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Der Preis der Magie

Die Wächterin
von

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Anfang


 

“Möge deine Wahl deine Hoffnungen reflektieren, nicht deine Ängste.”

 
 

* * *
 

Man lernt früh im Leben, dass die Entscheidungen, die wir treffen allesamt Konsequenzen haben. Über die Jahre erfahren wir am eigenen Leibe, wie schwerwiegend sie sein können. Manchmal kommt es vor, dass einem die Entscheidungen abgenommen werden, etwa um uns zu beschützen oder um den Schein zu wahren. 
 

Im Zirkel der Magi gab es wenige Gelegenheiten für uns als Magier, unsere eigenen Erfahrungen zu sammeln. Wir Magier wurden,  sobald sich unsere magischen Fähigkeiten entfalteten, in Zirkel gesteckt und gelehrt, damit umzugehen. Wir wurden unseren Familien entrissen und führten das Leben, das die Kirche für uns vorgesehen hatte. 
 

Wir trafen selten eigene Entscheidungen und die, die uns vergönnt waren, besiegelten nicht unsere Zukunft. Deshalb war ich auch vollkommen überrumpelt, als mein langjähriger und geschätzter Freund Jowan mich unter Tränen darum bat, ihm bei der Flucht aus dem Zirkel zu helfen. 

 
 

* * *
 

Der Versuch aus dem Zirkel zu fliehen wurde mit den Jahren immer härter bestraft. Viele vor Jowan hatten Wege gefunden, dem Turm am See Calenhad zu entfliehen, aber die wenigsten blieben wirklich lange fort. 
 

Der Zirkel der Magie in Ferelden war ein hoher, steiniger Turm inmitten eines tiefen, schmutzigen Sees. Die einzige Brücke, die zum Festland führte war schon vor Jahren zerstört worden und aus verschiedenen Gründen nicht wieder aufgebaut worden. Zum einen war es viel einfacher, den Zirkel zu verteidigen, andererseits wurden Flüchtige durch das tiefe Wasser abgeschreckt.
 

In der Vergangenheit hatte es diverse Versuche gegeben, den Zirkel zu infiltrieren, aber niemandem war es lange gelungen, weil der alte König und seine Gefolgschaft dies zu verhindern gewusst hatte. Der orlesianische Erste Verzauberer Remille wurde durch einen anderen ambitionierten Herrn ersetzt, der nun bereits seit 20 Jahren den Zirkel erfolgreich leitete. 
 

Der Erste Verzauberer Irving war vom ersten Tag an mein Mentor gewesen, er hatte mich geleitet und mir die Angst vor der fremden Umgebung genommen. Er war einer der wenigen gewesen, die von Anfang das Potential in mir erkannt hatten, denn auch wenn meine Magie weiterhin Fortschritte machte, war es für mich schwierig, aus mir herauszukommen. 
 

Wissbegierig war ich, ohne Zweifel, doch für viele blieb ich jahrelang unscheinbar. 
 

Vielleicht waren diese Umstände der Grund, warum mich Jowans Bitte so schwer mitnahm. Es gab nebst Jowan nur drei Menschen, denen ich vollends vertraute und er wollte, dass ich mich gegen einen von ihn stellte. 
 

Selbstverständlich hatte Jowan gute Argumente, er bat mich nicht einfach so, eine Straftat zu begehen. Ihm war durch eine Angehörige der Kirche zugetragen worden, dass man vorhatte ihn zu besänftigen und ihn jeglicher Magie und Emotionen zu entziehen. Jowan sagte, durch seine nächtlichen Treffen mit Schwester Lily, würden die Gerüchte streuen, dass er Blutmagie praktizierte und man ihn deshalb nicht zur Prüfung zulassen würde. 
 

Es gab allerdings nur zwei Möglichkeiten für Magier. Entweder legten wir die Prüfung ab oder man wurde besänftigt. 
 

Die Besänftigten waren angsteinflößend, weil sie wirkten wie Puppen. Sie sprachen monoton und waren unerträglich ruhig. Kein Magier, der bei Sinnen war, wollte je zu einem von ihnen werden, also stellten sich die allermeisten der Läuterung. Doch wenn ein Magier für zu schwach gehalten wurde, hatte die Kirche keine andere Wahl als ihn zu besänftigen. 
 

