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Einzigartig

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Train wreck

Train wreck
 

Über ein Jahr ist nun schon vergangen, seit wir 10000 Spieler von Akihiko Kayaba in Sword Art Online gefangen wurden. Wobei ich vielleicht nicht mehr von 10000 Spielern sprechen sollte. Über ein Viertel von uns sind bereits tot, sowohl im Spiel als auch in der realen Welt. Aber was bringt es schon, darüber nachzudenken? Das hilft nicht weiter. Dennoch wandern meine Gedanken immer mal wieder zu dem Thema zurück. Warum hat er das getan? Was hat er davon? Warum mussten all diese Menschen sterben, und wie viele von uns werden noch sterben müssen, bevor es vorbei ist?

„Heeeey, hörst du mir überhaupt zu?“

Asunas Stimme riss Kirito aus seinen Gedanken. Die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie vor ihm und sah ihn vorwurfsvoll an. Verdammt, er hatte ihr tatsächlich nicht mehr zugehört, war mit seinen Gedanken völlig abgedriftet. Er lächelte verlegen und kratzte sich am Hinterkopf.

„Tut mir leid“, sagte er nur und hoffte, dass sie daraus kein Drama machen würde. „Was sagtest du?“

Asuna schüttelte den Kopf. „Manchmal bist du schon echt sonderbar Kirito-kun.“

Er wusste beim besten Willen nicht, was er darauf antworten sollte. Unsicher sah er zur Seite. „Nun, ...“

„Ach ist ja auch egal“, meinte Asuna plötzlich und ging weiter.

Erleichtert atmete Kirito aus und folgte ihr. Sie waren auf dem Weg zum einsamen Wald auf Ebene 68 um sich Unterstützung für eine Quest auf Ebene 70 zu suchen. Auf der Spitze eines Hügels blieb Asuna plötzlich stehen.

„Sieh nur, der einsame Wald. Wir sind da“, rief sie.

Kirito nickte. „Hoffen wir mal, dass wir den Weg nicht umsonst auf uns genommen haben.“

„Moment mal“, protestierte Asuna, „ich dachte, du kennst den Typ.“

„Was? Das hab ich so aber nie gesagt. Ich hab nur ne Menge von ihm gehört, das ist alles.“ Er ruderte abwehrend mit den Armen, aber als ihm bewusst wurde, wie lächerlich er dabei aussehen musste, ließ er sie sofort wieder sinken.

Asuna kicherte und hielt sich vergnügt eine Hand vor den Mund. „Aha. Und was hast du von ihm gehört?“ Sie begann, den Hügel in Richtung Wald hinabzugehen.

Er dachte einen Moment darüber nach und fasste gedanklich alle Infos, die er hatte, zusammen. Schon etwas überrascht stellte er fest, dass es gar nicht so viele waren, wie er dachte. „Nun, es heißt, er sei sehr geschickt, schnell, mit einer guten Übersicht und sehr guten Bewegungsabläufen. Allerdings ist er auch ein totaler Einzelgänger und versteht sich wohl nicht besonders gut mit Anderen. Trotzdem könnte es sein, dass du ihn bei dem einen oder anderen Bossfight gesehen hast.“

„Und sein Name?“

Kirito blieb stehen und hielt inne. „Ich ... weiß ihn nicht. Alle, die von ihm sprachen, nannten ihn nur Train wreck.“

Sie lachte lauthals auf. „Train wreck? Jetzt im Ernst? Das muss ein Spitzname sein. Aber warum würde man jemandem einen so fiesen Spitznamen geben?“ Asuna hatte den Weg hinab wieder fortgesetzt und sie waren nun schon fast am Anfang des Waldes angelangt.

„Keine Ahnung“, musste Kirito zugeben. „Aber vielleicht finden wir es ja heraus.“ Kurz darauf blieben sie am Waldrand stehen. An der Seite des Weges war ein großes hölzernes Schild in den Boden geschlagen worden. Darauf stand in roter Farbe: ‚Hier beginnt der einsame Wald. Betreten auf eigene Gefahr.‘

Asuna schüttelte den Kopf. „Betreten auf eigene Gefahr? Wir sind hier in Sword Art Online. Alles hier kann gefährlich sein und uns das Leben kosten. Jeder weiß das. Was soll also das Schild hier?“

Nachdenklich betrachtete Kirito die Holzkonstruktion und ging langsam darum herum, bis er schließlich wieder am Ausgangspunkt angelangt war. „Lass mich eine Theorie ausprobieren“, sagte er schließlich und zog sein Schwert Elucidator.

