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Paul MacLain der Privatschnüffler

Ein ehemaliger SAS-Offizier als Privatdetektiv
von

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17. Fall - Börsenmanipulation in Keflavik

17. Fall – Börsenmanipulation in Keflavik

Es war Sommer in geworden, in der Mainmetropole Frankfurt. Wir schrieben Montag, den 03.06.2019. Es schien ein Tag wie jeder andere zu werden. Wir hatten die allmorgendliche Joggingrunde mit unserer Sekretärin Brit Olson gerade beendet. Jelena stand gerade unter der Dusche, die sich im rückwärtigen Bereich unseres Büros befand, als das Telefon klingelte. Ich hatte gerade den Hörer von der Gabel genommen, als Jelena aus der Dusche kam. Nackt, wie Gott sie geschaffen hatte, nahm sie mir den Hörer ab und sagte: „Detektivbüro MacLain-Romanova, Sie sprechen mit Jelena Romanova.“ „Mein Name ist Rebekka Angusdottir. Ich bin die Leiterin der isländischen Börsenaufsicht. Wir haben ein Problem.“ „Worum geht es?“ „Wir haben den Verdacht, dass über die Manipulation der Aktienkurse versucht werden soll, einen Konkurrenten zu schlucken.“ „Welcher Wirtschaftszweig wäre betroffen?“ „Der Bankensektor.“ „Bevor mein Partner und ich eine Entscheidung treffen, ob wir annehmen, würden wir gerne in einem Gespräch in unserem Büro noch einige Details mit Ihnen besprechen.“ „Ich könnte um 13:30 Uhr bei Ihnen sein.“ „Einverstanden. Dann bis später.“

Um 13:30 Uhr klingelte es an der Tür unseres Büros. Brit betätigte den Türöffner. Nur kurze Zeit später hörten wir Schritte auf der Treppe. Dann klopfte es an der Tür. Unsere Sekretärin öffnete und ließ unsere Besucherin ein. Die Frau, die eintrat, erinnerte mich sehr an meine Landsmännin Gloria, die Jelena und ich im vergangenen Monat bei einer Auktion vor einem schlimmeren Schicksal hatten bewahren können. Sie war 1,60 m groß und hatte lange blonde Haare, die weit über die Schulter fielen. Unsere Besucherin war 34 Jahre alt und hatte einen Körper, der an den entsprechenden Stellen kein Gramm Fett zu viel aufwies. Auch die üppigen Brüste waren ganz nach meinem Geschmack. Das ovale Gesicht mit den blauen Augen, der breiten Nase und den sinnlichen Lippen war ebenfalls ein Hingucker. Bekleidet war die Isländerin mit einem schwarzen Sommerkleid und schwarzen High Heels.

„Bitte setzen Sie sich doch, Miss Angusdottir.“, sagte ich freundlich. „Þakka þér fyrir.“ Rebekka Angusdottir setzte sich auf den Stuhl uns gegenüber und schlug die Beine übereinander, so dass ihre blank rasierte Scham sichtbar wurde. „Sie sagten heute Vormittag, dass Sie und ihre Behörde einen Verdacht auf Börsenmanipulation haben. Wie kommen Sie darauf?“ „Vor drei Monaten hat ein Mann, namens Haraldur Asgardur eine Bank gegründet. Der Firmensitz ist in Keflavik. Der Name des neuen Kreditinstituts lautet Asgardur Bank.“ „Soweit, so gut. Aber unsere Frage ist damit nicht beantwortet.“, wandte ich ein. „Es gib noch ein zweites Bankhaus, das vor kurzem gegründet wurde. Die Reykjavik Bank, deren Firmensitz sich unserer Hauptstadt befindet. Der Präsident ist ein skrupelloser Mann. Er heißt Björn Sigurdson. Er hat im vergangenen halben Jahr jedes neu gegründete Bankunternehmen geschluckt.“ „Indem er die Aktienkurse manipuliert hat?“, fragte Jelena. „Das glauben wir. Fakt ist, dass die Aktienkurse nach dem ersten Quartal permanent in den Keller gerutscht sind.“, sagte Rebekka. „Was geschah 201

