geht? Ich nehme nicht an, dass Sie ein Gutachten oder einen Therapeuten brauchen.“

„Das stimmt“, gab Laura von sich. „Nur aus reiner Neugier, woran haben Sie das erkannt?“

„Sie haben mich zu meinem Leben befragt und wie ich arbeite. Die Antworten dazu könnten Sie auch über Dritte bekommen. Aus diesem Grund werden Sie Informationen über einen Patienten benötigen. Es tut mir wirklich leid, aber ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht und kann Ihnen nichts sagen, außer Sie bringen mir die schriftliche Erlaubnis des Patienten.“

„Das wird kaum gehen“, entgegnete Shuichi. „Er ist tot.“

Dr. Sullivan sah die Agenten schockiert an. Er schluckte. „Wer…um wen geht es?“, wollte er leise

wissen.

„Mason Klein.“

Der Therapeut wurde blass. „Oh Gott…wie…was…ich versteh…nicht…“, murmelte er.

„Er hat keine Familie. Somit müssen Sie sich an keine Schweigepflicht halten. Wir sind hier um die Umstände seines Todes in Erfahrung zu bringen und um uns ein Bild von ihm zu machen.“

„Die Umstände?“, wollte Dr. Sullivan wissen. „Sie gehen davon aus, dass es Mord war?“

Shuichi sah ihn überrascht an.

„Als Therapeut muss ich zwischen den Zeilen lesen. Und wenn das FBI hier ist, um mich zum Tod eines Patienten zu befragen, kann es sich nur um Mord handeln“, erklärte er.

„Fangen wir doch noch einmal von vorne an“, sagte Laura. „Als Klein aus dem Gefängnis entlassen wurde, wurde er Ihnen zugewiesen. Ist das korrekt?“

„Ja.“ Dr. Sullivan tippte auf dem Computer. „Er kam das erste Mal am 17. November her. Dann haben wir geredet…nun ja, am Anfang hab eher ich geredet und so vertrauen aufgebaut, aber langsam hat er sich mir geöffnet.“

„Hat er Ihnen von seinen Ängsten erzählt?“

„Es kommt darauf an, was Sie unter Ängste verstehen. Aufgrund seiner Vergangenheit hatte er es nicht leicht gehabt. Jeder potentielle Arbeitgeber muss über die Verurteilung in Kenntnis gesetzt werden. Sie können sich ja vorstellen, wozu das führt. Mason wollte etwas aus seinem Leben machen. Er wollte nicht mehr in der schäbigen Gegend wohnen. Er hat aus seinen Fehlern gelernt. Ich hatte das Gefühl, dass er es wirklich ernst meint. Und ich habe ihn dabei unterstützt…allerdings hat auch das nur wenig gebracht.“

„Ich verstehe“, gab Laura von sich. „Wissen Sie, ob Ihr Patient Drogen nahm?“

„Drogen?“ Dr. Sullivan weitete die Augen. „Nein, das kann gar nicht…um in dem Programm zu sein, darf er sich nichts zuschulden kommen lassen…auch keine Drogen. Er hat mir gegenüber auch nie etwas in der Art erwähnt.“

Die Agentin nickte. „Sie waren letzte Woche im Urlaub. Wie hat Klein das aufgenommen?“

„Ehrlich gesagt, war ich zwei Wochen abwesend. In der ersten Woche war ich bei einer Tagung in Stanford, in der zweiten Woche kam meine Tochter und führte dort ein Vorstellungsgespräch. Danach haben wir noch weitere Universitäten besucht und uns die Städte angesehen“, erzählte er. „Mason war sehr besorgt. Wir trafen uns normalerweise einmal die Woche und wenn er einen außerordentlichen Termin brauchte, rief er in der Praxis an. Es hatte mich nicht verwundert, dass Mason Angst hatte, als er zwei Wochen alleine klar kommen musste.“

„Sie haben ihm keine Handynummer gegeben?“

„Nein, habe ich nicht. Ich habe sehr mit mir gerungen und wollte…aber wie ich schon sagte, ich habe Zeit mit meiner Tochter verbracht. Seit der Scheidung lebt sie bei ihrer Mutter und wir sehen uns nicht so häufig. Sie war schon früher wütend, wenn ich mir Zeit für sie nahm und dann doch telefonisch gearbeitet habe. Aus diesem Grunde hab ich meine Nummer nicht an Mason weitergegeben…vielleicht wäre alles anders passiert, wenn er sie gehabt hätte…hat er jemanden provoziert?“

„Das kann keiner sagen“, entgegnete Laura ruhig. „Leider wissen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viel über die Hintergründe.“

„Hat er Ihnen irgendwann Mal von Menschen erzählt mit denen er aneinander gerasselt ist?“

Dr. Sullivan schüttelte den Kopf. „Gar nichts…wenn ich gefragt habe, hieß es, dass alles in Ordnung sei. Vielleicht war es die Wahrheit, vielleicht auch nicht. Kurz nachdem ich anfing mit Mason zu arbeiten, hatte ich einen Anruf von der Familie seines damaligen Opfers auf dem Anrufbeantworter.“

„Hm? Erzählen Sie uns mehr dazu.“

„Der Mann hat mich beschimpft und wollte wissen, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe. Natürlich habe ich Mason darauf angesprochen, aber er erwiderte, dass er keine Anrufe bekommt. Haben Sie schon mit der Familie des damaligen Opfers gesprochen?“, wollte Dr. Sullivan wissen.

„ Dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Haben Sie den Anruf gespeichert?“

„Leider nicht. Es war auch nur einmal und ich habe mir danach nichts mehr dabei gedacht.“

Shuichis erster Fall: Eine neue Spur

Shuichi tippte mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand nervös auf dem Tisch herum. Dass sein erster Fall so knifflig werden würde, hatte er sich vor über einer Woche nicht ausgemalt. Natürlich wusste er, dass die Arbeit nicht wie im Fernsehen lief und hart werden würde. Dennoch hatte er angenommen schon viel weiter zu sein. Stattdessen aber überkam ihm das Gefühl, dass er etwas Wichtiges übersah. Etwas, das er hätte erkennen müssen. Und es nicht tat. Shuichi klickte sich durch die Datei zum Fall und rief das letzte Video auf.

Akai sah auf den Hinterhof des Fox. Nach wenigen Minuten tauchte eine schwarz gekleidete Person auf. Das Gesicht war nicht zu erkennen. Sie zog ein schwarzes Etwas. Erst später erkannte man einen Körper. Nachdem das Opfer auf den Hinterhof gelegt wurde, verschwand der Fremde zu seinem Wagen. Shuichi zoomte das Bild näher ran. Der Wagen war ein 0815-Modell und die Kennzeichen im Dunkeln nicht erkennbar. Akai rief das nächste Video auf und verfolgte dadurch die Fahrt des Wagens. Er seufzte, als das Auto aus dem Sichtbereich der Kameras verschwand. Ihr einziger Anhaltspunkt und Verdächtiger war fort.

„Verdammt“, murmelte der FBI Agent.

Laura sah von ihrem Computer auf. „Mhm? Was ist los?“, wollte sie wissen.

„Nichts Neues“, antwortete Shuichi ruhig. „Der Fall…ich hatte gehofft, dass wir langsam einen Durchbruch erreichen würden, aber stattdessen sind wir keinen Schritt weiter.“

„Akai, ich hab es dir doch schon einmal gesagt, die Fälle lösen sich nicht über Nacht.“

„Ja, das weiß ich doch“, entgegnete er. Und trotzdem wurmte ihn der wenige Fortschritt. Bereits in der Vergangenheit zeigte der junge Agent ein hohes Ausmaß an Intelligenz und konnte komplizierte Sachverhalte verstehen. Selbst sein Studium verlief problemlos und er hatte noch Zeit um nebenbei zu arbeiten. Aber das war nicht alles. Die Zusammenarbeit mit Agent Starling – dem Vater seiner Ex-Freundin Jodie – bestärkte seinen Wunsch FBI Agent zu werden. Dass ausgerechnet er bei der Lösung eines schweren Falls helfen konnte und dafür sogar von seinem jetzigen Vorgesetzten gelobt wurde, verlieh ihm ein Hochgefühl. Ja, er würde alles schaffen, wenn er sich nur dahinter klemmte und es wirklich wollte. So dachte er.

Leider stellte er nun fest, dass es doch nicht so einfach war. Die Lösung des Falles fiel ihm nicht in den Schoss, egal wie oft er darüber nachdachte. Er hatte den Fall sogar aus anderen Blickwinkeln betrachtet. Unglücklicherweise machten viele Szenarien keinen Sinn. Aber wie sagte man so schön? Wenn man das Unmögliche ausgeschlossen hat, muss das, was übrig bleibt, die Wahrheit sein, so unwahrscheinlich sie auch klingen mag. Es war ein Zitat aus seinem Lieblingsbuch von Sir Arthur Conan Doyle. Aber Sir Arthur Conan Doyle half ihm nicht bei der Lösung des Falles.

Akai biss sich auf die Unterlippe. Die Ermittlung war wirklich kniffliger als er zu Beginn erwartet hatte. Gerade am Anfang wollte er nicht an Selbstmord glauben, nur um ermitteln zu können. Aber nach über einer Woche musste er feststellen, dass der Fall zu viele unbekannte Komponenten bekommen hatte. Kaum hatten sie das Gefühl einen Schritt weiter zu sein, kam eine neue Überraschung hinzu. Und dann waren da noch die Personen, die einen Groll gegen Mason Klein hegten. War einer von ihnen der Mann der die Leiche vor dem Fox ablegte? Wenn sie doch nur eine kleine Spur haben würden. Zwar konnten die Agenten mit der Hilfe eines Spezialisten die ungefähre Größe und Statur abschätzen, aber mindestens 70% der möglichen Verdächtigen blieben weiter im Fokus. Dummerweise hatte jeder von ihnen ein Alibi. Entweder sie waren zusammen oder bei Freunden oder öffentlichen Veranstaltungen zugegen.

„Wir haben jetzt auch alle Aussagen zusammen gestellt. Pierce und Fries waren sehr fleißig“, begann Laura. „Wir sollten nach Gemeinsamkeiten suchen.“

Shuichi nickte. „Was anderes wird uns nicht übrig bleiben“, sagte er und sah sie an. „Hat Palmer irgendwas Neues erzählt?“

Laura schüttelte den Kopf. „Aus seinen Protokollen ist auch nichts herauszulesen, was uns helfen könnte.“

„Das gleiche gilt auch für die Protokolle von Sullivan. Hast du schon mal was von dem neuen Trend gehört? Tauschmord.“

„Trend?“ Sie sah ihn ungläubig an. „Das ist tatsächlich ein Trend?“

Akai zuckte mit den Schultern. „Ich lese immer häufiger davon. Es treffen sich zwei Täter und tauschen das Opfer. Die Taten werden entweder parallel oder zeitversetzt durchgeführt. So hat der eigentliche Täter ein Alibi und ein Zusammenhang ist oftmals nicht mehr erkennbar. Ich werde abgleichen, wer im gleichen Zeitraum ermordet wurde oder auf mysteriöse Weise verstorben ist.“

Die FBI Agentin nickte. „Vielleicht ist das ja ein Anhaltspunkt“, sagte sie und rief die Dateien mit den Aussagen aller möglichen Verdächtigen auf. In einem weiteren Dokument notierte sie sich Gemeinsamkeiten und Unterschieden.

Shuichi sah wieder auf seinen Bildschirm und öffnete das elektronische Meldesystem. Dieses erfasste nicht nur alle eingehenden Meldungen des FBIs, sondern auch die bei der Polizei. Akai hatte bereits gehört, dass dieses System nicht freudig aufgenommen wurde, da es an Überwachung der Polizeibehörde erinnerte. Andererseits half es ihnen immens, da nicht mehr die Anwesenheit eines Polizisten erforderlich war um an Informationen zu kommen. Mithilfe der vielen Querverweise konnten sie viel schneller ermitteln und mögliche Zusammenhänge gegenüber stellen. Ein weiterer Vorteil war die bundesweite Suche.

Shuichi öffnete die Suchmaske und tippte das Datum des Mordes ein. Überrascht ging er die fünf angezeigten Fälle durch, fand aber keine Gemeinsamkeit und auch keinen Hinweis auf eine Kooperation. Er verengte die Augen und seufzte.

„So schlimm?“, wollte Laura wissen.

„Naja“, murmelte Akai. „Es gibt zwar fünf weitere Fälle an dem Tag, aber so wie ich das sehe, existiert keine Verbindung. Die Orte sind viel zu weit weg, als das einer unser potentiellen Verdächtigen dort hätte sein können.“

„Mhm…Mist…“, entgegnete die Agentin. „Ich hab bisher auch keine Gemeinsamkeiten raus filtern können. Nur Unterschiede…“

„Ich hab trotzdem das Gefühl, dass wir irgendwas übersehen, aber ich weiß nicht was.“

Laura überlegte. „Die Frage ist: Was?“

Shuichi rief die Suchmaske erneut auf und tippte dieses Mal die Suchbegriffe Häftling, Überdosis ein. Die vielen Ergebnisse irritierten ihn anfangs. Nachdem er den Filter korrekt einstellte und den Zeitraum auf die letzten drei Monate einstellte, blieben nur noch drei Meldungen übrig.

Es kann ja nichts schaden, sagte er zu sich selbst und nahm einen Zettel hervor. Shuichi las jeden Bericht aufmerksam durch und notierte sich alle relevanten Namen. Wenn es sein musste, würde er sogar mit den zuständigen Polizisten sprechen.

„Hast du was?“, wollte Laura wissen.

„Ich weiß es noch nicht“, gestand er. „Ich hab die Suche ausgeweitet und nach allen Fällen mit Häftlingen geschaut, die an einer Überdosis gestorben sind. Es gibt nur noch drei Ergebnisse. Ich prüfe die Namen in der Hoffnung, dass es eine Verbindung gibt.“

Die Agentin nickte. „Kann zumindest nicht schaden.“

Shuichi blickte wieder auf den Computer und schrieb die zusätzlichen Informationen heraus. Nachdenklich tippte er mit dem Stift auf dem Tisch. „Unterschiedliche Bundesstaaten“, murmelte er leise.

„Mhm?“

„Vergiss es, ich denke nur laut“, antwortete er und tippte wieder etwas in der Suchmaske. Die Fälle lagen weit auseinander, dennoch gab es viele Gemeinsamkeiten: Die Toten waren ehemalige Häftlinge und erhielte alle die gleichen Resozialisierungsmaßnahmen. Ihr Verschwinden wurde von ihrem Bewährungshelfer zeitnah gemeldet. Carvin James blieb drei Tage verschwunden, ehe er in Mississippi tot aufgefunden wurde. Roy McAbert wurde erst zwei Wochen später in Missouri gefunden, während Jared Robbins ganze drei Wochen untergetaucht war, ehe er in Kansas tot auftauchte. Allerdings waren alle drei Männer Sexualstraftäter und hatten Probleme sich in der Welt außerhalb des Gefängnisses zu Recht zu finden.

„Ich hol mir mal einen Kaffee. Willst du auch?“

„Mhm…“, murmelte der Agent.

„Ist das ein Ja?“

Shuichi sah hoch. „Ja, bitte.“

Laura verließ den Raum und holte zwei Becher Kaffee. Als sie zurück kam, war Shuichi in seine Notizen vertieft und hatte allerhand Querverweise auf das Blatt Papier gemalt. Laura sah ihm skeptisch zu. „Hm? Bist du sicher, dass du die Informationen nicht nur sehen willst?“

„Ja, ich bin mir sicher“, begann Shuichi. „Die drei Fälle haben mehrere Gemeinsamkeiten. Die drei Straftäter wurden alle vor einigen Monaten aus dem Gefängnis entlassen und kamen wegen Sexualdelikten ins Gefängnis. Alle drei sind jetzt aufgrund einer Überdosis tot und wurden vor Nachtclubs gefunden. Genau dort, wo sie selbst Frauen gegenüber grausam wurden. Interessant ist, dass alle drei in New York wohnen. Keiner fand es komisch, dass sie in einem anderen Bundesstaat gefunden wurden. Dazu muss ich aber anmerken, dass Carvin James und Roy McAbert erst nach dem Gefängnis nach New York kamen. Andererseits hätten sie die Reise in einen anderen Bundesstaat mit ihrem Bewährungshelfer abstimmen müssen.“

„Dann war die Reise nicht geplant“, murmelte Laura und lehnte sich gegen den Tisch. „Oder sie war so spontan, dass es keine Zeit gab…“

Shuichi nickte. „Sie wurden alle vorzeitig aus der Haft entlassen und mussten das gleiche Programm durchlaufen. Als sie verschwanden, wurden sie von ihrem Bewährungshelfer als vermisst gemeldet.“

Die Agentin schluckte. „Du willst jetzt nicht sagen…das Stephan…“ Sie räusperte sich. „Das Palmer…oh Gott…“ Laura wurde übel. Nicht nur, dass Stephan Palmer gut aussah, er ließ bei ihr nicht locker und letzten Endes stimmte sie einem privaten Treffen zu. Die Agentin wusste ganz genau, dass die Vorschriften keine Dates mit möglichen Verdächtigen erlaubten, aber gegen seinen Charme kam sie nicht an. Aus einem Treffen folgte das zweite, dann das dritte…

„Nein. Der hat damit nichts zu tun“, antwortete Shuichi. „Du kannst dich weiterhin mit ihm treffen.“

Sie sah ihn überrascht an. „Du…weißt…?“

„Ich hab gesehen, wie er dich abgeholt hat. So wie er mit dir geflirtet hat und so wie du dich verhalten hast, war es ganz leicht. Ich verrate nichts. Aber nur unter einer Bedingung.“

Laura sah ihn fragend an. „Und die wäre?“

„Du zwingst mich nie zu einem Doppeldate.“

„Einverstanden“, antwortete Laura mit einem Lächeln. „Aber ich muss sagen, du hast mir gerade einen Schrecken eingejagt“, gestand sie.

„Entschuldigung.“ Shuichi sah auf seinen Computer. „Es waren drei unterschiedliche Bewährungshelfer und das hättest du auch wissen können, immerhin war Klein Palmers erster Fall.“

Laura errötete. Daran hatte sie nicht mehr gedacht.

„Naja, egal. Alle drei Opfer und Klein haben noch eine Gemeinsamkeit.“

„Jetzt spann mich nicht auf die Folter“, entgegnete Laura.

„Unser Therapeut.“

„Was? Bist du dir sicher?“

Akai nickte. „Jeder war bei ihm als Patient gemeldet. Sullivan hat sie selbstverständlich ebenfalls als abwesend gemeldet, nachdem sie nicht zum vereinbarten Termin erschienen sind.“

„Und wie kommst du dann darauf, dass er es gewesen ist? Er doch nicht einmal ein Motiv. Und nur weil er die einzige Gemeinsamkeit ist…vielleicht will ihn auch jemand reinlegen? Das sollten wir zumindest im Hinterkopf behalten.“

„Das Motiv kenne ich nicht“, entgegnete Shuichi. „Und ich habe nicht behauptet, dass er es gewesen ist, ich vermute es lediglich. Ich möchte auf jeden Fall, dass er uns die Akten der drei Opfer zur Verfügung stellt. Am besten, wir befragen ihn gleich.“

„Erst erzählst du mir, was du sonst noch vermutest.“

„Natürlich“, gab der Agent von sich. „Du erinnerst dich doch noch daran, dass Sullivan von seiner Reise mit seiner Tochter erzählte. Dafür, dass er Familie hat, wirkt sein Büro sehr…klinisch. Kein einziges Foto. Gut, in Anbetracht, dass er Strafgefangene therapiert, wäre dies eine Erklärung. Außerdem erwähnte er die Vorstellungsgespräche seiner Tochter. Ich habe mir die Daten genauer angeschaut, mit dem Protokoll der Sitzungen von Klein abgeglichen und im Internet Termine recherchiert. Als Carvin James gefunden wurde, war Sullivan auf einer Tagung in Mississippi. Danach ging es für ihn weiter nach Missouri…“, erzählte er.

„Mhm…ich verstehe.“ Laura verschränkte die Arme. „Er war also in dem Bundesstaat, als man die Toten fand.“

Akai nickte. „Entweder auf einer Tagung oder mit seiner Tochter bei einem Vorstellungsgespräch einer Universität.“

„Aber der Fund von Klein passt nicht in das Bild.“

„Ja, das ist mir auch schon aufgefallen. Nicht zu vergessen, dass wir einen eindeutigen Beweis für Mord haben“, entgegnete Shuichi. „Sullivan war zwar bei der Tagung in Stanford und dann mit seiner Tochter bei dem Vorstellungsgespräch, aber wir haben noch keinen Nachweis, wann er wirklich hier her gekommen ist.“

„Ich verstehe. Du glaubst, er ist früher zurück gekommen und hat sich um Klein gekümmert.“

„Entweder er hat Klein schon vorher umgebracht oder er hat die Tat erst im Nachhinein begangen.“ Shuichi stand auf. „Das sollten wir jetzt heraus finden.“

„Und so tun, als würden wir die Wahrheit kennen.“

Shuichis erster Fall: Lösung

Shuichi saß in seinem Wagen und beobachtete zusammen mit Laura die Praxis von Dr. Sullivan. Das Licht schien noch im Büro und im Wartezimmer. Akai sah auf die Uhr. „Wir sollten jetzt hoch. Falls er noch einen Patienten hatte, müsste dieser bald rauskommen.“

Laura nickte und entfernte den Sicherheitsgurt. „Was hältst du überhaupt davon?“, fing sie an. „Wenn er tatsächlich unser Täter ist, ist er erstaunlich ruhig.“

„Wahrscheinlich eine Fassade.“ Auch Shuichi legte den Sicherheitsgurt ab und stieg aus. „Die Geschichte lehrte uns, dass viele Täter ein ganz normales Leben geführt haben. Sie sind früh aufgestanden, arbeiten gegangen und abends vollzogen sie ihre Taten. Selbst Menschen die man kennt, könnten sich am Ende als Killer herausstellen. Häufig sind gerade die, die nicht danach aussehen oder die, denen man es nicht zu traut, die gefährlichsten Täter“, fügte er an. „Von daher ist es gar nicht überraschend, dass er seinem geregelten Leben nachgeht. Nicht zu vergessen, dass es auch die Art von Menschen gibt, die den Nervenkitzel spüren wollen, wenn sie in eine Ermittlung involviert sind.“

„Manchmal hörst du dich so an, als würdest du schon Jahre für das FBI arbeiten“, gab Laura von sich und ging auf die Eingangstür zu. Sie drückte diese auf und lief mit Shuichi nach oben. Als sie die Praxis betrat, sah sie sich um.

Die junge Dame am Empfang starrte sie irritiert an.

„FBI, Special Agent McKnight“, begann sie. „Wir waren schon vor einigen Tagen hier.“

Die Frau nickte. „Ja, ich erinnere mich an Sie.“

„Wir möchten mit Dr. Sullivan sprechen. Bitte sagen Sie ihm, dass es dringend ist.“

„Ja…ja natürlich…“, gab sie von sich. „Bitte nehmen Sie doch im Wartezimmer Platz.“

„Wir würden es bevorzugen hier zu warten“, kam es sofort von Akai.

„Äh…ja…gut…“, murmelte sie verwirrt und verschwand im Büro des Therapeuten.

„Jetzt bin ich auf seine Reaktion gespannt“, entgegnete Akai. Der einzige Ausgang führte über den Empfangsbereich und würde der Therapeut versuchen zu fliehen, würde er ihnen entgegen kommen.

Laura nickte. Als die Tür wieder aufging, beobachtete sie die Empfangsdame akribisch.

„Sie können rein kommen.“

„Das ging ja fix“, murmelte die Agentin und betrat das Büro.

„Agent McKnight, Agent Akai“, begrüßte Dr. Sullivan seine Gäste. „Bitte setzen Sie sich. Was führt Sie zu mir?“

„Vielen Dank“, sagte die Agentin und nahm Platz.

Dr. Sullivan sah zwischen den beiden hin und her. „Haben Sie schon etwas Herausgefunden? Oder kann ich Ihnen weiterhelfen?“

Shuichi nickte. „Wir haben in der Tat neue Erkenntnisse“, begann er. „Wir haben drei ähnliche Fälle gefunden. Dabei wurden drei ehemalige Häftlinge mit einer Überdosis vor Nachtclubs tot aufgefunden. Interessanterweise wurden sie, genauso wie Klein, wegen Sexualdelikten verurteilt. Alle drei wohnten in New York, wurden aber in unterschiedlichen Bundesstaaten gefunden“, erzählte der Agent.

Dr. Sullivan wirkte überrascht. „Oh“, antwortete er. „Sie gehen also von einem Serientäter aus“, fügte er hinzu.

„Carvin James. Roy McAbert. Jared Robbins.“ Shuichi beobachtete das Gesicht seines Gegenübers. „Die Namen müssten ihnen doch etwas sagen.“

Dr. Sullivan nickte. „Alle drei waren meine Patienten. Als sie ihre Termine nicht mehr wahr nahmen, meldete ich sie bei der Polizei. Es hieß, es würden Ermittlungen laufen, aber danach hat mich keiner mehr auf dem Laufenden gehalten. Ich nahm an, dass die Männer entweder einen neuen Therapeuten bekamen oder zurück ins Gefängnis mussten.“

„Ich verstehe. Jetzt wissen Sie ja, dass sie tot sind. Und Klein war der Nächste in der Reihe. Da es allesamt Ihre Patienten waren, werden wir Ihre Akten konfiszieren.“

„Oh, selbstverständlich such ich Ihnen die drei Akten raus.“

„Sie verstehen nicht“, sagte Laura. „Wir werden alles mitnehmen.“

„Das….das können Sie nicht machen. Ich unterliege der Schweigepflicht und muss vorher mit meinen Patienten reden. Ich bin mir sicher, dass sie es verstehen werden, wir müssen sie vor dem Killer schützen. Dennoch können Sie nicht von heute auf morgen alles beschlagnahmen.“

„Da haben Sie wirklich Recht, Dr. Sullivan“, fing Shuichi an. „Wir werden Ihre Patienten vor Ihnen schützen.“

Der Therapeut sah ihn überrascht an. „Wie meinen Sie das? Sie glauben, dass ich meine Patienten auf dem Gewissen habe?“

„Wir glauben das nicht nur, wir haben die Beweise dafür.“

Er schüttelte den Kopf. „Das glaube ich kaum. Hätten Sie Beweise würden Sie mich bei Ihnen im Büro befragen und nicht hier. Sie haben nur Vermutungen und hoffen, dass ich es gewesen bin, damit Sie den Fall abschließen können. Aber da muss ich Sie leider enttäuschen. Als Mason Klein verstorben ist, war ich in Stanford und als meine anderen Patienten starben, war ich weder in Mississippi noch Kansas. Sie sehen also, dass Ihre Anmaßungen nicht haltbar sind.“

Shuichi schmunzelte. „Von Mississippi und Kansas haben wir doch gar nichts gesagt. Woher wissen Sie, dass die beiden Männer dort umkamen, wenn Sie angeblich bis eben gar nicht wussten, dass sie tot sind?“

Dr. Sullivan schluckte. „Das habe ich geschlussfolgert. Und ich habe mich daran erinnert, dass die Patienten von dort herkamen.“

„Oh bitte, lassen Sie es doch sein, Sullivan“, fing Akai an. „Sie sind aufgeflogen. Wenn ich Sie wäre, würde ich mit uns kooperieren.“

„Ich sage nichts mehr ohne meinen Anwalt.“

„Das ist auch besser so.“ Shuichi stand auf. „Dr. Sullivan, Sie sind festgenommen wegen Mordes an Mason Klein, Roy McAbert, Carvin James und Jared Robbins. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was Sie sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuziehen. Haben Sie das verstanden?“

Dr. Sullivan nickte zähneknirschend und stand auf. Shuichi legte ihm die Handschellen an und führte ihn anschließend nach draußen zu seinen Wagen.
 

Shuichi stand im Zwischenraum zu den Verhörzimmern und beobachtete Dr. Sullivan und seinen Anwalt durch das Fenster.

„Das war gute Arbeit“, sagte Laura schmunzelnd. „Wenn wir jetzt noch ein richtiges Geständnis bekommen…“

„Warten wir es ab. Sein Anwalt wird ihm bestimmt das Schweigen raten. Er hat es zwar vor zwei FBI Agenten zugegeben und wir könnten theoretisch als Zeugen fungieren, aber jeder Anwalt wird uns Befangenheit unterstellen.“

„Vielleicht wird er reden um eine mildere Strafe zu bekommen.“ Laura sah auf die Uhr. „Die Zeit ist um.“ Sie ging aus dem Zwischenraum und betrat das Verhörzimmer. „Dr. Sullivan, Dr. Breston“, grüßte Sie die beiden Männer und setzte sich.

