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Manus manum lavat

von

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Schuster, bleib bei deinen Leisten

Ein guter Rat ist wie Schnee. Je sanfter er fällt, desto länger bleibt er liegen.

- Simone Signoret


 

 
 

~*~

 

- Kapitel fünfzehn -

 

 

 

Seit mehr als zwanzig Minuten stand Bulma fassungslos im Türrahmen, welcher die Küche vom Flur trennte. Hinter ihr befand sich ihre Mutter, deren Hand nervös auf Bulmas Schulter platziert worden war, während ihr Vater ungeduldig am Küchentisch saß und seine Zigarette im Aschenbecher ausdrückte. Innerhalb weniger Sekunden hatte sich die junge Frau angezogen, nachdem Doktor Briefs sie mit Vegeta in einer verfänglichen, gar nicht missverständlichen Situation erwischt hatte und die Hölle über sie hereingebrochen war. Es gab nichts falsch zu verstehen und alles bloß, weil ihr Vater – wie ihre Mutter zuvor – ins Bad kommen wollte, um ihr etwas zu sagen, aber nicht einmal das hatte sie in der Aufregung in Erfahrung bringen können, weil alles so schnell gegangen war.

 

„Papa“, zwang Bulma sich zu sagen und stoppte kurz, als die wutverzerrte Mimik ihres Vaters ihren Blick traf. Sie erkannte die Wut in seinen zusammengezogenen Augen deutlich und nie hatte er so zornig zu ihr gesehen. Nicht in den schrecklichsten Diskussionen, die spätestens beim Mittagessen immer wieder vergessen waren, eben weil ihr Vater kein nachtragendes Wesen war. Zwischen Vater und Tochter hatten, im Bezug auf physikalische Gesetze und dergleichen oft Streitigkeiten geherrscht, aber gerade jetzt blickte er enttäuscht zu ihr. Ganz deutlich hatte die junge Frau jene Enttäuschung in seinem Gesicht ablesen können. „Papa, bitte. Es... ist gar nicht so, wie du wahrscheinlich denkst.“

 

Natürlich nicht. Wie sonst hätte ihr Vater die Situation deuten sollen, nachdem er sie halbnackt im Bad vorfand? Schließlich war das keine alltägliche Sachlage.

 

„Du hast das alles missverstanden, und -“

 

„Hör auf, ihn zu verteidigen, Bulma. Es gibt nichts, worüber wir noch diskutieren müssten“, informierte dieser seine Tochter missgestimmt, ehe er den über den Boden kratzenden Stuhl nach hinten schob, aufstand und neben Bulma inne hielt – allerdings im Anschluss zur Treppe ging, wo seine Hand spannungsgeladen auf dem Geländer landete und seine Finger ungeduldig auf das Holz tippten.

 

„Aber Papa, ich -“

 

„Vegeta!“, rief er – ohne Bulma zuzuhören – nach oben. „Beeil dich.“

 

Mit herabgesenkten Schulter und einem nach unten gerichteten Blick rieb sich Bulmas Hand über ihren anderen Oberarm. Sie müsste es wieder versuchen – solange, bis ihr Vater zuhörte. „Nochmal. Ich sollte dir die Umstände erklären, dann würdest du erkennen, dass du die Situation missverstanden hast. Wir -“

 

„Es reicht, Bulma. Wirklich“, ermahnte der alte Saiyajin mit erhobener Hand. Man sah ihm an, dass er nicht länger darüber reden wollte.

 

Gut, ihr Vater wollte partout nicht zuhören, seinen Willen durchsetzen und weiterhin daran glauben, dass Bulma ihn schützen wollte, was nicht abwegig war. Dennoch fühlte sie sich mitschuldig, weshalb sie Schadensbegrenzung leisten und Vegeta aus der immer enger werdenden Schlinge ziehen wollte. Kurzum neigte sie ihren Kopf zur Seite und sprach flüsternd zu ihrer Mutter: „Mama, bitte, du musst mir glauben und Papa verständlich machen, dass er sich irrt.“ Doch zog ihre Mutter es vor, ihr nicht zu antworten und zur Treppe zu sehen – was auch Bulma tat, nachdem sie Panchys Blick gefolgt war und am oberen Treppenabsatz die Stiefel erkannte, die Vegetas Anwesenheit erahnen ließen. Schleppend waren ihre Augen den Schritten hinab gefolgt, da auch Vegeta sie keines Blickes würdigte, geschweige denn das Wort an sie oder sonst jemanden richtete. Er zog es nicht einmal in Betracht, sich selbst zu verteidigen – vermutlich, weil er ebenso wusste, wie vergebens es wäre, ihren Vater vom Gegenteil zu überzeugen. Stattdessen trottete er tonlos hinab, hielt in einer Hand seine gepackte Tasche und blieb – noch immer sprachlos – vor Doktor Briefs stehen, dessen Blick er ausweichen wollte.

 

Sie alle bemerkten den Zwiespalt und doch war niemand fähig, vorerst etwas zu sagen – bis der alte Saiyajin beschloss, alles unter Dach und Fach zu bringen.

 

„Du hast mich enttäuscht, Vegeta“, offenbarte der alte Erfinder, während er sich im Geländer festkrallte um sicherzustellen, dass er den Jüngeren nicht niederschlug. „Um es mit den richtigen Worten zu sagen: Ich bin fassungslos, hinsichtlich deiner Durchtriebenheit.“

 

Kommentarlos nickte Vegeta ihm zu, hob seinen Blick und entschied, die weiteren treffenden Worte stumm zu erdulden. Was sollte er auch sonst tun? Er hatte genug Probleme damit, gegen Doktor Briefs' Enttäuschung anzukämpfen, da dies etwas war, was ihn... nun... nicht verletzte, aber härter traf als jeder Faustschlag. Enttäuschungen bedeuteten, dass man gescheitert war. Dass man versagt hatte und es nichts gab, was den Zustand ändern konnte. Vegeta verachtete sich diesbezüglich so sehr, dass er am liebsten gegangen wäre, aber er wartete... Er wartete auf weitere Worte, auf weitere Schuldzuweisungen und auf den erwarteten Schlag, den er verdient hatte. Zudem war ihm sonnenklar, was ihn erwartete, sobald er den Palast betrat und seinem Vater gegenüberstand.

 

Er konnte den König bereits toben hören. Wie unfähig sein einziges Kind doch war. Welch eine Schande Vegeta wäre, da er schon auf Namek gescheitert war, als er die Dragonballs beschaffen sollte.

 

Es waren Sätze, die Vegeta kannte. Allerdings bot seine jetzige Verfassung eine gute Angriffsfläche, da er schon am Boden lag – geschwächt und getroffen von Doktor Briefs' Enttäuschung.

