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New Millennium

von

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Gegensätze

Bang! Mit einem lauten Knall landete Vilkas' Kopf auf der Tischplatte. Mit einem Mal war er hell wach. Huh? War er eingeschlafen? Dabei war er gerade dabei, ein paar Berichte zu bearbeiten. Um ihn herum war alles geschäftig, die Techniker arbeiteten an den Schäden der Elitemaschinen, selbst um solch eine späte Uhrzeit. Und er, der General der Techniker, war einfach eingeschlafen. Das war ihm nun doch etwas peinlich.
 

Als er sich streckte, rutschte ihm eine Decke von den Schultern. Jemand seiner Kollegen hatte ihn wohl zugedeckt. Er lächelte leicht und stand auf. Gut, dass er aufgewacht war. Sein Dienst war schon lange zuende. Und fast hätte er wieder hier im Hangar geschlafen, anstatt Zuhause … Das bereitete vorallem seinem Ehemann immer viele Sorgen.
 

Würde Ammadon überrascht sein, wenn er heute mal Nachhause kam? Das fragte er sich und errötete vor Vorfreude, wollte sogar schon losstürmen, als ihn ein leichter Schwindel packte. Achja, er hatte seinen Kopf vor einigen Sekunden angeschlagen ... Das würde eine Beule geben. Ausserdem fühlte es sich an, als wäre er noch im Halbschlaf. Egal! Er wollte nur noch zu seinem Ehemann ... in sein Ehebett ... und dann … !
 

Verbissen befahl er seinem Körper, sich ordentlich zu bewegen. Beim Verlassen des Hangars bemerkte er seinen Bruder, der auch noch an der Arbeit war. "Ich melde mich für heute ab. Bis Morgen. Du hast erst mittags Dienst, wenn du jetzt noch hier bist, verstanden? Versuch bitte nicht, meine schlechten Gewohnheiten zu übernehmen." Mit einem letzten Winker verschwand er aus der Halle. Der Weg in die Stadt, wo Vilkas ein kleines Haus gemeinsam mit Ammadon besaß, war doch ein wenig weit. Im unterirdischen Zug, der die Kuppeln von Heliopolis miteinander verband, schlief er auch wieder fast ein. Und dann endlich, spät aber doch, schaffte er es zurück ins traute Heim.
 

Etwas desorientiert dauerte es fast fünf Minuten, bis Vilkas den richtigen Code ins Tastenfeld des Türschlosses eingegeben hatte. Eigentlich war er ja ein richtiger Technikfreak, aber trotzdem störte es ihn nicht, so ein altmodisches Türsystem zu besitzen. Ausserdem war da ja noch der Iris-Scan, dessen greller Laser seine müden Augen nur mehr strapazierte.
 

Als die Tür mit einem leichten Surren aufging, stürmte er aufgeregt hinein, warf geschwind die Schuhe ab und blieb dann aber doch zögernd im Wohnzimmer stehen. Ihm fiel ein, dass Ammadon vielleicht schon schlafen könnte. Also schlich er ins Schlafzimmer, oder versuchte es zumindest ...
 

„Verzeih meinen Anblick, mein Schatz ...“ Erst hörte Vilkas diese vertraute und geliebte Stimme, schmunzelte ein wenig, doch dann roch er etwas … Ein fast schon beißender Gestank. Als er sich umdrehte, sah er in ein grünes Gesicht.
 

„W-Was zur … ?!“ Vilkas rieb sich die Augen. Er war so müde, fast hätte er doch tatsächlich vor Schreck aufgeschrien. Aber zum Glück erkannte er Ammadon an der Stimme, aber was war nur mit seinem Gesicht? „Warum … ?“
 

Ammadon trug eine giftgrüne, übelriechende Gesichtsmaske, die killte im Nu jegliche romantischen Gefühle des Wiedersehens. „Ich wollte nur meine Poren ein wenig reinigen. Ich möchte immerhin schön für dich sein. Normal lasse ich nicht zu, dass du mich so siehst … Herr je! Gib' mir fünf Minuten, dann bin ich ganz frisch für dich!“ Ammadon lächelte, auch wenn ihm das schwer fiel, da die Gesichtsmaske schon trocken war und ihm jegliche Mimik verwährte.
 