Shuichi legte ein Diktiergerät auf den Tisch und betätigte die Aufnahmetaste. „18:35 Uhr, Befragung Dr. Sullivan. Dr. Sullivan befindet sich in Begleitung seines Anwaltes Dr. Breston.“ Shuichi sah beide Männer an. „Wenn Sie sich selbst belasten müssen, können Sie auch schweigen. Wie haben Sie sich entschieden?“

Dr. Sullivan sah zu seinem Anwalt. Dieser nickte. „Mein Mandant möchte eine Aussage machen.“

Shuichi sah überrascht zu dem Therapeuten. „Bitte. Was möchten Sie uns erzählen?“

Dr. Sullivan räusperte sich. „Es stimmt“, begann er. „Ich war es. Ich habe die vier Männer umgebracht. Sie wissen ja gar nicht wie es ist…ich musste Verbrecher therapieren. Kleinere Delikte waren ja in Ordnung, aber was diese Männer taten…“ Er schüttelte den Kopf. „Sie haben Frauen vergewaltigt und diesen Frauen sogar noch die Schuld daran gegeben. Sie fühlten sich wie Götter, die zu Unrecht beschuldigt wurden.“

„Sie wurden dafür bestraft“, warf Laura ein.

„Nicht genug…“, murmelte der Therapeut. „Ich hab es ja versucht…ich wollte mit ihnen arbeiten…aber dann ist mir die Sicherung durchgebrannt.“

„Was ist passiert?“, wollte Akai wissen.

„Peter Hayes…er war mein erstes…Sie würden sagen…Opfer…“, gestand der Therapeut.

Laura runzelte überrascht die Stirn.

„Erzählen Sie weiter. Hayes wurde in unserer Liste nicht aufgeführt.“

„Das hat auch seinen Grund“, entgegnete Dr. Sullivan. „Er gilt nur als flüchtig. Sowohl sein Bewährungshelfer als auch ich haben ihn gemeldet. Aber ich erzähle die Geschichte von vorne. Hayes war von Anfang an überheblich. Er hielt nichts von dem Resozialisierungsprogramm und wenn es sein musste, hätte er sogar gelogen um am Ende meine Bescheinigung zu bekommen. Ja, er kam zu allen Sitzungen, aber er zeigte ganz deutlich, was er dachte. Am Anfang spielte er seine Rolle perfekt, aber manchmal habe ich versucht tiefer in sein innerstes einzudringen. Irgendwann lachte er mich aus und erzählte mir sogar, dass er nur diese Bescheinigung will. Daraufhin habe ich beantragt, dass Hayes weitere Therapiestunden auferlegt werden. Er war so wütend…für einen kurzen Moment habe ich geglaubt, er würde mein Büro kurz und klein schlagen und mich mit dazu. Aber wissen Sie, was er gemacht hat? Er sah die Fotos auf meinem Schreibtisch und nahm das von meiner Tochter. Er erzählte mir wie hübsch sie doch sei und das er mich beneiden würde.“ Dr. Sullivan schluckte. „Ich war schockiert, aber ich ließ mir nichts anmerken und verwies ihn aus meinen Räumen. Einige Tage später habe ich meine Tochter aus der Schule abgeholt…und da stand er…an ihrem Schultor. Wissen Sie was dann war? Er sah mir in die Augen und zwinkerte. Ich wusste sofort, dass meine Tochter in Gefahr war. Auf einmal wurde ich so wütend. Wie konnte ein Mensch wie Hayes frei auf der Straße rumlaufen? Das konnte ich den Mädchen und jungen Frauen nicht antun. Bei meiner nächsten Sitzung mit Hayes erzählte er mir, was er mit meiner kleinen Scarlett anstellen würde, wenn sie alleine wären. Da sind mir alle Sicherungen durchgebrannt und ich habe ihn mit dem Briefbeschwerer erschlagen.“

„Was haben Sie mit seiner Leiche getan?“, wollte Akai wissen.

„Ich war von mir selbst überrascht und habe im nächsten Moment meine Tat bereut. Ich weiß, ich hätte es melden sollen…aber stattdessen habe ich ihn nach unten in die Tiefgarage gebracht und zu mir nach Hause gefahren. Er liegt in der Gefriertruhe in meinem Keller und erinnert mich Tag täglich daran, wie widerlich diese Kerle sind. Als er nicht zu seinem Termin bei seinem Bewährungshelfer kam, rief mich dieser an, woraufhin ich das Verschwinden bei der Polizei meldete. Ich habe versucht normal weiter zu arbeiten und meine Tat unvergessen zu machen, aber jedes Mal wenn einer von ihnen eine Sitzung bei mir hatte…wurde ich so wütend. Und ich hörte immer wieder die Stimme von Hayes, der von meiner Tochter erzählte. So beschloss ich, dass sie büßen müssen“, sagte er. „Mit Roy McAbert fing ich an, dann kam Carvin James dran…danach Jared Robbins und zum Schluss Mason Klein. Da ich eh in andere Bundesstaaten musste, habe ich sie dort abgelegt und meine Spuren verwischt. Aber Klein…ich konnte ihn nicht nach Stanford bringen. Meine Tochter war da und ich…hatte einen längeren Aufenthalt geplant. Die mögliche Verbindung wäre viel zu schnell ans Tageslicht gekommen. Deswegen bin ich auch zwei Tage eher zurück gefahren und habe ihn im Hinterhof vom Fox deponiert. Ich hätte nie gedacht, dass Sie mir so schnell auf die Schliche kommen würden…Aber Sie sollten eines nicht vergessen. Ich habe die Menschheit von fünf bösen Menschen befreit.“

„Und sind dafür selbst zum Mörder geworden. Glauben Sie, dass es das besser macht? Böses mit Bösem vergelten?“, wollte Akai wissen.

„In einigen Jahren werden Sie mich verstehen. Dann werden Sie das sehen, was ich gesehen habe.“

Shuichi sah ihn an. „Mir ist selbstverständlich nicht egal welche Straftaten Klein, McAbert und die anderen Männer begangen haben, aber ich werde nie begreifen, wie ein Mensch einen anderen umbringen kann. Dafür kann es keine Rechtfertigung geben. Man kann es zwar erklären, aber rechtfertigen kann man es nie.“

Dr. Sullivan schüttelte den Kopf. „Unsinn“, sagte er.

„Sullivan, reißen Sie sich zusammen“, kam es von seinem Anwalt.

„Ja, doch“, antwortete der Angesprochene. „Sie haben mich zwar verhaftet und wahrscheinliche werde ich auch verurteilt, aber können Sie mit dem Leben, was danach kommt?“, wollte er wissen.

„Was meinen Sie?“, fragte Laura.

„Mein Fall wird in den Medien präsent sein. Jeder wird davon reden, dass ich gefährliche Männer aus dem Verkehr gezogen habe. Es werden sich Fraktionen bilden. Die einen werden für meine Verhaftung und Verurteilung sein, während die anderen dagegen sind. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass so etwas nicht ohne Folgen bleibt. Es wird Demonstrationen geben und Aufstände. Das FBI wird für die Bevölkerung der Buh-Mann sein, der einem rechtschaffenen Bürger das Leben schwer gemacht hat.“

Shuichi verengte die Augen. „Sie stellen sich das etwas zu einfach vor. Möglich, dass es zu einem Eklat kommt, aber ich bin mir sicher, dass die Menschen es eines Tages verstehen werden.“

„Das sind Wunschvorstellungen…“

„Wahrscheinlich“, antwortete Shuichi. „Aber Sie werden die nächsten Jahre im Gefängnis bleiben und über Ihre Taten nachdenken. War es das alles wirklich Wert? Haben Sie eigentlich einmal an Ihre Tochter gedacht?“

„Halten Sie Scarlett da raus“, zischte Dr. Sullivan.

Schatten der Vergangenheit

Jodie hatte den Erzählungen ihres Freundes aufmerksam gelauscht und war teilweise von den vielen Informationen erschlagen. Shuichis erster Fall hatte es wirklich in sich gehabt. Dass er trotz fehlender Hinweise und nur durch ein Indiz auf die richtige Lösung kam, zeigte, wie sehr er sich in seinen Beruf hineinkniete. Und natürlich auch, dass er dafür geschaffen war Rätsel und komplexe Sachverhalte zu entschlüsseln.

Auch wenn mittlerweile viele Menschen annahmen, dass ihm nur die Ermittlungen, der Ruhm und die Ehre wichtig waren, wusste Jodie es besser. Insgeheim hatte sich der Agent das Ziel gemacht den Menschen zu helfen. Menschen, denen furchtbare Dinge angetan wurden. Menschen, die nicht mehr für sich selbst einstehen konnten und viel zu früh den Tod fanden. Er wollte ihnen und ihren Familien helfen ihren Frieden zu finden.

Sie konnte sich genau vorstellen, wie er Tag für Tag im Büro saß und über jeden einzelnen Fall stundenlang grübelte, jedes Detail wieder und wieder durchging, nur um an Ende die Lösung zu finden. Es gab immer so viele Optionen und Möglichkeiten, und doch hatte er jedes Mal einen kühlen Kopf bewahrt und sich genügend Zeit zum nachdenken genommen. Es gab Fälle die waren schwer, andere waren einfach und wieder andere einfach nur nervig. Shuichi hatte sie alle gehabt – die schweren ganz zu Beginn seiner Probezeit. Und trotzdem konnte er sowohl die Kollegen als auch die Vorgesetzten von sich überzeugen.

Die Agentin schmunzelte und sah zu ihm. „Was ist danach passiert?“, wollte sie wissen. „Wurde Dr. Sullivan angeklagt und verurteilt?“

„Ja, er wurde angeklagt“, antwortete Shuichi ruhig. „Für den Staatsanwalt war sein Geständnis natürlich Gold wert. Er hat es auch nicht widerrufen, was viele machen.“

„Ich höre da ein aber heraus.“

Er nickte. „Natürlich ist öffentlich geworden, was Sullivan getan hat und so wie er es prophezeit hat, gab es zwei Fraktionen.“ Shuichi seufzte bei dem Gedanken an damals. „Aufgrund von Fluchtgefahr, wurde Sullivan sofort in Untersuchungshaft gebracht. Es gab fast täglich Demonstrationen…sowohl vor dem Gefängnis als auch vor dem Büro. Du kannst froh sein, dass du damals noch nicht für das FBI tätig gewesen bist. Laura und ich…wir wurden häufig mit Tomaten und anderen Sachen beworfen, ausgebuht und angeschrien. Andere Agenten hat es leider auch erwischt, je nachdem wie die Menschen gerade drauf waren.“

„Ich war zu der damaligen Zeit in London wegen einem Praktikum. Aber ich hab von der Sache gehört. Dad hat mir ein paar Informationen dazu gegeben, allerdings hat er nie erwähnt, dass du der ermittelnde Agent gewesen bist.“

„Das war auch wirklich besser so. Manchmal war die Meute so aufgeladen, dass ihnen alles egal war. Sie hätten auch auf Zivilisten keine Rücksicht genommen“, entgegnete er. „Naja und dann gab es da noch die ganzen Reporter. Andauernd wurden wir wegen Interviews angefragt. Selbst Drehbuchautoren wollten mit uns sprechen und die Geschichte von Sullivan verfilmen.“

„Ach du Schande“, gab Jodie von sich. „Wie lange…also ich meine, wie lange ging das?“

„Ein paar Wochen. Der erste Gerichtstermin war fünf Monate später angesetzt gewesen, aber der Staatsanwalt forderte einen früheren Termin. Der Verteidiger stimmte dem zu. Und wir hatten in der Zwischenzeit auch alle Beweise sammeln können, weswegen sechs Wochen später der erste Gerichtstermin stattfinden konnte. Der Richter hatte schon vorab angekündigt, dass er nur wegen der starken Präsenz des Falles dem früheren Termin zustimmte.“

„Das kann ich verstehen“, murmelte Jodie. „Und was war mit der anderen Fraktion?“

„Die war zwar auf unserer Seite und verstand, dass Sullivan bestraft werden müsste, aber sie forderten die Todesstrafe. Du kannst dir ja vorstellen, welche Krawalle das alles ausgelöst hat.“

Die Agentin nickte. „Und ihr mittendrin. Es musste schwer gewesen sein, einen kühlen Kopf zu bewahren und trotzdem jeden Tag zur Arbeit zu gehen.“

„Das war es wirklich“, sagte Shuichi ehrlich. „Die ersten Tage waren noch in Ordnung, aber je länger es dauerte, desto angespannter wurde ich. Wir haben teilweise sogar schon von zu Hause aus gearbeitet oder uns einen Konferenzraum in der Stadt gemietet. Was uns allen aber zugesetzt hat, war die Tatsache, dass wir beide Fraktionen gut verstehen konnten. Die einen wurden unsicher, weil ein Therapeut diese Taten begangen hat. Dabei sollen Therapeuten immer ein offenes Ohr für die Patienten haben und Distanz wahren. Sullivans Taten warfen ein schlechtes Licht auf seine Kollegen. Es gab eine Zeit, da wurden sie alle in einen Topf geworfen. Wir haben von Fällen gehört, wo Therapeuten von Angehörigen angegangen wurden. Außerdem wurden viele Termine abgesagt. Und auch bei den entlassenen Häftlingen machte sich Angst breit. Sie waren zwar im Resozialisierungsprogramm, weigerten sich aber ihre Therapiestunde ohne zusätzlichen Mithörer zu machen. Und dann waren da noch die, die hinter Sullivan standen, weil er Sexualstraftäter bestraft hat. Natürlich ist es verständlich, gerade wenn man als Vater eine junge Tochter hat. Aber…“ Shuichi krallte seine Hände in das Lenkrad. „Unser Justizsystem ist eben so. Wenn Straftäter nicht zur lebenslangen Haft verurteilt werden, haben Sie die Möglichkeit aufgrund von guter Führung eher entlassen zu werden. Bei einem Teil der Straftäter fruchtet die Zeit im Gefängnis und sie sind geläutert. Und andere…naja…haben trotzdem nichts gelernt. Aber nicht nur das. Wir FBI Agenten werden dennoch von der Gesellschaft als Buh-Mann gesehen, wenn wir jemanden wie Sullivan verhaften. Sie sind der Meinung, dass wir einem rechtschaffenen Bürger nur das Leben unnötig schwer machen. Aber man sollte nie vergessen, dass wir Agenten keine Rücksicht auf die Hintergründe unserer Täter nehmen dürfen. Viele Morde entstehen durch Rache. Rache durch eine Trennung, durch schlechte Noten, durch Beleidigungen…wir müssen jeden Fall dennoch objektiv behandeln.“

Jodie nickte zustimmend. „Glaubst du, Sullivan will jetzt Rache an dir üben?“

„Ich glaube kaum, dass er dazu in der Lage ist“, fing Akai an. „Aufgrund der schwere seiner Tat wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Allerdings eckte er überall im Gefängnis an und kam wohl mit den Blicken der anderen Häftlinge nicht klar. Er hat sich nach einem Jahr Haft mit der Decke selbst stranguliert und ist verstorben. Laut den Berichten war keine Fremdeinwirkung vorhanden.“

Die Agentin sah ihren Freund überrascht an. „Du hast dich ja auf dem Laufenden gehalten.“

„Selbstverständlich“, nickte Shuichi. „Es war mein erster Fall.“

„Was ist mit seiner Familie? Die hätte doch auch ein Motiv.“

„Seine Ex-Frau ist vor einigen Jahren verstorben. Seine Tochter habe ich nur einmal im Gerichtssaal gesehen. Sie ist damals direkt nach der Verhandlung ins Ausland geflüchtet und hat dort ein neues Leben begonnen. Ich werde prüfen, ob sie irgendwann wieder einreiste.“ Akai betätigte den Blinker und bog in die Straße.

„Mhm? Hier geht es aber nicht zum Büro“, sagte sie leise.

„Ich weiß. Aber ich möchte vorher noch wohin. Dauert auch nicht lange. Lass dich einfach überraschen, ok?“

Die Agentin nickte und sah aus dem Fenster.
 

Jodie betrat am Abend das Büro von Shuichi. „Huh? Ist Laura gar nicht da?“, wollte sie wissen.

„Die ist mit Stephan verabredet“, antwortete Akai.

Jodie schmunzelte. „Wenigstens weiß ich jetzt, wie sich die Beiden kennen gelernt haben. Es würde mich nicht wundern, wenn Sie bald Ihre Verlobung bekannt geben.“

„Du bist doch sicher nicht hergekommen, um mit mir über Laura zu sprechen, nicht wahr?“

„Richtig“, fing sie an. „Ich bin mit meinen Nachforschungen fertig.“

Akai sah sie an. „Gut, ich auch. Zusätzlich habe ich bereits meine Liste mit potentiellen Feinden fertiggestellt“, sprach er. „Ich geh jetzt nicht alle Fälle mit dir durch, sonst sitzen wir in zwei Wochen noch hier.“

„Nur die Wichtigsten oder Bedeutendsten.“

Shuichi nickte. „Scarlett Sullivan ist in den letzten Jahren nicht in Amerika eingereist. Dafür fand ich heraus, dass sie vor einem Jahr einen schweren Autounfall hatte und verstorben ist.“

Jodie schluckte.

„Wenigstens kommt Sie so nicht mehr als Täterin in Frage. Wie sieht es mit Weston und Cane aus?“

„Weston sitzt immer noch im Gefängnis“, antwortete Jodie ruhig. „Ich hab mir seine Akte genauer angesehen. Seine Haftstrafe wurde verlängert, weil es immer wieder zu Schlägereien mit anderen Häftlingen kam und der Staatsanwalt die Körperverletzung nicht auf sich beruhen lassen wollte. Ich weiß aber, dass er in den letzten Jahren oft Besuch von Reportern bekam. Sie waren wohl an seiner Geschichte interessiert und wollten möglichst viel Profit herausschlagen. Ansonsten macht er sich wohl ganz gut im Gefängnis. Ich habe auch kurz mit seiner Ex-Frau telefoniert. Er hat sie kein einziges Mal kontaktiert und wenn, würde sie alle Briefe von ihm sofort verbrennen und Anrufe auf dem Anrufbeantworter löschen. Sie ist jetzt wieder glücklich verheiratet. Zudem habe ich die Riemer-Familie kontaktiert. Mrs. Riemer macht seit Jahren eine Therapie um mit dem Mord an ihrem Sohn zu Recht zu kommen. Chad ist nach Mississippi gegangen und macht gerade sein Praktikum bei einem Therapeuten. Mr. Riemer ist im Übrigen mittlerweile in den Ruhestand gegangen und Fan von Modeleisenbahnen…zumindest sagt er das.“

Shuichi sah sie fragend an.

„Ich gebe nur das wieder, was mir gesagt wurde. Selbstverständlich habe ich nicht die wahren Hintergründe meines Anrufes erwähnt, um zu schauen, wie sie reagieren.“

„Und? Wie haben sie reagiert?“

„So wie ich es mir gedacht habe. Freundlich und besonnen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie etwas mit der Entführung von Masumi zu tun haben. Ich glaube auch nicht, dass sie mir irgendeine Schuld an allem geben.“

„Mhm…“, murmelte Shuichi. „Es tut mir leid, dass du mit ihnen sprechen musstest.“

Sie schüttelte den Kopf. „Schon gut, ich kann damit umgehen. Und ich glaube auch, dass sie mir gegenüber am Telefon ehrlicher gewesen wären, als wenn ein anderer Agent den Anruf übernommen hätte.“

Shuichi nickte. „Wer auch immer seine Hände im Spiel hat, hätte dich nach der Kontaktaufnahme verspottet.“

„Seh ich genau so.“

„Es war ein guter Gedankengang mit den Angehörigen von Opfern oder Tätern zu sprechen. Ich muss diesen Personenkreis noch in meine Liste aufnehmen.“

Jodie lächelte. „Das Problem ist nur, dass diese Namen unsere Liste noch viel länger machen.“

„Hast du auch herausgefunden, was aus Emily Cane geworden ist?“

Jodie lehnte sich gegen den Tisch. „Oh ja. Emily bekam das Gefängnis nicht gut. Sie soll wohl am Anfang viel Probleme damit gehabt haben, nicht mehr im Geld schwimmen zu können und, ich zitiere Ihren Mann, jeden Tag das gleiche anziehen zu müssen.“

Shuichi sah sie angespannt an. „Hat Cane noch Kontakt zu ihr?“

„Nicht mehr viel. Er hat sofort die Scheidung beantragt, aber Emily hatte dem nicht zugestimmt. Letzenden Endes hat ein Gerichtsverfahren über den Antrag entschieden. Sie hat ihn hin und wieder aus dem Gefängnis kontaktiert und bat um eine zweite Chance, aber Canes Schmerz sitzt noch immer viel zu tief. Das hab ich auch aus dem Gespräch mitbekommen.“

„Du meintest eben, dass ihr das Gefängnis nicht gut bekommen ist. Was ist passiert?“, wollte Shuichi wissen.

„Wie schon erwähnt, fiel es ihr schwer nicht mehr im Geld zu schwimmen und das Gleiche tragen zu müssen. Ihre Nägel waren nicht mehr manikürt, ihre Haare sahen nicht mehr den Friseur, sie war dreckig und fühlte sich dauernd alleine…“, zählte Jodie auf. „Irgendwann wurde sie mit blutenden Händen im Duschbereich gefunden, weil sie gegen die Wand schlug oder sie schlug gegen Mauern und gegen den Boden. Es soll ihr dort wohl wirklich psychisch nicht gut gegangen sein.“

Akai wurde hellhörig. „Sag mir bitte nicht, dass sie nicht mehr im Gefängnis ist.“

„Das würde ich wirklich gerne tun“, fing Jodie an. „Leider kann ich das nicht. Aufgrund dieses selbstverletzenden Verhaltens forderte ihr Anwalt eine Verlegung. Der Staatsanwalt wollte ihr nur Therapiestunden aufbrummen, aber es gab Gutachten die die Labilität von Emily belegen konnten.“

Shuichi seufzte.

„Sie wurde nach einem dreiviertel Jahr vom Gefängnis in die Psychiatrie verlegt.“

„Ich habe es geahnt“, murmelte er.

„Ich konnte nur kurz mit ihrem behandelnden Arzt sprechen. Aufgrund der Schweigepflicht darf er mir nichts sagen, aber er hat bestätigt, dass sie weiterhin in Behandlung ist und Medikamente bekommt. Freigang gibt es bei ihnen nicht.“

„Was ist mit Besuchern?“

„Auch keine. Reporter versuchen es wohl bei allen Patienten, aber die wimmelt das Klinikum immer ab.“

Shuichi dachte nach. „Hat sie von dort aus einen weiteren Kontaktversuch zu Cane versucht?“

„Ja, das hat sie. Aber er hat nie darauf reagiert.“

„Emily war schon damals sehr durchtrieben. Können wir mit Sicherheit ausschließen, dass sie keinen Arzt oder Pfleger auf ihre Seite zog?“

„Mit Sicherheit nicht. Wir wissen nur, dass das Personal im Umgang mit den Patienten geschult ist. Andererseits…wenn man sich Emilys langen Atem was ihren Ehemann anbelangt anschaut, sollten wir sie noch nicht ganz ausschließen.“

Shuichi nickte verstehend. „Ich werde ein paar Kollegen bitten, sich die Klinik und das dortige Personal näher anzuschauen.“

Das Ende einer Ära

Laura saß mit einer Tasse heißem Tee an ihrem Küchentisch und las die aktuellen Ereignisse in der Morgenzeitung. Da es keinerlei Hinweise auf den oder die Entführer von Masumi gab, ging der Fall nur schleppend voran. Alle Befragungen führten ins Leere und niemand konnte sich an irgendwas erinnern. Je mehr Zeit verstrich umso weniger Hoffnungen machten sie sich.

Glücklicherweise wurde in der Zeitung lediglich von einem Bombenfund berichtet und nicht von den familiären Verwicklungen eines FBI Agenten. Dennoch hatte Laura ein komisches Gefühl in der Magengegend. Zuerst hielten sie es für die Rache an einem FBI Agenten, aber seit der geplatzten Hochzeit vor einer Woche war Ruhe eingekehrt. Laura spürte beinahe Tag für Tag die Anspannung ihrer beiden Kollegen. Dass die Ermittlungen nichts ergaben, trug den Rest dazu bei. Aber was sollten sie auch tun? Sie konnten sich schließlich keinen Täter ausdenken.

Als es an der Haustür klingelte, sah die Agentin überrascht hoch. Sie erwartete keinen Besuch, stand dennoch auf und ging an die Tür. Laura spähte, wie jedes Mal, durch den Türspion und öffnete mit einem Lächeln die Haustür. „Stephan.“

„Guten Morgen“, sagte er und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Du wirkst überrascht.“

„Hmm? Nein…Ja…tschuldige…ich hab einfach nicht mit Besuch gerechnet. Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht freue“, antwortete sie. „Und jetzt komm endlich rein.“

„Das dachte ich mir schon.“ Stephan betrat ihre Wohnung und zog sich die Jacke aus.

„Hast du Hunger? Ich kann uns ganz schnell Frühstück zaubern.“ Laura selbst brauchte morgens nur einen Tee zum wach werden, ehe sie im Büro auf Kaffee umstieg.

„Nein, nicht nötig. Ich würde einen Kaffee oder Tee nehmen. Was schneller geht.“

„Gut, dann komm mal mit“, entgegnete die Agentin und verschwand in der Küche. Sie setzte ein weiteres Mal Wasser auf und holte eine Tasse sowie einen Beutel Tee heraus. „Du bist aber früh wach.“

Stephan folgte ihr und setzte sich an den Tisch. „Manchmal fall ich eben auch aus dem Bett.“ Lächelnd beobachtete er seine Freundin, die schließlich das Wasser in die Tasse goss und sie ihm hinstellte.

„Wie geht es bei deinem Fall weiter?“, wollte er von ihr wissen.

Laura setzte sich an den Tisch und seufzte. „Nicht so gut“, fing sie an. „Wir wissen immer noch nicht, wer das eigentliche Ziel gewesen ist. War es Akai? Jodie? Agent Starling? Ohne Eingrenzung ist die Ermittlung sehr verzwickt. Die Observation in den letzten Tagen hat auch nichts gebracht“, erzählte Laura. „Außerdem war die Kamera am Taxistand des Flughafens defekt, sodass wir uns die Aufzeichnungen aus der Umgebung besorgen mussten. Es wird dich sicher nicht verwundern, wenn ich dir erzähle, dass darauf rein gar nichts zu sehen war. Kein verdächtiges Auto oder eine verdächtige Person. Da war nichts was auf einen Täter schließen lässt. Und du kennst ja Akai…natürlich musste er sich alle Bänder noch einmal selbst anschauen, um auszuschließen, dass nichts übersehen wurde.“

Stephan nickte. „Habt ihr nur vom Verhalten der Menschen daraus geschlossen?“

„Teilweise. Wir haben uns die aktuellen Listen aller Fluggäste geben lassen und die Namen mit den Namen auf den Listen von Jodie, Agent Starling und Akai abgeglichen. Im nächsten Schritt haben wir per Gesichtserkennung weitere Prüfungen unternommen und natürlich noch die Prüfung der Autokennzeichen durchgeführt. Es war zwar schwer, aber wir haben die Daten aller parkenden Autos im Parkhaus bekommen. Falls der Plan länger bestand, wäre uns zumindest nichts durch die Lappen gegangen. Wir haben parallel auch die Taxifahrer und das Sicherheitspersonal befragt…“

Der Bewährungshelfer lauschte ihren Worten und nippte an seinem Tee. „Lass mich raten…die Befragung hättet ihr euch auch sparen können?“

Laura nickte. „Ganz genau. Sie sagten alle aus, dass sie nichts gesehen oder gehört haben.“ Sie seufzte ein weiteres Mal. „Das Problem ist nur, dass viele Taxifahrer unterbezahlt sind und sich sehr schnell kaufen lassen.“

„Ich verstehe“, murmelte Stephan und verschränkte die Arme. „Habt ihr versucht sie für Infos zu bezahlen?“

„Tja…und dann? Für Geld würden die doch alles sagen, was wir hören wollen. Wir müssten also zusätzlich prüfen wer die Wahrheit sagt und wer lügt.“

„Mhm…ja, da hast du Recht.“

„Ich weiß, als FBI Agent kriegt man keine einfachen Fälle, aber für Akai und Jodie wünschte ich mir, dass es leichter sein würde. Ich hoffe darauf, dass sich der Täter demnächst wieder zeigt und einen Fehler begeht.“

„Das glaub ich dir“, sagte Stephan ruhig. „Vielleicht glaubt er auch, dass er nun seine Rache hatte und die Beiden getrennt sind.

„Und deswegen nichts mehr unternimmt?“ Laura zuckte mit den Schultern. „Kann natürlich auch sein…Aber…Jodie und Akai sind weiterhin ein Paar und das würde der Täter doch sehen…außer er hat sich abgesetzt…“ Sie schüttelte den Kopf. „Lass uns nicht mehr über die Arbeit reden. Sag mir lieber, warum du hier bist. Ich dachte, wir treffen uns erst heute Abend im Kino.“

„Äh ja…was Kino angeht…“ Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Du willst es absagen“, folgerte sie daraus.