 

„Ich hatte gehofft“, holte der alte Mann weiter aus, „dass ich zu dir durchringe – einem stählernen Panzer, den man mit Herzlichkeit und Güte bremsen könnte, aber noch immer vergesse ich, dass du ein Saiyajin bist – einer der schlimmsten, die ich bisweilen erleben musste.“ Er konnte die Emotionen gar nicht alle in Worte fassen, was Vegeta anbelangte. Er hatte immer gehofft, in dem Jungen doch etwas wie eine verlorengegangene Seele zu finden, aber er irrte sich gewaltig. „Obwohl ich dir ein Dach über dem Kopf gegeben habe, dich trotz des Misstrauens meiner Familie an deren Leben teilgenommen lassen habe, habe ich – ungeachtet meines Gerechtigkeitssinn – meinen Willen durchgesetzt und dich aufgenommen. Ich wollte dir ein Leben zeigen, das dich erkennen lässt, wie gut es dir in Wirklichkeit geht. Ich hatte Erwartungen“, fuhr er nahtlos und mit erhobener Hand fort. „Logisch, du hattest die auch, als du gezwungen wurdest, zu uns zu kommen.“

 

„Papa, ich -“

 

Aber er sprach einfach weiter, ohne seiner Tochter zu antworten: „Ich habe über deine herablassende Art hinweggesehen, weil du nichts anderes kennst als die Extreme. Ich habe dir Freiheiten gelassen und alles, was ich dafür verlangt habe, war, dass du lernst, Verantwortung zu übernehmen. Das, Vegeta, war alles, was ich wollte. Ich habe gar keine Dankbarkeit erwartet, aufgrund dessen, dass dir sowieso alles an deinem königlich privilegierten Hintern vorbeigeht. Auch habe ich mit Widerstand gerechnet, aber das... das, was ich eben sehen musste, hätte ich am allerwenigsten erwartet.“ Seufzend, weil der Verrat unermesslich groß war, trat er näher an den Königssohn heran, er biss sich auf die Lippen, als er seine Hand heben und diese auf Vegetas Schulter legen wollte, sich letztendlich aber dagegen entschied. „Ich weiß, dass du der Prinz dieses Planeten bist und irgendwann mein König sein wirst – dem ich Loyalität schwöre. Aber“, ergänzte er mahnend, „ich werde all das vergessen und meine Ideale über Bord werfen, wenn meine Familie Schaden davonträgt.“ Anschließend schmunzelte er. Er konnte nicht anders, da ihm bewusst war, dass Vegeta – sobald er das Haus verlassen hätte – darüber lachen würde. „Obzwar ich die ganze Zeit gehofft hatte, dass du lernst, Verantwortung zu übernehmen. Wirklich, ich hatte es inständig gehofft, dass du baldmöglichst lernst, was es heißt, für seine Familie – sowie für sein Volk – Verantwortung zu übernehmen. Ich zum Beispiel“, bemerkte er abschließend, „übernehme Verantwortung, indem ich meine Tochter vor dir schütze und dich nach Hause schicke, ganz gleich, welche Konsequenzen ich daraus ziehen werde.“

 

Das... Das konnte und wollte Bulma nicht mehr hören. Energisch stieß sie sich vom Türrahmen ab, marschierte zu ihrem Vater und blieb aufgeschreckt stehen, als Vegeta zu ihr sah – seine stille Bitte, nicht näher zu kommen, akzeptierte und sprach: „Papa, du musst mir jetzt zuhören.“ Denn das, was er Vegeta vorwarf, entsprach nicht der Wahrheit, wenngleich der Zeitpunkt günstig war, Vegeta noch mehr in die Bredouille zu bringen. „Er hat mir zu keinem Zeitpunkt Schaden zugefügt.“ Die Chance war so greifbar. Bulma hätte ihrem Vater davon erzählen können, welches Tohuwabohu er im Wald angerichtet hatte, als sie Turles nach drei Monaten zum ersten Mal sah und so sehr sie ihn eigentlich auch hasste, Bulma konnte ihm die alleinige Schuld nicht zuweisen. „Das versichere ich dir.“

 

Wieder erhielt sie keine Antwort, woraufhin sie – Vegetas Blick ignorierend – erneut auf ihren Vater zugehen wollte, im selben Augenblick jedoch bemerkte, dass auch Vegeta eine Treppenstufe hinab getreten war, um sie notfalls eigenhändig am Weitergehen zu hindern.
 

Wieso auch immer er das tat? Schützen wollte er sie mit Sicherheit nicht.

 

„Verdammt, das musst du mir glauben!“ Freudlos wandte sie sich an ihre Mutter, deren Gesichtsausdruck sie nicht deuten konnte. War es Verwirrung, was sie in Panchy Briefs' Gesicht erblickte? War es Unglaube oder war es, angesichts der Situation pure Verzweiflung? „Mama, bitte! Sag doch etwas.“

 

Wieso erwiderte ihre Mutter nichts? Wieso wandte sie sich kopfschüttelnd ab, um in der angrenzenden Küche zu verschwinden?

 

„Ich würde dir gerne glauben, Bulma, aber es ist zu spät. Ich hab den König bereits kontaktiert, der wiederum umgehend gehandelt hat und zwei Soldaten ausgesandt hat.“ Folglich wollte er nach Vegetas Tasche greifen, dem Schnösel symbolisieren, dass er draußen warten konnte, doch hatte seine Tochter ihn zurückgehalten, die schweigsam an ihn herangetreten war und ihre Hand auf seinem Rücken positioniert hatte. „Ich muss das unterbinden, Bulma. Ich muss“, betonte er.

 

„Wieso? Wieso musst du das unterbinden?“ Anscheinend schenkte er ihr endlich Gehör, was die blauhaarige Saiyajin nutzte. „Was ist los, Papa?“

 

„Das verstehst du nicht.“

 

„Dann erkläre es mir?“, erwiderte sie ruhig, die Hand noch immer auf dem Rücken ihres Vaters.

 

„Das ist kompliziert, Bulma. Es gibt Dinge, die älter sind als wir alle zusammen. Dinge, die du nicht verstehen kannst!“

 

Mit dieser nichtssagenden Aussage wollte Bulma sich nicht abspeisen lassen. Lange genug hatte sie sich zurückhalten und akzeptieren müssen. Die Zeiten der Lügen, der Vorenthaltungen und der Geheimniskrämerei mussten vorbei sein. „Ich möchte wissen, was los ist. Dass wir – Vegeta und ich – eure Marionetten waren, das war mir schon lange klar, aber ich möchte endlich den Grund für euer Spiel erfahren.“ Sie war seit Vegetas Frage nach ihrem Dragonradar misstrauisch geworden. Die unbekannten Koordinaten hatten ihre anfängliche Skepsis nur verschlimmert. Warum interessierte man sich für eine Gerätschaft, die der Technik der Saiyajins weit hinterher hinkte? „Was haben wir damit zu tun? Und... wieso warst du so interessiert daran, dass ich den Dragonradar modifiziere?“ Es musste mit diesem Planeten zusammenhängen, den Bulma nicht kannte. Andernfalls hätte ihr Vater sie nie gedrängt, den Radar fertigzustellen.