Ich fragte Jowan natürlich, wieso er dem Ersten Verzauberer nicht einfach die Wahrheit erzählte und auf Milde hoffte, doch er wollte nicht das Risiko eingehen, dass seine Kirchenfreundin und er für ihre Beziehung bestraft wurden. Stattdessen wollte er lieber mit ihr in Freiheit leben und auf einem einsamen Bauernhof leben. 
 

Dass er dafür seine beste Freundin in Gefahr brachte, als Mittäterin hingerichtet zu werden schien ihn allerdings nur halb so sehr zu beunruhigen wie mich. Er sorgte dafür, dass ich mich in dieser Zwickmühle befand und mich entscheiden musste, ob ich einen Freund oder mein Leben hier aufgab. 

 
 

* * *
 

Mein Herz klopfte laut und fest gegen meinen Brustkorb, während ich meine wenige Habe in den schwarzen Lederbeutel stopfte. Für einen Moment hielt ich inne, als ich eine Elfe namens Velva im Flur sprechen hörte. »Was schenkt Ihr dieser blöden Kuh überhaupt Beachtung? Sie ist keine Heldin, im Gegenteil, sie hat bestimmt etwas angestellt, wenn sie bei denen aufgenommen wird. Man hört doch, dass sie lauter Verbrecher rekrutieren. Oder sie hat mit einem Templer geschlafen, um den Zirkel verlassen zu können!«
 

Ich rümpfte die Nase und schüttelte verärgert den Kopf. Velva war eine einfältige Ziege, die gern über alle Magier im Zirkel schimpfte, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Obwohl sie versuchte, mich vor den anderen schlecht darstehen zu lassen, hörte ihr niemand zu und das ärgerte sie vermutlich am meisten. Wenn sie einfach den Mund gehalten hätte und nicht immer versuchen würde, andere schlechter darstehen zu lassen, wäre sie mit ihren hellen blonden Haaren und den blauen Augen vermutlich ganz hübsch gewesen. 
 

Natürlich war ich das wichtigste Gesprächsthema an diesem Tag. Nicht nur meine Läuterung hatte ich vor einigen Nächten in Rekordzeit bestanden - nein - auch hatte mich der Kommandant der Grauen Wächter in Ferelden auserwählt, seinem Orden beizutreten. Unglücklicherweise lag Velva mit ihrer Vermutung nicht ganz falsch: Man hatte mich nicht wegen meiner überragenden Fähigkeiten gewählt, sondern damit ich Kommandant Greagoirs Strafe entgehen konnte, der mich liebend gern am Galgen gesehen hätte.
 

Ich seufzte und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. Ich sollte schon morgen aufbrechen und hatte keine Zeit, mir das Geschwätz der anderen anzuhören. Mutter hatte mich gelehrt, dass man der Meinung anderer nicht allzu viel Gewicht geben sollte, sonst würde das Leben schwerer, als es ohnehin schon war und erst jetzt war mir bewusst, wie recht sie damit hatte. Je mehr ich darüber nachdachte, was die anderen in dieser Situation von mir denken mochten, desto mehr machte ich mich selbst zur Zielscheibe.
 

Bestenfalls konnte ich froh sein, dass alle  über  mich sprachen, aber keiner  mit  mir sprach. Ich wollte mich nicht erklären müssen, denn das war schrecklich, weil ich mich bisher im Zirkel immer sehr wohl gefühlt hatte. Es war für viele Jahre mein Zuhause gewesen und es gab mit Sicherheit die Möglichkeit, nach der Verderbnis hierher zurückzukehren.
 

Langsam schleppte ich mich zum Spiegel und nahm mir die gute Bürste zur Hand, die meine Freundin Solona mir am ersten Annustag geschenkt hatte. Mit  bestimmter Gewalt, konnte ich mein Haar bändigen, aber ich fand dennoch, dass ich nicht angemessen für eine Reise aussah, besonders nicht als Repräsentantin des Zirkels.
 

