Ein langer Tag II
"Wirklich, Ranma. Was sollte das vorhin?" Kopfschüttelnd holte Akane ihr Mittagessen hervor und brach die Essstäbchen auseinander, während Ranma sich mit einem lauten Seufzer neben ihr aufs Gras fallen ließ. "Ich meine, dass du immer und überall eine Szene machen musst, sind wir ja schon von dir gewöhnt, aber musste es gleich am ersten Tag sein?"
"Sie hat Recht, Ran-chan. Das war wirklich seltsam von dir."
Ranma seufzte ein weiteres Mal. "Seid ihr jetzt fertig?" Seine Stimme klang straff und gereizt, doch nach einem kurzen Moment, den er stirnrunzelnd in Stille verharrte, sänftigte sich sein Ton. "Ich hab' ja selbst keine Ahnung. Auf einmal war da so was." Angespannt fuhr er sich durch den Pony. "Dieser Junge, der mit dem orangefarbenem Haar, hat so was Komisches an sich. Ich würd' ja glatt sagen, etwas 'Angsteinflößendes', aber ihr wisst ja--" Mit ernstem Blick klopfte er auf seine stolze Löwenbrust und erntete ein mehr beschwichtigendes 'Widersprich-nicht-und-lächle-stattdessen-damit-er-endlich-Ruhe-gibt'-Nicken der beiden anwesenden Mädchen. "Habt ihr es nicht bemerkt?"
Akane und Ukyo tauschten einen ratlosen Blick aus und zuckten die Achseln.
"Gah. Man, ich kann's nicht sagen, weil ich's selbst nicht weiß. Nicht wirklich... Er hat einfach so was..."
Aufmerksam hörten seine beiden Pseudoverlobten ihm zu. Ranma schaute sich vergewissernd, ungestört zu sein, um und schob sich etwas näher an sie heran. "Er hat so was...", setzte er flüsternd von Neuem an und erhöhte die Spannung so weit, dass keiner es wagte, in diesem Moment Luft zu holen oder auch nur zu blinzeln. "So was.... katzenmäßiges."
Mit eng zusammengeschobenen Brauen nickte Ranma ihnen zu, seine Aussage bestärkend, stoppte jedoch abrupt als sein Unterkiefer Halt verlor und weit runterklappte.
"Hey was soll das! HÖRT SOFORT AUF ZU LACHEN!!" Wutschnaubend sprang er auf. "Was meint ihr, warum ich nicht drüber reden wollte?!"
"Aber das-- aber--..." Kichernd fuchtelte Akane wild mit den Essstäbchen in der einen Hand vor sich herum - ein recht kläglicher Versuch, ihm seinen Zorn einfach hinfort zu wedeln - während sie sich mit der anderen Hand die Tränen aus den Augen rieb. "Du musst doch zugeben--" gluckste sie zwischen den hektischen Atemzügen. "Dass das jetzt ZIEMLICH albern klingt." Nach Unterstützung suchend wandte sie sich zu Ukyo: "Ein Katzenmensch in unserer Klasse! Aaaahahahahaha!" Die Okonomiyaki-Bäckerin und die Giftköchin tauschten erheiterte Blicke aus und rangen rot anlaufend um die Wette nach Luft.
"Pfff..... war ja klar." Oh-oh. Ranmas Ton wechselte von gereizt zu hochgradig gefährlich. Ein Stadium seiner 7-Launenoktaven-Stimme nachzugeben und ihm wieder still, so still wie es die Zustände eben zuließen, zuzuhören. "Es ist ja SEHR schön zu sehen, dass ihr endlich eine Gemeinsamkeit gefunden habt und euch auch prächtig verstehen könnt. Aber diese Gemeinsamkeit ist leider eure eigene bodenlose DUMMHEIT!" Letzteres mit Nachdruck gesprochen, schön ihnen entgegengepfeffert mit einer luftdurchschneidenden Armbewegung und angespannten Muskeln - das saß erst mal. "Was bitte soll an einem Katzenmenschen so außergewöhnlich sein, heh? Guckt euch Shampoo an. Die verwandelt sich ja andauernd in eine Katze."
