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Ahnungslose Augenblicke

von

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Verlorener Sohn

Jodie schluckte. Er hatte gestern einen Tag Freigang bekommen, hörte sie die Worte ihres Vaters. Sie hätten sich über den Weg laufen können. Und was dann?

„Jodie?“

Die Angesprochene sah ihren Vater mit einem leeren Blick an.

Angela und ihr Mann wechselten den Blick, ehe das Handy den Agenten klingelte. „Entschuldigt, da muss ich ran gehen“, sagte er und stand auf.

Angela sah ihrem Mann nach, ehe sie sich wieder Jodie zuwandte. „Jodie?“ Sie legte ihre Hand auf Jodies Arm.

„Connor…wieso ist…er…“

„Keiner weiß, warum er nicht wieder zurück kam…aber sie finden ihn bestimmt schnell. Die Polizei und das FBI ist informiert.“

Jodie nickte nur.

„Wir haben es gestern Abend erfahren. Ich weiß, wir hätten es dir früher sagen sollen, aber wir wollten nicht, dass du dir die ganze Nacht um die Ohren schlägst. Das FBI hat Agenten zu unserem Haus geschickt, sie haben die ganze Nacht Wache gehalten. Dein Vater war ebenfalls auf den Beinen und hat im Wohnzimmer die Stellung gehalten“, erklärte sie. „Jodie, ich glaube nicht, dass Connor hier herkommt um dir etwas Anzutun.“

„Aber sicher…weißt du es nicht…“

„Jodie, du hast damals vor Gericht auf die Frage, ob du glaubst, dass er fähig ist, Amber umzubringen, die Wahrheit gesagt. Er hat nichts davon, wenn er hier auftaucht.“

„Außer wenn er mit mir sprechen wollte.“ Der Agent kam zurück in die Küche. „Connor hat damals sowohl beim Verhör als auch bei der Verhandlung ausgesagt, dass er den Mord nicht begangen hat. Vielleicht hat er irgendwie Beweise für seine Unschuld gefunden, was ich allerdings für sehr unrealistisch halte.“

Angela funkelte ihren Mann an. Gerade erst hatte sie ihre Tochter beruhigt und jetzt das.

„Von Connor geht keine Gefahr aus“, sprach der Agent.

„Er wurde gefunden?“, fragte Jodie leise.

Starling nickte. „Connor ist tot.“

„Was?“, stieß Angela aus.

„James bittet uns zur Befragung ins Büro.“
 

Zwei Polizeiwagen, ein Krankenwagen sowie zwei Zivilfahrzeuge standen in der Einfahrt der Familie Riemer. Agent Pierce parkte den Wagen direkt neben dem Krankenwagen. Während er ausstieg, schob er sich die Sonnenbrille auf den Kopf. „Was glaubst du, werden wir hier erwarten?“

Agent Fries sah in Richtung des Hauses. „Das ist eine gute Frage“, antwortete sie. „Wer hätte gedacht, dass wir nach einem Jahr wieder hier sind.“

„Lass uns an die Arbeit gehen.“ Die Sanitäter kamen ohne einen Patienten aus der Tür. Pierce zückte seinen Dienstausweis. „Was können Sie uns sagen?“

„Für den Jungen konnten wir leider nichts mehr tun“, kam es von dem begleitenden Arzt. „Mrs. Riemer musste ich ein starkes Beruhigungsmittel geben. Ihre Kollegen von der Polizei können Ihnen zum Sachverhalt mehr sagen.“

Pierce nickte und trat durch die offene Haustür. Zusammen marschierten sie direkt in das Wohnzimmer. Mrs. Riemer lag ruhig gestellt auf dem Sofa. Ihr Mann saß geschockt auf dem Sofa und Chad – der älteste Sohn der Familie – lief von Raum zu Raum. „Chad“, fing Fries an.