Ich hatte in der Nacht nicht viel Schlaf gefunden, entsprechend wirkten meine Augen düsterer und eingefallener als sonst. Auch die kleine Nase, die in meinem Gesicht prangte, warf einen unvorteilhaften Schatten aufs Gesicht. Ich band mir den hohen Zopf so fest es das Haarband zuließ und zuckte erschrocken zusammen, als ich im Spiegel das Abbild von jemandem sah, der hinter mich trat.
 

»Ah, Emiya Amell. Ich habe nach Euch gesucht«, tönte die raue Stimme vom Ersten Verzauberer Irving an meine Ohren. Ich drehte mich herum und besah den älteren Magier mit den grauen Haaren und dem langen Vollbart in seiner hellgrünen Robe. Er hatte seine dürren Finger vor seinem Bauch gefaltet, als würde er beten, er lächelte liebevoll, wie ein Großvater. 
 

»Ihr seid es!«, lachte ich nervös und rieb mir den Nacken. An diesem aufregenden Tag, konnte mich selbst ein solches Gespräch verschrecken, so tief war ich in meine Gedanken versunken.
 

»Habt Ihr jemand anderen erwartet?«, fragte er verwundert
 

Ich schüttelte den Kopf, aber es gab tatsächlich jemanden, auf dessen Anwesenheit ich wartete. Meine Freundin Solona wollte noch mit mir sprechen, bevor ich den Turm verließ und ich konnte nicht gehen, bevor sie mich nicht verabschiedet hatte. Aber ich hatte alle Zeit der Welt, da wir erst morgen abreisen würden.
 

»Wie dem auch sei, Emiya. Ich wollte mit Euch noch einmal über die Reise sprechen, die Ihr morgen antreten werdet«, sagte Irving ruhig und hob die Hand zum Zeichen, dass ich ihm folgen sollte. Zustimmend nickte ich und folgte ihm in seine Amtsstube - dort hatte ich  auch Duncan, den Kommandanten der Wächter Fereldens kennengelernt.

 
 

* * *
 

Das großräumige Arbeitszimmer überraschte mich aber bei jedem Besuch wieder, denn es war recht gemütlich. Die deckenhohen Regale waren gefüllt mit allerlei Büchern über verschiedenste Magie und konnten einem das Gefühl vermitteln, dass man im Vergleich dazu ganz klein und bedeutungslos war. Zu gerne hätte ich hier einen Nachmittag verbracht und mich in der Lektüre gewälzt, die der Verzauberer über die Jahre angesammelt hatte und weder für Magier und Schüler zugänglich war.
 

Irving bat mich, auf einem Stuhl Platz zu nehmen und ich befürchtete bereits das Schlimmste, als er mich jedoch auf meinen aufgebrachten Gesichtsausdruck wohl, zu beruhigen versuchte: »Macht Euch keine Gedanken, mein Kind.«
 

»Bereitet die Reise uns Probleme?«, fragte ich ihn aufgewühlt. Ich konnte nicht leugnen, dass ich sehr aufgeregt war, zu sehen, was sich außerhalb dieser Mauern verbarg.
 

»Nein, nein. Wie ich bereits sagte. Sorgt Euch nicht, Kind. Ihr werdet uns auf jeden Fall verlassen«, versprach mir mein Gesprächspartner. An der Art, wie er das sagte, hörte ich aber bereits, dass er mich zusätzlich über etwas in Kenntnis setzen wollte, mit dem ich wohl nicht ganz einverstanden sein würde, also spitzte ich die Ohren.
 