Und während Ammadon ins Bad eilte, um sich das Gesicht zu waschen, und womöglich noch eine halbe Stunde länger damit zu verbringen, sich herzurichten, warf sich Vilkas schon mal in das große Ehebett. Er war sogar zu müde um sich umzuziehen. Und dann inhalierte er erstmal tief. Hier roch alles nach dem blonden Schönling, den er doch tatsächlich heiraten durfte. Und langsam fielen ihm die Augen zu ...
 

„Ah, Vilkas! Die schöne Bettwäsche!“ Ammadon riss den Mann aus seinem kurzen Nickerchen, als er wieder das Schlafzimmer betrat und entsetzt sah, wie die seidene weiße Bettwäsche vollgeschmiert mit Motoröl war, welches noch an Vilkas' Arbeitskleidung klebte.
 

Der blonde Mann seufzte, lächelte dann aber lieblich. „Du musst sehr müde sein. Hast du wieder soviel gearbeitet?“ Ammadon verzieh seinem Ehemann gleich, als er sah, wie erschöpft er war. Er schaffte es gerade noch, seinen Kopf aufzurichten und ihn entschuldigend anzusehen. Der Navigator setzte sich zu ihm aufs Bett, legte sanft eine Hand auf seine Wange. Es war wirklich immer dasselbe. Vilkas arbeitete soviel, dass er es selten rechtzeitig Heim schaffte, bevor Ammadon ins Bett ging. Und wenn er mal nachhause kam, war er … nun … zu nichts zu gebrauchen. „Es reicht, wenn wir nur ein wenig kuscheln. Solange ich deine Nähe spüren darf, bin ich schon zufrieden. Überanstrengen solltest du dich nicht weiter. Deine Augenringe kannst du kaum verbergen. Ich könnte sie dir aber überschminken.“ Er kicherte, piekste ihm dann mit dem Finger gegen die Wange.
 

„Nein … Ich … Ich will mich nicht ausruhen … Ich … Uah ...“, versuchte Vilkas noch zu überspielen, wie kaputt er war. Aber es brachte nichts, so etwas offensichtliches konnte er nicht verleugnen. Dabei wollte er ihn einmal wieder richtig lieben. Ihn berühren, ihn küssen … Ihre Körper aneinanderreiben. Frustriert stöhnte er und drückte das Gesicht ins Kissen. Nach kurzer Zeit sah er wieder auf. „Es tut mir Leid. Ich glaube, du hast Recht … Wenn das so weiter geht, macht mich die Arbeit noch impotent.“, sprach er etwas verbittert, „Aber morgen früh. Selbst, wenn wir zu spät zur Arbeit kommen! Wir werden … den ganzen Morgen … Ich will endlich … mit dir ...“ Vilkas Stimme wurde immer leiser.
 

Sein Mann wusste, er würde gleich einschlafen. Also rutschte er an seine Seite ins Bett und zog die Decke an. Waren sie halt beide voll mit schmierigem Öl, Ammadon war zwar reinlich, aber wenn es um seinen geliebten Ehemann ging, nicht pingelig. „Gut, dann morgen. Versprochen. Wahrscheinlich werde ich dann so fix und fertig sein, dass du mich auf Händen zur Arbeit tragen musst … Oh, wie bei unserer Hochzeit. “ Und dann schmiegte er sich an Vilkas.
 

Zufrieden seufzend vergrub der Techniker das Gesicht in Ammadons Brust. Und die Körperwärme machte ihn nur noch schläfriger. Er verfluchte noch einmal seine eigene Unfähigkeit, seine Schwäche, aber dann, nach wenigen Minuten, schlief er ein.
 

Die erste Nacht auf Heliopolis Alpha war für Blaire keineswegs angenehm. Er konnte in diesem fremden Bett, in diesem unbekannten und leeren Zimmer auf einer völlig neuen Kolonie nicht schlafen. Deshalb war er nach zwei Stunden unruhigen Schlafes aus dem Bett gekrochen und erst mal Lyial ins Gesicht gestiegen, der sich ja entschieden hatte, am Boden zu schlafen, um seinen neuen Zimmergenossen nicht zu wecken. Seltsamerweise schien ihn der harte Tritt ins Gesicht nicht gestört zu haben, er hatte nur etwas von Amun gemurmelt, sich dann eingerollt und einfach weitergemützelt.
 

Blaire hatte dann den Rest der Nacht im Hangar verbracht, schlief im Cockpit von Percival. Dort war es still. Und alles so vertraut. Er fand dort sofort einen ruhigen und tiefen Schlaf, bis ihn früh Morgens der Lärm der Techniker weckte, die mit ihrer Arbeit begannen.
 

