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Bird On A Wire

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen!

Ich hoffe, ich startet alle gut ins Wochenende! Für mich geht es heute in meinen Mangaladen des Vertrauens, Gutschein auf den Kopf hauen xD Also wenn das kein guter Start ins Wochenende ist... xD

Mir wurde tatsächlich eine Frage per PN gestellt, die ich mit euch teilen wollte. Und zwar die Frage, wie lange diese Geschichte noch gehen wird. Tja, es tut mir leid euch das mitteilen zu müssen... Aber ich habe keinen blassen Schimmer xD Ich habe noch einige Ideen, was die beiden angeht, aber keine Ahnung, ob ich das unterbekomme. Ich befürchte/vermute mal, dass ich die 50-Kapitel-Marke locker knacken werde xD

Und nun noch ein Hinweis auf das folgende Kapitel: Als ich das Kapitel getippt habe, habe ich tatsächlich mal ein wenig Eiskunstlauf gesehen. Das hat mich wohl inspiriert, das Thema noch einmal kurz anzuschneiden. Natürlich habe ich deswegen recherchiert, da ich keinen Mist bei so etwas schreiben möchte. Das kann ich allerdings nicht ganz ausschließen, da ich eben einfach ein Laie bin und Theorie und Praxis zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind. Falls es jemanden unter euch gibt, der mein Geschreibsel Lügen trafen kann, weil er es tatsächlich weiß, der möge sich bitte bei mir melden, damit ich es korrigieren kann xD Aber vielleicht ist es ja auch korrekt xD

Und nun: Viel Spaß beim Lesen!
LG
yezz Komplett anzeigen

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Hausbesuch

Victor würde lügen, wenn er behaupten würde, dass es ihm überhaupt nichts ausmachte, dass Yūri sie beide gerade zu seiner Wohnung fuhr. Klar, die Wohnung war nicht weit weg von seiner eigenen, aber die Absicht dahinter war eine völlig andere als bisher. Sie würden in seine Wohnung gehen und Victor wusste, dass sie alleine waren. War der Zeitpunkt gekommen? Sollte er vorpreschen und Yūri seine Gefühle gestehen? Der heutige Abend hatte ihn ein wenig mehr hoffen lassen. Immerhin hatte er vielleicht so etwas wie leichte Eifersucht gezeigt. Auch wenn er sich da nicht sicher war. Allerdings hatte er nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als er das mit dem Roman gehört hatte. Im Gegenteil, er hatte sogar neugierig gewirkt, was auf Victor den Eindruck machte, dass er zumindest nicht uninteressiert war. Und das war doch schon einmal ein gutes Zeichen, oder?
 

Doch er wollte Yūri auch nicht überrumpeln und einschüchtern. Er wollte das Ganze durch eine übereilte Aktion seinerseits nicht kaputt machen, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte. Außerdem wusste er nicht, ob er Yūris Typ war, falls er überhaupt auf Männer stand. Immerhin war es durchaus im Bereich des Möglichen, dass Yūri wirklich nur einen Freund in ihm sah und alles weitere nur seine eigenen Hirngespinste waren. Und was dann? Das war eine Frage, die immer wieder ungewollt in seinem Kopf aufploppte und ihn dabei immer wieder ein wenig aus der Bahn warf. Was, wenn er merkte, dass er wirklich nur Yūris platonischer Freund sein konnte? Für Ewigkeit in der Friendzone gefangen, wie die Jugend von heute es so schön ausdrückte? Würde er das durchhalten können?
 

Konnte er sein Leben an seiner Seite verbringen, so nah und doch soweit von ihm entfernt? Ihm letzten Endes vielleicht sogar aus Versehen die Frau seines Lebens vorstellen und als Trauzeuge enden? Würde es eine schlimmere Strafe geben? Nein! Es war viel zu früh, um sich über so etwas Gedanken zu machen! Stattdessen sollte er sich besser auf das hier und jetzt konzentrieren und darauf, dass es niemals soweit kommen würde. Immerhin hatte er jetzt noch alle Zügel in der Hand. Noch konnte er dafür sorgen, dass sich Yūri in ihn verliebte. Er musste einfach nur geduldig bleiben und sich langsam in sein Herz schleichen.
 