»Wie Ihr wisst, ist Greagoir ganz und gar nicht erfreut, dass Ihr uns für diese löbliche Aufgabe verlasst. Er ist ein wenig...nachtragend.« Irving verzog belustigt das Gesicht. »Er glaubt, dass ihr wegen der Vorkommnisse nicht geeignet seid, aus der Obhut der Templer gegeben zu werden. Er vertraut den Wächtern nur so weit, wie er sie werfen kann und so  auch Euch . Außerdem habt ihr gerade erst die Läuterung hinter Euch und seid dazu noch so jung. Daher wollte er Euch gar nicht erst gehen lassen. Aber die Konskription ist eine Verpflichtung und Ihr werdet uns ohne seinen Segen verlassen, dennoch hat auch Greagoir als Kommandant der Templer Macht. Er hat ein Arrangement vereinbart mit Duncan, nämlich, dass Euch ein Templer begleiten wird.«
 

Langsam lockerte sich die Faust, die ich unbewusst geballt hatte. Kommandant Greagoir, der ranghöchste Templer im Zirkel, musste sich selbstverständlich an das Konskriptionsrecht halten, das jeden Mann, jede Frau jeden Ranges, jeder Rasse und jeder Profession für die Grauen Wächter verpflichten konnte, wenn das Land in Gefahr war, von einer Verderbnis bedroht zu werden. 
 

Ich runzelte die Stirn. »Verzeiht, Irving. Ihr wisst um meine Loyalität und als mein Mentor kennt Ihr mich genau als dass ich es wagen würde zu widersprechen, aber das ist doch mit Sicherheit nicht das übliche Verfahren, wenn ein Magier zu den Grauen Wächtern geht, richtig?«
 

»Üblich ist an Eurer Situation gar nichts, mein Kind. Immerhin habt Ihr in seinen Augen geholfen, dass ein Blutmagier entkommen kann. Und Ihr wisst selbstverständlich, welche Gefahr das birgt. Er könnte sich in vielerlei Köpfe einnisten. Ihr seid eine Mittäterin, zumindest in den Augen der Templer, die ungern zugeben würden, dass sie selbst ebenso anfällig wie wir sind.«
 

»Gewiss, aber es ist Jowan, von dem wir hier reden. Er ist... von sanftem Gemüt. Der Angriff war bestimmt ein Versehen. Er wollte sich schützen«, versuchte ich meinen Freund zu verteidigen, doch Irving schüttelte den Kopf.
 

»Ihr wisst genau wie ich, dass Blutmagie jeden noch so zärtlichen Geist vergiften wird. Er wird schon beim nächsten Aufeinandertreffen ein anderer sein, das beschwöre ich.«
 

»Ich bezweifle, dass es je dazu kommen wird. Aber ich glaube Euch«, antwortete ich und setzte ein schüchternes Lächeln auf. Ich konnte froh sein, dass ich mit meinem Mentor über derartige Dinge sprechen konnte, denn Greagoir hatte mich aufgrund meiner Sympathien für Jowan direkt für seine Komplizin gehalten. Doch dem war nicht so. Vielleicht war ein kleines bisschen Sympathie für meinen zerstreuten Freund übrig geblieben, weil wir all die Jahre im Zirkel gemeinsam verbracht hatten, doch auch er hatte mich getäuscht und enttäuscht.
 

Allerdings war ich nicht minder an der Sache beteiligt. Als seine Freundin wäre es meine Pflicht gewesen, ihn daran zu erinnern, dass eine Flucht aus dem Zirkel nicht die Lösung war, statt ihn blindlings in eine Falle tappen zu lassen. Doch etwas in mir hoffte stets, dass dieser Versuch unbemerkt misslingen konnte, zumindest, bis mich Irving bat, auch Lily, die Schülerin der Kapelle zu stellen. Ich wusste nicht, was mich in diesem Moment geritten hatte, doch ich war Feuer und Flamme dafür, sie auffliegen zu lassen.
 

Seitdem mein Freund Anders aus dem Turm geflohen war, fühlte ich mich dank Lily sehr einsam, denn sie hatte mir meinen verbliebenen Freund genommen und ihn liebeskrank werden lassen. Wäre sie nicht gewesen, hätte Jowan mich nie gebeten, ihm bei der Flucht zu helfen. Sie hatte ihre schmutzigen Finger an ihn gelegt und mich nichtig erscheinen lassen, Größenwahn in ihm ausgelöst, obwohl er laufend falsche Entscheidungen wie diese traf.
 