Die waren etwas entsetzt, als der Pilot im Pyjama aus dem Cockpit der alten Maschine kam, ihr Getuschel tat Blaire aber nur mit einem Schulterzucken ab, so etwas kannte er von der Gloriana. Er kehrte ins Zimmer zurück, es war halb acht Uhr morgens. Für die Schüler der Akademie würde in einer Stunde der Unterricht beginnen.
 

Das erste, was Blaire sah, als er die Tür aufmachte, war eine seltsame Beule auf dem Bett. Etwas war unter der Decke, bewegte sich, das erschrak den dunkelhaarigen Jungen natürlich etwas. Er hob dann nur eine Augenbraue. War das etwa … ?
 

„Hey, Lügner. Was zur Hölle tust du da … ?“ Er schlief doch nicht etwa so, fragte sich Blaire nur, aber nein. Lyial war wach. Er saß unter der Bettdecke und man könnte das Knuspern von Cornflakes hören. Er frühstückte nur, das sah auch Blaire mit eigenen Augen, als die Decke sich bewegte und Lyial sich zeigte. Er linste unter dem Stoff hervor, in seinem Gesicht zeigte sich ein leichter geröteter Abdruck eines Fußes, was er selbst aber wohl noch nicht bemerkt hatte. Er klagte nur wegen Kopfschmerzen nach dem Aufstehen.
 

„Guten Morgen. Mir ist immer nach dem Aufstehen kalt.“, antwortete er leise, sein Blick wanderte kurz zum Tisch, wo eine weitere Schüssel stand, dann sah er wieder zu Blaire auf. „Ich habe dir auch etwas bringen lassen.“ Dann aß er weiter, unter der Decke, was scheinbar für ihn völlig normal war.
 

Die Antwort klang doch sehr logisch. Ihm war kalt. Natürlich, warum sonst? Blaire verdrehte nur die Augen, setzte sich dann alleine an den Tisch, um auch seine Cornflakes zu sich zu nehmen.
 

„Du warst plötzlich weg. Ich habe mir Sorgen gemacht.“, sprach Lyial plötzlich, durchbrach die Stille, die seit einigen Minuten herrschte und man dazwischen nur Kaugeräusche vernehmen konnte.
 

„Du hast dir Sorgen gemacht? Ich habe dir doch gesagt, ich schlafe lieber bei Percival. Das Bett ist so groß. Und unbequem. Und was ist mit dir? Du hast auf dem Boden geschlafen!“ Für Blaire war es nicht sehr verständlich, warum dieser fremde Junge sich nun Sorgen um ihn machte. Sie kannten sich nicht einmal einen Tag.
 

„Ich wollte dich nicht wecken. Und im Bett war kein Platz mehr ...“ Lyials Antworten waren immer so nüchtern. Man hörte nie heraus, was er nun dabei fühlte. Aber scheinbar lag ihm etwas an seinem Mitbewohner, sonst wäre er nicht so vorsichtig und besorgt gewesen. Langsam legte er die Decke zur Seite, stand dann auf und stellte die leere Schüssel auf den Tisch. Ihre Blicke trafen sich dabei, Irritiertheit und leichte Arroganz bei Blaire und naive Gleichgültigkeit bei Lyial. Noch verschiedener konnten sie nicht sein.
 

„Du warst gestern auf einer Mission, oder?“ In Blaires Augen spiegelte sich nun eine gewisse Neugier wieder. Er wollte mehr darüber wissen. Am vorigen Tag bebte also eine Schlacht in der Nähe von Heliopolis und einer der daran beteiligten Piloten stand vor ihm. Da konnte er nicht anders, als nachhaken. Er selbst hatte die Übertragungen des Kampfes in den Medien nicht mitbekommen, er ging zu früh ins Bett, weil er müde und erschöpft von der anstrengenden Ankunf war.
 

Lyial nickte aber nur, gab sonst keine Informationen Preis. Wohl, weil er nicht wusste, dass Blaire eine ausführlichere Antwort erwartete.
 

„Na, und? Wie war es? Wie war der Kampf? Waren die Gegner Neumenschen? Habt ihr ihnen die Fresse poliert? Oh, bestimmt bist du abgeschossen worden, hahaha!“ Lauthals lachte Blaire, er hielt Lyial auch immerhin für „nichts Besonderes“, so wie der weißhaarige Junge es selbst betont hatte. So schmächtig wie er aussah, so langsam wie er sich bewegte und redete … Für Blaire wirkte er einfach zu hohl, um ein guter Pilot und Kämpfer im Krieg zu sein.
 

