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Bloß nicht Slytherin!

Löwen in der Schlangengrube
von

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Der Schlafsaal der Slytherins war etwas, was Harry beim letzten Besuch in der Schlangengrube noch nicht gesehen hatte. Vielleicht war es auch besser so, denn sonst wäre er vom Neid zerfressen worden. Es war nicht so, als wäre ihr Schlafsaal in Gryffindor klein … aber der der Slytherins war größer. Und das war etwas, was ihm sauer aufstieß. Ron schien ähnlich zu empfinden, während Neville sich lieber weiterhin im Hintergrund hielt und sich umsah.

 

"Oh Mann." Zabini starrte finster auf die drei Schrankkoffer in der Raummitte. "Irgendwie hatte ich trotz allem gehofft, das würde keine dauerhafte Sache."

 

Harry konnte es ihm nachfühlen. Die Sache gefiel ihm genauso wenig, wenn nicht sogar weniger. Auf der einen Seite war es natürlich genial, wenn er sich im Schlafsaal umsah. Der Raum war ein großes Sechseck, mit einem Bett an jeder Wand. Oder vielmehr ein Bett inklusive integrierter Arbeitsflächen. Das war etwas, was Harry eher von den Ravenclaws erwartet hätte. Aber das, was er auf der einen Seite cool fand, auf der anderen Seite aber einfach nur unfair, war die Sitzgarnitur. Er wusste nicht, ob das Standard in den Schlafsälen der Slytherins war oder ob das einfach daran lag, dass Malfoy hier wohnte, aber die Slytherins hatten tatsächlich Couch, Wohnzimmertisch und Sessel in ihrem Schlafsaal. Nicht das Neuste, was Malfoy fast wieder ausschloss.

 

"Was zur Hölle ist das?" Ron starrte ebenfalls wie vom Donner gerührt auf die Sitzgruppe.

 

Malfoy fläzte sich auf die Couch. "Wonach sieht's denn aus, Wiesel?", schnarrte er. "Das ist ein Sofa samt Sessel. Ich wusste ja, dass deine Familie arm ist, aber so arm? Merlin, das ist ja noch schlimmer, als ich gedacht habe." Er kramte in seiner Tasche, zog einen Knut hervor und warf ihn Ron zu, der ihn verdutzt auffing. "Das nennt sich Geld", sagte Malfoy gönnerhaft. "Ich weiß, du hast so etwas noch nie zuvor gesehen, aber –"

 

"Nicht anfassen!"

 

Alle drehten sich um. Nott hatte sich schützend zwischen Neville und eine gigantische Topfpflanze gestellt, um zu verhindern, dass Neville ihr näher kam. Die Slytherins nahmen es gelassen hin.

 

"Das ist Gary", sagte Zabini und deutete auf die Pflanze. "Berührt ihn nicht, atmet nicht in seine Richtung, fasst ihn nicht an – oder Theo könnte euch im Schlaf ermorden."

 

Nott warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Ich bin kein Psychopath, Zabini", schnappte er. "Aber diese Pflanze ist empfindlich, und Gryffindors sind nicht gerade für ihre Behutsamkeit bekannt." Er musterte Neville misstrauisch. "Bleib Gary fern oder spür mein Missfallen, Longbottom."

 

Neville wich verunsichert zurück. Harry konnte es ihm nachfühlen – Nott war definitiv ein Psychopath. Anders konnte man das nicht beschreiben. Überhaupt, wer gab einer Zimmerpflanze einen Namen? Und Gary? Und jetzt streichelte Nott auch noch die Blätter der Pflanze. Harry schüttelte den Kopf. Nott war offensichtlich irre, Malfoy war ein Idiot und das ließ nur noch Zabini übrig. Vielleicht hatte er einen Funken Vernunft in sich, aber es sah schlecht aus.

 

"... hier sind nur fünf Betten", stellte Neville leise fest.

 

Alle sahen ihn an. Bis auf Nott, der ihn finster beäugte, sahen alle verwirrt drein.

 

"Du kannst also zählen", sagte Malfoy. "Gut, dass wir das geklärt haben."

 

"Wir sind zu sechst", stellte Harry nach einem Moment fest. "Wir haben ein Bett zu wenig."

 

"Falsch!" Zabini warf sich auf eins der Betten, vermutlich seins. "Ihr habt ein Bett zu wenig. Für uns sind genug da." Er grinste gemein.

 

Malfoy grinste ebenfalls und deutete auf zwei Betten, die nebeneinander standen. "Die beiden sind momentan frei – prügelt euch drum!"