 

„Eine ganze Menge haben wir damit zu tun, Onna.“

 

Ihr Kopf wirbelte zu Vegeta herum, aber sie sprach nicht, sondern wartete auf seine Weiterführung der Erzählung, die offensichtlich noch nicht zu Ende war.

 

„Die Koordinaten, die dir und Kakarott angezeigt wurden, gehören zum Planeten Namek – ein trostloser, in unserer Umlaufbahn liegender Planet, den ich, Radditz und ein weiterer Komplize aufsuchen mussten.“

 

„Weil?“, fragte sie kritisch.

 

„Weil“, begann er schildern, „wir die namekianischen Dragonballs meinem Vater übergeben sollten. Dein Radar, die Rückkehr hierher -“ Vegeta schluckte, bevor er die nächsten Worte aussprach. „Ich bin verantwortlich dafür, dass ihr zurückkommen musstet, weil ich versagt habe und keine einzige Kugel mitgebracht habe.“

 

„Deswegen?“ Ungläubig sah Bulma zu ihrem Vater, der Vegetas Worten gelauscht hatte. „Wegen den Dragonballs und meinem Radar? Das ist der lächerliche Grund, dass wir alles, was wir uns auf der Erde aufgebaut haben hinter uns gelassen haben?“ Bulma dachte, ihre Eltern – speziell ihr Vater – wären klüger gewesen. Sie dachte stets, dass ihre Eltern nie von Profit oder der Macht getrieben wurden. „Das ist nicht wahr. Sag mir, dass das nicht wahr ist, Paps!“ Peu à peu konnte Bulma das unüberschaubare Puzzle zusammenfügen. Sie fing an, die zuvor unerklärlichen Zusammenhänge zu verstehen.

 

„Doch“, nickte ihr Vater anhaltend. „Es ist wahr.“

 

Verstört schüttelte Bulma ihren Kopf, während sie ihre Gedanken sortierte. „Der König sagte mir – nachdem man uns erwischt hatte –, dass er dir vor einundzwanzig Jahren die Erlaubnis gab, zur Erde zu reisen, aufgrund deiner Neugier. Das war gelogen, nicht wahr?“ Nicht mehr Vegeta oder sie waren der Mittelpunkt, sondern der König und ihr Vater, die hinterrücks agierten und nicht davor zurückschreckten, ihre Kinder zum eigenen Zweck zu benutzen. Aber der Zweck heiligte nun mal nicht die Mittel, verflucht.

 

„Doch, nachdem ich um die Reise bat, wurde mir mein Wunsch gewährt – angeknüpft an die Bedingung, jederzeit zurückzukehren, sofern dies verlangt wird und nach einundzwanzig Jahren kam der Zeitpunkt.“

 

„Und? Hast du ihm von den irdischen Dragonballs erzählt?“ Wenn ja, wäre die Erde in großer Gefahr, wenn es Vegeta schon nicht gelungen war, die namekianischen Dragonballs zu beschaffen.

 

„Nein.“

 

Währenddessen war Vegeta hellhörig geworden. Ihre Aussage, bezüglich der irdischen Dragonballs, wäre seine Lebensversicherung, da sein Vater nichts von deren Existenz wusste. Man hatte ihre Familie lediglich zurückgeholt, um mithilfe eines Radars die namekianischen Wunschkugeln aufzuspüren – nicht die irdischen...

 

Ob diese genauso mächtig wie die unauffindbaren Kugeln auf Namek wären? Scheißegal, Vegeta wusste etwas, das seinem Vater nützlich wäre und für diese Information über Vegetas Rausschmiss hinwegsehen würde. Schlussendlich könnte man sowohl die irdischen, als auch die namekianischen Dragonballs zusammentragen, um herauszufinden, welche die mächtigeren waren. Mittels Radar wäre das schließlich das kleinste Problem.

 

Eine andere Möglichkeit wäre, sollte er verbannt werden, selbst die Erde zu bereisen und die dortigen Kugeln ausfindig zu machen.

 

„Allerdings sind die Dragonballs das allerwenigste, was dich interessieren sollte“, informierte Doktor Briefs seine Tochter. „Es geht einzig und alleine darum, dass Vegeta gehen muss. Bulma“, flüsterte er kompromisslos, als er ihren protzigen Ausdruck bemerkte, „er gehört nicht in unsere Welt, die weit abseits des Palastes liegt.“ Auch er war – wie der König und womöglich Vegeta selbst – an den Eigenschaften des jungen Prinzen gescheitert. Vegeta würde sich stets selbst im Weg stehen, weshalb Bulmas Vater einen zeitnahen Untergang des Planeten erahnte, wenn Vegeta den Thron besteigen würde. Dieser latenten Gefahr wollte er zuvorkommen, seine Familie in Sicherheit bringen und darauf hoffen, irgendwann in Vergessenheit zu geraten – um somit einer späteren Rache zu entkommen.

 

Und Bulma verstand endlich, was Turles' Worte bedeuteten. Sie wusste, wieso mit Vegeta alles stehen und fallen könnte... Aufgrund der Gebundenheit, die der König infolge der Thronbesteigung seinem Volk gegenüber einging, benutzte er seinen Sohn um seine schäbigen, niederträchtigen Machenschaften zu verfolgen. Vegeta war – wie jeder andere Saiyajin – eine Schachfigur gewesen. Auch ihr eigener Vater war in diesen Strudel der Kriminalität hineingeraten. Jeder Saiyajin hatte seine Seele verkauft, weil sie dem jetzigen Regent dienten. „Tze, sind das deine Worte, oder die des Königs, der seinen Sohn strafen will – indem er ihn einer Welt aussetzt, die er gar nicht kennt und der er logischerweise misstrauisch entgegentritt?“

 

„Was willst du damit sagen?“

 

„Dass du – wie der König auch – nur nach einem passenden Grund gesucht hast, Vegeta nach Hause zu schicken.“ Sie konnte es nicht fassen, dass sie Partei für einen Saiyajin ergriff, den sie vor kurzem noch loswerden wollte. Aber Bulma verspürte Mitleid mit Vegeta, weil er wie sie ausgenutzt wurde. „Wird es euch zu ungemütlich, entledigt ihr euch einfach dem Problem, indem ihr es wie Müll wegwerfen wollt. Aber Überraschung, Paps, der Müll verschwindet nicht einfach.“
 