„Was hast du vor?“, fragte Asuna.

Doch Kirito antwortete nicht, sondern holte stattdessen aus und zerstörte das Schild mit einem einzigen kräftigen Hieb. Anschließend befestigte er das Schwert wieder in der Vorrichtung auf seinem Rücken. „Hmhm, wie ich mir dachte.“

Jetzt war Asuna wirklich neugierig geworden und sah ihn scharf an. „Was ist, wie du dir dachtest?“

„Hast du schon einmal auf ein Haus in einer Stadt eingeschlagen?“

„Naja, ein paar Mal vielleicht. Aus Wut oder Frust oder so.“

„Und auf einen Berg?“

„Kann schon sein. In Kämpfen vielleicht, wenn ein Schlag mal daneben ging.“

„Auf Wände oder Säulen in Dungeons?“

„Na klar. Hör mal, erklärst du mir jetzt was die ganzen Fragen sollen, oder nicht?“ Asuna wurde ungeduldig, doch Kirito lächelte nur.

„Also schön ist ja gut. Was kriegst du dabei für eine Nachricht angezeigt?“

Sie dachte kurz nach, bis ihr klar wurde, was er meinte. „Immortal Objekt.“

Zur Bestätigung nickte Kirito. „Ganz genau. Es ist feste Spielprogrammierung, die nicht verändert oder zerstört werden kann. Dieses Schild jedoch ...“, er deutete auf die Trümmer am Boden und augenblicklich begriff sie, worauf er hinauswollte.

„Du meinst es gehört gar nicht zum Spiel selbst, sondern wurde von einem Spieler aufgestellt?“

„Ganz genau.“

„Aber warum sollte jemand so etwas tun?“

Doch Kiritio konnte nur mit den Schultern zucken. „Keine Ahnung“, musste er zugeben. „Vermutlich um Leute davon abzuhalten, den Wald zu betreten.“

„Aber warum?“

„Wie gesagt, er ist ein ziemlich Einzelgänger und meidet andere Spieler.“ Kirito ließ die Reste des Schildes hinter sich und betrat den Wald.
 

Schnell wurde klar, dass der einsame Wald bei Weitem nicht so einsam war, wie es der Name vermuten ließ. Zum einen gab es eine Menge jagbares Wild, zum anderen aber auch einige anspruchsvolle Monster, die schwächere Spieler sicher vor Probleme gestellt hätten. Für Kirito und Asuna war es jedoch mehr wie eine Art härteres Training, das sie vor allem aufhielt und einige Zeit kostete. Trotzdem schlugen sie sich nach und nach immer weiter in den Wald hinein, bis sie schließlich eine Lichtung erreichten. In der Mitte der Lichtung lag eine kleine Holzhütte, an die sich eine noch kleinere Arbeitsstation anschloss. Am Rand der Lichtung stand ein weiteres Warnschild. ‚Privatbesitz. Betreten verboten‘. Nachdenklich betrachtete Kirito das Schild. Eine weitere, von einem Spieler aufgestellte Attrappe, vermutete er.

„Das sieht wie eine Jagdhütte aus“, stellte Asuna fest.

„Ja, macht auf jeden Fall diesen Eindruck.“ Asuna wollte schon darauf zugehen, als Kiritio sie stoppte. „Warte!“

„Hm? Was ist denn?“

Er deute auf einige Stolperdrähte und andere Fallen, die den Boden bedeckten und die kaum zu erkennen waren. „Wir sollten besser sehr vorsichtig vorgehen. Wer auch immer die aufgestellt hat, hat sich sehr viel Mühe damit gegeben, dass man sie nicht sieht.“

Asuna nickte. „Absolut. Jetzt wo du es sagst, seh ich sie auch, aber vorher sind sie mir wirklich nicht aufgefallen.“

Langsam bahnten sie sich einen Weg durch die Fallen hindurch bis zur Hütte. Drei hölzerne Stufen führten zu einer Art Veranda herauf. Kirito ging vor und die Stufen knarrten unter seinem Gewicht. Plötzlich stieß Asuna ihn beiseite.

„Vorsicht!“, rief sie. Nur knapp zischten die Pfeile über ihn hinweg.

„Danke“, sagte er und rappelte sich langsam wieder auf. An der Tür angekommen zögerte Kirito einen Moment. War es das wirklich wert? Wer auch immer dieser Train wreck war, er wollte offensichtlich nicht gestört werden. Machte es also überhaupt Sinn noch weiter zu machen? Auf der anderen Seite waren sie nun schon so weit gekommen, da konnten sie es auch genau so gut versuchen. Er klopfte an und wartete, doch es geschah nichts.

