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þau hafa upphof verit

Dies waren die Anfänge ...
von

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Siebzehn


 

Auf dem Wehrgang konnten sie die Lichter über sich rauschen hören.

Grün und rot zogen sich die Flammen in breiten Bändern von den Wäldern im Norden bis hinter die Monadh Ruadh im Süden. Jedes Flackern, jedes neue Leuchten knisterte und knackte, wie sonst nur die mächtigste Magie.

»Asgard ist in Aufruhr.«

Neben ihm lehnte sich Hrodwyn noch weiter zurück. Längst lag das Mädchen halb auf der Zinne, längst hing es halb darüber hinaus. Im Augenwinkel sah er, wie es die Hand ausstreckte, fast so, als könne es damit die grünen Flammen über ihnen fassen.

Sævarr stützte seine Ellbogen auf die Zinne hinter ihm.

Er wusste, er sollte das Mädchen schelten.

Er wusste auch, dass jedes falsche Wort nur auf fruchtbaren Boden fallen würde – auf fruchtbaren Boden für jede Unvernunft, die einer Zwölfjährigen mit viel zu viel Magie in den Sinn kommen mochte.

Statt den Mund zu öffnen, blickte auch er gen Himmel.

Gleißende Bänder, die Pfade in den Himmel zeichneten, die flackernden Schemen von Kriegern, eine Armee aus Schwertern und Äxten. Es kostete Sævarr nicht viel Phantasie, um zu ahnen, was das Mädchen in den Himmelsflammen sah.

»Ihr träumt zu viel, Hrodwyn.«

»Der alte Fjolvarr sagt das Gleiche.« In seinem Augenwinkel sah er, wie Hrodwyn den Kopf hob, gerade genug, um ihn finster anzufunkeln. »Über die Omen am Himmel. Nicht über meinen Geist.«

Demonstrativ verdrehte er die Augen.

»In letzter Zeit sieht der alte Fjolvarr überall Omen. Omen über das Wetter, über das Abendbrot, über sein Schicksal, über mein Schicksal, und jetzt über das Schicksal der Asen. Er kommt vor lauter Omen schon gar nicht mehr zum Essen.«

»Er ist Euer Großonkel, Sævarr.«

»Er ist ein alter Mann, der auf seine letzten Sommer wunderlich wird.«

Hrodwyn stöhnte. Es war eine fließende Bewegung – erst zuckten ihre Mundwinkel, dann ließ sie ihre Arme sinken und schließlich sich selbst. Einen Augenblick später hing ihr halber Oberkörper über den Rand der Zinne, ihr einziger Halt ihre Fersen, mit denen sie sich an den Aufsatz klammerte, und vermutlich ein gutes Stück Magie.

»Ach, Sævarr! Ihr seid noch mürrischer als sonst!«

Stöhnend legte er seinen Kopf in den Nacken. Über ihm warf ein besonders hell strahlendes Band die Segel unzähliger Schiffe an den Himmel. Sessrúmnir, Skíðblaðnir, Naglfar – vermutlich hätte Hrodwyn es ihm in genauem Detail erläutern können, doch er wollte es gar nicht wissen. Für die Tochter einer Christin interessierte sie sich ohnehin schon viel zu sehr für den alten Glauben der Dänen.

»Vielleicht liegt es am Aufruhr der Asen«, murrte er, ohne den Blick zu senken.

»Und ich dachte, es liegt an dem Bogen, den Ihr seid ein paar Tagen mit Euch herumschleppt, als sei er ein besonders schweres Kreuz.«

Sævarr schwankte. Nur für einen Wimpernschlag und nur gegen die Zinne, an der er lehnte. Dem Grinsen nach zu urteilen, das sich über Hrodwyns Lippen zog, sah sie es trotzdem. Vermutlich hatte dieser Trottel Godric mit seinen beständigen Klagen doch recht. Sævarr färbte auf sie ab. In jedem anderen Gespräch hätte ihn das vermutlich gefreut – jetzt jedoch warf er ihr nur einen finsteren Blick zu.

»Fragt Ihr das oder Eure Frau Mutter?«

»Euer Großonkel, Sævarr«, antwortete sie unverblümt. Er hörte ihr Grinsen in jedem ihrer Worte. »Also, sprecht. Wo habt Ihr den Bogen her? Ich dachte, Ihr jagt dort draußen Hirsche, keine Schmiede.«

»Wir jagen Hirsche, Hrodwyn«, erwiderte er, ohne den Blick von den Lichtern über ihm zu nehmen. Die Segel waren anderen Bildern gewichen. Kriegern. Bäumen. Bögen. »Das Wetter hier ist nicht gnädig mit dem Holz. Ich habe den Bogen von einem Reisenden eingetauscht, als sich die Gelegenheit bot. Das ist alles.«

»Eingetauscht, sagt Ihr?«

Neben ihm raschelte es, doch Sævarr blickte nicht zu seiner Begleitung. Zu gut wusste er, welcher Blick ihn erwartet hätte. Vermutlich färbte er wirklich ab.

»Gegen was?«, fuhr Hrodwyn fort, als er nicht antwortete. »Gutes Fleisch? Oder schlechte Omen?«

Die Zurechtweisung lag bereits auf seiner Zunge, doch Sævarr sprach sie nicht aus. Stattdessen presste er die Lippen aufeinander. Fast war ihm, als wabere der Reisende in den Lichtern über ihm. Die grässlichen Wunden in seinem Gesicht. Der brennende Pfeil in seiner Brust. Das unheilvolle Grinsen, unterbrochen nur von Narben, die sich wie eine Naht über seine Lippen zogen. Die Gewissheit, ihn nicht das letzte Mal gesehen zu haben.

»Vielleicht habt Ihr recht.«
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Salix
2018-02-06T20:32:41+00:00 06.02.2018 21:32
Und weiter geht es.
Ich liebe Hrodwyn! :) Wie du sie charakterisierst ist klass!
Ich liebe auch ihr Gespräch mit Seavarr!
Mir gefällt die Überlegung, ob Nordlichter nun ein gutes oder ein schlechtes Omen sind und, dass es im Endeffekt offen bleibt.
Die Beschreibung der Nordlichter und dessen, was die Magier darin sehen ist wunderbar, richtig gehend poetisch. Das ist mein persönliches größtes Highlight der Geschichte.

Ich bin mir unsicher, wo sie sich befinden.

Sind Hexer religiös? (Okay, das müsste ich eigentlich J.K. Rowling fragen.)
Mir gefällt wirklich, dass du darstellst, wie die alte Mythologie und die neue Religion nebeneinander her existiert haben. Fjolvarr scheint wichtig zu sein. Und was hat es mit dem Bogen auf sich?



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