„Bulma, wie redest du mit deinem Vater? Ich erkenne dich -“

 

„Nein“, stoppte Bulma den Wortlaut ihrer Mutter, die zurückgekehrt war und scheinbar ihre Stimme wiedergefunden hatte. „Nicht ihr erkennt mich nicht mehr, sondern ich erkenne euch nicht mehr“, konterte sie unverblümt weiter, angesichts ihrer angestauten Wut, die sie im Bauch verspürte. Nicht nur, dass man ihr zweiundzwanzig Jahre – weshalb auch immer – ihre wahre Herkunft verschwieg, nein, eine weitere Kerbe, verursacht durch einen zweiten, massiven Vertrauensbruch wurde ins Holz geschlagen und dann sprach ihr Vater von Zusammenhalt? Ha, wäre es nicht so verdammt traurig, hätte Bulma Tränen gelacht.

 

Jedoch wurde ihr wieder einmal bestätigt, dass man niemandem trauen durfte, denn selbst der Schatten einer weißen Rose war schwarz – in ihrem Fall sogar pechschwarz.

 

Ihre sonst so liebevollen Eltern waren verschwunden und zum Vorschein kamen die unzähligen Lügen. Wer wusste, inwiefern man sie noch belogen hatte? Bulma fühlte sich ihren Eltern so fremd. Ja, im Grunde standen plötzlich zwei Fremde vor ihr und seltsamerweise fühlte sie sich Vegeta gegenüber sehr viel verbundener, bezüglich desselben Schicksals. Nun verstand sie seine Vehemenz. Sie konnte nachvollziehen, wieso er so gemein und hinterhältig war – weil er vor Bulma erkannte, dass man niemandem trauen konnte. Sie konnte verstehen, weshalb er kühn und arrogant wirkte. Weil er musste. Ähnlich wie sie, hatte sich auch Vegeta eine perfekte Maske angeeignet und schließlich war die Maske der einzige Teil des Gesichts, den man sich selbst aussuchen durfte.

 

„Schluss Bulma. Genug!“, schimpfte ihr Vater und wandte sich kurz von Vegeta ab. In seinem Haus war das Chaos ausgebrochen. Imaginäre Scherben lagen auf dem Boden und er war sich fast sicher, diese nicht mehr auffegen zu können.

 

„Nein, Paps. Für dich ist Schluss, weil du scheinbar die Wahrheit nicht verträgst.“ Es tat weh, mit ihrem Vater diese Art der Konversation zu führen, obwohl sie beide immer ein inniges Verhältnis hatten, worauf Bulma immer so stolz gewesen war. „Du sagst, du bist von Vegeta enttäuscht?“ Sie wartete, ob eine Reaktion folgte, aber Bulma fuhr resigniert fort: „Weil er ehrlich war? Nun... Dann ist er euch beiden“, erweiterte sie ihre Aussage anklagend, „einen großen Schritt voraus.“ Ferner warf sie einen letzten Blick zu ihm – zu ihrem Leidensgenossen, ehe sie sich umdrehte und bloß noch an die frische Luft wollte, da sie das gesagt hatte, was ihr auf der Seele brannte.

 

Nichtsahnend, dass Vegeta ihr zur Tür gefolgt war, nachdem er die Tasche zu Boden fallen ließ und wortlos an ihrem Vater vorbeigegangen war. Es war zwar nicht sonderlich klug, vor den Problem wegzulaufen, aber in diesem Moment wusste Bulma sich nicht anders zu helfen. Weitere Lügen, weitere Ausreden... Das wollte sie nicht mehr hören. Dennoch wurde sie an der Tür zurückgehalten, als sie nach der Türklinke greifen wollte, die ihr die ersehnte Freiheit brachte, sobald sie die Tür geöffnet hätte.

 

„Onna, was soll das?“ Die ganze Zeit hatte er ihr zugehört – wohl zum ersten Mal richtig zugehört – und er war... nun... Vegeta war beeindruckt von ihr. Er war, angesichts der Worte die sie gewählt hatte, überwältigt gewesen, da er zuvor noch nie Zuspruch von jemandem erhalten hatte.

 

„Ich... weiß es nicht“, gestand sie schluchzend, weil sie es sich selbst nicht erklären konnte, dass sie für diesen Sadisten einstand. „Ich hab keine Ahnung, wieso ich ausgerechnet dir beistehe, Vegeta!“

 

Er wusste es auch nicht und trotzdem musste er lächeln. „Hat dir nicht wirklich gefallen, mir beizustehen, was?“

 

Nein, ihr hatte es nicht gefallen, aber was spielte das für eine Rolle? „Wieso sagst du nichts dazu? Wieso lässt du das über dich ergehen?“, wollte sie stattdessen wissen, weil sie in Erfahrung bringen wollte, woher er die Stärke nahm.

 

Darauffolgend beugte er sich nach vorne, damit nur sie ihn hören konnte. „Weil ich es getan hätte und dein Vater recht hat. Ich wäre bis zum Äußersten gegangen und ich hätte auch – ohne mit der Wimper zu zucken – mit dir geschlafen. Deshalb, Onna.“ Er wollte sie schlichtweg nicht in Bedrängnis vor ihren Eltern bringen, weil... weil es eben so war. Im Anschluss war er derjenige, der die Tür öffnete um der Situation zu entkommen, denn noch immer hatte sie nicht verstanden, dass nicht er der Starke war, im Bezug auf die Anziehung, welche sie auf ihn ausübte. Vegeta war es bestimmt nicht, sondern sie. Sie hatte Mut bewiesen, als sie sich gegen ihre eigenen Eltern auflehnte.

 

Allerdings warteten die Soldaten seines Vaters bereits vor der Tür auf ihn, wie ihm unmissverständlich klar geworden war, als er die zwei Schergen entdeckte. Demzufolge blieb ihm nicht mehr genügend Zeit, um ihr weiteres zu erklären, da beide Hünen das Wort an ihn richteten.

 

„Königliche Hoheit, seid Ihr fertig?“
 

„Bin ich, ihr jämmerlichen Trottel“, antwortete Vegeta. Stolz stand er neben Bulma im Türrahmen, die sich nicht an den Riesen vorbeizwängen wollte. Ehe er sich allerdings dazu entschied, von dannen zu ziehen und seinem Schicksal entgegenzutreten, drehte er sich noch einmal zu Bulma, denn eins hatte er gelehrt – nicht mehr davon zu laufen. Abschließend, bevor er ging, wanderten seine Augen von ihren Beinen hinauf zu ihrem Gesicht, das er sich einprägen wollte. Im Anschluss hielt er ihr seine Hand entgegen, die Bulma nahm und schüttelte.

