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Ich warte auf dich

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
so jetzt geht die richtige Geschichte los... viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
so, es hat jetzt doch etwas länger gedauert, aber ich bin wieder fleißig am schreiben! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
jetzt isches Abi rum und ich hoffe ich find wieder viiiiiiiiiel zeit zum schreiben!

ach ja, kleine nebeninfo^^ Cheonsa ist koreanisch und bedeutet Engel... aber jetzt wird erstmal gelesen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
so... ich habs endlich geschafft das Kapitel fertig zu schreiben. Ich glaub alle meine Freunde haben sich gegen mich verschworen und halten mich vom schreiben ab ;)
aber jetzt nimmer, bin wieder kreativ und hab ideen wies weitergeht...

das is jetzt trotzdem nur ein kurzes Zwischenkapitel, aber ich mag es trotzdem total.
viel spaß beim lesen :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
und das nächste Kapitel. jetzt hab ich wieder nen richtigen schreib-schub und weis wies weitergeht.

weil eigentlich sollte das hier nur eine Kurze geschichte mit vielleicht 3 Kapiteln werden und sollte sowieso ganz anders verlaufen. Die Handlung sollte eher so aussehen: Melody ist nur eine gute Freundin und hat nichts damit zu tun, dass auf einmal Sebastian auftaucht. der Widerum sollte eigentlich 'der Böse' sein, nämlich der Dämon des Mondes, der bei jedem Blutmond sein Opfer fordert.

Aber jetzt kam zum glück doch alles anders! aber der Mond hat trotzdem eine wichtige Rolle, kommt aber erst später, wenn wir Lucas kennen lernen...

also erstmal viel spaß beim Lesen Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
huhu, sorry, dass das hier nur ein ganz kurzes Zwischenkapitel wird.
Ab dem nächsten wirds wieder spannend! Beim nächsten Mal machen wir uns auf den Weg nach Island... ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
Guten Abend mal wieder ;)
ich hab wieder nen Schreibwahn und bin sowas von krea-hoch!

ich denke, das liegt aber auch am Soundtrack von Loveless, den ich beim schreiben gehört habe.
*ich liebe den Anime einfach so sehr*

also viele Spaß beim Lesen ;) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
ich hab endlich wieder eine Eingebung gehabt zum weiterschreiben ;)
ich hoffe euch gefällt die Entwicklung der Geschichte genauso wie mir!

ich hab vor lauter schreiben sogar vergessen einen Kuchen zu backen, weil meine Cousine heute kommt. das muss ich jetzt noch schnell nachholen ;) aber euch viel spaß beim lesen :* Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
es tut mir so leid meine lieben Leser! Ihr kriegt ganz viele Extrakekse!
Ich bin so mit meinem Studium beschäftigt, dass esewgi gedauert hat, bis ich das Kapittel zusammen hatte und mich motivieren konnte es abzutippen.
Aber jetzt ises so weit und das nächste ist auch fast fertig!
Ich hoffe ihr habt mich noch nicht verlassen, weil ich so ewig nicht mehr geschrieben habe... <3 <3

ein danz dolles Knuddel an euch! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
hallihallo meine Lieben!

Alles geht auf die Prüfungen zu und ich hab einfach zu wenig Motivation zum lernen. Also hab ich euch in der letzten Vorlesung dieses Kapitelchen geschrieben :*
Ich bin fleißig am nachdenken und nächstes Kapitel wird auch wieder etwas länger, aber jetzt gibts erstmal ein kleines Zwischenkapitel, damit sich mein Sebastian auch mal ausruhen kann! Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
und endlich geht es weiter.
Diesmal möchte ich meinen Freunden danken, die mich erst zu diesem Kapitel gebracht haben und mir viele Ideen gegeben haben. Eine Runde Kekse für alle!

Und auch ihr meine lieben Leser kriegt Kekse, weil ihr mich so toll unterstützt. Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
So ihr Lieben, weiter gehts mit unserer Reise. Viel spaß beim lesen :) Komplett anzeigen
Vorwort zu diesem Kapitel:
jetzt wo ich krank bin, kann ich die zeit gut nutzen und noch bissle schreiben :)

viel spaß beim lesen!
(hab ich schon mal gesagt, dass Lio sich nie ans drehbuch hält?! aber ich liebe ihn dafür und Sophie... mal sehn, was die davon hält ) Komplett anzeigen

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Prolog

September 2015 ist für Sterngucker ein besonderer Monat. Denn eine totale Mondfinsternis - ein sogenannter Blutmond - steht an. Der Weltuntergang dagegen fällt wohl aus.
 

Eine totale Mondfinsternis hat die Menschheit schon immer fasziniert. Im September 2015 ist es nun wieder soweit. In den frühen Morgenstunden des 28. September wandert der Vollmond durch den Schatten der Erde. Um 3.07 Uhr tritt er in den Kernschatten unseres Planeten ein. Von 4.11 bis 5.24 Uhr befindet er sich vollständig im Kernschatten: Die Finsternis ist total. Um 6:27 Uhr endet der sichtbare Teil der Finsternis mit dem Austritt des Mondes aus dem Kernschatten.

Das beeindruckende Schattenspiel einer solchen totalen Mondfinsternis beschäftigt die Menschen seit Jahrhunderten. In Mythen und Legenden schrieben sie dem Lauf der Himmelskörper einen höheren Sinn zu und versuchten, die kosmischen Ereignisse zu erläutern.

Chinesische Beobachter stellten sich zum Beispiel vor, dass bei einer Finsternis ein himmlischer Drache den Mond verschlingt. Die Wikinger fürchteten den Wolf Hati, der dem Mond am Himmel nachjagt und ihn gelegentlich fängt. Mit viel Lärm schlugen sie Hati bei Finsternissen schließlich in die Flucht.

Bei den Ägyptern wiederum war es der böse Gott Seth, der das heilige Horusauge am Himmel stahl. Und die Amazonas-Indianer begründeten den bei einer totalen Finsternis rotbraun gefärbten sogenannten "Blutmond" mit einer Pfeilattacke eines jugendlichen Bogenschützen. Sie lässt den Mond bluten, bis ein Schamane den Pfeil herauszieht und die Wunde heilt.

Blutmond

Es geschah eigentlich alles in der Nacht des Blutmondes. Als die Erde sich vor die Sonne schob und den Mond rot färbte. Es war vor allem auch eine Vollmondnacht, die erste in diesem Herbst und wie ein rotes Auge schaute der Mond auf uns herunter. Als wäre er wütend, dass wir ihm das Licht stehlen, wo es doch eine Nacht für Werwölfe war.

In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen. Dauernd wachte ich auf und drehte mich unruhig von einer Seite auf die andere. Dann stand ich auf und da sah ich ihn. Der Mond sah aus als brenne er. Ein leicht rötlicher Schein umfing ihn. Und plötzlich spürte ich eine Sehnsucht, die ich nicht erklären konnte. Es war als ziehe mich der Mond an.

Ich öffnete das Fenster, mir kam es vor als fehlte mir jegliche Luft zum atmen. Die Kälte der Nacht umfing mich und umhüllte meinen Körper, doch ich fror nicht.

Die Nachtluft genießend schloss ich die Augen. Und so gab ich mich ganz der Nacht hin. Ich hörte auf nachzudenken und hörte in die Stille, die auf den Straßen herrschte. Die Bäume im Garten gegenüber rauschten leise und irgendwo weit weg fuhr ein Auto. Nichts was ich nicht täglich hörte. Und doch war heute etwas anders. Lag es an dem besonderen Mond über mir?

Klack. Klack. Durchdrang die Stille und zerstörte die Stimmung.

Klack. Klack. Klack. Klang es wie Stiefel auf Asphalt.

Ich öffnete die Augen und schaute nach unten. Dort unten auf der Straße, direkt unter meinem Fenster und unter dem Blutmond stand eine Person. Die Straßenlaterne erhellte sie gerade soweit, dass ich sie sehen konnte. Aber mehr als der lange, schwarze Umhang war auch nicht zu sehen. Die Kapuze hüllte das Gesicht in Dunkelheit. Und trotzdem wusste ich, dass er mich anschaute.

Plötzlich fröstelte mir und ich wollte nur noch zurück in mein Bett. Doch in diesem Moment als ich den Fenstergriff nehmen wollte, bewegte sich die Gestalt und schob die Kapuze zurück. Ein Paar smaragdgrüne Augen schauten zu mir herauf und wie ein Flüstern hörte ich seine Stimme.

Er flüsterte die Worte nur, mit seinen perfekt geformten Lippen, aber ich hörte sie trotzdem so deutlich als würde ich neben ihm stehen.

„Ich warte auf dich. Beeile dich, er ist schon ungeduldig.“

Dann hob er seinen Blick zum Mond und mein Blick folgte fast automatisch. Der Mond war noch röter als vorher und brachte seinem Namen alle Ehre. Als ich zurück auf die Straße schaute, war sie leer. Der Schatten mit den smaragdgrünen Augen war weg.

Mich fröstelte plötzlich noch mehr und eine Angst machte sich in mir breit. Schnell schloss ich das Fenster und ging einen Schritt zurück.

Wie benommen tapste ich zurück in mein Bett und zog mir die Decke bis zum Hals, doch die Kälte verschwand nicht.

Erst als ich meine wärmste Decke zusätzlich geholt hatte, konnte ich einschlafen und ich träumte Wirres. Von blutenden Monden und dem Schatten. Und immer wieder hörte ich das Klacken der Stiefel auf der Straße.

Smaragdgrüne Augen

Am nächsten Morgen stand ich unausgeschlafen und müde auf. Im Unterricht fielen mir meine Augen immer wieder zu. Ich glaube, es war Mathe und ging um Ebenen im Koordinatensystem, aber Mathe war ja schon immer Zauberei für mich gewesen. Ich würde noch mehr nachholen müssen als sonst schon.

Plötzlich landete ein Zettel vor meiner Nase.

Alles klar bei dir? konnte ich in Melody's Schrift darauf erkennen. Melody war meine beste Freundin.

Na, klar. Nur müde. antwortete ich ihr und schob den Zettel zurück. Dabei lächelte ich sie an. Nach ein paar Minuten kam der Zettel zurück.

Gehen wir nachher in die Stadt?

Ich grinste.

Gerne schrieb ich darunter. Dann versuchte ich mich die restliche Stunde auf den Unterricht zu konzentrieren. Aber meine Laune war gestiegen und für ein paar Stunden konnte ich die Vorfälle in der Nacht vergessen. Als ich mittags meine Sachen von der letzten Schulstunde zusammenpackte, war mein größtes Problem mein knurrender Magen. Ich wartete bis auch Melody ihre Sachen gepackt hatte und fluchtartig verließen wir das Schulgelände.

Es wurde ein lustiger Mittag. Wie sehr hatte ich shoppen mit Melody vermisst und während wir von Laden zu Laden spazierten, lachten wir über alles was uns in den Sinn kam. Es wurde ein schöner Mittag. Die Herbstsonne wärmte und noch einmal und wir genossen die Freiheit weit weg von Verpflichtungen und Schule. Erst als es kälter wurde und der Abend näher rückte, machten wir uns auf den Heimweg.

Während der Busfahrt, dachte ich an die Geschehnisse des Tages. Aber ich hatte ein unwohles Gefühl dabei. Ich wusste, dass mir irgendetwas entgangen war. Aber vor lauter shoppen war es mir nicht aufgefallen.

Es war als würde ich in Melody's Nähe alles vergessen, was mit dem Blutmond zu tun hatte. Wie hatte ich diese seltsame Person heute Nacht vergessen können? Immer wenn ich an ihn dachte, schob sich sofort Melody's Bild davor und ich vergaß woran ich gedacht hatte.

Ich rieb mir die Augen. Kein Wunder, ich war müde. Ich beschloss mich morgen früh wieder um den Grünäugigen zu kümmern.

Die restliche fahrt las ich und hörte Musik. Ich versank so sehr in einem Dämmerzustand, dass ich fast meinen Ausstieg verpasste.

Meine Wohnung lag im Dunkeln. Inzwischen war die Sonne untergegangen und die ersten Sterne schon sichtbar. Und auch der Mond war rund im Nord-Osten zu sehen. Ich lächelte. Er sah wirklich aus wie aus Käse. Strahlend weiß schaute er herunter, er hatte gar nichts bedrohliches mehr an sich. Wie hatte ich jemals denken können, dass der Mond böse sei.

Als ich meine Wohnungstüre auf schloss, begrüßte mich die Stille. Alles war wie immer. Ich gähnte und schmiss meine Tasche in irgendeine Ecke im Flur. Meine dünne Jacke landete daneben.

Ich holte mein Handy und schaute aufs Display. Ich hatte eine neue Nachricht. Meine Mama wollte, dass ich am Wochenende mal wieder zu Besuch kam. Ich antwortete ihr kurz und versicherte, dass ich kommen würde. Seit ich alleine lebte, hatte ich nur noch wenig Kontakt zu meiner Familie oder allgemein zu Bekannten von mir.

Die Uhr zeigte 22:47. Jetzt war es wirklich Zeit schlafen zu gehen. Ich legte mein Handy weg und ging ins Bad. Zu müde und zu faul das Licht an zumachen, ließ ich es aus. Das Licht der Straßenlaterne vor dem kleinen Badezimmerfenster reichte mir vollkommen aus. Ich genoss es, als das warme Wasser über meine Hände lief. Langsam breitete sich in mir eine wohlige Wärme aus. Ich schloss für einen Moment meine Augen. Als ich sie wieder öffnete und in den Spiegel schaute, wurde mir eiskalt. Die Augen, die mir entgegen schauten waren nicht die meinen. Sie waren grün. So grün wie Smaragde.

Ich schrie auf und stolperte rückwärts. Das Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz setzte aus. Wie in Trance tastete ich nach dem Lichtschalter. Panische Angst machte sich in mir breit. Dann ging das Licht an und alles war vorbei. Das Bad sah aus wie immer und aus dem Spiegel schaute mir nur ein blasses, ängstliches Mädchen entgegen. Die blasse Haut wurde von schwarzen Haaren umrahmt. Das war eindeutig ich. Aber meine Haut war blasser als sonst und der Blick in meinen Augen machte mir noch mehr Angst.

Obwohl ich das gefühlt hatte, meine Beine würden mich nicht mehr tragen können, machte ich einen Schritt hinter den anderen und verließ rückwärts das Bad. Erst als ich den Spiegel nicht mehr sehen konnte von meinem Blickwinkel aus, konnte ich mich umdrehen. Panisch rannte ich in den Flur. Wo hatte ich nur mein Handy abgelegt? Ich bereute, dass ich vorher so in Gedanken gewesen war und es nur irgendwo abgelegt hatte.

Ich fand es in der Küche. Verwundert hob ich es vom Tisch auf. Wann hatte ich es in die Küche gelegt? Irgendwas stimmte hier gewaltig nicht. Zitternd schaltete ich das Display an und tippte Melody's Nummer ein.