Der Angesprochene stoppte. „Ja, bitte?“

„Agent Fries, du müsstest mich noch vom letzten Jahr kennen. Neben mir steht Agent Pierce. Wir wurden informiert, dass sich dein Bruder Connor hier aufhält.“

Der Junge nickte. „Connor liegt…oben…Sie müssen…die Treppe hoch gehen, dann die zweite Tür…links…“

„Danke. Chad. Ist bei dir alles in Ordnung? Sollen wir den Arzt zurückholen?“

„Nein, nein…“, murmelte er. „Ich…krieg das schon hin…“

Fries nickte. „Ich weiß, es ist schwer und hört sich wenig einfühlsam ein, aber wenn wir oben gewesen sind, müssen wir mit dir und deinen Eltern sprechen. Bitte verlass das Haus nicht.“

„Ist gut…“

Fries ging die Treppe nach oben. Der Tod von jungen Menschen ging ihr immer nah, vor allem wenn sich zeigte, dass ein Gewaltverbrechen vorlag. Aber sie durfte den Tod von fremden Menschen nicht so sehr an sich heran lassen. Agenten mussten immer die Distanz wahren und durften die Ermittlungen nicht gefährden. Pierce folgte ihr in den Raum. Er zückte seinen Ausweis und stellte sich den Polizisten vor. „Was wissen wir?“

„Nachdem Connor Riemer gestern Abend nicht mehr in den Vollzug zurückkehrte, haben wir die Gegend nach dem Jungen durchkämmt. Als erste Maßnahme führten wir ein Gespräch mit den Eltern. Sie gaben an, nicht zu wissen wo ihr Sohn ist. Der Vater hätte ihn vor dem Gefängnis abgesetzt und dann mehr gesehen. Heute Morgen rief er uns an, weil sie seinen leblosen Körper im Kinderzimmer fanden. Der Vater schwört, dass Connor gestern Abend nicht mehr hier herkam.“

„Verstehe“, murmelte Pierce nachdenklich. „Danke, wir übernehmen jetzt.“

Die Polizisten tauschten Blicke aus und zogen sich dann zurück. Für fast alle Polizisten war es eine Qual, wenn sie einen Fall an das FBI abtreten mussten. Aber da das FBI die höheren Befugnisse besaß, konnten sie jeden Fall an sich reißen. Pierce zog sein Handy heraus, strich über den Bildschirm und tippte eine Nachricht.

„Neuigkeiten?“

„Noch nicht“, murmelte er. Kurz darauf hörte er den Signalton einer eingehenden Nachricht. „Mhm…gut…Black hat die Starlings auf meinen Rat hin ins Büro gebeten.“

„Du glaubst, sie haben etwas mit dem Tod des Jungen zu tun?“

„Nein“, gestand er. „Aber ich möchte alle Möglichkeiten betrachten, damit wir sicher sein können, dass uns nichts durch die Lappen geht.“

„Mhm…Ich glaube auch nicht, dass sie irgendwas damit zu tun haben. Wussten sie überhaupt, dass Connor gestern Freigang bekommen hat?“

„Normalerweise werden das Opfer und die nächsten Familienmitglieder über einen genehmigten Freigang informiert.“ Pierce sah der Spurensicherung bei der Entnahme von Proben zu. „Sieht nach Selbstmord aus.“

„Wir sollten abwarten, was der Gerichtsmediziner nach der Analyse sagt“, entgegnete Fries.

Pierce nickte. „Bleib du hier“, sagte er. „Ich geh nach unten und befrag die Familie.“ Ehe Pierce nach unten ging, sah er sich auf der oberen Etage um. Das Elternschlafzimmer war groß und das Bett ordentlich gemacht. Er ging zu den Nachttischschränken und öffnete die Schubladen. Soweit er sehen konnte, befanden sich keine ungewöhnlichen Gegenstände in diesen. Neben dem Schlafzimmer befand sich das Badezimmer, gegenüber lagen die Zimmer von Chad und Connor. Pierce zog sein Notizbuch heraus und zeichnete den Grundriss des Hauses auf. Als er damit fertig war, ging er nach unten ins Wohnzimmer. „Mr. Riemer“, begann Pierce und sah zu dem Mann. Er wirkte um Jahre gealtert.

Der Angesprochene sah nach oben.

„Zunächst möchte ich Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen. Aber es ist unerlässlich, dass ich Ihnen einige Fragen stelle. Wie Sie mitbekommen haben, befindet sich oben die Gerichtsmedizin sowie die Spurensicherung. Ist es Ihnen Recht, wenn wir mit der Befragung beginnen?“

„Natürlich“, murmelte der Mann. „Setzen…Sie sich doch“, er wies auf den zweiten Sessel. „Wissen Sie schon wer das meinem Sohn angetan hat?“

„Danke.“ Pierce nahm Platz und zog sein Notizbuch heraus. „Wieso nehmen Sie an, dass es Mord war?“

„Egal was mein Sohn durchmachen musste, er hätte sich nie das Leben genommen.“

„Ich verstehe“, murmelte Pierce. „Bitte erzählen Sie mir, was gestern passiert ist.“