 

Es überraschte ihn, dass sie nach seiner Hand gegriffen hatte, doch sagte er nichts, sondern zog seine Hand zurück und kehrte dem Haus, das in den letzten Tagen – auch dank Bulma – zu einem wahren Zuhause geworden war den Rücken zu.
 

Bulma indes blickte verwundert in ihre Hand hinab, nachdem auch die beiden Hünen in der Luft verschwunden waren. Ein kleiner, in dem Moment unbedeutender Zettel lag auf ihrer Handinnenfläche, welchen sie schnell entfaltete – ganz gleich, ob ihre Eltern anwesend waren. Heute war soviel passiert, was erheblichen Einfluss auf sie hatte. Unmöglich hätte sie warten können, bis sie alleine wäre. Hastig klappte sie den Zettel auf und las die seltsamen Symbole...
 

Resignation folgte, als ihr aufging, dass es sich hierbei um die saiyajinische Schrift handelte, woraufhin ihre Freude und Euphorie getrübt wurde. Ja... das sah Vegeta ähnlich, sie selbst in diesem Augenblick auf die Schippe zu nehmen. Traurig zupfte sie weiter an dem Papier, bis eine weitere Seite aufgeklappt wurde und sie Worte sah, die sie tatsächlich entziffern konnte.
 

Jeden einzelnen Buchstaben besah sie sich... Und... sie konnte den Satz lesen. Vegeta hatte ihn auch in ihrer Sprache aufgeschrieben.
 

Ich habe gelogen, Onna...

Rache war eines der letzten Dinge, an die ich dachte.
 

Was? Was tat er nicht aus Rache? In der Hoffnung, in der Ferne, in der Vegeta verschwand, Antworten zu finden, sah sie rasch nach oben, doch die Ausbreitung enormer Glücksgefühle in ihrem Körper nahm ihr die Sicht auf das Wesentliche, als sie in ein lächelndes Gesicht sah, das aus dem Nichts aufgetaucht war.

 

 
 

~*~
 

Vegeta verschwendete zu viele Gedanken daran, was passieren könnte, wenn er durch das große Tor marschierte, vor welchem er seit geraumer Zeit umher tigerte. Noch wichtiger und präsenter war die Frage, ob es richtig war, ihr diesen Zettel, den er in der Eile geschrieben hatte, während er seine Tasche packte, in die Hand zu drücken.
 

Der seichte Engel auf seiner Schulter bejahte sein Verhalten, der Teufel dagegen, der so monumental und gigantisch wirkte und den Engel überragte, war in Rage. Ja, wie konnte er sich dazu herablassen, ihr etwas so derartig unechtes zukommen zu lassen? Glauben würde sie ihm sowieso nicht. Himmel nochmal, Vegeta selbst glaubte sich nicht einmal, dass er das schrieb. Viel mehr erschreckte ihn sein agonistisches Verhalten. Was hatte er sich nur dabei gedacht? Packte ihn die Angst? Wenn ja, was war das für eine Angst, die er nicht kategorisieren konnte? Fakt war, dass er dieses Mädchen nicht kannte – woher auch? Sie kannten sich seit kurzem und doch war es, als würde er sie schon ewig kennen, als... als wären sie miteinander verwachsen, wie die unzähligen Wurzeln, die schlussendlich eins waren und zu einem einzigen Baum gehörten.
 

Ach, Unsinn! Sollte er sie jemals wieder sehen und sie es wagen sollte, ihn darauf anzusprechen, würde er alles abstreiten. Punkt.
 

Entschlossen legte er beide Hände auf das Tor, das nachgab und sich öffnete. Durch den Spalt konnte er seinen Vater sehen. Wieder stand er vor der großen Fensterscheibe und überblickte sein Reich, das Vegeta mittlerweile insgeheim Sklavenvolk nannte. Nichts anderes waren sie... Kleine Insekten, die man mit einem einfachen Tritt zerquetschen und auslöschen konnte. Mit hoher Sicherheit konnte Vegeta hinzufügen, dass sein Vater allerdings noch die bestialische Methode vorzog und genüsslich dabei zusehen würde, wie die Gliedmaßen der Insekten brachen und das Blut aus ihrem Körper floss. Neben seinem Vater, je näher Vegeta kam, erkannte er seinen königlichen Berater Akira, welcher auch zuerst zu Vegeta aufsah und sich ehrfürchtig verbeugte.

 

„Vegeta, ich bin erfreut, Euch wohlbehalten zu sehen.“ Er kam mithilfe seiner Gehilfe auf Vegeta zu, doch er winkte ab um ihm klarzumachen, dass Akira sich nicht die Mühe machen musste, auf ihn zuzugehen.

 

„Akira, du scheinst der einzige zu sein, der sich über meine Anwesenheit erfreut“, erwähnte er gehässig, nachdem er das Profil seines Vaters studiert hatte, „aber immerhin etwas, nicht wahr?“

 

„Tze“, schnalzte der König verächtlich mit der Zunge, bevor er knurrend hinzufügte: „Du hast deine vorlaute Klappe behalten – wie bedauerlich.“ Parallel warf er seinen königlichen Umhang zur Seite, um sich seinem Sohn zuzuwenden, dem er anhand seiner Blicke zu verstehen gab, wie abstoßend er ihn in diesem Moment fand. „Aber was wundere ich mich noch? Du spuckst ja grundsätzlich auf das, was einen Saiyajin ausmacht, richtig?“ Abschätzig betrachtete er seinen Erben und ein weiteres Detail fiel ihm auf, was ihn zusätzlich erzürnte. „Und wo ist deine königliche Uniform, Vegeta?“

 

„Wozu? Die brauche ich doch sowieso nicht mehr, wenn ich mich richtig an unser Gespräch erinnere, in dem du mir gedroht hast, mich zu verbannen?“ Die Worte schmerzten ihn. Immer, solange er denken konnte, war ihm seine Abstammung heilig. Sie stand über allem. Dessen ungeachtet hatte er so oft betont, wer er war. Dass er, er alleine, der Prinz der Saiyajins war und diese Aussage, so erinnerte er sich, hatte ihm viele Türen geöffnet. Nur war Vegeta dumm genug diese Türen oftmals nicht zu nutzen, weil er daran zog, statt zu drücken – ha, wie passend das Wortspiel doch im Bezug auf den jetzigen Zustand war. „Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass ich meinen Umhang nicht mehr benötige, oder habe ich auf anderen Planeten diplomatische Immunität?“

 