„Vielleicht ist er nicht da“, stellte Asuna fest.

„Ja, vielleicht.“ Trotzdem klopfte er noch ein weiteres Mal an. Dieses Mal etwas kräftiger.

„Kannst du keine Schilder lesen und Hinweise verstehen? Verschwinde!“, tönte eine raue männliche Stimme aus dem inneren der Hütte.

Kirito sah zu Asuna und wusste nicht so recht, wie er reagieren sollte. Einfach so abhauen? Der Gedanke gefiel ihm immer noch nicht.

„Bist du der, den man Train wreck nennt?“, rief Asuna zurück.

„Hörst du schlecht? Ich sagte: Verschwinde!“

„Wenn du es bist, haben wir ein Angebot für dich.“ Asuna klang noch immer erstaunlich ruhig, fand Kirito, insbesondere wenn man die ganzen Fallen und den scharfen Tonfall des Mannes in der Hütte bedachte.

„Ich kaufe nichts.“

„Gut, wir verkaufen auch nichts. Es geht um eine Quest.“

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und vor ihnen stand ein junger Mann, der fast einen ganzen Kopf größer war als sie beide. Er trug einen langen, zerschlissenen, braunen Ledermantel. Langes, fettiges, dunkelbraunes Haar fiel ihm ins Gesicht und ließ nur teilweise sein Gesicht erkennen. Ein merkwürdiger, strenger Geruch ging von ihm aus. Augenblicklich verstand Kirito, warum man ihn Train wreck nannte.

Aufmerksam musterte der Mann sie beide und hielt dabei weiterhin den Türrahmen mit der linken Hand fest. „Ich bin auch an keinen Quests interessiert“, sagte er schließlich ruhig. „Hört mal, ich will weder Ärger machen noch welchen haben. Wenn ihr also einfach wieder dahin verschwinden würdet, wo ihr hergekommen seid, wäre ich euch sehr verbunden.“

Erst jetzt viel Kirito der merkwürdige Akzent auf, mit dem der Mann sprach. Er überlegte, wie er Train wreck vielleicht doch noch davon überzeugen könnte mitzumachen, doch noch, bevor er überhaupt eine Idee hatte, kam Asuna ihm zuvor.

„Lass uns gehen. Der Typ ist das reinste Wrack. Er wäre uns sowieso keine Hilfe und stünde nur im Weg.“ Sie drehte sich um und ging zwei Schritte, dann stoppte sie die Stimme des Mannes.

„Wer glaubt ihr eigentlich, dass ihr seid? Erst dringt ihr ungebeten in mein Zuhause ein und jetzt beleidigst du mich auch noch? Vielleicht sollte dir mal jemand eine Lektion erteilen.“

Asuna wirbelte wieder herum, ging die zwei Schritte zurück und starrte ihn trotzig an. „Wer ich bin? Ich bin die stellvertretende Kommandantin der ‚Knights of the blood oath‘ und ich glaube kaum, dass du in der Lage wärst, mir eine Lektion zu erteilen.“

Der Mann strich sich das Haar hinter die Ohren zurück und erstmals konnte Kirito wirklich sein Gesicht sehen. Es war zwar ungewaschen, aber nicht unschön. Seine Augen waren ebenso braun wie sein Haar. Er mochte 22, vielleicht aber auch nur 20 Jahre alt sein. All der Dreck machte es schwer das genau zu sagen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen.

„Du bist die Kleine, die sie auch ‚Flash‘, nennen?“, fragte er sichtlich amüsiert. „Irgendwie hätte ich da doch mehr erwartet.“

Kirito gefiel ganz und gar nicht, in welche Richtung sich die Sache entwickelte, wusste aber auch nicht so recht, was er dagegen tun konnte. Die beiden redeten sich mehr und mehr in Rage.

„Jetzt reicht´s mir aber mit dir!“ Asuna versuchte so selbstbewusst wie sie konnte zu wirken und stemmte ihre Hände in die Hüften. Bei jemand so viel größerem machte das allerdings nur wenig Eindruck. „Ich fordere dich zum Duell heraus!“, rief sie entschlossen und Kirito zuckte zusammen. Er rekapitulierte die vergangenen Minuten und versuchte vergeblich dahinter zu kommen, wie es nur so weit hatte kommen können.

„Schöner Mist“, murmelte er.

„Einverstanden“, erwiderte Train wreck und ein breites Grinsen zog sich über sein Gesicht.



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