 

Die Art, wie Malfoy es sagte, klang beinahe so, als würde er einem Gladiatorenkampf zuschauen wollen. Harry wollte ihm die Genugtuung ganz sicher nicht bieten. Er drehte sich zu Ron und Neville um, die ihn ihrerseits ansahen. Die Situation war vertrackt. Harry wollte ein Bett, das war keine Frage. Am Ende musste er auf dem Boden schlafen, so, wie die Slytherins drauf waren. Aber er wollte sich nicht mit Ron und Neville darum streiten, denn das war es, was die Slytherins wollten. Und wenn die Slytherins etwas wollten, sollte man das komplette Gegenteil davon tun. Die Frage war nur, wie sie das anstellen sollten.

 

Er konnte hören, wie die Slytherins sich hinter seinem Rücken unterhielten. Er hörte auch ein Klimpern, was wie Münzen klang. Harry knirschte mit den Zähnen. Wetteten die Kerle?

 

"Also …", begann Harry langsam, aber Ron unterbrach ihn: "Das rechte gehört mir!"

 

Harry blinzelte. "Was?"

 

"Das rechte Bett", wiederholte Ron und wies auf besagtes Möbelstück, "ist meins."

 

Harry sah ihn noch einen Augenblick an, bevor er sich zu Neville umwandte. Eigentlich wollte er sich entschuldigen, weil Neville nun den Kürzeren gezogen hatte, aber Neville kam ihm zuvor. Er entschuldigte sich, dass Harry kein Bett abbekommen hatte. Harry öffnete seinen Mund, um zu protestieren, aber die Slytherins lenkten ihn davon ab.

 

"Geld her, ich hab gewonnen!" Nott hielt seine Hand auffordernd Zabini und Malfoy vor die Nase. "Ich hab doch gesagt, Longbottom muss man im Auge behalten!"

 

Malfoy und Zabini schnitten Grimassen, gaben jedoch ihren Wetteinsatz raus. "Ausgerechnet Longbottom", maulte Malfoy. "Der ist doch sonst so ein Feigling."

 

"Na, vielleicht gegenüber Freunden nicht", sagte Zabini und ließ ein paar Münzen in Notts Hand fallen. "Hat er nicht im ersten Jahr sogar Punkte dafür bekommen?"

 

"Wie könnte ich das vergessen?", schnappte Malfoy verärgert. "Das war die mieseste Masche, von der ich je gehört habe."

 

Harry schnaubte leise. Mit miesen Maschen musste Malfoy sich ja auskennen. Er wusste zwar nicht, was die drei genau meinten – die Punkte hatte Neville sich ehrlich verdient, und daran war nichts miese Masche – aber er hatte kein Interesse daran, mehr herauszufinden. Sollten die drei sich doch grün ärgern, er hatte andere Probleme: Wo sollte er schlafen? Sicher, es war noch relativ früh am Tag, aber trotzdem. Er hatte nichts außer seinem Schrankkoffer.

 

Ron und Neville sahen ihn zwar mitleidig an, aber da sie dabei auf ihren wiederrechtlich eroberten Betten saßen, war Harry nicht gewillt, ihnen so schnell zu verzeihen. Ernsthaft, was waren das für Freunde?

 

Wenigstens hatte er noch mindestens einen halben Tag Zeit, um sich zu überlegen, wie er die Nacht verbringen würde. Vielleicht konnte er Hermine nach ein paar Zaubern fragen, die den Boden bequemer machten. Und Wärmezauber. Die Kerker waren schließlich nicht gerade gut geheizt, und wenn er im Flur schlafen musste ...

 

"Die einzigen, die bisher im Flur schlafen mussten, waren die Vertrauensschüler vorletztes Jahr", bemerkte eine Stimme von der Tür her.

 

Alle drehten sich wie aufs Stichwort um. Harry hatte nicht realisiert, dass er seine Gedanken laut ausgesprochen hatte, aber er hatte auch nicht gehört, dass der Typ in der Tür geklopft hatte. Auf schaurige Weise sah er aus wie die Erscheinung von Tom Riddle letztes Jahr, aber als Harry genauer hinsah, war es nur eine oberflächliche Ähnlichkeit. Es musste das Alter gepaart mit dem Vertrauensschülerabzeichen sein. Eigentlich waren das auch die einzigen Ähnlichkeiten, denn er war, anders als Tom Riddle, blond, auch wenn er eine dunkle Mütze zu tragen schien.

 

Malfoy winkte dem Vertrauensschüler. "Sprichst aus Erfahrung, was, Lannister?"

 

Lannister funkelte Malfoy mürrisch an. "Ich bin nicht Marcus Flint und drehe Ehrenrunden, Malfoy. Ich wurde erst letztes Jahr Vertrauensschüler." Er rümpfte etwas die Nase. "Und ich erinnere mich daran, dass du nicht gerade dazu beigetragen hast, die Sache zu beenden."