Irving holte mich aus meinen Gedanken. »Es wird Euch also ein junger Templer begleiten, der ein Auge auf Euch haben wird. Bitte nehmt mir das nicht allzu übel.«
 

Er musste meinen verwirrten Ausdruck bemerkt haben, denn sofort legte er mir eine faltige Hand auf meine. »Er wird Euch nicht in Eurer Freiheit als Wächter einschränken, das war die Bedingung.«

»Der Kommandant will Vertrauen aufbauen, indem er mich beobachten lässt?« Ich war für den Moment sprachlos und versuchte zu verstehen, was Irving von mir verlangte. Den einzigen Vorteil, den ich an dem Beitritt gesehen hatte war gewesen, dass ich mich nicht länger von einem Templer hätte beobachtet fühlen müssen und diese Hoffnung verpuffte gerade einfach so.
 

»Das mag für Euch nicht viel Sinn ergeben, doch Greagoir lässt es des Nachts ruhig schlafen und ihm entgegen zu kommen ist das Mindeste, das wir tun können, nachdem wir Schuld an der Flucht eines Blutmagiers sind.« 

Mir war bewusst, dass Irving mit Absicht von einem ›wir‹ sprach, denn er wollte an meinen Verstand appellieren. Dabei hatte dieser Fehler für mich allein schwerwiegende Konsequenzen, nicht aber für ihn. 

Die Art, wie das Gespräch seinen Lauf genommen hatte führte mir vor Augen, dass im Grunde alles vorbestimmt war und ich keine andere Wahl hatte, als zu akzeptieren, dass man mir den kleinen Finger reichte.
 

»Also werde ich auch außerhalb des Zirkels überwacht? Von wem?« Ich war zum Zerreißen gespannt und auch, wenn mich die neu gewonnene Erkenntnis erschütterte, blieb mir ein Funken Verstand erhalten. Wenn mich ein Templer begleiten sollte, wollte ich vor der Abreise wissen, wen es getroffen hatte. Es gab so viele schwarze Schafe unter ihnen, dass ich unbedingt Gewissheit haben musste. 
 

»Das ist unter anderem ein Grund, warum ich Euch her gebeten habe.« Irving lehnte sich zurück, die Anspannung war deutlich von ihm abgefallen. »Da Eure Begleitung auch die Templer repräsentiert, haben wir uns für einen fähigen jungen Rekruten entschieden, der auch Eurer Läuterung beigewohnt hat.«  Der Verzauberer rückte mit dem Stuhl ab vom Tisch und erhob sich geräuschvoll. »Herein«, rief er laut und nur kurz danach wurde die sperrige Tür aufgeschoben. »Darf ich vorstellen: Ser Cullen Rutherford.«

 
 

* * *
 

Der Templer trat ein, das Scheppern der Rüstung begleitete seinen Auftritt und er kam vor mir zum Stehen. Die Brustplatte seiner Stahlrüstung zierte das flammende Schwert der Andraste und um den Gürtel war ein purpurnes Band geschlungen, dass dieselbe Farbe wie der Waffenrock hatte. Der Waffenrock hatte außerdem eine goldene Verzierung von kleinen Sonnen, die ein Tribut an die Göttliche darstellen sollten, denn die Templer waren schon, soweit die Geschichte dokumentiert worden war, ein Teil der Kirche gewesen. Auf seinem Rücken prangte ein zweihändiges Schwert, das, bei genauerem Betrachten viel zu groß für ihn schien. Aber da ich die Templer bereits im Kampf erlebt hatte, wusste ich, dass sie diese Waffen auch benutzen konnten. Auch ohne die Fähigkeit Magie zu bannen, waren Templer außerordentliche Kämpfer und in jeglicher Waffenkunst bewandert. 
 

»Guten Abend«, hörte ich ihn sprechen, ehe ich die feinen Gesichtszüge in seinem Gesicht bemerken konnte. Seine Augen waren von einem außergewöhnlichen bernsteinfarbenen Ton, der mir bisher nie aufgefallen war, obgleich es nicht die erste Begegnung zwischen ihm und mir gewesen war. Ein kurzer Bart umrahmte seine leicht geöffneten Lippen und blonde Locken zierten sein Haar. Mir war bewusst, dass ich ihn anstarrte, denn Ser Cullen ertappte mich. Seine Wangen färbten sich bei der Erkenntnis rot und er musste schließlich den Blick abwenden. 