„Man hat dir wohl nicht genügend Anstand beigebracht, Junge.“ Sein Lachen erstarb augenblicklich, nachdem er seinem Sohn direkt ins Gesicht sah. Blanker Hohn strahlte ihm entgegen, was König Vegeta nur noch mehr aufregte. „Was soll diese hirnrissige Frage? Natürlich hast du diese nicht, was dich hoffentlich nicht erschrecken wird, wenn du ziellos durch das Weltall reisen musst?“

 

Gelangweilt hatte Vegeta seine erhobene Hand betrachtet. Er zeigte seinem Vater sehr deutlich, wie wenig er sich für dessen Worte interessierte, da seine behandschuhten Finger bedeutend spannender waren als das Gerede seines alten Herren. „Es erschreckt mich zumindest nicht so sehr, dass es dich erfreuen könnte.“ Auf dem Weg hierher hatte er noch Bedenken, sich gegenüber seinem Vater nicht artikulieren zu können, aber allem Anschein nach war das eine unbegründete Angst. Seine Selbstsicherheit kehrte automatisch zu ihm zurück – wie ein Bumerang, der nach seiner Rückkehr zum Palast scheinbar Vegetas Sinne reaktiviert hatte.

 

„Ach, denkst du das? Dass mich der Zustand erfreuen könnte, meinen Erben verbannen zu müssen?“

 

„Ja, zumal ich deinen Plan durchschaut habe. Seltsame Ziele, aber ich muss gestehen, es war gar nicht so übel, mich für deine Zwecke auszunutzen.“ Von sich und seiner Aussage überzeugt, machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte geradewegs zu einem Tisch, auf dessen Oberfläche eine Karaffe thronte, die er sich schnappte und den daneben stehenden Kelch mit der Flüssigkeit befüllte, ehe er diese in einem Zug hinabwürgte. Die Repugnanz zwischen Vater und Sohn wuchs mit jeder Sekunde weiter und noch nie fühlte er sich von seinem Vater so weit entfernt wie jetzt. Ganz anders als zu Bulma... Trotz der Ferne zu ihr, konnte er die Nähe zu ihr merklich spüren.

 

Missmutig betrachtete der König unterdessen das auffällige Verhalten seines aufmüpfigen Sohnes. „Dass ich an unser Volk denke, willst du mir zum Vorwurf machen? Junge!“, entfuhr es ihm anschließend, nachdem er neben seinen Sprössling getreten war und die flache Hand auf den Tisch knallte. „Das! Genau das war es übrigens, was du lernen solltest – Verantwortung deinem Volk gegenüber zu entwickeln. Aber wie ich sehe, sind meine Bemühungen nicht auf fruchtbaren Boden gefallen, richtig?“ Als er zudem bemerkte, wie anmaßend Vegeta war, infolge der Ignorierung seiner Worte, sah er knurrend zu Akira, der selbst nur mit den Achseln zuckte. „Vegeta, ich rede mit dir!“

 

„Merkt man“, entgegnete er gelangweilt, während er den Kelch erneut bis zum Rand füllte.

 

„Dann antworte mir gefälligst! Hast du – während deiner Zeit außerhalb des Palastes – dazugelernt?“ Diese Urgenz klang so bösartig, wie spöttisch zugleich.
 

„Hat meine Antwort Einfluss auf meine Zukunft?“, wollte Vegeta wissen, während er den Kelch in seiner Hand hin und her schwang, so dass die Flüssigkeit im Innern beruhigende Wellen schlug.
 

„Nein!“, antwortete der König, nicht sicher, worauf Vegeta hinaus wollte.

 

„Dann“, replizierte Vegeta und stellte den mittlerweile leeren Kelch auf den Tisch zurück, „habe ich nichts gelernt!“ Er hasste Alkohol, doch ignorierte er seinen Standpunkt absichtlich. Es schien seinem Vater nämlich zu sehr zu missfallen, was Vegeta tat und alles, was seinen Vater nervte, aufregte oder in den Wahnsinn trieb, würde Vegeta mit Genugtuung tun. Sei es auch, wenn er Alkohol trank.

 

„Ja. Das dachte ich mir. Ansonsten hättest du dieses Mädchen in Ruhe gelassen, Vegeta! Du hättest deine Triebe niemals über deine königlichen Pflichten stellen dürfen, verdammt nochmal!“ Der König war außer sich vor Wut. Diese Gelassenheit, mit der Vegeta antwortete, brachte ihn nur noch mehr auf die Palme. „So hübsch das Mädchen anzusehen ist, aber du hast deine Finger von ihr zu lassen. Sie ist die Tochter eines Mannes, der unsere Gebräuche vergessen hat, nachdem er jahrelang auf der Erde gelebt hat und -“

 

„- der zufällig einen Radar besitzt, der dir nützlich ist?“

 

„Ja! Er ist nützlich für unser Volk!“

 

„Dein Volk“, spottete der Prinz. „Es geht dir nicht um dein Volk. Du willst das Beste – aber nicht für dein Volk, zu dem sie übrigens genauso gehört. Es geht dir doch lediglich um deine Belange.“

 

„Und dir geht es um deinen schändlichen Trieb, den du nicht unter Kontrolle hast. Versuch gar nicht, dich herauszureden – ich bin bestens darüber informiert, in welcher Situation man dich mit dem Mädchen erwischt hat!“

 

„Na und? Wäre immer noch meine Sache, was ich mit ihr treibe.“

 

„Du hast gar nichts mit ihr zu treiben, verstanden?“ Nicht mehr lange und König Vegeta würde komplett die Fassung verlieren. Sein Sohn wusste nichts und doch würde er es schaffen, mit seiner leichtsinnigen Art ein ganzes Volk auszulöschen. „Behalte deine Finger bei dir, verdammt! Ansonsten werde ich dafür sorgen, dass sie bloß noch eine blasse Erinnerung von dir sein wird.“

 

„Was? Du willst zu solch dreckigen Mitteln greifen?“

 

Bevor er sich weiter in Rage sprach, drängte sich ein böser Verdacht in seine Gedanken. „Sekunde!“ Drohend hob König Vegeta seine Faust, ehe er sich lauernd seinem Sohn näherte, der inzwischen auf dem Thron Platz genommen hatte und sämtlichen Anstand verlor. „Was drängt dich dazu, das armselige Leben dieser Familie zu verteidigen, indem du meine Maßnahmen in den Dreck ziehst?“ Eine leise Vorahnung beschlich ihn und seine Augen waren präzise auf die Haltung seines Sohnes gerichtet. Die nachfolgende Reaktion Vegetas würde seine Vermutung entkräften oder – was er nicht hoffte – bestätigen.