 

Malfoys Gesicht nahm eine hässliche rosa Farbe an, aber er schwieg. Scheinbar erkannte er Lannisters Autorität als Vertrauensschüler größtenteils an. Oder er überlegte sich, wie er ihn fertig machen konnte. Bei Malfoy wusste man nie.

 

Harry musterte den Vertrauensschüler neugierig. "Warum mussten die Vertrauensschüler im Flur schlafen?"

 

Lannister machte eine wegwerfende Handbewegung. "Weil Snape der Ansicht war, dass die Unruhestifter sonst sofort wieder ausbüxen." Er warf Malfoy einen finsteren Blick zu. "Vor allem, nachdem jemand einen Aufstand gemacht hat, weil er im Kricket verloren hat."

 

Malfoy reckte das Kinn. "Die anderen haben gemogelt."

 

Harry verstand rein gar nichts. Er sah hilfesuchend zu Ron und Neville, die genauso verwirrt dreinsahen. Warum sollten Vertrauensschüler im Gang übernachten, um jemanden am Ausbüxen zu hindern? Und was hatte Kricket damit zu tun? Allein die Idee, dass Malfoy Kricket gespielt und das ins Rollen gebracht hatte, war absurd. Dass Malfoy gemogelt hatte, war auch das einzige an der Geschichte, dass plausibel erschien. Aber die Slytherins schienen nicht daran interessiert, mehr Licht in das Dunkel zu bringen.

 

Er wusste nicht, wer der Slytherin war – sein Name schien Lannister zu sein und er war offensichtlich ein Vertrauensschüler, aber er hatte noch nie von ihm gehört. Was auf erstaunlich viele Slytherins zutraf, wenn Harry darüber nachdachte. Man sollte meinen, die Namen wären bekannter, aber bis auf einige Quidditch-Spieler hatte Harry keine Ahnung, wie die Slytherins hießen. Selbst die Slytherins aus ihrem eigenen Jahr schienen ihm erstaunlich unbekannt. Mit den Hufflepuffs und Ravenclaws hatte er zumindest hin und wieder geredet, zumindest bevor sie ihn alle für den Erben Slytherins gehalten hatten. Danach ...

 

"Mein Name ist Alwin Lannister", stellte sich der Vertrauensschüler vor, als hätte er die Verwirrung bemerkt. Er runzelte etwas die Stirn. "Hat euch keiner die Namen der Vertrauensschüler genannt?"

 

Die Gryffindors schüttelten die Köpfe.

 

"Nur die ... Stufensprecher?" Neville sah hilfesuchend zu Harry und Ron.

 

"Genau, Bulstrode." Ron verschränkte die Arme. "Weiß immer noch nicht, warum gerade die."

 

Lannister schnalzte mit der Zunge. "Weil sie gewählt wurde? Weil sie die beste für den Job ist?" Er schüttelte den Kopf. "Egal. Auch wenn ihr nur zeitweise in Slytherin seid, solltet ihr die Vertrauensschüler kennen." Er hob die Hand, um die Namen abzuzählen.

 

"Lass es", schnaubte Malfoy. "Die können es sich eh nicht merken. Wenn sie wen finden, der sie ihnen vorliest, können sie einfach die Liste im Gemeinschaftsraum ansehen. Kein Grund, sich damit aufzuhalten."

 

Lannister runzelte die Stirn. "Du gehst mir auf die Nerven, Malfoy", sagte er missmutig. "Siehst du das hier?" Er deutete auf sein Abzeichen. "Das heißt, dass du die Klappe hältst, wenn ich rede."

 

Bevor Malfoy was erwidern konnte, bekam Lannister einen Klaps auf den Hinterkopf. Snape war, still wie ein Schatten, hinter ihm aufgetaucht – wie zum Henker machte er das? – und sah finster auf ihn herab. Lannister rieb sich den Kopf, wobei er nach seiner Mütze tastete. Snape drückte sie ihm unwirsch gegen die Brust.

 

"Es ist mir neu, dass es in den Kerkern regnet", sagte er und hob eine Braue.

 

Lannister verzog das Gesicht. "Professor", sagte er nur etwas zerknirscht.

 

Snape musterte ihn. "Ich hoffe, ich brauche kein Abzeichen, damit man mich nicht unterbricht."

 

"Auf Ihrem Abzeichen würde sowieso Tyrann stehen", sagte Lannister mit einem schiefen Grinsen. "Sir."