„Ich muss leider“, antwortete er. „Mike sollte eigentlich morgen bei einer Weiterbildung in Atlanta teilnehmen. Leider ist er krank geworden und ich darf ihn vertreten. Mein Flug geht heute Abend.“

„Oh“, murmelte die Agentin. „Ja, natürlich, das ist wichtig. Du solltest auf jeden Fall teilnehmen. Und keine Widerworte.“

„Ich wusste, dass du das verstehst“, sagte er lächelnd.

„Es wäre auch für mich viel schlimmer, wenn du wegen mir deine Weiterbildung sausen lassen würdest.“ Sie stand auf und ging zu ihm. Ehe sich Stephan versah, drückte sie ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ich liebe dich.“

„Ich dich auch“, erwiderte er und zog die Agentin auf seinen Schoss. „Soll ich dir was verraten? Ich wusste seit unserer ersten Begegnung, dass du die perfekte Frau für mich bist.“

Laura schmunzelte. „Deine perfekte Frau muss allerdings gleich ins Büro. Wir haben in einer halben Stunde eine Besprechung und nur weil ich zehn Minuten brauch, heißt das nicht, dass ich zu spät kommen kann.“

Stephan verzog das Gesicht. „Na gut…Vorfreude ist ja auch eine Freude“, sagte er grinsend.

„Dein Glas ist immer halbvoll, nicht wahr?“

„So ist es“, nickte der Bewährungshelfer. „Nun gut, dann sollte ich mich auch auf den Weg machen und alles vorbereiten.“

Laura stand auf. „Wie lange bist du weg?“

„Zwei Tage. Dann bin ich wieder hier.“

„Ich hol dich vom Flughafen ab.“

Stephan schüttelte den Kopf. „Ich komm erst sehr spät abends an. Schlaf lieber und nimm dir den nächsten Tag frei.“

Sie schmunzelte. „Ich überleg es mir.“

Stephan stand nun auch auf und umarmte sie erneut. „Ich mag nicht gehen.“

„Ich auch nicht…aber wir müssen zur Arbeit.“

„Sei doch nicht immer so vernünftig…“

„Du wusstest, worauf du dich eingelassen hast“, antwortete die Agentin und zog ihn an der Hand zur Tür. „Die Arbeit wird immer vorgehen. Darauf haben wir uns doch geeinigt.“

„Ich weiß ja, dass du Recht hast…“, murmelte er und drückte ihr einen weiteren Kuss auf die Lippen. „Ich melde mich, wenn ich gelandet bin.“

Laura nickte. „Das will ich dir auch geraten haben. Und jetzt los, sonst komm ich heute nicht mehr zur Arbeit.“

Der Bewährungshelfer gab sich geschlagen und zog seine Jacke an. Er öffnete die Tür.

„Stephan?“

„Ja?“

Laura legte die Arme um ihn und küsste ihn zum Abschied. „Ich vermiss dich schon jetzt.“

„Ich dich auch“, sagte er. „Aber es ist ja nicht für lange.“

Sie löste sich nickend von ihm.

„Bis dann“, sprach der Bewährungshelfer und öffnete die Tür. Er sah zu ihr und lächelte, ehe er ging.

Laura lehnte sich an ihre Haustür und schloss die Augen. Sie war endlich glücklich.

Als es wieder an der Haustür klingelte, machte ihr Herz einen Sprung. Sie und Stephan konnten wahrlich die Finger nicht voneinander lassen. Sofort drehte sich die Agentin um und öffnete die Haustür. „Na? Hast du was verg…“ Sie brach den Satz ab und ehe sie sich versah, lag sie auf dem Boden. Sie spürte eine Hand auf ihrem Mund. Der Latexgeruch stieg in ihre Nase und ein Körper lag über ihr.

„Du solltest nicht zu viel Energie aufwenden, Laura.“

Irritiert sah Laura die Person über sich an. Aber warum…wie kann das… Ein Schmerz durchzuckte sie. Verängstigt sah die Agentin zu dem, in ihrem Bauch steckenden, Messer. Als das Messer bewegt wurde, wandte sie sich schmerzerfüllt…
 

Shuichi betrat das gemeinsame Büro und sah sich um. Er war irritiert, da Laura ohne Vorwarnung nicht zur Arbeit und zur Besprechung erschienen war. Normalerweise meldete sie sich immer rechtzeitig. Akai zog sein Handy hervor und schrieb eine Nachricht. Ist alles in Ordnung? Wo bist du?

Er legte das Handy auf den Tisch und setzte sich an seinen Platz. Nachdem er den Computer durch sein Passwort entsperrte, ging er alle Notizen zu Masumis Entführung durch. Es war zum Mäuse melken. Wer auch immer vor einer Woche am Flughafen anrief, konnte nicht ausfindig gemacht werden. Die Befragung der Taxifahrer und die erneute Befragung von Masumi führten zu keiner neuen Spur. Sie waren bei null – wie so oft bei ihren Fällen. Akai hatte sich bereits daran gewöhnt, aber jetzt wo er selbst involviert war und in einer Sackgasse steckte, ärgerte er sich ungemein.

Auch wenn eine Woche vergangen war, versuchten sie ihr normales Leben weiterzuführen. Shukichi war mit Yumi, Akemi, Shiho und ihren Eltern wieder zurück nach Japan gereist. Seine Eltern, Jodies Eltern und einige FBI Agenten hingegen fragten schon nach einem neuen Hochzeitstermin. Allerdings wollte sich das Paar dazu noch nicht äußern. Sie wählten das Warten und wollten sehen, wie sich der Fall weiter entwickeln würde. Es war leider noch nicht auszuschließen, dass ihr unbekannter Täter nicht doch ein weiteres Mal zuschlug.

Shuichis Handy klingelte. Augenblicklich nahm er dieses hoch, strich über das Display und las die eingehende Nachricht von Laura. Akai wirkte überrascht.

Wir sollten Jodie endlich die Wahrheit sagen.

„Was meint sie?“, murmelte der Agent und wählte Lauras Nummer. Es klingelte, doch es ging keiner ran. „Mhmm…“, kam es erneut von Akai.

Das Verhalten passte nicht zu seiner Partnerin. Shuichi seufzte und stand auf. Was auch immer los war, er musste es herausfinden. Möglicherweise war es eine codierte Nachricht. Mit schnellen Schritten verließ er das Büro und ging zu seinem Wagen. Noch einmal versuchte er sie telefonisch zu erreichen, aber wieder nahm keiner den Hörer ab.

Angespannt fuhr Shuichi zu der Wohnung. Auf ihre Erklärung war er bereits gespannt, zumal sie auch Jodie explizit in ihrer Nachricht erwähnte. Nachdem der Agent seinen Wagen abstellte, machte er sich auf den Weg zur Haustür. Shuichi klingelte einmal und merkte dann, dass die Wohnungstür einen Spalt breit offen stand. „Laura?“, rief er. „Bist du da?“ Er klopfte gegen die Tür. „Ich komm jetzt rein“, sagte er.

Shuichi zückte seine Dienstwaffe und hielt sie vor sich. Laura würde nie so unvorsichtig sein und die Tür offen lassen. Nicht einmal dann, wenn sie jemanden erwartete.

Irgendwas musste passiert sein. Da war er sich sicher. Langsam betrat der Agent die Wohnung und sicherte einen Raum nach dem nächsten. Als er im Wohnzimmer ankam, sah er seine Partnerin am Boden liegen. Ihre Haare waren zerzaust und unter ihr hatte sich eine rote Lache gebildet. Ein blutbeflecktes Messer lag neben ihr.

Shuichi schluckte. Das konnte nicht die Wirklichkeit sein. Ohne nachzudenken lief er zu ihr und legte seine Finger auf ihren Hals. „Verdammt…“, murmelte er leise. Alles andere lief automatisch, auch wenn es bereits zu spät war. Shuichi beugte sich über sie und begann mit der Herz-Rhythmus-Massage. „Komm schon…Laura…komm schon…halt gefälligst durch…“, wisperte er, wohlwissend, dass er nichts mehr tun konnte.

Wenige Minuten später stürmten zwei Polizisten in die Wohnung. Auch sie sicherten zunächst jeden Raum. Als sie im Wohnzimmer ankamen, hielten sie ihre Dienstwaffen auf den Agenten gerichtet. „Polizei! Gehen Sie von der Frau weg und halten Sie die Hände hoch, sodass wir sie sehen können.“

Shuichi knurrte leise. „Wenn ich das mache, stirbt sie“, entgegnete er. „Ich bin FBI Special Agent Akai. Sie können meinen Ausweis in meiner rechten Jackentasche finden.“

Ein Polizist kam auf ihn zu. Er stieß Akais Dienstwaffe, die er zuvor auf den Boden gelegt hatte, mit dem Fuß zur Seite. „Gehen Sie von der Frau weg.“

„Ich sagte doch schon, dass ich das nicht kann“, zischte Akai.

„Ich kümmer mich um die Frau“, sprach der Polizist. „Versprochen.“

Shuichi war verärgert, tat aber was ihm gesagt wurde. „Rufen Sie einen Krankenwagen. Schnell!“

„Der ist schon unterwegs“, sagte der andere Polizist und drückte Akai auf den Boden, während er dessen Arm nach hinten drehte und ihm Handschellen anlegte. „Bis wir das Ganze geklärt haben, sind Sie verhaftet.“

Verhör

Lieutenant Svenson führte Akai direkt in das Verhörzimmer. Stillschweigend nahm der Verdächtige neben Grayson und dem Anwalt Dr. Blake Platz. Ihnen gegenüber saß Lieutenant Martin. Der Raum war recht spartanisch eingerichtet. In der Mitte stand ein weißer Tisch. An beiden Seiten befanden sich jeweils drei Stühle. Außerdem gab es einen großen Spiegel, auf dessen Gegenseite die Gespräche mit angehört werden konnten. Es erinnerte Akai an das Verhörzimmer beim FBI.

„Gut“, fing Svenson an und betätigte die Aufnahme-Taste des Diktiergerätes. „13:30 Uhr, Verhör Special Agent Akai im Falle des Mordes an Special Agent Laura McKnight. Es sind folgende Personen anwesend: Lieutenant Drake Svenson, Lieutenant Jenna Martin, Special Agent Shuichi Akai, Special Agent Kai Grayson, Anwalt Dr. Tom Blake.“ Svenson räusperte sich. „Agent Akai, sind Sie mit der Aufnahme einverstanden?“

„Ja.“

„Da wir erst neulich zusammen an einem Fall gearbeitet haben, wurde ich mit diesem Verhör betraut. Außerdem haben wir, auf Anregung von Lieutenant Martin, das FBI hinzugeholt.“ Svenson sah auf Grayson. „Danach wird der Fall weiter beim FBI bearbeitet, allerdings mit der Unterstützung des NYPDs um eine Verschleierung zu verhindern.“

„Lieutenant Drake, bitte unterlassen Sie derartige Unterstellungen“, kam es sofort von Dr. Blake.

„Selbstverständlich möchten wir niemanden etwas unterstellen. Wir sind hier um uns ein Bild vom Geschehen zu machen. Agent Akai, bitte schildern Sie uns zunächst ihren Tagesablauf.“

Akai verdrehte die Augen. Standardfragen. Er wusste genau worauf es abzielte. Erst würde man ihn bitten seinen Tagesablauf zu erzählen, nur um danach gezieltere Fragen zu stellen und mögliche Lügen aufzudecken. Auf der ganzen Fahrt zum NYPD war er den halben Tag wieder und wieder durchgegangen. Er suchte Möglichkeiten wie er es hätte besser machen können oder anders. Dabei wünschte er sich, dass er eher bei Laura vorbei gefahren wäre, dass er ihren Tod hätte verhindern können, dass er den Täter hätte sehen können…

Und auch wenn er wusste, dass es zu spät war, befand sich in ihm noch ein kleiner Teil Hoffnung. Vielleicht konnte man ihr doch noch helfen und sie lag nun im Koma.

„Agent Akai?“

Der Agent räusperte sich. „Entschuldigung“, sagte er ruhig. „Ich war seit 8 Uhr morgens im Büro und habe gearbeitet. Wir hatten um 10 Uhr ein Meeting um das weitere Fortgehen zu besprechen. Laura, Special Agent McKnight ist nicht erschienen. Wir haben uns alle gewundert, da sie normalerweise sehr zuverlässig ist. Ich dachte, ihr sei etwas Wichtiges dazwischen gekommen, habe ihr aber trotzdem eine Nachricht geschrieben. Wie Sie sich vorstellen können, bin ich nicht ihr Kindermädchen und habe dementsprechend auch wieder weiter gearbeitet. Eine halbe Stunde später erhielt ich von Laura eine Nachricht und bin daraufhin zu ihr nach Hause gefahren. Dort habe ich Laura dann gefunden.“ Shuichi sah betrübt auf den Tisch. Seine Partnerin war tot und er hatte nichts unternehmen können. Der FBI Agent ballte seine Faust. Warum? Er wollte nur noch wissen, warum. Warum sie? Was hatte sie getan? Oder war alles nur ein großes Missverständnis?

„Woran haben Sie genau gearbeitet?“, wollte Svenson wissen.

„Ich habe mir noch einmal die Unterlagen von der Entführung meiner Schwester angesehen und hatte gehofft, doch noch einen Anhaltspunkt finden zu können. Aber leider ist der Täter wie vom Erdboden verschwunden und ich muss mich wohl oder übel damit abfinden“, antwortete der Agent.

„Verstehe“, gab Svenson von sich. „Sie erwähnten die Zuverlässigkeit Ihrer Partnerin. Sie ist nie zu spät gekommen?“

„Wenn Sie Dienst hatte, war sie immer pünktlich. Ihre Devise war: lieber zu früh, als zu spät kommen“, sagte Shuichi. „Sie wohnt ganz in der Nähe des Büros, daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie durch einen Stau zu spät kommt, sehr gering. Und wenn es doch einmal vorkam, hat sie sich per Handy gemeldet. Es ist einfach nicht ihre Art zu Terminen zu spät zu kommen.“

„Dabei kann doch gerade in Ihrem Beruf vieles passieren, was ein Zuspät-Kommen rechtfertigen würde.“

„Das mag sein, aber sie war trotzdem immer so gewissenhaft und gab Bescheid.“

Der Polizist nickte. „Was schrieb Ihnen Agent McKnight?“

„Etwas ganz Merkwürdiges. Wir sollten Jodie die Wahrheit sagen. Ich weiß allerdings nicht, was sie mir sagen wollte.“ Shuichi verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie gesagt, wegen dieser kryptischen Nachricht bin ich zu Laura nach Hause gefahren.“

„Waren Sie schon öfters bei ihr?“

„Bitte?“ Akai sah ihn fragend an. „Wenn ihr Auto in der Werkstatt war, hab ich sie abgeholt. Hin und wieder haben wir uns auch mit Jodie und Stephan bei ihr oder bei uns getroffen. Wenn man eine so lange Zeit mit jemanden zusammen arbeitet, war man auch schon zu Besuch bei ihm.“

„Ich verstehe“, entgegnete Svenson ruhig. „Wie sind Sie bei Agent McKnight reingekommen? Haben Sie einen Schlüssel?“

„Einen Schlüssel? Wir sind zwar Arbeitspartner, aber wir haben keine Schlüssel getauscht. Was denken Sie von mir? Ich habe natürlich zuerst geklingelt und dabei bemerkt, dass die Haustür einen Spalt breit offen ist. Da mir das nicht ganz Geheuer vorkam, bin ich reingegangen und habe alle Räume gesichert. Als ich im Wohnzimmer ankam, lag sie auf dem Boden in ihrer eigenen Blutlache. Objektiv betrachtet gehe ich davon aus, dass sie aufgrund des Blutverlustes verstorben ist. Irgendjemand muss das Messer aus ihrem Bauch gezogen haben und dadurch konnte die Blutung nicht mehr gestoppt werden.“

„Sie wissen ja gut Bescheid.“

„Berufskrankheit. Ich habe schon vieles gesehen“, antwortete Shuichi. „Sie sollten das Messer auf Fingerabdrücke untersuchen lassen. Ich nehme an, dass Laura das Messer nicht herauszog. Sie wird gewusst haben, dass es ihren Tod bedeuten würde. Also muss es der Täter gewesen sein. Jetzt stellt sich mir aber die Frage, wieso sie diese Person in die Wohnung ließ.“

Der Polizist nickte verstehend. „In vielen Fällen lässt man nur Bekannte oder Freunde rein“, sagte er.

„Lieutenant, bitte keine Unterstellungen“, kam es von Dr. Blake.

„Das war eine pure Feststellung, Dr. Blake“, antwortete Svenson. „Die Spurensicherung hat keine Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen gefunden. Agent McKnight hat dem Täter die Tür geöffnet und wurde im Laufe des Gespräches überrascht. Wir konnten auch keine Kampfspuren feststellen…“

„Und Sie glauben, dass es mein Mandant gewesen ist“, kam es von Dr. Blake.

„Was ich glaube und was nicht, spielt hier keine Rolle. Fakt ist nun einmal, dass Agent Akai am Tatort war und somit als potentieller Verdächtiger gilt“, entgegnete der Polizist. „Agent Akai, als Sie Agent McKnight fanden, was haben Sie da getan?“

Shuichi schüttelte den Kopf. Die Befragung war genau so sinnfrei, wie die Unterstellung, dass er etwas mit dem Mord zu tun hatte. „Ich bin zu ihr hingegangen und habe den Puls gefühlt. Auch wenn ich wusste, dass sie bereits tot war, habe ich mit der Herz-Rhythmus-Massage begonnen. Es war ein purer Reflex um nicht tatenlos daneben zu stehen. Kurz darauf sind Ihre Kollegen eingetroffen und haben mich festgenommen.“

„Mhm…verstehe“, murmelte der Polizist. „Hatten Sie eine Affäre mit Agent McKnight?“

Shuichi sah ihn beinahe sprachlos an.

„Agent Akai, Sie können auf die Frage antworten, müssen es aber nicht. Wenn Sie sich damit selbst belasten…“

„Ich kenne die Belehrung“, sagte Akai und sah Lieutenant Svenson an. „Ich habe keine Affäre mit Laura gehabt. Wie kommen Sie auf diese schwachsinnige Idee?“

„Die Fakten sprechen dafür“, begann er. „Wir haben natürlich auch das Handy von Agent McKnight geprüft und wissen daher, welche Nachrichten an Sie rausgingen. Anhand dieser hört es sich sehr nach Affäre an. Außerdem gab es diverse Termine im Kalender des Opfers mit ihnen. Abends.“

„Was?“

„Wenn man bedenkt, dass letzten Endes die Hochzeit abgesagt wurde, könnte man auf die Idee kommen, dass McKnight hinter allem steckte.“

Shuichi schlug mit der Faust auf den Tisch. „Jetzt passen Sie auf, was Sie sagen. Ich hatte keine Affäre mit Laura. Und sie hat sicher auch nicht dafür gesorgt, dass wir die Hochzeit absagen mussten. Sie war sogar erleichtert, als ich wieder mit Jodie zusammen kam. Laura hatte keinen Grund gegen die Hochzeit zu sein. Außerdem hat sie einen Freund.“

„Aha? Ich brauche den Namen.“

Shuichi verengte die Augen. „Stephan Palmer. Sie sollten jetzt aber nicht auf die Idee kommen, dass er etwas damit zu tun hat.“

„Was ich denke und nicht, überlassen Sie bitte mir“, entgegnete Svenson. „Die Fakten sprechen in diesem Moment leider gegen Sie. Und Sie wissen doch wie es ist, wir müssen jeder Spur nachgehen. So würden Sie es doch auch machen.“

Shuichi schnaubte. „Natürlich, aber mit mir verdächtigen Sie den Falschen. Soll ich Ihnen sagen, was ich glaube?“

„Das sagen alle, Agent Akai“, konterte der Polizist. „Nur zu, erzählen Sie uns Ihre Sicht der Dinge.“

„Ich glaube, dass es der gleiche Täter ist, der Masumi entführt hat“, fing Shuichi an. „Er ließ Zeit verstreichen um zu prüfen, ob wir ihn finden oder nicht. Jetzt, wo wir mit den Ermittlungen feststecken, hat er noch einmal zum Gegenschlag ausgeholt und hat sich Laura geholt. Ob sie sich kannten oder nicht, sei nun dahin gestellt. Vielleicht gab er sich als Vertreter, Postbote, Pizzabote oder als Nachbar aus. Er ermordete Laura und schickte mir die Nachricht. Wenn ich damit richtig liege, werden Sie keine Fingerspuren am Messer oder am Handy finden. Dann ließ er es so aussehen, als hätte ich Jodie schon seit längerem betrogen. Vielleicht wollte er auch, dass man Laura verdächtigt mit der Absage der Hochzeit zu tun zu haben. Eifersucht oder weil ich vor ihr vor den Traualter treten wollte. Mit Laura als Verdächtige und ihrem Tod würde der Fall sehr schnell geschlossen werden. Natürlich passte es auch, dass die Polizei kam, als ich bei Lauras Leiche war. Was das angeht, würde mich doch interessieren, wie Ihre Kollegen so schnell in der Wohnung sein konnten.“

„Das ist ein interessanter Aspekt“, sagte Lieutenant Martin. „Um etwa 10:45 Uhr erhielten wir einen Anruf von einer Frau. Sie erzählte, dass in der Wohnung unter ihr Gepolter stattfindet, aber keiner auf ihr Klingeln reagierte. Daraufhin wurden zwei unserer Männer entstand und fanden Sie dort.“

„Alle Anrufe werden aufgezeichnet“, begann Grayson ruhig. „Bitte lassen Sie uns das Band zukommen. Wir machen einen Abgleich ob es sich um die gleiche Frauenstimme handelt, die am Flughafen anrief. Außerdem werden wir diese Nachbarin besuchen.“

Dr. Blake räusperte sich. „Wie wir nun festgestellt haben, sind noch einige Punkte ungeklärt. Ich weise darauf hin, dass bei meinem Mandanten keine Fluchtgefahr besteht. Außerdem haben wir noch den Freund des Opfers. Es könnte sich sowohl um einen Racheakt gegen Agent Akai handelt oder um eine Eifersuchtstat. Solange wir nichts Genaues wissen, besteht kein Anlass für einen Haftbefehl oder für Untersuchungshaft“, sagte er.

„Das ist wahr. Wir haben keine Handhabe um Agent Akai hier festzusetzen. Unter diesen Umständen beenden wir die erste Befragung und werden den Fall an das FBI übergeben. Wie ich zu Beginn schon sagte, müssen wir in jede Befragung und jedes Meeting mit einbezogen werden“, sprach der Polizist.

„Natürlich“, nickte Dr. Blake. „Mein Mandant wird sich auch weiterhin kooperativ halten.“ Er stand auf. „Agent Grayson, Agent Akai, gehen wir.“

Grayson nickte und stand auf. „Komm.“

Gemeinsam verließen sie das Verhörzimmer. Shuichi hatte die Hände in seiner Hosentasche. „Weiß Stephan schon Bescheid?“

Grayson schüttelte den Kopf. „Wir haben ihn noch nicht erreicht. Und um ehrlich zu sein, lag unser Augenmerk erst einmal darauf, dich bei der Befragung zu unterstützen. Jodie wollte eigentlich auch dabei sein, aber wir haben ihr im Büro Aufgaben gegeben.“

Shuichi nickte. „Ist wohl auch besser so. Jodie hätte sich zu viel Sorgen gemacht…oder wäre auf Svenson los gegangen…“

„Agent Akai.“ Lieutenant Jenna Martin kam aus dem Verhörzimmer gelaufen.

Shuichi sah zu ihr. „Was gibt es denn?“, wollte er wissen.

„Ich wollte nur sagen, dass ich an deine Unschuld glaube“, begann sie. „Es sieht wirklich so aus, als würde dir jemand etwas Anhängen wollen. Ich werde das FBI auf jeden Fall so gut es geht bei den Ermittlungen unterstützen.“

Akai nickte. „Danke.“

„Lieutenant Martin, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Aber bei den aktuellen Umständen halte ich es für besser, wenn Sie Ihre Meinung nicht so offen kundtun. Andernfalls könnte man versuchen Ihnen Vertuschung zu unterstellen“, entgegnete Dr. Blake.

„Äh…“, murmelte die Polizistin. „So war das nicht gemeint. Ich wollte nur damit sagen, dass ich in der Vergangenheit bereits mit Agent Akai arbeiten durfte und ich nicht glaube, dass er seine Partnerin umbringen könnte.“

„Wurde zur Kenntnis genommen“, nickte Dr. Blake und sah die anderen Agenten an. „Gehen wir.“

Gerüchteküche

Es war sein persönlicher Albtraum. Zuerst die abgesagte Hochzeit und Masumis Entführung und jetzt der Mord an Laura. Was würde noch kommen? War seine Familie in Gefahr? Seine Freunde?

Shuichi ballte die Faust. Dass Lieutenant Svenson ihn von Anfang an nicht mochte, war ihm nicht neu, aber das Verhalten des Lieutenants während des Verhörs? Shuichi hatte die Feindseligkeit in den Worten seines Gegenübers genauestens vernommen. Kein Wunder, wenn man bedachte, dass das FBI dem NYPD alle Fälle vor der Nase wegschnappte. Aber was wollte der Polizist beweisen? Dass auch ein FBI Agent zu schlimmen Taten fähig war? Oder wollte er den Fall schnell abschließen, das Lob einheimsen und einen Unschuldigen hinter Gittern bringen?

Auch wenn er mittlerweile zu einem sehr guten Scharfschützen avancierte, hieß es nicht, dass ihm das Töten Spaß machte. Er verpasste einem Täter nur den Gnadenstoß, wenn die nationale Sicherheit bedroht oder die Menschen in Gefahr schwebten. Wenn es allerdings möglich war, machte er seine Gegner mit gezielten Schüssen auf Arm oder Bein kampfunfähig. Im Nahkampf hingegen setzte er auf seine Fähigkeiten im Jeet Kune do. Und dann gab es auch die Art von Täter, die er mit Worten zu Fall bringen konnte.

Aber seine eigene Partnerin ermorden? Nein, dazu wäre er nie in der Lage. Aber auch die Unterstellung, dass er eine Affäre mit Laura gehabt haben soll, nagte an ihm. Irgendwer hatte die Gegebenheiten so manipuliert, dass die Beweise gegen ihn sprachen. Aber er hätte genauso gedacht. Wäre er der ermittelnde Agent, hätte er sich selbst auch verdächtigt. Und dennoch war er während der ganzen Befragung ruhig geblieben. Das hatte er seiner Ausbildung zu verdanken. Wäre er direkt laut geworden oder ausfallend, hätte dies ein Zeichen seiner Schuld sein können. Blieb er hingegen bei dieser Beweislast ruhig, war dies ein Zeichen, dass er nichts zu befürchten hatte.

Und dennoch verstand er nicht, warum es ausgerechnet Laura getroffen hatte. Sie war immer mit ihrer Adresse vorsichtig und wenn sie mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause fuhr, stieg sie immer an einer anderen Haltestelle aus und lief die restlichen Meter nach Hause. Für den Weg zur Arbeit nahm sie entweder den Keller oder – wenn sie mit dem Wagen fuhr – die Tiefgarage. Glücklicherweise gab es dort mehrere Ein- und Ausgänge zu verschiedenen Wohnblöcken, sodass ihre richtige Adresse immer verschleiert blieb. Selbst als sie sich in der Vergangenheit mit Männern traf, ließ sie sich immer eine Straße vorher absetzen. Und auch Stephan hatte ihre eigentliche Adresse erst nach dem vierten Date erfahren. Es hätte noch Zufall aussehen können. Aber dafür waren die Beweise zu korrupt. Oder ging es von Anfang an um Laura?

Für diesen Moment spielte das alles keine Rolle mehr. Laura war tot und sie würde nicht wiederauferstehen. Und auch wenn er nichts damit zu tun hatte, fühlte er sich gedemütigt. Jemand hatte ihn die ganze Zeit über an der Nase herumgeführt und die Beweise absichtlich so manipuliert.

Akai schloss die Augen und ließ das Verhör noch einmal Revue passieren. Hätte er doch etwas Anderes sagen oder machen sollen? Hätte er selbst die Fragen stellen sollen? Er war sich nun nicht mehr so sicher und wollte nur noch eines. Ihren Mörder finden. Egal wie.

„Lief doch nicht so schlecht“, entgegnete Grayson und parkte den Wagen.