 

Lächelnd stützte der junge Prinz die Ellenbogen auf den Armlehnen des Thrones ab, während seine Finger vor seinem Gesicht gegeneinander tippten. Zudem dachte er, sein Vater wäre mit Intelligenz gesegnet worden. Vegeta dachte immer, dass sein Vater auf dämliche Köderungen nicht zurückgreifen müsste, aber gerade wurde er eines Besseren belehrt. Er war somit nicht nur außerhalb des Palastes von Idioten umgeben. Nein, die pure Dummheit stoppte nicht einmal vor seiner eigenen Familie. „Ich muss das Leben dieser Familie weder verteidigen, noch schützen. Ich wollte bloß meine Bestätigung, dass du dein Volk nutzt, um dir nicht selbst die Finger dreckig zu machen – nichts weiter.“

 

„Natürlich wolltest du das“, bellte sein Vater ungehalten. „Damit kennst du dich ja am besten aus, nicht wahr? Immerhin hast du selbst genug Dreck am Stecken, mein Sohn.“

 

„Du willst das Spiel echt fortführen?“ Vegeta könnte Stundenlang mit seinem Vater streiten. Er hatte diesbezüglich einen langen Atem.

 

„Ich denke, wir sollten uns unter vier Augen weiterunterhalten.“ Gleichzeitig hob der König seine Hand, um Akira nach draußen zu schicken.

 

„Unterhalte dich unter zwei Augen – meine kannst du vergessen.“ Diese sinnwidrige Diskussion führte doch zu nichts. Diese Zeit hätte er besser in etwas anderes investieren können. Verflucht, er konnte nicht einmal in Erfahrung bringen, was es mit diesen Kapseln auf sich hatte, in denen sich dieses Ding befand, mit dem Bulma in die Stadt gefahren war. Er hatte es nicht einmal geschafft, in Bulmas konzipiertem Gravitationsraum zu trainieren. Was tat er eigentlich bei den Briefs? Gar nichts, stellte er nüchtern fest. Er hatte sich nur darauf fixiert, Bulma das Leben zur Hölle zu machen, oder sich mit Kakarott anzulegen. Der krönende Abschluss lag in der Erkenntnis, dass ihm der Kuss mit Bulma gefiel... Toll.

 

„Vegeta, bitte bedenkt, dass noch immer Euer Vater vor Euch steht“, mischte sich Akira ein, um auf den störrischen Thronfolger einzureden – allerdings erfolglos.

 

„Wir wollen nicht unfair werden, gar die Ansichten meines Vaters – hinsichtlich eines perfekten Saiyajins – in Frage stellen, oder Akira?“ Verschmitzt betrachtete er den alten Greis und es überraschte Vegeta überhaupt nicht, als dieser mit geweiteten Augen zum König der Saiyajins sah. „Sei vorsichtig, alter Mann. Mein Vater könnte sich bedroht fühlen, wenn du mich zurechtweist und somit seine Autorität untergräbst.“

 

„Raus!“, erklang die Stimme seines Vaters bedrohlich leise. „Geh mir aus den Augen, Vegeta, bevor ich mich vergesse!“
 

Positiv war, dass auch sein Vater nicht an seinen Drohungen festhielt, wenn es um Vegeta ging. Ob er das fehlende Durchsetzungsvermögen von ihm geerbt hatte? Schließlich hatte er Bulma auch so vieles angedroht und es nicht in die Tat umgesetzt. Aber darüber konnte er sich in seinem Zimmer weitere Gedanken machen. Jetzt sollte er tatsächlich zusehen, dass er sich zurückzog, kapitulierte – wenn auch widerwillig – und wartete, bis Gras über die Sache gewachsen war, ehe er sich seinem gewohnten Alltag wieder widmen konnte... Solange sollte er sich in Zurückhaltung üben, seinem Vater zumindest das Gefühl geben, in der Spur zu laufen, was er natürlich nicht täte und dann weiter intervenieren.
 

Feixend ließ er den Thronsaal hinter sich, doch statt sein Zimmer aufzusuchen, suchte er jemand anderen auf... Jemanden, der ihm helfen sollte.

 

Unterdessen kehrte in dem großen Saal allmählich Ruhe ein.

 

„Majestät“, begann Akira bedenklich, nachdem Vegeta die Tür von außen geschlossen hatte. „Vegetas Worte klingen verhängnisvoll, meint Ihr nicht?“ Akira war in höchster Alarmbereitschaft, nachdem er hörte, was bei den Briefs vorgefallen war.
 

„Ja, sehr besorgniserregend. Bedenke nur, was geschehen wäre, wenn sie weiter gegangen wären. Nicht auszumalen, im Bezug auf dessen, was auf dem Spiel steht.“ Erschöpft nahm er seinen Platz ein und zog ein Amulett aus seinem Brustpanzer, das er ausgiebig in Augenschein nahm, es zwischen seinen Fingern wandern und anschließend in seinen Schoss fallen ließ, bevor seine Hand zu seinem Kopf fuhr und über die verschwitzte Stirn strich. Es handelte sich um eine silberne Scheibe, in welcher sechs Saphire eingelassen waren. In der Mitte prangten zwei Gestalten, die sowohl einen männlichen, als auch eine weibliche Saiyajin symbolisierten.
 

„Ziel eines Konfliktes oder einer Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein, Majestät. Ihr solltet mit Vegeta darüber sprechen – nicht heute, aber bald.“
 

Schmunzelnd sah er zu seinem königlichen Berater, hob das Amulett und verbarg den Anhänger in seiner geballten Faust. „Interessant, Akira. Du dachtest noch vor kurzem, dass Vegeta nicht der richtige für die Mission nach Namek sei und nun glaubst du ernsthaft, dass ich mich mit meinem Sohn unterhalten könnte? Ich schlage vor, dass ich mit Vegeta rede, wenn du mit deinem Bruder gesprochen hast? Einverstanden?“ So, diesen Zahn hatte er Akira gezogen. So sehr er seine Weisheit schätzte, so sehr hasste er seine unbrauchbaren Ratschläge, was Familie betraf. Ihm selbst Weisheiten um die Ohren jagen, aber seine Familienverhältnisse selbst nicht besser klären können. Ja, das war doch, in Anbetracht der Gesamtsituation, beruhigend. Saiyajins waren eben keine Lebewesen, die in Familien zusammenleben sollten. Man sah ja, dass es nur Schwierigkeiten brachte.
 

„Das sind ganz andere Umstände, Hoheit.“
 

„Ach ja? Inwiefern?“
 

„Ihr kennt die Umstände, die zu dem Bruch zwischen mir und meinem Bruder geführt haben. Insofern dürfte sich dieses Unterfangen als schwierig gestalten.“ Beklommen klammerte sich der Alte an seine Gehhilfe. Über dieses Thema zu sprechen gestaltete sich als schwierig und dabei unterhielt er sich mit dem König. Wie wäre es nur, wenn er sich mit seinem Bruder unterhalten würde, der damals schon nichts davon wissen wollte, als Akira ihn warnte.
 

