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Die Legende von Shikon No Yosei

Das Schicksal einer Elementarmagierin
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Was ist die Inspiration dieser Fanfiction? Meine Schwärmerei für Johann Anderson, als ich mal wieder Yu-Gi-Oh! GX geschaut habe sowie meine eigene Situation, was Deck und Karten betrifft - Shiko´s Problem ist sozusagen mein eigenes.

Diese Geschichte spielt in der Welt der Serien Yu-Gi-Oh! von Kazuki Takahashi – und dessen Kartenspiel – beziehungsweise Yu-Gi-Oh! GX von Hatsuki Tsuji sowie Yu-Gi-Oh! 5D´s von Katsumi Ono und Yu-Gi-Oh! Zexal von Satoshi Kuwahara. Die Handlung jedoch ist der Fantasie von Ami Diana Saphira Mercury entsprungen.
Was macht die Beziehung zwischen Duellanten und ihrem Deck aus? Was kann ein Duell alles enthüllen? Auf der Duellakademie aufgenommen zu werden, ist eine große Ehre – aber manchmal kann es auch eine Bürde sein.
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Fanfiction 04: Duellierende Legenden und legendäre Duelle

Willkommen auf der Duellakademie

Es gab seither Ereignisse, welche die Welt veränderten … Doch kaum etwas hatte so viel Auswirkung gehabt, wie Maximilian Pegasus´ Expedition ins alte Ägypten. Dort war er auf das Mysterium der legendären Schattenspiele gestoßen und hatte darauf das Spiel DuelMonsters entwickelt. Inzwischen besaß beinahe jeder ein eigenes Deck – es gab sogar Schulen, an denen das Duellieren studiert werden konnte. Ryuohtah Taiyo war einer dieser Studenten der renommierten Duellakademie, welche auf einer abgeschotteten Insel lag. Hier hatte er den höchsten Rang eines Obelisk blue inne, da er zuvor bereits Vorbereitungskurse besuchte. Gute Schüler, die von außerhalb kamen, wurden zumeist in Ra yellow aufgenommen. Beinahe hoffnungslose Fällen dagegen landeten in Slifer red – oder wenn sich Schüler erst während eines laufenden Schuljahres einschrieben. So wie Nadeshiko Yosogawa, deren überdurchschnittliche Zensuren den Kanzler Klerus Fujikawa allerdings zu einer kleiner Sonderregel veranlassten – sie sollte eben gegen Ryuohtah in einem Einstiegsduell antreten und im Falle eines Sieges durfte sie sofort eine Stufe aufsteigen. Das Duell fand im großen Kuppelsaal statt, der den Obelisken vorbehalten war oder eben für besondere Anlässe genutzt wurde. Während die Vize-Kanzlerin Seiketsu Fujikawa, die gleichzeitig Klerus´ Frau war, die Kontrahenten ankündigte, betraten beide die Arena und nahmen ihre Plätze einander gegenüber ein.

„Willkommen auf der Duellakademie!“, begrüßte Ryuohtah seine Gegnerin freundlich.

Während beide ihre DuelDisks aktivierten, verbeugte sich Nadeshiko leicht und entgegnete: „Ich freue mich hier sein zu dürfen. Auf ein faires Duell! Hier kommt mein erster Zug – ich beschwöre Thaumaturgist der Qualen und rüste ihn mit dem Buch der geheimen Künste aus.“

Für den Moment entschied er sich ein Monster im Verteidigungsmodus zu setzen, samt einer verdeckten Karte. Dem fügte er noch die Feldzauberkarte »Shien´s Schloss des Nebels« bei und enthüllte damit das Thema seines Decks – die »Sechs Samurai«. Diesen sollten sich Nadeshiko´s Magier des Schwarzen Zirkels entgegenstellen; als nächstes der »Erfahrene Schwarze Magier«, welcher sofort das verdeckte Monster angriff. Jedoch besaß der »Kammerherr der Sechs Samurai« einhundert Punkte mehr, was sie ein paar Lebenspunkte kostete. Weshalb die Rothaarige eine verdeckte Karte spielte und den Effekt des »Thaumaturgisten« aktivierte, indem sie beide Zauberzählmarken von ihm entfernte und das gegnerische Monster zerstörte. Nun durfte der erste, wahre »Sechs Samurai« auf den Plan treten und dadurch, dass »Zanji« auf dem Feld erschienen war, durfte Ryuohtah zudem ihren »Großmeister« speziell beschwören. Zudem aktivierte er seine verdeckt gespielte Karte »Rückkehr der Sechs Samurai!«, was dem »Kammerherrn« neues Leben einhauchte. Nachdem die ersten beiden Monster ihre Spielfeldseite leer geräumt hatten, griff letzterer Nadeshiko noch direkt an, ehe er auf den Friedhof zurückkehrte.

Siegessicher meinte der Obelisk: „Du hast fast die Hälfte deiner Lebenspunkte verloren … Ich fürchte rot bleibt deine Farbe.“

„Stimmt, rot ist schließlich meine Lieblingsfarbe. Allerdings ist die letzte Karte noch nicht gespielt!“, entgegnete Nadeshiko und zog, „Mit Monsterreanimation hole ich meinen Erfahrenen Schwarzen Magier vom Friedhof zurück … dann aktiviere ich meine verdeckte Karte Pechschwarzer Energiestein und übertrage alle drei Zauberzählmarken auf mein Monster. Jetzt kann ich es opfern, um seinen Meister zu beschwören … Komm´ hervor, Schwarzer Magier!“

Ein Stimmengewirr von Seiten der Zuschauer brach los und Ryuohtah rief schockiert: „Dieses Monster ist legendär!“

„Aber nicht einmalig …“, murmelte sie traurig.

Ihre Eltern hatten ihr dieses Deck einst geschenkt, damit sie Yugi Muto nacheiferte und selbst König der Spiele werden würde … Dabei wünschte sie sich vor allem das Spiel, welches sie so liebte, rein aus Spaß zu bestreiten. Es stimmte, dieser Magier war überaus mächtig … bedeutend für die Popularität von DuelMonsters, doch Nadeshiko sah darin nur ein Sinnbild ihres goldenen Käfigs. Aber in diesem Moment stellte er ihre beste Chance zu gewinnen dar – besonders da Nadeshiko ihm mit »Magische Formel« ein ziemliches Power-Update verpasst hatte.

„Normalerweise würde ein Duellant immer das schwächste Monster angreifen, um den größeren Schaden zu verursachen … Aber dann würde Zanji´s Effekt meinen Magier vernichten, nicht wahr?“, sagte die Rothaarige, „Also muss sein Großmeister den Streich kassieren – Schwarze Magie-Attacke!“

Dennoch war es der »Sechs Samurai – Zanji«, der zum Friedhof wanderte – eine grundlegende Fähigkeiten von ihm und seinen Kameraden ... jeder konnte sich für einen anderen opfern.

Ryuohtah rief den nächsten Krieger »Nisashi« auf den Plan und erklärte: „Nachdem du uns die Galionsfigur deines Decks gezeigt hast, erlaube mir dir die meine vorzustellen. Ich spiele die mächtige Zauberkarte Sechs Schriftrollen der Samurai und biete beide Monster als Tribut an, um ihren Herrn zu rufen … Zeige dich in deiner ganzen Pracht, Großer Shogun Shien!“

Mit der Macht des »Schlosses« sowie der Ausrüstung durch das »Legendäre Ebenholzross« waren Krieger und Magier einander ebenbürtig. Daher griff er auch nicht an, sondern setzte noch eine Karte verdeckt. Dafür schlug Nadeshiko in ihrem nächsten Zug einen kleinen Zaubertrick vor – mit »Tausend Messer« konnte der »Schwarze Magier« jedes Monster zerstören …

„Nicht so hastig.“, warf der Braunhaarige ein, „Sein Reittier rettet ihn.“

Der Duellant in ihm wollte zusätzlich noch zu dieser Vereitelung ihres Plans die verdeckte Karte aktivieren, mit der er noch gewinnen würde … doch er tat es nicht. Niemals zuvor war der Obelisk von einem Gegner so beeindruckt gewesen … Und hier ging es schließlich nur darum, ihr Können zu testen.

Daher legte Ryuohtah die erhobene Hand stattdessen über sein Deck und gratulierte ihr: „Der Sieg gehört dir! Herzlichen Glückwunsch zu deinem Einzug bei Ra.“

Allerdings wirkte Nadeshiko davon keineswegs begeistert. Festen Schrittes kam sie auf ihn zu und zog ihm die verdeckt gesetzte Karte aus der DuelDisk.

Sofort wurde ihr Gesichtsausdruck noch finsterer und sie entgegnete scharf: „Du hast nicht alles gegeben. Als Duellant bist du aber genau das es deinem Deck und deinem Gegner schuldig … Es hat immer einen bestimmten Grund, warum man eine Karte erhält.“

Sie gab ihm die Karte zurück, dann verließ sie unter dem Applaus der Zuschauer die Arena. Die Vize-Kanzlerin erhob sich ebenfalls und folgte der neuen Schülerin. Etwas abseits wartete diese bereits auf ihre Verfolgerin. Ryuohtah starrte Nadeshiko derweil immer noch bewegungsunfähig nach, während sein Herz wild pochte.

„Und das soll wirklich einer eurer besten Schüler sein, Sei-obasan?“, meinte die Rothaarige mit hochgezogener Augenbraue.

Ihre Tante lächelte milde, als sie zurückgab: „Ich glaube eher, Taiyo-san wollte dich gewinnen lassen, um dir einen besseren Start zu verschaffen. Slifer haben immer noch einen etwas … schlechten Ruf an der Akademie.“

Darüber schwieg sie. Natürlich hatte Nadeshiko daran gedacht … und trotzdem ärgerte sie sein Verhalten. Hätte er bei einem Jungen als Gegner genauso reagiert? Trotz ihrer Worte war ihr sein Talent mit den Karten aufgefallen, er hatte sie grundsätzlich sehr gut gespielt …

„Ich habe Klerus wie versprochen nichts von dir erzählt.“, wechselte Seiketsu abrupt das Thema.

Als Tochter eines großen, japanischen Firmenchefs hatte Nadeshiko bislang alles bekommen, was sich ein Kind nur wünschen konnte … selbst ein ausgezeichnetes Deck mit legendären Karten. Hier wollte sie einfach mal eine ganz normale Schülerin sein.

„Danke, Fujikawa-sensei.“, antwortete Nadeshiko zwinkernd.

Seiketsu lächelte milde. Vielleicht würde ihr Bruder eines Tages verstehen, was wirklich in seiner Tochter steckte … etwas, das sich bei weitem nicht mit Geld kaufen ließ.
 

Unerwartetes Ergebnis

Während des Schuljahres machte sich Nadeshiko einen Namen unter den Studenten – nicht nur, dass sie trotz ihres Status als Ra weiterhin die rote Jacke trug, die sie bei ihrer Ankunft bekommen hatte, stets verfolgten unzählige Schüler ihre Duelle, um jene Monster zu sehen, die einst das Spiel erst so richtig populär gemacht hatten … jene Karten, die der legendäre Yugi Muto für sich erwählt hatte; und niemand schien sie damit im Duell besiegen zu können. Im Unterricht schlug sie sich beinahe ebenso gut. Nur ihre Tante begriff, warum sie einen solchen Elan an den Tag legte – auf der Duellakademie erfolgreich zu sein, bedeutete für sie Freiheit. Nur solange sie zu den Besten gehörte, erlaubten ihre Eltern ihr den Schulbesuch; eine berühmte Duellantin zog sichtlich geeignetere Anwärter an und würde der Firma zukünftig einen guten Ruf einbringen. Ein weiterer Anlass, um ihre Entschlossenheit zu zeigen, war die Zwischenprüfung, welche am Ende des ersten Schuljahres mit einem theoretischen und einem praktischen Teil stattfand, bei dem jeweils zwei Schüler entsprechend ihrer zuvor gezeigten Leistungen gegeneinander antreten würden.

Daher war die Auslosung der Gegner das Gesprächsstoff – einer der Obelisken fragte Ryuohtah bereits zum zehnten Mal, ob er seine Paarung bereits erfahren hatte und ob er einen Wunschpartner hätte. Tatsächlich gab es eine Person, gegen die er antreten wollte … erneut antreten wollte. Seit ihrem letzten Duell war kein einziger Tag vergangenen, da der Braunhaarige nicht an sie gedacht hatte. Mehrfach hatte er sie aufsuchen wollen und es dann doch nicht getan – so enttäuscht wie Nadeshiko von ihm gewesen war, wollte sie sicherlich nichts mit ihm zu tun haben. Plötzlich piepte sein Pager durch eine neue Nachricht, was ihn aus seinen trüben Gedanken riss.

„Jetzt bekommst du wohl endlich deine Antwort, Mhenlo.“, meinte Ryuohtah scherzhaft.

Doch er starrte die Worte auf dem kleinen Bildschirm nur an, ohne den Namen auszusprechen.

Mhenlo schielte ihm über die Schulter und rief begeistert: „Das wird ja ein richtig interessantes Duell! Diesmal kannst du richtig ernst machen.“

Etwas anderes blieb ihm auch gar nicht übrig – Nadeshiko Yosogawa war keine leichte Gegnerin, wie er bereits hatte feststellen müssen. Und außerdem wollte er es sich nicht noch weiter mit ihr verscherzen.

Besagte wurde ungefähr zur gleichen Zeit ebenfalls von einer ihrer Mitschülerinnen auf dieses Thema angesprochen – prompt trudelte auch bei ihr das Ergebnis der Auslosung ein. Nadeshiko blinzelte einige Male, ehe sie Danika´s Frage beantwortete.

„Uh, ein schicksalhaftes Wiedersehen!“, rief Danika begeistert aus, „Ich bin sicher, du wirst ihn wieder mit deinen legendären Karten besiegen.“

Dazu schwieg Nadeshiko – schon wieder jemand, der sie auf das gekaufte Deck ihrer Eltern reduzierte … Nichtsdestotrotz passte ihr diese Auslosung ganz wunderbar – endlich konnte sie herausfinden, was Ryuohtah Taiyo wirklich drauf hatte!
 

Bereits eine Woche später standen sich die beiden Kontrahenten an genau jeder Stelle gegenüber, wie bereits vor ein paar Monaten – ein wahrhaftiges Déjà-vu.

„Das grenzt schon an Ironie des Schicksals, nicht wahr?“, begrüßte Nadeshiko ihn belustigt, während sie ihre DuelDisks starteten.

Ryuohtah konnte sich das Grinsen nicht kneifen und entgegnete: „Ja. Aber heute habe ich nicht vor, mein Deck … und meinen Gegner zu enttäuschen!“

Es erfreute sie, dass er sich ihre Worte offensichtlich zu Herzen genommen hatte. Der Obelisk genoss unter seinen Mitschülern einen ausgezeichneten Ruf, auch die Lehrer schätzten ihn. Manche betrachteten ihn schon jetzt als künftigen Profi-Duellanten. Und ganz der Gentleman überließ er ihr erneut den ersten Zug, indem sie nur »Verteidiger, den magischen Ritter« im offenen Verteidigungsmodus beschwor, sodass er eine Zauberzählmarke erhielt. Auf Ryuohtah´s Spielfeldseite durfte ein Monster im Angriffsmodus seine Aufwartung machen.