Ein verschlafenes „Was gibt’s?“ kam mir aus dem Lautsprecher entgegen. „Melody! Ich...“ Weiter konnte ich nicht mehr reden. Die Tränen schossen mir in die Augen und meine Stimme versagte. Unfähig zu stehen setzte ich mich auf den Stuhl neben mir.

„Sophie, liebes! Was ist denn los? Was ist mit dir?“ Melody's Stimme war ruhig und beruhigend. Ich schluckte und wischte mir die Tränen weg. Doch ohne Besserung. Die Tränen liefen mir immer noch meine Wangen entlang.

„Diese Augen... Ich hab sie schon wieder gesehen. Sie verfolgen mich. Jemand verfolgt mich.“ Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. Angefangen bei dem Blutmond bis hin zu der Begegnung im Spiegel. Als ich geendet hatte, wurde es still. Dann hörte ich plötzlich Melody's Lachen. „Ach Sophie. Werde nicht gleich panisch. Das war doch nur ein Traum. Du bist eingeschlafen und hast Seltsames geträumt. Leg dich wieder hin und glaub mir, das war alles nur ein Traum.“

Auf einmal kamen mir ihre Worte sehr logisch vor. Ich musste eine sehr ausgeprägte Fantasie haben. Wie hatte ich nur so reagieren können. Es war nur ein Traum.

„Du hast recht. Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“

„Na, siehst du. Und jetzt geh schlafen. Bis morgen.“

„Bis morgen.“

Ich lächelte, obwohl ich wusste, dass Melody mich nicht sehen konnte. Dann legte ich auf und schaute mich um. Nichts Seltsames war zu sehen. Alles war wie immer. Wie hatte ich mich nur täuschen lassen können. Ich schleppte mich zum Bett und wenige Minuten später war ich eingeschlafen.

Feinde

Ausgeruht und fit wachte ich auf, als mein Wecker mich morgens begrüßte. Ich stand auf und ging in die Küche, um Kaffee aufzusetzen. Während das Wasser kochte, suchte ich mir etwas zum Anziehen und machte mich fertig.

Heute war Freitag und das bedeutete, dass morgen Wochenende war und darum mochte ich den Freitag. Ich trank gemütlich meinen Kaffee und las Nachrichten. Dann holte ich meine Tasche und machte mich auf den Weg zum Bus.

Alles war wie immer.

Ich genoss die morgendliche Stille im Bus und zählte die Autos, die vorbei fuhren auf dem Weg zur Schule. Es waren 47.

Ich war gut gelaunt und passte ausnahmsweise im Unterricht auf. Der Vormittag verging schnell und Melody und ich fuhren zu ihr nach Hause, um wie jeden Freitag zusammen zu kochen. Alles war wie immer.

Ab und zu war auch Melody's Familie da und dann aßen wir alle zusammen, aber heute nicht.

„Was hast du denn zum Essen geplant?“, fragte ich Melody, während ich ihr in ihre Wohnung folgte.

„Ich dachte an etwas schwäbisches. Das hatten wir schon lange nicht mehr.“

Sie grinste, „Ich dachte an Linsen mit Spätzle?“

Ich kicherte.

„Stimmt. Das hatten wir schon lange nicht mehr.“

Und so verbrachten wir die nächste Stunde mit kochen und essen. Alles war wie immer.

Bis es klingelte.

„Erwartest du jemanden?“, fragte ich Melody.

„Eigentlich nicht. Kannst du kurz für mich nachschauen wer das ist?“

Ich nickte und ging zur Tür.

Ein Mann stand davor. Die halblangen schwarzen Haare standen wild in alle Richtungen und sein Gesicht war so blass wie das meine. Er musste auch etwa in meinem Alter sein. Er trug einen schwarzen Kapuzenpulli und eine Jeans. Ich wollte ihn schon fragen, was er von Melody wollte, als er den Kopf hob und mich anschaute.

Überrascht riss ich meine Augen auf und machte einen Schritt rückwärts. Seine Augen waren smaragdgrün.

Er lächelte.

„Hallo Sophie. Endlich lernen wir und richtig kennen.“

Ich klappte meinen Mund auf und wieder zu wie ein Fisch. Ich war zu überrascht um irgendwas sagen zu können. Aber obwohl ich das Gefühl hatte den Boden unter den Füßen zu verlieren, hatte ich keine Angst vor ihm. Irgendwas gab mir das Gefühl, dass ich keine Angst haben brauchte. Mein Herz schlug schnell, aber nicht panisch.

„Wer bist du?“

Meine Stimme versagte fast bei der Frage. Sie war sogar so leise, dass ich mich selber fast nicht mehr hören konnte. Aber vielleicht lag das auch nur daran, dass das Rauschen in meinen Ohren immer stärker wurde.

„Sophie!“

Eine zweite Stimme riss mich in die Gegenwart zurück.

Langsam drehte ich mich um. Melody war aus der Küche gekommen. Jetzt stand sie im Flur, ihr Gesichtsausdruck war kalt. Mit undurchdringlichem Blick schaute sie mich an.

„Sophie, komm sofort her. Geh weg von ihm.“

Ihre Worte waren scharf und befehlend. Ich glaube, ich starrte sie nur an. Ihre Worte kamen nicht zu mir durch. In Melody's Augen lag etwas was ich nicht kannte.

„Du siehst es auch, stimmt's? Dieses Funkeln in ihren Augen.“

„Was?“

Ich drehte den Kopf wieder in seine Richtung. Die Arme taten mir auf einmal weh und erst jetzt fiel mir auf, dass ich mich am Türrahmen fest geklammert hatte. Ich löste meine verkrampften Finger.

„Sie ist kein Mensch. Schau ihr in die Augen.“

Er lächelte leicht, bewegte sich aber nicht. Ich wollte ihm entgegensetzen und ihm widersprechen so irreal klangen seine Worte, aber er verunsicherte mich. Es schadete zumindest nicht herauszufinden was er meinte und ich drehte meinen Kopf noch einmal. Gerade noch rechtzeitig um zu sehen wie Melody auf mich zu schoss. Ihre Haare wehten wie in einem starken Wind. Aber da war kein Wind. Mir kam es so vor als wären ihre Haare plötzlich noch röter als sonst schon. Wie Flammen sahen sie aus, als würde Melody brennen.

Dann wurde ich auch schon gepackt und gegen die Wand gedrückt. Für einen Moment wurde mir schwarz vor Augen als mein Kopf gegen die Wand krachte. Ich blinzelte heftig und vor mir wurde Melody's Gesicht scharf. Die Wut war ihr deutlich anzusehen und ihre Augen... ihre Augen waren so rot wie Rubine. Und sie schauten mich kalt an.

Dann verschwand Melody's Gesicht vor mir und der Druck der mich gegen die Wand gepresst hatte verschwand auch. Damit hatte ich nicht gerechnet und mein Körper gab unter mir nach.

„Wie kannst du es wagen sie auch nur zu berühren!“

Am Ende des Flurs, neben der Küche lag Melody. Sie versuchte aufzustehen und sich aus den Griffen des seltsamen Mannes zu befreien, doch er gab ihr keine Chance. Wenigstens aus seinem Würgegriff konnte sie sich befreien.

„Wie kannst du es wagen hier einzudringen! Das ist mein Gebiet und du hast nicht das Recht hier zu sein, Cheonsa.“

Melody's Stimme klang wie die einer Schlange, so hasserfüllt spie sie ihm diese Worte entgegen.

Plötzlich wandten sich die Feuerhaare in seine Richtung und loderten auf. Er stieß einen Schmerzensschrei aus und ließ Melody los.

Im selben Moment stieß ihn Melody von sich. Er flog mehrere Meter weit in meine Richtung und blieb dort reglos liegen. Ich stieß einen Schrei aus und lief zu ihm doch ein Schwindel zwang mich wieder in die Knie.

Melody hingegen lachte und ihr Lachen klang kein bisschen menschlich.

„Lass ihn liegen. Er hat es nicht anders verdient. Er wollte mir mein Spielzeug wegnehmen.“

Ich rappelte mich hoch und stelle mich schützend vor diesen Mann, den ich nicht kannte.

„Melody was soll der Scheiß. Jetzt hör auf. Es ist genug.“

Langsam setzte sie einen Schritt vor den anderen und lief auf mich zu. Dann blieb sie vor mir stehen. Der Boden fing wieder an sich zu drehen doch ich zwang mich klar zu sehen.

„Süße, kleine Sophie“, sie kicherte, „du hast keine Ahnung was hier los ist oder?“

Sie legte ihre Finger unter mein Kinn und hob mein Kopf an.

„Ich hatte so viel Spaß mit dir. Ich wollte dich wirklich behalten, aber dann musste er ja auftauchen. Weist du wie viel Aufwand ich hatte, deine Erinnerungen dauernd zu löschen?“

Sie lachte und drehte mich um. Ich hatte keine Kraft mich zu wehren.

Hinter mir an der Wand hing der große Spiegel vor dem wir uns schon so oft gegenseitig frisiert und geschminkt hatten. Aber die zwei Frauen die mir jetzt aus dem Spiegel entgegen schauten, waren andere als noch zu diesen Zeiten.

Melody's feuerrote Haare standen in Flammen und ihre Augen waren blutrot. Aber noch mehr erschreckte mich die andere Frau. Das Gesicht war noch blasser als sonst und die Haare erschienen noch schwarzer. Und die Augen strahlten smaragdgrün. Melody und ich waren der größte Kontrast den ich mir in diesem Moment vorstellen konnte.

„Du bist Yeosin.“

Dass ich das gesagt hatte fiel mir erst auf, als ich weiter sprach.

„Du bist Yeosin, die Feuerbringende.“

Sie kicherte und wickelte sich eine meiner Haarsträhnen um die Finger.

„Erinnerst du dich jetzt wieder?“, sie kam mir noch näher und flüsterte mir schließlich ins Ohr: „Sehr gut, ich hasse es wenn mein Spielzeug nicht weiß, warum ich es töte.“

Mit einem Ruck zog sie mich an den Haaren nach hinten und noch bevor ich mich wehren konnte, biss sie mir in meinem Hals.

Ich schrie auf und der Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen.

Ich versuchte sie von mir zu stoßen, aber mein kopf arbeitete nicht mit mir zusammen. Meine Finger fanden keinen Halt auf ihrer Haut. „Nein!“, schrie ich und hörte mich dabei selbst nur wie aus großer Ferne. Ich wollte noch nicht sterben, nicht jetzt schon und nicht durch die Hand dieser Yeosin. Und dann brannte mein Blut. Wie Lava floss es durch mich hindurch und die Hitze war unerträglich, doch ich konnte auf einmal wieder denken. Ich packte Melody's Haare und riss sie in einer halben Drehung von mir. In Zeitlupe sah ich sie von mir fliegen und mein Blut, welches ihre Lippen benetzte. Die Wut hatte mich ergriffen. Die Wut darüber, was Melody mir all die Jahre angetan hatte und Wut darüber wie sie diesen Mann behandelte. Mit einem Schrei schoss ich auf sie zu. Mir war es egal, dass das Blut meinen Hals hinunter lief, ich wollte nur noch Rache.

Sie wich mir aus und schlug selber zu. „Du kannst nicht gewinnen, also gib gleich auf“, zischte sie und aus ihren Augen war das Lachen endgültig gewichen. Ich hörte mein Blut in meinen Ohren schon bedrohlich laut rauschen, lange würde ich es wohl nicht mehr aushalten, aber ich wollte nicht aufgeben. „Lieber sterbe ich im Kampf, als dass ich jemals gegen dich aufgeben würde, Yeosin!“, gab ich keuchend zurück. Ich war nicht in der besten Verfassung, das muss ich zugeben und die Wunde machte mir das Leben im wahrsten Sinne des Wortes nicht gerade einfach.

„Sterben kannst du gerne!“

Auf einmal hatte Melody dieses Messer in der Hand. Aus dem Blickwinkel sah ich es und konnte gerade noch meinen Arm schützend hoch reißen. Sie hätte mich mit diesem Messer leicht töten können, ich weiß, wie wichtig es Melody immer war, dass die Messer in der Küche gut geschärft waren. Doch diesmal schaffte sie es nicht. Die Klinge durchbohrte nur meinen Unterarm. Ein unmenschlicher Schrei drang aus mir und mir wurde wieder schwarz vor Augen.

Ich nahm meine letzte Kraft zusammen und flüsterte „Verbrenne in der Hölle, Yeosin.“ Meinen ganzen Hass legte ich in diese Worte. Dann verschwand der Boden unter meinen Füßen und ich fiel. Das letzte was ich sah, war Melody's angst erfüllter Blick und ein grelles Licht, dass sich um sie ausbreitete.

Dann war es still.

Ich hörte meinen langsamen Atem und spürte heißes Blut über meinen Arm und Hals laufen.

Es ist aus, dachte ich.

„Du darfst nicht sterben, gib jetzt nicht auf!“ Ich spürte wie jemand mich vorsichtig aufhob.

„Hörst du mich, gib nicht auf. Ich hab dich endlich gefunden, ich will dich nicht wieder verlieren.“

Doch die Stimme war schon zu weit entfernt und die Arme konnten mich nicht mehr halten.

Und dann war alles weg, was mich an dieses Leben band.

Traum

Ich stand in einem Raum. Die acht Säulen in den Ecken wuchsen wie Finger zur Mitte der Decke und bildeten so eine Kuppel. Alles war so weiß, dass es mich blendete. Ich schaute mich um, doch ich war alleine. Eine Tür hatte der Raum keine. Ich war gefangen.

„Hallo?“ rief ich vorsichtig.

„Willkommen Sophie.“

Ich fuhr herum und dort stand er. Die schwarzen Haare waren genau so durcheinander wie sie es waren, als er vor Melody's Haus stand und die Augen fast noch eine Spur grüner. Auffälliger konnte er in diesem Raum fast nicht sein in seiner schwarzen Robe. Und doch spürte ich, dass er hierher gehörte.

„Wer bist du?“

Lächelnd kam er einige Schritte auf mich zu.

„Es tut mir Leid, dass du auf diese Weise zu uns stoßen musstest. Wir wollten niemals, dass du durch die Hand von Yeosin erweckt werden würdest.“, er machte eine kurze Pause, „Ich bin Sebastian. Ich wurde geschickt dich endlich zu uns zu holen.“

Als er meinen verwirrten Blick sah, lachte er kurz. Aber es war das Lachen eines Freundes.

„Ich glaube ich fange am Anfang an und erzähle dir alles.“
 

Ich weiß nicht, wie lange wir in dem Raum waren und redeten. Sebastian hielt sein Versprechen und erzählte mir alles was ich über die Cheonsa – über uns – wissen musste.