„Mhm…“, gab Akai murmelnd von sich. Nicht so schlecht konnte vieles bedeuten. Es hieß aber auch, dass es nicht unbedingt gut war. Aber Shuichi konnte nicht meckern. Ihm blieb die Untersuchungshaft erspart, aber wahrscheinlich würde er in der nächsten Zeit nicht mehr ermitteln dürfen. Und wie er das FBI einschätzte, würde ihm bald ein neuer Partner zugeteilt werden. Entweder jemand der neu war oder ein älterer Agent, der ihn auf Schritt und Tritt beobachten würde. Die nächsten Wochen und Monate würden anstrengend werden. Und trotzdem durfte er nicht den zweiten Verdächtigen vergessen. Stephan Palmer. Nur wegen ihm konnte er das NYPD als freier Mann verlassen. Ob Stephan bereits informiert und befragt wurde? Wie hatte er es aufgenommen? Wurde er mit der Idee der Affäre konfrontiert? Würde er jetzt die Schuld auf Shu schieben?

„Wir sind da.“

Shuichi öffnete die Augen. „Gut. Weißt du, ob Stephan schon informiert wurde?“

Grayson schüttelte den Kopf. „Wir haben ihn nicht erreicht und danach haben wir unser Augenmerk auf dein Verhör gelegt. Vielleicht konnte Jodie ihn erreichen.“

„Verstehe“, gab der Agent von sich. „Ich möchte mit ihm sprechen. Kannst du das organisieren?“

Grayson runzelte die Stirn. „Du weißt, dass das nicht geht. Sie würden euch Absprachen vorwerfen und…“ Der Agent seufzte. „Svenson hat Recht. Wenn wir den Fall bearbeiten, könnte man annehmen, dass wir dich einfach nur decken wollen. Deswegen bleibt der Fall auch erst einmal beim NYPD. Wir – also ich und dein Anwalt – werden bei jeder Befragung dabei sein. Das NYPD muss alle Informationen mit uns teilen. Ich weiß noch nicht, ob sie Stephan bereits informiert haben. Aber ich kann versuchen es in Erfahrung zu bringen. Und wenn wir Glück haben, lässt sich Svenson auf eine gemeinsame Befragung ein.“

Shuichi nickte. „Dachte ich mir…“ Akai blickte zu ihm. „Dafür, dass Laura tot ist, bist du sehr ruhig.“

„Ich muss schließlich funktionieren“, murmelte Grayson. „Ich kenne Laura schon seit so vielen Jahren und…wenn ich jetzt zu sehr daran denke…was passiert ist…“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist schwer…“

„Ja, das ist es“, sagte der andere Agent.

Grayson sah aus dem Fenster. Er brauchte einen Moment um sich wieder zu fangen. Er kannte Laura seit der Ausbildung in Quantico. Danach hatten sie sich aus den Augen verloren und Jahre später in der gleichen Niederlassung wieder getroffen. Und auch wenn sie selten an einem gemeinsamen Fall arbeiteten, trafen sie sich wieder regelmäßiger. Es waren keine Dates. Sie waren einfach nur gute Freunde. Die Verbandelung ihrer Partner vereinfachte es ungemein. Aber jetzt hatte er seine beste Freundin verloren. Doch es gab keine Zeit um zu trauern. Zumindest nicht jetzt. Wenn das FBI davon Wind bekam, würde man ihn abziehen. Deswegen musste er sich zusammenreißen. Er musste ihren Mörder finden und die Gerechtigkeit walten lassen. „Svenson ist ja kein Fan von dir“, murmelte Grayson. „Was hast du getan, dass er dich nicht leiden kann?“

Akai zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich das Übliche. Er ist sauer, weil ihm das FBI dauernd die Fälle wegschnappt und er sich nicht profilieren kann. Du weißt doch wie das ist, wenn man ganz neu irgendwo anfängt.“

Der Agent nickte. „Naja…dafür hast du bei der kleinen Martin einen Stein im Brett.“

„Scheint so. Sie hat vor einigen Jahren beim NYPD angefangen. Während ihres ersten Falles hatten wir auch das erste Mal miteinander zu tun. Ich hatte das Gefühl, dass sie froh über die Hilfe war und auch jetzt immer noch hofft, dass ihre Fälle vom FBI bearbeitet werden.“

„Ah…eine die am liebsten keinen Finger rühren würde…“

„Ich glaube eher, dass sie zu wenig Selbstbewusstsein hat und daher froh über die Unterstützung ist“, entgegnete der Agent. „Und sie schmückt sich nicht mit fremden Federn. Da kenn ich ganz andere Polizisten beim NYPD.“

„Mag sein…“ Grayson sah wieder aus dem Fenster. „Wir sollten jetzt rein. Jodie wartet schon in unserem Büro auf dich.“

Shuichi nickte. „Wie hat sie es aufgenommen?“

„Sie ist tapfer. Sie mag…mochte Laura und von ihrem Tod zu erfahren, war wie ein Schlag ins Gesicht. Aber das solltest du am besten selbst mit Jodie bereden“, antwortete er. „Allerdings…“

„Allerdings was?“ Shuichi wurde hellhörig.

Grayson räusperte sich. „Naja die Gerüchte über eine mögliche Affäre zwischen dir und Laura sind bis ins Büro gekommen. Einige Agenten glauben, dass das der Grund war, weswegen du die Hochzeit abgesagt hast. Einige haben Jodie schon ihr Mitleid ausgesprochen.“

Shuichi schluckte. „Jodie kennt mich. Sie glaubt den Gerüchten nicht.“ Er hoffte es. Allerdings hatte er vor Jahren wegen einer angeblich anderen Frau mit Jodie Schluss gemacht. Würde sie jetzt wieder an die Vergangenheit erinnert werden?

Grayson nickte. Die Gerüchteküche war bereits am Brodeln. Und auch wenn es die Agenten nie öffentlich zugeben würden, wusste Grayson, dass einige ihrem Kollegen nicht mehr trauen würden. Es würde somit nicht einfach werden und wenn sich die eigenen Leute gegen einen verschworen, hatte man ein echtes Problem. Aber das war Shuichi egal, Hauptsache Jodie kannte die Wahrheit.

„Gehen wir rein“, sagte Shuichi und löste den Sicherheitsgurt. Warten brachte nun auch nichts mehr. Shuichi öffnete die Wagentür und betrat wenige Minuten später das Erdgeschoss der New Yorker Niederlassung. Sofort spürte er den Blick der beiden Wachmänner und einiger Agenten auf sich. Auch wenn nichts funktionierte, der Buschfunk würde alles überdauern.

„Na komm, bringen wir den Check hinter uns“, sagte Grayson und legte seine Jacke und Dienstwaffe aufs Laufband, ehe er durch den großen Metalldetektor ging. Akai tat es ihm gleich. Der Spießrutenlauf hatte begonnen. Er ließ sich aber nicht einschüchtern und steckte die Waffe wieder zurück in das Holster und legte sich die Jacke über den Arm.

„Lass die nur gucken“, sprach Grayson und ging zu den Fahrstühlen. Shuichi folgte ihm schweigend. Er war froh, dass sie die einzigen Agenten waren, die gerade nach oben fuhren.

Mit einem mulmigen Gefühl und schnellen Schritten in der Magengegend ging Shuichi zum Büro von Jodie. Er atmete tief durch, ehe er die Räumlichkeiten betrat. Das Büro war leer. Keine Spur von seiner Freundin. Shuichi schluckte. Unweigerlich stieg die Angst in ihm auf. Wo war sie? Wenn sie nicht hier auf ihn wartete, war vielleicht etwas Passiert? Fiel auch sie dem Täter zum Opfer?

Der Agent schüttelte den Kopf. Nein! Das konnte einfach nicht sein. Es durfte nicht sein. Nicht sie auch noch. Als Grayson seine Hand auf seine Schulter legte, zuckte er für eine Sekunde zusammen. Er hatte den Agenten auf dem Flur abgehängt und gar nicht mehr mit ihm gerechnet. „Wenn Jodie nicht hier ist, ist sie sicher in deinem Büro“, sagte er ruhig.

Shuichi nickte. „Wahrscheinlich“, gab er von sich. „Ich mach mich auf den Weg dorthin. Kannst du bitte das mit Stephan prüfen?“, fügte er hinzu und marschierte sofort los. Seine Schritte waren schnell. Er lief beinahe zum Büro. Aber auch als er vor der Tür stand, ging er nicht rein. Lauras Namensschild zierte diese. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, dass es nicht mehr ihr gemeinsames Büro war. Es war seines. Nur noch seines. Solange bis ihm der neue Partner zugeteilt werden würde. Shuichi strich mit den Fingern über das Schild und seufzte. Er würde es als Erinnerung mitnehmen oder Grayson überlassen. Und er wusste, dass es lange dauern würde, bis diese Wunde verheilt war. Aber er war nicht alleine. Langsam öffnete er die Tür.

Jodie stand vor Lauras Schreibtisch. Sie wirkte wie ein Häufchen Elend und kämpfte mit den Tränen. Er erkannte, dass sie mit sich rang und versuchte ihre Emotionen zu unterdrücken. Sie tat ihr Bestes und doch fanden Tränen ihren Weg nach draußen. Jodie wischte sich diese schnell weg, als sie ihren Freund bemerkte.

Shuichi marschierte sofort auf sie zu. Jodie machte sich auf alles gefasst. Vielleicht würde er sie anmeckern oder schreien, weil sie nicht im anderen Büro war, vielleicht auch weil sie hier war. Jodie konnte seine Reaktion nicht abschätzen. Es war eine Ausnahmesituation. Wenige Sekunden später zog er sie in seine Arme und drückte sie an sich. Er hielt sie fest. Einfach nur fest. So fest, wie er es zuvor noch nie in seinem Leben getan hatte.

Jodie schluchzte. „Es tut mir so leid.“

Der Agent nickte. „Wir werden ihren Mörder finden“, sagte er leise.

„Ja…das müssen wir…“ Jodie schloss die Augen. „Wir stehen aber wieder am Anfang…unsere Listen…wir haben doch eigentlich jeden ausgeschlossen. Wie sollen wir den Täter finden? Wenn er nie Spuren hinterlässt…“ Die Agentin schluckte. „Das ist…nicht fair…warum Laura…sie hat doch keinem etwas getan…“

„Wir werden nicht aufgeben“, begann Shuichi. „Er wird einen Fehler machen. Früher oder später. Du kennst die Statistiken. Er hat zweimal agiert ohne einen Hinweis zu hinterlassen. Bald wird er übermütig werden und sich verraten.“

„Ja…bestimmt…“, murmelte Jodie. Aber in Wahrheit glaubten sie Beide nicht daran.

Grayson kam in das Büro gestürzt. „Sie haben Stephan gefunden.“

Akai sah zu dem Agenten. „Ist ihm was passiert?“, wollte er wissen.

Grayson schüttelte den Kopf. „Er war auf dem Weg zum Flughafen…sie gehen von Fluchtgefahr aus und haben ihn in Untersuchungshaft gebracht.“

Stephan

Zusammen mit Jodie betrat Grayson das Büro von Lieutenant Svenson. Grayson sah sich um. Das Büro passte zu Svenson. Trist und kühl. Nicht einmal ein Foto stand auf seinem Schreibtisch. Der zweite Schreibtisch war unbesetzt, aber mit zwei Bilderrahmen ausgestattet. „Lieutenant“, grüßte er den Mann und reichte ihm die Hand. „Ich habe wirklich nicht erwartet, dass wir heute noch einmal aufeinander treffen werden.“

Der Polizist stand auf. „Ich muss ehrlich zugeben, dass ich heute noch mit Ihnen gerechnet habe. Setzen Sie sich doch“, sagte er und wies auf den Platz vor seinem Schreibtisch. „Ich hol Ihnen Jennas Stuhl, solange sie nicht da ist.“

„Das kann ich auch machen“, sagte Jodie und ging zum leeren Schreibtisch. Sie beneidete die Ordnung auf diesem. Kurz ließ sie den Blick über die beiden Bilder schweifen. Eines zeigte wohl Jennas Mutter und das andere ihren Vater. Jodie lächelte leicht und schob den Stuhl vor Svensons Schreibtisch.

„Es wundert mich, dass Agent Akai nicht mitgekommen ist“, gab Svenson von sich. „Oder weiß er nichts hiervon?“

„Wir hielten es für besser, wenn er im Büro bleibt“, antwortete Jodie ruhig. Leider war es nicht so einfach wie gedacht, aber sie mussten funktionieren. Für Laura.

Shuichi ballte die Faust. Mord. Fluchtgefahr. Mord und Fluchtgefahr. Bei jedem anderen Verdächtigen hätte er diese Indizien als ein eindeutiges Zeichen identifiziert, aber bei Stephan? Er kannte den Bewährungshelfer seit Jahren und würde seine Hand für ihn ins Feuer legen. Stephan war alles, aber nicht gewalttätig. Und er machte seinen Job gut. Egal was war, Stephan blieb immer ruhig oder hatte einen lustigen Spruch auf Lager.

Shuichi ahnte, dass mehr hier Lauras Mord steckte. Ein Plan, den er noch nicht durchschaute. Und langsam lief ihnen die Zeit davon. Wenn es in diesem Tempo so weiter ging, würde er noch mehr Menschen in seinem Umfeld verlieren, ohne auch nur eine Idee zu haben, wer gegen ihn agierte. Der FBI Agent brodelte innerlich. Und er konnte – durfte – nichts tun. Vieles hätte nur gegen ihn gesprochen und ihrem Gegner in die Karten gespielt.

„Der Fall hat sich damit verhärtet“, entgegnete Grayson. „Ich werde gleich zur Befragung von Stephan zum NYPD fahren.“

„Ich komme mit.“

Grayson seufzte. „Akai, das hatten wir doch schon“, fing er an. „Wir werden nichts machen wodurch uns der Fall um die Ohren fliegt. Aus diesem Grund wirst du hier bleiben.“

Shuichi verengte die Augen. „Da nahmen wir noch an, dass Stephan bei einem ehemaligen Häftling ist. Aber jetzt wurde er wegen Fluchtgefahr verhaftet. Willst du, dass das NYPD Stephan für etwas Verurteilt, was er nicht getan hat? Du hast Svenson selbst erlebt. Wenn er sich auf einen Verdächtigen eingeschossen hat, versucht er alles um ein Geständnis zu bekommen. Und wenn es nach ihm geht, bin ich immer noch der Täter. Aber ich komm mit diesen Anschuldigungen klar. Wer weiß, wie sich Stephan dabei fühlt. Vielleicht gesteht er etwas, was er gar nicht getan hat.“

„Ich weiß und ich werde darauf achten, dass man Stephan nichts anhängt.“ Grayson seufzte. „Gut, ich mach dir einen Gegenvorschlag, weil du eh nicht locker lassen wirst. Du bleibst hier und ich nehme Jodie mit.“

Shuichi grummelte. „In Ordnung“, stimmte er widerwillig zu. Dennoch würde er nicht die ganze Zeit still rumsitzen.

Grayson sah zu Jodie. „Bist du soweit?“

„Ja, das versteh ich. Wo haben Sie denn Jenna gelassen?“, wollte der Polizist wissen.

„Was meinen Sie?“, wollte Grayson wissen und nahm Platz.

„Ich habe Jenna vor ungefähr zwanzig Minuten gebeten Ihnen Bescheid zu geben. Wir haben Stephan Palmer verhaftet.“ Svenson beobachtete die Reaktion der Agenten. „Sie haben die Information nicht von ihr?“

„Haben wir nicht.“ Grayson verschränkte die Arme. „Wie Sie wissen, sind wir mit Agent McKnight und Mr. Palmer seit Jahren befreundet und haben die ein oder anderen Fälle gemeinsam gelöst. Ich versichere Ihnen allerdings, dass wir den Mord an Agent McKnight rein objektiv betrachten und nichts tun werden, was die Ermittlungen irgendwie gefährden könnte.“

Svenson nickte. „Das setze ich natürlich voraus, Agent Grayson. Außerdem hat mich Ihr Vorgesetzter, Agent Black, ebenfalls darüber in Kenntnis gesetzt. Ich verstehe auch, dass Sie uns bei den Ermittlungen unterstützen wollen. Würde Jenna etwas Passieren, hätte ich auch nicht so einfach locker gelassen. Aber Sie müssen verstehen, dass Sie hier nur die zweite Geige spielen. Außerdem frage ich mich, warum Sie es jetzt gerade noch so betonen.“

„Ich wollte nur, dass wir alle auf dem gleichen Stand sind. Sie müssen sich wegen uns keine Sorgen machen.“

„Gut“, nickte der Polizist. „Und woher wissen Sie, dass wir Palmer verhaftet haben?“

„Wir haben ein paar Agenten zur Wohnung und zum Büro von Palmer geschickt. Unsere Leute haben die Verhaftung gesehen und uns unverzüglich informiert.“

„Verstehe. Das FBI hat wirklich überall Augen und Ohren…dabei hielt ich das CIA für den Spitzenreiter darin…“, murmelte der Lieutenant. „Ich muss Ihnen sicher nicht sagen, dass ich kein Fan vom FBI und seinen Agenten bin, aber Ihr Verlust tut mir wirklich leid.“

„Danke“, antwortete Jodie ruhig. „Wir möchten gerne dabei sein, wenn Stephan vom Tod seiner Freundin erfährt. Ich würde vorschlagen, dass ich ihm die Nachricht mitteile.“

„Das könnte schwer werden…“, gab Svenson zu.

„Wieso?“

„Bei seiner Verhaftung wurde der Mord an Laura McKnight erwähnt.“

„Was?“ Grayson wurde etwas lauter. „Wieso haben Sie Ihre Kollegen nicht angewiesen, sich angemessen zu verhalten?“ Der Agent schüttelte fassungslos den Kopf. Hatte er es nur mit Stümpern und Besserwissern zu tun?

„Armer Stephan“, murmelte Jodie leise. Sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie es ihm den Boden unter den Füßen wegzog.

„Selbstverständlich haben wir unsere Leute nicht wegen einer Verhaftung zu Mr. Palmer geschickt. Sie sollten ihn nur zur Befragung abholen. Vor Ort hätte ich ihm vom Mord erzählt und seine Mimik beobachtet. Allerdings kam Mr. Palmer mit einem Koffer und einem Flugticket in der Hand aus seiner Wohnung. Daraufhin haben unsere Leute ordnungsgemäß gehandelt. Laut meinen Kollegen hat er auf dem Weg hierher ihren Namen geschluchzt und sich problemlos abführen lassen. Auf die Frage nach einem Anwalt haben wir keine Reaktion bekommen, deswegen wird ihm ein Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt.“

„Wir kümmern uns um den Anwalt“, sagte Grayson.

„Das Flugticket muss einen anderen Grund haben“, kam es von Jodie.

„Atlanta…zwei Tage. Sie kennen das ja, ein Rückflug muss nichts heißen. Es könnte nur eine Fassade sein.“

„Lieutenant Svenson“, fing Grayson an. „Machen Sie es sich nicht ein wenig zu leicht? Zuerst haben Sie Agent Akai des Mordes bezichtigt und jetzt wollen Sie Mr. Palmer zum Sündenbock machen. So ermittelt man nicht.“

„Sie wollen mir erzählen, wie man ermittelt? Was ist denn mit Ihnen? Ich habe meine Hausaufgaben auch gemacht. Vor Jahren hat Agent Starling an einem Fall ermittelt, bei dem seine Tochter involviert war. Jahre später wurde Agent Starling – Jodie – angeschossen und Agent Akai, ihr damaliger Ex-Freund, durfte ermitteln. Jetzt ermittelt Jodie Starling in einem Fall, bei dem ihr Freund, Tschuldigung Verlobter, involviert ist. Und Sie, Agent Grayson, waren mit der Ermordeten ebenfalls befreundet. Wenn das nicht Befangenheit ist, dann weiß ich auch nicht.“ Er räusperte sich. „Meine Ermittlungen hingegen belaufen sich auf Indizien oder Beweise. Agent Akai war nun einmal bei der Ermordeten und Mr. Palmer will am Tag ihres Mordes verreisen. Finden Sie das nicht sehr merkwürdig?“

„Vielleicht ist es ja doch Zufall oder eine Falle gewesen“, erwiderte Jodie. „Vergessen Sie bitte nicht, dass Masumi entführt wurde, um zu verhindern, dass wir heiraten. Und jetzt wird Laura ermordet, damit Shuichi in den Vordergrund rückt. Wenn Sie mich fragen, stinkt das sehr.“

„Möglich. Oder es wurde inszeniert, damit Agent Akai einen Grund hat, um Sie nicht heiraten zu müssen. Sie arbeiten doch in Schichten? Woher wissen Sie, dass Sie die einzige sind mit der er das Bett teilt.“

Ehe Jodie sich versah, war sie automatisch aufgestanden und hatte dem Polizisten eine schallende Ohrfeige verpasst. Wie in Trance sah sie auf ihre Hand. Sie wusste, dass sie nun einen Fehler begangen hatte.

„Das geht jetzt hier zu weit“, kam es von Grayson.

„Danke, Agent Grayson, wenigstens einer der Agent Starlings Aktion nicht gut heißt.“

„Damit habe ich Sie gemeint, Lieutenant.“ Grayson sah zu Jodie. „Mach dir keine Sorgen. Der Lieutenant wird dich sicher nicht melden. Ansonsten müsste er zugeben, dass er dich absichtlich provoziert hat.“

Svenson schnaubte. „Setzen Sie sich, Agent Starling.“

Jodie sah ihn an. Sie wollte sich Entschuldigen, weil es zum guten Ton gehörte, aber kein Wort kam über ihre Lippen. Stattdessen nahm sie wieder Platz.

„Nun, ich denke wir werden diese Differenzen nicht überwinden.“ Svenson sah die Agenten an. „Wenn Sie den Anwalt hierher bestellt haben, können Sie mich gerne zur Befragung von Mr. Palmer begleiten.“
 

Jodie sah Stephan mit einem mulmigen Gefühl an. Sie, Grayson und Svenson saßen auf der einen Seite des Tisches. Stephan und Dr. Hartmann – sein Anwalt - auf der Anderen. „Stephan“, fing Jodie leise an.

Der Angesprochene sah nach oben. Sein Blick war leer.

„Dies ist eine offizielle Befragung. Du wurdest verhaftet und deswegen…kann alles was du jetzt sagst…vor Gericht gegen dich…verwendet werden. Wir haben Dr. Hartmann engagiert. Wenn du möchtest…kannst du dich mit ihm vorab noch besprechen.“

Stephan reagierte nicht.

Jodie schluckte. „Ich hab schon gehört, dass du weißt, was passiert ist. Ich wünschte…du hättest es auf andere Art und Weise erfahren“, sagte sie. „Es tut mir so leid. Laura ist…war ein großartiger Mensch. Das hat sie nicht verdient...“

Stephan nickte.

Grayson sah den Befragten an. „Stephan? Sie sagen, du warst mit einem Koffer unterwegs.“

Er nickte erneut.

„Deswegen haben sie dich verhaftet. Sie glaubten, dass du fliehen wolltest. Kannst du uns sagen, was du vorgehabt hast?“, wollte der Agent wissen.

„Ich…“, wisperte der Bewährungshelfer leise und brach ab.

„Ich weiß, es ist schwer. Nimm dir alle Zeit der Welt.“

„Ich…ich…sollte heute für…Mike zu einer Weiterbildung…nach Atlanta fliegen. Er ist krank…geworden und ich…sollte ihn vertreten“, murmelte Stephan leise. „Mein Chef weiß Bescheid…Er wird…es bestätigen…“ Stephan kämpfte mit seinen Tränen und Emotionen.

Jodie sah zu Svenson.

„Ich prüfe das.“

„Hast du…warst du heute bei Laura?“, fragte Jodie.

Stephan nickte. „Wir wollten…heute Abend ins Kino. Aber da ich erst…am Morgen von meiner Reise erfuhr, wollte ich mit…ihr…persönlich sprechen.“ Er schluckte. „Sie hat es verstanden und…betonte, dass unsere Arbeit immer höchste Priorität hat. Laura…wollte mich…in zwei Tagen vom Flughafen abholen. Ich habe…verneint…sie sollte sich…am nächsten Tag frei…nehmen, damit wir…die Zeit miteinander…verbringen…“ Stephan schloss die Augen. Er dachte an seinen letzten Moment mit der Agentin.

„Stephan?“

„Ja?“

Laura legte die Arme um ihn und küsste ihn zum Abschied. „Ich vermiss dich schon jetzt.“

„Ich dich auch“, sagte er. „Aber es ist ja nicht für lange.“

Sie löste sich nickend von ihm.

„Bis dann“, sprach der Bewährungshelfer und öffnete die Tür. Er sah zu ihr und lächelte, ehe er ging.

Stephan schluckte. Bis dann Das waren seine letzten Worte zu ihr. Hätte er nicht wenigstens Ich liebe dich sagen können? Stephan begann zu schluchzen. „Laura…Laura…“

Es brach Jodie beinahe das Herz.

„Mr. Palmer, ich weiß, dass es schwer für Sie ist, aber wir müssen Ihnen weitere Fragen stellen. Wie Sie von meinen Kollegen bereits erfahren haben, wurde Ihre Freundin ermordet.“

„Laura…Laura….“

„Mr. Palmer!“

„Svenson, jetzt reißen Sie sich zusammen“, zischte Grayson. „Sie sehen doch, dass es ihm nicht gut geht.“

„Ich muss trotzdem die Vernehmung durchführen.“ Svenson grummelte. „Gut, wir machen eine Pause.“

„Laura…Laura…“

Jodie legte ihre Hand auf die Hand von Stephan. „Stephan“, fing sie ruhig an. „Ich weiß, es ist sehr schwer, aber…wir müssen dir Fragen stellen, damit wir…Lauras Mörder finden können.“

Der Gefragte nickte schluchzend.

„Stephan, als du bei Laura warst…habt ihr gestritten?“

Er schüttelte den Kopf.

„Stephan“, begann Grayson behutsam. „Das NYPD verdächtigt ebenfalls Akai. Er hat die Lei…er hat Laura gefunden und erste Hilfe geleistet. Aber es war leider schon zu spät.“

„Musste…musste sie leiden?“, fragte er leise.

Grayson sah zu Svenson. „Nein“, log dieser. „Es ging alles sehr schnell. Mr. Palmer, natürlich verstehe ich, wie schwer das für sie ist, aber ich muss noch diese eine Frage stellen. Danach unterbrechen wir die Befragung, in Ordnung?“

Der Gefragte nickte.

„Können Sie sich vorstellen, dass Agent McKnight eine Affäre mit Agent Akai hatte?“

Stephan sah den Polizisten geschockt an. „Was reden Sie denn da?“, wollte er wissen. „Laura ist keine Schlampe. Shuichi ist nur ihr…Arbeitskollege…und ein Freund…“, schluchzte er. „Ich wollte…sie heiraten…ich hab…den Ring schon…Laura…oh Laura…Laura…“

Entlastung

Auf Wunsch von Stephan wurde die Befragung doch noch fortgeführt. Allerdings brachte sie keine neuen Hinweise zur Lösung des Falles. Während der Anwalt die Formalitäten zur Entlassung aus der Untersuchungshaft regelte, zogen sich die beiden Agenten und der Lieutenant zur Auswertung wieder in das Büro zurück.

„Ihre Kollegin ist aber lange weg“, murmelte Jodie.

„Jenna arbeitet nicht nur an diesem Fall“, antwortete Svenson und setzte sich. „Bitte, tun Sie sich keinen Zwang an.“

Jodie nickte und nahm Platz. „Glauben Sie noch immer, dass Stephan den Mord begangen haben soll?“, wollte die Agentin wissen.

Svenson entsperrte seinen Computer und öffnete die Datensammlung des Falles. Nachdenklich runzelte er die Stirn und seufzte. „Ich kann verstehen, dass Sie den Fall schnell zum Abschluss bringen wollen…“

„Darum geht es doch nicht“, warf Jodie sofort ein.

„Ich denke, wir können festhalten, dass Mr. Palmer keinen Grund gehabt hat, warum er seine Freundin hätte umbringen wollen“, kam es von Grayson.