dann?“ „Die Anleger waren verunsichert, was nur verständlich ist. Sie waren drauf und dran alles zu verlieren. Aber viele haben sich dennoch geweigert zu verkaufen. Als Mr. Sigurdson gemerkt hat, dass er nur einen kleinen Anteil ergattert hat, hat er die Vorstandsmitglieder mit schönen fetten Abfindungen und Boni auf seine Seite gezogen, und mit deren Hilfe die Banken durch eine so genannte feindliche Übernahme übernommen.“ „Entschuldigen Sie die Frage, aber ich bin Laie auf diesem Gebiet. Lassen sich die Aktienkurse an den Börsen so ohne weiteres manipulieren?“, wollte ich wissen. „Sie meinen, ohne entdeckt zu werden?“ „Genau das.“ „Wenn man von IT eine Ahnung hat, dann kann man durchaus Kurseinbrüche auslösen, ohne dass es jemand mitbekommt.“ „Was ich nicht verstehe, ist, wieso Björn Sigurdson jeden Konkurrenten aus dem Weg räumt?“ „Seine Motive können auch wir nicht nachvollziehen. Aber unsere Experten sind mit ihrem Latein am Ende. Deshalb habe ich mich nach Rücksprache mit den anderen dazu entschlossen, Sie beide zu beauftragen.“ „Damit wir diesen Banker hochgehen lassen.“ „So in etwa. Sie sollen seine Schuld beweisen.“

„Wenn wir uns über die Höhe unseres Honorars einig werden, haben wir einen Deal.“, sagte ich vorsichtig. „Man sagte mir bereits, dass Sie beide schon etwas mehr verlangen. Aber auf der anderen Seite, haben Sie schon mehrfach unter Beweis gestellt, dass Sie jeden Cent Ihres Honorars wert sind. Unsere Regierung bietet 300.000 isländische Kronen. Das wären 2.318,39 €.“ „Zu wenig. Es müssen mindestens 10.000 für uns raus springen.“ „Wird schwierig. Unser Haushalt ist noch nicht ausgeglichen. Würden Sie sich auch mit 5.000 zufrieden geben?“ Ich wollte etwas erwidern, doch Jelena ließ mich nicht zu Wort kommen. „Zugegeben 2.318 Euro ist nicht gerade viel. Und mein Partner hat durchaus Recht, wenn er auf unseren Mindestsatz von 10.000 Euro verweist. Wenn Sie uns bitte kurz entschuldigen wollen, wir sind in 10 Minuten wieder da.“, sagte Jelena.

In der Cafeteria im Erdgeschoss besprachen wir uns. „Hör zu, Paul. Ich finde, wir sollten in diesem Fall mal eine Ausnahme machen und ein niedrigeres Honorar akzeptieren. Wir haben in den anderthalb Jahren, die wir jetzt zusammen arbeiten, mehr Geld eingenommen, als sonst irgendjemand. Also werden wir von einem Auftrag, der uns „nur“ 2.318 Euro einbringt, nicht gleich bankrott gehen.“ „Da ist was wahres dran. Aber ich mag es lieber glatt. 2.500 ist für mich noch vertretbar.“ „Also zweifünf.“

Nach 10 Minuten kehrten wir ins Büro zurück. Rebekka Angusdottir schien sichtlich nervös. „Wir haben entschieden. Meine Partnerin und ich kommen Ihnen was die Höhe des Honorars angeht, entgegen. Wir würden uns mit 2.500 Euro begnügen. Vorausgesetzt, dass Sie einverstanden sind.“, sagte ich. „Das geht in Ordnung. Auch wenn das Honorar jetzt nicht so üppig ausfällt, wie Sie es sonst gewohnt sind, sollten Sie wissen, dass wir noch die Kosten für Ihre An- und Rückreise und Ihre Unterkunft übernehmen. Lediglich den Mietwagen müssten Sie selbst finanzieren.“ „Ich denke, damit können wir leben. Welchen Wagentyp würden Sie uns empfehlen?“ „Einen SUV. Es kann sein, dass Sie auch abseits befestigter Straßen unterwegs sein werden. Und da ist es besser, wenn ein Auto hat, das auch im Gelände 202

gut vorankommt.“ „Nun, da wir uns einig sind, sollten wir im Reisebüro einen Flug nach Island buchen. Da Sie ja die Kosten übernehmen, sollten Sie besser mitkommen, Miss Angusdottir.“

Der erste Schritt bestand darin, zu entscheiden, in welchem Ort wir unser Hotel wählen sollten. Rebekka Angusdottir empfahl uns, Keflavik, den Firmensitz der Asgardur Bank. Als Hotel hatten wir uns das Park Inn ausgesucht. Unser Flug sollte am Freitag, den 07.06.2019 vom Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt um 14:00 Uhr abfliegen. Nachdem die Buchung des Fluges und der Unterkunft erledigt war, fuhren Jelena und ich nach Hause und begannen unsere Koffer zu packen.