„Wie du ja weißt, hassen es meine Krieger allein zu sein … deshalb hänge ich den Geist der Sechs Samurai als Union-Monster an Irou an.§, erklärte er lachend, weil das seinem Monster zusätzliche Kraft verlieh.

Daraufhin griff er »Verteidiger« an, doch Nadeshiko griff ein: „Nichts da – ich entferne seine Zauberzählmarke, um ihn zu schützen.“

„Dann zerstört ihn eben Irou´s Effekt.“, widersprach der Obelisk blue und beendete seinen Zug.

Endlich zeigte Ryuohtah ihr gegenüber, dass er zurecht eine blaue Jacke trug. Sie musste ebenfalls beweisen dieser Schule würdig zu sein – gestern war eine E-Mail ihrer Eltern gekommen, mit der Aufforderung bei dieser Zwischenprüfung bloß nicht zu versagen und die Ehre der Familie zu bewahren. Hier in Japan galten eben andere Regeln; das Gesicht zu verlieren, wäre die größte Schmach … Aber das gekaufte Deck enttäuschte nicht – weil sie ihn gerade gezogen hatte, erlaubte ihr seine besondere Fähigkeit, »Palladiumorakel Mahad« ohne Tribut direkt von ihrer Hand auf das Feld zu rufen.

„Wenn Mahad ein FINSTERNIS-Monster angreift, verdoppeln sich seine Angriffspunkte – und leider ist das genau Irou´s Eigenschaft.“, meinte Nadeshiko halb scherzend.

Zwar bewahrte der »Geist der Sechs Samurai« »Irou« vor der Vernichtung, doch Ryuohtah musste ganze zweitausendachthundert Punkte Schaden einstecken. Ihm blieb für den Moment nur seine Verteidigung zu stärken – zunächst mit »Die Sechs Samurai – Yaichi«, dann wechselte er mit »Irou« den Modus und durfte durch dessen Spezialeffekt noch »Legendäre Sechs Samurai – Kizan« von seiner Hand rufen, um seine Lebenspunkte zusätzlich zu beschützen. Die »Legendären Sechs Samurai« war die vorangegangene Generation an Kriegern dieses besonderen Clans. Zudem aktivierte er er eine weitere neue Karte … »Shien´s Rauchzeichen« ließ ihn »Die Sechs Samurai – Kamon« auf die Hand nehmen, ehe Ryuohtah noch eine weitere Karte verdeckt setzte. Diese kam alsbald zum Einsatz, nachdem »Mahad« »Kizan« und der frisch beschworene »Schnellfeuer-Magier« »Yaichi« vernichtet hatten – mit »Shien´s Komplott« rief er »Kamon« im Verteidigungsmodus. Da »Yaichi« nun auf dem Friedhof weilte und ihren verdeckten Karten nichts mehr anhaben konnte, setzte sie eine davon zum Abschluss ihres Zuges. Nadeshiko hatte ihn in eine brenzlige Situation gebracht … Doch für fast jede Zwickmühle gab es eine Lösung – Ryuohrah rief »Legendäre Sechs Samurai – Enishi« zu Hilfe und entfernte anschließend zwei »Sechs Samurai« vom Friedhof aus dem Spiel, so hatte er die Macht »Mahad« zurück auf Nadeshiko´s Hand zu schicken. Zusätzlich versetzte er »Irou« samt »Kamon« in den Angriffsmodus. Ihr dreifach Angriff zerstörte nicht nur ihren »Schnellfeuer-Magier«, sondern ihr blieben auch lediglich zweihundert Lebenspunkte. Da erschien es – nicht für Ryuohtah – äußerst absonderlich, dass Nadeshiko ein Monster rief, welches über gerade einmal vierhundert Angriffspunkte verfügte, allerdings nicht direkt angreifen konnte.

„Kinder werden ja so schnell groß … Ich spiele Magieartige Dimension, um sie gegen ein Hexer-Monster von meiner Hand auszutauschen … und präsentiere dir das Schwarze Magier-Mädchen!“, sagte sie mit einem Augenzwinkern.

Während des ganzen Schuljahres hatte sich die Schülerschaft – Ryuohtah eingeschlossen – gefragt, ob Nadeshiko diese Karte wohl ebenfalls besaß …

„Aber die Zaubershow geht noch weiter …“, zog die Rothaarige seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, „Ich aktiviere Stein der Weisen, damit ihr Meister ihr Gesellschaft leisten kann!“

Jetzt, da Ryuohtah diesem Duo gegenüber stand, verstand er vollends, warum Yugi Muto so gefürchtet … und Nadeshiko ungeschlagen geblieben war. Der »Schwarze Magier« kümmerte sich um »Enishi«, damit ihr dessen Angriffspunkte sowie Fähigkeit nicht mehr gefährlich werden konnte, während das »Schwarze Magier-Mädchen« »Kamon« auf den Friedhof beförderte. Mit vierhundert zu zweihundert Lebenspunkten war das Duell zumindest dahin gehend ausgeglichen. »Irou« kehrte in den Verteidigungsmodus zurück, in dem ihm »Shien´s Draufgänger« Gesellschaft leistete. Dazu legte der Braunhaarige noch eine verdeckte Karte.

Dieser Zug würde über den Ausgang des Duells entscheiden, da war sich Nadeshiko sicher – sie atmete tief durch und fragte ihn: „Bist du bereit für die Zugabe?“

„A-aber du hast doch …“, begann Ryuohtah, dann jedoch besann er sich eines besseren, „Warte, heißt das-“

Sie nickte und aktivierte eine Zauberkarte: „Genau so ist es – ich kann immer noch die Hälfte meiner Lebenspunkte bezahlen, um mit dem Dunklen magischen Vorhang mein Trio zu vervollständigen … Von meinem Deck rufe ich daher den Dunklen Magier des Chaos!“

Und obwohl Nadeshiko ihr Deck auf gewisse Weise verabscheute, entwich ihr eine einzelne Freudenträne, weil sie zum ersten Mal alle drei »Schwarzen Magier« gleichzeitig auf dem Feld hatte … Ryuohtah dagegen starrte ihr drittes Monster noch entsetzter an. Es gab viele ungewöhnliche Kombinationen in diesem Spiel, manche Monster waren beinahe unmöglich zu rufen … andere wie hier derart zu versammeln glich einer Meisterleistung. Er könnte sich zwar mit seiner verdeckt gespielten »Rückkehr der Sechs Samurai!« in den nächsten Zug retten … doch gab es in seinem Deck überhaupt etwas, das sich diesem Aufgebot entgegenstellen konnte? Selbst wenn nicht – Nadeshiko hatte ihm schon einmal vorgeworfen nicht mit ganzer Kraft gekämpft zu haben … Ryuohtah ließ »Enishi« vom Friedhof zurückkehren und nutzte erneut seine besondere Fähigkeit, um den »Schwarzen Magier des Chaos« in ihre Hand zu schicken – damit sah es nicht mehr ganz so hoffnungslos für ihn aus. Da umspielte Nadeshiko´s Lippen ein kaum merkliches Lächeln. Diesmal hatte er seine letzte, verdeckte Karte also ausgespielt, um ihr Kontra zu bieten …

Dann war es nun an ihr, es ihm gleichzutun: „Hier endet das Duell. Ich aktiviere meine verdeckte Falle Zerstörungsring … Weil ich noch mindestens ein Monster auf dem Feld habe, kann ich es opfern und beide Spieler erhalten fünfhundert Schadenspunkte!“

Damit fielen beide gleichzeitig auf null. Keiner im Saal wusste, wie er oder sie darauf reagieren sollte – ohne diese Karte hätte Nadeshiko zweifellos gewonnen. Trotzdem hatte sie es einfach tun müssen …

Plötzlich flimmerte auf dem riesigen Bildschirm das Gesicht des Kanzlers auf, dessen Mimik zunächst keinerlei Regung zeigte, ehe er zu sprechen begann: „Dies ist eine tragende Institution … Generationen von Schülern standen sich an diesem Ort bereits gegenüber. Eines der grundlegenden Prinzipien dieser Ausbildung beinhaltet das Verhalten gegenüber seinem Gegner … Und Respekt vor seinem Gegner kann auch bedeuten, ihm in einer bestimmten Situation keine Schmach zufügen zu wollen … Wer sich auf einer höheren Ebene duelliert, lernt die Gefühle seines Gegenüber zu lesen. Da Nadeshiko Yosogawa bewiesen hat, dass sie diese Fähigkeit bereits besitzt, befördere ich sie hiermit offiziell zu Obelisk blue! Herzlichen Glückwunsch!“

Fassungslos starrte Nadeshiko Klerus an – eher hätte sie mit einer Rüge oder sogar einem Verweis gerechnet, weil sie das Duell bewusst nicht gewonnen hatte … Seiketsu, die das Duell natürlich direkt von der Tribüne aus verfolgt hatte, dagegen lächelte. Ihre Tante überraschte die Entscheidung ihres Mannes gar nicht; sein gütiger und verständnisvoller Blick auf die Welt war einer der Gründe, warum sie ihn liebte … Dankbar neigte die Rothaarige das Haupt. Beide Aufstiege hatte sie Duellen mit Ryuohtah zu verdanken. Apropos jetzt erst fiel es ihr ein, ihn wieder anzusehen. Derselbe Unglauben lag auch über seinem Gesicht, wie zuvor auf ihren eigenen Zügen.

„Nadeshiko …“, sprach Ryuohtah sie an, während er auf sie zuging, „Warum hast du das getan? Ich meine, du wolltest, dass ich mit voller Kraft kämpfe – trotzdem hast ausgerechnet du dieses Duell absichtlich mit einem Unentschieden beendet.“

Eine berechtigte Frage, das musste sie zugeben … vor allem nachdem, wie sie nach dem Ausgang ihrer ersten Begegnung reagiert hatte – und er wusste ja einmal um das Gespräch mit Seiketsu.

„Das stimmt … Weil du deine Karte diesmal aktiviert hast.“, entgegnete Nadeshiko milde, „Erinnerst du dich? >Es hat immer einen bestimmten Grund, warum man eine Karte erhält.< Dieses Duell sollte unentschieden enden.“

Eine neuerliche Welle von Verwunderung schwappte über ihn hinweg, dann meinte er grinsend: „Tja, das bedeutet dann wohl, dass wir irgendwann wieder gegeneinander antreten müssen.“

Mit einem Nicken nahm sie seine Hand und bestätigte: „Sieht ganz so aus. Aber nur, wenn du mich in Zukunft >Shiko< nennst.“

„Und ich bin >Ohtah<.“, gab Ryuohtah zwinkernd zurück.

In diesem Moment hatten die beiden endgültig und offiziell Freundschaft geschlossen.
 

Ich will an deiner Seite sein

Von jenem Duell an waren Ryuohtah und Nadeshiko ein Herz und eine Seele – sie verbrachten ihre Freizeit miteinander, lernten gemeinsam und saßen im Unterricht beieinander. Niemand konnte mehr glauben, dass sie sich zuvor noch vollkommen aus dem Weg gegangen waren. Besonders Seiketsu freute sich, ihre Nichte endlich in echter Freundschaft zu sehen – nicht einfach nur in Gesellschaft irgendwelcher Mitschülerinnen, die sich nur oberflächlich für genau das interessierten, dem sie zu entfliehen versuchte. Zwar verlangte ihr Bruder regelmäßige Berichte über ihre Fortschritte, doch meist antwortete die Vizu-Kanzlerin erst Tage oder sogar Wochen später, was sie auf die viele Arbeit als Lehrerin schob. In Skandinavien war er ja bereits streng mit seiner Tochter gewesen … zurück in Japan duldete er keinen einzigen Fehltritt. Umso mehr würde er vermutlich toben, wenn er erfuhr, warum Ryuohtah Nadeshiko eines Tages zu einem Ausflug mit einem der Ruderboote einlud.

„Also wohin fahren wir?“, fragte die Obelisk blue – oder vielleicht eher red – neugierig, „Ich kenne dich inzwischen gut genug – du tust nichts ohne irgendeinen Grund. Möchtest du etwa ein Duell auf dem Wasser? Das würde platztechnisch wahrscheinlich etwas eng werden.“

Er lachte nicht über ihren Scherz, zu ernst war die Angelegenheit und er antwortete: „Nein, kein Duell, nicht wirklich. Ich wollte ungestört mit dir reden … außerhalb der Akademie. Shiko, anfangs waren wir Gegner, dann Freunde … aber ich … ich empfinde mehr für dich, schon vom ersten Tag an. Das kommt sicher ziemlich überraschend – entschuldige, dass ich dich damit so überfalle.“

Verblüfft starrte die Rothaarige ihn an, während sich eine kalte Gänsehaut über ihren Körper ausbreitete. Ein Teil von ihr befürchtete, sich lediglich verhört zu haben …

Nur mühsam gelang es ihr ihre Stimme wiederzufinden: „Damit habe ich nicht gerechnet, jedoch … gewünscht habe ich es mir. Erst war ich geblendet, weil ich dachte, du würdest in mir nur ein kleines Mädchen sehen, das sich hier nicht behaupten könnte. Doch du bist zu allen unglaublich freundlich, warmherzige und stets hilfsbereit. Plötzlich wurde ich fast schon … eifersüchtig. Ganz unwillkürlich wollte ich etwas besonders für dich sein. Merkwürdig, nicht wahr?“

Das Wasser plätscherte, so abrupt bewegte sich Ryuohtah auf Nadeshiko zu, ergriff ihre Hände und sah ihr fest in die Augen, ehe er bestätigte: „Das bist du – ich liebe dich, Shiko, nur dich!“

Alles andere auf der Welt war vergessen – nur das Gefühl ihrer Lippen, die sich zärtlich berührten, zählte noch für die beiden.
 

Gegen Ende des Schuljahres wurde Nadeshiko überraschend vom Kanzler zu sich in sein Büro gerufen. Noch immer ahnte er nicht, in Wahrheit seine Nichte vor sich zu haben. Doch sah er dennoch mehr, als irgendjemand ahnte …

„Yosogawa-san, bitte setzt Euch.“, sagte Klerus freundlich, „Ihr fragt Euch sicher, warum ich Euch so dringend sprechen wollte … Ich möchte Euch ein Angebot machen – es mag zunächst etwas merkwürdig klingen, aber ich werde mich bemühen all Eure Fragen dazu zu beantworten. Eine unserer Partnerschule, genau genommen die Nordakademie hat angefragt, ob einer unserer Studenten Interesse hätte, für ein halbes Jahr bei ihnen zu lernen. Ein neuer Kanzler hat dort übernommen, der selbst zeitweise an unserer Schule unterrichtet wurde. Jedenfalls habe ich dabei an Euch gedacht … Wäre Eure Familie nicht umgezogen, hättet Ihr dort studiert, nicht wahr?“

Obwohl die Obelisk nickte, wirkte sie weiterhin verwirrt.