 

Snape schnaubte. "Kaum." Sein Blick durchbohrte den Jungen. "Wenn ich mich recht entsinne, dann hat die sechste Klasse Slytherin in diesem Augenblick Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Und ich war der Ansicht, dass ein gewisser Alwin Lannister Teil dieses Kurses ist. Warum also sehe ich besagten Schüler hier, wenn er doch gleichzeitig im Unterricht von Professor Lupin sitzen sollte?"

 

Lannisters Wangen färbten sich rot, bevor er eilig davonstob. Nicht, ohne dass Snape ihm nachbellte, dass er in den Gängen gefälligst nicht rennen sollte. Harry fragte sich, ob er gerade träumte. Nicht nur, dass Snape das Frotzeln eines Schülers ignoriert hatte, er bestrafte ihn auch nicht dafür, Unterricht zu schwänzen. Er hatte ja gewusst, dass Snape parteiisch war, aber so? Wäre Lannister ein Gryffindor, er hätte garantiert eine, nein, zwei Strafarbeiten kassiert.

 

Snape schüttelte den Kopf und sah die Drittklässler vor sich der Reihe nach an. Dann sah er auf die noch unbewegten drei Schrankkoffer in der Raummitte. "Ich war davon ausgegangen, dass selbst Gryffindors nicht aus dem Koffer leben."

 

Harry starrte ihn finster an. "Wir sind gerade erst angekommen."

 

Snape hob die Brauen. "Wir haben eine unterschiedliche Auffassung von Zeit, Potter. Was du als gerade bezeichnest, war vor mehr als einer Stunde. Ich schlage vor, dass du dir eine Uhr besorgst, denn auf dein Zeitgefühl ist offensichtlich kein Verlass."

 

Die Slytherins kicherten hinter vorgehaltener Hand, während Harry versuchte, seinen Ärger zu unterdrücken. Es würde nichts helfen, wenn er Snape anfuhr – der Mann saß am längeren Hebel, insbesondere jetzt, wo er ihr Hauslehrer war. Selbst wenn Snape ihnen keine Punkte mehr abziehen würde, er würde nur dazu übergehen, sie bis zum Ende ihrer Tage Strafarbeiten ableisten zu lassen. Harry wusste, dass Snape nichts lieber täte. Vor allem, wenn er dafür sorgen konnte, dass Harry deshalb nicht zum Quidditch-Training konnte. Wenn Harry sich Strafarbeiten einhandelte, konnte nicht einmal McGonagall dagegen protestieren. Also biss Harry die Zähne zusammen und schwieg.

 

Snape studierte ihn einen Moment lang, bevor er sich im Raum umsah. Er bemerkte Neville und Ron auf den leeren Betten und sah zurück zu Harry. "Scheint, als müsstest du auf der Couch schlafen, Potter", stellte er fest. Er ließ seinen Blick an ihm auf- und abwandern. "Von der Größe her müsste es passen. Das spart uns den Aufwand, Möbelstücke dauerhaft zu verwandeln."

 

Malfoy verzog das Gesicht. "Aber Professor!", beklagte er sich – er wollte offensichtlich nicht seinen Platz aufgeben.

 

"Wenn es Ihnen nicht passt, Mr. Malfoy, können Sie gerne tauschen", sagte Snape überfreundlich.

 

Malfoy ruderte sofort zurück. Harry grinste ihn an. Selbst wenn er auf der Couch schlafen musste, das war in Ordnung. Er hatte immerhin zehn Jahre in einem Schrank geschlafen. Außerdem sah das Sofa gemütlich aus. Malfoy funkelte ihn finster an, stand aber hochnäsig wie eh und je auf und stolzierte zu seinem Bett. Vermutlich hätte er sich dramatisch hineinfallen lassen, hätte Snape ihm keinen warnenden Blick zugeworfen. Snape hielt scheinbar nicht viel von Dramaqueens.

 

"Da das geklärt ist ..." Snape holte etwas aus seinen Roben und warf es den Gryffindors zu. "Man hat mich daran erinnert, dass ihr als Slytherins auch die Hausfarben zu tragen habt. Wenn ihr Schwierigkeiten damit habt ... behelligt wen anders." Er warf ihnen einen finsteren Blick zu und rauschte davon.

 

Harry betrachtete das Etwas. Es war ... eine Farbpalette inklusive dem Wappen von Slytherin. Er fragte sich, was er damit sollte. Ron und Neville schienen ebenfalls verwirrt zu sein. Dass ihre normalen Schuluniformen die Farben von Gryffindor hatten, war ihnen klar, aber wozu hatte Snape ihnen eine Farbpalette gegeben? Harry steckte sie ein und beschloss, Hermine auch danach zu fragen.



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