„Reine Spekulation“, antwortete Svenson. „Aber wir werden ihn aus der Untersuchungshaft entlassen, da sein Vorgesetzter mittlerweile die kurzfristige Weiterbildung bestätigt hat. Dennoch möchte ich Mr. Palmer noch nicht gänzlich als Täter ausschließen. Vielleicht hat er den Plan bereits eher gefasst, aber noch keine Möglichkeit gehabt ihn auszuführen. Dann hätte sich die kurzfristige Weiterbildung auf zweierlei Weise gelohnt. Aber wer spontan handelt, macht auch Fehler.“

Jodie seufzte. „Sie werden schon bald feststellen, dass er nichts mit dem Mord an Laura zu tun hat. Und ich gebe Ihnen einen Rat, Lieutenant, beißen Sie sich nicht andauernd an einem Täter so fest. Wenn Sie mich fragen, übersehen wir etwas. Auch wenn wir noch keinen weiteren Verdächtigen haben, es gibt ihn…und irgendwann wird er einen Fehler machen.“

Agent Grayson nickte. „Wir werden nachher im Büro die Liste aller potentiellen Verdächtigen noch einmal durchgehen und diese um Agent McKnights Fälle erweitern. Auch wenn ich von keinem Zufall ausgehe, möchte ich, dass wir uns diese Option offen halten.“

„Du meinst, dass die Tat nichts mit der Entführung von Masumi zu tun hat?“

„Ja, wie gesagt, ich möchte es nicht jetzt schon ausschließen.“ Grayson sah zu Svenson. „Bitte lassen Sie uns noch einmal alle Informationen und vor allem die neuen Ergebnisse der Spurensicherung durchgehen.“

„Wie Sie wollen“, fing Svenson an. „Allerdings ist dies in meinen Augen nur Zeitverschwendung.“ Der Lieutenant klickte die erste Datei in seinem Computer an. „Fangen wir mit Mr. Palmer an. Gegen 9:15 Uhr besuchte er das Opfer in dessen Wohnung. Er teilte ihr mit, dass er zwei Tage auf einer Weiterbildung in Atlanta sei. Damit musste er auch ihre abendliche Verabredung absagen. Laut Mr. Palmer soll dies kein Problem für Agent McKnight gewesen sein. Gegen 9:35 Uhr verabschiedete er sich von seiner Freundin und fuhr in sein Büro. Angekommen ist er um kurz nach zehn Uhr und blieb bis zur Mittagspause. Danach fuhr er nach Hause und packte seinen Koffer. Gegen 14 Uhr wurde Mr. Palmer vor seiner Wohnung aufgegriffen und ins Präsidium gebracht.“ Lieutenant Svenson blickte Grayson an.

„Fahren Sie bitte fort.“

„Ich mache weiter mit Agent Akai“, sagte er und rief die Datei mit der Niederschrift seiner Vernehmung auf. „Agent Akai gab an, dass er bereits seit acht Uhr morgens im Büro tätig war. Diese Aussage wurde durch seine Freundin, Agent Jodie Starling, bestätigt. Die Wege des Paares trennten sich an ihren Bürotüren. In der Zeit von acht bis zehn Uhr arbeitete Agent Akai an einem anderen Fall. Um genauer zu sein, an dem Fall zur Entführung seiner Schwester während seiner Hochzeit. Um zehn Uhr fand eine Besprechung statt. An dieser sollte auch Agent McKnight teilnehmen. Da sie nicht erschienen war, wurde sie 20 bis 25 Minuten später beendet. Daraufhin nahm Agent Akai schriftlich Kontakt zu ihr auf. Einige Minuten später schrieb ihm Agent McKnight eine recht eindeutige Nachricht. Er wählte ihre Nummer, doch sie ging nicht ran. Aus diesem Grund fuhr Agent Akai zu der Wohnung des Opfers. Er gab an, dass die Haustür offen war, woraufhin er seine Dienstwaffe zückte und die Räume sicherte. Als er Agent McKnight im Wohnzimmer fand, leistete er Erste-Hilfe-Maßnahmen und wurde kurz darauf von zwei Polizisten verhaftet.“

„Wo ist das Handy von Agent McKnight?“, wollte Grayson wissen.

„Befand sich neben ihr und wurde der Spurensicherung übergeben. Auf dem Handy finden sich Kalendereinträge von Treffen mit Agent Akai.“

„Ach ja?“, fing Grayson an. „Woran machen Sie das fest?“

Lieutenant Svenson öffnete eine weitere Datei. „Wir haben ein Foto der Einträge. Hier, sehen Sie selbst, einmal die Woche zu unterschiedlichen Zeiten Treffen Ak.. Das ist doch eindeutig.“

Jodie schüttelte seufzend den Kopf. „Von den Uhrzeiten würde ich schätze ich, dass Laura damit die Treffen mit Dr. Akiel gemeint hat.“

Svenson sah sie überrascht an. „Dr. Akiel?“

„Sie ist…Therapeutin und kümmert sich seit Jahren um FBI Agenten. Lieutenant, Sie wissen nicht, was wir alles sehen müssen. Viele von uns sind in Behandlung oder reden sich einfach nur ihre Probleme, Sorgen und Ängste von der Seele. Deswegen gehen wir zu Dr. Akiel.“

„Oh“, murmelte der Polizist.

„Sie können ja bei Dr. Akiel nachfragen. Ich nehme an, dass damit Ihre Unterstellung der Affäre von Shu und Laura nun nicht mehr haltbar ist. Was mich allerdings auch wundert, ist die Tatsache, dass die Polizei so schnell vor Ort gewesen ist.“

„Es dauerte knapp 20 Minuten ehe unsere Leute dort waren. Das würde ich nicht als so schnell bezeichnen“, entgegnete Svenson.

„Wann wurde die Polizei gerufen und von wem?“

Svenson öffnete die nächste Datei. „Um etwa 10:45 Uhr erhielt die Zentrale einen Anruf von einer Nachbarin. Sie gab an, dass in der Wohnung unter ihr lautes Gepolter stattfand. Sie sei schon dort gewesen, aber niemand hätte auf ihr Klingeln reagiert. Aus dem Grund wurden zwei Kollegen entsandt.“

Jodie runzelte die Stirn. „Finden Sie das nicht merkwürdig? Die Besprechung ging bis etwa 10:30 Uhr. Selbst wenn Shu direkt danach die Nachricht an Laura geschrieben hat, die Antwort bekam und dann los fuhr, kann er nicht vor 11 Uhr bei ihr gewesen sein. Das heißt aber auch, dass er die Tat nicht begangen hat.“

„Das kommt auf die Sichtweise an“, fing Svenson an. „Wir nehmen an, dass Agent Akai zurück in das Büro gegangen ist. Wenn er direkt nach der Besprechung zu seinem Wagen lief und los fuhr, kann er um 10:45 Uhr bei Agent McKnight gewesen sein. Und die Nachricht schrieb er nur zur Tarnung.“

„Was nur Ihre Mutmaßungen sind, Lieutenant“, kam es von Grayson.

„Genau so, wie alle Aussagen. Es gibt keine Zeugen“, konterte der Polizist.

Grayson grummelte. „Was ist mit der Tür? Konnte die Spurensicherung etwas finden?“

„Leider nicht. Es war kein Einbruch. Das lässt darauf schließen, dass Agent McKnight den Täter kannte“, antwortete Svenson.

„Oder das er sie in einem günstigen Moment abgepasst hat.“

„Wie meinen Sie das?“

„Wenn ich die Wohnung verlasse, schaue ich nicht durch den Türspion ob jemand draußen steht. Ich nehme meine Jacke und die Handtasche, öffne die Tür und gehe raus. Unser unbekannter Täter könnte diesen Moment ausgenutzt haben. Wenn er sich rechtzeitig gegen die Tür drückt, hätte er Laura attackieren können.“

Svenson überlegte. „Mhm…möglich…aber warum hat sie dann nicht um Hilfe gerufen?“

„Vielleicht konnte sie es nicht? Oder sie wusste, dass dann die Nachbarn kämen und der Täter einen von ihnen niederstechen würde“, antwortete Jodie. „Hat die Nachbarin in der Befragung noch etwas gesagt, außer, dass sie Gepolter hörte?“

Der Polizist schüttelte den Kopf. „Um ehrlich zu sein, konnten wir die Nachbarin nicht finden. Unsere Leute haben jeden Bewohner des Miethauses befragt, aber keiner hat angerufen. Für solche Fälle haben wir eine automatische Rückverfolgung…allerdings wurde der Anruf aus der Telefonzelle in der Nähe getätigt. Dort Spuren zu nehmen macht keinen Sinn.“

„Und dann glauben Sie dieser Aussage?“, fragte Jodie nach. „Haben Sie wenigstens die Tonbandaufnahme mit der Aufnahme von Masumis Entführung abgeglichen?“

„Agent Starling, wir gehen jedem Hinweis nach“, antwortete Svenson ernst. „Viele Frauen möchten nicht, dass ihr Anruf zurückverfolgt wird und suchen sich daher Schutz an anderen Orten während des Telefonats. Um auf Ihre Frage zurück zu kommen: Ja, wir haben die Aufnahmen verglichen und keine Übereinstimmung gefunden.“

„Mhm…“, murmelte Jodie. „Und die Tatwaffe?“

„Wie erwartet, keine Fingerabrücke.“

„Haben Sie ein Tuch oder Handschuhe gefunden?“, wollte Grayson wissen.

„Nein“, gab Svenson zu. „Bei der Durchsuchung von Agent Akai fanden wir nur ein unbenutztes Paar in seiner Jackentasche.“

„Wie Sie wissen, ist das kein Beweis. Jeder Agent und Polizist trägt mindestens ein paar Handschuhe bei sich. Wenn es nicht benutzt war, zeigt es, dass Agent Akai kaum die Tat begangen haben kann“, sagte Grayson.

„Außer er hatte ein zweites Paar dabei und hat dieses entsorgt. Fenster…Toilettenschüssel…es gibt viele Möglichkeiten.“

Jodie verengte die Augen. „Fuhren Ihre Leute mit Blaulicht zu der Wohnung?“

„Nein“, antwortete Svenson. „Es wurde von häuslicher Gewalt ausgegangen. Daher ist kein Blaulicht nötig.“

„Und mit diesen Indizien glauben Sie noch immer, dass Shu der Täter ist?“, wollte die Agentin wissen. „Nehmen wir es doch kurz einmal an. Shu fährt nach der Besprechung zu Laura und bringt sie um. Er trägt dabei Handschuhe und ist vorsichtig keine Spuren zu hinterlassen. Und dann taucht die Polizei auf. Wie hätte er in diesem geringen Zeitfenster die Handschuhe oder das Tuch entsorgen können? Und wo sind die Blutspritzer auf seiner Kleidung gewesen? Sicher wird er welche gehabt haben, die von den Erste-Hilfe-Maßnahmen kamen. Aber ich bin sicher, dass der Forensiker anhand der Art und Weise der Flecken eindeutig belegen wird, dass sie nicht von einer Tat herrühren. Und Sie wollen mir allen Ernstes immer noch sagen, dass Sie Shu für den Täter halten?“

„Nicht zu vergessen den Zeitraum wo keiner etwas von Agent McKnight hörte“, fügte Grayson an. „Sie war immer zuverlässig und hätte sich gemeldet, wenn etwas dazwischen gekommen wäre. Deswegen vermute ich, dass sie sich gerade auf den Weg machen wollte, als das Unglück passierte. In diesem Zeitraum kann Agent Akai gar nicht der Täter gewesen sein. Und wenn Sie uns nicht glauben, fragen Sie doch die Sicherheitsbeamten aus dem Büro. Sie wissen doch, dass jeder Agent und jeder Besucher vorab durchleuchtet und registriert wird. Wäre Agent Akai zwischenzeitlich weg gewesen, wäre das aufgefallen.“

Lieutenant Svenson biss sich auf die Unterlippe. Die beiden Agenten hatten Recht. Es gab viele Ungereimtheiten und absichtliche Hinweise. Und jetzt ließ er sich auch noch von Beiden vorführen. Er ballte die Faust. „Das hört sich in der Theorie ja alles sehr gut an. Aber wer sagt uns, dass Mr. Palmer und Agent Akai nicht zusammen gearbeitet haben?“

Jodie verdrehte die Augen. „Sie wollen die Sache unbedingt Shu anhängen“, murmelte sie.

„Nur wenn er auch tatsächlich der Täter ist.“ Svenson sah auf seinen Computer. „Einen Moment.“ Er rief die eingegangene Nachricht auf und lud die Bilder auf seinen Desktop. Schnell klickte er sie durch und verschob eines sofort in den Papierordner. „Sie haben Glück“, begann er wieder. „Bei der Befragung der Bewohner fanden wir heraus, dass die Tochter eines Mieters im Nebengebäude Fotos für ihren Internet-Account gemacht hat.“

Jodie wurde hellhörig. „Ich hoffe, Sie haben diese beantragt.“

„Natürlich“, nickte Svenson. „Und gerade erhalten. Wenn Sie einmal rüber kommen würden.“ Er rief das erste Foto auf dem Bildschirm auf, während sich Jodie und Grayson hinter ihn stellten. Svenson klickte ein Bild nach dem anderen an.

„Stopp“, kam es von Jodie. „Da ist Stephan…um 9:14 Uhr.“

„Seine Aussage stimmt also“, murmelte Svenson und klickte weiter.

„Wenigstens zu etwas ist dieser Hype gut“, murmelte Grayson. „Ich hätte eigentlich angenommen, dass neun Uhr morgens zu früh für solche Mädchen ist.“

Svenson zuckte mit den Schultern. „Das Mädchen gab an, dass sie das Licht ausnutzen musste. Ein Foto kann ich noch verstehen…aber zwei Stunden lang fotografieren nur um das perfekte Bild zu bekommen…?“ Er schüttelte den Kopf.

„So ist eben die Generation“, entgegnete Jodie und sah wieder auf die Bilder. „9:38 Uhr, da geht Stephan gerade. Und beharren Sie noch immer darauf, dass er die Tat beging?“

„Es zeigt nur, dass er die Wohnung verließ. Vielleicht kam er wieder.“

„Ja, genau…nur um Shu die Nachricht zu schreiben…“, sagte Jodie genervt.

Lieutenant Svenson klickte weiter. „Ah, hier haben wir es. Die Ankunft von Agent Akai.“

„Und sehen Sie mal auf die Uhr. 10:54 Uhr“, fing Jodie an. „Da haben wir den Beweis, dass Shu unschuldig ist. Der Anruf kam um 10:45 Uhr, er kann sich also vorher nicht mit ihr gestritten haben.“

Svenson grummelte. „Gut, Agent Akai und Mr. Palmer zählen nun nicht mehr zu den Hauptverdächtigen.“

„Das möchten Sie doch bestimmt Agent Akai selbst mitteilen, nicht wahr?“, fragte Grayson.

„Auch wenn ich anderes zu tun habe…Aber ich tue Ihnen diesen Gefallen.“
 

Shuichi verließ Stunden später das Büro und ging nach hinten zu den Parkplätzen. Der Agent sah sich aufmerksam um und marschierte in eine Nebenstraße. „Ich dachte, Sie würden sichtbar parken, wo Sie mich doch extra hier her bestellt haben.“

„Es gab keinen freien Platz mehr“, antwortete sein Gegenüber und lehnte sich an die Wagentür.

„Von mir aus“, sprach Akai. „Was wollen Sie? Ich hab noch zu tun. Und Sie sollten auch weiter an die Arbeit gehen. Jodie und Grayson haben mich bereits über den aktuellen Ermittlungsstand aufgeklärt.“

„Ich wollte Ihnen nur persönlich sagen, dass Sie offiziell nicht mehr der Hauptverdächtige in meinem Fall sind.“ Er ging auf den Agenten zu. „Allerdings, weiß ich, dass Sie involviert sind und ich nicht auf Ihren Trick hereinfallen werde. Und dass Sie sie in die Sache mit hinein gezogen haben, werde ich Ihnen auch nicht verzeihen.“

Ehe sich Shuichi versah, spürte er einen stechenden Schmerz in seinem rechten Oberschenkel. Die warme Flüssigkeit breitete sich rasch aus. Shuichi ging auf die Knie und sah auf die Spritze. Das letzte was er sah, war das Grinsen im Gesicht von Lieutenant Svenson.

Bekenntnisse

Langsam öffnete Shuichi seine Augen. Sein Blick war verschwommen und er wollte sich seine Augen reiben, aber es ging nicht. Seine Arme waren nach hinten gedreht und durch Handschellen bewegungsunfähig fixiert. Shuichi spürte nicht nur die Lehne des Stuhls sondern auch den Pfahl an dem er gefesselt war, im Rücken.

Nach und nach realisierte der FBI Agent, was passiert war. Er hatte einen Moment nicht aufgepasst, einem Gesetzeshüter vertraut und befand sich nun in dieser misslichen Lage wieder. Nach und nach fühlte er sich wieder wacher und sah sich im Raum um. Er befand sich in einem Wohnzimmer. Die Wände bestanden aus Holz. Waldhütte, würde er tippen, aber sicher konnte er sich nicht sein. Shuichi verengte die Augen und suchte nach einer Lösung. Rechts von ihm befand sich ein Durchgang zum Nebenzimmer, geradeaus lag der Durchgang zur Küche und auf seiner linken Seite befand sich ein großes Fenster sowie eine Tür. Leider versperrte ihm die heruntergelassene Jalousie den Blick nach draußen. Shuichi konnte seine wahre Position nur erahnen.

Aber er war sich mehreren Punkten sicher: Um Hilfe rufen, wäre sinnlos. Er hatte zwar keinen Knebel im Mund - was hieß, dass keine Menschenseele in der Nähe war – aber er würde auch keine Energie verschwenden und sich Hoffnung auf Hilfe von außen machen. Der zweite Punkt war die Tatsache, dass Lieutenant Drake Svenson für alles verantwortlich war. Ein weiterer Verdacht machte sich in ihm breit.

Akai rüttelte an den Handschellen. Wenn er nur eine Haarnadel hätte oder sich wenigstens den Daumen auskugeln könnte, hätte er eine viel bessere Chance zum entkommen. Noch besser wäre natürlich ein Schlüssel. Auch wenn er nichts sagte, arbeitete er bereits an einem Plan um sich zu befreien.

„Versuchen Sie es erst gar nicht.“ Lieutenant Svenson kam aus der Küche und betrat den Wohnbereich.

„Damit kommen Sie nicht durch“, entgegnete der FBI Agent.

„Komisch, genau das gleiche wollte ich gerade zu Ihnen sagen.“ Svenson verschränkte die Arme. „Und ich würde Ihnen raten, nicht um Hilfe zu rufen. Wir sind hier in meinem kleinen Gartenhäuschen und das zu keiner saisonalen Zeit. Es wird Sie also keiner hören.“

Akai sah ihn an. „Sie sind doch krank.“

„Komisch, auch das wollte ich zu Ihnen sagen“, sprach der Polizist. „Wissen Sie, ich habe FBI Agenten noch nie sonderlich gemocht, aber die selbstverliebten, wie Sie es einer sind, kann ich erst Recht nicht leiden.“

„Aha.“

„Ach kommen Sie, Akai, geben Sie es doch einfach zu.“

Der Agent sah ihn fragend an. „Und was?“

Svenson schnaubte und dachte an sein Treffen mit Jenna zurück.

Jenna sah auf das ausgedruckte Foto auf ihrem Wohnzimmertisch. Sie schluckte. „Wo…woher hast du das?“, wollte sie leise wissen.

Lieutenant Svenson seufzte. „Wenn du vorhin nicht abgehauen wärst, hättest du mehr zum aktuellen Stand der Ermittlungen gewusst. Wir haben jemanden gefunden, der für sein Internetprofil viele Fotos geschossen hat. Die Fotos entlasten Akai, aber…“ Er sah auf das Bild. „…belasten dich. Wir haben weitere Bilder auf denen Stephan Palmer – der Freund des Opfers - das Wohnhaus betritt und wieder verlässt. Jenna…dich sieht man hier eindeutig beim Verlassen des Gebäudes um 9:45 Uhr.“

Die junge Polizistin sah ihren Kollegen an. „Und…was willst du…jetzt damit sagen?“

„Gegen 10:45 Uhr erhielten wir den Anruf in der Zentrale. Kann es sein, dass du angerufen hast?“, wollte er wissen.

„Drake…ich…“

„Bitte sag mir die Wahrheit, Jenna“, fing er an. „Hast du die Tat begangen?“

Jenna fing an zu weinen. „Es tut mir so leid…es tut mir so leid…Ich wollte das nicht…ich wollte das wirklich nicht…Drake…ich hatte…keine andere Wahl…“

Der Polizist seufzte ein weiteres Mal. „Jeder hat eine Wahl, Jenna. Du hast sie auch gehabt.“

Sie schüttelte den Kopf. „Du verstehst das nicht“, wisperte sie leise.

„Dann erklär es mir“, bat er. „Jenna…dir ist doch klar, dass ich das melden muss.“

„Bitte nicht…“, flehte die junge Frau. „Ich weiß, ich hab…einen Fehler gemacht, aber…ich…du verstehst das nicht, Drake, ich liebe ihn und…er…er empfindet auch etwas für mich. Das spüre ich.“

„Jenna.“

„Ich hab…das alles doch nur getan…damit wir zusammen sein können…“, flüsterte Jenna.

Svenson sah noch einmal auf das ausgedruckte Bild. Auch er hatte einen Fehler begangen und das Bild unterschlagen, um sie zur Rede zu stellen. Aber jetzt wusste er auch nicht weiter. Er musste sich an die Regeln halten, aber ihr Schmerz wurde sogleich zu seinem. Hätte er sich doch nie in sie verliebt.

Von Anfang an war ihm die gute Chemie zwischen Jenna und Akai aufgefallen. Nur deswegen hatte er sich direkt auf den Agenten eingeschossen. Aber jetzt wo er Gewissheit hatte, dass sie nie etwas für ihn selbst Empfinden würde, kam er sich lächerlich vor. Er würde seinen Fehler wieder gut machen und Jenna helfen. „Du…musst dich selbst stellen“, entgegnete der Polizist. „Vielleicht werden sie dann nicht so streng zu dir sein.“ Letzteres hoffte er wirklich.

Jenna weinte bitterlich. „Sie werden…mich wegsperren…verhaften und…in den Knast bringen…und den Schlüssel wegwerfen…Du verstehst das nicht…Drake. Es hat…bereits eher angefangen.“

Er sah sie überrascht an. „Jenna, was meinst du?“, wollte er wissen.

Sie hielt sich schützend die Hände vors Gesicht und reagierte nicht.

„Jenna…“, begann er. „Du machst dir…jetzt zu viel Sorgen. Natürlich ist das, was du getan hast kein Kavaliersdelikt, aber…wir müssen versuchen, dass deine Strafe so gering wie möglich ausfällt. Komm, wir fahren zum NYPD.“

Die Polizistin schüttelte den Kopf. „Bitte nicht…ich…ich nehm…ich nehm mir eine Auszeit…okay?“

„Jenna“, fing er leise an.

„Ich hab…ich wollte das nicht tun…aber ich musste…ich wollte doch nur…das wir endlich zusammen sein können. Bitte Drake…du musst mir glauben, ich bin kein schlechter Mensch“, kam es von der jungen Frau. Sie fiel ihm in die Arme.

„Das hab ich doch auch nicht behauptet“, antwortete Svenson und strich ihr sachte über den Rücken. „Erzähl mir einfach…was passiert ist, ja?“

Die junge Frau nickte. „Es ist schon einige Zeit her. Es war bei…meinem ersten Fall für das NYPD. Ich war noch neu und so verunsichert“, sagte sie. „Ich war aber so froh, dass der Fall mit vom FBI bearbeitet wird. So hab ich Akai kennen gelernt. Ich hab zu ihm aufgesehen und ihn bewundert. Dann hab ich…für ihn geschwärmt. Wir hatten ein paar Fälle…die knifflig waren. Und als es problematisch wurde, mussten wir uns beide abreagieren. Naja…so kam eines zum anderen…“

Svenson schluckte. „Du willst mir sagen…“

Sie nickte. „Wir haben damals miteinander geschlafen. Er hat aber sofort klar gemacht, dass er Jodie nicht verlässt und es nur ein Ausrutscher war…aber…es ist danach immer wieder passiert. Wir konnten…einfach nicht die Finger voneinander lassen…“

„Also doch eine Affäre“, murmelte der Polizist leise.

Jenna nickte. „Er hat mir nie Hoffnungen gemacht…und vor seiner Freundin konnte er alles verbergen. Das lernt man in der Ausbildung, sagte er. Und er betonte so oft, dass er seine Freundin nicht verlassen würde. Natürlich hab ich…mir dann doch Hoffnungen auf ihn gemacht und als der Tag der Hochzeit immer näher rückte…setzte ich alles auf eine Karte. Ich gestand ihm am Abend zuvor meine Liebe…und er gab an, meine Gefühle zu erwidern. Aber er würde seine Freundin nicht vor dem Altar stehen lassen…nicht einfach so…das hatte sie nicht verdient. Da fasste ich den Plan und…“ Sie schluckte. „Ja…ich hab die ganze Entführung inszeniert, um ihm einen Grund zu geben, sie zu verlassen. Ich hab es ihm dann später gesagt, aber…“

„Aber?“

Jenna krallte sich in sein Hemd. „Er meinte, es wäre zwar gut gewesen, um der Hochzeit zu entkommen, aber er könne jetzt nicht einfach so mit ihr Schluss machen. Deswegen trafen wir uns wieder heimlich.“ Sie schluchzte. „Seine Partnerin kam uns auf die Schliche. Er hatte solche Angst, dass sie Jodie die Wahrheit sagt. Also wollte ich mit ihr reden. Von Frau zu Frau.“ Jenna vergoss weitere Tränen. „Das eine führte zum anderen…wir stritten uns und…auf dem Tisch lag das Messer. Es war alles nur ein purer Reflex…auf einmal steckte das Messer in ihrem Bauch…ich wollte das doch nicht…und dann lag sie da…“, wisperte Jenna. „Ich hatte Angst…ich hatte so große Angst und bin…raus gelaufen…“

Der Polizist schluckte. Akai hätte sich nie für Jenna entschieden. Sie war nur sein Spielball. Etwas Spaß für Zwischendurch.

„Ich weiß…das hätte mir nicht passieren dürfen…ich bin Polizistin…ich muss Menschen schützen, aber…ich habe einen Fehler gemacht…ich wollte das nicht. Drake, bitte, du musst mir glauben, ich wollte das nicht. Als ich realisierte, was ich getan habe…hab ich sofort die Polizei informiert…aber es war zu spät…“

„Oh Jenna“, murmelte der Polizist.

„Ich…ich stelle mich…okay…aber ich brauch noch etwas Zeit…ich muss noch ein paar Sachen regeln…bitte lass mir noch etwas Zeit…ich verspreche es.“ Jenna schloss die Augen. „Ich wünschte…ich hätte mich nie in ihn verliebt…Dann hätte ich das alles…nicht getan.“

Der Polizist nickte nur. „Ja, ich weiß“, gab er leise von sich.

„Ich hab…ihm gesagt was ich getan hab…er war so enttäuscht“, murmelte die junge Frau. „Er hat sich…von mir distanziert und Schluss gemacht…“

„Es wird…alles wieder gut. Wir kriegen das hin und Akai wird seine Mitschuld zugeben. Er wird sich auch verantworten müssen. Er hat es zwar nicht…selbst getan, aber wir werden ihn nicht…einfach so davon kommen lassen. Er hat dich benutzt und dafür wird er seine gerechte Strafe bekommen. Dafür werde ich sorgen.“

„Oh bitte, ich weiß Bescheid. Jenna hat mir die ganze Wahrheit erzählt. Sie haben sie insgeheim dazu angestiftet die Hochzeit platzen zu lassen und dann fanden Sie heraus, dass Ihre Partnerin alles weiß. Auch das haben Sie Jenna gegenüber geäußert. Sie wussten, Sie würde versuchen Ihnen zu helfen. Und jetzt wo sie es getan hat, zeigen Sie ihr die kalte Schulter. Das hat sie nicht verdient.“

Akai sah ihn ernst an. „Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich habe Ihre Kollegin zu nichts angestiftet. Svenson, Sie sind ein guter Bursche, aber jetzt stehen Sie auf der falschen Seite. Sie müssen Jenna melden und wenn Sie mich jetzt frei lassen, werden Sie noch mit einem blauen Auge davon kommen.“

Der Polizist schüttelte den Kopf. „Sie wollen mich doch auch nur um den kleinen Finger wickeln. Vergessen Sie es. Ich kann selbst nicht leiden, was ich jetzt tue, aber es muss sein. Sie werden schon sehen, was Sie davon haben. Aber ich werde nicht zulassen, dass Jenna wegen Ihnen ins Gefängnis kommt.“ Svenson ging zur Tür.

„Dann müssen Sie Beweise fälschen“, kam es von dem Agenten. „Und so wie die Lage aktuell steht, werden Sie damit auffliegen.“

„Das brauch ich nicht“, sagte Svenson. „Jenna wird erzählen, was passiert ist. Und wir werden auf Körperverletzung plädieren.“

Shuichi sah ihn überrascht an. „Was auch immer Jenna Ihnen erzählt hat, Sie sollten es nicht glauben.“

„Wie Sie meinen. Ich komme nachher wieder. Bis dahin können Sie ja noch einmal überlegen, ob Sie Ihre Aussage nicht doch noch ändern wollen.“ Svensons verließ das Gartenhäuschen.
 

Nichtsdestotrotz versuchte der FBI Agent sich zu befreien. Er kam keinen Millimeter weiter. Weder der Pfahl noch der Stuhl gaben nach. Alle Geräte waren außerhalb seiner Reichweite. Wahrscheinlich hatte Svenson sein Handy irgendwo entsorgt, sodass er nicht einmal geortet werden konnte. Wie sehr wünschte er sich, noch einen anderen Peilsender dabei zu haben. Aber er gab die Hoffnung nicht auf. Irgendwann würden sie sein Verschwinden bemerken und nach ihm suchen. Er musste nur durchhalten und dafür sorgen, dass Svenson einen Fehler beging.