 

Natürlich hatte er Phichits Hamster gefüttert. Als würde er so etwas jemals vergessen. Es war einfach nur eine fadenscheinige Ausrede gewesen. Gleich nachdem Yūri die Einladung in einer Kneipe ausgesprochen hatte, war ihm das Bild vor dem Kino wieder eingefallen. Victor umringt von hübschen Damen. Auch wenn Victor so höflich war und sie alle für ihre Verabredung abgewiesen hatte, wollte Yūri das nicht mit ansehen. Natürlich wusste Yūri von ihren Telefonaten aus der Hotline, dass Victor wohl tendenziell nicht abgeneigt gegenüber Männern war. Aber vielleicht war es auch mehr die Experimentierfreude gewesen oder er war einfach bisexuell. Lieber lockte er Victor unter einem Vorwand zu sich und dann würde er beiläufig anbieten, dass sie doch einfach noch einen Film schauen konnten. Er hatte noch ein paar Getränke kaltgestellt, also wären sie da auch versorgt. Eventuell könnten sie sich etwas zu essen bestellen oder zu dem japanischen Imbiss ein paar Häuser weiter. Dann könnte er ihm ein paar Spezialitäten seines Heimatlandes vorstellen.
 

So darin versunken, sich einen Schlachtplan auszudenken, fiel Yūri erst am Auto auf, dass sie bisher still nebeneinander hergegangen waren. Er blickte aus den Augenwinkeln zu Victor, der irgendwie nachdenklich wirkte. War er sauer, dass sie aus dem Kino geflogen waren? Immerhin hatte er die Karten bezahlt. Essen und Getränke hatten sie im Kinosaal auch vergessen, wobei Victor die Hälfte seines Popcorns schon während der Werbung nahezu inhaliert hatte. Yūri fand es irgendwie süß, dass er eine solche Schwäche für Karamell hatte. Er schloss das Auto auf, während er überlegte, wie er wieder ein Gespräch anfangen könnte. Lange brauchte er gar nicht nachdenken, bis der Geistesblitz kam.
 

„Ich habe übrigens den ersten Band von der Reihe fertig, die du mir empfohlen hast“, bemerkte Yūri, während er sich anschnallte. Victors Kopf ging mit einem Ruck nach oben und neugierige, blaue Augen schauten ihn an. „Und?“ „Gefällt mir richtig gut. Ich muss mir unbedingt den zweiten Band holen“, grinste Yūri und startete sein Auto. Nun lächelte auch Victor. „Das freut mich zu hören. Gibt es denn etwas, was dir besonders gefallen hat?“, wollte er nun von ihm wissen.
 


 

Während sie sich die ganze Zeit über die Reihe von Alan unterhalten hatten, hatte sich auch Victors düstere Gedanken und sogar die Nervosität ein wenig gelegt. Nun stand er vor dem großen, etwas in die Jahre gekommenen Gebäudekomplex mit 14 Wohnungen. Auch wenn zwischen ihren beiden Wohnungen nur ein paar Häuserblocks, vielleicht 10 Minuten Fußweg, lagen, war das hier schon eine etwas andere Welt. Die Gebäude waren alle etwas älter, wenn auch nicht heruntergekommen. Doch sie türmten sich links und rechts neben den Straßen auf. Bei ihm im Wohngebiet war alles moderner, heller und definitiv auch neuer. Die große Tür schwang auf und Yūri führte sie eine große Holztreppe hinauf in den 3. Stock. Neugierig blickte er sich in dem Haus um. Gleichzeitig fragte er sich, wie groß oder klein die Wohnung war, die er sich mit seinem Mitbewohner teilte.
 