Alle Märchen und Geschichten über Vampire, Hexen oder andere Ungeheuer, die die Menschen sich seit Jahrtausenden erzählen sind wahr. Es gibt sie alle und sie leben unter uns. Aber die Menschen sind zu blind geworden um sie zu erkennen. Es gibt einen Riss in unserer Welt und durch diesen können die Kreaturen eindringen und unsere Welt wie Parasiten besetzen. Und auch Dämonen gibt es und sie sind die schlimmsten. Die Yeosin, wie wir sie nennen, wollen nicht nur in dieser Welt leben, weil sie voller naiver Menschen ist, sondern sie wollen unsere Welt, unser Universum für sich haben und bis zum Untergang treiben.

Doch als der erste Yeosin damals den Riss schuf, machte er einen Fehler. Als der Riss sich öffnete wurde für einen Moment seine Kraft umgedreht und wie ein Hilfeschrei dieser Welt, wurde die erste Cheonsa erschaffen. Wir sind der Gegensatz der Yeosin und solange unsere Kräfte im Ausgleich stehen ist diese Welt sicher. Wir sind ebenfalls Dämonen, aber unsere Heimat ist hier und unsere Aufgabe ist es den Riss zu schließen.
 

Ich blieb still und hörte ihm nur zu. Ich konnte nichts anderes tun, alles klang so unrealistisch, so irre, aber ich wusste, dass es der Wahrheit entsprach.

Irgendwann bemerkte ich, dass Sebastian schon lange aufgehört hatte zu erzählen. Ich schaute zu ihm und sah, dass er mich beobachtete. Mit aller Kraft zwang ich mich, meine Gedanken zu ordnen und mir bewusst zu werden, dass ab jetzt alles anders werden würde.

„Und wo sind die anderen?“, fragte ich.

„Viele sind tot. Das Gleichgewicht ist schon lange nicht mehr hergestellt. Die wenigen, die überlebt haben halten sich versteckt und versuchen von dort aus neu erwachende – so wie dich – zu finden.“ Er wusste genau, dass ich von den Cheonsa sprach.

Ich nickte langsam.

„Dann gibt es viele so wie mich? Erwachende?“

„Nein, inzwischen nicht mehr. Es werden immer weniger und oft sind uns die Yeosin einen Schritt voraus.“

Mir kamen die Bilder wieder in den Kopf von Melody mit dem Messer in der Hand und den wahnsinnigen Augen. Schnell drehte ich den Kopf weg, damit Sebastian die Tränen nicht sah, die sich in meinen Augen sammelten. Aus dem Blickwinkel sah ich wie er auf mich zu kam und dann spürte ich seine Hand unter meinem Kinn. Vorsichtig hob er meinen Kopf an und drehte ihn zu sich. Seine Augen waren ernst, aber sanft.

„Ich verspreche dir, ich passe auf dich auf. Egal was passiert.“

Ich nickte vorsichtig und blinzelte die Tränen weg. Ich hatte immer noch Angst, aber ich spürte, dass ich bei Sebastian in Sicherheit war.

Er zog mich an sich und drückte mich vorsichtig. Ich merkte, dass ich mich langsam wieder entspannte und ich lächelte.

„Dieser Raum“, fing ich an, „wo sind wir hier?“

Sebastian ließ mich los und schaute mich überrascht an.

„Du hast ihn erschaffen. Dieser Raum ist in deinem Geist und du hast mich hier hergebeten“

„Habe ich das wirklich?“ Ich verstand es nicht und war verwirrt. Wie konnte ich einen Raum erschaffen und dann auch noch jemand hierher bringen. Etwa durch Gedankensprache?

„Ja. Ich weis nicht wie du das gemacht hast, aber auf einmal hörte ich deine Stimme in meinem Kopf und kurz danach war ich hier. Ich wusste, dass so etwas möglich ist, aber ich habe es nie selbst erlebt. Nur wenige haben diese Gabe.“

„Wenn dies nur mein Geist ist, wo ist dann mein Körper?“ Ich schaute meine Hände an. Sie sahen so realistisch und echt aus. Ich konnte nicht glauben, dass das nur Einbildung war.

„Du liegst in meiner Wohnung. Du warst zu schwer verletzt und bist ohnmächtig geworden, also hab ich dich zu mir gebracht.“ Noch bevor ich weiterfragen konnte, bildeten sich grüne Striche auf einer der Wände. Wie Schlangen zogen sie sich über die ganze Wand. Als sie sich nicht mehr bewegten, erkannte ich eine Türe. Ich wollte mich gerade umdrehen und fragen was das jetzt sollte, als ich bemerkte, dass ich alleine in dem Raum war. Sebastian war fort.

Ich atmete noch einmal tief ein, dann schritt ich zu der Türe und öffnete sie.

Freunde

Ich wachte in einem kleinen Zimmer auf. Außer dem Bett stand nur noch eine Kommode darin. Sonst war das Zimmer vollkommen schmucklos. Ich schob die Decke zur Seite und setzte mich auf. Sofort spürte ich einen stechenden Schmerz meinen Rücken durchfahren. Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei und kniff für einen Moment meine Augen zu. So schnell wie er gekommen war verschwand der Schmerz wieder und ich entspannte mich. Mein Blick fiel auf meine Hände. Sie sahen so unnatürlich aus. Meine Haut war blasser als sonst und meine Finger kamen mir dünner und länger vor. Um meinen linken Unterarm, dort wo Melody's Messer mich getroffen hatte, war ein Verband gebunden. Vorsichtig wickelte ich ihn ab. Ich wollte wissen wie tief die Wunde war und ob ich den Arm jemals wieder richtig würde nutzen können.

Als die letzte Stoffschicht ab fiel, hielt ich verwundert inne. Da war keine Wunde. Nicht einmal ein Kratzer. Das Einzige was auf eine Wunde hindeutete, war die zarte, silberne Narbe, die sich über meinen Arm hinweg zog. Vorsichtig fuhr ich sie mit den Fingerspitzen nach. Das konnte nicht sein. Eine solche Wunde brauchte mindestens 2 Wochen um zu verheilen. Hatte ich etwa 2 Wochen geschlafen? Ich schaute mich um, um irgendeinen Hinweis zu bekommen wie viel Zeit verstrichen war.

Auf der kleinen Kommode lag mein Handy. Erleichtert stand ich auf und holte es mir. Der Akku war schwach, aber 5% hatte es noch. Das Datum sagte mir, dass wir Sonntag hatten. Es waren nur zwei Tage vergangen. Ich tippte den Code ein und sofort überflutete mich eine Unmenge an neuen Nachrichten und verpassten Anrufen. Ich blieb stehen wo ich war, nämlich vor der Kommode und begann zu lesen.

Ein paar Klassenkameraden wollten etwas von mir, sogar von Aris hatte ich eine Nachricht. Hätte er mich vor zwei Tagen gefragt ob ich mich mit ihm treffen wollte, hätte ich sofort Luftsprünge gemacht. Aber jetzt war alles anders. Bevor ich mich mit irgendwem verabredete, musste ich erst einmal herausfinden was hier eigentlich los war.

Von meiner Mama hatte 11 verpasste Anrufe und mehrere Nachrichten mit etwa dem selben Inhalt: sie wollte wissen wo ich war. Gestern hätte ich bei ihr aufgetaucht sein sollen, so wie wir es besprochen hatten. Das hatte ich wohl verschlafen.

Sie hatte mir bei jedem Anruf auf den Anrufbeantworter gesprochen. Ich hörte die jüngste Nachricht an.

„Sophie, wo bist du!“, panisch klang mir Mamas Stimme entgegen.

„Ich mach mir solche Sorgen. Warum gehst du nicht an dein Telefon. Verdammt wo bist du? Ich hab Niklas gefragt ob er mal bei dir vorbei schauen kann, aber du bist nicht zu hause. Er sagte die Haustür stand offen und innen war alles verwüstet. Sophie, bitte melde dich bei mir! Ich hab die Polizei gerufen und die untersuchen jetzt deine Wohnung...“

Ihre Redeschwall wurde unterbrochen und im Hintergrund hörte ich wie jemand mit ihr sprach. Aber verstehen worum es ging konnte ich nicht. Dann sprach Mama weiter.

„...Sophie. Bitte melde dich wenn du kannst. Wir werden dich finden, wo auch immer sie dich hingebracht haben. Die Polizei wird sie finden... Ich hab dich lieb.“

Dann war die Aufnahme zu ende.

Die Stille um mich herum war plötzlich drückend geworden und mir war kalt. Dieser letzte Anruf war gestern Abend um 21:47 Uhr bei mir eingegangen.

„Du weist, dass du ihr nicht antworten kannst. Es ist viel zu gefährlich.“ Diese sanfte Stimme kannte ich. Ich hob den Blick. Im Türrahmen stand Sebastian. Seine grünen Augen schauten mich ernst und ein bisschen traurig an.

Ich nickte.

„Ich weiß. Aber das macht es nicht einfacher.“

Plötzlich bemerkte ich, dass meine Wangen nass waren. Hatte ich die ganze zeit geweint? Ich wischte sie mir schnell mit einem Ärmel trocken.

Lautlos wie in Melody's Wohnung waren seine Schritte, als Sebastian zu mir herüber kam und mich in den Arm nahm und ich fühlte mich genau so geborgen bei ihm wie in dem Traum.

Ich weis nicht wie lange wir so dastanden, irgendwann ließ er mich los und schaute an mir herunter.

„Du braucht neue Kleider. Mit denen kannst du dich nirgends blicken lassen.“

Während Sebastian das Zimmer verließ, um mir etwas zum anziehen zu bringen, begutachtete ich mich.

Ich trug immer noch die Sachen von Freitag. Leicht angebrannt waren sie und blutig an linkem Arm und Halsbereich. Mein Blick fiel auch wieder auf die Narbe. Als Sebastian zurückkam, sprach ich ihn darauf an.

„Wie kommt es, dass die Wunde schon verheilt ist?“

„Daran wirst du dich auch noch gewöhnen müssen. Unsere Heilungskräfte sind stärker als bei Menschen.“ Er lächelte.

„Wir sind auch Dämonen. Wir werden zwar in Menschen geboren, aber die Kräfte die wir haben, gehen weit über die der Menschen hinaus.“

Er legte den Kleiderstapel auf das Bett und drehte dich wieder zu mir. „Hast du Hunger? Du hast seit 3 Tagen nichts mehr gegessen. Also ich hab jetzt Hunger“ Er grinste mich an. „Ich warte in der Küche auf dich.“

Familie

Die Küche zu finden war nicht schwer. Eigentlich musste ich nur meiner Nase folgen. Der Weg führte mich durch einen engen Gang. Durch eine geöffnete Türe auf der linken Seite konnte ich ein Wohnzimmer sehen, gegenüber rechts war eine weitere geschlossene Tür. Als ich am Ende des Gangs nach rechts abbog landete ich in der Küche. Auf der Türschwelle blieb ich stehen. Die Küche war wie der Rest der Wohnung nicht gerade überschwenglich eingerichtet. Hier war eben alles etwas eng und klein. Aber gemütlich war es schon. Die eine Seite wurde von einem großen Fenster eingenommen, gegenüber von mir standen Regale und mit dem Rücken zum Fenster stand Sebastian neben dem Herd und hantierte mit einem Messer. Als er mich bemerkte, legte er es weg und drehte sich zu mir.

„Passen die Klamotten? Ich hab leider nix anderes da, aber wir können morgen was anderes für dich holen.“

ich unterbrach ihn.

„Alles super. Der Pulli ist etwas groß, aber sonst passts.“ Ich lächelte und ging ein paar Schritte auf Sebastian zu.

„Was kochst du denn?“, fragte ich und schaute, neugierig wie ich war, in den Topf auf dem Herd.

„Finger weg! Ich hasse es wenn mich jemand beim Kochen stört.“ Sebastian wuschelte mir einmal kräftig durch die Haare, was dazu führte, dass ich aufschrie und seine Hand festhielt. Unweigerlich musste ich so die Finger vom Topf lassen.

Er lachte auf, als ich anfing zu schmollen. Die Situation war einfach zu komisch und ich lachte mit.

Ich knuffte ihn in die Seite. „Jetzt sag schon.“

„Wegen dir konnte ich die letzten Tage nicht einkaufen, aber die Reste der Küche reichen noch für Ratatouile mit Nudeln. Ich hoffe du isst Gemüse.“

Ich nickte.

Während Sebastian sich wieder dem Gemüse widmete, ging ich zum Fenster. Der Himmel war trüb und es regnete in Strömen. Die Gegend vor dem Fenster sagte mir gar nichts.

„Wo sind wir eigentlich?“

„In meiner Wohnung natürlich.“

„Nein, ich meinte jetzt in welcher Stadt? Wohnst du weit weg von Melody?“

„Melody kommt nicht mehr wieder. Vor der musst du keine Angst mehr haben.“ Sebastian hatte sich zu mir umgedreht und schaute ebenfalls hinaus.

„Ich weiß“, ich stockte, „aber meine Familie macht sich bestimmt immer noch riesige Sorgen und sucht bestimmt nach mir.“

„Du kannst nicht zurück“, unterbrach er mich.

„Nicht einmal kurz? Wenn sie mich gar nicht sehen?“

Ich zuckte zusammen, als Sebastian vor Wut einen Riss in die Wand schlug. „Nein! Es geht nicht. Gar nicht! Verstehst du das nicht?“

Ich konnte nicht anders als ihn nur verängstigt anzustarren. Der vernünftige Teil in mir stimmte ihm zu und akzeptierte, dass ich mit meinem Leben als normales Mädchen abschließen musste, aber trotzdem wehrte etwas dagegen in mir. Ich wollte sie nur noch ein einziges Mal sehen. Sie mussten mich ja nicht auch bemerken. Ich wusste so würde es mir einfacher fallen abzuschließen.

„Meine Familie ist tot.“

„Was?“, meine Stimme war leise und schwach.

„Ich stamme in direkter Blutlinie von der Ur-Cheonsa ab. Wir hatten bisher in jeder Generation starke Krieger und Kriegerinnen, die sich vollkommen dem Kampf gegen die Yeosin gewidmet haben. Lange Zeit haben wir die Cheonsa angeführt und geleitet. Jetzt sind alle tot.“ Ich hörte die Verbitterung und den Schmerz in seiner Stimme.

Für einen Moment war Sebastian still und widmete sich wieder dem Kochen. Dann sprach er weiter.

„Ich habe alle verloren und ich will nicht dass dir dasselbe widerfährt. Ich konnte meine Familie nicht schützen, aber du kannst das. Nämlich indem du Abstand zu ihnen hältst und den Yeosin nicht in die Hände spielst. Solange sie keine Verbindung zu dir sehen, werden sie deiner Familie nichts tun.“

Ich nickte und wollte gerade etwas antworten, als Sebastian weiter sprach.

„Tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin. Ich hoffe du verstehst meine Sorge und, dass du nicht mehr zurück kannst.“

„Mir tut es leid, dass ich gefragt habe, es ist nur so schwer mit diesem Leben klar zu kommen. Es ist alles so neu und gefährlich und total verrückt.“ Ich verstummte, weil ich nicht wusste was ich noch sagen könnte. Mir fielen nicht die passenden Worte ein.