Auf ihre unausgesprochene Frage hin erklärte er: „Wisst Ihr, was meine vorrangige Aufgabe an dieser Schule ist? Ich sitze hier oben in meinem Büro, um alles beobachten zu können. Ich muss dafür Sorge tragen, dass es meinen Studenten gut geht und sie sich in ihrem Dasein als Duellant weiterentwickeln …“

„Und genau da liegt bei mir das Problem … nicht wahr?“, gab Nadeshiko zurück, „Eure Sorge ehrt mich, Fujikawa-sensei. Genau genommen klingt dieser Wechsel sehr interessant. Allerdings … möchte ich Euch dennoch bitten diese Angelegenheit mit einem Duell entscheiden zu dürfen. Es gibt Dinge, die mich hier halten … und ich klären muss. Daher will ich noch einmal gegen Ryuohtah Taiyo antreten … Sollte ich verliere, gehe ich auf die Nordakademie, um mich hoffentlich dort weiterzuentwickeln zu können.“

Lächelnd erwiderte Klerus: „Der Kodex dieser Akademie lautet, jeden Konflikt mit einem Duell zu lösen … daher bin ich einverstanden. Stellt Euch sich dieser Prüfung, Yosogawa-san – egal wie es ausgeht, es wird Euch weiterbringen.“

Nadeshiko verneigte sich tief vor Klerus. Es war nicht so, dass ihre Zensuren abfällig gewesen wären oder sie Duelle verloren hätte – im Gegenteil, es gäbe ihren Eltern nichts negatives über ihre schulische Laufbahn zu berichten. Sie würden das Problem an sich wahrscheinlich auch gar nicht verstehen … sie selbst hatte viel zu lange gebraucht, um wirklich zu verstehen, was mit ihr los war – alles beim Duellieren gründete sich auf das Vertrauen in die eigenen Karten. Und genau das fehlte ihr von vornherein. Ryuohtah hatte Nadeshiko einmal dazu gebracht mit diesem Deck ihr Bestes zu geben. Wenn sie diesmal ohne Rücksicht auf Verluste, versuchte zu gewinnen – und es tatsächlich schaffte, würde sie ihr Deck vielleicht endlich akzeptieren können … Wenn nicht, war Japan der falsche Ort, um sich neu zu orientieren.
 

Verwundert fand sich Ryuohtah am Austragungsort ein, nachdem Seiketsu ihn über das Duell informiert hatte – jedoch ohne den Grund dafür zu nennen. Selbst wenn dies ihr großer Rückkampf sein sollte – hätte er sich dann nicht darauf vorbereiten sollen?

„Shiko, weißt du, wie es dazu kommt, dass wir uns duellieren sollen?“, fragte er seine Liebste,

Da sie es nicht fertigbrachte, ihn anzulügen, überging sie seine Frage und entgegnete nur: „Mach´ einfach deinen Zug.“

Für gewöhnlich hatte er sie den Anfang machen lassen … Doch fragte Ryuohtah nicht weiter nach, sondern entsprach ihrem Wunsch und beschwor einen seiner neuesten Gefährten – »Geheime Sechs Samurai – Doji« mit eintausendsiebenhundert Angriffspunkten. Zudem legte er eine Karte verdeckt ab. Auch Nadeshiko begann mit einem Monster; »Brecher, magischer Krieger« erhielt durch seine automatische Zauberzählmarke dreihundert weitere Punkte, die ihn »Doji« überlegen machten. Dieser kleine Punkteverlust störte den Obelisk blue nicht weiter, dennoch spielte er sein nächstes Monster verdeckt im Verteidigungsmodus. In dem Glauben seiner Falle damit zu entgehen, zerstörte sie mit »Brecher´s« Effekt zunächst seine verdeckte Karte, ehe sie ihn opferte, um »Palladiumorakel Mana« zu beschwören und mit ihr anzugreifen – und tappte damit doch genau hinein, denn »Geheime Sechs Samurai – Genba« verfügte über stolze zweitausendeinhundert Verteidigungspunkte.

„Da habe ich mich wohl verrechnet – bislang war dein Kammerherr ja die stärkste Verteidigung und der Kampf wäre unentschieden ausgegangen.“, murrte die Rothaarige mehr zu sich selbst, „Tja, du hast eben eine Menge gelernt …“

Nun wunderte sich Ryuohtah zunehmend: „Worum geht es hier, Shiko?“

Da ertönte wie auf Stichwort eine Arena-Durchsage: „Ryuohtah Taiyo, mach´ deinen Zug. Sonst wird das als >aufgeben< des Duells gewertet.“

Im Stillen dankte Nadeshiko ihrer Tante für diese Rettung. Da ihm nichts anderes übrig blieb, fügte er sich und aktivierte zu erst die permanente Zauberkarte »Portal der Sechs«, deren Effekt sich nach ihren Bushido-Zählmarken richtete. Danach füllte er seine Reihen mit »Legendäre Sechs Samurai – Kageki« im Verteidigungsmodus auf, samt einer neuen Verdeckten. Um dagegen anzukommen, stattete die Obelisk ihre Hexer mit »Kraft der Magie« aus, was sie um fünfhundert Punkte stärkte und so »Kageki« angriff.

„Du hast meine Falle ausgelöst – Sakuretsu-Rüstung vernichtet dein angreifendes Monster.“, schritt Ryuohtah ein.

Kurz ärgerte sich Nadeshiko, ihm erneut in die Falle gegangen zu sein, dann erwiderte sie störrisch: „Schön, darf eben ihr Alter Ego übernehmen – wenn Mana zum Friedhof wandert, erscheint an ihrer Stelle das Schwarze Magier-Mädchen!“

Als Ryuohtah seine nächste Karte zog, begann sein Hirn zu rattern – es war ein komplizierter Zug und alles hing vom richtigen Timing ab. Schritt eins wechselte »Genba« in den Angriffsmodus, was mit mageren fünfhundert Punkte ein Fragezeichen bei Nadeshiko aufploppen ließ. Weiter ging es damit, dass er »Hand der Sechs Samurai« beschwor, deren Angriffspunkte er mit dem Entfernen von beiden Bushido-Zählmarken auf zweitausendeinhundert erhöhen konnte. Nun war es Zeit für die Zauberkarte »Askese der Sechs« – sie erlaubte es, Ryuohtah einen Samurai auf seinem Feld zu wählen und anschließend einen anderen Samurai mit derselben Stärke für einen Zug aus seinem Deck zu rufen. Glücklicherweise verfügte der »Großmeister der Sechs Samurai« über dieselben Punkte, wie die »Hand«. Da er mit diesen beiden Beschwörungen erneut zwei Bushido-Zählmarken angesammelt hatte, konnte er auch sein neues Monster pushen. So hatte das »Schwarze Magier-Mädchen« keine Chance gegen ihn … und Nadeshiko stand der »Hand« samt »Genba« ungeschützt gegenüber. Ihre Lebenspunkte fielen auf siebenhundert. Der »Großmeister« musste zu ihrem Glück nun auf den Friedhof und die »Hand der Sechs Samurai« kehrte zu ihren Grund-Angriffspunkten zurück. Um ihre Situation zu verbessern, aktivierte Nadeshiko ihren »Topf der Gier« – beide gezogen Karten spielte sie auch direkt, die mit dem »Buch der geheimen Künste« belehrten »Valkyre des Magiers« befreite sein Feld von »Genba«. Sein Punkteverlust hielt sich im Gegensatz zu ihrem immer noch in Grenzen – er versetzte sein verbliebenes Monster in den Verteidigungsmodus und fügte eine verdeckte Karte hinzu. Eine verdeckte Karte kam ebenfalls von Nadeshiko, die einen Angriff hinterher setzte. Der allerdings erneut von Ryuohtah gestoppt wurde – »Das Schicksal verändern« zwang die »Valkyre des Magiers« dauerhaft zu verteidigen. Der Name der Fallenkarte versetzte ihrer Brust einen Stich … denn sie bestritt dieses Duell ja nur aus dem Grund, dass sie ihr Schicksal als Duellantin ergründen wollte.

„Ironie des Schicksals … wieder einmal entscheidet eine verdeckt gespielte Karte über den Ausgang unseres Duells.“, bemerkte Ryuohtah, „Also, Shiko, du hast die Wahl – schenkst du mir die Hälfte ihrer Angriffspunkte als Lebenspunkte oder steckst du sie als Schadenspunkte ein.“

Zweiteres würde bedeuten, dass sie das Duell auf der Stelle verlor … auf die eine Art wäre dies natürlich die leichteste Möglichkeit, um zu einer Entscheidung zu kommen. Doch so würde sie ihren eigenen Grundsatz verraten … Noch hatte sie Karten auf dem Feld, der Hand und im Deck, die sie spielen konnte!

„Das Duell geht noch weiter!“, sagte Nadeshiko entschieden und berndete ihren Zug, in dem er seine Lebenspunkte erhöhte.

Ihrem Beispiel folgend, spielte Ryuohtah seinen eigenen »Topf der Gier«, durch den er den Spielfeldzauber »Tempel der Sechs« zog. Mehr machte er nicht und übergab.

Diese Chance nutzte die Rothaarige und verkündete: „Weil du meine Valkyre mit deiner Falle gefangen hältst, werde ich sie nun mit meiner eigenen Falle befreien – hier kommt Generationswechsel. Indem ich diese hier zum Friedhof schicke, bekomme ich eine neue aus dem Deck. Und damit sie sich nicht so einsam fühlt, spiele ich noch Monsterreanimation, um meine erste Valkyre zurückzuholen! Damit habe ich eine undurchdringliche Barriere geschaffen!“

Sie hatte recht … durch den Effekt der beiden Hexer konnte Ryuohtah keine von ihnen mehr angreifen. Das Duell stand nun kurz vor seinem Ende … das wussten beide. Wenn Nadeshiko ehrlich zu sich war, konnte sie nicht sagen, ob sie der nahende Sieg freute oder nicht – wenn es zu ihren Gunsten ausging, hätte die Obelisk blue ihrem Deck auf gewisse Weise jahrelang Unrecht getan.

„Ich weiß immer noch nicht, was eigentlich Sache ist … aber meine Samurai sind sehr anpassungsfähig. Und ich darf bekanntlich mindestens noch einmal ziehen …“, erinnerte Ryuohtah und mahnte sich innerlich zur Ruhe.

Obwohl er beim letzten Mal hätte verlieren müssen, glaubte der Braunhaarige fest an seine Karten; dass der Clan der »Sechs Samurai« eine Chance gegen die »Magier des Schwarzen Zirkels« hatten. Denn ihre eigenen Spezialeffekte konnten ihnen auch schon mal aus unmöglichen Situationen heraushelfen … Und jener, den er gerade gezogen hatte, könnte ihm durchaus noch den Sieg einbringen.

„Du kennst die Effekte meiner treuesten Krieger …“, meinte Ryuohtah ernst, „Solange sich ein weiterer Anhänger der Sechs Samurai auf meiner Seite des Feldes befindet, kann Yariza dich mit eintausend Punkten direkt angreifen."

Nadeshiko starrte das Monster fassungslos an – schon jetzt, noch vor seinem Angriff wusste sie, dass sie das Duell verloren hatte. Auf dem Spielfeld lagen keine verdeckte Karten mehr, noch gab es etwas auf dem Friedhof, das sie noch retten könnte oder gar eine Schnellzauberkarte auf ihrer Hand … Der »Samurai« holte mit seinem Speer aus und Nadeshiko ging in die Knie, wo sie sich um Luft mühte. Die Augen fest zu Boden gerichtet, während das Publik anders als gewöhnlich keinen Laut von sich gab – bis auf Kanzler Fujikawa.

Er klatschte in die Hände und sprach: „Ich gratuliere dem Sieger! Ihr habt Euch hervorragend geschlagen, Taiyo-san. Aber genauso muss ich in diesem Fall Eurer Gegnerin gratulieren – denn Yosogawa-san wird zeitweilig an die Nordakademie wechseln, um ihre Fähigkeiten zu entfalten.“

Die Rothaarige erhob sich ohne ihn anzusehen. Sie wusste auch so, wie er sie gerade ansah – entgeistert, enttäuscht, wütend.

„Warum, Shiko?“, verlangte er zu erfahren.

Mit trockener Kehle antwortete Nadeshiko: „Weil es nur das Deck ist, das stark ist – nicht ich selbst. Hast du eine Ahnung, was für ein Druck das ist, die Trumpfkarte des Königs der Spiele im Deck zu haben? Ich ertrage es nicht mehr … Du und dein Deck, ihr habt euch in den vergangenen zwei Jahren verändert … Meine Karten sind dagegen immer noch genau dieselben, ich habe mich nicht weiterentwickelt. So kann ich nicht an deiner Seite stehen ... ich will nicht hinter dir zurückbleiben!“

„Und deshalb haust du ab? Was soll sich woanders denn bitte daran ändern?“, keifte Ryuohtah weiter, ehe sich Trauer in seine Stimme legte, „Ich dachte, du liebst mich … Wenn du nur eine Ausrede gesucht hast, um mit mir Schluss zu machen, hättest du dir echt etwas besseres einfallen lassen können …“

Er wartete nicht mehr ab, ob sie noch etwas hinzufügen wollte, sondern stapfte davon. Nun hob die Rothaarige doch den Blick, um ihm nachzuschauen. Dies war ein Moment, indem sie erfahren sollte, wie laut Stille klingen konnte …

Es war Seiketsu, die sie an der Hand nahm und wegführte. Kaum hatte sich die Tür des Kanzlerbüros hinter ihnen geschlossen, liefen die Tränen über Nadeshiko´s Wangen. Ihre Tante nahm sie in den Arm, streichelte ihr über den Rücken.

„Ich … ich muss gehen. Ich muss einfach …“, brachte Nadeshiko nur schwer heraus.

Die Vize-Kanzlerin hauchte ihr einen Kuss auf das Haar, ehe sie erklärte: „Der richtige Weg ist zumeist auch der schwierigere Weg … Taiyo-san wird bald verstehen, dass es keine Entscheidung gegen ihn gewesen ist.“

Nadeshiko löste sich etwas von ihr, wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht. Dann nahm sie das Deck aus ihrer DuelDisk und hielt es Seiketsu entgegen.

„Ich werde es nicht mit zur Nordakademie nehmen. Aber bewahre es bitte auf.“, bat sie und fühlte sich plötzlich unglaublich erleichtert.
 

Erleuchtung im Angesicht der Sterne

Nadeshiko verließ die Fähre und sah an der Mauer hinauf, die sich vor ihr erstreckte. Dahinter konnte sie die Türme der Nordakademie ausmachen. Bei diesem beeindruckenden Anblick vergaß sie beinahe die schneidende Kälte, die hier trotz des Sommers herrschte. In der Duellakademie hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass die Anwärter früher in der Kälte hatten ausharren müssen, bis sie in der Gletscherlandschaft vierzig Karten, also ein vollständiges Deck gefunden hätten, mit dem sie dann gegen die anderen Schüler hatten antreten müssen, um ihren Rang festzulegen … Ob diese Regeln auch für sie als offizielle Austauschschülerin gegolten hätten?

„Hallo. Bist du Nadeshiko Yosogawa?“, sprach sie auf einmal jemand an.

Er schlug seine Kapuze zurück, sodass sein Gesicht und damit seine smaragdgrünen Augen sowie sein petrolfarbenes Haar sehen konnte.

