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Where Dreams come true...

30 Days Disney Challenge Prompts
von

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Wie zwei Magnete

„Kann ich mit dir reden, Jasmin?“

Die schwarzhaarige Frau blickte auf, als sie angesprochen wurde. Zadira stand vor ihr, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie wirkte verärgert und zwirbelte eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern.

„Was gibt es?“, fragte sie und widmete sich wieder ihren Fingernägeln. Ihr Nagellack blätterte ab, hatte sie das kleine Fläschchen heute eingepackt? Sie konnte sich nicht dran erinnern.

„Du bist die Einzige, die Al noch nicht besucht hat“, fiel Zadira gleich mit der Tür ins Haus. Genervt rollte Jasmin mit den Augen. War klar, dass ihre Klassenkameradin damit ankommen würde.

„Und?“ Sie griff nach ihrer Tasche und kramte im Inneren herum. „Ich hatte halt keine Zeit gehabt.“

„Du bist immerhin zweite Klassensprecherin“, erinnerte Zadira sie. „Und deshalb wirst du heute Nachmittag bei ihm vorbeigehen und ihm diese Karte hier vorbeibringen.“ Sie legte einen Umschlag auf den Tisch und Jasmin erinnerte sich daran, dass Mozenrath ihr vor wenigen Tagen ein Stück Papier unter die Nase gehalten hatte mit dem Kommentar „Unterschreib mal“. Sie war in Eile gewesen und hatte eiligst ihren Namen drunter gesetzt. Dafür war das also gewesen.

„Und wieso gehst du nicht?“ Jasmin blickte die Klassensprecherin fragend an. „Immerhin bin ich ja nur die Vertretung.“

„Weil ich nachher noch Nachhilfe habe. Du weißt genau, dass es jeden Tag zu spät sein könnte, also wirst du heute hingehen, Jasmin. Außerdem ...“ Sie zögerte.

„Außerdem...?“

„Al hat nach dir gefragt“, erklärte sie leise und wirkte sichtlich bedrückt. Es war unverkenntlich, dass Zadira schon seit Ewigkeiten heimlich für Aladdin schwärmte. Leider schien er sie nur als beste Freundin anzusehen.

„Mal gucken, wann ich Zeit finde, hinzugehen“, meinte Jasmin unbeeindruckt. Zadira wollte noch etwas erwidern, doch das laute Eintreten des Lehrers ließ sie auf ihren Platz eilen. Nur noch ein kurzes „Wag es bloß nicht, nicht hinzugehen!“

 

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Wieso nur zögerte sie?

Sie stand nun seit mehreren Minuten zögernd vor der Krankenhaustür mit der Zimmernummer „35“. Das Zimmer am Ende des Gangs. Es war still hier, viel zu still. Und es roch merkwürdig. So sauber und trotzdem lag der Geruch von Tod in der Luft. Sie mochte diesen Ort nicht.

Nein, sie sollte lieber wieder gehen. Wenn sie die Karte vorne abgab, würden die Schwestern diese bestimmt weiterleiten. Sie konnte nicht da rein, konnte ihn nicht sehen.

Doch gerade als sie im Begriff war zu gehen, bog eine Schwester um die Ecke. Sie erkannte die Frau, es war diejenige gewesen, die ihr am Empfang den Weg erklärt hatte.

„Willst du nicht reingehen“, fragte die Frau mit der rauchigen Stimme und öffnete die Tür zu Aladdins Zimmer. „Ich hab dir Besuch mitgebracht“, rief sie in das Zimmer. „Und dieses Mal ist es sogar sehr hübscher Besuch.“

Der Raum war klein, im vorderen Bereich stand ein leeres Bett. Er lag hinten am Fenster. Als die Krankenpflegerin eintrat, blickte er von seinem Buch auf. Als er Jasmin erblickte, nickte er kurz.

Seufzend folgte sie der jungen Frau ins Zimmer. Und während diese nach Aladdins Befinden fragte, ihm Blut abnahm und seinen Tropf austauschte, stand Jasmin nervös neben der Tür. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern bis sie endlich wieder ging. Sie schloss die Tür hinter sich und Aladdin und Jasmin waren allein.