Sofort befand ich mich in einer Umarmung. Sebastians kräftige Arme drückten mich vorsichtig an sich. „Gib nicht auf. Ich weis, dass du das alles schaffst. Du hast eine Yeosin besiegt, obwohl du keine Ahnung von unserer Welt hattest. Du kannst noch viel mehr.“

Sebastian gab mir wieder das Gefühl in Sicherheit zu sein. Ich atmete tief durch und schaute dann zu ihm auf.

„Dass du deine Familie verloren hast tut mir leid.“

„Es ist schon lange her. Ich war damals 10 Jahre alt und ich habe gelernt alleine zu leben.“

„Hast du überhaupt niemand mehr?“

„Doch. Bis ich 14 war, lebte ich bei Lucas. Er ist mein bester Freund und hat mich auch ausgebildet.“ Sebastian ließ mich los.

„Ich hab jetzt Hunger und das Gemüse ist fertig. Lassen wir die ernsten Themen für heute bleiben. Dafür haben wir noch genug Zeit, wenn wir nicht mehr befürchten müssen gleich verhungern zu können.“

Moment

Wir aßen im Wohnzimmer. Ich wusste gar nicht dass ein Mensch so viel Hunger haben kann. Aber ich war ja auch kein richtiger Mensch und ich hatte 3 Tage lang nichts mehr gegessen. Sebastian hatte seine Freude daran mir zuzuschauen, wie ich Portion für Portion in mich hinein schaufelte. Aber es war auch wirklich lecker.

Für einen Moment konnte ich fast vergessen, dass sich alles verändert hatte, so gemütlich und normal war der Moment. Einfach wunderschön. Ich lehnte mich mich zurück aufs Sofa und schloss die Augen.

Sebastian kicherte amüsiert. „Genug gegessen? Ganz sicher? Nicht dass du doch verhungerst.“

Ich stöhnte auf und warf ihm einen bösen Blick zu.

„Lach nicht. Du musstest nicht 3 Tage auf Essen verzichten. Und ja, keine Sorge, ich bin satt. Ich kann mich kaum noch bewegen. Ich steh von hier heute nimmer auf!“

Er lachte noch einmal auf und ließ sich dann ebenfalls ins Sofa zurückfallen.

„Und wie machen wir jetzt weiter?“

Er drehte seinen Kopf zu mir und schaute mich fragend an. „Was meinst du?“

„Naja, wie geht es jetzt weiter. Ich meine du hast mich gerettet und ich kann nicht mehr nach Hause.“

„Ach so. Wir müssen für eine Weile hier weg, so viel ist klar. Und du musst eine Ausbildung bekommen“, er lächelte, „Und ich muss mal wieder Lucas besuchen.“

Dann wurde er wieder ernst. „Wir werden länger brauchen zu ihm und es wird nicht gerade ungefährlich. Flugzeug fliegen ist zu auffällig, also müssen wir wohl oder übel mit dem Auto nach England fahren. Wir werden zwar nachts immer bei anderen Cheonsa unterkommen, aber es wird nicht lange dauern bis sich auch die Yeosin wieder melden. Und dann können wir durch das Portal nach Island.“

„Island?“ Erstaunt riss ich die Augen auf.

„Ja, Island ist das Heimatland der Ur-Cheonsa und dort lebt auch der Rat. Und Lucas ist eines der Ratsmitglieder.“

„Das heist auf Island entstand der Riss, durch den die Yeosin in unsere Welt kommen?“

„Es ist aber auch der Ost an dem wir erschaffen wurden und der Ort an dem wir unsere Bestimmung bekommen haben. Von dort aus haben wir den besten Überblick und können am effektivsten handeln. Wir sitzen sozusagen am Geschehen.“

Ich nickte langsam. Mir kam es seltsam vor, dass überhaupt irgendjemand an so einem gefählichen Ort leben wollte.

„Und dieses Portal. Ist das eines wie es in den ganzen Science Fiction Geschichten vorkommt?“

Sebastian lachte. „Eigentlich schon, nur dass es keine Geschichte ist sondern real.“

Es wunderte mich schon fast, dass ich mich nicht wunderte, sondern alles hinnahm ohne dass mein Kopf protestierte. Tief in mir wusste ich nämlich, dass Sebastian nicht log. Ich kann nicht sagen woher dieses Gefühl kam aber es brachte mich dazu alles zu glauben was Sebastian mir erzählte.

Irgendwann bemerkte ich, dass Sebastian mich beobachtete. Als ich zurück schaute, blickte er weg.

Ich war zu müde um mir in diesem Moment Gedanken darüber zu machen und ich vergaß es auch schnell wieder, weil ich genau in diesem Moment so herzhaft gähnen musste, dass Sebastian lachen musste und mich auch ansteckte.

„Ich glaub, du musst eindeutig ins Bett! Und ich eigentlich auch.“

Ich nickte. „Das ist eine gute Idee.“

Wir räumten das Geschirr in die Küche und dann verschwand er im Zimmer gegenüber des Wohnzimmers und ich in dem Gästezimmer am Ende des Flurs.

Kurz darauf war ich eingeschlafen.

Flucht

Ich wurde wach, als jemand mich schüttelte.

„Wach auf Sophie! Komm schon!“

Ich öffnete die Augen und sag Sebastian neben mir stehen.

„Ich hab dir was wärmeres hingelegt, zieh dich schnell um, wir müssen los.“

In seinen Augen stand die Angst, soviel konnte ich selbst im Halbschlaf erkennen.

„Was ist denn los?“, fragte ich während ich die Decke zurück schlug.

„Sie haben uns gefunden. Ich denke, dein Handy hat uns verraten. Wir haben nicht viel Zeit, zieh dich um, ich warte draußen.“ Dann war er schon weg.

„Wer hat uns gefunden?“, rief ich ihm hinterher, aber eine Antwort bekam ich nicht mehr. Wie der Blitz zog ich Hose und Pulli an und dann noch den Mantel, den mir Sebastian eben gebracht hatte. Auch er war etwas zu groß, aber nicht so lang, dass ich darüber stolpern konnte.

Die Uhr zeigte mir, dass wir es 3:45 Uhr hatten. Es war also noch tiefe Nacht.

Einen kurzen Moment schaute ich in Richtung meines Handys, dass immer noch auf der Kommode stand, dann drehte ich mich aber weg und lief aus dem Zimmer. Ich würde es nicht mehr brauchen und es hatte mich ja schon einmal verraten.

Im Flur traf ich wieder auf Sebastian, der mit einer großen Tasche beladen, aus seinem Schlafzimmer kam.

„Komm, lass uns so schnell wie möglich hier verschwinden. Sie könnten jeden Moment da sein. Ach verdammt, warum hab ich nicht früher daran gedacht, dass die Polizei dein Handy ausfindig machen kann.“ Damit war auch meine Frage von vorhin beantwortet und irgendwie war ich plötzlich ziemlich erleichtert, dass es nur die Polizei war.

Sebastian fluchte und riss einen Schrank im Wohnzimmer auf. Er griff hinein und holte ein paar schmale, in Leder gewickelte Gegenstände heraus. Ich zog scharf die Luft ein.

„Das sind Waffen“, flüsterte ich.

„Ja, klar. Dachtest du ich kämpfe unbewaffnet gegen die Yeosin? Das wäre glatter Selbstmord.“ Er reichte mir ein Lederpaket.

„Hier. Ich will dass du den immer bei dir trägst und dich auch damit verteidigst, verstanden?“

Ich wickelte das Leder ab und hielt einen Dolch in der Hand. Die Klinge war schmal und zierlich, aber ich zweifelte nie an der Schärfe dieses Eisens.

Ich nickte.

„Dann los. Folg mir.“

Doch statt zur Wohnungstür zu laufen, ging Sebastian in die Küche und öffnete das Fenster. Unter uns auf dem schmalen Weg zwischen den Häusern sah ich schon Polizisten stehen.

„Verdammt, sie sind doch schon so nah.“ Wieder fluchte Sebastian.

Mir fiel auf, dass ich immer noch nicht wusste, wo genau wir eigentlich waren, aber jetzt war es sowieso nicht von Belang.

„Wie kommen wir jetzt hier raus?“

Sebastian zeigte auf das Dach gegenüber. „Dort hin müssen wir. Und von dort können wir über die Dächer verschwinden.“

Von der Seite eines Regals, holte er ein Seil. Bevor ich fragen konnte, was er vorhabe, warf er gekonnt das Seil rüber auf das andere Dach. Die Schlaufe am Ende wickelte sich um ein vorstehendes Mauerteil. Genauso flink zog er das Seil fest an und befestigte das andere Ende an einem Haken unterhalb von unserem Fenster.

„Ich zeig dir jetzt wie man sich da rüber hangelt und du folgst mir dann, ok? Du musst keine Angst haben, das ist echt nicht so schwer.“

Ich hatte gar keine Möglichkeit zu antworten. Ich war einfach zu sehr überrascht. Also schaute ich nur zu wie Sebastian sich die Tasche umhängte und dich auf das Fensterbrett setzte. Er schlang die Beine um das Seil und hielt sich mit den Armen daran fest. Dann ließ er sich fallen.

Ich unterdrückte einen Schrei. Drei Stockwerke hoch hing Sebastian in der Luft nur an Armen und Beinen. Wenn er losließe fiele er nicht nur zu den Polizisten hinunter, sondern würde zusätzlich einen riesigen Schaden erleiden.

Mit angehaltenem Atem schaute ich ihm also zu wie er sich Stückchen für Stückchen über das Seil zog.

Als er bei der Mitte war schaute er zu mir. „Los komm, du schaffst das. Du darfst nur nicht hinunter schauen.“

Diesen Fehler macht ich auch gleich und mein Hals zog sich zusammen.

„Ich kann das nicht“, flüsterte ich.

„Sophie! Vertrau mir, du kannst das.“ Er schaute mich direkt mit seinen grünen Augen an. Ich konnte nicht weg schauen. Wie gebannt schauten wir uns gegenseitig an und ich beruhigte mich langsam wieder.

Ich schreckte aus dem Bann auf, als jemand an die Wohnungstür hämmerte.

„Machen Sie sofort die Türe auf!“

Aus einem inneren Impuls heraus lief ich zur Küchentür und schloss sie von innen ab. Wie praktisch, dass Sebastian überall an den Türen die Schlüssel stecken gelassen hatte. Solange die Türe von innen geschlossen war, hatten wir mehr Zeit zum Fliehen.

Dann kletterte ich auf das Fensterbrett. Mir wurde schon schwindelig wenn ich nur daran dachte hinunter zu schauen. Die Fingerknöchel traten weiß hervor, so fest packte ich das Seil mit den Händen. Langsam ließ ich mich vom Fensterbrett gleiten. Dann hab es einen Ruck an Armen und Beinen und ich hing in der Luft. Der Mantel hing schwer nach unten.

Ich atmete tief durch und schaute in den Himmel. Es war eine klare Nacht. Ich konnte die Sterne hell und klar erkennen und an ihnen hielt ich mich fest, als ich begann umzugreifen und mich vorwärts zu ziehen. Wie aus der Ferne hörte ich Sebastian, wie er mir Mut zusprach und das sich immer mehr entfernende Rufen aus dem Gebäude, dass jetzt hinter mir lag. Ich hörte auch, wie die Wohnungstüre nachgab und die Menschen in die Wohnung eindrangen und wie sie vor der nächsten verschlossenen Türe standen.

Ich wusste, ich musste mich beeilen. Die Küchentüre würde nicht lange stand halten können. Also erhöhte ich das Tempo noch etwas.

Dies war ein Fehler. Ich konnte gerade noch realisieren, dass meine Beine den Halt verloren und schrie auf, als ich nur noch an den Armen in der Luft hing.

Auch Sebastian schrie erschrocken auf und wurde aber halb übertönt von dem Brechen von Holz, als die Küchentüre nachgab.

Ich hörte auch, wie die Polizisten mir vom Fenster aus etwas zuriefen, aber ich bekam nicht mit. In meinen Ohren rausche das Blut und die Panik schaltete mein Kopf aus.

Sie werden mich bekommen. Es ist zu spät. Und dann finden die Yeosin mich.

„Sophie! Es sind nur noch 2 Meter! Beeil dich, wir schaffen das noch!“, drang Sebastians Stimme an mein Ohr.

Ich drehte den Kopf und schaute ihn an. In seinen Augen sah ich Hoffnung und ich zog meine Beine mühevoll wieder hoch. Zug für Zug zog ich mich in Richtung dieser Augen, während sich der Weg unter mir mit Polizisten füllte. Schreie und Rufe drangen zu mir hoch, aber ich hielt mich an seinen Augen fest und zog mich weiter.

Seine warme Hand zog mich aufs Dach und seine Arme hielten mich.

„Ich bin stolz auf dich“, flüsterte er. Dann zerschnitt er das Seil und packte meine Hand.

Wir rannten so gut es ging über das halb-schräge Dach. Ich wusste, dass es ein Rennen gegen die Zeit war. Nur so konnten wir jetzt noch entkommen.
 

Sebastian zog mich von Dach zu Dach. Wir sprangen über Meter-tiefe Spalte und kletterten über Feuerleitern zu höheren Dächern.

Meine Beine wurden immer schwerer und ich merkte, dass ich nicht mehr lange laufen konnte, aber Sebastians Hand und die Tatsache, dass die Rufe hinter uns immer leiser wurden, trieben mich weiter.

Irgendwann kletterten wir durch ein offenes Dachfenster und landeten auf einem Dachboden. Es dämmerte schon.

Sebastian schloss das Fenster hinter uns.

„Hier können wir erst einmal bleiben. Wir sind weit genug weg. In ein paar Stunden werden sie uns auch erst einmal nicht mehr suchen und wir können endgültig verschwinden. Jetzt müssen wir gezwungenermaßen eine Pause machen.“

Ich setzte mich und lehnte mich an einen Stützpfosten.

Irgendetwas sagte mir, dass wir wahrscheinlich wenig Schlaf bekommen würden die nächsten Tage.

Weg zur Hölle

Wiedereinmal war es Sebastian, der mich weckte. Er schüttelte mich an der Schulter und hielt mir einen Apfel unter die Nase.

„Hier, iss mal was.“

Ich streckte mich und lockerte meinen verspannten Nacken. Der Pfosten war nicht gerade der beste Platz zum Schlafen gewesen.

„Danke. Wie spät ist es?“

„gleich 10.“

Erst jetzt fiel mir auf, dass die Sonne warm und hell durch das Fenster zu uns hinein schien. Fast so als wollte sie uns ermutigen weiterzulaufen. Dann musterte ich Sebastian. Er sah müde aus und erschöpft.

„Hast du nicht geschlafen?“ fragte ich ihn.