„Wie jeder andere Kampf. Es ist unsere Pflicht, Heliopolis zu verteidigen. Unsere Gegner waren stark. Aber es gab kein eindeutiges Ergebnis. Ich … war wohl nicht gut genug ...“ Lyial setzte sich nun an den Tisch zu Blaire, senkte etwas die Schultern. Er erinnerte sich an die Vorwürfe, die ihm Golyath immer wieder gemacht hatte.
 

Blaire aber lachte nur weiter. „Wusst ich's doch! Du bist bestimmt ein schrecklicher Pilot. Hahaha … Aber mach dir nicht's draus. Kann nicht jeder so gut sein wie ich.“ Er lehnte sich gelassen zurück, manchmal war er doch sehr überheblich. „Pflicht … Tz … Weißt du, was der Kampf gegen die Neumenschen für mich bedeutet? Adrenalin. Es fühlt sich gut an. Es fühlt sich richtig an, den Feind zu zerschmettern. Es ist unsere Pflicht, zu töten. Hast du schon einmal jemanden getötet, Lyial? Du wirkst wie jemand, der so etwas hasst.“ Was für ein hartes Thema er da nur ansprach. Töten … Ja, im Krieg gehörte das dazu. Der Feind war erst dann besiegt, wenn er tot war, das war einleuchtend. Doch was Blaire sagte, stimmte. Lyial war kein Freund von roher Gewalt. Er genoss das Kämpfen, aber das Töten … das sollte für ihn nie ein Spaß werden.
 

„Deine Worte … sind nicht richtig ...“, murmelte er nur. Für ihn konnte sich das nicht gut anfühlen. Solche kalten Worte sagten nicht einmal seine Kollegen. „Man darf keinen Spaß am Töten haben. Das ist falsch …“ Er wandte seinen Blick von Blaire an, in dessen Augen eine Flamme erleuchtet war, tiefrot, aber grausam und kalt. Das war für ihn beängstigend, so dass er den Anblick nicht ertrug.
 

"Als ich das erste Mal getötet habe, musste ich mich übergeben. Inzwischen habe ich mehr Leute getötet, als ich zählen kann. Die meisten Piloten sind Weicheier. Sie könnten niemals ein Leben nehmen, wenn sie das Gesicht ihres Gegenübers gesehen haben. Ich schon ... Ich habe schon jemanden aus nächster Nähe erschossen. Es fühlt sich gut an. Dieser Neumenschen-Dreck hat es nicht verdient, zu existieren." Nun sprach Blaire noch direkter. Sein Hass gegenüber den Neumenschen war deutlich spürbar, die Luft um ihn herum schien schon zu knistern.
 

"Ah, ich habe zuviel geredet. Tut mir leid, Kleiner. Jetzt habe ich dich sicher verschreckt …“ Blaire grinste etwas, als wäre es belustigend, Lyial Angst einzujagen. Dann stand er abrupt auf, streckte sich einmal richtig, gähnte noch anschließend und stellte sich dann, mit einem Arm gegen die Hüfte gestemmt, Lyial gegenüber.
 

„Danke fürs Frühstück, Lügner. Ich gehe mich nun weiter hier umsehen. Ich muss mich noch vorbereiten. Ich darf heute einen Übungskampf bestreiten. Vielleicht lernst du ein wenig von mir, also komm vorbei.“ Er streckte die Hand nach ihm aus, packte seine auffällige blaue Haarsträhne und zog etwas daran. Das wollte er schon tun, seit er ihn das erste Mal sah … Und nachdem sich Lyial lautstark mit einem „Aua, nicht doch!“ äußerte, drehte er sich um, warf ihm ein schelmisches Grinsen über die Schultern zu und verließ dann das Zimmer.
 

Lyial sah ihm schweigend nach. Dieser Blaire verwirrte ihn mehr, als jeder andere auf Heliopolis, jede andere Person, die er je kennenlernte. Und dank seiner Worte wurden Lyials Sorgen um ihn nur noch größer. Er hatte das Bedürfnis, ihm zu helfen. Nur … wobei, das fragte er sich gleich. Er verstand dieses Gefühl nicht. „So eine Person … habe ich noch nie kennengelernt …“, murmelte er leise vor sich hin. Ja, Blaire war in seinen Augen eine besondere Erscheinung. Wie sollte er damit nur umgehen … ?



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