Am Mittwoch, den 05.06.2019, sprachen wir noch einmal mit Brit alles durch, was sie während unserer Abwesenheit tun sollte. „Post sortieren, Anrufe entgegennehmen. Haben wir doch alles schon gehabt.“, sagte Brit. „Nicht nur das. Behalte die bitte die Börsenkurse der OMX im Auge. Wenn dir im Bankensektor etwas verdächtiges auffällt, dann sag es uns.“ „Mach ich.“, sagte Brit.

Am Freitag brachte uns Brit zum Flughafen. Wir gaben unsere Koffer am Schalter von Iceland Air auf und gingen zusammen mit Brit zur Sicherheitsschleuse, wo wir uns verabschiedeten. „Passt auf euch auf. Björn Sigurdson ist ein harter Brocken.“ „Kennst du ihn?“ „Ich bin ihm mal begegnet. Ich konnte ihn auf Anhieb nicht ausstehen. Der Kerl ist ein richtiger Widerling. Der interessiert sich nur für Kohle. Frauen sind für ihn nur gut fürs Bett. Und die Frauen wechselt er so oft, wie seine Unterhosen.“ „Mit anderen Worten, er hat täglich ne andere.“ „Ganz genau. Aber wenn ihm jemand in die Suppe spuckt, dann wird er zum Berserker.“

Um 14:00 Uhr startete unser Flieger, eine Boeing 757, zu seinem Flug nach Keflavik, wo wir nach einer Flugzeit von 3 Stunden und 35 Minuten auf dem Keflavíkurflugvöllur, wie der Flughafen von Keflavik in der Landessprache hieß, um 17:35 Uhr landeten. Nachdem wir unsere Koffer geholt hatten, suchten wir nach einer Autovermietung. Bei Enterprise entschieden wir uns für einen KIA Sorento. Der Wagen hatte den 2,2 Liter CRDI 2WD Motor mit 200 PS. Lackiert war der SUV in Gravity Blau. Der Leiter der Filiale in Keflavik hatte zusätzlich die 19 Zoll Leichtmetallfelgen Type E, sowie die KIA Protection Plus und das Notfall-Kit mitbestellt. Auch eine Warnweste und ein Warndreieck durften nicht fehlen. Auch eine induktive Ladestation für Smartphones mit Ladeanzeige war an Bord. Die Spiegelkappen waren in mattem Farbton ausgeführt.

Vom Flughafen bis zum Hotel war es nicht weit. Nach ein paar Minuten Fahrzeit waren Jelena und ich am Park Inn angekommen. Das Hotel war ein vierstöckiger Betonklotz mit einem gläsernen Anbau, in dem sich das Restaurant befand. Hinter dem Hauptgebäude schloss sich ein weiterer Anbau an, der noch andere Räume beherbergte, die die Hotelgäste nutzen konnten. Auch ein Parkplatz durfte nicht fehlen. Die Fenster der Zimmer waren ziemlich großzügig. Die Zimmer an den vorderen Ecken hatten sogar Balkone.

Als Jelena und ich die Lobby betraten, sah der Concierge von seinem PC 203

auf. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte er. „Paul MacLain und Jelena Romanova. Wir haben reserviert.“ „Einen Moment. Ah! Paul MacLain, Sie haben Zimmer 406. Sie, Miss Romanova Sie haben Zimmer 404. Einen angenehmen Aufenthalt. Die erste Session für das Abendessen beginnt um 19:45 Uhr.“ „Danke.“

Nachdem wir geduscht hatten, gingen Jelena und ich zum Essen. Es war dunkel geworden und man konnte vom Restaurant auf die Lichter der Stadt blicken. Jelena trug wieder das rote Paillettenkleid und ihre roten Plateauschuhe. Als wir uns einen freien Tisch gesucht hatten kam auch gleich der Kellner. „Wünschen der Herr und die Dame etwas zu trinken?“ „Für mich einen Rotwein.“, sagte Jelena. „Sofort. Und für Sie, Mister?“ „Ich nehme einen Weißwein. Was können Sie denn empfehlen?“ „Ich empfehle gegrillte Dorade mit Bratkartoffeln und Erbsen. Dazu passt unsere Rotweinsauce.“ „Das nehme ich.“ „Für mich dasselbe.“, sagte Jelena.