Als Schülerin jener Schule, die er durch Einsatz seines Lebens gerettet hatte, wusste die Obelisk natürlich sofort um wen es sich bei ihrem Gegenüber handelte: „Johan Andersen-sama! Es ist mir eine Ehre, Sie zu treffen. Ja, ja, ich bin Nadeshiko Yosogawa von der Duellakademie.“

Ihre Stimme überschlug sich vor Euphorie, was Johan zum Schmunzeln brachte: „Nicht so förmlich. Herzlich Willkommen auf der Nordakademie! Wir freuen uns, dass du bei uns bist.“

„Wir? Soll das bedeuten Sie … du studierst hier noch?“, gab Nadeshiko perplex zurück.

Nun lachte der Duellant schallend: „Ganz so schlecht waren meine Noten zum Glück nicht. Ich bin seit kurzem der Kanzler dieser Schule.“

Nadeshiko lief feuerrot an und stammelte eine zusammenhanglose Entschuldigung, die Johan mit einem Handwink abtat – dann wurde er plötzlich ganz ernst: „Du hast einen Grund, warum du hierher gekommen bist, nicht wahr? Ich fühle, dass dich etwas beschäftigt.“

In diesem Moment ahnte die Rothaarige noch nicht, wer Johan darauf aufmerksam gemacht hatte – ein kleines, katzenähnliches Wesen mit violetten Fell und leuchtend roten Augen war aufgeregt auf sie zugestürmt und hatte einige fiepende Laute von sich gegeben, die er zu deuten wusste. Und Seiketsu hatte ihm heimlich einen Brief geschickt.

„Ist mir das wirklich so deutlich anzusehen?“, entgegnete Nadeshiko etwas kleinlaut, „Ich … habe wohl eine Art Blockade. Es ist, als käme ich einfach nicht weiter … Ich habe zwar nur ein Duell verloren, wegen dem ich mich auch für diesen Wechsel entschieden habe, aber … manchmal sehe ich meine Karten an und weiß nicht, wofür ich mich eigentlich duelliere. Und jetzt … habe ich genau diese Karten bei meiner Tante an der Duellakademie zurückgelassen. Es ist nicht so, als wären mir diese Karten … egal, aber irgendwie … habe ich die Bindung zu ihnen verloren, falls es jemals eine wirklich Bindung zu uns gab. Verstehst du das, Johan-san?“

Erneut war nur für Johan das Fiepen des Monsters zu hören, dem er unauffällig zunickte. Sein treuer Freund könnte recht behalten … Nadeshiko könnte eben jeder Duellant sein, den er schon so lange suchte.

„Ich möchte dir gern etwas zeigen, Nadeshiko. Folge mir bitte.“, wies er sie an und wandte sich einem Pfad zu, der durch die Eismassen führte.

Obwohl sie sich wunderte, dass sie sich von der Akademie entfernten, tat Nadeshiko wie geheißen und bat ihn gleich noch, sie als »Shiko« anzusprechen. Johan führte sie in eine Höhle, deren Wände komplett vereist waren – es sah aus, als wäre sie verspiegelt. Durch ein Loch in der Decke fiel ein einzelner Lichtstrahl hinein und brach sich an den kantigen Oberflächen in allen sieben Farben des Regenbogens. Genau in der Mitte stand ein von Eis überzogener Stalagmit, dessen Spitze abgebrochen zu sein schien … und darauf lag ein Kästchen aus Holz, in dessen Deckel ein Symbol geritzt war. In der Mitte hatte es einen vierzackigen Stern, der von zwei gezackten Ringen eingerahmt wurde. Verwirrt schaute Nadeshiko wieder zu Johan.

„Leg´ deine Hand auf den Deckel.“, wies er sie an.

Erneut folgte sie seiner Aufforderung – aus irgendeinem unerfindlichen Grund vertraute sie ihm ohne Zögern. Kaum berührten ihre Finger das Holz, begann das Symbol in einem gleißenden Licht zu leuchten und es erschien eine Vielzahl geisterhafter Wesen im Kreis um sie herum. Jeder von ihnen trug eine Art Rüstung, manche von ihnen waren halb Tier und sogar ein Drache war unter ihnen. Ein besonders neugieriger Fratz, der von einem großen Krug begleitet wurde, hüpfte auf ihre Schulter. Da trat Johan an ihre Seite, auf dessen Arm Nadeshiko nun seinen kleinen Begleiter erblickte.

„Was ist gerade passiert?“, fragte sie und blinzelte ein paar Mal schnell hintereinander, „In der Duellakademie konnte ich nie irgendwelche Duellgeister sehen.“

»Rubinkarfunkel« kuschelte sich noch etwas enger an Johan, während er erwiderte: „Manche Menschen haben diese Fähigkeit von Geburt an – andere erhalten sie, wenn sie eine starke Veränderung durchmachen … Diese Karten heißen Sternzeichen-Kundler. Sie repräsentieren Gestirne, Sternbilder und Galaxien. Ich habe sie aus der ganzen Welt zusammengetragen und auf jemanden gewartet, dem ich sie anvertrauen kann … Endlich habe ich diese Person gefunden.“

Das nedliche Kerlchen machte einen Luftsprung und die Geister verschwanden. Daraufhin öffnete Nadeshiko das Kästchen und nahm das darin verwahrte Deck heraus. Ihre Fingerspitzen pulsierten von der Berührung.

Als die Rothaarige seine Karte entdeckt hatte, lächelte sie ihn an und meinte: „Dein Name lautet also Siat … Freut mich, dich und deine Freunde kennenzulernen.“

„Und damit du dein neues Deck richtig kennenlernst, Shiko, fordere ich dich für morgen zu einem Duell heraus.“, erklärte Johan zwinkernd, „Darauf solltest du dich also vorbereiten. Aber in der Akademie – hier wird es auf Dauer zu kalt.“

Beinahe hätte sie die Karten vor Schreck fallengelassen – ihr neues Deck? Ja, Johan hatte gesagt, er hätte denjenigen gefunden, dem er sie anvertrauen könnte … Sie war den »Sternzeichen-Kundlern« gerade erst begegnet, sogar wortwörtlich, und dennoch fühlte sich sie ihnen schon weit verbundener, als den »Magiern des Schwarzen Zirkels« während all der Zeit. Allein die Tatsache, dass Nadeshiko nicht fror, obwohl beide von Eis umgeben waren, zeigte, von welcher Stärke ihre Verbindung schon jetzt zeugte.

In der Akademie angelangt, brachte Johann erst einmal ihr Gepäck auf das ihr zugewiesene Zimmer im Schülertrakt. Anders als in der Duellakademie gab es keine direkten Unterschiede zwischen den Schülern – früher einmal hatte auch hier ein Ranking-System geherrscht, welches Johann allerdings mit dem Erklimmen von Platz eins, dem sogenannten Sitz des Zaren, direkt abgeschafft hatte. Von da an wurden alle Studenten gleich behandelt – statt ihnen ihre Fehler vorzuhalten, konnte die schlechteren unter ihnen zusätzliche Nachhilfekurse belegen, um sich zu verbessern. Anschließend zeigte er Nadeshiko, gehüllt in einen wärmen Mantel, den Rest des Schulgeländes, welches zum Schutz durch einen hölzernen Wall eingezäunt war. Zum Abschluss seiner Führung brachte der Blauhaarige sie in die Bibliothek – dort gab es allerdings nicht nur Bücher, sondern vor allem Karten. Mit großen, staunenden Augen sah sich Nadeshiko um. Meterlange Vitrinen, Regale voller gefüllter Ordner, überall wurden Karten aufbewahrt.

„Dieser Ort ist das Herzstück unserer Akademie.“, berichtete Johann stolz, „Ich weiß nicht, ob du die Geschichte kennst, dass die Studenten früher vierzig Karten in der Wildnis sammeln mussten – jedenfalls das ist das Ergebnis daraus. Jeder Duellant, der Karten fand, die er nicht für sein Deck benötigte, wurden hier gesammelt. Manchmal gab es auch Kartenspender von außerhalb. Jedenfalls dürfen alle unsere Schüler sich während ihrer Zeit bis zu maximal vierzig Karten aussuchen, um ihre Decks umzubauen, je nach Wertigkeit der Karte von eins bis fünf. Wenn du nach etwas bestimmten, wie Kartenname oder -text suchst, kannst du gern den Computer benutzen. Dort findest du alle Informationen angefangen bei der entsprechenden Wertigkeit, über verfügbare Anzahl bis hin zum Standort. Hast du noch irgendwelche Fragen?“

So völlig sprachlos war es schwer ihm darauf eine Antwort zu geben: „Ich … also … Das ist alles so unglaublich! Und es ist wirklich in Ordnung, wenn ich hier auch Karten nehme? Ich meine … du hast mir schon die Sternzeichen-Kundler übergeben und nun das hier … Ist das nicht zu viel? Vor allem da ich eigentlich zur Duellakademie gehöre.“

Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte lächelnd: „Jetzt bist du hier. Die Sternzeichen-Kundler haben dich erwählt – ich habe dich ihnen nur vorgestellt, es hätte genauso gut nicht funktionieren können. Außerdem mögen diese Karten zwar besonders sein, doch noch ist es kein vollständiges Deck; das wäre auch viel zu einfach – du selbst musst nun beweisen, dass du ihre Stärke durch die Kombination mit anderen Karten hervorbringen kannst. Glaube an dich, Shiko, und vertraue deinem Deck!“

Tränen sammelten sich in ihren Augenrändern. Bevor sie sich zügeln konnte, hatte sie sich bereits in Johan´s Arme geworfen. Er streichelte sanft über ihr Haar und redete ihr gut zu. Darum war sie zuletzt gegen Ryuohtah angetreten … genau deshalb war sie an die Nordakademie gekommen – weil sie sich beweisen wollte, dass sie ein Deck eigens zusammenstellen konnte! Man könnte sich fragen, warum Nadeshiko dies nicht bereits zuvor getan hatte … einfach ihre Hexer auf die Seite geschoben und sich neue Karten besorgt hatte – weil sie kein Thema gefunden hatte, das wirklich ihr entsprach. Ryuohtah hatte seine »Sechs Samurai«, er selbst war ein großer Verehrer dieser Kultur … Seiketsu besaß ein LICHT-Deck, das genauso hell strahlte, wie sie.

Dankbar löste sich Nadeshiko wieder von Johan und sagte: „Hoffentlich ist dein Deck bereit für eine Herausforderung!“

Sie grinsten einander an, dann zog der Kanzler sich zurück und überließ sie ihrer eingehenen Recherche. Grundlegend war Nadeshiko an ein Deck mit exakt vierzig Karten gewöhnt – zwar durften Duellanten auch bis zu sechzig Karten benutzen, doch bestand dabei die Gefahr, sich zu sehr zu verzetteln. Die Sternzeichen-Kundler setzten sich aus mehreren Effekt-Monstern sowie Xyz-Monstern zusammen – hinzukamen Zauber- und Fallenkarten. Also gerade einmal knapp ein halbes Deck, genug Spielraum um dem ganzen eine persönliche Note zu verleihen. Wenn sie sich die Effekte der Monster so ansah, fielen zwei Richtungen sofort ins Auge – zum einen waren sie darauf ausgelegt, mehrere Beschwörungen in einem Zug durchzuführen und zum anderen konnten sie dahingehend die Anzahl ihrer Sterne im Sinne der Xyz-Beschwörung ändern. Ganz anders, als die »Magier des Schwarzen Zirkels«, die eher auf Tricks und Einzelstärke setzten. Von Ryuohtah hatte sie vor allem im letzten Duell gelernt, wie wichtig Angriffskonter waren – da ähnelten ihre neuen Karten seinen »Samurai«, sie brauchten einander und mussten beschützt und wenn nötig zurückgeholt werden können. So arbeitete Nadeshiko sich Stück für Stück durch die Datenbank, bis sie tatsächlich vierzig Karten im Hauptdeck und fünfzehn Karten im Nebendeck, das dazu diente sich auf bestimmte Gegner besser einzustellen beziehungsweise vor Beginn eines Duells noch Karten austauschen zu können, zusammen hatte.
 

Am nächsten Tag pünktlich zur Mittagszeit trafen sich Johan und Nadeshiko auf dem großen Platz zwischen den zahlreichen Unterkünften. Die anderen Schüler hatten sich als Zuschauermenge versammelt. Seitdem er der neue Kanzler der Schule war, trat er zum ersten Mal in einem Duell an und sie brannten darauf sein Deck in Aktion zu sehen.

„Es ist Zeit für ein Duell!“, riefen Johan und Nadeshiko synchron.

Sie zogen ihre Starthand und ganz der Gastgeber überließ er ihr den ersten Zug. Zunächst beschwor sie »Sternzeichen-Kundler Leonis«, der jedoch nicht lange auf dem Feld blieb – seine besondere Fähigkeit ermöglichte ihr eine weitere Normalbeschwörung und daher opferte sie ihn, um »Sternzeichen-Kundler Jungfrau« mit zweitausenddreihundert Angriffspunkten zu rufen. Dazu legte sie eine verdeckte Karte – manche Dingen schienen sich nie zu ändern. Johan übernahm und spielte zunächst die Feldzauberkarte »Antike Stadt – Regenbogenruine«. Als nächstes rief er sein Monster »Kristallungeheuer Topastiger«, den er zusätzlich mit »Kristallfreisetzung« ausstattete, was ihm weitere achthundert Angriffspunkte bescherte. Damit hatte er bereits genug Power, um Nadeshiko´s Monster zu vernichten, doch er bekam durch seine eigene besondere Fähigkeit nochmal vierhundert weitere Angriffspunkte und griff daraufhin an.

„Da du einen Sternzeichen-Kundler angreifst, aktiviere ich meine verdeckte Fallenkarte … Sternzeichenmeteor! Zwar rettet das meine Jungfrau in diesem Zug nicht, doch dein Topastiger kehrt nach dem Angriff ins Deck zurück!“, griff die Rothaarige ein, die trotz dessen fünfhundert Schadenspunkte kassierte.

Ihr Widerstand imponierte Johan und er verabschiedete sich von seinem Freund, allerdings konnte er durch die Zerstörung von »Kristallfreisetzung« noch »Kristallungeheuer Kobaltadler« in seine Zauber- und Fallenkartenzone legen. Zudem spielte er eine weitere Karte verdeckt. Nachdem Nadeshiko »Sternzeichen-Kundler Rasalhague« auf das Feld geholt hatte, opferte sie ihn gleich wieder, um »Leonis« vom Friedhof zurückholen zu können.

„Und weil Sterne nie allein sind, darf Sternzeichen-Kundler Kaus ihm Gesellschaft leisten. Zudem steigerte sein Effekt Leonis´ Stufe um eins. Da ich nun zwei Monster der Stufe vier besitze, kann ich das Überlagerungsnetzwerk bauen … und rufe als Xyz-Beschwörung Sternzeichen-Kundler Praesepe! Doch das war noch nicht alles – wenn ich Xyz-Material abhänge, erhält Praesepe eintausend Angriffspunkte gutgeschrieben.“, erklärte sie, wobei ihre eine deutliche Euphorie anzumerken war.

Doch all der Punkte zum Trotz senkte Johan mit »Regenbogenpfad« auf null.

„Zudem bekomme ich eine ganz besondere Karte auf die Hand – nämlich meinen allmächtigen Regenbogendrachen!“, meinte er Blauhaarige grinsend.