Stunden später ging die Tür zum Gartenhäuschen wieder auf. Na endlich, sagte er sich und war überrascht, als er seinen Gegenüber erblickte. „Jenna.“

Die Angesprochene sah zu ihm. „Hey…ich hab gehört, was Drake mit dir gemacht hat.“

Shuichi schwieg.

„Bist du sauer auf mich? Ich musste ihm schließlich etwas Erzählen.“

„Etwas? Etwas ist gut. Du hast ihm Lügengeschichten erzählt. Ich hätte wissen müssen, dass du dahinter steckst.“

Die Polizistin zuckte mit den Schultern. „Was kann ich dafür, wenn er darauf reinfällt? Es war einfach Drake zu manipulieren. Ich hab gewusst, dass er dich hierher bringt.“

„Er wird dich schon bald durchschaut haben“, entgegnete der Agent. „Langsam wirst du das Spielchen nicht durchhalten.“

„Das glaube ich kaum. Er ist tot.“ Jenna schmunzelte. „Jetzt brauch ich ihn eh nicht mehr. Und mit dir werde ich auch schon sehr bald abrechnen.“

„Wer bist du wirklich, Jenna?“, wollte der Agent wissen.

„Jetzt wird’s spannend. Aber du hast mich wirklich enttäuscht. Ich dachte, du würdest es selbst herausfinden“, sagte sie. „Der große Shuichi Akai hat meine wahre Identität nicht herausgefunden.“ Sie lachte. „Ich bin Scarlett Sullivan.“

Was wirklich geschah

„Ich bin Scarlett Sullivan.“

Diese Erkenntnis traf Shuichi wie ein Schlag. Ich bin Scarlett Sullivan. Jetzt endlich fügten sich alle Puzzleteile zusammen und ergaben ein Gesamtbild. Einen Sinn. Jenna – nein, Scarlett kannte sich gut mit den Abläufen der Polizei aus. Sie wusste, wie Ermittlungen funktionierten, wann das FBI hinzugeholt wurde oder wann man einen Fall auf Eis legte. Sie kannte sich gut genug aus um Beweise verschwinden oder die Ermittlungen in die Irre laufen zu lassen. Sie wusste, wodurch sie ein Alibi erhielt und bei wem sie aufpassen musste. Aber jetzt da sie ihr wahres Gesicht zeigte, war die Zeit gekommen. Der Showdown begann.

Shuichi verengte seine Augen. „Ich hätte wissen sollen, dass du dahinter steckst“, antwortete er.

„Hätte…hätte…Fahrradkette…“, gab sie von sich. „Und trotzdem bist du mir auf den Leim gegangen. Du hast keinen Moment daran gezweifelt, dass ich Jenna Martin bin und du hast dich sogar sehr gut mit mir verstanden. Dir hat es doch auch gefallen, dass ich dich andauernd angehimmelt habe. Aber immer wenn ich nach Hause kam, wollte ich am liebsten meine gesamte Haut mit Seife abschrubben und mich übergeben. Ich musste dir das nette Mädchen von nebenan vorspielen…“

„Wenn du das sagst“, murmelte Akai. Er hatte keinen Grund um jetzt noch freundlich zu sein. Ihr Plan war zu weit vorgeschritten und selbst wenn er versuchte an ihr Gewissen zu appellieren, blieb ihm nicht viel Zeit. Scarlett hatte ihren Plan bereits lange genug geplant und würde jetzt nicht wegen ein paar netten Worten zurück rudern. Und mit gefesselten Händen blieb ihm nichts anderes übrig als abzuwarten und sie lange genug reden zu lassen.

Die junge Frau sah ihn hasserfüllt an. „So wie ich dich einschätze, hast du dich sicher über meinen Verbleib recherchiert. Du wunderst dich sicherlich, wieso ich noch am Leben bin, obwohl ich eigentlich hätte tot sein sollen.“

„Als ob es da noch viel zu überlegen gibt“, fing Akai an. „Du hast deinen Tod vorgetäuscht und willst dich jetzt an mir rächen.“ Es war eine Schande, dass er die wahren Absichten der Polizistin nicht schon viel früher erkannte.

„Das ist nur fast richtig“, antwortete Scarlett. „Überrascht?“, wollte sie dann wissen und schloss die Gartentür. „Keine Sorge, das Gartenhäuschen liegt weit abgeschieden. Hier findet uns keiner.“ Sie streifte sich ein paar Handschuhe über und zog die Dienstwaffe von Lieutenant Svenson aus ihrer Jackentasche heraus. „Weißt du, nachdem mein Vater wegen dir in den Knast ging, habe ich versucht ein normales Leben zu führen. Ich zog zu entfernten Verwandten nach Birmingham. Dort konnte ich, ich sein. Einfach nur ich. Scarlett Sullivan. Nicht, die Tochter von Dr. Sullivan dem Therapeuten, der für Schlagzeilen sorgte. Einfach nur Scarlett. In England wusste keiner, was mein Vater einst getan hat. Sie standen auf keiner Seite und nahmen mich so, wie ich war. Nicht einmal über seinen Tod wurde dort berichtet. Meine Verwandten hatten ebenfalls keine Ahnung, aber da ich regelmäßig die New Yorker Zeitungen online las, habe ich es doch erfahren. Weißt du eigentlich wie das ist? Vom Tod des eigenen Vaters durch die Presse zu erfahren? Das war so schlimm…und was machen eure Reporter? Richtig, sie setzen alle Hebel in Bewegung und haben versucht mich ausfindig zu machen. Sie wollten ein Medienspektakel daraus machen. Aber nicht mit mir.“

Shuichi nickte nur. Er musste versuchen auf Zeit zu spielen und mit etwas Glück würde er sie um den Finger wickeln und den Moment zur Flucht benutzen. „Ich wusste zwar, dass du damals ins Ausland geflüchtet bist, aber nach deiner Ausreise verlor sich deine Spur.“

„Für alle offiziellen Anmeldungen benutzte ich den Nachnamen meiner Verwandten. Nur so konnte ich meine Vergangenheit hinter mir lassen und mich auf die Zukunft konzentrieren.“

„Was für eine Zukunft?“, kam es von Akai. „Du strebst nur Rache an.“

„Das war nicht immer so“, antwortete sie sofort. „Ich führte ein ganz normales Leben, aber dann gab es den Autounfall. Wenn ich so darüber nachdenke, war dieser Abend der Auslöser für das alles hier.“

„Erzähl mir was damals passiert ist?“

Scarlett schmunzelte. „Durch und durch ein FBI Agent. Ich weiß, was du vor hast. Du willst mich so lange wie möglich ausfragen, weil du hoffst, dass dich doch noch jemand rettet. Oder du versuchst, dass ich dich freilasse. Aber keine Sorge, mein Plan ist wasserdicht. Selbst wenn sie Drake finden sollten, wird die Sache hier lange vorbei sein. Er hat nämlich erst morgen früh wieder Dienst.“

„Svenson ist mir egal“, antwortete der Agent.

„Ach so…deine kleine Freundin. Ja, sie wird dich vermissen, aber sie wird nicht auf die Idee kommen, dich hier zu suchen. Wie auch? Es gibt keinen Zusammenhang zwischen deinem Verschwinden und dem Gartenhaus von Drake.“, entgegnete die Polizistin. „Aber weil du so lieb Bitte bitte gesagt hast, werde ich dich nicht dumm sterben lassen. Also, wo war ich?“ Sie dachte gespielt nach. „Ach ja, die Nacht des Unfalls. Ich weiß es noch, als wäre es gestern gewesen. Ich war mit meiner besten Freundin Jenna Martin in einem Club feiern. Sie war meine erste Freundin seit ich in Birmingham ankam. Wir waren unzertrennlich und da wir beide gleichgroß waren, die gleiche Haar- und Augenfarbe hatten, zogen wir uns hin und wieder auch gleich an. Dann gaben wir uns als Schwestern aus und verdrehten den jungen Männern den Kopf. Auch so an diesem Abend… Es wurde spät und wir beschlossen mit einem Taxi nach Hause zu fahren. Andere waren nicht so vorsichtig wie wir und setzten sich betrunken ans Steuer. Sie rasten in unseren Wagen. Danach ging alles so schnell…ich wurde wach und versuchte die Sicherheitsgurte zu entfernen, aber sie haben sich verkantet. Mir tat alles so weh und Jenna reagierte nicht mehr. Der Motor fing Feuer und ich glaubte zu sterben…“ Scarlett schluckte. „Schließlich bin ich im Krankenhaus wieder zu mir gekommen. Mein Gesicht, meine Arme…fast mein ganzer Körper waren verbrannt und entsprechend mit Verbänden abgedeckt. Meine Verbrennungen erstreckten sich vom ersten bis zum dritten Grad und mein Gesicht tat so weh, dass nicht einmal die Schmerzmittel halfen. Während die Schwestern glaubten, dass ich schlafen würde, erzählten sie, dass das andere Mädchen bei dem Unfall gestorben ist, aber sie konnten uns noch nicht identifizieren.“

„Und da hast du dich als Jenna ausgegeben“, schlussfolgerte Akai.

„Nein…noch nicht. Während mich die Ärzte untersuchten und fragten, ob ich wüsste, wer ich war, platzte ein Reporter in das Zimmer. Er stellte mir fragen und wollte wissen, ob ich Scarlett Sullivan sei. Später fand ich heraus, dass die Reporter durch die Meldungen der Polizei auf mich aufmerksam wurden. Sie fingen an zu recherchieren und wollten Interviews mit mir führen…sofern ich Scarlett war. In einer Kurzschlussreaktion gab ich an, Jenna zu sein. Ihre Eltern bekamen das mit und hätte ich ihnen die Wahrheit gesagt, hätten sie ihre Tochter ein weiteres Mal verloren. Und soll ich dir was sagen? Diese Geier von Reportern wollten die Geschichte weiter ausschlachten und die Freundschaft zwischen mir und Jenna in die Medien bringen. Ich war so wütend…es war, als wäre ich wieder in New York. Und ich wusste, wem ich das alles zu verdanken hatte.“ Ihr Blick wurde düster. „Da mein Gesicht durch den Unfall so sehr entstellt war, folgten Operationen und jetzt seh ich so aus. In meinem Gesicht ist nichts mehr von Scarlett übrig. Und die Narben liegen gut versteckt an den Haaransätzen.“

„Hattest du kein schlechtes Gewissen deine Freunde und die Familie anzulügen?“

„Wie gesagt, hätte ich es ihnen direkt mitgeteilt, wäre ihre Tochter ein zweites Mal gestorben. Und danach habe ich mir andauernd gesagt, dass es für den guten Zweck ist. Stimmte ja auch so…“

„Wenn du das sagst“, murmelte Akai. „Und warum bist du ausgerechnet zur Polizei gegangen? Das hätte bei der Überprüfung deiner Hintergrundgeschichte auffallen müssen.“

„Ich war nie straffällig, Jenna ebenfalls nicht. Daher gab es keine Fingerabdrücke von uns. Jennas Leiche war stark entstellt und weder ihre Eltern noch meine Verwandten sprachen sich für eine Autopsie mit Identitätserkennung aus. Und an meinen Worten gab es schließlich auch nichts zum Zweifeln. Trotzdem habe ich zur Sicherheit die zahnmedizinischen Akten vertauscht. Du musst wissen, wir waren beim gleichen Zahnarzt in der Behandlung.“

„Das klingt für mich sehr durchtrieben…“

Scarlett verengte die Augen. „Du solltest mich nicht reizen“, sagte sie.

„Dann wechseln wir das Thema“, begann der Agent. „Warum bist du ausgerechnet zur Polizei gegangen? Nur aus Rache oder wolltest du den Menschen wirklich helfen?“

„Es war Jennas großer Traum. Es wäre viel zu auffällig, wenn ich auf einmal etwas Anderes getan hätte. Außerdem…wollte ich ihr ihren großen Wunsch erfüllen. Allerdings hatte sie nie einen Zielort, wo sie arbeiten wollte. Und so kam ich schließlich nach New York. Mein eigentlicher Plan war es, mich als Polizistin zu beweisen und einen sehr guten Ruf zu haben. Niemand sollte an dem, was ich tue oder sage, zweifeln. Die ersten paar Tage bin ich mit meinem Partner nur mitgegangen und soll ich dir was verraten? Mittlerweile wollte ich selbst den Menschen helfen, aber dann bekam ich meinen ersten eigenen Fall zugeteilt. Und ich traf auf dich“, entgegnete die Polizistin. „Alle meine Wunden rissen wieder auf. Also musste ich meinen Plan vorziehen und ich begann dir und allen anderen das naive Mädchen vorzuspielen. Ich habe dir immer nur vorgespielt, dass ich zu dir aufsehe und du ein ganz toller Agent bist. Mein Plan trug erste Früchte. Du hast mir immer mehr und mehr vertraut. Du hast nicht einmal Fragen gestellt. Es war irgendwie amüsant. Als mir schließlich Drake als Partner zugewiesen wurde, war ich für einen kleinen Moment in Sorge. Weißt du, Drake will immer alles perfekt machen und natürlich hat er starke Ambitionen aufzusteigen. Aber ich konnte ihn um meinen kleinen Finger wickeln. Bereits bei unserer ersten Begegnung merkte ich, dass er sich ein wenig verliebt hatte. Von da an, musste ich nur noch alle Fäden richtig spinnen.“

„Ich verstehe“, gab Akai von sich. „Dann warst du auch diejenige, die die Hochzeit mit Jodie verhindert hat.“

Scarlett lächelte. „Ich wollte dein Leben genau so zerstören wie du meines zerstört hast. Ich kannte ja nicht einfach zu dir kommen und mich enttarnen. Und deine kleine Schwester war ein gutes Bauernopfer. Aber ich hab nicht mit eurer Hartnäckigkeit gerechnet. Obwohl du Jodie nicht die Wahrheit gesagt hast, stand sie weiterhin hinter dir und dann habt ihr deine Schwester gerettet. Ich gebe zu, das hat mich überrascht. Wie du dir vorstellen kannst, habe ich von eurer Vergangenheit gehört und nicht erwartet, dass sie dich wieder zurück nimmt. Aber gut…so ist es eben gelaufen. Ich habe alle Hinweise, die auf mich hätten weisen können, entfernt und hatte nichts zu befürchten. Auch wenn Plan A fehlgeschlagen war, hatte ich noch Plan B in der Hinterhand. Aber ich konnte nur schwer an Jodie herankommen.“

Shuichi sah sie ernst an. „Lass Jodie aus dem Spiel.“

„Ah…verstehe…aber natürlich, sie ist dein Schwachpunkt. Sehr gut zu wissen“, gab sie von sich. „Jetzt guck doch nicht so. Ich tu ihr schon nichts an. Naja…außer du schaffst es zu entkommen. Dann muss ich mir was überlegen. Also sieh es positiv. Wenn du tot bist, habe ich keinen Grund ihr etwas anzutun.“

Shuichi schnaubte. „Warum ausgerechnet Laura?“

„Das ist eine sehr gute Frage. Ich wollte zuerst deine Freundin nehmen und dir die Tat anhängen. Allerdings habt ihr ja andauernd zusammen rumgehangen. So wäre es schwer gewesen, an sie heran zu kommen. Und wenn es sie so schnell nach der geplatzten Hochzeit getroffen hätte, wäre es zu auffällig. Also musste ich mir etwas Anderes überlegen. Und da bot sich deine Partnerin an. Allerdings hat mir ihr Freund das Leben komplizierter gemacht und leider tauchten dann diese Fotos auf, weswegen Drake anfing Fragen zu stellen. Keine Sorge, ich hab sie nachträglich verschwinden lassen“, entgegnete die Polizistin. „Und Drake konnte ich in Sicherheit wiegen, indem ich ihm eine Affäre mit dir vorgespielt habe. Er ist voll auf mich reingefallen und hat dich als Sündenbock gesehen. Oh, keine Sorge, als Drake dich hergebracht hat, hatte er nicht vor, dir etwas anzutun. Er wollte nur ein Geständnis von dir erzwingen.“

„Und dann hast du ihn umgebracht…weil du seine Hilfe nicht mehr gebraucht hast…“

Sie schmunzelte. „Du bist ja ein ganz schlauer. Drake wusste mittlerweile zu viel über mich. Er hätte in meiner Vergangenheit gestochert und wäre vielleicht auf meine Identität gekommen. Außerdem brauchte ich ihn nicht mehr. Deswegen musste ich ihn los werden. Und der Idiot hatte tatsächlich seine Dienstwaffe mit nach Hause genommen. Es war ein leichtes ihn zu überwältigen. Und jetzt werde ich dich mit dieser Waffe erschießen und es so aussehen lassen, als wäre es Drake gewesen. Und aus Scham brachte er sich selbst um.“ Scarlett richtete den Lauf der Waffe auf ihn. „Sayonara.“

Gefahr in Verzug

Lieutenant Svenson betrat sein Büro. Sofort fiel sein Blick auf Jenna. „Jenna“, begann er leise und trat näher an ihren Schreibtisch heran. Die Unterlagen stapelten sich, aber beide Bilderrahmen waren verschwunden. Er war froh, dass sie Einsicht zeigte. So glaubte er zumindest.

Die Angesprochene sah nach oben. „Drake“, murmelte sie leise. „Ich…“

Er schüttelte den Kopf. „Bitte, Jenna, ich will nichts hören. Hast du schon mit dem Captain gesprochen?“ Der Captain war ihr gemeinsamer Vorgesetzter und entschied im Zweifel über den weiteren Fortgang der Ermittlungen. Außerdem mussten sie ihm regelmäßig Rede und Antwort stehen, sobald eine Ermittlung in die falsche Richtung lief, mehr Kosten verursachte oder mehr Zeit benötigte. Außerdem teilte er die Teams ein, zog Polizisten von ihren Fällen ab und kümmerte sich um die Belange seiner Mitarbeiter.

„Ich habe meine Fälle gesichtet und für alles, was noch offen ist oder wo bald Gerichtsverhandlungen stattfinden, zusammengefasst.“

Svenson schluckte. Daran hatte er gar nicht gedacht. Jennas Glaubwürdigkeit nach ihrer Tat würde in Mitleidenschaft gezogen werden. Würden ihre Aussagen vor Gericht überhaupt noch stand halten? Würden ihnen alle gelösten Fälle nun um die Ohren fliegen? „Jenna, ich wollte nicht wissen, was du jetzt gerade tust“, sagte er. „Warst du schon beim Captain, ja oder nein?“ Der Captain würde bestimmt eine Lösung parat haben. Zumindest redete er sich das ein.

„Nein“, gab sie zu. „Aber ich rede noch mit ihm. Drake, bitte…ich hab dir versprochen, dass ich mich stellen werde…aber ich kann das noch nicht jetzt. Wenn er mich nicht sofort festnehmen lässt, lässt er mich suspendieren…und was wird dann aus meinen Fällen? Du weißt, dass ich die Ermittlungen dadurch gefährdet habe, dass ich nicht gleich die Wahrheit sagte…“

„Deine Fälle übernimmt ein Kollege“, antwortete Svenson ruhig. Das war das Einzige, was er tun konnte. Ruhig und sachlich bleiben.

Jenna sah ihn überrascht an. „Aber dann…“

„Jenna, Stopp!“ Er blickte sie streng an. „Ich will keine weiteren Ausreden hören. Weißt du eigentlich, was du alles in Gang gesetzt hast? Nicht nur, dass du Agent McKnight…“ Er brach ab. „…und dann bist du vom Tatort geflohen. Du hast zugelassen, dass wir einen Unschuldigen in Untersuchungshaft stecken. Du hast einfach nur zugesehen und Akai in Schutz genommen. Du hast sogar davon gesprochen, den Täter zu finden.“

„Ich weiß…das weiß ich doch, Drake. Es war ein Fehler. Ich habe einen Fehler gemacht“, fing sie an. „Aber jetzt kann ich nur versuchen ihn wieder gut zu machen. Und das beinhaltet auch, dass ich meine Fälle ordentlich aufbereite und reibungslos abgebe. Außerdem…ist der Captain gar nicht im Präsidium. Ich hab einen Termin für morgen früh bei ihm.“

„Oh“, stieß Svenson leise aus. Aber hätte sie die Dringlichkeit erwähnt, hätte sie den Termin auch heute haben können. „Gut…bei meinen Fällen gibt es momentan nichts Neues. Aus diesem Grund werde ich von zu Hause aus weiter arbeiten. Wenn etwas ist, bin ich über das Handy erreichbar. Bis morgen“, fügte er schnell hinzu und verließ das Zimmer. Draußen lehnte sich Lieutenant Svenson gegen die kalte Wand. Er seufzte leise auf.

„Lieutenant?“

Svenson sah nach oben. „Ja, bitte?“

„Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“, wollte der junge Polizist wissen.

„Ja, natürlich. Machen Sie sich keine Sorgen“, antwortete Svenson. Bevor weitere Fragen kamen, ging er zu den Treppen und nahm zwei Stufen auf einmal. Unten marschierte er sofort auf den Ausgang zu und atmete draußen tief durch. Er lief schon fast zu seinem Wagen und stieg ein. Svenson startete den Motor und fuhr los. Er wollte einfach nur noch nach Hause. Der Weg, den er jeden Tag mindestens zweimal zurücklegte, kam ihm nun so unendlich lang vor. Viel zu lang. Er hatte Zeit zum Nachdenken. Und das tat er auch.

Was hatte er sich nur dabei gedacht, als er den FBI Agenten betäubte, in seinen Wagen legte und zu seinem Gartenhäuschen brachte? Irgendwann würden sie ihn suchen und dann Spuren auf seinem Rücksitz finden. Der Polizist schluckte. Er schüttelte den Kopf und verbannte die Gedanken in die hinterste Ecke.

Svenson fuhr auf seinen Parkplatz und stellte den Wagen ab. Für einen kurzen Moment beobachtete er sein Elternhaus, welches er vor einigen Jahren vererbt bekam. Er lebte gerne dort – nicht direkt in der Stadt, aber auch nicht zu weit draußen, um andauernd lange Strecken fahren zu müssen. Er wollte dieses Leben nicht verlieren. Der Polizist stieg aus seinem Auto aus und machte sich auf den Weg zur Haustür. Nachdem er den Briefkasten überprüfte, öffnete er die Haustür und ging rein. Er sah sich im Flur um und stellte sich vor, wie es wäre mit Frau und Kind hier zu leben. Wann und ob sich dieser Wunsch erfüllen würde, stand noch in den Sternen. Svenson zog seine Jacke aus und hing sie an die Garderobe. Er ging in sein Wohnzimmer. Auf einmal war ihm, als wäre eine große Last von seinen Schultern gefallen und doch blieb sein schlechtes Gewissen.

„Scheiße…scheiße…scheiße…“ Er lief in seinem Wohnzimmer auf und ab. Was hatte er nur getan? Konnte er seine Handlung mit einer Ausrede erklären? Aber in Wahrheit war er auch nicht besser als Jenna. Auch er hatte im Affekt gehandelt. Wenigstens war er nun nicht im gleichen Raum wie sie. Natürlich wollte er helfen, aber er war auch so enttäuscht. Enttäuscht von ihr und von sich. Warum hatte er das alles nur getan? Welchen Einfluss hatte die junge Frau auf ihn? Er hatte in Wut gehandelt und wollte ein Geständnis aus Akai erpressen. Und er wusste, dass es vor Gericht nicht einmal stand halten würde. Aber er hätte auch nicht einfach nur da sitzen und zu sehen können, wie Jenna ihr Leben weg warf. Wegen ihm.

Lieutenant Svenson atmete tief durch. Seit seiner Tat fühlte er sich beobachtet und verfolgt. Aber die Straßen waren leer und wenn er sich umblickte, gab es niemanden, der seine Anwesenheit realisierte. Und was sollte er jetzt noch tun? Nur Schadensbegrenzung würde seine Strafe mildern können. Und wenn Akai tatsächlich sein Mitwirken an Jennas Tat bestätigen würde, würde man seine Handlung vielleicht unter den Teppich kehren. Eigentlich konnte sich das NYPD keine zwei schadhaften Polizisten in der Presse leisten.

Svenson streifte sein Schulterholster ab und legte es auf den Wohnzimmertisch. Er hatte seine Dienstwaffe absichtlich mit nach Hause genommen, auch wenn sie eigentlich nach Dienstschluss in seinem Tresor beim NYPD hätte liegen müssen. Er zog die Waffe aus dem Holster. Eigentlich wollte er sie nicht einsetzen, wenn er nicht musste. Aber was, wenn Akai ihm keine andere Wahl ließ?

„Ich kann das nicht…“, murmelte er leise. Er war kein schlechter Mensch. Er war einfach nur verliebt und dumm. Svenson zog sein Handy aus der Hosentasche und tippte eine Nachricht. Für mehrere Sekunden starrte er den Bildschirm an. Der Polizist biss sich auf die Unterlippe. Abschicken oder Löschen? Abschicken oder Löschen? Es war eine schwere Entscheidung. Das Display verdunkelte sich und das Klingeln der Haustür befreite ihn aus seinem Dilemma. Der Polizist schob das Handy zurück in die Hosentasche und ging an die Tür. Er öffnete diese und sah überrascht in das Gesicht seiner Partnerin. „Jenna…“, murmelte er.

„Drake, ich weiß, du willst mich nicht sehen, aber…du bist sauer aus dem NYPD verschwunden. Es tut mir so leid…das musst du mir bitte glauben. Ich wollte das alles nicht…aber du musst auch verstehen, dass es für mich nicht so einfach ist“, sagte sie.

Der Polizist zog sie am Arm rein. Kurz lugte er nach draußen und prüfte, ob jemand das Gespräch mit anhörte. „Jenna, ich dachte, du hast verstanden, dass ich Zeit für mich brauche. Was willst du also hier?“

„Ich wollte noch einmal mit dir reden“, antwortete sie und machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer. „Drake…ich…“

Er war ihr gefolgt. „Jenna…“, murmelte er. „Was ist los?“, wollte er wissen. „Du weißt, du kannst mit mir über alles reden. Ich war sauer, ja, aber ich war es auf mich selbst. Ich habe etwas getan, was ich nicht hätte tun sollen. Und für einen kurzen Augenblick habe ich dir die Schuld daran gegeben. Das war nicht richtig, denn es war ganz allein meine Entscheidung.“

„Geht es um Akai?“

Überrascht blickte er sie an. „Ja…er…“ Gab es gerade eine Veränderungen in ihren Wesenszügen? Oder bildete er sich das nur ein? „Ach…vergiss es…ist nicht wichtig.“

„Drake, ich muss dir was gestehen.“

„Mhm?“

„Akai…also Shuichi…er hat meinen Vater auf dem Gewissen.“ Ihre Stimme wurde ernster.

„Was?“ Svenson bekam große Augen. „Woher…wie…warum?“ Tausende Fragen schossen ihm durch den Kopf. Wann hatte sie davon erfahren? Wie hatte sie es erfahren? Hatte sie ihm alles vorgespielt? Automatisch glitt seine Hand in seine Hosentasche und er blickte auf seine Dienstwaffe auf dem Tisch.

Jenna schien zu ahnen, was er dachte und vor hatte. In nur wenigen Sekunden – wichtigen Sekunden – bekam sie seine Waffe zu fassen und drückte ab. Sie hatte genau gewusst, wohin er springen würde und war entsprechend vorbereitet. Außerdem waren zu dieser Tageszeit alle Nachbarn arbeiten. Keiner hätte den Schuss gehört.

Svenson landete unsanft auf dem Boden und drückte mit der freien Hand auf seine Wunde am Bauch. „Jenna…warum…?“

„Wie gesagt, er hat meinen Vater auf dem Gewissen. Und jetzt räche ich mich dafür. Ach Drake.“ Sie kniete sich zu ihm runter und musterte ihn. „Der Bauch ist aber auch empfindlich und wenn man da das ein oder andere Organ trifft…tut mir echt leid für dich. Du bist ja ein netter Kerl, aber so ist nun einmal der Kreislauf des Lebens. Eigentlich kann man sogar sagen, dass Akai auch deinen Tod zu verschulden hat.“

„Jen…na…“

Sie lächelte. „Es ist bald vorbei, Drake. Aber mach dir keine Sorgen, ich hab genug Zeit um mich um Akai zu kümmern. Auch wenn du es nicht gewusst hast, hast du mir sehr gut zugearbeitet.“

Der Polizist schluckte. Er war auf sie reingefallen und jetzt zahlte er mit seinem Leben dafür. „Aff…äre…“ Er hustete.

„Ach Drake, du warst wirklich sehr leichtgläubig. Ich musste dir einfach nur schöne Augen machen. Es war wirklich ein leichtes dich zu manipulieren. Ich wusste, wenn ich dir das arme, unschuldige Mädchen vorspiele, tust du das, was ich von Anfang an geplant habe. Aber für dein Seelenheil: Du hast das Richtige getan.“

Er schüttelte mit dem Kopf.

