Zum Inhalt der Seite

þau hafa upphof verit

Dies waren die Anfänge ...
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Achtzehn


 

»Sie sagen, ihre Tränke lassen selbst Tote wieder auferstehen.«

Den Worten folgte ein Becher, übervoll mit dampfendem Gewürzwein. Ohne sein bewusstes Zutun schlossen sich Sævarrs Finger um das ihm dargebotene Gefäß. Noch im selben Augenblick kroch eine willkommene Wärme seine Handflächen hinauf.

»Was tot ist, ist tot«, antwortete Sævarr und warf dem Neuankömmling einen knappen Blick über den Becher hinweg zu. Es war der Däne, den die Kinder ihrer Gastgeberin vor zwei Nächten aus dem Schnee gezogen hatten. Augenscheinlich waren seine Lebensgeister zurückgekehrt. Hatten ihm die blonden Strähnen gestern noch in seinem verschwitzten Gesicht geklebt, fielen sie ihm jetzt gerade tief genug um die Augen, um das verschmitzte Funkeln, das sich in ihnen spiegelte, zu betonen.

»Halb erfroren ist meiner Meinung nach tot genug«, erwiderte der Däne in der eigenwilligen Mischung aus Merzisch und Dänisch, die Sævarr sonst nur aus der Gegend um Huntington kannte. »Auch wenn das Zeug widerlich schmeckt.«

»Gebt Ihr mir deswegen den Wein?«

Ein dünnes Lächeln kroch in die Lippen des Dänen. Die Bewegung ließ Narben zwischen seinen Bartstoppeln erscheinen. Ein dutzend kleine, weiße Flecken, von denen Sævarr nicht wissen wollte, wie sie entstanden waren.

»Wenn er nicht schmeckt, heilt er vielleicht zumindest Eure grausige Laune.«

Schnaubend wandte Sævarr den Blick ab. Über den Schatten der nahen Wälder zog sich ein blasses, blaues Lichtband. Es war nicht annähernd so eindrucksvoll wie die Nordlichter, die er über Schottland beobachtet hatte, doch es ging ihm ohnehin nur um die Geste, nicht um den Anblick.

Der Däne schien den Wink zu verstehen. Zumindest setzte er sich ohne einen weiteren, verbalen Seitenhieb auf die kniehohe Mauer, die den Garten ihrer Gastgeberin umgab. Für einen langen Moment sahen sie beide den Lichtern dabei zu, wie sie breite, flackernde Bänder über den Himmel warfen. Mit diesem Kompromiss einigermaßen zufrieden, nippte Sævarr an seinem Wein. Der Däne hatte recht - er war gut, von der Qualität des Weins selbst bis hin zu den genau aufeinander abgestimmten Gewürzen. Und wenn er von ihrem Gewürzwein auf ihre Zaubertränke schließen konnte, wusste ihre Gastgeberin, was sie tat.

»In meiner Heimat sagt man, diese Lichter seien die Wege der Götter.«

Sævarr nickte stumm. Natürlich, er kannte die Geschichten über den Bivrost. Fjolvarr hatte sie ihm erzählt, noch bevor er ihm den ersten Zauber beigebracht hatte. Seitdem hatten sich die Erzählungen über die Asen und Vanen durch seine Ausbildung gezogen, wie ein Faden. Von den Heldentaten Thors, bis hin zu Fjolvarrs ganz persönlichen letzten Tagen.

Vielleicht – nur vielleicht – hatte sein Großonkel recht gehabt, als er furchtsam in die roten Lichter über den Monadh Ruadh gestarrt hatte, doch diesem Gedanken würde Sævarr nicht folgen. Er ertränkte sie in einem großzügigen Schluck Wein.

»Es heißt, wir können sie sehen, wenn das Schicksal seinen Lauf nimmt.«

»Ich glaube nicht an Omen.«

Der Däne lachte bloß.