Daher spielte seine Gegenüber eine Karte verdeckt, ehe sie ihren Zug beendete. Johan spielte in diesem Zug rein auf Verteidigung – »Kristallungeheuer Smaragdschildkröte« mit zweitausend Verteidigungspunkten, »Kristallungeheuer Kobaltadler« kam durch die Wirkung von »Kristallverheißung« zurück auf das Feld, anschließend legte er ebenfalls noch eine Karte verdeckt ab. Auch Nadeshiko verstärkte ihre Seite mit zwei Monster – zum einen kehrte mit »Ruf der Gejagten« »Sternzeichen-Kundler Jungfrau« zurück und als Normalbeschwörung schloss sich ihnen »Sternzeichen-Kundler Pollux« an, der zum Sternbild Pisces gehörte. Dem Feld fügte die Rothaarige fügte wieder eine verdeckte Karte hinzu und griff mit ihrem zurückgeholten Monster seine grüne Schildkröte an, die natürlich als Rohjuwel verblieb. Diese Situation nutzte der junge Kanzler jedoch für die Aktivierung von »Kristallkonklave«, die ihm »Kristallungeheuer Bernsteinmammut« im Verteidigungsmodus bescherte. Allerdings verwandelte »Praesepe« ihn genauso in seine Ursprungsform, wie es zuvor mit dem Smaragd geschehen war.

Johan klatschte einmal in die Hände und sagte anerkennend: „Du schlägst dich sehr gut, Shiko. Aber ich glaube, wir sollten noch ein wenig Fahrt aufnehmen …“

Er zog seine Karte und lachend aktivierte Nadeshiko ihre verdeckte Karte: „Ich habe drei LICHT-Monster auf dem Feld und Solarstrahl brutzelt dir für jedes von ihnen dreihundert Punkte weg.“

Damit lag sie um vierhundert Punkte in Führung – ein Zug, den sie einmal bei Seiketsu gesehen hatte. Doch nun war Johan wieder am Zug. Durch »Kristallverbindung« holte er sich ein bestimmtes »Kristallungeheuer« aus dem Deck auf die Hand und anschließend beschwor er es sogleich. »Saphirpegasus« – dessen Effekt ließ einen weiteren Edelstein in Johan´s Zauber- und Fallenkartenzone sprießen. Dort blieb er jedoch nicht lange; »Rubinkarfunkel« und die anderen Edelsteine kehrten aufgrund seiner besonderen Fähigkeit zurück auf das Feld. So aufgestellt spielte Johan zwei weitere Karten – eine verdeckt und mit »M-Kraft« verlieh er »Bernsteinmammut« fünfhundert Punkte extra, die ihn stark genug machten Nadeshiko´s »Jungfrau« einen weiteren Besuch auf dem Friedhof zu verschaffen, zumindest eigentlich …

„Nicht so hastig! Ich hänge Xyz-Material von Praesepe ab, sodass ihre Stärke auf dreitausenddreihundert steigt! Himmlischer Flügelschlag!“, setzte sie seinem Angriff entgegen.

Zwar hatte Johan etwas Schaden einstecken müssen, doch »Saphirpegasus« spießte »Pollux« mit seinem blau schimmernden Horn auf. Abschließend legte er zwei verdeckte Karten. Die Karte, die Nadeshiko nun zog, brachte sie ins Grübeln. Jene Karte, die sie durch »Dimensionskapsel« aus dem Spiel nehmen würde, würde sie in zwei Zügen auf die Hand erhalten. Welches wäre wohl die richtige Strategie? Johan hatte bereits fünf von sieben »Kristallungeheuern«, um den »Regenbogendrachen« zu rufen, den er sogar schon im Blatt hatte … In ihrem gesamten Deck gab es nur ein einziges Monster, das diesem legendären Wesen auch nur ansatzweise etwas entgegen setzen konnte … Tief in ihrem Innern spürte sie, in welche Karte sie ihr Vertrauen legen musste … Nachdem sie das erledigt hatte, wollte sie Johan´s Feld etwas leer räumen – »Jungfrau« verlagerte »Saphirpegasus«, wobei der Schaden leider durch die Zauberkarte »Kristallblitz« zunichte gemacht wurde. Auch »Praesepe´s« Angriff auf »Rubinkarfunkel« verlief nicht wirklich wie geplant … Durch »E-Kraft« holte der Blauhaarige »Kristallungeheuer Bernsteinmammut« zurück auf das Feld, woraufhin sich die Attacke auf ihn richtete und mit »Bernsteinkristallkreis« wurde er stärker, als Nadeshiko´s »Sternzeichen-Kundler«, zudem kassierte sie eintausendsechshundert Schadenspunkte.

„Tut mir echt leid für die grobe Behandlung meines Mammuts.“, entschuldigte sich Johan spielerisch, „Aber damit du nicht vergisst, dass das hier ein Duell ist, rufe ich Kristallungeheuer Amethystkatze! Los, komm´ raus und greif´ Shiko direkt an – das kann sie nämlich mit der Hälfte ihrer Angriffspunkte!“

So langsam sah es wirklich nicht gerade rosig aus – es fehlte nur noch ein einziges »Kristallungeheuer« und das nur Dank ihrer Fallenkarte zu Beginn des Duells, aber nichtsdestotrotz würde der »Regenbogendrache« sicher nicht mehr sehr lange auf sich warten lassen … Nadeshiko lief die Zeit davon. Da kam eine weitere Fallenkarte zum Verdecktsetzen gerade recht. Des weiteren leistete »Smaragdschildkröte« ihren Freunden in der Zauber- und Fallenkartenzone Gesellschaft.

Doch als Johan »Kristallleuchtfeuer« aktivierte, wurden ihre Befürchtungen sogar noch schneller wahr, denn er sprach: „Hast du ihn vermisst? Hier kommt Kristallungeheuer Topastiger! Nun da ich alle sieben Kristallungeheuer auf meinem Feld oder Friedhof versammelt habe … rufe ich meinen legendären Regenbogendrachen!“

Da erschien er! Das mächtigste Monster des ganzen »Kristallungeheuer«-Decks! Ein Wesen, das Maximilian Pegasus einst explizit für Johan Andersen erschaffen hatte …

„Ich hätte nie gedacht, dieses Monster jemals zu Gesicht zu bekommen! Jeder Schüler der Duellakademie kennt die Geschichte, wie du mit seiner Hilfe unsere Schule gerettet hast!“, schwärmte die Rothaarige begeistert.

Da gab Johan zurück: „Ob er dir auch noch gefällt, wenn er dich geschlagen hat? Ich opfere meine Kristallungeheuer und zeige dir seine wahre Macht – für jedes einzelne erhält er zusätzliche eintausend Angriffspunkte! Zeig´s ihr, siebenfarbige Regenbogen-Lichtbrechung!“

„Verzeih´ mir, Johan-san, ich muss deinen Drachen leider an die Leine legen!“, funkte ihm Nadeshiko dazwischen und deckte ihre Karte auf, „Kunai mit Kette, versetz´ ihn in den Verteidigungsmodus!“

Damit hatte sie sich gerade so gerettet, woraufhin Johan applaudierte: „Unglaublich! Na schön, Shiko, gib´ alles bei deinem letzten Zug.“

Genau so war es … ein weiteres Mal würde sie den »Regenbogendrachen« sicherlich nicht abwehren können. Es lief tatsächlich alles auf dieses eine bestimmte Monster hinaus … Sie musste jetzt nur noch die richtige Karte ziehen! Stumm schickte sie eine Bitte an ihren Duellgeist, der möge sie leiten … Und tatsächlich war das Herz der Karten ihr hold!

„Da es jetzt zwei Züge her ist, dass ich Dimensionskapsel aktiviert habe, erhalte ich meine gewählte Karte auf die Hand. Aber alles der Reihe nach – zunächst opfere ich meine Jungfrau, um Sternzeichen-Kundler Alresha auf das Feld zu bekommen. Und da das eine Normalbeschwörung war, erlaubt er mir einen seiner Freunde als Spezialbeschwörung zu rufen.“, berichtete Nadeshiko aufgeregt und sah lächelnd die Karte in ihrer Hand an, „Weißt du, was die Ironie an diesem Deck ist, Johan-san? Das anscheinend schwächste Monster ist der größte Trumpf! Daher beschwöre ich Sternzeichen-Kundler Siat! Durch seine besondere Fähigkeit kann sich mein kleiner Wasserträger auf die Stufe jedes anderen Sternzeichen-Kundlers auf meiner Seite des Spielfeldes steigern … und ich wähle natürlich Stufe sechs von Alrescha. Nun baue ich das Überlagerungsnetzwerk … und rufe als Xyz-Beschwörung Sternzeichen-Kundler Ptolemy M7!“

Der stellare Drache breitete seine Schwingen aus und konnte es größentechnisch absolut mit seinem Gegner aufnehmen – punktetechnisch sah es allerdings anders aus, wie Johan ebenfalls feststellte: „Nicht schlecht, doch seine zweitausendsiebenhundert Punkte können es nicht mit meinem Regenbogendrachen aufnehmen.“

Nadeshiko lachte auf: „Ach, Johan-san, ich dachte, gerade du würdest diese Karten kennen – ich hänge ein Xyz-Material von meinem Drachen ab, was es mir gestattet, ein Monster vom Spielfeld oder Friedhof zurück auf die Hand seines Besitzers zu schicken – los, Regenbogendrache, kehre zu deinem Herrn zurück! Und da dein Feld nun leer ist, ahnst du es sicher … mein Drache hat noch seinen Angriff übrig … Galaxie-Gebrüll!“

Zweitausendsiebenhundert Lebenspunkte minus zweitausendsiebenhundert Angriffspunkte ergab ein gewonnenes Duell!

Stolz auf sich und vor allem ihre Karten eilte Nadeshiko zu Johan, um ihm die Hand zu reichen: „Ich weiß gar nicht, wie ich dir danken soll! Es ist seltsam, Johan-san … zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, als wäre das wirklich … mein Deck. Ich meine, ich war mit meinem alten Deck gut – ich bin schließlich eine Obelisk blue und habe nur gegen Ohtah verloren –, aber jetzt …“

Er ließ sich von ihr aufhelfen, während er bestätigte: „Das ist keineswegs seltsam. Ich habe mein Deck bei einem großen Turnier von Maximillion Pegasus gewonnen … Er sagte damals, sie hätten mich als ihren Meister gewählt. Wie du war ich mit meinem alten Deck erfolgreich und habe die Karten darin respektiert … aber mit meinen Kristallungeheuern ist es etwas anderes – sie sind meine besten Freunde, meine Familie. Und genauso ist es von an mit deinen Sternzeichen-Kundlern – dieses Deck gehört zu deiner Seele. Ich bin unheimlich stolz, in welch kurzer Zeit du die Stärke dieser Karten erkannt hast – wie du Siat und M7 eingesetzt hast, war einfach nur beeindruckend. Du hast es wirklich geschafft!“

Verlegene Röte legte sich auf ihre Wangen.

„Allerdings würde mir schon etwas einfallen, was du tun könntest, um dich zu bedanken …“, bemerkte er, woraufhin die Rothaarige aufhorchte, „Indem du nach deiner Rückkehr zur Duellakademie nochmal gegen Ryuohtah und seine Sechs Samurai antrittst.“

So wie sie seine Art bislang kennengelernt hatte, überraschte sie dieser Vorschlag eigentlich gar nicht … Was würde Ryuohtah wohl davon halten, dass sie ein vollkommen neues Deck hatte? Er hatte ihre Beweggründe nicht verstanden … der Streit saß ihr noch in den Knochen. Allerdings konnte sie zuvor das kommende halbe Jahr nutzen, um ihr Deck noch besser zu meistern und weiter von Johan zu lernen …
 

Eine neue Macht ...

Nadeshiko fühlte sich wohl – der Unterricht bereitete ihr große Freude und sie konnte sich endlich von ganzem Herzen duellieren. Mit diesem Deck herrschten in ihr keinerlei Bedenken mehr, was andere über die Art und Weise denken könnte, wie sie ihre Karten einsetzte. Eben jene innere Freiheit, welche sie sich von Anfang an gewünscht hatte … Apropos natürlich waren ihre Eltern nur mäßig begeistert gewesen, von dem Wechsel ihrer Tochter zu erfahren – Seiketsu hatte es eigentlich unter den Tisch fallen lassen wollen, doch Klerus hatte als Kanzler darauf bestanden, da Nadeshiko nach japanischem Gesetz noch nicht volljährig war. Nichtsdestotrotz hatten Togo und Kai es dann doch hingenommen – schließlich war ein wenig Auslandserfahrung nun auch nicht das schlechteste und möglicherweise könnte Nadeshiko so später noch expansible Kontakte knüpfen, jedenfalls in der Vorstellung ihres Vaters.

In ihrem aktuellen Duell hatte Nadeshiko ein bisschen mit der Schwäche ihrer stärkeren Monster zu kämpfen – ihre Verteidigungspunkte waren zumeist eher bescheiden, doch genau diese Punkte waren dank der Fallenkarte ihres Gegner derzeit ihre Angriffsstärke. Schon bevor die Rothaarige allerdings ihre nächste Karte zog, wusste sie bereits, wer sie unterstützen kam – ihr süßer »Sternzeichen-Kundler Siat«, der sonst zwar nur einhundert Angriffspunkte vorweisen konnte, nun jedoch immerhin eintausendsechshundert. Genug um die Lebenspunkte ihres Gegenüber auf null zu bringen.

„Los, Siat, Flutwelle des Wasserträgers!“, rief Nadeshiko und sah zu, wie der Schwall aus dem kleinen Wasserkrug herausschoss.

Nur dass es sich diesmal hierbei nicht um eine holografische Darstellung handelte … Ihr Gegner stand nass bis auf die Knochen vor ihr, mindestens ebenso perplex wie Nadeshiko. Sie starrte abwechselnd von ihm, zu »Siat« und ihrer DuelDisk.

„Geh´ dich sofort umziehen! Am besten nimmst du vorher noch ein heiße Dusche.“, zerriss eine ihnen vertraute Stimme die Anspannung in der Luft – Johan.

Der Schüler tat, wie ihm aufgetragen worden war. Dennoch warf er einen letzten entgeisterten Blick zu Nadeshiko, die in die Knie war, was gleichzeitig »Siat´s« Ebenbild auflöste. Der Blauhaarige eilte zu ihr, stützte sie.

„Was … was ist da gerade passiert? Siat hat … Was hat er da gemacht? Wie?“, murmelte sie vollkommen geschockt vor sich hin.

Johan legte die Hand an ihr Kinn und zwang sie ihn anzusehen, ehe er entgegnete: „Das war … kein Hologramm. Verstehst du das, Shiko?“

Sie schüttelte vehement den Kopf. In diesem Zustand hatte es keinen Sinn hier mit ihr weiterzureden. Er half ihr hoch und führte sie in sein Büro, wo er erst einmal einen Tee für sie beide aufsetzte. Währenddessen ließ der Schock bei Nadeshiko etwas nach und ihr Kopf begann das Erlebnis zu verarbeiten.

„Was meinst du damit, dass es kein Hologramm war?“, wollte sie wissen, als er die dampfende Tasse vor ihr abgestellt hatte.