„Spar dir lieber deine Kräfte, Drake. Du hast eh keine Chance mehr.“ Sie stand auf und steckte die Waffe ein. „Ach ja, danke, dass du Akai zu deinem Gartenhäuschen gebracht hast. Das kam mir wirklich sehr gelegen.“

„Damit kommst du…damit kommst du nicht…“

„Nicht durch? Das seh ich anders. Ruhe in Frieden.“

„Jen…na…“, hauchte er ein letztes Mal.
 

Grayson bedachte Jodie mit einem besorgten Blick. Hatte er die richtige Entscheidung getroffen, als er sich entschloss die Agentin mitzunehmen? Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Aber es war egal. Die Zeit lief gegen sie und machte ein schnelles Handeln erforderlich. Grayson formte Handzeichen um mit Jodie das weitere Vorgehen zu besprechen. Handzeichen waren immer dann wichtig, wenn man verdeckt Vorgehen musste und Lärm sowie andere Geräusche herunterschrauben musste. Jede Sondereinheit hatte bestimmte Zeichen. Einige gehörten zum Standard und andere entwickelte man im Laufe der Zeit selbst.

Jodie nickte und entsicherte ihre Dienstwaffe. Agent Grayson tat das gleiche und richtete die Waffe nach vorne. Auf dem Weg hatten sie ihre Kevlar-Westen angezogen und sich vorab für einen möglichen Schusswechsel gewappnet. Sie hatten das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Jetzt Fehler zu machen wäre fatal. Er atmete tief durch und trat dann die Tür des Gartenhäuschens ein. „FBI. Lassen Sie die Waffe fallen.“

Der Lauf der Waffe bewegte sich.

Sekunden später fiel ein Schuss. Und dann ein zweiter.

Scarlett ließ die Waffe auf den Boden fallen und hielt sich instinktiv ihr rechtes Handgelenk. Agent Grayson nutzte den Moment und drückte sie mit seinem ganzen Körpergewicht auf den Boden.

„Sie tun mir weh“, zischte die junge Frau. „Sie sehen doch, dass ich verletzt bin.“

„Keine Sorge, wir bringen Sie weg und Sie bekommen noch medizinische Hilfe“, sagte er. „Jodie? Kannst du ihr die Handschellen anlegen?“

Jodie war aber bereits zu ihrem Freund gelaufen. „Shu…geht’s dir gut?“

Der Agent nickte. „Verhafte Sie.“

Jodie sah zu Grayson und zu der vermeintlichen Jenna. „Sie…“, murmelte sie und zog ein paar Handschellen heraus. Mit schnellen Schritten lief sie auf die Polizistin zu und befestigte die Fesseln an ihren Händen. Scarlett machte es den Beiden nicht leicht. Sie zappelte, zuckte, schrie, trat und versuchte sich zu befreien.

„Gut, ich hab sie“, entgegnete Grayson. „Du kannst Akai jetzt los machen.“

Jodie nickte und ging wieder auf ihren Freund zu. Jetzt wo das Adrenalin verschwunden war, fühlten sich ihre Beine weich und zittrig an. Nur langsam und mühsam schaffte sie es den Schlüssel in das Schloss der Handschellen zu stecken und ihn zu befreien. Erst jetzt merkte sie die Verletzung an seinem Bein. „Sie hat auf dich geschossen“, wisperte Jodie.

„Mir geht’s gut“, antwortete Akai und rieb sich das Handgelenk. „Bist du sicher, dass es dir gut geht? Du bist ganz schön blass um die Nase.“ Zum Glück waren Handschellen und Schlüssel Standardmodelle, sodass jeder Schlüssel in jedes Schloss passte.

„Ich krieg das hin“, murmelte Jodie und half ihrem Freund auf.

Er hatte seinen Arm um ihre Schulter gelegt und versuchte sein verletztes Bein so gut es ging nicht zu belasten. „Grayson, kommst du klar?“

„Aber logo.“

„Lass mich los“, zischte Scarlett. „Ihr könnt mir gar nichts beweisen. Wisst ihr, wie das hier aussieht? Drei FBI Agenten gegen eine Polizistin. Ihr versucht mir nur etwas unterzujubeln.“

Grayson knurrte. „Es gibt Beweise.“

„Und einen Zeugen“, fügte Akai an.

Jodie sah überrascht zu ihm hoch.

„Ach? Und wer soll das sein? Drake?“, wollte Scarlett wissen.

„Agent Laura McKnight.“

Überraschung

Seit dem Vorfall in dem Gartenhäuschen waren mehrere Stunden vergangen. Schweigend ging Shuichi den langen Gang im Krankenhaus entlang. Bei den vielen Verletzungen, die er in seiner gesamten Laufbahn erleiden musste, war der Umgang mit Krücken nun ein leichtes. Die medizinische Untersuchung, die er nur wegen Jodie über sich ergehen ließ, hatte einen glatten Durchschuss ergeben. Bereits im Krankenwagen konnte die Blutung gestillt und sein Bein verbunden werden. Zur Sicherheit wurde er gründlicher im Krankenhaus durchgecheckt und sollte die Nacht über in einem Zimmer verweilen. Aber Shuichi war niemand, der stundenlang im Bett lag und nichts tat.

„Shu“, rief ihm Jodie hinterher. „Findest du nicht, dass du auf deinem Zimmer bleiben solltest?“, wollte sie besorgt wissen.

„Ich bin nicht krank“, antwortete der FBI Agent. „Du hast den Arzt gehört. Es ist nichts in Mitleidenschaft gezogen worden. Außerdem belaste ich das Bein nicht. Und“, der Agent schmunzelte. „das ist nicht meine einzige oder erste Kriegsverletzung. Ich weiß, was ich tue.“ Er blieb beim Fahrstuhl stehen und drückte den Knopf. „Erklärt mir doch mal, wie ihr mich so schnell gefunden habt.“

„Das war ganz einfach“, fing Grayson an. „Lieutenant Svenson hat mir vor wenigen Stunden eine Nachricht mit der Adresse des Gartenhäuschens geschickt. Die dazugehörige Warnung, dass wir uns beeilen sollen, konnten wir natürlich nicht ignorieren. Parallel haben wir ein Agententeam zum Haus von Svenson geschickt.“

Akai nickte und stieg in den Aufzug. „Gute Arbeit. Wahrscheinlich sind sie aber zu spät gekommen und Svenson war bereits tot.“

Jodie blickte betrübt drein. „Wir nehmen an, dass er seine letzte Kraft für diese Nachricht benutzt hat. Wenigstens…hat er am Ende doch etwas Gutes getan. Aber…woher wusste er, wo du bist?“

Shuichi musterte sie einen Moment lang und entschied sich dann dafür, ihr die Wahrheit zu sagen. „Svenson hat sich in Lieutenant Martin verliebt und wurde von ihr benutzt. Sie spielte ihm vor, dass wir eine Affäre hätten und sie wegen mir auf die schiefe Bahn geriet. Während der Ermittlungen sind Bilder von ihr aufgetaucht, die Svenson zweifeln ließen. Dennoch hat sie ihn weiterhin geschickt um den Finger gewickelt, sodass Svenson mich in das Gartenhäuschen brachte, um ein Geständnis aus mir heraus zu bekommen. Aber das gehörte zu ihrem Plan und als sie mich da hatte, wo sie wollte, brachte sie Svenson um.“

Jodie schluckte. „Das haben wir alles nicht gesehen…“, murmelte sie. „Es muss für ihn schlimm gewesen sein, als er herausfand, dass seine Partnerin ihn die ganze Zeit über hinterging.“

„Ihr müsst seinen Computer untersuchen lassen. Irgendwo werden die Bilder noch existieren.“

„Keine Sorge, das werden wir im Zuge der Ermittlungen machen“, antwortete Grayson. „Allerdings frage ich mich, warum es Lieutenant Martin auf dich abgesehen hat.“

„Jenna Martin ist vor einigen Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“ Shuichi verschränkte die Arme, während der Fahrstuhl nach oben fuhr. „Daraufhin hat Scarlett Sullivan, die im gleichen Wagen saß, ihre Identität angenommen.“ Shuichi erzählte seinen beiden FBI Kollegen die ganze Geschichte über den Autounfall.

„Scarlett Sullivan…“, kam es leise von Jodie. „Den Namen habe ich irgendwo schon einmal gehört…“

„Ich hab dir vor einigen Tagen von ihr erzählt. Bei meinem ersten Fall hatten wir es mit einem Therapeuten namens Sullivan zu tun. Scarlett ist seine Tochter. Nachdem ich maßgeblich an der Überführung des Täters beteiligt war, ging sie ins Ausland. Auch wenn sie behauptet hat, dass Laura nur ein Bauernopfer war, glaube ich, dass sie tief in ihrem Inneren auch gegen sie agierte. Aber sie hat sich hauptsächlich auf mich als Verursacher ihrer Schmerzen eingeschossen und uns alles nur vorgespielt. Ich werde euch später die ganze Geschichte erzählen.“

„Oh“, gab Jodie von sich. „Das…wow…“

Akai nickte und lächelte. „Ich bin erleichtert, dass ihr mich rechtzeitig gefunden habt. Ich hatte zwar Ideen, wie ich mich befreien kann, aber die Zeit lief gegen mich.“ Die Fahrstuhltür öffnete sich und der Agent stieg aus. Jodie und Grayson folgten ihm. „Im Übrigen, guter Schuss, allerdings…“

„Ja, ich weiß“, fiel ihm Jodie ins Wort. „Ihr in die Hand zu schießen, damit sie ihre Waffe fallen lässt, war keine glorreiche Idee. Eigentlich hätte ich ihr zwischen die Augen schießen müssen. Aber…damit hätte ich sie getötet und das…außerdem war Grayson vorbereitet.“ Jodie erinnerte sich noch sehr gut an die damalige Unterhaltung mit ihm.

Sie hatten gerade Feierabend gemacht und waren auf dem Weg nach Hause, als Jodie wissen wollte, wer der bessere Scharfschütze sei. „Ein Polizeischütze oder ein Militärschütze?“

„Das hängt von den Umständen ab. Innerhalb einer Distanz von etwa 100 Metern der Polizeischütze. Denn was die Präzision ihrer Schüsse angeht, sind die Scharfschützen der Polizei besser“, antwortete er.

„Wirklich?“, wollte Jodie wissen.

„Ja, denn Polizeischützen kommen hauptsächlich bei Geiselnahmen zum Einsatz. In solchen Fällen braucht ein Scharfschütze eine beispiellose Präzision, die sein Ziel augenblicklich all seiner körperlichen Fähigkeiten beraubt. Es gibt nur einen Körperteil auf den man zielen kann, wenn man einen Menschen mit einem einzigen Schuss sofort töten will, ohne dass dieser auch nur leicht zuckt“, begann an.

„Der Hirnstamm…“

„Genau. Bei jedem anderen Körperteil und selbst mit einem Herzdurchschuss kann der Erschossene noch etwa zehn Sekunden weiterkämpfen. Es besteht also die Gefahr, dass er während dieser Zeit das Entführungsopfer, aber auch andere Polizeibeamte, mit sich in den Tod reißt.“

Aber wohin genau muss man zielen?“, fragte Jodie nach.

„Man muss seinem Ziel frontal gegenüberstehen und auf seine Nasenspitze zielen. Aber nur keine Sorge. Solange ich da bin, lasse ich nicht zu, dass du so etwas machen musst. Niemals.“

„Mach dir darüber keine Gedanken“, sagte Akai. „Du hast das Richtige getan. Ich bin froh, dass du sie nicht töten musstest.“

Jodie nickte. „Wohin gehen wir eigentlich? Jenna, nein Scarlett, wurde nach der Operation ihrer Hand auf die Krankenstation nach Rikers Island gebracht.“ Rikers Island war das größte Gefängnis von New York.

Shuichi blieb vor einer Tür stehen. „Wir besuchen jemanden“, antwortete er. „Laura.“

Grayson schluckte. „Du hast…sie schon vorhin erwähnt, aber Laura ist…sie ist tot.“

Shuichi schüttelte den Kopf. „Und genau das glaube ich nicht“, begann er. „Auch jemand der im Umgang mit dem Tod und schlimmen Dingen geübt ist, kann die Situation in Ausnahmefällen anders interpretieren. Ich nehme an, dass mein Urteilsvermögen durch die Tatsache, dass es sich bei Scarletts Opfer um Laura, meine Mentorin und gute Freundin handelte, getrübt war. Mittlerweile hatte ich genug Zeit gehabt um nachzudenken und mir die Situation noch einmal vor Augen zu halten. Es gibt verschiedene Ursachen, warum ich keinen Puls gespürt habe. Eine, ist die erwähnte Trübung meines Urteilsvermögens.“

„Shu, aber die Polizisten…“, warf Jodie ein.

„Ich weiß“, sagte er. „Während ich verhaftet wurde, wurde Svenson informiert. Er muss die Männer genau instruiert haben und brachte Laura in Sicherheit…vor mir. Er hat weder Scarlett noch euch etwas erzählt, weil er nicht wollte, dass ihr es an mich weiter tragt. Allerdings hat er in Kauf genommen, dass Stephan mit dem Schmerz konfrontiert wurde. Wahrscheinlich wusste er nicht einmal, dass sie einen Freund hat. Und später nahm er einfach an, dass es eine Eifersuchtstat war. Der Groschen ist bei mir aber erst gefallen, als Svenson erwähnte, dass sie in Lauras Fall auf Körperverletzung plädieren werden.“

„Willst du damit sagen…“ Grayson sah an die Tür. „…dass Laura hier ist?“

„Ohne Polizeischutz“, murmelte Jodie.

„Polizeischutz wäre zu auffällig. Es hätte irgendwo vermerkt werden müssen und dann wäre Scarlett schnell dahinter gekommen, dass es eine Zeugin gibt“, erklärte Akai. „Ich habe vorhin aus meinem Zimmer bei Black angerufen und danach mit dem Vorgesetzten von Svenson gesprochen. Laura wurde hierher gebracht.“ Shuichi klopfte an die Tür, öffnete sie kurz darauf und marschierte rein.

„Laura“, wisperte Grayson.

Laura saß in ihrem Bett. Die letzten Stunden zeichneten sich deutlich in ihrem Gesicht ab. Sie war müde und schlapp. Zu ihrer Rechten saß Stephan und hielt die Hand seiner Freundin.

„Hey“, murmelte die Agentin. „Ihr habt doch nicht wirklich...geglaubt, dass mich jemand klein kriegt.“

Jodie kamen die Tränen. „Oh Laura…“

„Als ich wusste, wo wir Laura finden, habe ich Stephan informiert“, entgegnete Akai und schloss die Tür hinter ihnen.

„Ich bin so froh, dass du überlebt hast“, kam es von Grayson. Er ging sofort zu ihr und schloss sie in seine Arme.

„Au…Grayson…“

„Tschuldige.“ Er ließ sie wieder los. „Ich bin nur so unendlich erleichtert.“

„Frag mich mal“, meinte Stephan. „Ich dachte, sie ist tot.“

Shuichi setzte sich auf den zweiten Stuhl neben Lauras Bett, während sich Jodie direkt auf die Ecke des Bettes setzte.

„Ist ja noch alles gut gegangen“, lächelte Laura. „Tut mir leid, dass ich das sagen muss, aber ihr seht echt beschissen aus.“

„Wir hatten einen langen und harten Tag“, entgegnete Grayson. „Wir erzählen dir nachher alles. Aber zuerst einmal: Wie geht es dir denn?“, wollte er wissen.

„Ich fühl mich noch schlapp und müde. Aber ich lebe, das ist alles, was zählt“, begann sie. „Es hätte schlimmer sein können. Allerdings hat mir der Arzt schon mitgeteilt, dass ich für einige Zeit ausfallen werde. So schnell bekomme ich bestimmt nicht die Erlaubnis für den aktiven Dienst.“ Sie sah Akai entschuldigend an. „Du wirst ein paar Wochen oder Monate ohne mich auskommen müssen.“

„Erst einmal muss sich Laura erholen und dann wollen wir endlich unseren lange geplanten Urlaub nachholen“, kam es sofort von Stephan.

Grayson räusperte sich. „Was das angeht…“, murmelte er. „Ihr wisst ja wie schnell die oberen Bosse sind.“

Akai seufzte. „Wie heißt mein neuer Partner?“

„Andre Camel. Er hat bereits ein paar Jahre Diensterfahrung. Du musst also niemanden anlernen“, sagte Grayson. „Aber wir können bestimmt mit Black reden, dass er einen anderen Partner zugeteilt bekommt.“

„Oder er vergrault ihn“, scherzte Laura.

Nun war es Shuichi der sich räusperte. „Ich gebe mein Bestes, es nicht zu tun.“

„Laura, ich möchte ja nicht indiskret sein“, begann Grayson. „Aber wir dachten, dass du den Angriff nicht überlebt hast. Wie…also ich mein…“

„Wie ich es doch geschafft habe und wie es mir im Nachhinein so gut gehen kann?“

Agent Grayson nickte.

„Ich habe seit meiner Geburt Situs inversus. Vereinfacht bedeutet es, dass sich meine Organe spiegelverkehrt in meinem Körper befinden. Es ist nichts gefährliches, aber selten. Und wenn man es nicht weiß, führt es manchmal zu Missverständnissen. In diesem Fall hat es mir wohl das Leben gerettet, weil sie kein Organ lebensbedrohlich verletzen konnte. Da ich manchmal eh einen niedrigen Blutdruck habe, muss sie in Anbetracht der Tatsachen gedacht haben, dass ich es nicht überlebt habe.“

Grayson starrte sie mit großen Augen an. „Wow…da…hattest du ja richtig Glück“, gab er von sich.

„Ja“, entgegnete die Agentin. „Aber wisst ihr, worauf ich mich jetzt am meisten freue?“

„Hm?“ Grayson sah sie fraglich an.

„Der Fall ist gelöst und wir können endlich wieder ausschlafen?“, kam es von Jodie.

„Fast“, fing Laura an. „Black hat mich vorhin angerufen und mir eine grobe Zusammenfassung aller Geschehnisse gegeben. Wie es aussieht, ist also auch diese Scarlett für Masumis Entführung verantwortlich gewesen. Und soweit ich es noch in Erinnerung habe, ist sie dafür verantwortlich, dass ihr eure Hochzeit absagen musstet. Aber ein zweites Mal klappt es sicher.“

„Ja…also was das angeht…“, murmelte Jodie.

Laura sah sie irritiert an. „Oh nein, sag mir nicht, dass ihr das als schlechtes Omen gewertet habt und jetzt überhaupt nicht mehr heiraten wollt. Akai, was machst du für Sachen, wenn ich dir nicht den Kopf waschen kann?! Du kannst froh sein, dass ich momentan nicht aus diesem Bett raus kann…“

„Das meinten wir gar nicht“, entgegnete Akai unverzüglich.

„Ihr wisst doch, dass wir auch die Ringe mit dem Hochzeitsdatum gravieren ließen. Und weil wir uns die Hochzeit nicht vermasseln lassen wollten und Masumi in Sicherheit war, sind wir noch am gleichen Abend ins Standesamt gefahren“, fügte Jodie hinzu. „Ich weiß, es war nicht die pompöse Hochzeit, die wir geplant haben, aber…“

„Nein“, stieß Laura aus. „Ihr habt…ohne uns…“

„Ja, wir sind bereits verheiratet.“

„Ihr habt ohne uns geheiratet“, murmelte die Verletzte.

„Ganz ruhig, Schatz“, fing Stephan an. „Dafür darfst du unsere Hochzeit groß ausrichten.“

„Ihr heiratet?“, wollte Grayson wissen.

Stephan nickte. „Ich habe sie vorhin gefragt. Noch einmal warte ich nicht solange.“

„Und ich habe natürlich ja gesagt“, fügte die Agentin an.

Jodie lächelte. „Das freut mich für euch.“

„Danke. Wir wissen aber noch nicht wann oder wo.“

„Das kommt noch, versprochen. Wenn du möchtest, kann ich dir ein paar Kontakte weiterleiten.“

Shuichi räusperte sich. „Paar Kontakte heißt übersetzt: den Hochzeitsordner.“

„Du hattest einen Ordner?“, wollte Stephan ungläubig wissen.

Laura stupste ihn an. „Das ist doch das Mindeste“, sagte sie. „Aber wir lassen uns noch etwas Zeit damit. Erst einmal muss ich gesund werden. Und dann schauen wir weiter.“

„Das ist die richtige Einstellung“, antwortete Grayson und sah zu Akai. „Und du? Hast du vor direkt wieder in den Dienst zu gehen oder schonst du dein Bein?“

Shuichi sah zu Jodie. „Sie wird mich zwingen mich zu schonen. Also werde ich ein paar Tage zu Hause bleiben und dann an den Schreibtisch zurück kehren. Die Fälle und Probleme lösen sich ja nicht einfach so in Luft auf.“

„Das stimmt“, murmelte Jodie und sah zu ihrem Ehemann. „Und auf uns kommen jetzt auch andere Probleme zu…Papa…“ Unter anderem Windeln wechseln und wenig Schlaf bekommen.

„So sieht es aus“, nickte der Agent. Er stockte. „Moment…Papa?“

Jodie lächelte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Juhuuu, ihr habt es geschafft :)
Damit ist nicht nur Charmante Courage beendet, sondern auch die ABC-Reihe. Ich möchte an dieser Stelle allen Danken, die mit Shu und Jodie mitgefiebert haben.

Aber zum Ende hin, gibt es von mir 2 FunFacts und 1 Überraschung.

FunFact 1: Eigentlich hätte es nach Ahnungslose Augenblicke keine zwei weiteren Geschichten geben sollen. Aber da mich die Muse und das Plotbunny küssten, wurden Bedrohte Bestimmung und Charmante Courage geboren

FunFact 2: Als ich mir den groben Plan für Charmante Courage zurecht legte, hatte ich das Ende nicht nur im Kopf, sondern auch schon in der Art schriftlich festgehalten.

Und nun zur Überraschung:
Es geht weiter.
Allerdings mit einer neuen Geschichte rund um Jodie und Shu: Erschütternde Erkenntnisse Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (27)
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Von:  Shu_Akai
2019-08-04T16:29:02+00:00 04.08.2019 18:29
So hier jetzt auch endlich mal ein Kommentar von mir. Entschuldige, das es lange gedauert hat! 🙇‍♀️
Oha! Wie viele Verletzungen hatte Shu schon gehabt? 15?
Ja, so kennen wir Shu! 😍😍 Er braucht immer was zu tun!
Also war es doch eine SMS gewesen, die Lieutenant Svenson gesendet hatte? Ich hätte wirklich gedacht, das er es doch nicht getan hätte. (Also mit der sms)
Was wäre gewesen, wenn Shu Jodie nicht die Wahrheit gesagt hätte?
Ich finde es irgendwie lustig, wie Jodie auch den Namen Sullivan vergessen hatte, wo Shu ihr doch davon erzählt hatte. 😂😂 Da bin ich wenigstens nicht die einzige gewesen.
Ich finde es klasse, das du Shu’s ersten Fall genommen hast, aber auch schade, das dieses Kapitel nun das Ende ist. Aber halt, ich ja noch nicht fertig, hehe.
Ich glaube aber nicht, das Shu es geschafft hätte, sich selbst zu befreien oder? Abgesehen davon sich den Daumen zu brechen. Immer noch aua, bei dem Gedanken! 😅😓
Omg 😍😍😍 Das ist die Szene aus dem Film “Der Scharfschütze aus einer anderen Dimension”, stimmst? Die Szene hat mir so Gänsehaut gegeben, so wie jetzt! 😁
Ernsthaft, Scarlet wird ins größte Gefängnis gebracht? Krass!
Das ist jetzt nicht wahr? Laura lebt? 😱😭😭😭😭
Was machst du nur mit mir? Ich mache gerade Freudensprünge 🙌🙌🙌🙌😍😍😍😍💃🏻💃🏻 Juhuu, Laura lebt, ich bin so glücklich, das glaubst du gar nicht!
Ui, André Camel hat seinen ersten Auftritt, auch wenn es nur namentlich ist.
😂😂 ich würde zu gerne sehen, wie Shu André vergrault, das wäre bestimmt lustig!
Wie bist du auf situs inversus gekommen?
Aww, ich liebe die Freundschaftliche Beziehung von Laura und Shu 😍😍😍😍
*schrei* ernsthaft, die haben doch noch geheiratet? Omg!
Das freut mich für Stephan, das er Laura doch noch die Frage aller Fragen gestellt hat. 😍😍😍
Haha, wirklich? Jodie hat einen Ordner, oha.
Ich glaube, Jodie würde Shu sogar ans Bett fesseln, oder?
Boah, Scheisse, ich musste voll weinen. Das Ende vom dem Kapitel ist ja mal einfach Bombe 💣 und die Überschrift hat wieder mal komplett gepasst.
Aww, die neue FF muss ich auch noch Anfangen zu lesen!
Sei dir gewiss, das wir uns da Wiedersehen 😍😍
Shu und Jodie werden Eltern, so süß!
Wird es ein Junge oder Mädchen?
Ich liebe deine FF, Varlet! 😍😍😍😍❤️😘😘
Liebe Grüße

Shu_Akai 🍀🎉💞
Antwort von:  Varlet
04.08.2019 19:35
Danke für deinen Kommentar. Ich hoffe, dir hat die Geschichte gefallen.

Wie viel Verletzungen Shu schon hatte? ich würde sagen....ein paar :D
Ja, Svenson hatte ein schlechtes Gewissen und wollte das FBI informieren, hat es dann aber nicht getan und nachdem Scarlett schoss und er noch bei Bewusstsein war, schickte er die Nachricht ab^^

Ich wüsste auch nicht, wie sich Shu befreien wollen würde, aber vielleicht hatte er ja wirklich eine Idee :D *gg*
Ja, die Szene passte einfach super, also durft sie rein ^^

Jaaaaaaaaaaaaaaa, Laura lebt und es war so schwer das geheim zu halten
*erleichtert bin, dass die Katze nun aus dem Sack ist*

Ich habe das vor einigen Jahren in einem Buch gelesen. Da wurde die Adoptivtochter eines ehemaligen Auftragkillers entführt. Um sie zu retten, sollte er eine Frau erschießen. Er tat sich aber schwer damit und als die Frau von der Entführung erfuhr, hatte sie ihn angewiesen zu schießen. Dabei klärte sie ihn auf, dass sie Situs inversus hat und der Schuss nicht tödlich enden würde, weil die Organe gespiegelt im Körper liegen. Irgendwie fiel mir das bei der Geschichte ein und so bekam das Laura auch :D

Yes, haben sie, etwa in der Mitte von Kapitel 12 (Akai betätigte den Blinker und bog in die Straße.„Mhm? Hier geht es aber nicht zum Büro“, sagte sie leise.
„Ich weiß. Aber ich möchte vorher noch wohin. Dauert auch nicht lange. Lass dicheinfach überraschen, ok?“
Die Agentin nickte und sah aus dem Fenster.)
Und für mich war es sehr schwer immer von Shu als Freund und nicht als Mann zu schreiben :D

In den Staaten ist es wohl normal, dass jedes Mädchen seit Kindheit einen Hochzeitsordner hat, und wenn nicht dann, dann zur Hochzeit :D

Ich glaube, Shu kriegt einen Stammhalter :D

Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat 😍😍 Ich bin gerade so erleichtert und hatte Angst, dass ich es am Ende doch vermasselt habe

Viele Grüße
und ich wünsche dir einen schönen Start in die Woche
Antwort von:  Shu_Akai
11.08.2019 11:43
Die Geschichte hat mir nicht nur Gefallen, ich habe auch bei jedem Kapitel mitgefühlt 😍😍😍😍 *schwärm einfach so herrlich*

Aber trotzdem, armer Svenson, sowas hatte er nicht verdient.

Ja, die Szene war einfach perfekt.

Das hattest du wirklich gut hinbekommen und dachte wirklich, das Laura tot war. Gut, das dem nicht so ist. Juhuu! 🙌🙌

Das Buch klingt sehr interessant 😍😍
Zum Glück hatte Laura auch sowas! 😍🎉

Darauf bin ich nicht gekommen. Haha Shu ist immer für eine Überraschung gut. ❤️
Das hast du toll hinbekommen 😍😍

Oha, haha okay.

Oh wie süß. Klein-Shu 😍😍😍

Du hast alles richtig gemacht 🙌🙌🙌 😘 Das Ende war und ist immer noch perfekt!

Liebe Grüße
Von:  Youdid
2019-07-28T20:42:09+00:00 28.07.2019 22:42
Deine Story war echt super. Mir hat es super viel spaß gemacht sie zu lesen :D
Im letzten Kapitel hab ich wirklich sehr gefreut das Laura überlebt hat. Ich mag ihren Charakter echt gerne ;D
Antwort von:  Varlet
29.07.2019 18:00
Danke für deinen Kommentar. Hab mich sehr darüber gefreut.