„Ich brauch nicht so viel Schlaf. Außerdem musste ich aufpassen. Noch sind wir nicht in Sicherheit.“ Er schloss die Tasche und schulterte sie. „Komm, wir haben heute noch ein langes Stück weg vor uns.“

Ich rappelte mich auf und folgte ihm. Nicht wie in der Nacht nahmen wir den Weg über das Dach, sondern stiegen die enge Treppe hinunter, die uns zur Haustüre führte. Hinter uns fiel sie mit einem Rums ins Schloss und nicht lange danach hatten wir die Straße verlassen. Niemand von uns beiden drehte sich noch einmal um.
 

Je weiter wir liefen, desto klarer wurde mir, dass ich den Weg heim nie mehr finden würde und auch nicht finden durfte. Dieser Gedanke bedrückte mich und ich beschloss, mich lieber auf die Umgebung zu konzentrieren.

Die Gebäude an denen wir vorbei kamen, sahen aus wie in jeder Großstadt. Hohe, hässliche Betonklötze mit großen Straße davor und fast keinem Garten. Irgendwann hatten wir dann unser Ziel erreicht. An einem Busbahnhof blieb Sebastan stehen und drückte mir seine Tasche in die Hand.

„Warte hier und lauf nicht weg!“

Ich wollte ihm noch hinterher rufe, dass ich kein kleines Kind bin und selber auf mich aufpassen könne ohne verloren zu gehen, da war er aber auch schon verschwunden.

Während ich wartete, beobachtete ich die anderen Leute um mich herum. Alle waren in Hektik und rannten schon fast um zu ihren Bussen zu kommen. Links von mir stand eine junge Frau mit einem Baby auf dem Arm. Es weinte wie verrückt, während sie versuchte den kleinen Jungen zu beruhigen. Ich lächelte.

Schon nach 10 Minuten ging mir die Lautsprecherstimme auf die Nerven und ich fragte mich wo Sebastian wohl blieb. Gerade in dem Moment wo ich beschloss ihn suchen zu gehen, sah ich ihn in der Menge. Er sah genervt und fertig aus und seine Haare standen in alle Richtungen als hätte er sie sich gerauft.

Mit einem knappen „Ich hasse Buspläne.“ drückte er mir die Fahrkarten in die Hand. Als ich ihn so sah musste ich grinsen. Wer hätte gedacht, dass der sonst so ordentliche und gut ausgerüstete Sebastian, der immer einen Plan hat, vor Busplänen verzweifelt. Ich jedenfalls nicht! Das war einfach zu komisch.

„Was denn?“ schnaupte er, und dann: „Komm wir müssen zu unserem Bus.“

Die nächste viertel Stunde warteten wir schweigend, jeder in Gedanken versunken. Erst als der Bus kam sprang Sebastian erleichtert auf.
 

Die Busfahrt dauerte lange. Erst ließen wir die Innenstadt hinter uns, dann irgendwann auch die letzten Häuser. Etwa 2 Stunden fuhren wir so über das Land vorbei an Feldern mit Kühen oder Pferden. Irgendwann gab ich es sogar auf die Autos zu zählen, die uns überholten. Sebastian neben mir war sehr schnell eingeschlafen. Ich war froh darüber, ich hatte mir ja schon Sorgen gemacht, weil er heute morgen nicht geschlafen hatte.

Als die Häuser wieder zahlreicher wurden und die Kühe weniger, wurde er wieder wach und schaute aus dem Fenster.

„Gleich sind wir da.“, ließ er verschlafen erklingen.

Bald verließ der Bus die Schnellstraße und tauchte in die Stadt ein. Die Uhr vorne im Bus zeigte 14:27 Uhr und so langsam sagte mein Magen mir dasselbe. Ich glaube Sebastian hatte den selben Gedanken, denn als wir endlich aus dem Bus stiegen zog er mich gleich zu einer Imbissbude. Nicht nur unseren Mägen tat das essen gut, auch unsere Laune verbesserte sich erheblich.

Dann ließen wir die breiten Straßen hinter uns und betraten die Altstadt. Immer öfters drehte Sebastian sich um und auch seine Schritte wurden schneller und größer. Dann auf einmal zog er mich in eine schmale Gasse. An einer schäbigen Holztüre blieb er stehen und klopfte. Der Lack blätterte schon ab und das Glasfenster in der Türe war so verdreckt, dass man es nur mit Mühe überhaupt als Fenster erkennen konnte. Über der Türe hing ein Schild mit der Aufschrift 'Leiðin til helvítis'. Sebastian sah, dass ich es anschaute und ließ ein bitteres Lachen erklingen.

„Das ist Isländisch und heißt 'Weg zur Hölle'. Passend nicht?“

Mir lief ein Schauer über den Rücken.

„Keine Sorge. Wir bleiben hier nicht lange. Ich muss nur kurz Lucas anrufen.“ Er lächelte mir beruhigend zu.

Dann erklangen auf einmal Schritte und jemand öffnete die Türe.

„Hallo Sebastian! Schön, dass du auch mal wieder auftauchst.“

Eifersucht

Die Frau im Türrahmen war relativ jung. Ich schätzte sie auf nicht älter als 30, eher jünger. Ihre blonden, kurzen Haare mit den lila Strähnen gaben ihr ein freches Aussehen. Sie trug eine schwarze Schlaghose und dazu ein ebenso schwarzes Top.

Misstrauisch musterte sie mich.

„Wen haste denn diesmal abgeschleppt?“, fragte sie Sebastian mit hochgezogenen Augenbrauen.

Wut stieg in mir auf. Was bildete diese Frau sich ein? Aber bevor ich irgendwas erwidern konnte, legte Sebastian seinen Arm um meine Schulter und sagte: „Das ist Sophie, sie ist meine Schülerin“ ,und dann zu mir, „Sophie, darf ich dir Gretel vorstellen? Ihr gehört dieser Schuppen. Es ist ein Unterschlupf für alle Cheonsa, die auf der Durchreise sind oder Hilfe benötigen.“

Gretel lächelte. „Kommt erstmal rein. Und keine Sorge“, meinte sie zu mir, „drinnen sieht es viel gemütlicher aus.“
 

Die alte Türe klapperte laut, als ich sie mit zu viel Schwung schloss. Ich zuckte zusammen und schaute mich um, aber Gretel war schon in ein Gespräch mit Sebastian vertieft. Ich folgte den beiden den niedrigen Gang entlang zu dem einzigen Raum am Ende.

Alles war düster gehalten und heruntergekommen. An den Wänden hingen schäbige Wandteppiche, an denen noch Wachs von den Kerzen klebte. Kerzen waren sowieso das einzige Licht, mit Ausnahme der Neonröhren über der Bar.

Sebastian setzte sich sofort auf eines der Sofas und streckte seine Beine über den niedrigen Tisch.

„Dass du diese Bude immernoch so betreibst ist echt der Wahnsinn. Sogar die Spinnennetze sind immer noch dieselben.“ Ich folgte seinem Blick nach oben und erkannte sofort was er meinte. Zwischen den breiten Deckenbalken hatten sich unzählige Spinnen breit gemacht.

„Kannst ja sauber machen, wenns dich stört. Meine Kunden störts net.“ Gretel setzte sich neben ihn und boxte ihn in die Seite. „Komm Sophie. Steh nicht so herum, als hätte man dich vergessen.“ Sie zeigte auf den Sessel gegenüber und ich folgte ihrer Aufforderung.

„Also. Was wollt ihr zwei denn jetzt bei mir? Sag nicht, dass du mich vermisst hast, Seb.“

Er grinste, „Natürlich hab ich dich vermisst Gretel“ und wuschelte ihr durch die kurzen Haare. Für einen Moment spürte ich wie die Eifersucht meine Brust durchzog.

Als ich dieses Gefühl zur Seite streifen konnte bemerkte ich, dass das Gespräch schon fortgeschritten war.

„Hast du etwas von Lucas gehört?“

„Nein, du weist doch wie er ist. Er meldet sich nie und erreichen kann ich auch immer nur dann, wenn er keine Zeit hat.“ Verbittert stand Gretel wieder auf. Sie ging zur Theke und holte einen Hefezopf, den sie bewaffnet mit einem Messer zwischen uns stellte. Nicht ohne Sebastians Beine mit Schwung zur Seite zu schieben, sodass er fast vom Sofa fiel. Das sah so komisch aus, dass ich einfach nur lachen konnte. Gretel fiel mit ein und am Ende konnte sogar der verärgerte Sebastian lachen. Es fühlte sich gut an so frei zu lachen und zusammen Kuchen zu essen. Obwohl wir erst vor fast einer Stunde gegessen hatten fühlte ich mich schon wieder fast verhungert.

„Was wollt ihr denn von Lucas?“ fragte Gretel irgendwann.

Sebastian nickte in meine Richtung. „Ich muss Sophie zu Lucas bringen. Sie ist erst seit ein paar Tagen bei mir und ich denke sie hat Informationen, die uns gegen die Yeosin helfen. Außerdem hab ich ihn nicht mehr gesehen seit ich abgehauen bin. Meinst du, du kannst ihn für uns erreichen und unsere Ankunft ankündigen?“

Gretel nickte. „Versuchen kann ich es. Vielleicht legt er mal nicht sofort auf, wenn ich dich erwähne.“ Dann schaute sie Seb ernst an. „Meint ihr, ihr schafft den Weg? Ich meine, ihr habt noch ein großes Stück weg vor euch.“

Sebastian unterbrach sie. „Wir kriegen das schon hin. Bisher haben wir's ja auch gut gepackt.“ Er lächelte mir zu. „Sophie schlägt sich ja nicht schlecht.“
 

Wir redeten noch eine Weile und ich genoss die Pause. Endlich einmal mussten wir nicht aufpassen oder laufen.

Als Sebastian irgendwann meinte, dass wir weiter mussten um unseren Zug noch zu bekommen, zog Gretel mich zur Seite.

Sie drückte mir einen Zettel in die Hand. „Meine Handynummer. Wenn du mal Hilfe brauchst oder auch nur eine Freundin, dann ruf an. Der Rat kann manchmal ziemlich anstrengend sein. Lass dich nur nicht unterkriegen!“ Dann drückte sie mich einmal fest.

„Danke, ich werde darauf zurück kommen.“ Herzlich erwiderte ich ihre Umarmung.

„Und ich hab euch noch was zum Essen. Damit ihr heute Nacht nicht verhungern müsst.“ Sie verschwand hinter der Theke. Als sie ein paar Minuten später wieder erschien, hatte sie Brot und Käse eingepackt und drückte die Tasche Sebastian in die Hand.

„So und jetzt verschwindet! Sonst verpasst ihr euren Zug.“

Sebastian umarmte sie auch noch einmal lange. Dann machten wir uns auf den Weg.

Gretel schaute uns nach bis wir die Gasse verließen und uns wieder Richtung Bahnhof begaben.
 


 

Ich lief schweigend neben Sebastian her. Er war in Gedanken versunken und ich hatte auch keine Lust zum reden.

Am Bahnhof holte ich diesmal unsere Karten, ich hatte keine Lust auf noch einen schlecht gelaunten Sebastian. Unser nächstes Fahrziel war Köln. 2,5 Stunden würden wir fahren laut Plan. Und von dort würde es nach Brüssel gehen und dann Richtung Meer. Als Kind war ich einmal an der Nordsee, aber das war lange her. Ich freute mich auf das Meer.

Sebastian suchte uns einen Platz im Zug. Die Uhr auf der Anzeige vor meinem Fenster zeigte kurz nach 7, aber trotzdem war ich schon so müde als ob ich einen drei-Tage-Marsch hinter mir hätte. Ich kuschelte mich in meinen Mantel und schaute mal wieder aus dem Fenster. So wie bei jeder Fahrt eigentlich. Ich liebe es der vorbei fliegenden Landschaft zuzuschauen. Alles kommt schnell nah und verschwindet noch schneller wieder aus deinem Sichtfeld. Und du sitzt nur tatenlos da und schaust allem zu.

Und während ich der vorbei fliegenden Landschaft zuschaute, schlief ich ein.

Mein Traum führte mich zu meiner Schule zurück. Der Unterricht hatte eben angefangen und Melody zog vorsichtig mein Aufgabenheft zu sich her, um die vergessenen Hausaufgaben abzuschreiben. Sie hatte gute Laune und brachte mich mit ihrem Morgensarkasmus zum Lachen.

Auf einmal flog die Tür auf und meine Mom stand im Türrahmen. Ihre Augen waren vom Weinen rot und geschwollen.

„Wo warst du?“, schrie sie mich an, „ich habe dich überalle gesucht. Die Polizei hat dich überall gesucht. Kannst du dir vorstellen welche Sorgen ich mir gemacht habe?“

Sie lief auf mich zu und … lief an mir vorbei?!

„Melody, ich bin so froh, dass du zurück bist.“ Sie schloss Melody in ihre Arme.

Was? Ich verstand nicht was hier los war. Ich verstand die Welt nicht mehr!

Melody sah das und sie grinste mich über die Schulter MEINER Mom triumphierend an.

„Du wurdest ausgetauscht. Jetzt bin ich an deiner Stelle und du bist ein Nichts. Nichts wert, überflüssig!“

Mir wurde kalt und der Raum verschwamm vor meinen Augen. Alle schauten zu uns herüber und doch sahen sie mich nicht. Ich spürte wie ich begann unsichtbar zu werden. Ich schrie auf! Und Melody lachte nur. Sie schnippte mit dem Finger und die Zeit gefror ein. Dann löste sie sich aus den Armen meiner Mutter, die in der selben Haltung stehen blieb und kam auf mich zu. Ich wich zurück und spürte die Wand an meinem Rücken.

„Oh Sophie, dachtest du wirklich, dass du so einfach davon kommst? Dass ich dich gehen lasse, nachdem was du mir angetan hast?“

Der Raum wurde von einem rot-orangenen Schein erhellt, als Melody's Körper begann zu brennen.

„Und wieder bist du so hilflos wie vor einer Woche. Erkennst du dein Schicksal? Du solltest gar nicht hier sein! Du hättest nicht überleben dürfen! Eigentlich wärst du vor 9 Jahren gestorben! Verschwinde!“

Auf einmal spürte ich keine Wand mehr hinter mir und ich fiel…

Ich spürte den Wind und den Sog der Erde. Der Himmel entfernte sich immer mehr. Und dann wurde ich aufgefangen. Starke Arme schlossen sich um meinen Körper und hielten mich. Ich öffnete wieder die Augen und schaute in die grünen Augen von Sebastian.

„Wach auf, Sophie.“, sagte er. „Du musst jetzt aufwachen.“
 

Seine sanfte Stimme beruhigte mich und holte mich aus meinem Traum. Verschlafen öffnete ich meine Augen. Sebastian stand vor mir. „Wir sind fast da.“

Mondnacht

Das schwache Licht der Deckenbeleuchtung machte es nicht einfach meine Sachen zusammen zu suchen. Gerade als ich mir den Mantel übergeworfen hatte rauschte der Zug in den Bahnhof von Köln.