„Du kannst ruhig näherkommen.“ Er deutete auf den Stuhl neben sich. „Ich beiße schon nicht.“

Sie ging durch den Raum, stolzierend so wie immer. Als Tochter des Geschäftsführers der Agrabah Corporation Wings, einer großen Flugzeuggesellschaft, die vor allem arabische Länder anflog, war sie immer darauf bedacht gut auszusehen.

„Hier, das ist für dich.“ Sie überreichte ihm die Karte, die er kommentarlos auf den Tisch legte, der von Blumen, Beileidskarten, verschlossenen Pralinenschachteln und dergleichen schon überquollte. Sie schluckte nervös.

„Willst du es nicht lesen?“, fragte sie irritiert.

„Es steht immer das Gleiche drin“, winkte er ab. „Du glaubst gar nicht, wie deprimierend es ist, ständig dieselben Floskeln zu lesen.“

Da hatte er Recht. Sie hatte die Karte ja auch nicht durchgelesen, ahnte sie doch, was dort geschrieben stand. Sie lächelte amüsiert.

„Das ist ganz schön langweilig hier“, meinte sie und sah sich um, während sie sich auf den Holzstuhl setzte. „Nicht mal ein Fernseher?“

Aladdin schüttelte den Kopf. „Die Dinger kosten Geld“, erklärte er. „Vater kann sich gerade so den Aufenthalt hier leisten. Außerdem will ich nicht noch mit Nachrichten deprimiert werden. Das würde im Zweifel doch nur den Prozess beschleunigen, so deprimierend wie die sein können.“

„Also sitzt du den ganzen Tag hier rum? Wo ist denn Abu?“ Abu war ein kleiner Affe, der Aladdin immer begleitet hatte. Stets saß der kleine Kerl auf seiner Schulter und war es Anfangs noch ungewohnt, mit diesem Tier in einem Raum zu sitzen, so hatte man sich doch schnell an ihn gewöhnt. Und der kleine Affe wurde zum Maskottchen ernannt. Er und Aladdin waren unzertrennlich.

„Sie haben mir nicht erlaubt, ihn hier zu haben“, erklärte er mit Trauer in der Stimme. „Es fühlt sich merkwürdig an ohne ihn. Mein Vater hat ihn an den Zoo gegeben... Du ahnst gar nicht, wie sehr er mir fehlt...“

„Warum besuchen wir ihn dann nicht einfach?“ Die Worte kamen aus ihrem Mund, noch ehe sie sie aufhalten konnte.

„Die würden mich doch mit Sicherheit niemals hier rauslassen“, meinte Aladdin abwinkend.

„Nun, dann sollten wir ihnen einfach nicht sagen, dass du ausbrechen willst“, erklärte Jasmin abenteuerlustig. Sie ertrug es nicht ihn so zu sehen. So abgeschwächt in diesem sterilen leblosen Raum. Er passte hier nicht hin.

„Vertraust du mir?“, fragte sie und streckte ihm die Hand entgegen. Er grinste schief. „Nun, eigentlich ist es ja eh egal. Reichst du mir was zum Anziehen?“ Er deutete zum Schrank.

Während Aladdin sich umzog, blickte Jasmin errötend weg.

„Also dann lass uns los.“ Er trat zum Fenster und öffnete dieses. Eine Regenrohr hing ein kleines Stück entfernt an der Hauswand. „Wenn wir uns strecken, dürften wir es schaffen. Na los, Prinzessin.“ Er deutete nach draußen.

„Ich bin alles andere als eine Prinzessin“, erklärte Jasmin arrogant und setzte einen Fuß auf die Fensterbank. Sie waren gerade mal im zweiten Stock, so tief war das doch gar nicht. Wenn sie stürzte, würde sie sich höchstens was brechen. Einen Arm, ein Bein...

Sie spürte Aladdins Blick im Rücken. Jetzt konnte sie keinen Rückzieher mehr machen. Sie wollte nicht als Feigling vor ihm darstehen. Entschlossen stieg sie auch mit dem anderen Fuß aufs Brett, hielt sich an der Wand fest und streckte sich in Richtung des Wasserrohrs.