Ein Seufzen entwich seiner Kehle, ehe Johan antwortete: „Genau das, was ich gesagt habe – gut, hör´ mir zu … Es gibt Duellanten, die ihre Karten … lebendig werden lassen können. So dass sie … nun ja, echten Schaden verursachen. Mein Freund Jaden zum Beispiel ist einer von ihnen, der König der Spiele Yugi Muto wie man so hört … und ich. Diese Fähigkeit habe ich erhalten, als ich meinen Regenbogendrachen zum ersten Mal gerufen habe.“

„Wenn … wenn es nicht zufällig Siat gewesen wäre … selbst Kaus mit seinem Pfeil oder Leonis mit seinem Schwert wäre schon eine Katastrophe gewesen … Wenn es Ptolemy gewesen wäre …“, überlegte sie laut und vergrub das Gesicht in ihren Händen.

Mitfühlend berührte er ihr Haupt und entgegnete: „Es tut mir unglaublich leid, Shiko, ich … ich hätte dich vorwarnen sollen. Die Duellgeister zu sehen, ist die erste Stufe … das Rufen ist sozusagen die Weiterentwicklung davon. Aber man kann diese Macht kontrollieren, hörst du? Ich habe geschafft und dir wird es ebenso gelingen! Ich bin für dich da.“

Sie sah ihn wieder an. Es war unglaublich, wie sehr Johan an sie glaubte! Niemals hegte er ihr gegenüber Zweifel … In seinen Augen schien sie alles schaffen zu können. In den Wochen, die sie hier verbracht hatte, war er ihr ein wahrer Freund geworden.

„Danke … Ich bin froh, dich zu haben … Johan.“, meinte sie mit einem leichten Lächeln.

Lange genug hatte er sich in Japan aufgehalten, um zu verstehen, was es bedeutete, dass sie ihn rein mit seinem Vornamen ansprach – und er empfand mindestens genauso. Ihre Freundschaft zueinander war ihm sehr wichtig geworden. Und dieses Gefühl war es, welches es Nadeshiko tatsächlich mit einiger Übung gelingen ließ, ihre neu entdeckte Macht zu kontrollieren – wenn sie auch nur die beiden Gallionsfiguren ihres Decks, »Sternzeichen-Kundler Siat« und »Sternzeichen-Kundler Ptomely M7« richtig beschworen konnte.
 

Das entscheidende Duell – Sternzeichen-Kundler gegen Sechs Samurai

Der vertraute Anblick der Akademieinsel verstärkte die Sehnsucht in Nadeshiko. Sie hatte die Duellakademie vermisst … Seiketsu und natürlich Ryuohtah. Dabei war das halbe Jahr auf der Nordakademie regelrecht an ihr vorbei gerast. Johan legte ihr aufmunternd eine Hand auf die Schulter. Seine Gegenwart beruhigte sie ungemein. Am Pier angelangt, hielt Johan ihr dieselbe Hand hin, um ihr von Bord zu helfen. Dankbar lächelte die Rothaarige ihn an. Auf dem Kai wurden sie bereits von Seiketsu und Klerus erwartet. Freudig eilte Nadeshiko zu ihnen und ihre Tante umarmte sie.

„Willkommen zurück, Shiko!“, sagte Seiketsu glücklich, „Danke, Andersen-san, dass Sie sich um sie gekümmert haben.“

Der Blauhaarige winkte ab und schüttelte Klerus die Hand – die beiden Kanzler trafen sich zum ersten Mal persönlich. Plaudernd machte sich die Gruppe auf den Weg zur Duellakademie, wo in der großen Halle ein wichtiges Duell auf sie wartete …

Vor dem Saal blieb Seiketsu stehen und meinte: „Ich habe dein Deck wie gewünscht verwahrt … aber ich glaube nicht, dass du damit antreten willst, nicht wahr?“

„Diese Karten werden für immer ein Teil meines Lebens sein … doch du hast recht, Sei-obasan – ich werde Ohtah mit meinem neuen Deck herausfordern.“, bestätigte sie.

Die Vize-Kanzlerin nickte. Gemeinsam mit dem Schulleiter ging sie voraus, um die Kontrahenten anzukündigen.

Nadeshiko wandte sich an Johan: „Noch ein letzter Rat?“

„Lass´ dich nicht von deinen Gefühlen überwältigen, Shiko. Konzentrier´ dich auf deine Karten, lass´ dein Deck sprechen, dann wird alles gut werden.“, erklärte er ungewohnt ernst, da sprang »Rubinkarfunkel« auf ihren Arm, „Siehst du, Rubin und die anderen drücken dir ebenfalls die Daumen!“

Gerührt erwiderte Nadeshiko: „Danke, Johan. Ich weiß nicht, ob ich ohne dich den Mut dazu hätte, noch einmal gegen ihn anzutreten … Falls ich trotzdem verliere, müssen Sie mich halt doch wieder auf Ihrer Schule aufnehmen, Kanzler Andersen!“

Damit rannte sie los. Es war Zeit für ein Duell!

Obwohl der letzte Satz scherzhaft gemeint gewesen war, bedeutete er für Johan weit mehr, denn er flüsterte kaum hörbar: „Führ´ mich nicht in Versuchung, Ryuohtah den Sieg zu wünschen …“

Anschließend begab er sich selbst auf die Zuschauertribüne. Nadeshiko und Ryuohtah hatten bereits ihre DuelDisks aktiviert.

Doch der Braunhaarige hatte dennoch einen Kommentar abzugeben: „Warum machen wir das eigentlich, Shiko? Wieder vor aller Augen kämpfen – musst du wirklich beweisen, was du auf der Nordakademie gelernt hast? Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass man sich dort anders duelliert, als hier.“

„Und genau das werde ich dir beweisen! Mir hat jemand beigebracht, meinen Karten voll und ganz zu vertrauen … etwas, das ich früher nie wirklich konnte.“, entgegnete sie und zog, „Ich beschwöre Sternzeichen-Kundler Pollux! Ja, ich besitze neue Karten … ein Deck, das vollkommen mir selbst entspricht. Daher aktive ich Pollux´s Effekt, was es mir gestattet, eine weitere Normalbeschwörung durchzuführen – deshalb stelle ich nun auch noch Sternzeichen-Kundler Aldebaran vor. Als nächstes aktive ich die Zauberkarte Funkeln des Sternzeichen-Kundlers, was es mir erlaubt, meinen Stier um eine Stufe zu steigern. Jetzt baue ich das Überlagerungsnetzwerk und rufe als Xyz-Beschwörung … Sternzeichen-Kundler Omega! Zum Schluss setze ich noch eine Karte verdeckt und übergebe an dich.“

Es war Ryuohtah anzusehen, dass er absolut nicht mitkam – die Tatsache, dass sie sich von ihrem alten Deck getrennt hatte, haute ihn um. Vollkommen verdattert starrte er ihre Monster mit offenem Mund an. Klar hatte sie von dem Druck gesprochen, unter dem sie anscheinend litt, aber seine Karten deshalb auszutauschen …

Als das Publikum unruhig wurde, begriff der Obelisk, dass er längst am Zug war. Aus seinem Blatt spielte er »Die Sechs Samurai – Irou«. Zusätzlich legte er zwei Karten verdeckt. Nadeshiko rief »Sternzeichen-Kundler Sheratan« auf das Feld, wodurch sie »Acubens« auf die Hand nehmen konnte. Und nachdem sie ein Xyz-Material von »Omega« abgehängt hatte, griff dieser »Irou« an. Um seinen Angriff aufzuhalten, spielte Ryuohtah »Sakuretsu-Rüstung«.

Auf diese Taktik war die Rothaarige allerdings vorbereitet: „Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen – ich wusste, du würdest mir eine Falle stellen. Doch wenn ich Omega´s Spezialeffekt aktiviert habe, schützt ihn das vor sämtlichen Zauber- und Fallenkarten.“

„Dann darf eben meine zweite Falle in Aktion treten – Shien´s Komplott.“, gab er auf die Vernichtung seines Monsters zurück, „Da du einen Sechs Samurai zerstört hast, rufe ich stattdessen von meiner Hand Legendäre Sechs Samurai – Kageki und Geheime Sechs Samurai – Kizaru!“

Kaum merklich hob Nadeshiko eine Augenbraue und bemerkte spöttisch: „Wie es scheint, hast du ebenfalls wieder ein paar neue Karten.“

Ryuohtah schwieg und beschwor »Legendäre Sechs Samurai – Enishi«, der durch seinen Effekt fünfhundert zusätzliche Angriffspunkte erhielt.

„Da du wohl neuerdings auf Xyz-Beschwörungen stehst, nehme ich Kageki und Kizaru, um das Überlagerungsnetzwerk zu bauen … zeige dich, Schatten der Sechs Samurai – Shien!“, kommentierte er beinahe belanglos.

Seine Attacke auf »Omega« blockierte Nadeshiko jedoch – »Dimensionsgefängnis« entfernte sein Xyz-Monster aus dem Spiel. Dafür gelang es »Enishi« den Widder auf den Friedhof zu schicken. In der »Dimensionskapsel« versteckte die Rothaarige diesmal ein anderes Monster und rief ein weiteres verdeckt im Verteidigungsmodus, ehe »Omega« sind um den verbliebenen Samurai kümmerte. Da die »Sechs Samurai« ebenso aufeinander angewiesen waren wie die »Sternzeichen-Kundler«, beschwor Ryuohtah nun »Legendäre Sechs Samurai – Shinai« samt »Legendäre Sechs Samurai – Mizuho«, von denen er das Wasserattribut gleich wieder opferte, damit er eine Karte auf Nadeshiko´s Seite zerstören konnte … natürlich wählte er »Omega«. Das Feuer-Monster stürzte sich auf ihre letzte Verteidigung, doch durch seine hohen Verteidigungspunkte, musste der Braunhaarige vierhundert Schadenspunkte einstecken. Dafür setzte er eine Karte verdeckt. Nadeshiko begann ihren Zug damit, »Acubens« zu opfern, um einen neuen »Sternzeichen-Kundler« zu rufen. »Antarens« gestattete es ihr, einen seiner Kameraden vom Friedhof wieder auf ihre Hand zu holen – damit kehrte der Krieger des Zwillingssternbildes zurück. Nur entschied sie sich gegen einen Angriff – sein Deck beinhaltete eine Mengen Fallen, die ihren Monstern schadeten, gerade in einer solchen Situation. Damit war die Rothaarige allerdings auf einen Bluff hereingefallen, denn seine verdeckte ließ »Shinai« wiederauferstehen, wodurch Ryuohtah seinen vorherigen Zug wiederholen und die Schlange zerstören konnte. Anschließend verstärkte er seinen »Samurai« noch mit »Legendäres Ebenholzross« und griff Nadeshiko direkt an. Von diesem Schlag hart getroffen, schwankte die Obelisk etwas – doch nur so lange, bis sie durch »Dimensionskapsel« ein Monster bekam und »Hermestab« dank »Pollux´« Effekt gemeinsam mit ihm auf das Feld rief. Da sie nun zeitgleich wieder zwei Kreaturen der Stufe vier besaß, wurde es Zeit für die nächste Xyz-Beschwörung – »Praesepe« übernahm mit Freude die Aufgabe, Ryuohtah´s Lebenspunkte durch seine besondere Fähigkeit genauso zu stutzen. Zwar blieb »Mizuho« auf dem Feld, weil der Braunhaarige sein Reittier opferte, doch den Schaden musste er kassieren. Nach einer weiteren, verdeckten Karte auf ihrer Seite, übergab sie wieder an ihn. Zunächst entfernte Ryuohtah zwei seiner »Sechs Samurai« aus dem Spiel, um dafür »Enshi, Shien´s Kanzler« beschwören zu können, dessen Effekt »Praesepe« zu spüren bekam und auf dem Friedhof landete.

„Dieses Duell neigt sich Ende entgegen … Mizuho, greif´ Shiko direkt an!“, befahl er.

Doch Nadeshiko widersprach ihm: „Nicht so eilig – mit Ruf der Gejagten hole ich mir Antarens vom Friedhof zurück, um mich zu schützen!“

Da die Schlange erneut auf dem Feld erschienen war, wanderte wieder ein Monster zurück auf ihre Hand. Gleichzeitig galt der Angriff des Feuer-Monsters, als abgebrochen und weil »Antarens« weit mehr Angriffspunkte hatte, griff Ryuohtah sie natürlich nicht erneut an. Sie war im Übrigen auch stärker, als sein »Kanzler«, der daraufhin auf dem Friedhof landete. Wie so gern, setzte Nadeshiko eine verdeckte Karte und beendete ihren Zug.

„Hey, Shiko … dieses Duell verlangt uns echt alles ab, was?“, scherzte Ryuohtah, während er die nächste Karte zog, „Genau, was ich jetzt brauche – hier kommt Topf der Gier!“

Und der Obelisk aktivierte beide Zauberkarten, die er bekommen hatte; »Shien´s Schloss des Nebels«, welches sämtlichen »Sechs Samurai« fünfhundert weitere Angriffspunkte verlieh, samt einem neuen »Legendären Ebenholzross« für »Legendäre Sechs Samurai – Mizuho«. Da dies allerdings immer noch genügte, um ihre Schlange zu köpfen, übergab er – zumindest sollte er vor dem größten Schaden geschützt sein. Nadeshiko legte die Hand auf ihr Deck und atmete tief ein. Er hatte recht … das Duell zerrte an ihr, sie wollte nicht mehr gegen ihn kämpfen und gleichzeitig konnte sie weder aufgeben noch ihn gewinnen lassen. Sie musste es mit einem Sieg zu Ende bringen!

„Ich beschwöre Sternzeichen-Kundler Kaus und nutze seinen Spezialeffekt, um ihn auf Stufe sechs zu steigern.“, machte sie ihren Zug, „Jetzt kann ich das Überlagerungsnetzwerk bauen … und rufe als Xyz-Beschwörung mein mächtigstes Monster – komm´ raus, Sternzeichen-Kundler Ptolemy M7!“

Der mechanische Stellar-Drache gehorchte seiner Herrin. Ein Raunen ging durch die Zuschauermenge, seine Größe ließ Ryuohtah zusammenzucken … das bedeutete allerdings nicht, dass er aufgab. Natürlich wollte Nadeshiko »Mizuho« zurück auf seine Hand schicken, doch ihr Gegenüber hatte einen »Samurai« auf dem Friedhof, den er aus dem Spiel nehmen konnte, um einen seiner Kumpanen vor besonderen Monstereffekten beschützen konnte. Damit rettete Ryuohtah sich mit verbliebenen zweihundert Lebenspunkten und sein Monster, indem er erneut die Ausrüstungszauberkarte opferte, in den nächsten Zug. Genau wie Nadeshiko besaß er nur ein einziges Monster, das ihn noch retten konnte … und nur eine Karte in seinem Deck konnte dieses jetzt noch zurückbringen.