Nach dem Abendessen stürzten Jelena und ich uns noch einmal in Keflaviks Nachtleben. Als wir an einem Nachtclub namens H30 vorbeikamen, piepte Jelenas Smartphone. Brit hatte ihr eine SMS geschickt. „Aktie der Asgardur Bank von 58,00 € auf 35,00 € gefallen.“, lautete der Text der Nachricht. In dem Club entdeckte ich Rebekka Angusdottir. „Schau mal, wer da ist, Jelena.“, sagte ich. „Ist mir auch schon aufgefallen. Zeigen wir ihr, was wir gerade bekommen haben.“ Als wir den Club betraten, drehte sich Rebekka Angusdottir zu uns um. „Na sieh mal einer an. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Sie hier aufschlagen würden.“ „Wir wollten nach dem leckeren Abendessen noch mal ein bisschen raus.“ „Ach so.“ „Uns hat gerade diese Nachricht erreicht.“, sagte Jelena und hielt unserer Klientin die SMS von Brit unter die Nase. Rebekka Angusdottir fielen vor Entsetzen fast die Augen aus dem Kopf. „23 Euro Kursverlust?!? Da wurde bestimmt manipuliert.“

„Ich wüsste, wie wir beweisen können, dass die Aktienkurse der Asgardur Bank manipuliert werden.“, sagte Jelena. „Und wie wollen Sie das anstellen?“ „Ich werde mir Zugang zum Zentralrechner der Reikjavik Bank verschaffen.“ Rebekka Angusdottir klappte vor Entsetzen der Unterkiefer runter. „Meine Partnerin war bei den Speznas. Elektronische Datenüberwachung ist ihr Spezialgebiet.“, sagte ich, mit der Absicht, die Situation zu entschärfen. „Dann bin ich beruhigt.“ „Anders werden wir Björn Sigurdson nicht dran kriegen.“ „Was genau haben Sie vor, Miss Romanova?“ „Ich will den Zentralrechner in der Firmenzentrale anzapfen und herausfinden, ob dort ein Programm versteckt ist, mit dem Mr. Sigurdson die Aktienkurse der Asgardur Bank an der OMX fallen lässt.“ „Was bringt ihm das?“ „Wahrscheinlich will er so die Anleger zum Verkauf an ihn zwingen. Er versucht sich als Retter in der Not zu präsentieren.“ „Ganz schön gerissen.“

Am nächsten Morgen trafen wir uns mit Haraldur Asgardur, dem Direktor der Asgardur Bank. An diesem Tag fand die alljährliche Generalversammlung der Aktionäre statt. Diesen Grund nutzten wir, um nicht nur mit dem Direktor der Bank, sondern auch mit den Aktionären zu sprechen. Die erste Anlegerin mit der wir sprachen, war eine 1,68 m große 20jährige Brünette mit einem ovalen Gesicht mit braunen Augen und Haaren, die bis zu ihren Schultern reichten. 204

Auch ihre üppige Oberweite und der sexy Körper waren ein Hingucker. Auch die rot geschminkten Lippen mittlerer Länge verführten zu einem Kuss. Bekleidet war die junge Dame mit einem schwarzen Minikleid und schwarzen High Heels.

„Wie viele Aktien besitzen Sie, wenn man fragen darf?“, fragte ich vorsichtig. „Nicht viel. Gerade einmal 19 Aktien befinden sich in meinem Besitz.“ „Die Aktie ist ja wieder um 23 Euro gefallen, habe ich gehört.“, sagte Jelena. „Wie bitte??“ „Sie haben richtig gehört. Die Aktie der Asgardur Bank ist von 58 auf 35 Euro gefallen. Die isländische Börsenaufsicht glaubt an eine Manipulation. Deswegen sind wir hier.“ „Wenn das stimmt, dann nehmen Sie denjenigen fest, bevor er uns alle in den Ruin treibt.“ Jelena flüsterte mir etwas ins Ohr. „Meine Partnerin hat mir gerade ein Stichwort gegeben. Es geht um Björn Sigurdson.“, sagte ich. „Hören Sie mir bloß auf mit dem. Ich kann den Kerl nicht ausstehen.“ „Darf man fragen wieso nicht?“ „Nach jedem Kursverlust unterbreitet er ein neues Angebot. Er bietet in der Regel zwei Aktien seiner Bank gegen eine Asgardur und einen Einmalbonus, wenn man annimmt.“