Doch als hätte Yūri seine Frage erahnt, erklärte er: „In jeder Etage gibt es 4 Wohnungen, außer in der 3. Etage, da sind irgendwann einmal aus 4 Wohnungen 2 gemacht worden. Als wir die Wohnung gemietet haben, wollte eigentlich noch ein Freund mit einziehen, aber das hat sich dann nicht ergeben. Also hat sich mein Mitbewohner den Raum als Büro eingerichtet.“ Sie waren in der Etage angekommen und tatsächlich waren an der gegenüberliegenden Wand keine Türen zu sehen, wie in den anderen Stockwerken. Nur links und rechts war jeweils eine Tür. Yūri hielt an der rechten Tür, auf einem Schild unter der Klingel stand 'Chulanont/Katsuki'. Auch wenn das vollkommen logisch war, versetzte ihm das Schild einen kleinen Stich. Wie gerne hätte er, dass dort 'Nikiforov/Katsuki' stand. Oder von ihm aus auch 'Katsuki/Nikiforov', das wäre ihm relativ egal, so lange der andere Name auch auf dem Schild stand.
 

Das Klacken des Schlosses riss ihn aus dem Gedanken. Von der Neugierde gepackt blickte er an Yūri vorbei in die Wohnung. Der erste Eindruck stimmte ihn schon einmal positiv. Sie zogen die Schuhe am Eingangsbereich aus und Yūri zeigte ihm Wohnzimmer, Küche und Bad. „Eine sehr gemütliche Wohnung“, schloss Victor und Yūri wurde wieder leicht rot. „Das meiste ist zusammengewürfelt. Du bist sicherlich Besseres gewohnt“, murmelte er. „Gemütlich hat nichts mit 'besser' zu tun, Yūri“, tadelte er freundlich. „Eine Wohnung kann die teuersten Möbel haben, aber wenn sie nicht gemütlich ist, ist sie zum Wohnen ungeeignet. Finde ich zumindest“, erklärte er dann. Ob Yūris Schlafzimmer auch so gemütlich aussah? Würde er es noch zu Gesicht bekommen? Wäre das überhaupt so gut?, fragte sich Victor, doch Yūri setzte sich schon in Bewegung. Mit immer noch hochrotem Kopf öffnete er eine Tür. „Und... das ist mein Schlafzimmer. Da vorne ist mein Regal mit Büchern und daneben eines mit Filmen. Wenn du magst, kannst du ja mal stöbern, während ich nach den Hamstern sehe“, bot er an.
 

Victor hoffte, dass er nicht zu schnell in das Zimmer gestürmt war. Aber die Neugierde hatte ihn einfach gepackt. Das Zimmer war so ziemlich quadratisch und in der Mitte stand eines dieser großen Betten, die nicht ganz Doppelbett und nicht ganz Einzelbett war. Also breit genug für zwei, dachte Victor mit einem leichten Grinsen. Da jedoch nur ein Nachttisch vorhanden war, sagte Victor, dass er dieses Bett, zumindest am Anfang, nur für sich gekauft hatte. Neben der Tür war ein Eckschreibtisch mit einem 24-Zoll-Bildschirm. Wobei das ihn beim genaueren Überlegen nicht überraschte. Immerhin arbeitete Yūri mit diesen Dingen. Auf der linken Seite des Zimmers war nicht nur ein Fenster, welches ein angenehmes Licht auf den Schreibtisch warf, sondern auch ein großes Regal mit Büchern. Daneben stand ein kleines, schmales Regal aus dem gleichen Holz, in dem tatsächlich DVD- und Blu-ray-Hüllen standen. Hinter der Tür standen eine Kommode und ein Kleiderschrank.
 