„Ich spiele Geheime Fähigkeiten der Sechs Samurai! Indem ich meinen Samurai opfere, darf ich ein verbanntes Monster zurückrufen.“, rief der Braunhaarige aus, „Schatten der Sechs Samurai – Shien, greif´ ihren Drachen an!“

Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, ehe sie ihm entgegensetzte: „Unser erstes Duell hättest du durch deine letzte, verdeckte Karte gewinnen können … Ich dagegen aktiviere sie – hier kommt Erleuchten! Diese Fallenkarte annulliert nicht nur deine Attacke … sie schreibt M7 auch noch die Punkte bis zur EndPhase meines nächsten Zuges zu, mit denen du ihn angegriffen hast.“

Resigniert seufzte Ryuohtah: „Jetzt siehst du wenigstens endlich die großartige Duellantin in dir, die ich schon immer in dir gesehen habe.“

„Es wird Zeit … beenden wir dieses Duell.“, sprach Nadeshiko mit Tränen in den Augen, „Ptolemy M7, Galaxie-Gebrüll!“

Die Energie ihres Monsters riss Ryuohtah zu Boden, als seine Lebenspunkte auf null fielen. Die Menge brach in lauten Jubel aus – das hatte sie sich verdient. Er hätte keine seiner Karten in diesem Duell anders gespielt … Aber Nadeshiko´s Stil hatte er fast nicht mehr wieder erkannt – von der einen Tatsache abgesehen, dass sie das mächtigste Monster des Decks nie zu Beginn rufen würde, selbst wenn sie eine entsprechende Kombination spielen könnte. Es würde ihr niemals im Traum einfallen, das Deck ihres Gegners anzugreifen oder ihn an Spielzügen zu hindern … sie wollte sehen, was ihr Gegenüber drauf hatte. Während er diesen Gedanken nachhing, kam der Braunhaarige wieder auf die Füße und sah im letzten Moment noch, wie ihr roter Schopf im Gang nach draußen verschwand. Hastig beeilte Ryuohtah sich, ihr zu folgen – nicht auszudenken, wenn sie schon wieder Johan in die Arme laufen würde! Auf dem gepflasterten Weg vor dem Gebäude holte er sie ein und sein Eintreffen veranlasste Nadeshiko tatsächlich, stehen zu bleiben.

„Was ist auf der Nordakademie mit dir passiert?“, wollte er von ihr wissen.

Ohne ihn anzusehen, antwortete sie: „Ich bin gegangen, um meinen Weg als Duellant wiederzufinden … oder überhaupt erst zu finden … Ich hatte die Verbindung zu meinen Karten verloren. Nein, im Grunde konnte ich nie wirklich an meine Karten glauben. Es stimmt, ich habe das Dunkle Magier-Deck sehr lange Zeit benutzt … und es stecken eine Menge Erinnerungen in ihnen. Aber jetzt … Johan hat mich mit den Sternzeichen-Kundlern vereint und endlich kann ich meinem Deck vollkommen vertrauen.“

„Ja, ja, der ach so tolle Johan Andersen, der dich sogar zurückbegleitet hat …“, keifte Ryuohtah mit aufkeimender Wut, „Sag´ mir die Wahrheit, Shiko – liebst du ihn?“

Nun schwieg Nadeshiko länger, als wahrscheinlich notwendig gewesen wäre … denn diese Frage hatte sie sich selbst mehrfach gestellt … bis zuletzt.

Erst an die Duellakademie zurückzukehren, hatte ihr eine eindeutige Antwort darauf möglich gemacht: „Johan ist ein unglaublich warmherziger Mensch, der allen Lebewesen und Geistern mit dem größten Respekt begegnet. Ich bewundere ihn sehr … aber ich liebe ihn nicht wie … wie ich dich liebe.“

"Shiko ... heißt das, du ... du gibst uns noch eine Chance?", warf Ryuohtah perplex ein.

Zwar drehte sie sich nun zu ihm um, doch sie schaute weiterhin auf ihre Hände, als sie konterte: „Duellanten haben unterschiedliche Ansichten … Vielleicht hätte ich dir auf andere Weise von meinem Vorhaben erzählen sollen, aber ich wollte mich damit auch selbst prüfen. Ich habe auf der Nordakademie nicht nur mein wahres Deck gefunden … ich weiß jetzt, dass ich unsere Liebe nicht aufgeben will.“

„Ich habe mich am Hafen versteckt, als euer Schiff eingetroffen ist. Er hat deine Hand gehalten, um dir von Bord zu helfen und du … du hast ihn so angestrahlt. Die Zeit ohne dich war eine einzige Qual … Aber noch schlimmer war es, dich mit einem anderen zusammen glücklich zu sehen.“, gestand Ryuohtah leise.

Nadeshiko bestätigte mit einem sanften Lächeln: „Du hast mir auch sehr gefehlt …“

Diese Reaktion veranlasste Ryuohtah sich in Bewegung zu setzen, bis sie genau voreinander standen. Er legte die Hände an ihren Hals, um ihren Kopf zu halten und küsste sie. Endlich waren sie wieder vereint!
 

Abschiede

Allzu lange konnte ein Kanzler seine Schule nicht unbeaufsichtigt lassen – daher rückte nach dem Ende des Duells Johan´s Aufbruch sehr schnell nahe … Am Pier hatte sich Nadeshiko, Seiketsu, Klerus und auch Ryuohtah eingefunden, um ihn zu verabschieden. Es fiel Nadeshiko sichtlich schwer, ihn ziehen zu lassen. Selbst wenn ihr Herz bereits einem anderen gehörte, würde er dennoch für immer einen Platz darin haben.

Mit Tränen in den Augen sagte die Rothaarige: „Ich werde dich, Rubin und die anderen Kristallungeheuer unheimlich vermissen … Danke, Johan, tausend Dank für alles, was du für mich getan und mir beigebracht hast! Ich werde dir das nie, niemals vergessen.“

Trotz Ryuohtah´s leicht finsterem Blick nahm er sie fest in den Arm und antwortete: „Besuch´ uns irgendwann wieder, in Ordnung? Dann gibt es das Rückspiel. Und bis dahin vergiss´ nicht, warum dich diese Karten erwählt haben, Shiko – in dir strahlt ein Licht, das bis zu den Sternen reicht!“

Nun ließen sich die Tränen nicht länger zurückhalten. Sie verdankte Johan so vieles! Bevor Nadeshiko es sich anders überlegen konnte, stellte sie sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange, woraufhin er sacht errötete. Seiketsu legte dem Obelisken derweil beruhigend eine Hand auf die Schulter.

Lachend lösten sie sich schließlich voneinander, dann wandte dich Johan an Ryuohtah: „Wenn du sie wieder verletzt, werde ich das nächste Mal gegen dich antreten!“

Für einen Moment war er versucht, den Blauhaarigen sofort herauszufordern, doch er mahnte seine Eifersucht zur Ruhe – so schwer es ihm auch fiel, es zuzugeben … im Grunde genommen hatte er ja recht. Ryuohtah hatte für Nadeshiko kein Verständnis gehabt, sie nicht unterstützt und damit von sich gestoßen. Er hatte zwar ihren Karten Respekt gezollt … jenen Karten, die auch im Deck des Königs der Spiele existieren, jedoch nicht seiner Liebsten und das war wohl der schwerwiegendste Fehler, den er je begangen hatte.

„Keine Sorge, Andersen-san – ich weiß, wie glücklich ich mich schätzen darf.“, entgegnete der Braunhaarige, „Aber ich würde mich trotzdem gerne irgendwann mit dir duellieren.“

Noch ein letztes Zwinkern und Johan begab sich mit der quiekenden »Rubin« auf der Schulter an Bord. Auch »Siat« erschien und winkte ihnen nach, während Nadeshiko sich an Ryuohtah´s Brust lehnte. Allerdings sollte der Abschied von Johan nicht der letzte bleiben – schließlich befanden sich Nadeshiko und Ryuohtah in ihrem Abschlussjahr.
 

Nach dem Ende der letzten Prüfungen suchte die Obelisk war zur Unterkunft von Slifer Red gegangen – obwohl sie ihre Jacke trug, hatte sie diesen Ort nie besucht. Das gelbe, zweistöckige Gebäude mit dem roten Dach lag weiter von der Schule entfernt. Hätte Ryuohtah seine Karte aktiviert, wäre dies wahrscheinlich ihr Zuhause gewesen … so ganz stimmte das auch nicht – die gesamte Duellakademie war ihr Zuhause geworden. Sie griff nach ihrem Deck und lächelte »Siat« an. Wenn Nadeshiko jemand vorher gesagt hätte, wie sehr sie sich hier verändern würde, würde sie keinem geglaubt haben … Doch die Begegnungen und Kämpfe hatten ihre Spuren hinterlassen.

Johan´s Worte klangen in ihrem Kopf, die er nach ihrer Rückkehr zur Nordakademie an ihrem ersten Abend zu ihr gesagt hatte: „Du besitzt nun die Karten der Sternzeichen-Kundler … doch das ist bei weitem noch kein vollständiges Deck. Es liegt nun an dir, ob du es schaffst, ihr wahres Potential zu erwecken.“

Ihr wahres Potential … Bei den Monstern des »Dunklen Zirkels« war ihr das nicht gelungen … nicht wirklich. Das war einer der Gründe, warum die Rothaarige ihre Eltern gedrängt hatte, das Duellieren studieren zu dürfen. In wenigen Tagen bekam sie nun ihr Abschlusszeugnis und würde diese Insel verlassen … Doch würde sie niemals vergessen, welche Lektion sie hier gelernt hatte – wie wertvoll die Freiheit der eigenen Persönlichkeit war …

„Irgendwie wusste ich, dass ich dich hier finden würde.“, meinte ihre Tante und trat neben sie.

Während sie ihr Deck zurücksteckte, antwortete Nadeshiko: „Glaubst du, sie werden meine Sternzeichen-Kundler … und Ohtah akzeptieren?“

Ein kleiner Seufzer entwich Seiketsu´s Kehle: „Weißt du, ich bin unglaublich stolz drauf, wie sehr du dich weiterentwickelt hast. Du bist stark genug geworden, um hinter deinen Entscheidungen zu stehen.“

„Danke, Sei-obasan! Das Duellieren ist nun keine Bürde mehr für mich … ich kann einfach Spaß haben an dem Spiel, das ich liebe.“, erwiderte Nadeshiko glücklich, „Und ich weiß endlich, was ich mit meinem Leben anfangen will – als Johan mir erzählte, die Sternzeichen-Kundler wären auf der ganzen Welt verstreut gewesen, da habe ich mich gefragt, welche Karten wohl noch so versteckt gehalten werden … Wir werden beide für Industrial-Illusions arbeiten und in diesem Bereich forschen.“

Allerdings stand vorher noch eine kleine Reise auf dem Plan – Nadeshiko wollte mit eigenen Augen jene Orte sehen, an denen ihre »Sternzeichen-Kundler« geruht hatten. Diese Möglichkeit hatte ihnen ihr selbst ernannter Mentor geschaffen – mit einem guten Wort, das Johan für beide beim Schöpfer des Spiels höchstpersönlich eingelegt hatte, durften sie den Beginn ihrer Ausbildung etwas nach hinten verschieben.
 

Man besucht eine Schule, um zu lernen … Doch es bedeutet noch weit mehr – man geht Bindungen zu anderen Menschen ein, schafft neue Erinnerungen, geht neue Wege und wächst über sich selbst hinaus. Als Duellant ist man es seinen Karten schuldig, niemals aufzugeben. Für all jene, die diesen festen Glauben an das Herz der Karten haben, wird es stets unendlich viele Möglichkeiten geben!

In Herzensangelegenheiten sieht es ähnlich aus … Ohne gegenseitiges Vertrauen und den Glauben an die Beziehung hat die Liebe keine Chance zu überlegen … selbst bei denjenigen, die sich bereits durch verschiedenste Leben geliebt haben.
 

Das entscheidende Duell – Ohtah gegen Johan

Der vertraute Anblick der Akademieinsel verstärkte die Sehnsucht in Nadeshiko. Sie hatte die Duellakademie vermisst … Seiketsu und auf gewisse Weise sogar Ryuohtah. Dabei war das halbe Jahr auf der Nordakademie regelrecht an ihr vorbei gerast. Johan legte ihr aufmunternd eine Hand auf die Schulter. Seine Gegenwart beruhigte sie ungemein. Am Pier angelangt, hielt Johan ihr dieselbe Hand hin, um ihr von Bord zu helfen. Dankbar lächelte die Rothaarige ihn an. Auf dem Kai wurden sie bereits von Seiketsu und Klerus erwartet. Freudig eilte Nadeshiko zu ihnen und ihre Tante umarmte sie.

„Willkommen zurück, Shiko!“, sagte Seiketsu glücklich, „Danke, Andersen-san, dass Sie sich um sie gekümmert haben.“

Der Blauhaarige winkte ab und schüttelte Klerus die Hand – die beiden Kanzler trafen sich zum ersten Mal persönlich. Plaudernd machte sich die Gruppe auf den Weg zur Duellakademie, wo in der großen Halle ein wichtiges Duell auf sie wartete …

Vor dem Saal blieb Seiketsu stehen und meinte: „Ich habe dein Deck wie gewünscht verwahrt … aber ich glaube nicht, dass du damit antreten willst, nicht wahr?“

„Diese Karten werden auf gewisse Weise für immer ein Teil meines Lebens sein … doch du hast recht, Sei-obasan – ich werde Ohtah mit meinem neuen Deck herausfordern.“, bestätigte sie und wandte sich mit dem Deck an ihren Mentor, „Johan … nimm du diese Karten für die Bibliothek der Nordakademie. Sieh´ es als kleines Dankeschön für das unbezahlbare Geschenk, das du mir gemacht hast. Und vielleicht unterrichtest du ja mal einen Schüler, der dieser Bürde gerecht wird.“

Überrascht sah er sie an – natürlich kannte er jede einzelne dieser Karte von ihren Erzählungen – gleichzeitig verstand er ihre Entscheidung sehr gut und nickte zustimmend. Die Vize-Kanzlerin nickte ihrer Nicht ebenfalls zu, ehe sie gemeinsam mit dem Schulleiter voraus ging, um die Kontrahenten anzukündigen.

Lächelnd wollte Nadeshiko von Johan wissen: „Noch ein letzter Rat?“

„Lass´ dich nicht von deinen Gefühlen überwältigen. Konzentrier´ dich auf deine Karten, lass´ dein Deck sprechen, dann wird alles gut werden.“, erklärte er ungewohnt ernst, da sprang »Rubinkarfunkel« auf ihren Arm, „Siehst du, Rubin und die anderen drücken dir ebenfalls die Daumen!“

Völlig gerührt antwortete sie: „Danke, Johan. Ich weiß nicht, ob ich ohne dich den Mut dazu hätte, noch einmal gegen ihn anzutreten … Falls ich trotzdem verliere, müssen Sie mich halt doch wieder auf Ihrer Schule aufnehmen, Kanzler Andersen!“

Die Rothaarige wollte sich auf den Weg machen, da hielt der Meister der Kristallungeheuer sie plötzlich ganz ernst auf: „Shiko, ich … Es stimmt, in den letzten sechs Monaten warst du Schülerin meiner Schule und deshalb … konnte ich es dir nicht schon früher sagen. Vielleicht mag es auch unfair sein, es dir gerade jetzt zu sagen, aber … bevor du dich zu diesem Duell aufmachst, um eine Entscheidung zu treffen, solltest du alle Facetten kennen … Ich habe mich in dich verliebt!“

Der Blick seiner smaragdgrünen Augen brannte in sie. Es war ihm ernst … und diese Tatsache ließ ihr Herz schneller schlagen.