Das gab seinen beiden Zuhörern zunächst mal einen Moment zu Nachdenken übrig, ehe Akane etwas heiser begann: "Gut. Dass Shampoo sich in eine Katze verwandeln kann, wissen wir zwar, ja, aber das ist doch kein Normalfall. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir hier in, so groß Tokyo auch sein mag, noch jemandem begegnen, sogar mit ihm in die selbe Klasse gehen, der ebenfalls in Jusenkyo war? Von einem EINZELFALL kann man doch nicht immer mit solchen Erwartungen an jede neue Lebenssituation herantreten."
"Was ist mit Mousse? Er verwandelt sich in eine Ente", setzte Ranma starrköpfig seine Liste fort. "Paps verwandelt sich in einen Panda. Der Pantyfreak verwandelt sich in..... in einen Dämon mit so 'nem Mix aus allem Möglichen. Wen hätten wir noch...? Ach ja. Ryoga---"
"Was ist mit Ryoga?"
"Ah. Heh heh." Verlegen spielte Ranma ein Lachen heraus, als er sich am Nacken kratze und zwang sich keinen weiteren Blick hinunter zu Akane zu werfen, die immer noch kniete und ihren fragenden, aber ebenso eindringlichen Macho-Mörder-mit-einem-Hauch-Süße-Blick aufsetzte. "Naja... Ryoga... Er ist und bleibt ein Schwein, nicht wahr? Der braucht sich ja noch nicht mal zu verwandeln. Heh heh." Ein dicker Schweißtropfen rann ihm über die Schläfe. "Mal sehen. Wer fällt mir noch so spontan ein?"
"Ich wüsste da ein Mädchen, dass sich bei Kontakt mit Wasser in einen perversen Idioten verwandelt", beantwortete Akane trocken mit verschränkten Armen seine Frage.
"Hey!" protestierte er. "Es ist umgekehrt du..... Machoweib!"
"Bitte, lass dir mal was Neues für mich einfallen. Aber gut. Dann ist es eben umgekehrt. Dann bist du eben ein perverser Idiot, der sich in ein Mädchen verwandelt."
"Öh... So meinte ich das jetzt nicht."
Kopfschüttelnd ließen Ukyo und Akane ihm etwas Ruhe, damit er mitsamt seiner Philosophien tief in sich gehen konnte, ehe sie dann pappsatt die Stäbchen auf die Bento-Box ablegten und mit einem zufriedenen Seufzer den Göttern für die Speise dankten.
Nach einer Weile setzte sich Ranma wieder etwas widerwillig zu ihnen auf die Wiese und blickte mit feuchten Augen auf sein Essen. Ist das unfair, dachte er sich zutiefst verletzt. Warum muss ich Akanes 'Essen' runterschlucken, während Ukyo so leckere Okonomiyaki essen darf und Akane selbst von Kasumi ein O-Bento zurecht gemacht bekommen hat. Grün-grau-lila anlaufend stopfte er sich ein Reisbällchen in den Mund. Eine miese Verschwörung ist das. Im Prinzip hätte er seine Meinung auch laut kundtun können, aber zur Abwechslung hielt er sich mal zurück, denn er hatte beschlossen, dass dieser Tag ohnehin schon aufregend genug gewesen war. Die Energie für einen weiteren Streit hob er sich lieber für einen anderen Tag auf.
"Waaaahnsinn!" Mit einem Sprung befand Akane sich direkt vor ihm, knieend und die Hände ineinander gefaltet. "Schmeckt es dir heute?"