Ich wollte gerade unserer 20jährigen Gesprächspartnerin eine Frage stellen, als Jelena mir ins Ohr flüsterte: „Schau mal unauffällig zum Eingang.“ Ich sah so unauffällig wie möglich zum Haupteingang der Zentrale der Asgardur Bank und entdeckte einen Mann, der 1,94 m groß war und einen athletisch gebauten Körper besaß. Er hatte ein ovales Gesicht mit braunen Augen, einer schmalen Nase und männlichen Lippen. Die blonden Haare, die er offen trug, reichten bis zu den Ohren. Bekleidet war der Fremde mit einem dunkelblauen Designeranzug, einem weißen Hemd, einer roten Krawatte, schwarzen Socken und schwarzen Lackschuhen. Offenbar hatte auch unsere junge Aktionärin den Mann entdeckt, denn sie verdrehte entnervt die Augen. „Wenn man vom Teufel spricht.“, sagte sie. „Ist das...?“ „Björn Sigurdson. Ganz Recht.“

Der Direktor der Reikjavik Bank ließ sich ein Mikrofon geben. „Ladies and Gentlemen. Wie ich gehört habe, ist der Wert der Asgardur-Aktie um weitere 23 Euro gefallen. Es ist ganz offensichtlich, dass die Bank über kurz oder lang Insolvenz anmelden darf. Und dann sehen Sie vermutlich keinen Cent von ihrem Geld wieder. Ich bitte Sie, seien Sie vernünftig und nehmen mein neues Angebot an.“ „Und wie viel bieten Sie uns jetzt, Sie geldgieriger Schmierlappen?“, fragte unsere Gesprächspartnerin gerade heraus. „Junge Dame, den geldgierigen Schmierlappen habe ich überhört. Aber ich habe das letzte Angebot nachgebessert. Ich biete Ihnen hier und heute drei Aktien meines Hauses gegen eine Aktie der Asgardur Bank und einen Bonus von 160 isländischen Kronen, wenn Sie verkaufen.“

Nur ein älteres Ehepaar ging auf den Deal ein. Und ganz offensichtlich war das diesem arroganten Playboy nicht genug. Er ging zwar, aber der Ausdruck in seinem Gesicht sprach Bände. Hatte Björn Sigurdson bei seiner Ankunft noch vor Selbstvertrauen nur so gestrotzt, so ging er mit einem Sauerkohl von dannen. „Jede Wette, da kommt was nach.“, sagte ich. „Worauf du einen lassen kannst, Towarischtsch.“ „Lieber nicht. Aber wir brauchen einen Platz, an dem wir 205

ungestört arbeiten können.“ „Kommen Sie. Ich weiß, wo Sie beide Ihre Ruhe haben.“

Im Loft des Mädchens aktivierte Jelena ihren Laptop und stellte über den Router eine Verbindung zum Internet her. Es dauerte nicht lange und meine Partnerin hatte sich erfolgreich mit dem Zentralrechner in der Firmenzentrale der Reikjavik Bank vernetzt. Unbemerkt von den IT-Leuten installierte sie eine Überwachungssoftware, die gezielt nach Programmen suchte, mit denen sich leicht ein Aktienkurs manipulieren ließ. Danach besprachen wir das weitere Vorgehen. „Wenn mein Programm eine außergewöhnliche Aktivität registriert, bekomme ich ein Ping-Signal. Dann sucht mein Spion nach der Quelle. Wird er fündig, dann zeigt er mir die Stelle und auch den binären Code.“ „Raffiniert.“, sagte das Mädchen, das sich als Inga Eiriksdottir vorgestellt hatte. „Es kommt noch besser. Sowie ein Signal ausgesandt wird, kriege ich mit, wohin es geht.“ „Genial.“

Um 14:00 Uhr ertönte das Ping. Sofort aktivierte sich Jelenas elektronischer Spion und hatte schon nach 10 Minuten die Quelle entdeckt. In Sekundenschnelle wurde der binäre Code geknackt. Als vom „feindlichen“ Programm ein Signal abgesetzt wurde, heftete sich ein zweiter elektronischer Spion an dessen Fersen. In der Zwischenzeit hatte Jelena sich mit dem binären Code befasst. „So läuft das also. Dieser fiese kleine Drecksack benutzt einen unscheinbaren Algorithmus als Tarnung. Du denkst wohl, du bist schlau, du hinterhältiger krimineller Schleimbeutel. Aber da irrst du dich. Ich bin etwas schlauer als du.“, sagte Jelena zu sich selbst.