Gerade so bekam sie das Rohr zu fassen. Sie zögerte kurz, ehe sie sich rüberschwang. Angst durchströmte sie und sie quietschte, als sie für einen kurzen Moment durch die Luft zu fliegen schien. Zitternd rutschte sie das Rohr entlang. Sie hatte es tatsächlich geschafft.

„Aladdin, kommst du?“, rief sie nach oben. Und nach wenigen Minuten war auch er unten angekommen.

Er strahlte, während sie sich Richtung Ausgang schlichen.

 

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„Du bist gar nicht mal so übel, Jasmin.“ Er blickte sie von der Seite an und lächelte. Sie lagen auf dem nassen Gras eines Hügels im Stadtpark, inzwischen war es Nacht geworden.

„Ich weiß“, meinte sie neckend.

„Und trotzdem noch total eingebildet“, lachte er. Seine Augen strahlten und er sah viel lebendiger aus. Es hatte ihm gut getan, Abu zu treffen. Das kleine Äffchen hatte sich riesig gefreut, seinen besten Freund wiederzusehen. Umso schwerer war der Abschied gefallen.

„Warum hast du das eigentlich gemacht?“, fragte er schließlich, nachdem sie eine Weile lang einfach nur in den Nachthimmel gestarrt hatten. Sie hatte sich an ihn gelehnt, wie warm er doch war. Und diese Oberarme, die sich automatisch um sie geschlungen hatten.

„Du scheinst einen schlechten Einfluss auf mich zu haben, Aladdin“, meinte sie lächelnd.

„Du bist doch zu mir gekommen.“

„Da siehst du mal wie weit dein Einfluss reicht“, scherzte sie. „Eigentlich hatte mich Zadira darum gebeten“, erklärte sie schließlich ernsthaft. „Du wolltest mich sehen, Aladdin.“

„Na ja, du warst die Einzige, die mich noch nicht besucht hat“, entgegnete er. Sie seufzte und lehnte sich an seine Schulter.

„Ich wollte kommen...“, meinte sie leise. „Aber irgendwie...“ Sie blickte ihn an. Diese braunen Augen waren so wild und gleichzeitig beruhigend. „Sei nicht sauer... ich habe es einfach nicht geschafft.“

Er streichelte ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Wir müssen bald zurück. Dabei würde ich mir wünschen, dass diese Nacht nie endet.“

„Du bist viel interessanter, als ich immer gedacht habe. Nie hat mich jemand zu so was überreden können...“

„Das brave Mädchen aus reichem Hause. Du bist total langweilig, Jasmin.“ Neckend blickte er sie an. „Du solltest öfters so etwas unternehmen.“

„Ich würde es mit dir unternehmen. Du weißt nicht, wie anstrengend es ist, immer gut auszusehen, weil überall Fotografen auf einen lauern.“

„Das wäre mir das kleinere Übel, wenn ich dafür keine finanziellen Sorgen hätte.“ Aladdin seufzte laut. „Und wenn ich ...“ Er sprach das Wort nicht aus, doch Jasmin wusste, was er sagen wollte.

„Es tut mir so Leid, Aladdin... Das ist einfach nicht fair, du bist doch noch so jung. Warum also du?“ Sie blickte ihn an, verzweifelt und den Tränen nahe. Er legte eine Hand an ihr Gesicht.

„Wenn ich eins bereue, dann, dass ich niemals vorher mit dir ein Date hatte. Ich habe dich schon immer so sehr gemocht, Jasmin.“ Er lächelte und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Sei nicht traurig. Ich will dich lächeln sehen. Glaubst du eigentlich an Seelenverwandtschaft, Jasmin?“

Sie nickte nach einer Weile. „Zwei Menschen, die sich ähneln, sind seelenverwandt.“

Aladdin schüttelte den Kopf. „Wenn du zwei Magnete mit dem gleichen Pol aneinander hältst, stoßen sie sich ab. Sie müssen verschiedene Pole haben um sich anzuziehen. Wir sind wie zwei Magnete mit unterschiedlichen Polen. Das ist Seelenverwandtschaft.“

Als er mit seinen Fingern über ihr Gesicht strich, bemerkte sie, dass sie zu weinen angefangen hatte. Sie griff nach seinen Fingern und blickte ihn lächelnd an. „Hättest du das nicht früher sagen können, Aladdin?“



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