Mr. Riemer nickte. „Ich wurde gestern 50 Jahre alt. Wir wollten ein wenig feiern und da durfte natürlich auch Connor nicht fehlen. Unser Anwalt beantragte den Freigang für ihn. Er wurde zuerst abgelehnt, aber unser Anwalt Einspruch eingelegt. Nach mehreren Versuchen hat es dann doch geklappt. Chad hat Connor gestern um 9 Uhr abgeholt und ist direkt mit ihm nach Hause gekommen. Wir haben zusammen gefrühstückt. Danach hat er seiner Mutter in der Küche beim Backen meines Geburtstagkuchens geholfen.“ Mr. Riemer schluckte. „Anschließend sind wir zu unserem Lieblingsitaliener gefahren und haben dort gegessen. Als wir wieder nach Hause kamen, sind Chad und Connor nach oben gegangen und haben auf der Konsole gespielt. Sie waren die ganze Zeit hier. Connor wollte das Haus nicht verlassen, nicht einmal als wir zum Italiener wollten. Wir mussten ihn schon fast dazu überreden. Einige Nachbarn haben auch komisch geschaut, weil er hier war und es war ihm sehr unangenehm. Sie sehen ihn alle als Mörder, aber Connor hat nichts getan. Er hat Amber nicht umgebracht…wenn…dann hätte er es zugegeben“, sprach Mr. Riemer.

Pierce räusperte sich und versuchte wieder auf das eigentliche Thema zurück zu kommen. „Was geschah nachdem Ihre beiden Söhne oben waren?“

„Nichts. Meine Frau hat das Abendessen gekocht. Wir haben noch ein letztes Mal zusammen gegessen. Um 17:00 Uhr fuhr ich Connor zurück, da er um 18 Uhr wieder im Gefängnis sein musste. Ich wollte nicht, dass uns ein Stau in die Quere kommt. Sie wissen ja, wie es an einem Freitag ist…“

„Sie haben gestern keinen Besuch bekommen? Keine Freunde, Bekannte oder die Familie?“

„Nein, wir haben niemanden eingeladen. Viele unserer Bekannten wollten nichts mehr mit uns zu tun haben, als Connor wegen dem Mord an Amber verurteilt wurde. Wir wurden auch von einigen Arbeitskollegen, Nachbarn und sogar von Familienmitgliedern wie aussätzige behandelt. Es war vor allem für meine Frau schwer, da sie sich oft mit Freunden traf. Aber wir standen trotz allem hinter unserem Sohn.“

Pierce nickte und machte sich Notizen. „Sie sagten, Sie haben ihn zurück gefahren. Haben Sie gesehen, dass er das Gebäude betreten hat?“

Mr. Riemer sah bedrückt drein. „Er ist aus dem Wagen ausgestiegen und in Richtung des Gefängnisses gegangen. Das war gegen 17:35 Uhr. Es schmerzte, weil er wieder zurück musste…als er schon fast an der Eingangstür war, bin ich los gefahren.“

„Ich verstehe. Wussten Sie, dass Connor erst um 19 Uhr zurück sein musste?“

Mr. Riemer schüttelte den Kopf. „Nicht gestern Abend. Wir wurden um halb acht von unserem Anwalt angerufen. Er erzählte, dass Connor nicht zurück kam und versprach, sofort vorbei zu kommen. Kurz darauf standen auch schon Polizisten vor unserer Tür. Wir wurden befragt und sie durchsuchten unser Haus. Alle dachten, dass wir Connor verstecken würde. Ich schwöre bei Gott, als wir gestern Abend ins Bett gingen, war er nicht in seinem Zimmer.“ Mr. Riemer schluckte. „Glauben Sie uns auch nicht?“

„Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Mr. Riemer, wir verfolgen momentan jede Spur.“

„Unser Anwalt teilte uns mit, dass die Westons über den Freigang informiert wurden. Könnte es sein, dass diese…“

„Mr. Riemer, wir wollen jetzt nicht darüber spekulieren. Ich verspreche Ihnen aber, dass wir diesen Fall ganz nüchtern betrachten werden und wenn es Mord war, finden wir den Täter.“

„Pierce?“

Der Agent sah in Richtung der Tür. „Bitte entschuldigen Sie mich.“ Er stand auf und ging in den Flur. „Wie schaut es aus?“

Fries verschränkte die Arme. „Wir fanden eine Packung Schlaftabletten unter der Bettdecke des Jungen. Nach Öffnen stellten wir fest, dass ein kompletter Blister ausgedrückt wurde. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir davon ausgehen, dass Connor alle Tabletten schluckte.“

„Also Selbstmord“, murmelte Pierce.