„Hast du was raus gefunden?“, fragte ich. „Na aber so was von glaub mir. Björn Sigurdson benutzt einen Algorithmus, der kaum auffällt, und sein Programm tarnt. Er hat sich gerade auf den Zentralserver der OMX eingehackt. Da! Er hat den Kurs Asgardur Bank Aktie um 15 Euro auf 20 Euro fallen lassen.“ „Was machst du jetzt?“ „Ich lege ein Protokoll an. Aber ich brauche noch mindestens zwei oder drei Tage, bis ich genug Beweise habe, um Björn Sigurdson festzunageln.“ „Wäre es nicht besser, die OMX von dem getarnten Programm in Kenntnis zu setzen?“ „Ich denke, so machen wir es. Dann können wir uns die Erlaubnis der OMX einholen, wenn wir zum finalen Schlag gegen den Präsidenten der Reykjavik Bank ausholen.“ „Und was hast du dir vorgestellt, Jelena?“ „Ich werde sein Programm verschlüsseln. Aber vorher will ich den Kurs der Asgardur Bank wieder nach oben treiben.“

Nachdem Jelena die OMX per E-Mail auf den Algorithmus aufmerksam gemacht und geraten hatte, diesen im Auge zu behalten, hatte sie noch die Erlaubnis erhalten, den Aktienkurs der Asgardur wieder nach oben zu korrigieren. Und meine Partnerin ließ das nicht zweimal sagen. Sofort ließ sie den Kurs der Aktie auf 95,00 Euro steigen. Inga Eiriksdottir kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Wie machen Sie das?“, fragte sie. „Alles eine Frage der Ausbildung. Ich war vor meiner Zeit als Privatermittlerin bei den Speznas, der Elitetruppe des ehemaligen KGB.“

Noch am selben Tag trafen wir in unserem Hotel auf Björn Sigurdson. Der Präsident der Reykjavik Bank war genervt. Doch da er in sein Telefonat vertieft war, beachtete er uns nicht. „Ich sagte Ihnen doch schon, dass der Kurs manipuliert wurde. 206

Wie, Sie glauben mir nicht? Die Aktie der Asgardur Bank ist seit Beginn des Jahres im freien Fall. Und jetzt steigt der Kurs um 75 Euro. Da stimmt etwas nicht. Was? Jetzt hören Sie mal. Es ist ihre Aufgabe den Schuldigen zu finden, nicht meine.“ „Ich glaube unsere Kopfspielchen zeigen bereits Wirkung.“, sagte ich.

Am Montag, den 10.06.2019, gingen die Kopfspielchen weiter. Björn Sigurdson ließ den Kurs der Aktie von Asgardur Bank um 80 auf 15 Euro fallen. Wieder legte Jelena ein Protokoll an und ließ den Kurs der Aktie wieder auf 180 Euro nach oben schnellen. Das ganze ging noch bis Freitag, den 14.06.2019. An diesem Tag verschlüsselte Jelena Björn Sigurdsons Programm. Dieser ging nichts ahnend in sein Büro und stellte eine Verbindung zum Zentralrechner her. Als er auf sein Spezialprogramm zugreifen wollte, erschien ein Jolly Roger auf dem Bildschirm und ein lautes Lachen ertönte.