"Ehem..." Ukyo räusperte sich übertrieben laut. "Ich weiß ja nicht, ob er--"
"Quatsch. Schau doch nur. Er übergibt sich diesmal ja gar nicht. Ich mache Fortschritte, stimmt's?" Mit jeder verstreichenden Sekunde leuchteten die kleinen Herzchen in ihren Augen ein wenig mehr auf.
Hui. Immer wieder war Akane doch für eine Überraschung gut. Süßes Lächeln, was sie da hatte. Nerviges Herzklopfen. Abstellen. Nervosität. Abstellen. Schweißtropfen. Wegwischen.
"Se-sehe ich villeich so aus as wüde es mir schnecken?!" Wut. Guter Weg, um die Nervosität zu überdecken. Allerdings--- "Na goßatich. Jetz is ngeine Zunge von geinen giffigen Reisbächen betäub." Schmollend schmiss er die Stäbchen ins Gras und verschränkte die Arme ineinander.
Akane krabbelte hastig wieder zurück in ihre vorherige Position und gab ganz plötzlich vor, gar nichts gesagt, gehört oder gesehen zu haben, als sie mit ebenso plötzlich aufkommendem Interesse das Treiben der Wölkchen beobachtete. Ukyo hingegen lächelte zufrieden in sich hinein, einen Satz stets im Gedächtnis behaltend: Die Liebe des Mannes führt durch seinen Magen. Vielleicht sollte sie sich ja doch zu ein oder zwei Okonomiyaki hinreißen lassen. Nur für die Anfangszeit, versteht sich. Dann würde Ranma sicher schon früh genug erkennen, was er an ihr hat.
***
Drei Gestalten auf einer Wiese. Einer statt in Schuluniform in chinesischen Klamotten gekleidet, sein Gesicht in etliche Nuancen des weiten Farbspektrums gefärbt, während seine Finger zittrig über seine eigene Zunge kratzten. Ein Mädchen, das einen leichten Hang zum Autismus aufwies und scheinbar Wolken unheimlich spannend fand. Ein weiteres Mädchen (oder war es ein Junge?) mit einem Spaten, der einem überdimensionalen Okonomiyaki-Wender glich, am Rücken und einem wahnsinnigen Grinsen im Gesicht.
"Ich wette, die drei leuchten sogar im Dunkeln." Schnaubend betrachtete Kyou das Treiben der Neulinge. "Mein Gott, der eine Typ sieht ja aus wie'n Fisch. Was ist mit seinen Lippen los? Ich frag' mich, ob die immer so dick sind." Seine Augen glitten nur ein Stück von ihnen ab. "Und was ist mit dem da?"
Ein klein wenig abseits saß ein Junge mit angewinkelten Beinen auf dem Gras und nuckelte an seinem faustdick angeschwollenen Daumen, während er mit der freien Hand einen Hammer, ein paar Nägel und eine ziemlich übel zugerichtete Voodoo-Puppe in einem Sack verstaute.
"Tja... Sie sehen doch ganz interessant aus" bemerkte Toru als sie nun ebenfalls zu der kleinen Gruppe von Schülern, die in der Tat unabstreitbar stark auffielen, hinüber blinzelte. "Ich frage mich nur, warum dich der Junge mit dem schwarzen Pferdeschwanz vorhin so merkwürdig angesehen hat."
"Gute Frage..."
Der Wind frischte auf und spielte mit ihren Haaren. Aber jener Wind sollte nicht bloß ein leichter Wetterumschwung sein, denn ein kaltes Lüftchen, das sich darunter mischte, rührte von ganz woanders her.
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Tja ja... Das will wohl niemand lesen, denn es gibt nicht viele Ranma UND Furuba Fans. :(
Aber ich brauchte das jetzt einfach mal zur Auflockerung, um mich wieder an Elysium setzen zu können. Sonst laufe ich noch Gefahr, da wieder alles zuzuschmalzen. ^^; Naja, dafür war das hier ja auch nur ein kurzes Teilchen.