Obwohl es schon mitten in der Nacht war, waren wir nicht die einzigen Reisenden, die noch unterwegs waren. Müde und gestresste Menschen hasteten an uns vorbei auf der Suche nach ihrem Zug. Auch wenn ich bis eben geschlafen hatte, oder vielleicht auch genau deswegen war ich müde und auch Sebastian sah man den Schlafmangel an. Ich wusste, dass er nicht geschlafen hatte, zu sehr war er mit den Gedanken bei unserer Reise.

„Wie geht es jetzt weiter?“, fragte ich.

„Heute Nacht gar nicht. Ich habe uns einen Unterschlupf bei einem Freund der Cheonsa besorgt. Dort werden wir übernachten und morgen wieder aufbrechen.“

Wir traten auf die Straße hinaus, als ein Mann aus einem parkenden Auto ausstieg und auf uns zukam. Er lief langsam, das Gehen fiel ihm schwer, doch die wachen Augen in dem alten Gesicht leuchteten. Seine Stimme zitterte, brach fast ab als er uns ansprach.

„Sebastian? Herr Mundi schickte mich um euch abzuholen. Es ist schon so spät. Da sollten zwei Kinder nicht mehr alleine unterwegs sein.“

Dass wir beide keine Kinder mehr waren, war ihm egal. Sebastian bedankte sich und schob mich in Richtung Auto. Ich merkte, dass er nervös war und dass er auf keinen Fall wollte, dass ich das bemerkte. Also setzte ich mich still in das Auto und lehnte mich an ihn. Müde war ich zwar nicht mehr, aber es beruhigte ihn.

Die Straßen, durch die wir fuhren waren leer. Fast niemand war um diese nächtliche Uhrzeit noch unterwegs. Nur ab und zu wurde die Straße von den Scheinwerfern anderer Autos erhellt. Langsam verließen wir die Großstadtstraßen und fuhren über dunkle Wege. Sebastian schlief schon fast, als wir endlich hielten. Ich nahm meine Tasche entgegen und zu zweit folgten wir dem alten Mann zu dem Anwesen, das sich vor uns erstreckte.
 

Herr Mundi war fast so alt wie der Fahrer, der uns hergebracht hatte. Seine Haare waren grau und gingen ihm bis zu den Schultern. Seine Augen waren genauso grau und sie schauten uns freundlich an, als er uns in seinem Haus begrüßte. Ein Freund der Cheonsa sei er, doch selber keiner von uns. Ich war verwundert, denn ich dachte bis grade, dass die Menschen keine Ahnung von unserer Existenz hatten.

Gretel hatte ihn tatsächlich erreichen können und von unserer Ankunft in Köln erzählt. Sie hatte nach einer Unterkunft für uns gebeten. In Gedanken dankte ich ihr dafür, ich war froh eine Nacht in Sicherheit zu verbringen. Sebastian übernahm das Gespräch und erzählte von unserer Reise nach Island. Dass wir vor der Polizei geflohen sind und dass wir zum Rat müssten.

Als alles erzählt war, zeigte man uns zwei Zimmer, in denen wir schlafen konnten. Meines war nicht groß, aber groß genug für eine Person. Durch das große Fenster schien der Mond, als ich mich Bettfertig machte und hinlegte.
 

Doch ich konnte nicht schlafen. Einerseits weil ich die ganze Zugfahrt geschlafen hatte, aber auch weil meine Gedanken nicht zur Ruhe kamen. Der Traum lag wie ein dunkler Schleier über meinen Gedanken und blockierte alles. Ich hatte ewig nicht mehr geträumt und, dass Melody darin vorkam war auch kein gutes Zeichen.
 

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich das Geräusch fast überhörte. Erst fiel irgendetwas dumpf zu Boden, dann schrie jemand heißer auf. Aber es war ein unmenschlicher Schrei, wie ich ihn schon einmal gehört hatte. Ich riss meine Augen auf und starrte in das dunkle Zimmer. Fast wagte ich gar nicht zu atmen, so sehr hatte die Angst mich gelähmt. Wieder durchdrang der Schrei das Gebäude. Mein Herz klopfte viel zu schnell und meine Hände zitterten als ich aufstand und zu meinen Sachen ging. Der Dolch lag schwer in meiner Hand, als ich das Leder abstreifte. Die Klinge sah noch schärfer aus, jetzt wo der Mond durch das Fenster schien.

Dann öffnete ich die Türe und trat auf den Flur hinaus. Alles lag im Dunkeln, nur durch die Fenster drang Mondlicht ein.

Ich überlegte kurz ob ich Sebastian wecken sollte, doch entschied mich dagegen. Er hatte seinen Schlaf wirklich verdient! Ich wollte ja auch nur mal kurz nachgucken was da geschrien hatte. Vielleicht war es auch nur irgendein Tier und nicht was ich vermutete.

Ich folgte meinen Ohren, an jeder Ecke bedacht und auf alles gefasst. Mit jedem Meter den ich ging, kamen die Geräusche näher. Kurz war ich gewillt doch zurück zu laufen und Sebastian zu holen, aber meine Füße führten mich weiter.

Gerade als ich an die große Treppe kam, verstummten jegliche Geräusche. Das Haus lag in Stille gehüllt wie zuvor. Unschlüssig stand ich da und wusste nicht was ich tun sollte. Dann nahm ich meinen Mut zusammen und lief vorsichtig die Treppe hinunter zum Keller.

Berührung

Mein Weg wurde vom schwachem Licht von Neonröhren erhellt. Die Schatten an den Wänden sahen dadurch noch gruseliger aus. Kalt war es, denn ich zitterte, aber vielleicht kam das auch nur von meiner Angst. Meine Fingerknöchel waren weiß, so fest hielt ich den Dolch.

Vor mir lag ein Gang und vom Ende kamen wieder diese Schreie. Mein Herz klopfte zu schnell. Ich muss umdrehen. Ich sollte hier nicht sein, sagte ich mir. Ich drehte mich um, bereit zum Gehen. Aber ich konnte nicht. Der Raum ganz hinten zog mich fast schon an.

Also schloss ich kurz meine Augen, drehte mich wieder um und lief gerade aus auf den Lichtschein zu, der von dort kam.
 

Der Raum in den ich kam war größer als erwartet. Die Wände waren mit Vorgängen zugehängt, die die Kälte abschirmten und der Boden war aus Holz. Auch das Licht war angenehmer als in den Gängen davor. Warmes weißes Licht erhellte den ganzen Raum. Und in diesem Licht wirbelte ein großer, hagerer Kerl herum und zerschlug mit einem langen Stock Projektionen von Yeosin. Fasziniert von diesem Bild, wusste ich nicht ob ich erleichtert sein sollte keine echten Yeosin zu treffen oder mistrauisch diesem Typ gegenüber.

Geübt schwang er den geraden Holzstock in seinen Händen und tötete jeden Gegner bevor dieser ihn erreichte. Das Kreischen der Projektionen jagte mir jedes mal eine Gänsehaut über den Rücken.

Als der letzte Gegner zu Licht zerfiel ließ der seine Waffe sinken und blieb stehen. Einen kurzen Moment stand er nur so da und schaute die Wand an. Dann strich er sich eine seiner dunkel lila Haarsträhnen aus dem Gesicht und drehte seinen Kopf.

“Hat dir meine Vorstellung gefallen?“, fragte er mich direkt und schaute in meine Augen.

Ich erschrak. Ich hatte nicht gedacht, dass er mich gesehen hatte wie ich da halb im Eingang stand.

Er lachte als von mir keine Reaktion kam und kam auf mich zu. Mir fiel auf, dass seine Haarfarbe perfekt zu seinen eisblauen Augen passte.

“Hey, ich bin Lio. Und du?“ fragte er und streckte mir seine Hand entgegen. Zögerlich ergriff ich sie. Mehr als ein “Sophie“ bekam ich nicht heraus. Dieser Typ brachte mich komplett aus meiner Bahn.

Erwartungsvoll schaute er mich an.

“Was?“ fragte ich.

“Willst du mich mit dem Dolch wirklich bedrohen?“

Ich wurde rot und ließ meine Hand sinken. Da hatte ich wirklich vergessen, dass ich den Dolch immer noch in der Hand hielt.

Ein genuscheltes „Tschuldigung“ war das einzige was ich rausbekam. Vorsichtig legte ich den Dolch auf den Boden neben die Türe.

Er lachte. „Dann bist du also die Neue. Die Schülerin von Sebastian.“ Erstaunt schaute ich ihn an. „Woher weist du das?“

„Ich kann Gedanken lesen.“

„Was?!“ Er lachte, als er meinen erschrockenen Blick sah. „Nein, keine Sorge. Lucas hat mich geschickt, ich soll euch begleiten, damit ihr sicherer seid.“

Ich wusste nicht, ob ich erleichtert sein sollte, dass er wirklich keine Gedanken lesen konnte, oder beunruhigt, dass ich die nächsten Tage mit zwei Jungs reisen würde und dieser Lio mich irgendwie ziemlich aus der Bahn werfen konnte.

„Kannst du kämpfen?“ Ich schüttelte den Kopf.

„Dann wird’s aber Zeit. Hat Sebastian dir nichts beigebracht?“

Er schob mich sanft in den Raum und drückte mir den Holzstab in die Hand. „Zeig mal was du drauf hast.“

Unbeholfen hob ich den Stab mit beiden Händen und schwang ihn auf meine Gegner zu mit dem Ziel mich nicht selbst zu treffen.

Lio lachte wieder und lief auf mich zu. „So wird das nichts! Streck den Stock nicht von dir als wäre er eine giftige Schlange. Und arbeite eher mit dem Körper als mit dem Holz. Dann bist du schneller und tust dir nicht weh. Warte, ich helf dir.“

Er stellte sich hinter mich und fasste um mich herum an meine Handgelenke. Ich spürte ihn an meinem Rücken und meine Handgelenke brannten.

Vorsichtig führte er meinen Körper, bewegte den Holzstab und erklärte mir wie ich meine Beine hinstellen sollte. Aber mein größtes Problem war, dass mein Herz drohte zu zu explodieren, so schnell schlug es. Ich spürte seinen Atem, ich spürte ihn, ich spürte wie das Blut in mir kochte. Sanft hielt er meine Hände fest und doch würde ich den Seinen niemals entkommen so entschlossen war sein Griff. Wie er mich so festhielt war ich eingeschlossen, umgeben nur von ihm, gehalten falls ich fallen würde. Seine Stimme war so weit weg, ich konnte nicht verstehen was er sagte, doch es waren zärtliche Worte, die er zu mir sagte, während sein Atem meinen Hals berührte und meine Wange von seinen Haarspitzen gekitzelt wurde.
 

„Hallo?“ Eine Hand wedelte vor meinem Gesicht. „Lebst du noch oder hat dich mein Charme umgebracht?“ Auf einen Schlag war alles weg und ich stand wieder in der Realität.

„Ach Quatsch!“ schnaubte ich empört und stieß seine Hände weg. Ich war enttäuscht und verletzt.

„Ich geh wieder ins Bett, gute Nacht.“ Mit diesen Worten drückte ich ihm den Stab in die Hand und drehte mich um zum gehen. Wieder schlossen sich sie kräftigen Arme um meinen Körper. „Sei nicht wütend, das steht dir nicht.“

„Lass mich los!“, kreischte ich und versuchte mich aus der Umarmung zu befreien. Vor Wut siegen mir die Tränen in die Augen.

„Beruhig dich Sophie.“, sagte Lio mit ruhiger Stimme. Mit beiden Händen hielt er mich fest, als er mich zu sich umdrehte. Mit seinen Fingern strich er die Tränen von meinen Augen. „Lächel! Ich hab doch gesagt, dass dir das viel besser steht.“

„Lass mich los!“

„Nein, weil dann würde ich dich verlieren.“ Bevor ich reagieren konnte, griff er mir unter das Kinn und hob meinen Kopf an. Feuer strömte durch meinen Körper, als seine Lippen meine berührten. Mit wurde kalt und heiß gleichzeitig und obwohl mein Kopf mir eindeutig zu verstehen gab, dass ich aufhören sollte, genoss ich den Kuss.

So schnell wie es begonnen hatte, endete es auch. Als ich meine Augen öffnete, sah ich blaues Eis. Lio lächelte. „ich will, dass du mir gehörst und darum kämpfe ich auch.“

Dann ließ er mich los. „Komm, ich bring dich zu deinem Zimmer. Bald wird es hell und wenn wir morgen weiter fahren solltest du geschlafen haben.“
 

Der Mond schien durch das Fenster. Meine Sachen lagen noch genau so da, wie ich sie liegen gelassen hatte. „Schlaf gut.“ sagte Lio, als ich leise die Türe schloss.

Ich schmiss mich aufs Bett, unfähig zu denken. Was war geschehen? Noch bevor ich eine Antwort fand schlief ich ein.

Wut

Als ich meine Augen wieder öffnete, ging eben die Sonne auf. Draußen hörte ich Vögel zwitschern und ich fühlte mich gut. Ich schlug die Decke zurück und setzte mich auf. Und ich streckte mich, wie ich es schon lange nicht mehr getan hatte und stand auf.

Auf der Kommode lagen Handtücher, also beschloss ich erst einmal zu duschen. Und während das warme Wasser meinen Körper umspülte, genoss ich die Ruhe bevor Sebastian und ich weiter reisen mussten.

Alles in allem ein guter Morgen so beschloss ich.
 

Beim Frühstück traf ich einen gut gelaunten Sebastian an. Man sah ihm an, dass er gut geschlafen hatte und darüber war ich froh. Er lächelte zur Begrüßung als er mich sah und lachte, als meine Augen groß wurden wegen der Begeisterung über das Essen. Es gab alles was man sich nur vorstellen wollte. Rührei mit Speck, Kuchen, Sandwichs mit Käse, Obst, Brötchen und viele Sorten Marmelade….

Ich hätte alles essen können, auch durcheinander!

Gerade als ich mir die zweite Tasse Kaffee einschenkte und ich weiß nicht wie viel schon gegessen hatte, tätschelte mich jemand auf dem Kopf.

„Na, Kleine. Gut geschlafen? Ich hoffe ich hab dir süße Träume beschert.“ Und schon war die Ruhe vorbei. Die Ereignisse der letzten Nacht fielen mir wieder ein. Die Schreie, dann der Trainingsraum und Lios Berührungen.

Lio lachte, „und du hast übrigens was vergessen.“ Seine Hand wanderte über meinen Rücken, während er den Dolch neben mich legte.

Sebastian sprang so ruckartig auf, dass der Stuhl kippelte bevor er sich wieder hinstellte.

„Was ist hier los? Nimm sofort deine Finger von Sophie!“

Lio zog lächelnd seine Hand zurück und ging einen Schritt auf Seb zu.

„Reg dich ab. Wir drei müssen ja gut miteinander auskommen. Deine Kleine war gestern schon so nett mich zu begrüßen und mir die Nacht zu versüßen. Jetzt gehört sie wieder dir.“

Wut fing an in mir zu kochen. Wie konnte er nur so über mich reden.