„Bereinige das Problem mit deinem Bruder, Akira, da ich das Mädchen – sobald der Radar in meinem Besitz ist – zur Erde zurückschicken werde.“

 

„Ist das weise? Sie einfach fortzuschicken?“

 

„Nein, aber es ist die beste Lösung – vielleicht nicht für sie, aber für Vegeta.“ Der König hätte umsichtiger sein müssen, aber er hatte immer gedacht, sein Sohn wäre klüger und disziplinierter... „Ich muss meinen Sohn schützen, Akira, auch wenn er das nicht sehen will.“

 

Der alte Saiyajin war ein folgsamer Saiyajin. Dennoch beunruhigte die Aussage des Königs ihn. „Ihr solltet Vegeta darüber informieren.“

 

„Nein, er wird es früh genug erfahren. Du hast doch seinen Blick gesehen, als wir über das Mädchen gesprochen haben, oder nicht?“ Sein Berater wäre blind, hätte er nicht die Wut in Vegetas Augen aufblitzen gesehen, als der König seinem Sohn verbot, noch einmal Hand an die blauhaarige Saiyajin zu legen.

 

„Ja, sein Blick sprach Bände, wenngleich er nur für den Bruchteil einer Sekunde sichtbar war.“

 

„Und diesen Bruchteil müssen wir auslöschen“, beharrte König Vegeta, während er sich mit der geballten Faust in die Handinnenfläche schlug.

 

„Majestät, Ihr wollt es womöglich nicht hören, aber glaubt Ihr nicht, dass Vegeta doch etwas sehr wichtiges gelernt hat? Es erweckte zumindest den Anschein.“

 

„Worauf willst du hinaus, Akira?“

 

„Er hat zwar nicht gelernt sein Volk zu schützen, aber“, bemerkte der königliche Berater bedächtig, „er hat gelernt, das schützen zu müssen, das ihm wichtig ist.“ Akira war im Bezug auf Vegetas Veränderung wohl genauso in Erstaunen versetzt worden, wie sein Vater. „Er wurde nie mit solchen Gefühlen konfrontiert, daher umso verständlicher, dass er so... aufgebracht reagierte.“

 

„Was denkst du? Wird er ihr folgen, wenn ich sie zur Erde schicke?“, stellte er die Frage an seinen Berater. Akira würde es ihm niemals ins Gesicht sagen, doch König Vegeta wusste, was der alte Saiyajin dachte. Nur er, der König, war schuld, dass es soweit kommen konnte. Schließlich war er es, der Vegeta zu Briefs schickte, aber es bot sich einfach an. Als das junge Mädchen dabei ertappt wurde, wie sie in seine Vorratskammer eindringen wollte, war die Versuchung zum Greifen nah. Nie hätte er gedacht, dass Vegeta etwas anderes als sein Training ins Auge fassen konnte...

 

„Die Frage sei mir erlaubt, Majestät, aber was denkt Ihr?“

 

Ja... Akira war ein intelligenter Saiyajin. „Ja. Ja, ich bin mir sicher, dass er ihr folgen würde.“ Und der König alleine war Schuld an dieser Misere. Er alleine konnte schlussendlich dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sein Sohn das saiyajinische Volk in den Abgrund trieb – weil er blind gehandelt hatte, als er Vegeta zu Briefs geschickt hatte. Hinzu kam Akiras damalige Warnung. Diese bitterböse Warnung, die der König für ein Ammenmärchen hielt – wie die Legende des Super Saiyajins...

 

Verflucht, wäre er doch nur klüger gewesen. Wäre er doch bloß vorsichtiger gewesen. Er hätte nicht an seinem Stolz festhalten dürfen, als er sowohl Briefs, als auch Vegeta strafen wollte. Schlimmer noch, er hätte ahnen müssen, dass das Mädchen eine anziehende Wirkung auf seinen Sohn hätte... Schließlich kannte er doch Akiras Warnung...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Uiuiui... Wasn da los? Plötzlich taucht ein merkwürdiges Amulett auf? Dann noch Akiras Warnung? Und... was hat bitte Akiras Bruder damit zu tun? Ich freue mich auf die wildesten Spekulation - bewerft mich mit euren Vermutungen :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ayumi_haneoka
2023-11-23T18:37:47+00:00 23.11.2023 19:37
Der beste Teil war einfach, als sich Vegeta auf den Thron setzt alter 😂😂
Von:  sama-chan
2018-06-18T06:09:42+00:00 18.06.2018 08:09
Ich bin schon im Wetten bezüglich der WM nicht gut.
Dann jetzt noch spekulieren - das würde im Desaster enden. XD
Da lehne ich mich lieber zurück und genieße die nächsten Zeilen, um von dir zu erfahren, wie es weiter geht. :D
Von:  Nicimimi
2018-05-17T19:33:31+00:00 17.05.2018 21:33
Bitte schreib schnell weiter ich halte es kaum noch aus und gucke jeden Tag ob ein neues Kapitel erscheint😭 Es ist einer der besten Fan Fictions die ich bis jetzt gelesen habe
Von:  Seredhiel
2018-04-28T20:51:38+00:00 28.04.2018 22:51
Oh... mein Gott XD was für ein tolles Kapitel.

vor allem so vieles neues und aufregendes *-*
oh man was hat das alles bloß zu bedeuten *grübelt*

Bulma gefällt mir hier echt gut xD dass sie plötzlich Partei für Vegeta ergreift ist echt süß *kichert*
Schade, dass zwischen den beiden nichts weiter passiert ist *grins*

Spekulationen gibt es nun viele XD
Womöglich gibt es eine süße Legende von wegen: jeder Sayajins hat den perfekten Partner (Seelenverwandte) xD
man erkennt es anhand gewisser merkmale: Anziehungskraft, Beschützerinstinkt, Nähe suchend, etc
Sowas könnte ich mir echt gut vorstellen :D solche Legenden wären traumhaft :D ob das Amulett darauf hinweist *grübel*
Akiras Bruder ist womöglich Bulmas Vater *fg* könnte ich mir sehr gut vorstellen xD
Doch die Frage bleibt immernoch: welche Visionen hat Bulma? was will König Vegeta mit den Dragonballs? wann gesteht sich Vegeta, dass er Bulma liebt? ... *kopf raucht*

zu viele Fragen, zu wenig Antworten *weglacht*

freu mich auf das nächste Kapitel ^-^


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