Viel Dekoration und Farben waren nicht in dem Zimmer. Außer der Bettwäsche in verschiedenen Blautönen hing über der Kommode noch eine Leinwand mit dem Bild eines Eiskunstläufers. Victor ging näher heran. Es sah ein wenig wie eine Malerei mit Wasserfarben, ebenfalls in Blautönen, aus. Das Gesicht war nicht komplett zu sehen, aber irgendwie erinnerte es ihn an Yūri. Oder vielleicht wollte er ihn auch nur darin sehen. Ein bisschen widerwillig riss er sich von dem Bild los und ging zum Bücherregal. Dabei warf er kurz einen Blick auf die Filme. „Sharknado, Angriff der Killertomaten, Sharktopus, Piranhaconda, The Gingerdead Man...", Victor nickte anerkennend. "Und die Klassiker, wie The Giant Claw, Sternenkrieg im Weltall und Plan 9 from Outer Space", zählte er weiter auf. Jetzt war sich Victor eigentlich sicher, dass Yūri perfekt für ihn war. Er schien so perfekt, dass es eigentlich schon einschüchternd für Victor war.
 

Dann fiel sein Blick auf die Bücher. 2 der 5 Regalböden war voll mit Büchern auf Japanisch, sodass er die Titel nicht lesen konnte, doch eine Reihe erkannte er sofort, denn er hatte dieses Cover schon einmal gesehen. Mit einem nostalgischen Lächeln blätterte er durch das relativ dünne Buch mit leicht vergilbten Seiten. Es musste schon einige Jahre auf dem Buckel haben, denn es war ein wenig zerlesen und hatte den typischen Geruch eines alten Buches. Als er auf der Rückseite des Einbandes angelangt war, hielt er inne. Das war eindeutig die Unterschrift des Autors! Das ließ Victors buchbegeistertes Herz höher schlagen.
 


 

„Und? Hast du was gefunden?“, fragte Yūri, als er in sein Zimmer kam. Victor blickte von einem Buch auf und seine Augen funkelten vor Begeisterung. „Das ist 'Per Anhalter durch die Galaxis', richtig?“, fragte er fast ehrfürchtig, sodass Yūri schmunzeln musste. „Ja. Die japanische Erstausgabe“, nickte er. „Mit Unterschrift von Douglas Adams!“, kam es zurück. „Ja, mein Vater ist damals zufällig an der Signierstunde vorbei und dachte, dass es vielleicht mal eine Wertanlage sein könnte“, Yūri zuckte mit den Achseln. „Aber dafür ist es zu oft gelesen worden“, Victor schüttelte mit dem Kopf. Da sprach der Fachmann, dachte Yūri. „Stimmt. Mein Vater hatte es irgendwann vergessen und ich habe es mal beim Stöbern in alten Kisten gefunden. Ich habe das Buch unendlich oft gelesen oder einfach nur Abschnitte gelesen. Als mein Vater erkannte, welches Buch ich da hatte, war es schon zu spät. Damals habe ich noch nicht wirklich viel davon verstanden“, lachte er und rieb sich den Hinterkopf. Victor stimmte in das Lachen mit ein und stellte das Buch kopfschüttelnd zurück.
 

„Du hast einige ziemlich gute Filme“, wechselte Victor nun das Thema. „Gute? Du meinst höchstens interessant. Keiner der Filme ist wirklich 'gut'“, grinste Yūri. „Möchtest du dir etwas ausleihen? Oder sollen wir den verpassten Kinoabend hier nachholen?“, bot er nun an, während er in seinem Kopf schon jubelte, dass sein Plan aufging. Victor legte den Kopf schief und schaute ihn an. Sein Herz schlug schneller. Bloß nicht wieder rot werden. Nicht rot werden, dachte er schon fast panisch, wollte er doch nicht, dass Victor ihn durchschaute. „Also gut! Wie wäre es mit Sharktopus vs. Pteracuda? Den habe ich noch nicht gesehen“, schlug Victor vor und griff bereits nach dem Film. „Oh mein Gott. Ehrlich? Und du willst dich wirklich einen Fan von Trash-Filmen nennen?“, neckte Yūri grinsend und hoffte, Victor zumindest ein wenig aus der Reserve locken zu können. „Oh großer Gott der Trash-Filme! Erleuchte mich mit deinem Wissen“, Victor faltete die Hände und beugte seinen Kopf in gespielter Demut. Als er grinsend den Kopf hob, konnte Yūri nur noch mit dem Kopf schütteln.
 