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also schenkte ich Irving all meine Aufmerksamkeit stattdessen. 
 

»Ser Cullen wird Euch nach Ostagar begleiten und Greagoir auf dem Laufenden halten«, erklärte der erste Verzauberer kurz und bündig. »Duncan ist bereits darüber unterrichtet worden. Wenn Ihr keine Fragen haben solltet, würde ich euch beide daher gern bitten, morgen nach dem Frühstück Duncan aufzusuchen, damit ihr aufbrechen könnt.« 

Ich ließ Irvings Worte sacken und überlegte tatsächlich für einen Moment, ob es noch etwas gab, das ungeklärt blieb, aber das war nicht der Fall. 
 

»Da fällt mir ein...« Irving runzelte die Stirn und rieb sich das Kinn, als dachte er über etwas angestrengt nach. »Ser Cullen, der Kommandant bat mich, Euch darüber zu informieren, dass Euer Dienst in dieser Nacht aufgrund dieser Aufgabe selbstverständlich ausfällt. Ihr dürft Eure Freizeit nach eigenem Ermessen gestalten.« 

»Vielen Dank, erster Verzauberer«, hörte ich den Templer sprechen und warf ihm einen verstohlenen Blick von der Seite zu. 
 

Ich mochte vielleicht nicht viel davon halten, dass mich ein Templer auch außerhalb des Zirkels begleitete und beobachtete, aber ich spürte, wie mein Unmut darüber langsam verpuffte. Auch wenn wir nie viele Worte gewechselt hatten, war Ser Cullen durchaus ein Templer, mit dem man sich unterhalten konnte. Er war nicht verbittert oder ungerecht, wie viele andere Templer, darum versuchte ich zumindest dem ganzen etwas Gutes abgewinnen zu können. Sollte sich mit der Zeit herausstellen, dass er nicht besser war als seine Kameraden, konnte ich ihn immer noch getrost ignorieren. 
 

»Da alles geklärt scheint, möchte ich euch bitten, dass ihr euch ausruht. Die Reise wird anstrengend werden und ich möchte nicht, dass die Erschöpfung euch frühzeitig übermannt.« Irving drückte uns beiden freundlich die Hand und begleitete uns aus seiner Stube. 
 

Nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hatte, standen der Templer und ich allein auf dem Korridor, beide in unbehagliches Schweigen gehüllt. Offensichtlich war es ihm auch nicht geheuer, den Zirkel zu verlassen, um das Kindermädchen für eine Magierin zu spielen, aber er sagte nichts dergleichen, also versuchte ich, die Stimmung durch ein Lächeln nicht absinken zu lassen. »Es tut mir unwahrscheinlich Leid, dass Ihr meinetwegen diesen Aufwand auf Euch nehmen müsst«, murmelte ich eine Ausrede, um nicht schweigen zu müssen. 
 

»Ihr seid nicht daran schuld«, antwortete Ser Cullen sanft und wir sahen uns einen Moment lang an. Es schien mir so, als wäre er gänzlich in Gedanken versunken und obwohl mich meine Neugier drängte, wissen zu wollen worüber, räusperte ich mich schlussendlich und verabschiedete mich. Ich wusste ganz genau, dass es nur eine Person gab, dessen Worte mich jetzt noch beruhigen konnten und sie wollte gewiss auch erfahren, welche Wendung mein Schicksal soeben genommen hatte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Willkommen bei 'An deiner Seite'!
Diese Geschichte gab es 2011 in ähnlicher Form bereits auf FF.de zu lesen, allerdings habe ich mich Anfang 2015 dazu entschieden, diese Geschichte neu aufzurollen und ihr viele neue Kapitel und eine neue Erzählsicht zu geben. Seither wird sie auf FF.de in unregelmäßigen Abständen hochgeladen und nun auch bei Mexx :P

Ich hoffe, sie gefällt und würde mich über Feedback aller Art freuen. Komplett anzeigen

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