„Was hast du mit ihr angestellt? Was auch immer du für Kräfte eingesetzt hast, tu das nie wieder du verdammter Magier!“

Lio lachte wieder. „Nein, bei der hab ich keine Kräfte gebraucht, die wäre auch freiwillig mit mir in die Kiste gestiegen wenn ich gewollt hätte.“

Aus zwei Gründen wurde ich jetzt rot. Erstens weil die Wut in mir unbedingt nach draußen musste und zweitens weil ich mich dafür schämte, dass er Recht hatte. Hätte er mich gestern gefragt, hätte ich bestimmt nicht nein gesagt. Aber das war jetzt nicht wichtig. Wichtig war nur, was los mit diesem Typ war. Hatte er mich wirklich nur ausgenutzt?

„Du hast sie doch nicht mehr alle!“, schrie ich!, „Wie erbärmlich muss man sein, um so eine Show abziehen zu müssen!“ Mit jedem Wort schoss die Wut wie Feuer aus mir. Nichts konnte ich mehr zurück halten. Ich spürte wie mir die Tränen kamen und ich stand auf. „Verschwinde doch einfach wieder in deinen Keller, wo du herkommst. Gibt sicher Gründe, warum du dort unten alleine trainieren musst!“

Dann rannte ich an den zwei Jungs vorbei, raus aus dem Speiseraum, zurück in mein Zimmer.
 

Kaum hatte ich mich auf mein Bett geworfen, liefen mir die Tränen über die Wangen. Ich schluchzte wie ein kleines Kind und es war mir egal. Wie konnte Lio nur so gemein zu mir sein. Wie konnte er mich nur so ausnutzen und dann vor Sebastian bloßstellen. Ich hatte den Spaß in seinen Augen und seinem Lächeln gesehen und wie gerne würde ich jetzt den Dolch in genau dieses Gesicht rammen!

Wie schön war dieser Morgen gewesen, als alles für einen Moment perfekt war. Warum war es mir nicht mehr vergönnt glücklich zu sein. Ich hasste Lio so sehr dafür, für alles was er getan hatte.
 

Plötzlich hörte ich auf dem Flur laute Stimmen. Sebastian hatte ebenso wie ich das Frühstück verlassen und war gegangen.

„Sei mal ein bisschen lockerer. Du führst dich ja auf als wärst du was besseres, nur weil du ein Cheonsa bist.“ rief Lio ihm hinterher. Die Wände waren dünn und ich konnte alles hören.

„Verschwinde einfach!“ Das war eindeutig Sebastian.

„Lucas hat mich aber geschickt. Ich soll euch begleiten, als weiterer Schutz.“

„Dann geh zurück und richte ihm aus, dass wir diesen Schutz nicht brauchen.“

„Keine Lust. Bei euch ises lustiger. Vor allem mit Sophie.“

Ich hielt den Atem an, als Sebastian seine Wut nicht mehr kontrollieren konnte und losbrüllte.

„Wenn du dich ihr noch einmal näherst, bring ich dich um!“ das war eindeutig Seb's Stimme.

Ein Lachen war die Antwort.

„Nur weil du zu feige bist? Bist halt zu spät dran.“

„Halt dein Maul! Halt einfach dein Maul!“ Sebastian wurde noch lauter, so wütend hatte ich ihn noch nie gehört. Nicht mal als ich ihn gebeten hatte, noch einmal heim zu dürfen.

Instinktiv machte ich mich kleiner, auch wenn ja nicht ich angesprochen war.

Lio lachte wieder. „Selbst wenn ich nicht mit euch reisen wollen würde, könnte ich eh nicht zurück ohne den Zug zu nehmen, also kann ich auch gleich mit euch reisen.“

Ich hörte wie seine Schritte sich entfernten und sein Lachen, während Sebastian eine Beschimpfung nach der anderen vor sich hinzischte und seine Zimmertüre hinter sich zuschlug.

Nur kurz danach wurde die Türe wieder aufgerissen und Herr Mundi bat Sebastian aufzuhören Messer gegen die Wand zu werfen, da die Reparatur ziemlich teuer ist.
 

Alles in allem war jeder an diesem Morgen schlecht gelaunt mit einer Ausnahme. Pünklich zur Abfahrtszeit wartete Lio am Eingang des Anwesens, um uns unsere Zugfahrt mit seiner Anwesenheit zu versüßen.
 

Drei Stunden würden wir nach Belgien fahren. Sebastian starrte vor sich hin und redete kein Wort. Neben ihm saß ich und weil ich nicht zum Platz gegenüber schauen wollte, dort saß Lio, schaute ich mal wieder aus dem Fenster und zählte Beschimpfungen, die mir für den Lilahaarigen einfielen.

Und Lio saß uns gegenüber und hatte die beste Laune, die es nur gab.
 

Der erste Teil unserer Horrorreise hatte begonnen!

Schon wieder?

Die drei Stunden zogen sich ewig hin und als der Zug endlich in Brüssel hielt war ich die erste die am Ausgang stand und darauf wartete, dass die Türen mich raus ließen. Meine Laune hatte den tiefsten Tiefpunkt erreicht. Wenn ich nicht schnell auf andere Gedanken kam, würde ich Lio echt noch umbringen.

Aber wahrscheinlich musste ich das nicht einmal selber machen, denn Sebastian kochte fast noch mehr wie ich.

„Jungs!“, sagte ich, ohne irgendjemand anzuschauen, „ich hab keine Lust die nächsten 2 Stunden Wartezeit mit euch zu verbringen. Wir treffen uns wieder hier.“ Dann lief ich Richtung Ausgang des Bahnhofs. Ich hörte noch wie Sebastian mir zu stimmte und seine eigene Richtung suchte und Lio alleine zurück blieb.
 

Die Sonne blendete mich, als ich auf den Vorplatz hinaustrat. Die Menschen wuselten an mir vorbei und drängelten sich entweder hinein oder aus dem Gebäude raus aber ich blieb einfach stehen. Endlich nicht mehr sitzen nach der Zugfahrt und endlich frische Luft. Und vor allem: niemand der schlechte Laune verbreiten konnte. Erst als eine ältere Frau mich anschimpfte, dass ich aus dem Weg gehen solle, bewegte ich mich wieder. Mein Plan war es mir erst etwas zu essen zu holen und mich dann irgendwohin zusetzen und die Stille zu genießen. Auf einem Stadtplan neben dem Bahnhof fand ich einen Park, der nicht weit entfernt war. In der Überzeugung schon irgendwas zu essen zu finden, ging ich in Richtung Park.

Ich fand einen Nudelladen und kurz danach saß ich mit meinem Essen unter großen Bäumen, geschützt durch Büsche vor den Blicken anderer. Irgendwo in der Nähe hörte ich Kinder lachen und spielen und ihre Eltern reden. Irgendwo hörte ich eine Kirchuhr schlagen, vier Schläge. Es war so ruhig und angenehm wie ich es mir gewünscht hatte. Ich aß meine Nudeln und lehnte mich auf der Bank zurück. Einfach mal kein Stress mit Jungs haben… oder sonst irgendwem…
 

Als ich meine Augen wieder öffnete, hatte die Sonne schon einen anderen Stand eingenommen. Es war kälter und ruhiger geworden. Aber bis auf, dass ich keine Kinderstimmen mehr hörte war noch etwas anders. Das erste was ich bemerkte, war dass jemand neben mir saß. Jemand mit einer unheimlichen Kapuze. Das zweite was mir auffiel bestätigte dieses komische Gefühl bei diesem Fremden. Ich konnte meine Arme nicht bewegen! Ich stieß einen Schrei aus und versuchte mich hinzusetzen, aber das Kabel um meine Handgelenke ließ keine Bewegung zu.

„Was soll das? Wer bist du? Das ist nicht lustig, mach mich los!“

„Nun, was sollte ich tun. Ein hübsches, schlafendes Mädchen, das auch noch allein ist, trifft man nicht immer. Vor allem nicht wenn sie auch noch so grüne Augen hat.“ Seine Stimme veränderte sich und wurde hart und kalt. „Du hast meine Schwester umgebracht, meinst du nicht, dass ich Rache verdient habe?“ Er zog seine Kapuze zurück und ich sah rote Haare und ebenso rote Augen.

Ich schrie erneut auf und wand mich zu gut es ging. Irgendeine Möglichkeit zu entkommen musste es doch geben.

„Cheonsa, sei still!“, zischte der Yeosin und versuchte mir den Mund zuzuhalten. Ich biss ihn und er fluchte auf. Die Wut wurde noch größer in seinen Augen.

„Sei still und ich werde sich schnell umbringen, auch wenn du leiden solltest.“ In seinen Händen glänzte ein Messer.

„Bitte! Hör auf! Bitte!“ Die Verzweiflung sprach aus mir und schickte Tränen in meine Augen, aber er blieb kalt. Sein Arm hob sich, die Klinge war auf mich gerichtet. Alles um mich herum verschwamm, selbst mein Atem hörte auf. Ich sah nur noch diese Klinge, wie sie sich auf mich zu bewegte.

Hilf mir, flehte ich in Gedanken. Ich wusste nicht einmal an wen ich diese Bitte schickte. Hilf mir bitte!

Und in dem Moment, als die Klinge meinen Körper berührte, erklang ein Geräusch wie das Splittern von Eis. Mein Körper glühte und an diesem Licht zersprang die Klinge in Splitter.

„Was ist das?“ Der Mann sprang erschrocken auf.

Und aus dem Augenwinkel sah ich einen Schatten hinter ihm.

„Das, mein Lieber, passiert wenn man sich mit einem Magier anlegt.“ Diese Stimme kannte ich und egal wie sehr ich ihn hasste, jetzt war ich nur noch froh in das Gesicht von Lio zu blicken.

Dasselbe blaue Licht, das auch mich umgab formte in seinen Händen ein Stab wie ein Kristall. Ich hatte ihn zwar schon kämpfen gesehn und trotzdem war ich gebannt von diesem Kampf. Der Fremde hatte gar keine Chance, er war Lio vollkommen unterlegen und seine Waffe war kaputt.

Er gab nicht einmal einen Schrei von sich als Lio ihn den Stab durch den Körper stieß. Er brach einfach nur stumm zusammen.

„Hättest du nicht besser auf dich aufpassen können?“ fing Lio vorwurfsvoll an, als er meine Hände losband. „Was hättest du gemacht, wenn ich nicht gekommen wäre?“

„Ich hätte keinen Grund gehabt hier herzukommen, wenn du nicht gewesen wärst!“ Keifte ich zurück und die Tränen stiegen mir in die Augen. Vor Erleichterung oder vor Schmerz wusste ich nicht. Ich sprang auf, um zu gehen und befand mich plötzlich in kräftigen Armen, die mich hielten.

„Es tut mir leid.“ So leise, dass ich fast nichts gehört hatte waren diese Worte. „Ich lass dich nicht mehr allein.“

Eiskristalle

Als wir zum Bahnhof zurück kamen, wartete Sebastian schon. Sein Blick zeigte mir sofort, dass er wusste, dass sich etwas verändert hatte. Wie sollte er es auch nicht merken, schließlich lief ich neben Lio ohne vor Hass zu kochen. Dazu gab es ja auch keinen Grund grad. Als er mich so umarmt hatte und sich entschuldigt hatte, war ich erstmal so perplex gewesen, dass ich nicht wusste was ich sagen sollte. Mein Herz hatte bis in mein Hals geklopft und mein Kopf ausgeschaltet. Dieses Gefühl, wie sehr ich es genoss, es machte mir auch Angst. Und als er mich wieder losließ, lief ich nur stumm neben ihm her zurück zum Bahnhof. Richtig denken konnte ich erst wieder als ich Sebastian allein dort am Gleis stehen sah.

Fragend schaute er mir in die Augen bevor er Lio mit seinem Blick tötete.

„Sophie hat er dir irgendwas angetan? Du kannst es mir sagen, ich helf dir!“, Sebastian griff nach meinem Arm und zog mich auf seine Seite.

Ich berührte ihn vorsichtig am Arm. „Nein, Sebastian. Er hat mir gar nichts getan. Im Gegenteil, er hat mir das Leben gerettet.“ Und ich erzählte ihm die Geschichte. Lio stand nur stumm daneben und schaute in Richtung Gleis. Ich sah Sebastian an, dass er gerne etwas gemeines sagen würde, aber es gab einfach nichts was jetzt passen würde. Schließlich war er genauso froh wie ich, dass mir nichts passiert war.

„Die Hälfte der Strecke haben wir geschafft.“, lenkte er ab. „Zum Glück zahlt man uns die Reise, sonst könnten wir es uns niemals leisten mit dem Eurostar zu fahren.“

„Wir fahren mit dem Zug nach England? Nicht Fähre?“ Lio beteiligte sich auch wieder am Gespräch.

„Ja, ich mag keine Schiffe und außerdem geht’s schneller so.“, bestimmte Sebastian.

Es war beruhigend wieder bei den Jungs zu sein. Und es war schön zum ersten Mal nicht zu streiten. Die Ruhe zwischen den beiden war seltsam, aber schön.

„Wie lange fahren wir denn?“, fragte ich.

„Ein bisschen länger als 2 Stunden dann sind wir in London. Dort werden wir noch einmal übernachten. Bevor es nach Cardiff geht und nach Island.“

Lio nickte langsam. „Wird Zeit, dass wir ankommen. Wenn sie uns jetzt schon hier gefunden haben, sind wir nirgends sicher bis wir in Island sind.“

„Wann fährt unser Zug ab?“, fragte ich. Ich hatte eigentlich überhaupt keine Lust schon wieder in einen Zug zu sitzen. So langsam gingen mir die Ideen gegen Langeweile aus.
 

Irgendwie sahen wir schon lustig aus. Zwei in schwarz gekleidete Männer, der eine mit schwarzen, der andere mit lila Haaren und hinter her ich, ebenfalls komplett in schwarz. Und ein bisschen war ich schon stolz, als die Leute uns hinterher schauten, man läuft ja nicht jeden Tag mit zwei gut aussehenden Kerlen herum.

Der Zug, in den wir einstiegen, war groß. Kleine Abteile waren auf beiden Seiten des langen Gangs, der einmal durch den Zug führte. Lio ging voraus und suchte uns ein freies Abteil, wo Sebastian erst einmal unsere Tasche verstaute. Als Seb sich setzte und Lio sich gegenüber hinschmiss, zögerte ich kurz, setzte mich dann aber neben Sebastian.

Eine Weile schaute ich wieder nur aus dem Fenster, niemand von uns drei sprach. Sebastian war am Handy und schrieb irgendwelchen Leuten. Und Lio hatte die Augen geschlossen. Er sah friedlich aus, entspannt. Sein Gesicht wurde von seinen lila Haaren umspielt, welche sich vorsichtig an ihn schmiegten. Er war zu hübsch für einen Menschen.