Ich hoffe, mir ist die Überraschung am Ende gelungen :D
Von:  Shu_Akai
2019-07-28T15:35:05+00:00 28.07.2019 17:35
Hi *mit den Armen winken*, wie gehts dir?😉
Bei der Überschrift hab ich ja mal voll Gänsehaut bekommen 🙈
Du hast ja noch eine schönes Flashback gemacht, ich liebe sowas! 🙌 Zurück zum Kapitel, hehe!
Ich weiß nun gar nicht, wie ich das Kapitel beurteilen soll, da Jenna nicht die richtige Jenna ist, du weißt wie ich es meine oder? 😅
Lieutenant Svenson geht ja hart mit Jenna um, obwohl er sie ja noch mag! 😓
Vielleicht hat sie die Dringlichkeit ja mit Absicht nicht erwähnt oder?
Ui, immerhin hat Lieutenant Svenson die Autofahrt genutzt und ist hoffentlich zu einem guten Ergebnis gekommen. Er weiß ja jetzt, das er einen Fehler gemacht hat, aber auch nur, weil er es aus Liebe zu “Jenna” gemacht hat!
Ein schlechtes Gewissen zeigt ja nur, das Lieutenant Svenson auch nur ein Mensch ist und keine kalte Maschine 😅☝️
Jenna hat Lieutenant Svenson ja mal voll an der Nase herumgeführt 😓 und an wenn wollte er den eine Nachricht schicken?
Manno, also normalerweise würde ich ja sagen, gut das Jenna die Sache mit Lieutenant Svenson bereinigen will, aber doch nicht gleich so Wortwörtlich! 😱😰
Und auch noch den Bauch zu treffen, ich will nicht wissen, was das für schmerzen sind. Hatte Lieutenant Svenson keine Schutzweste an?
Lieutenant Svenson denkt doch jetzt, das er von seiner Liebe umgebracht wurde. Der arme, sowas hat er nicht verdient! 😰😱
Jodie und Agent Grayson 🙌😁. Welche Handzeichen entwickelt man den selber *neugierig gucken*
Die Rettungsaktion war spannend. 😍😍
Wie haben die beiden denn Shu gefunden?
Du weißt, das du gerade mit meinen Gefühlen spielst? 😭😭😭😭 Laura. Wie kann das den möglich sein? Hatte Laura den irgendwas geahnt und heimlich gegen Scarlet ermittelt? Oder ist sie von den Toten auferstanden? 😢
Ich bin gespannt, wie es weiter geht.





Antwort von:  Varlet
28.07.2019 17:38
Danke für deinen Kommentar.
Dieses Mal war ich schneller mit hochladen :D

Jenna / Scarlett war schon ganz schön fies zu dem armen Svenson. Und ja, das hat er nicht verdient. Allerdings hat er am Ende noch gemerkt, dass sie ein falsches Spiel mit ihm trieb.

Deine Fragen werden im nächsten - und letzten Kapitel *hust* beantwortet werden.

Viele Grüße
Antwort von:  Shu_Akai
28.07.2019 17:41
Hehe ja ich hab es gemerkt, manno. ^^

Oja Jenna / Scarlet war ja voll brutal.

😱 Nur ein Kapitel 😥😢😢 Schade *mir schon mal Taschentücher hinstellen und Kekse*

Antwort von:  Varlet
28.07.2019 17:42
Es gibt am Ende auch eine Überraschung,
versprochen (steht im Autoren-Nachwort)
Von:  Shu_Akai
2019-07-14T18:11:14+00:00 14.07.2019 20:11
Memo an mich selbst: Immer ein Kommentar hinterlassen. Manno. Stellst du die Kapitel jetzt immer gegen 19 Uhr online? Damit ich es weiß *hehe*
Omg 🙈😱😰 ich dachte die ist tot!
Ich wusste doch, das mir den Name Sullivan was sagt! *juhuu*
Das ist kein gutes Zeichen, wenn sie sich die Handschuhe überzieht und die Waffe nimmt! 😭😭😭😭 Du kannst das nicht machen. Handschuhe sind da, um keine Schmauchspuren zu hinterlassen!
Ok, mit dem Leben woanders weiter zu machen, da kann ich mir vorstellen, das es ihr gut getan hat.
Reporter können ganz schön ekelhaft sein! 😤
Scarlet hat den Sarkasmus voll auf ihrer Seite, mir fehlen da echt die Worte! 😓
Das ist doch toll, das Scarlet in Jenna eine Freundin gefunden hat.
Sowas wünscht man keinen. Das muss ja schrecklich gewesen sein 😰
Klar kann ich Scarlet verstehen, das sie sich als Jenna ausgegeben hat, aber sowas?
Also kann man sagen, hätte sie Shu nicht getroffen, hätte sie den Plan nicht in die Tat umgesetzt? 😱😨
Und sie hat den Traum ihrer Freundin fortgeführt, sowas ist rührend.
Wer würde auch mit so einer Geschichte rechnen. Jetzt tut mir der Charakter Jenna voll leid. Ich hab dann unwissentlich Scarlet gemocht 🙈
Die ist ja mal wirklich durchtrieben. Die kann einem ja Angst machen 😓
Also ist Lieutenant Svenson wirklich tot? Der arme denkt, das er von seiner Liebe umgebracht wurde, dabei war es jemand anderes gewesen, sowas ist hart 🙈😭😭
Das kannst du nicht machen!
Shu ist ein wichtiger Charakter in vielen deiner FF’s 😢😢😢😢😢
Bitte nicht. Ich flehe dich an *vor Dir auf die Knie gehen*
Jetzt wünsche ich dir aber nochmal einen schönen Sonntagabend, hehe. Warst ja doch schneller als ich gewesen.
Einen schönen Start in die neue Woche und bis zum nächsten Kapitel 😍😘

Liebe Grüße

Shu_Akai 💞

Antwort von:  Varlet
14.07.2019 20:23
Danke für deinen Kommentar,

öhm wann ich hochlade ist immer davon abhängig, wie ich mit dem Schreiben voran komme :D

Es ist nicht sicher, was Scarlett getan hätte, wenn sie shu nicht getroffen hätte. Wahrscheinlich ein paar Jahre gearbeitet und dann wenn sie ihn wiedersieht, trotzdem an ihrem Plan festgehalten.

Jenna / Scarlett hat auch alles getan, damit man sie mag.
Und ja, ich kann bestätigen, dass Svenson wirklich tot ist.

Ich hoffe auch, dass Shu es überlebt. Aber wie wird er der Situation entkommen? *denke* mhm...wenn mir da nix gescheites einfällt, hat er ein Problem ;(

Ich wünsch dir auch einen schönen Start in die Woche.

Viele Grüße
Von:  Shu_Akai
2019-07-14T17:35:37+00:00 14.07.2019 19:35
Guten Abend, hoffentlich bin ich diesmal schneller 😁😅
Ach du Schreck! So will ich nie aufwachen, alleine die Vorstellung ist der Horror. Hätte nicht auch ein Stuhl gereicht? 😱
Wer würde den keinen Gesetzeshüter vertrauen? Shu konnte ja nicht wissen, was passiert, oder?
Ich liebe es, wie du den Raum beschreibst. Da fühlt man sich gleich mittendrin und dabei 😍😍😍
Aua, wieso will er sich denn den Daumen auskugeln? Wie soll das den helfen?
Hat Lieutenant Svenson einen an der Waffel? Anders kann man es ja nicht beschreiben, wie kommt der auf sowas?
Shu ist doch nicht selbstverliebt. *mein Lieblingscharakter, schwärm* 😍😍😍
War dass das Bild gewesen, was Svenson in den Papierkorb geschoben hat?
Das könnte Sinn ergeben. 😓
Du machst Witze oder? Jenna hat Laura, den Charakter den ich ins Herz geschlossen habe und der Shu’s Partnerin war ermordet? Das ist ja mal voll Krass!
Beim dem Satz “Schlüssel wegwerfen” musste ich voll lachen 😂😂 verdient hätte sie es. Jetzt mag ich Jenna nicht mehr! 🙈😅
Das ist jetzt aber nicht wahr, oder? Die Geschichte stimmt doch hinten und vorne nicht. Kann einfach nicht sein, immerhin ist Shu Jodie treu! *heftig nicken*
Auf den Tisch lag aber kein Messer, Jenna wurde das Messer sofort in den Bauch gerammt. 🤔
Jenna hat Svenson ja richtig manipuliert, sowas kann einem ja Angst machen 😰
Hat die wirklich Lieutenant Svenson umgebracht? 😱
Du liebst es, an solchen Stellen aufzuhören oder? Du mit deinen Cliffhanger 😅.
Ist der Name Sullivan nicht schonmal in einer deiner FF gefallen?
Wer ist die und vor allem, was will die von Shu? Der hat ihr nichts getan, also nicht wissentlich. 🙈
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel und wünsche dir einen schönen Sonntagabend und für morgen einen guten Start in die neue Woche. 😉

Liebe Grüße

Shu_Akai 💞

PS. Es werden doch aber noch ein paar Kapitel folgen, ehe es zu Ende geht, oder?
Ich will mich von der FF noch nicht verabschieden. 😢😢😢😢


Antwort von:  Varlet
14.07.2019 19:49
Hallöle,
danke für deinen Kommentar.

Shu hatte das wirklich nicht ahnen können. Daher ist es auch umso schlimmer.

Das mit dem Daumen auskugeln ist eigentlich ganz einfach. Wenn du Handschellen oder Reifenarmbänder hast, dann kommst du nicht so einfach aus denen raus, weil die Hand durch den Daumen zu breit ist. Kugelst du dir den Daumen nun aus, dann kannst du ihn so schieben, dass er quasi unter der Handinnenfläche ist. Damit könnte man theoretisch aus Handschellen rauskommen. Tut aber in Realität bestimmt sehr weh.

Ja, Svenson schützt gerade Jenna mit seiner Aktion.
Das mit dem Messer wissen ja nur wir Leser. Die Polizei weiß nicht, dass der Angriff direkt an der Tür stattfand :D

Jaaaaaaaaaaaaa, ich liebe Cliffhanger.

*gg* der Name Sullivan ist schon mehrfach gefallen ;) Der Therapeut aus Shus erstem Fall hieß auch Sullivan. Er wurde damals verhaftet, weil er die entlassenen Sträflinge nicht nur therapiert sondern auch umgebracht hat. Und Jenna bzw. Scarlett ist seine Tochter, die Akai aber für Tod hielt :D

Ähm...*hüstel* also um ehrlich zu sein, habe ich nur noch zwei Kapitelchen geplant, das es max. 21 Kapitel werden. Danach ist die Geschichte abgeschlossen, außer mir fällt noch etwas anderes ein.

Viele Grüße und schönen Start in die nächste Woche
Antwort von:  Shu_Akai
14.07.2019 20:15
Ich liebe deine FF! 😍

Ja, finde ich auch.

Sowas hört sich sehr schmerzhaft an. Ich hoffe nie, das ich sowas probieren muss.

Boah Manno, wieso bin ich nicht darauf gekommen :/
Sowas ist ja normal, wenn in den Zeitungen stand, das sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist.

Ok, ich werde mir schonmal Taschentücher bereit halten 😭😭

Vielen Dank, das wünsche ich dir auch
Von:  Shu_Akai
2019-07-14T17:02:28+00:00 14.07.2019 19:02
*winken* Hier mal wieder ein Kommentar von mir. 😁😁
Also ich glaube ja immer noch nicht, das Stephan Laura umgebracht hat!
Dieser Leutnant Svenson ist ja mal richtig in meiner Skala gesunken. Kann das sein, das er in jedem einen Täter sieht, der ihm gerade recht ist? Zuerst Shu und nun Stephan 😖
Ui, die Uhrzeiten und die gesamten Aktenlage hast du sehr gut hinbekommen.
Ich hätte zu gerne Leutnant Svenson’s Gesichtsausdruck hätte ich zu gerne gesehen 😂😂😂 als sich herausgestellt hat, das es sich mit der Abkürzung nicht um Shu gehandelt hat.
Sowas nenne ich ja einen schnellen Weg zur Arbeitsstelle. 😁
Es zeigt sich ja, das Jodie in dem Beruf richtig gut ist, die gibt immerhin die richtigen Anhaltspunkte!
Ok, Leutnant Svenson geht mir so langsam auf die Nerven.
Welches Bild hat Svenson denn in den Papierkorb verschoben? 😱 Du kannst mir nicht sagen, das es nicht wichtig ist!
Was für ein Hype? Hab ich was verpasst? 🙈
Scheisse 😂😂😂 ich musste voll lachen, also die beiden geben irgendwie eine lustige Konstellation ab.
Agent Grayson hat nochmal einen draufgehauen 😂😂 wortwörtlich!
Was machst du immer nur? 😱 Ist das Leutnant Svenson, der sich mit Shu getroffen hat?
Nein!!!!! Du bringst mir Shu aber nicht um, bitte nicht.



Antwort von:  Varlet
14.07.2019 19:23
*zurück winke* danke für deinen Kommi,

mhm...was antworte ich jetzt, um nicht zu spoilern? Gute frage...das ist echt schwer. Ich würde sagen, Svenson ist eben...speziell und hat seine eigene Werteskala. Aber ja, er will einen Fall schnell abschließen und nimmt jeden Täter, den er finden kann.

Die Uhrzeiten waren echt schlimm. Ich bin froh, dass ich während des Verlaufs wenig Uhrzeiten genommen habe, aber dennoch musste die Abfolge zeitlich passen :D

Ich wünschte, mein Arbeitsweg wäre auch so kurz ;( aber man kann ja nicht alles haben :D

Hmm das Bild...das Bild....ja, was war denn da drauf? Ha! ich weiß, steht im nächsten Kapitel :D

Ja, am Ende trifft sich Shu mit Svenson. Was kommt dabei raus? Was wird aus Shu?
Werden wir ihn wiedersehen? Das und vieles mehr, im nächsten Kapitel :D:D
Von:  Youdid
2019-07-05T15:03:59+00:00 05.07.2019 17:03
Ich muss dir wirklich ein Kompliment aussprechen! Ich hab jetzt alle Kapitel am Stück gelesen, weil es so spannend ist 😁 Svenson war mir von Anfang an ja nicht ganz geheuer. Aber ich hab noch jemanden im Verdacht. Aber das sag ich hier lieber nicht. Es soll ja jeder selber rätseln.😉
Auf jeden fall gefällt mir dein schreibstiel sehr gut und ich freue mich schon auf weitere Kapitel!
Antwort von:  Varlet
07.07.2019 18:28
Danke für deinen Kommentar,
habe mich sehr darüber gefreut.

Ich bin gespannt, ob sich dein Verdacht erhärten wird :) und wünsche dir natürlich viel Lesespaß mit den weiteren Kapiteln.

Viele Grüße
Von:  Shu_Akai
2019-06-30T16:09:02+00:00 30.06.2019 18:09
Hallo ^^ Ich hoffe, deine Woche war gut und angenehm bei den Temperaturen gewesen?
Ich musste schon bei den ersten paar Sätzen lachen. Agent Grayson kann ja sehr gut Schlussfolgern!
Wieso wird Svenson mit Lieutenant begrüßt?
Jenna ist mir sympathischer als Svenson 😅
Ich würde für die beiden auch meine Hand ins Feuer legen 🤞 ich glaub auch nicht, das Stephan das gewesen ist!
Agent Grayson scheint Shu ja gut zu kennen, wenn er weiß, das er nicht locker lassen wird. 😂
Wie kann man es denn schaffen, einen Fall rein objektiv zu bearbeiten? Ich stelle mir das schwer vor. 🙈
Lieutenant Svenson macht eher den Eindruck eines eiskalten Vorgesetzten.
Wird das CIA auch eine Rolle spielen, da du die erwähnst?
Scheisse!!!! 😡😢 Armer Stephan! 🥺
Das ist ja klar, das wen man sowas erfährt, nicht nach einem Anwalt ruft, oder ?
Man könnte wirklich meinen, dass das NYPD das FBI nicht mag und umgekehrt.
Hoffentlich will man Agent Grayson jetzt nicht den Fall entziehen, nur weil er mit Laura befreundet war. Immerhin weiß Lieutenant Svenson ja bestens Bescheid!
Boah die Ohrfeige hat gesessen 😂😂😂 die hat er sich meiner Meinung auch verdient. Nein, Jodie muss sich dafür nicht entschuldigen. Quatsch.
Ich dachte gerade ernsthaft, das Agent Grayson die Aktion von Jodie meinte, aber dem war ja nicht so 🙈🤣🤣
Ich glaube eher gefriert die Hölle, als das die ihre Differenzen überwinden oder?
Ich weiß, ich habe das Wort schon mal verwendet, aber Scheisse. Stephan tut mir voll leid 😢😢
Die Rückblende von Laura und Stephan hat so gut reingepasst, 😭😭😭 ich musste voll weinen, weißt du wie man sowas nennt? Quälen 😢
Lieutenant Svenson rutscht bei mir in der Skala immer weiter ab. Klar muss ermittelt werden, aber der ist ja mal voll stur!
Puh, da hat Agent Grayson ja noch die Kurve gekriegt und zum Glück nicht Leiche gesagt 🙈
Alter, wer würde einen Polizisten nicht so geschockt ansehen, bei so einer Frage ? 😱
😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢😢
Ich könnte noch mehr traurige Smileys hinerlassen, damit du weißt wie traurig das ist, aber ich denke das weißt du bestimmt. Schließlich hast du es ja geschrieben! 😅
Und dann stellt sich zum Schluss heraus, das Stephan den Ring schon gekauft hatte. Also noch trauriger kannst du es ja wohl nicht machen! Und nein, bitte mach es nicht noch schlimmer. 😭
Laura war seine eine, die er heiraten wollte, seine Zweite Hälfte!
So ein Ende hat Laura nicht verdient.
Ich glaub nicht, das Stephan jemanden finden wird, der das Loch in seinem Herzen füllen kann!
Ich bin gespannt wie es weiter geht!
Ich wünsche dir einen schon Rest Sonntag!
Und bitte quäle die Leser (also insbesondere mich!,) nicht weiter.
Glaubst du, das schaffst du? 😉

Viele liebe Grüße

Shu_Akai 💞




Antwort von:  Varlet
30.06.2019 21:25
Danke für deinen Kommentar,
habe mich sehr gefreut.
Meine Woche...ging eigentlich...aber am Samstag ist mein Kühlschrank/Gefrierschrank kaputt gegangen... ;(

Svenson wird so begrüßt, weil das sein Rang ist. Der Lieutenant ist in Amerika eine Amtsbezeichnung der Polizei ^^

Ich hab nicht geplant, dass das CIA eine Rolle spielt. Und ja, das NYPD und das FBI mögen sich nicht. Beruht hier zumindest auf Gegenseitigkeit.

*taschentuch reich* aber ich gestehe, mir ging es genau so *sniff* und ich bin über den Verlauf auch immer noch traurig.

Ich kann dir nicht versprechen, dass ich dich nicht mit Cliffhängern udn Co. weiter quälen werde (*hust* beim nächsten Kapitel z.b.)

Viele Grüße
Von:  Shu_Akai
2019-06-23T19:06:10+00:00 23.06.2019 21:06
Hi Guten Abend *winken* hoffentlich schaffe ich es noch mit dem Kommentar, bevor das nächste Kapitel kommt. 😁
Ich hoffe deine Woche war gut ^^ zurück zum Kapitel.
Deine Überschrift passt perfekt 👍🙌
Sowas kann wirklich nur ein Albtraum sein, armer Shu, da will man ihn gleich in den Arm nehmen. 😓
Ernsthaft? Dieser Svenson kann Shu doch nicht Verdächtigen und seine Verachtung zeigen, nur weil das FBI dem NYPD die Fälle wegschnappt 😤
Ich finde Shu ist der beste Scharfschütze den es gibt und ich finde es klasse, das du auch seine Jeet Kune Do Fähigkeiten erwähnst 😍😍
Also dann würde ich von Shu lieber mit Worten zu Fall gebracht werden 😅
Das man in der Ausbildung auch lernt ruhig zu bleiben wusste ich nicht. Aber wer hat den einen Grund, das er Shu hinter Gittern sehen will?
Da hat sich Laura ja richtig Mühe gegeben, das man nicht weiß, wo sie wohnt. Aber wie kann das sein, das der Täter trotzdem wusste, wo sie wohnt? 😞😩
Da ist Stephan ja richtig hartnäckig gewesen, bei so vielen Dates. Aber die beiden waren so ein süßes Paar.
Ich bin immer noch traurig, das sie nicht mehr vorkommt. 😭😢
Wird Shu zum Rächer und erschießt denjenigen der für Lauras Tod verantwortlich ist? Ich kann mir nicht vorstellen, das er hofft, das derjenige nur vor Gericht kommt 😱
Was? Stephan hat doch Laura geliebt! Ich glaube nicht, das er es gewesen ist.
So berechnet kann er doch nicht sein, oder? 😥😢
Vielleicht wird sein neuer Partner ja der Vater von Jodie oder?
Für Stephan wird bestimmt eine Welt zusammenbrechen, wenn er davon erfährt.
Verdammt! Dann hat es Agent Grayson ja auch nicht leicht 😓😭
Hoffentlich bekommt das FBI kein Wind davon und Agent Grayson kann weiter darin ermitteln. 😕
Agent Martin ist mir sympathisch 👍
Ach du Scheisse! Aber Jodie weiß doch, das Shu keine andere Frau in seinem Leben hatte oder?
Omg! So ein Spießrutenlauf hatte ich zum Glück noch nie. *erleichtert sein*
Und wieder armer Shu. 🙈 Immerhin zeigt Agent Grayson öffentlich, das er zu Shu hält. Respekt 👌🙌
Die Angst von Shu kann ich verstehen, aber immerhin hat Grayson ihn auf andere Gedanken gebracht. Ich mag den. Bitte bring ihn nicht auch noch um, ja?
Awww, Das ist so ein herzzerreißender Moment zwischen Shu und Jodie 😭😭😭
Wird der Täter ein drittes Mal zuschlagen ? 🙈
Das ist jetzt nicht dein Ernst? 😖😫
Stephan kann es nicht gewesen sein! Für den würde ich meine Hand ins Feuer legen.
Ich glaube es einfach nicht.
Du liebst solche Cliffhanger oder? 😏
Ich freue mich auf das nächste Kapitel und wünsche dir noch einen schönen Abend und für morgen einen guten Start in die neue Woche. Auf das du es in der Arbeit nicht zu heiß hast. 😎
Liebe Grüße

Shu_Akai 💞












Antwort von:  Varlet
23.06.2019 21:55
Hallöchen *wink*
du hast den Kommentar vor dem nächsten Kapitel fertig bekommen :)

Svenson mag Shu nicht...wobei...Svenson mag alle nicht *hust* Oder mag er vielleicht doch jemanden? *denk* mhm... :D

Uff wer Shu hinter Gitter sehen will? Da gibt es sicher einige. Aber wer von ihnen ist es nun? Hm... *gg*

Oh ja, das muss hart sein. Die Nachbarin einer bekannten von mir, ist Polizistin. Die tut das auch wenn sie heim kommt, also sich umsehen, ob sie nicht verfolgt wird, wenn sie mit dem Auto fährt, es ein paar Straßen vorher abstellen und mit Öffis immer an anderen Haltestellen aussteigen. Die meinte mal, dass man mit der Zeit schon etwas paranoid wird, weil man nie weiß, wer einem dann ans Leder will.

Ich vermisse Laura auch...das nächste Kapitel war auch sehr emotional zum Schreiben *benutzte Taschentücher wegpack* Ich finds auch fies von mir, dass ich Laura ermorden lassen musste. Aber leider...war das von Anfang an geplant und musste sein. Was Shu macht? Hm...gute Frage...das kommt auf die Situation drauf an. Ich hab für das Ende schon ein paar Szenen im Kopf, ich muss nur schauen, welche ich dann nehme.
Shus neuer Partner wird nicht Jodies Vater werden. Und Jodie wirds auch nicht werden *kicher* aber ich weiß schon, wer es ist :D

Ich verspreche, ich bringe Grayson nicht auch noch um. Ich mag Grayson auch, er passt arbeitstechnisch zu Jodie ^^

Ich kann nicht viel verraten, außer: Stephan war es auch nicht. Und ja ich liebe Cliffhanger. Man braucht ja was, um sich auf das nächste Kapitel zu freuen *gg*

Danke, ich wünsch dir auch einen schönen Rest-Abend und guten Start in die Woche.
Ich hoffe auch, dass es mir in der Arbeit nicht zu heiß werden wird. Der Vorteil ist, dass meine beiden Kolleginnen im Büro empfindlich auf Ventilatorluft reagieren, also steht unser Ventilator hinter mir und ich krieg die kühle luft ab. Aber da es morgen über 30 sein soll, weiß ich nciht obs reicht. Ich hoffe du hast es auch kühler als draußen.

Viele Grüße
Antwort von:  Shu_Akai
30.06.2019 21:15
Mhh, vielleicht mag er seine Kollegin Jenna?

Ich glaub, ich muss mir nochmal die vorherige FF durchlesen, vielleicht komme ich dann auf den Täter, oder?

Oha, also bei dem was heute alles so passiert, wäre ich da auch vorsichtig. 🙈

Laura war so eine gute Partnerin für Shu und man könnte ja auch sagen Mentorin oder?
Es wird aber noch mehr Kapitel geben oder?
Wer wird den sein neuer Partner? *neugierig gucken*

Gott sei Dank, Agent Grayson darf Leben juhuu. Das wäre ja auch hart, ihn auch umzubringen 🙈

Oja, Cliffhanger machen immer Lust und vorfreude auf das nächste Kapitel! *grinsen*

Hehe Danke, ich hatte es auch kühler, wobei ich eher im Schatten war ^^ ich suche immer noch eine Ausbildung.
Antwort von:  Varlet
30.06.2019 21:30
Einen Hinweis auf den Täter wirst du in den anderen beiden FFs nicht finden. Der Täter ist davon unabhängig *gg*

Es wird noch ein paar Kapitel geben.
Sein neuer Partner wird...*zensiert*

Oh ja, ich würde es auch nicht ertragen, wenn ich Grayson auch noch hopps gehen lassen

Ich drück dir die Daumen, dass du was findest
Von:  Shu_Akai
2019-06-16T18:42:15+00:00 16.06.2019 20:42
😢😢😢 Du hast Laura wirklich umbringen lassen? Ernsthaft? 😱😰
Wieso sind so viele Agenten anwesend?
Nein! Shu ist doch unschuldig! *mit dem Kopf nicken*
Shu tut mir voll leid. 😓 Wieso quälst du Shu und mich so?
Immerhin sind die beiden Partner und haben sich immer aufeinander verlassen!
Und da sieht man, das Laura immer zuverlässig ist, oder gewesen ist. Du hast sie umbringen lassen 😨🤧😩😔
Die wollen doch Shu keinen Strick draus drehen oder?
Shu mal sprachlos zu sehen, sieht man ja nicht oft. 🙈
Wie kann man den nur von den Nachrichten ausgehen, das Shu und Laura angeblich eine Affäre hätten?
Ich glaub, Shu hätte den gerne eine reingehauen oder? Solche Unterstellungen 😰😔
Omg Stephan hab ich ja voll vergessen. Der kann einem voll leid tun 😢😢😢
Wer war den Täter? Immerhin kannte der oder diejenige ja Laura. Ich glaub, ich werde mir noch die letzten 2 FF von Dir durchlesen, vielleicht komme ich ja drauf. 😁
Jenna ist mir sympathisch. Wenigstens sagt sie laut, was sie denkt 🙌
Wie wird es weitergehen?
Ich hoffe, du hattest eine schöne Woche gehabt! 😃
Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel. Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntagabend und für morgen einen schönen Start in die neue Woche.
Liebe Grüße

Shu_Akai 😁💞












Antwort von:  Varlet
17.06.2019 06:15
Guten Morgen,
danke für deinen Kommentar.

Ja, es ist wahr. Ich hab Laura sterben lassen 😢 Mir gehts da wie dir. Es war unheimlich schwer und sehr emotional. Ich hab bis zum letzten Ende mit mir gerungen, ob ich es wirklich mache oder nicht. Aber ich muss einen Menschen aus Shus nächster Umgebung sterben lassen...und es sollte nicht die Familie sein. Ich hab Laura auch als Charakter sehr lieb gewonnen, aber es ging nicht anders

Es ist der Plan des Täters, dass es so aussieht, als wäre Shu der Täter (man was für ein Satz). ABer der Täter hat nicht damit gerechnet, dass Laura kein Single war. Deswegen kommt Stephan theoretisch auch als Täter in Frage, zumindest wenn man bei der Affären-Argumentation bleibt. Durch ihn konnte Shu wieder in Freiheit das NYPD verlassen. Und ja, Stephan tut mir auch leid *sniff* im Übrigen war die Verkupplung mit Stephan sehr spontan und gehörte eigentlich nicht zu meinem Plan für die FF

Hmm wer der Täter ist...so viel schon mal gesagt: Es ist der gleiche der Masumi entführt und für das Absagen der Hochzeit sorgte.

Ich wünsch dir auch einen schönen Start in die Woche


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