Dann jedoch blickte Victor zur Seite und dann ihn wieder an. „Darf ich dich was fragen, Yūri?“ Yūri runzelte die Stirn, da es ungewohnt vorsichtig klang. „Klar, du kannst mich alles fragen.“ Victor zeigte mit dem Finger an die Wand. Genauer auf das Bild dort. „Bist du das?“, wollte er wissen. Yūri war für einen kurzen Moment perplex, dass Victor es erkannt hatte. Wieder spürte er, wie die Hitze in seine Wangen stieg. „Uhh... ähm. Ja. Das hat mir meine Ballettlehrerin gemalt“, erklärte er mit einem etwas wehmütigen Seufzen. Minako hatte ihm damals gepredigt, etwas zu finden, was seine innere Ruhe ansprechen würde, wie bei ihr die Malerei. Doch sie beide hatten nicht lange mit dieser Art von meditativen Bemühungen weitergemacht. Minako, weil sie einfach keine echte Ruhe fand und er... Nun ja, er war ehrlich zu sich selbst: Er war einfach grottenschlecht im Malen und Zeichnen.
 

„Ballett? Und du hast Eiskunstlauf gemacht?“, fragte Victor nun interessiert. Yūri nickte. „Ja, ich war aber nicht sonderlich gut darin. So habe ich auch meinen Mitbewohner kennengelernt. Das war auf einem Asien-Jugendmeisterschaften“, eigentlich wollte er darüber nicht reden, aber wenn ihn Victor so mit großen Augen anschaute, konnte er nicht anders. „Warum nicht gut? Du warst bei Jugendmeisterschaften! Das schafft man nicht, wenn man 'nicht sonderlich gut' ist“, wiederholte Victor seine eigenen Worte. „Nun ja, ich bin Letzter geworden“, zuckte Yūri mit den Achseln. Er wollte eigentlich gar nicht darüber reden. „Und wie viele Eiskunstläufer gab es zu der Zeit in deinem Jahrgang im Land?“, hakte Victor nach. „Uhh... keine Ahnung“, er kratzte sich am Kopf und fühlte sich ein wenig dumm. „Mehr als einen?“, Victor hob die Augenbrauen. „Ja, natürlich mehr als einen“, Yūri war irritiert bei dieser Frage. Als hätte es damals nur nur einen im Alter zwischen 6 und 12 Jahren gegeben. „Siehst du? Und du warst der Beste von denen!“, schlussfolgerte Victor mit einem strahlenden Grinsen.
 

Yūri seufzte. „Es mag sein, dass ich bei dem einen Wettbewerb besser war, aber das hat mir bei der Meisterschaft nichts gebracht. Und am letzten Tag habe ich mir beim zweifachen Toeloop noch Außen- und Innenband gerissen“, schüttelte Yūri den Kopf. „Wie alt warst du da?“, wollte Victor wissen. „Da war ich 9 Jahre. Ist das lange her“, lachte Yūri leise. „Du konntest mit 9 Jahren einen zweifachen Toeloop stehen?“, Victor stand auf. „Ich habe mir die Bänder gerissen, also nein, nicht im Wettbewerb“, Yūri schaute auf seine Füße. „Aber du hast ihn schon einmal gestanden, sonst hättest du es sicher nicht versucht. Ich finde das ziemlich beeindruckend“, Victor kam vor ihm zum Stehen. Und plötzlich fiel Yūri ein, was ihn so wunderte. „Moment, du weißt, was ein Toeloop ist?“, fragte er. Victor nickte und lachte dann. „Ja, natürlich! Ich habe das auch lange Zeit gemacht.“
 

Er hob seinen Blick und schaute in die strahlend blauen Augen, die ihm fast schon zu nahe waren. „Und wann hast du den zweifachen Toeloop gestanden? Im Wettbewerb?“, wollte er nun wissen. „Ähm... Nun ja... Mit 7 Jahren... glaube ich?“, gestand er mit einem leichten Rotschimmer im Gesicht. Yūri fand, dass ihm das durchaus stand. Trotzdem waren seine Worte eine Bestätigung für Yūri. „Aber ich habe lange Zeit wirklich kaum etwas anderes gemacht, als Eiskunstlauf. Nun ja... du weißt ja, dass meine Eltern früh gestorben sind und irgendwie... hat mir das beim Verarbeiten und auch beim Verdrängen geholfen“, gestand Victor und sein Blick schien ein wenig entrückt zu sein. „Warum hast du aufgehört?“, wollte Yūri nun wissen. Victor grinste schief mit einem Hauch von Traurigkeit. „Warum hast du aufgehört, Yūri?“, entgegnete er.
 