„Was denkst du?“

Ich zuckte zusammen. Mir war nicht aufgefallen, dass Lio die Augen geöffnet hatte und mich ebenfalls beobachtet hatte. Wie lange hatte ich ihn angestarrt? Beschämt schaute ich weg, merkte aber wie ich rot wurde. Ich schaute zu Seb, aber der schlief, von ihm konnte ich also keine Hilfe erwarten.

„Muss dir doch nicht peinlich sein.“ Lio lachte. „Du sahst nur so in Gedanken versunken aus. Das hat mich neugierig gemacht.“

Ich schwieg immer noch und schaute unsicher zu Lio. Was ein Fehler war, denn seine eisblauen Augen strahlten mich amüsiert an.

Wie eingefroren starrte ich zurück. Warum konnte ich meinen Blick nicht von diesen Augen ablassen. Dieses Lächeln ließ mich jeden Gedanken verlieren.

Verwirrt stand ich auf, was war mit mir los?

„Ich… ich muss mal verschwinden.“ Ich drehte mich um und lief zur Tür.

„Halt, warte. Ich hab das Abteil...“ Mehr konnte ich nicht mehr verstehen, da hatte ich die Türe schon geschlossen und rannte Richtung Toilette. Ich musste nicht, aber mein Körper verhielt sich eh komisch, ich versuchte erst gar nicht darüber nachzudenken was mit mir los war.
 

Die Pause ließ mich entspannen. Mein Kopf fing so langsam an wieder zu hochzufahren und zu denken. Was war los mit mir? Oder lag es gar nicht an mir, sondern er hatte irgendwas mit mir gemacht? Genau! Er hatte doch diese Kräfte, da konnte er bestimmt auch mich beeinflussen.

Mit diesem Gedanken ging ich zurück. Lief den Gang entlang, aber Moment… An diesem Abteil war ich doch nie vorbeigekommen, war ich zu weit gelaufen? Ich lief wieder zurück, schaute in jedes Abteil auf beiden Seiten. Als ich wieder an der Toilette stand wurde ich ratlos. Hatte mich mich geirrt und die Jungs saßen doch weiter hinten? Ich lief zurück, den ganzen, langen Gang, aber in keinem Abteil saßen die zwei. Mir wurde total komisch. Was war los mir mir, dass ich mir nicht einmal merken konnte wo unser Abteil war. Ich lief langsam zurück, schaute wieder überall nach. Plötzlich packte mich eine Hand von der Seite und zog mich… durch eine Wand! Ich konnte einen Schrei gerade so unterdrücken, als ich erkannte, dass niemand anderes mich gegriffen hatte wie Lio. „Ich hab doch gesagt ich hab dieses Abteil gesichert! Damit niemand uns finden kann. Hättest du mich ausreden lassen, hättest du gewusst, dass die Wand nur Show ist.“ Er klang leicht belustigt, wie als amüsiere ihn, dass ich mich so dumm angestellt hatte.

Ich zog meinen Arm weg. Erst wollte ich irgendwas fieses antworten, nur um ihm nicht den Spaß zu gönnen. Aber irgendwie war ich ihm schon ziemlich dankbar, dass er mich gesehen und rein gezogen hatte.

Ein leises „danke“ war alles was ich von mir brachte. Aber das genügte ihm, zufrieden setzte er sich wieder an seinen Platz und schaute mich zufrieden an.

Leicht verwirrt blieb ich noch eine Sekunde stehen bevor ich auch wieder zu meinem Platz ging. Aber bevor ich ihn erreicht hatte, wurde ich auf den Platz gegenüber gezogen…. Neben Lio.

„So is besser.“ meinte er zufrieden.

Stocksteif saß ich da, hatte Angst mich zu bewegen. Aber aufstehen und mich umsetzen wollte ich auch nicht. Irgendwie hatte ich das Gefühl das Lio das auch nicht zulassen würde.

„Entspann dich mal. Ich tu dir doch nichts.“ Ein kräftiger Arm zog mich an ihn, sodass ich mich unweigerlich an ihn lehnen musste. Ich spürte ihn atmen, wie sich langsam seine Brust hob und senkte, ich war ihm viel zu nah. So nah wie gestern Abend. Stopp! Ich durfte nicht daran denken. Lio ist ein Arsch, der denkt er könne mit mir spielen! Aber das darf ich mir nicht gefallen lassen. Ruckartig setzte ich mich auf, befreite mich aus seiner halben Umarmung.

„Lass mich.“ Stockend und brüchig kamen diese Worte von mir.

Er seufzte und blieb still. Ich hatte mit einer Antwort gerechnet und blieb verwirrt sitzen. Nach einigen Sekunden stand ich auf, und blieb angewurzelt stehen als er zu sprechen anfing.

„Ich will aber nicht. Ich will nicht, dass du von irgendjemand anderen verletzt wirst.“

Ich drehte mich um. Diesen Fehler bemerkte ich erst, als ich nach unten gezogen wurde und Lios Lippen an meinen spürte. Vorsichtig, aber fordernd küsste er mich. In mir schrie mein Verstand, aber ich wischte ihn bei Seite. Ich wollte nicht denken, ich wollte nur noch Lio. Ich wollte seine Arme um mich spüren und seine Küsse, die sich wie Feuer durch meinen Körper brannten und alles lahm legten. Wie automatisch griff ich um seinen Hals, seine Haare kitzelten meine Finger, umstreichelten sie und ich griff danach. Ich wollte nichts mehr denken, nicht mehr spüren, nur noch Lio.

Meine Welt wurde jäh zerstört, als Lio mich vorsichtig von sich schob. „Wir sollten das nicht übertreiben.“ Er schaute zu Sebastian, der immer noch schlief. Dann zog er mich wieder an sich. „Anlehnen geht trotzdem.“

London

Ich weis nicht, wie lange wir so da saßen, aber ich genoss es. Meine Augen geschlossen, lehnte ich mich an und hörte seinem Atem zu. Die Zeit verflog viel zu schnell. Als Sebastian sich bewegte und langsam wach wurde rückte ich schnell von Lio weg, der jedoch nicht protestierte.

Sebastian schaute ziemlich argwöhnisch uns beide an, sagte jedoch auch nichts außer ein genervtes „Ich hasse diese harten Sitzplätze.“ bevor er sich streckte. Dann zog er sein Handy aus der Tasche und meinte „In 40min sind wir da. Wir sollten noch besprechen wie es weiter geht.“

Ich nickte, aber Lio schaute Seb entsetzt an. „Ich dachte du hast schon alles geplant. Sag nicht, dass wir noch keine Übernachtungsmöglichkeit haben! Es ist halb sieben. So spät finden wir keine Jugendherberge mehr, die uns nimmt.“

Sebastian knurrte. „Im Gegensatz zu dir, hab ich meine Pause in Brüssel für sinnvolle Dinge genutzt und habe eine Jugendherberge gesucht. Jedoch ist zur Zeit viel ausgebucht und ich hab nur durch Glück was für uns gefunden.“ Er schaute mich an. „Nicht weit vom Bahnhof entfernt gibt es eine kleine Herberge, die noch Platz für uns hatte. Aber nur ein Zimmer mit drei Betten. Auch wenn ich genauso wenig Lust habe wie ihr ein Zimmer zu teilen, es geht nicht anders.“

Lio grinste zum Fenster raus weswegen Sebastian noch dunkler schaute und ich fragte mich nur noch womit ich dieses Chaos nur verdient hatte. Mit Lio im selben Zimmer schlafen? Muss das sein?

Sebastian sah meinen entgeisterten Blick und schenkte mir ein mitleidiges Lächeln. „Wenn wir es nicht mehr aushalten, können wir Lio immer noch umbringen.“

Dieser schnaubte belustigt auf, sagte aber nichts. Wahrscheinlich fiel ihm zum ersten Mal kein blöder Spruch dazu ein.
 

„Ich war noch nie in London.“ sagte ich nach einer Weile langem Schweigens. „Ich würde gerne den Abend nutzen und mich ein bisschen umzusehen.“ Seb starrte mich an. „Was? Du warst noch nie in der geilsten Stadt auf dieser Welt?“ Lio unterbrach ihn.

„Jetzt übertreib mal nicht! So besonders ist London jetzt auch nicht.“ Weswegen er von dem Schwarzhaarigen einen bösen Blick kassierte.

„Du hast doch keine Ahnung. Sophie, du musst dir London unbedingt anschauen. Nur denke ich, dass der Abend nicht reicht. Sobald wir dich dem Rat vorgestellt haben mach ich mal ne Reise mit dir hierher und zeig dir alles.“

Ich dankte ihm mit einem Lächeln, dieser Plan machte mich wirklich glücklich.
 

Irgendwann tönte die Ansage durch den Zug. Wir hatten London erreicht. Sebastian schnappte sich wieder das Gepäck und Lio beendete den Schutz um unser Abteil.

Als ich aus dem Zug stieg blieb ich erstmal stehen. Lio hinter mir rannte fast in mich hinein und schob mich dann vorsichtig weg, damit die anderen Fahrgäste aussteigen konnten. Der Bahnhof war riesig. Die Decke war geschwungen und so hoch, dass ein Riese hier herein passen würde. Die Lautsprecherdame begrüßte alle Reisenden in St Pancras International Station. Nur halb bekam ich mit, dass Lio mich weiter Richtung Ausgang schob. Es gab zu viel zu sehen, so viel was mich begeisterte.
 

Ich hatte London noch nie gesehen, aber bisschen dass ich sah reichte mir. Voll war London, das stimmt. Und die vielen Menschen waren hektisch und alles laut. Aber ich fühlte mich wohl hier und ich wollte unbedingt zurück kommen, wenn ich nicht mehr auf der Flucht war.

Unsere Jugendherberge war ein altes Gebäude. Sebastian hatte recht als er meinte, es sei nicht weit vom Bahnhof entfernt. 20 Minuten brauchten wir glaub ich, dann waren wir da. Mir kam es viel kürzer vor, ein paar mal wäre ich auch fast in jemand hinein gerannt, weil ich mit den Augen wo ganz anders war. Sebastian lächelte. Ich sah ihm an, dass es ihn freute, welche Freude ich an dieser Stadt hatte und ich verstand seine Liebe zu London.

Ich wartete in der Eingangshalle, während die Jungs uns ankündigten und unser Zimmer erfragten. So wie sie da nebeneinander standen konnte man gar nicht glauben, dass die zwei sich am Vortag noch gegenseitig umbringen wollten. Wie zwei Prinzen aus einem Film sahen sie aus und ich war mit den beiden hier. Dieser Gedanke ließ mich grinsen und dieses Grinsen blieb in meinem Gesicht, bis die zwei zurück kamen.

Sebastian schaute mich fragend an, aber schüttelte nur abwinkend den Kopf. Diesen Gedanken mussten die Zwei jetzt nicht wissen.

„Also dann auf! Lass uns das Gepäck wegbringen und uns anschauen wo wir heute Nacht pennen müssen.“ Lio ging voraus. Sebastian blieb noch kurz stehen und wuschelte mir durch die Haare. Empört quietschte ich auf.

„Hör auf so zu grinsen. Das macht einem ja Angst!“

Jetzt sah ich ihn nur noch böse an und wir mussten beide lachen. Dann folgten wir Lio zu unserem Zimmer.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Huii, toll dass ihr meine Geschichte gefunden habt! das freut mich!
der Text oben is ein Zitat: Augsburger Allgemeine, September 2015: Kein Weltuntergang aber ein Blutmond, 26.September 2015

und ja genau: für alle die die MoFi gesehen haben, meine Geschichte spielt nicht an einem Montag sondern die MoFi ist an einem Donnerstag. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
hu., ich liebe das Kapitel, hab aber lange gebraucht, bis ichs fertig hatte!
Es hat mir spaß gemacht Sophie so zu quälen, hehehe ^_^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
hehehe... jetzt gehts los. Erstmal haben sies geschafft zu entkommen, aber das war jawohl nicht das einzige Hindernis auf der Reise ;)

ich hoffe der Verlauf der Geschichte gefällt euch soweit^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Es wird immer schwieriger die drei Chaoten zusammen in einen Raum zu setzen, ich bin immer schwer damit beschäftigt zu verhindern, dass kein desaster entsteht ;) da bleibt kaum zeit zum schreiben.
Aber ich hab Lio schon gesagt, er soll sich zurück halten und dann kann ich weiterschreiben ohne gestört zu werden ;)

keine sorge, bin fleißig dabei Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von:  Anicorn
2016-08-23T17:16:35+00:00 23.08.2016 19:16
Nur ein Wort: TOLL!
Ich finde es schrecklich - natürlich ein wunderschönes schrecklich - zum Ende des Kapitels zu kommen, weil ich dann warten muss bis ein neues Kapitel kommt. :)
P.s.: Ich hoffe du hast es noch geschafft den Kuchen zu backen, :''D
Antwort von:  NovemberGirl
31.01.2017 11:40
Danke danke danke. Ich weis ich hab ewog nicht mehr weitergeschrieben. ^schande über mich^
Aber ich versuch wieder regelmäßiger weiterzuschreiben!
Dein Kommentar motiviert mich auch wieder zusätzlich!! :*
Von:  Anicorn
2016-06-06T13:18:15+00:00 06.06.2016 15:18
OHHHH du musst unbedingt weiter schreiben, ich kanns kaum erwarten das nächste Kapitel zu lesen!!!
Und ich will wissen was es mit Lucas auf sich hat!
:)
Antwort von:  NovemberGirl
27.06.2016 18:19
dauert noch bissle bis sie bei Lucas ankommen ;) aber sie machen sich mal aufn Weg!
Zumindest hab ich Lucas mal bei den Personenbeschreibungen dazugetan ;) wird weiter verfolständigt, wenn er dann aktiv in der Geschichte vorkommt ;)
Von:  Anicorn
2016-05-27T15:56:24+00:00 27.05.2016 17:56
Bitte, bitte, schreib weiter! Ich kanns kaum aushalten zu erfahren, wie es mit Sophie und Sebastian weiter geht, und was sie gegen die Yeosin machen! ;)
Antwort von:  NovemberGirl
29.05.2016 18:43
danke danke :)
ich muss sagen ich weis selber noch nicht, wie die Geschichte endet ^_^
aber ich geb mir mühe ganz kreativ zu sein und in nächster Zeit wieder viel zu schreiben ;)
Von:  Until_Downfall
2016-04-19T18:34:14+00:00 19.04.2016 20:34
super mann! Das is RICHTIG super geworden! *hihi* perfekte wende in der story, mach weiter so ^-^
Antwort von:  NovemberGirl
19.04.2016 21:13
uiii, so viel Lob! das motiviert ^_^ danke schön
Von:  Until_Downfall
2016-04-17T09:12:58+00:00 17.04.2016 11:12
Ich find die FF voll gut ^-^ is sie jetzt entgültig tot oder gehts noch weiter? ^-^
Antwort von:  NovemberGirl
17.04.2016 12:11
viel dank :) freut mich voll *.*

geht weiter, die nächsten zwei kapittel sind fast fertig. ich kann meine kleine doch net sterben lassen ;)


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