Es war 15:30 Uhr, als ein wutentbrannter Björn Sigurdson in die Zentrale der Asgardur Bank stürmte und auf Inga Eiriksdottir losging. Doch so schnell wie er in den Lauf meiner Walther blickte, konnte er nicht mal bis 3 zählen. „Na, na, na. So geht das aber nicht du kleiner Drecksack.“ „Was fällt Ihnen ein, Mr. …“ „MacLain. Paul MacLain. Und nicht ich war es, der Ihr hübsches Programm verschlüsselt hat, sondern meine liebreizende Partnerin Jelena Romanova.“ „Dafür mach ich Sie beide fertig.“ „Das versuch du nur. Wir haben genug Beweise, um dich für die nächsten 20 Jahre hinter schwedische Gardinen zu schicken.“ „Sie bluffen doch nur!“ „Ich bluffe nie! Ihr Plan war genial. Aber leider haben Sie nicht bedacht, dass die isländische Börsenaufsicht zwei Privatermittler beauftragen würde. Und zwar die besten der Besten.“

Rebekka Angusdottir betrat mit ein paar Polizisten den Saal in dem sich die Aktionäre und alle Beschäftigen mit dem Präsidenten der Bank versammelt hatten. „Björn Sigurdson, ich verhafte Sie wegen mehrfacher Kursmanipulationen.“, sagte Rebekka. „Wieso mich? Sie sollten Jelena Romanova ins Gefängnis schicken. Sie hat die Kurse manipuliert.“ „Mister Sigurdson ich habe hier sämtliche Beweise, dass Sie für die ganzen Kursverluste der Asgardur Bank verantwortlich sind.“ Rebekka Angusdottir hielt Jelenas Protokolle in der Hand. „Haben Sie sich etwa auf unseren Zentralrechner eingehackt? Dafür stelle ich Sie wegen Datenmissbrauchs vor Gericht, Miss Romanova.“ „Sie tun gar nichts. Meine Partnerin hat einen elektronischen Spion auf dem Rechner installiert, der sämtliche Aktivitäten von Ihnen überwacht hat.“

Die Polizisten drehten dem Präsidenten der Reykjavik Bank die Hände auf den Rücken und legten ihm Handschellen an. „Bevor man Sie abführt, hätten Jelena und ich gerne gewusst, warum Sie das getan haben.“ „Ahnen Sie es denn nicht? Wer den Bankensektor in seiner Hand hat, hat die Alleinherrschaft. Ich wäre in der Lage gewesen, den Isländern buchstäblich das letzte Hemd abzunehmen. Ich hätte Zinsen verlangen können, und damit die Verbraucher zugrunde richten.“ „Warum das alles? Haben Sie so einen Hass gegen die Gesellschaft Islands?“ „Und was für einen. Ich war immer der Außenseiter. Von meinem Mitmenschen gedemütigt und 207

belächelt. Ich hätte die Regierung in die Knie zwingen können und ich hätte auch die Bevölkerung meinen Terror spüren lassen, wenn Sie und ihre Partnerin mir nicht alles versaut hätten.“ „Dann ist es ja gut, dass Sie mit ihren perfiden Racheplänen keinen Erfolg hatten. Sie gehören nicht ins Kittchen, sondern gleich in die Klapse, Abteilung Gummizelle. Und zwar mit Zwangsjacke.“, sagte Jelena kalt.

Nur eine Woche später machte man Björn Sigurdson den Prozess. Der Präsident der Reykjavik Bank wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Außerdem wurde er zu einer millionenschweren Schadenersatzzahlung an die Aktionäre der anderen Banken, die er geschluckt hatte, verdonnert. Dieser Mann verließ den Gerichtssaal als ein Mensch, den man an Leib und Seele zugrunde gerichtet hatte. Doch seien wir ehrlich. Weder Jelena noch ich empfanden Mitleid mit dem gestürzten Banker. Für uns zählte nur, dass wir unseren Auftrag erledigt hatten und die isländische Börsenaufsicht uns nun 2.500 Euro zu zahlen hatte.

Einen Tag nach dem Urteil gegen Björn Sigurdson machten wir uns auf den Heimweg. Wir hatten unsere Koffer bereits gepackt und konnten nun ganz entspannt auschecken. Wir fuhren zum Flughafen und gaben den KIA zurück. Dann gaben wir unsere Koffer am Schalter von Icelandair auf und gingen zur Sicherheitsschleuse. Wie immer schlug der Detektor nicht an. Um 10:00 Uhr startete unser Flieger nach Frankfurt am Main, wo wir um 13:35 Uhr landeten. Meine Verlobte Kelly Ling holte uns ab. Nach einer innigen Begrüßung fragte sie: „Und steht in Island noch alles, oder habt Ihr zwei hübschen eine Schneise der Verwüstung hinterlassen?“ „Ist noch alles so wie es sein sollte. Nur mit dem Unterschied, das ein isländischer Staatsbürger mehr im Knast schmoren darf. Und wenn er seine Haftstrafe verbüßt hat, geht es gleich weiter in Richtung der nächsten Klapsmühle, wo er eine Gummizelle sein eigen nennen darf.“ „Sehr vornehm ausgedrückt, Jelena.“ „Was denn? Ich nehm kein Blatt vor den Mund.“