Yūri überlegte, ob er sagen sollte, es sei unfair, die Frage unbeantwortet zurückzugeben. Doch er konnte sich nicht dazu bringen, als er die verborgene Traurigkeit und Verletzlichkeit in Victors Augen sah. „Nach dem Bänderriss bekam ich Zweifel, ob ich davon überhaupt leben konnte. Und als mir klar wurde, dass ich dafür viel Talent, Mut und Glück brauchte, habe ich noch mehr Zweifel bekommen. Ich wollte später nicht als gescheiterte Existenz enden und meiner Familie auf der Tasche liegen, daher habe ich damit aufgehört.“ Victor schnaubte ein wenig. „Furchtbar vernünftig, für deine 9 Jahre damals.“ „Oh ja“, stimmte Yūri zu und danach kehrte Stille zwischen ihnen ein. Sie schauten sich einander an und Yūri wollte gerade anbieten, den Film anzustellen, als Victor sich räusperte. „Mein Cousin, mit dem ich aufgewachsen bin, und ich haben beide Eiskunstlauf geliebt. Doch einer von uns hat familiäre Pflichten zu übernehmen und sozusagen als großer Bruder habe ich es als meine Aufgabe angesehen, diese zu übernehmen. Ich dachte, und denke auch heute noch, dass mein Cousin nicht dafür geeignet ist, also habe ich für ihn das Eiskunstlaufen aufgegeben.“
 

Yūri war wie versteinert. Es war furchtbar traurig und furchtbar schön zugleich. Es tat ihm unglaublich leid, dass Victor so offenbar seinen Traum aufgeben musste, andererseits fand er es auch unaussprechlich toll, dass er so für seinen Cousin da war. Nicht erst an sich dachte. „Bereust du es?“, fragte Yūri leise und musste wieder auf den Boden schauen, er konnte Victors Blick nicht mehr standhalten. „Ja, manchmal. Doch auf der anderen Seite hätte ich wahrscheinlich einige Leute nicht kennengelernt, wenn ich weitergemacht hätte. Das wäre echt schade, denn ich mag diese Leute sehr“, gestand er und wedelte dann mit dem Film in der Luft, sodass Yūri aufblickte. „Schauen wir uns jetzt den Film an?“, plötzlich sah Victor wieder aufgeregt und fröhlich aus. Fast schon wie ein kleines Kind, das sich auf einen Filmabend freut. Während er zusah, wie Victor an ihm vorbei ins Wohnzimmer ging, fragte sich Yūri, ob er so wagemutig sein konnte und sich zu diesen Leuten zählen durfte, die Victor so mochte, dass er ein Stück weit froh war, das er die Kufen an den Nagel gehangen hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Seredhiel
2018-02-03T12:23:18+00:00 03.02.2018 13:23
Wow ein tolles Kapitel.
So süß und doch so mutig :D
Oh man ich hoffe echt einer von den beiden ist mal Mann genug und gesteht XD die sind einfach nur süß zusammen ^^

freu mich schon auf das nächste Kapitel
Antwort von:  yezz
10.02.2018 09:20
Hihihi, freut mich :3
Ach... Freu dich einfach auf das nächste Kapitel und fordere die Beiden nicht auf, vielleicht noch was Dummes zu tun ;D
Antwort von:  Seredhiel
10.02.2018 15:27
aber genau darin besteht doch der Reiz was dummes zu tun, sich darüber schrott zu lachen und endlich alles vom Herzen zu reden XD


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