»Vielleicht solltet Ihr«, antwortete er und nippte an seinem eigenen Becher. »Ihr seid doch dieser Hexer aus den Fens, der dieses Kloster bauen will, oder? Keine Ahnung, was euch nach Jórvík verschlagen hat, aber an Eurer Stelle würde nicht nein sagen, wenn diese Helga dabei helfen will. Ihre Tränke braut ihr so schnell keiner nach und diese Äxte-«

Sævarr seufzte in seinen Wein. Dieses leidige Thema schon wieder. Godrics Mutter hatte ihm damit in den Ohren gelegen. Die Hexen von Dùn Fhitheach. Manchmal glaubte er, selbst in Helgas Augen lesen zu können, dass sie ihn nur der Gerüchte wegen das Gastrecht gewährte, nicht, weil bei dem Schnee selbst mit dem besten Pferd kein Durchkommen mehr war.

Er musste nicht fragen, wem er diese Gerüchte verdankte. Er hatte Hrodwyns Raben bereits gehasst, als sie ihn nur in das Chaos beordert hatten, in das ihre fixen Ideen normalerweise ausarteten. Offenbar hatte er die Tiere unterschätzt. Augenscheinlich brachten sie die typischen, von oben bis unten beschriebenen Pergamentschnipsel der Hexe nicht nur von einem Turmzimmer zum nächsten, sondern auch ans andere Ende der Insel.

Er würde ihr bei nächster Gelegenheit ein paar Takte sagen müssen. Entweder das oder er ließ einfach einen der Furunkelflüche sprechen, die sie ihm beigebracht hatte. Ja. Der Gedanke gefiel ihm. Und vielleicht half Godric ihm sogar dabei. Genug Raben hatte sie schließlich.

»Es wird kein Kloster geben.«

Er spürte, wie der Blick des Dänen zu ihm glitt, halb auf der Suche nach einer Antwort, halb als Ausdruck seiner Empörung. Sævarr erwiderte ihn nicht.

»Warum nicht?«

»Der Magier ist tot.«

»Aber Ihr seid der Bastard von Huntingtonshire, oder nicht? Sie sagen, Ihr wäret sein Lehrling. Sein Erbe.«

Seufzend nippte Sævarr an seinem Wein.

»Ich«, antwortete er schließlich, »habe mehr von ihm geerbt als nur die Träumereien eines alten Mannes.«

»Es ist nicht zufällig ein wütender Bruder mit einem Hammer, oder? Ich hasse Brüder mit Hämmern, also außer, sie verlieren sie.«

Unter hochgezogenen Augenbrauen warf Sævarr ihm einen skeptischen Blick zu.

»Nein«, antwortete er. »Ein Magbob aus Kent. Ob er einen Hammer hat, weiß ich noch nicht, nur jede Menge schwarze Magie. Alles andere werde ich sicher noch herausfinden.«

Halb hinter seinem Becher verborgen bleckte der Däne die Zähne.

»Rache, eh?«

Sævarr antwortete nicht. Die Antwort war auch so offensichtlich.

»Ich kenne das Bedürfnis«, fuhr der Däne fort. »Wenn ich morgens erwache, kribbelt es mir in den Fingern, zu ihm zu gehen und zu reden. Einfach nur zu reden. Und zu reden. So lange, bis er nicht einmal ahnt, wo dieser verfluchte Hammer ist. Und nachts begleitet er mich in den Schlaf.«

Fjolvarrs Stimme dröhnte in seinem Hinterkopf. Nicht das Gerede von Omen, dieses Mal. Die Erzählungen von früher.

»Was hält Euch auf?«

»Ich weiß, wie es enden wird. Es ist den Versuch nicht wert.«
 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Salix
2018-02-06T20:35:33+00:00 06.02.2018 21:35
Ich mag das Gespräch zwischen Seavarr und dem Dänen. Das war der Punkt, wo ich realisiert habe, wer dieser wiederauftauchende Charakter genau ist.
Mir gefällt Helgas Beschreibung als praktisch, streng aber auch eine gut Köchin und somit Zaubertrankbrauerin.

Mir erschließt sich nicht so recht, was für ein Erbe Seavarr von seinem Großonkel erhalten hat, wie das mit dem Magbob und irgendeiner Form von Rache zu tun hat.
Warum ist Rache nötig?
Warum beerbt er seinen Großonkel?
Woran stirbt der Großonkel, hohe Alter oder doch etwas anderes?
Welches Interesse haben Hrodwyn und Helga an dem „Kloster-Projekt“ ?
Und welches Interesse hat der „Däne“ Daran und aus welchem Grund?

Wie schon zu Anfang angemerkt: Ich mag die Geschichte sehr, aber sie verwirrt mich.



Zurück