Später am Abend trafen wir uns bei Kelly und mir zum Abendessen. Es gab Spaghetti mit Hackfleischsauce nach einem Rezept, das Kelly und ich uns ausgedacht hatten. Zusätzlich zu den Grundzutaten hatten wir noch Zwiebeln, Knoblauch, Karotten, Paprika rot und gelb, sowie eine gelbe Peperoni dazu gegeben und noch etwas Tomatenmark untergemischt. Dazu kamen noch mediterrane Gewürze, wie Oregano und Basilikum. Aber Cayennepfeffer und süßer Paprika durften nicht fehlen. Als „Haines Touch“, wie wir unsere Geheimzutat zu nennen pflegten, hatten wir noch etwas Rotwein untergerührt. Für Camille hatten wir einen kleinen Topf ohne Rotwein, weil sie noch keinen Alkohol trinken durfte.

„Wie krank muss ein Mensch in der Birne sein, dass er ein ganzes Land finanziell zu Grunde richten will?“, fragte Camille. „Manchmal sind die Mitmenschen mit Schuld an solchen Schicksalen. Es muss etwas in der Vergangenheit von Björn Sigurdson gegeben haben, was ihn dermaßen hat verbittern lassen.“ „Findest du, Onkel Paul?“ „Dein Onkel hat nicht ganz Unrecht. Einen Schicksalsschlag, den steckst du nicht mal eben so weg, wie eine Beleidigung. Das ist ein ganz anderes Kaliber.“ 208

„Ausnahmen bestätigen die Regel.“, sagte Camille. „Du bist ganz schön naiv, weißt du das?“, fragte Anastasia. „Wieso naiv?“ „Weil du so tust, als wäre dir die Trennung von deinen Eltern am Allerwertesten vorbeigegangen. Aber ich erinnere mich noch gut, wie traurig du warst und wie oft du geweint hast. Brauchst nicht denken, ich hätte davon nichts mitgekriegt.“, sagte Samantha. „Fängst du schon wieder mit dieser uralten Räuberpistole an, Sam?“ „Sei mal nicht so vorwitzig, vergiss nicht: Solange du deine Beine unter meinen Tisch streckst, bin ich noch das Gesetz.“

Am nächsten Tag, es war Montag, der 17.06.2019, erschien ein ausführlicher Artikel über den Selbstmord von Björn Sigurdson in der Zeitung. Auch ein Nachruf war dabei. Diesen Nachruf studierte ich sehr aufmerksam. „Was steht in dem Nachruf?“, wollte Jelena wissen. „Jetzt wird mir so einiges klar.“ „Was?“ „Björn Sigurdson hatte das Asperger Syndrom.“ „Heißt im Klartext?“ „Das Asperger Syndrom ist eine Form von Autismus. Solche Leute zeichnen sich durch eine außergewöhnliche Intelligenz und ein hohes Allgemeinwissen aus. Bei Björn Sigurdson kamen wohl noch seine mathematischen Fähigkeiten dazu. Er hatte früh den Ruf eines Strebers weg, und deswegen hat man ihn gehänselt. Aber dann haben ein paar Mitschüler ihm ziemlich übel mitgespielt. Sie haben eine Mitschülerin vergewaltigt und ihm die Tat angelastet. Dann haben sie noch Drogen bei ihm in seinem Spind versteckt. Das Resultat: Björn Sigurdson ist von der Schule geflogen. Auf einer anderen Schule hat er dann als Klassenbester seinen Abschluss gemacht. Danach hat Mr. Sigurdson ein Finanzstudium angefangen und auch als Klassenbester seines Jahrgangs abgeschlossen. In der Zwischenzeit waren zwei seiner ehemaligen Schulkameraden, die ihn damals so fertig gemacht haben einflussreiche Politiker. Sie haben versucht, ihn zu vernichten, aber der Schuss ging in die Hose.“ „Wann war das?“ „Vor zwei Jahren.“ „Aber Mitleid habe ich trotzdem keins mit ihm.“ 209



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