„Genaueres kann der Gerichtsmediziner sagen, wenn die Obduktion abgeschlossen ist. Es ist allerdings bedenklich, weil auch keine Spuren eines Einbruches vorhanden sind. Ich frage mich, ob Connor wirklich so verzweifelt gewesen ist, dass er Tabletten schluckte. Soweit ich informiert bin, hat er im Gefängnis keine Feinde.“

„ Mr. Riemer erzählte, dass die Familie von vielen Nachbarn, Freunden und Kollegen wie Außenseiter behandelt wird. Wenn Connor davon Wind bekommen hat, könnte er ihnen so helfen wollen.“

„Mhm…“, murmelte Fries leise. Das Handy der Agentin klingelte. „Tschuldige, da muss ich ran.“

„Natürlich.“ Pierce ging zurück in das Wohnzimmer. „Mr. Riemer? Wir werden Ihren Sohn jetzt in die Gerichtsmedizin überführen lassen.“

„Dann war es Mord?“

„Wie ich bereits sagte, wir müssen jeder Spur nachgehen. Man hat bei Ihrem Sohn Schlaftabletten gefunden. Haben Sie eine Ahnung wie er an diese heran gekommen ist?“

Mr. Riemer schluckte. „Meine Frau…seit der Verhandlung im letzten Jahr hat sie Probleme beim Einschlafen. Es gab Tage, da musste sie diese Tabletten nehmen…Connor hat sie genommen?“

„Es sieht sehr danach aus. Wissen Sie, wie viele Tabletten in der Verpackung vorrätig waren?“

Er überlegte. „Ich glaube, es war eine ganz neue Packung. Was heißt das jetzt?“

„Bleiben Sie erst einmal ruhig. Sobald wir in unseren Ermittlungen weiter sind, werden wir Sie natürlich darüber in Kenntnis setzen.“

„Pierce?“

Der Angesprochene sah zu seiner Kollegin. „Was ist passiert?“

„Mr. Riemer? Kannte Ihr Sohn Tom Weston?“

„Wir haben ihn im Gerichtssaal gesehen“, antwortete der Mann. „Nach seiner Verurteilung sprach Connor davon, dass er mit den Westons reden wollte. Er wollte ihnen seine Version der Geschichte erzählen ohne dass Polizei oder Anwälte dabei waren. Die Familie lehnte jeden Kontakt zu unserem Sohn ab.“

„Er hatte also auch in den letzten Monaten keinen Kontakt mit Mr. Weston?“

„Nicht das ich wüsste“, antwortete Mr. Riemer. „Aber ich hab ihn natürlich nicht bei meinen Besuchen danach gefragt. Für mich war das kein Thema. Aber wieso wollen Sie das wissen?“

Fries steckte ihr Handy weg. „Mrs. Weston wird gerade von unseren Kollegen befragt. Mr. Weston war in seiner Wohnung nicht anzutreffen. Von einem Nachbarn bekamen wir den Hinweis, dass Mr. Weston häufig am Wochenende in seinem Büro im College arbeitet. Er hat dort zwei Räumlichkeiten gemietet um in Ruhe seine Fotos zu entwickeln und zu bearbeiten. Mr. Riemer, unsere Männer haben Mr. Weston dort gefunden. Ihm steckte ein Messer im Bein und er verlor sehr viel Blut.“

Mr. Riemer schluckte. „Ich weiß nicht, was das mit Connor zu tun hat...“

„Mr. Weston kämpfte mit dem Bewusstsein“, gab Fries von sich. „Der Notarzt hat ihn mittlerweile stabilisieren können. Sie verfrachten ihn gerade ins Krankenhaus.“

„Ich weiß immer noch nicht, was Sie mir damit sagen wollen, Agent Fries“, unterbrach Mr. Riemer die Agentin.

„Die Agenten vor Ort versuchten herauszufinden, wer ihm das angetan hat.“

Mr. Riemer schluckte. „Sie wollen doch nicht sagen…?“

„Bevor er wieder das Bewusstsein verlor, sagte er einen Namen: Connor.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Amxr
2018-07-07T09:19:18+00:00 07.07.2018 11:19
Ich liebe bis jetzt die Geschichte, besser kann sie nicht sein😍😍😍
Antwort von:  Varlet
08.07.2018 20:46
Danke für deinen Kommentar


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