„Johan, du hast mich aufgefangen ... Durch dich bin ich erst zu einer wahren Duellantin geworden.“, entgegnete Nadeshiko melancholisch, „Ich werde die Sache zwischen mir und Ohtah klären – hier in der Duellakademie lösen wir Probleme nun einmal mit Duellen … Warte bitte solange auf mich.“

Damit rannte sie los. Es war Zeit für ein Duell! Auch er selbst begab sich zum Austragungsort, auf die Zuschauertribüne. Nadeshiko und Ryuohtah hatten bereits ihre DuelDisks aktiviert.

Doch der Braunhaarige hatte dennoch einen Kommentar abzugeben: „Warum machen wir das eigentlich, Shiko? Wieder vor aller Augen kämpfen – musst du wirklich beweisen, was du auf der Nordakademie gelernt hast? Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass man sich dort anders duelliert, als hier.“

„Und genau das werde ich dir beweisen! Mir hat jemand beigebracht, meinen Karten voll und ganz zu vertrauen … etwas, das ich früher nie wirklich konnte.“, entgegnete sie und zog, „Ich beschwöre Sternzeichen-Kundler Pollux! Ja, ich besitze neue Karten … ein Deck, das vollkommen mir selbst entspricht. Daher aktive ich Pollux´s Effekt, was es mir gestattet, eine weitere Normalbeschwörung durchzuführen – deshalb stelle ich nun auch noch Sternzeichen-Kundler Aldebaran vor. Als nächstes aktive ich die Zauberkarte Funkeln des Sternzeichen-Kundlers, was es mir erlaubt, meinen Stier um eine Stufe zu steigern. Jetzt baue ich das Überlagerungsnetzwerk und rufe als Xyz-Beschwörung … Sternzeichen-Kundler Omega! Zum Schluss setze ich noch eine Karte verdeckt und übergebe an dich.“

Es war Ryuohtah anzusehen, dass er absolut nicht mitkam – die Tatsache, dass sie sich von ihrem alten Deck getrennt hatte, haute ihn um. Vollkommen verdattert starrte er ihre Monster mit offenem Mund an. Klar hatte sie von dem Druck gesprochen, unter dem sie anscheinend litt, aber seine Karten deshalb auszutauschen … diese legendären Karten, die sogar dem König der Spiele würdig waren!

Als das Publikum unruhig wurde, begriff der Obelisk, dass er längst am Zug war. Aus seinem Blatt spielte er »Die Sechs Samurai – Irou«. Zusätzlich legte er zwei Karten verdeckt. Nadeshiko rief »Sternzeichen-Kundler Sheratan« auf das Feld, wodurch sie »Acubens« auf die Hand nehmen konnte. Und nachdem sie ein Xyz-Material von »Omega« abgehängt hatte, griff dieser »Irou« an. Um seinen Angriff aufzuhalten, spielte Ryuohtah »Sakuretsu-Rüstung«.

Auf diese Taktik war die Rothaarige allerdings vorbereitet: „Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen – ich wusste, du würdest mir eine Falle stellen. Doch wenn ich Omega´s Spezialeffekt aktiviert habe, schützt ihn das vor sämtlichen Zauber- und Fallenkarten.“

„Dann darf eben meine zweite Falle in Aktion treten – Shien´s Komplott.“, gab er auf die Vernichtung seines Monsters zurück, „Da du einen Sechs Samurai zerstört hast, rufe ich stattdessen von meiner Hand Legendäre Sechs Samurai – Kageki und Geheime Sechs Samurai – Kizaru!“

Kaum merklich hob Nadeshiko eine Augenbraue und bemerkte spöttisch: „Wie es scheint, hast du ebenfalls wieder ein paar neue Karten.“

Ryuohtah schwieg und beschwor »Legendäre Sechs Samurai – Enishi«, der durch seinen Effekt fünfhundert zusätzliche Angriffspunkte erhielt.

„Da du wohl neuerdings auf Xyz-Beschwörungen stehst, nehme ich Kageki und Kizaru, um das Überlagerungsnetzwerk zu bauen … zeige dich, Schatten der Sechs Samurai – Shien!“, kommentierte er beinahe belanglos.

Seine Attacke auf »Omega« blockierte Nadeshiko jedoch – »Dimensionsgefängnis« entfernte sein Xyz-Monster aus dem Spiel. Dafür gelang es »Enishi« den Widder auf den Friedhof zu schicken. In der »Dimensionskapsel« versteckte die Rothaarige diesmal ein anderes Monster und rief ein weiteres verdeckt im Verteidigungsmodus, ehe »Omega« sind um den verbliebenen Samurai kümmerte. Da die »Sechs Samurai« ebenso aufeinander angewiesen waren wie die »Sternzeichen-Kundler«, beschwor Ryuohtah nun »Legendäre Sechs Samurai – Shinai« samt »Legendäre Sechs Samurai – Mizuho«, von denen er das Wasserattribut gleich wieder opferte, damit er eine Karte auf Nadeshiko´s Seite zerstören konnte … natürlich wählte er »Omega«. Das Feuer-Monster stürzte sich auf ihre letzte Verteidigung, doch durch seine hohen Verteidigungspunkte, musste der Braunhaarige vierhundert Schadenspunkte einstecken. Dafür setzte er eine Karte verdeckt. Nadeshiko begann ihren Zug damit, »Acubens« zu opfern, um einen neuen »Sternzeichen-Kundler« zu rufen. »Antarens« gestattete es ihr, einen seiner Kameraden vom Friedhof wieder auf ihre Hand zu holen – damit kehrte der Krieger des Zwillingssternbildes zurück. Nur entschied sie sich gegen einen Angriff – sein Deck beinhaltete eine Mengen Fallen, die ihren Monstern schadeten, gerade in einer solchen Situation. Damit war die Rothaarige allerdings auf einen Bluff hereingefallen, denn seine verdeckte ließ »Shinai« wiederauferstehen, wodurch Ryuohtah seinen vorherigen Zug wiederholen und die Schlange zerstören konnte. Anschließend verstärkte er seinen »Samurai« noch mit »Legendäres Ebenholzross« und griff Nadeshiko direkt an. Von diesem Schlag hart getroffen, schwankte die Obelisk etwas – doch nur so lange, bis sie durch »Dimensionskapsel« ein Monster bekam und »Hermestab« dank »Pollux´« Effekt gemeinsam mit ihm auf das Feld rief. Da sie nun zeitgleich wieder zwei Kreaturen der Stufe vier besaß, wurde es Zeit für die nächste Xyz-Beschwörung – »Praesepe« übernahm mit Freude die Aufgabe, Ryuohtah´s Lebenspunkte durch seine besondere Fähigkeit genauso zu stutzen. Zwar blieb »Mizuho« auf dem Feld, weil der Braunhaarige sein Reittier opferte, doch den Schaden musste er kassieren. Nach einer weiteren, verdeckten Karte auf ihrer Seite, übergab sie wieder an ihn. Zunächst entfernte Ryuohtah zwei seiner »Sechs Samurai« aus dem Spiel, um dafür »Enshi, Shien´s Kanzler« beschwören zu können, dessen Effekt »Praesepe« zu spüren bekam und auf dem Friedhof landete.

„Dieses Duell neigt sich Ende entgegen … Mizuho, greif´ Shiko direkt an!“, befahl er.

Doch Nadeshiko widersprach ihm: „Nicht so eilig – mit Ruf der Gejagten hole ich mir Antarens vom Friedhof zurück, um mich zu schützen!“

Da die Schlange erneut auf dem Feld erschienen war, wanderte wieder ein Monster zurück auf ihre Hand. Gleichzeitig galt der Angriff des Feuer-Monsters, als abgebrochen und weil »Antarens« weit mehr Angriffspunkte hatte, griff Ryuohtah sie natürlich nicht erneut an. Sie war im Übrigen auch stärker, als sein »Kanzler«, der daraufhin auf dem Friedhof landete. Wie so gern, setzte Nadeshiko eine verdeckte Karte und beendete ihren Zug.

„Hey, Shiko … dieses Duell verlangt uns echt alles ab, was?“, scherzte Ryuohtah, während er die nächste Karte zog, „Genau, was ich jetzt brauche – hier kommt Topf der Gier!“

Und der Obelisk aktivierte beide Zauberkarten, die er bekommen hatte; »Shien´s Schloss des Nebels«, welches sämtlichen »Sechs Samurai« fünfhundert weitere Angriffspunkte verlieh, samt einem neuen »Legendären Ebenholzross« für »Legendäre Sechs Samurai – Mizuho«. Da dies allerdings immer noch genügte, um ihre Schlange zu köpfen, übergab er – zumindest sollte er vor dem größten Schaden geschützt sein. Nadeshiko legte die Hand auf ihr Deck und atmete tief ein. Er hatte recht … das Duell zerrte an ihr, sie wollte nicht mehr gegen ihn kämpfen und gleichzeitig konnte sie weder aufgeben noch ihn gewinnen lassen. Sie musste es mit einem Sieg zu Ende bringen!

„Ich beschwöre Sternzeichen-Kundler Kaus und nutze seinen Spezialeffekt, um ihn auf Stufe sechs zu steigern.“, machte sie ihren Zug, „Jetzt kann ich das Überlagerungsnetzwerk bauen … und rufe als Xyz-Beschwörung mein mächtigstes Monster – komm´ raus, Sternzeichen-Kundler Ptolemy M7!“

Der mechanische Stellar-Drache gehorchte seiner Herrin. Ein Raunen ging durch die Zuschauermenge, seine Größe ließ Ryuohtah zusammenzucken … das bedeutete allerdings nicht, dass er aufgab. Natürlich wollte Nadeshiko »Mizuho« zurück auf seine Hand schicken, doch ihr Gegenüber hatte einen »Samurai« auf dem Friedhof, den er aus dem Spiel nehmen konnte, um einen seiner Kumpanen vor besonderen Monstereffekten beschützen konnte. Damit rettete Ryuohtah sich mit verbliebenen zweihundert Lebenspunkten und sein Monster, indem er erneut die Ausrüstungszauberkarte opferte, in den nächsten Zug. Genau wie Nadeshiko besaß er nur ein einziges Monster, das ihn noch retten konnte … und nur eine Karte in seinem Deck konnte dieses jetzt noch zurückbringen.

„Ich spiele Geheime Fähigkeiten der Sechs Samurai! Indem ich meinen Samurai opfere, darf ich ein verbanntes Monster zurückrufen.“, rief der Braunhaarige aus, „Schatten der Sechs Samurai – Shien, greif´ ihren Drachen an!“

Ein kaum merkliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, ehe sie erwiderte: „Unser erstes Duell hättest du durch deine letzte, verdeckte Karte gewinnen können … Ich dagegen aktiviere sie – hier kommt Erleuchten! Diese Fallenkarte annulliert nicht nur deine Attacke … sie schreibt M7 auch noch die Punkte bis zur EndPhase meines nächsten Zuges zu, mit denen du ihn angegriffen hast. Es wird Zeit … beenden wir dieses Duell – Ptolemy M7, Galaxie-Gebrüll!“

Die Energie ihres Monsters riss Ryuohtah zu Boden, als seine Lebenspunkte auf null fielen. Die Menge brach in lautes Gejubel aus – das hatte sie sich verdient. Er hätte keine seiner Karten in diesem Duell anders gespielt … Aber Nadeshiko´s Stil hatte er fast nicht mehr wieder erkannt – von der einen Tatsache abgesehen, dass sie das mächtigste Monster des Decks nie zu Beginn rufen würde, selbst wenn sie eine entsprechende Kombination spielen könnte. Es würde ihr niemals im Traum einfallen, das Deck ihres Gegners anzugreifen oder ihn an Spielzügen zu hindern … sie wollte sehen, was ihr Gegenüber drauf hatte. Während er diesen Gedanken nachhing, kam der Braunhaarige wieder auf die Füße und sah im letzten Moment noch, wie ihr roter Schopf im Gang nach draußen verschwand. Hastig beeilte Ryuohtah sich, ihr zu folgen. Auf dem gepflasterten Weg vor dem Gebäude holte er sie ein und sein Eintreffen veranlasste Nadeshiko tatsächlich, stehen zu bleiben.

„Was ist auf der Nordakademie mit dir passiert?“, wollte er von ihr wissen.

Ohne ihn anzusehen, entgegnete sie: „Ich bin gegangen, um meinen Weg als Duellant wiederzufinden … oder überhaupt erst zu finden … Ich hatte die Verbindung zu meinen Karten verloren. Johan hat mich mit den Sternzeichen-Kundlern vereint und endlich kann ich meinem Deck vollkommen vertrauen.“

„Ja, ja, der ach so tolle und vollkommen uneigennützige Johan Andersen, der dich sogar zurückbegleitet hat …“, keifte Ryuohtah mit aufkeimender Wut, „Sag´ mir die Wahrheit, Shiko – liebst du ihn?“

Nun schwieg Nadeshiko länger, als wahrscheinlich notwendig gewesen wäre … denn diese Frage hatte sie sich selbst mehrfach gestellt … heute erneut.

Erst an die Duellakademie zurückzukehren, hatte ihr eine eindeutige Antwort darauf möglich gemacht: „Johan ist ein unglaublich warmherziger Mensch, der allen Lebewesen und Geistern mit dem größten Respekt begegnet. Du dagegen zeigst mir gegenüber keinerlei Verständnis – du warst regelrecht schockiert, als du gesehen hast, dass ich ein neues Deck benutze. Ich weiß nicht einmal, ob du jemals wirklich mich geliebt hast … oder nur das Bild, das du von mir hattest. Dieselbe Illusion, die meine Eltern schaffen wollten … eine Duellantin, die jene Karten des Königs der Spiele beherrscht.“

Er öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, schloss ihn wieder und meinte dann: „A-aber, Shiko, wir gehören zusammen! Das habe ich vom ersten Moment an gespürt!“

„Mag sein … vielleicht hast du sogar recht.“, gab Nadeshiko zurück, „Doch das ist keine Garantie dafür, dass wir zusammen glücklich sind. Und ich kann nicht mehr an deiner Seite sein … Es stimmt, ich habe mich in Johan verliebt.“

Fast schien es, als hätte ihm »Ptolemy M7« einen weiteren Schlag verpasst. Sein Gesicht verlor alle Farbe – er hatte die Befürchtung gehabt, aber die Bestätigung war etwas ganz anderes …

„Wenn das Schuljahr zu Ende ist, werde ich an die Nordakademie zurückkehren, um das Duellieren weiter zu studieren … Ich weiß, dass ich dich damit noch mehr verletzte, indem ich hier meinen Abschluss mache – aber ich schulde es dieser Schule ihr noch mit meinen Sternzeichen-Kundlern Ehre zu machen.“, fuhr Nadeshiko fort, „Falls du dich der Illusion hingibst, die verbliebene Zeit nutzen zu können, um dich mir wieder zu nähern, bitte ich dich, uns beiden diese Schmach zu ersparen – wenigstens so gut solltest du mich kennen, dass meine Entscheidung endgültig ist.“

Hätte Ryuohtah die Fähigkeit besessen, seine Karten real wirken zu lassen – in diesem Moment hätte er es sicherlich getan. Doch so ballte nur wütend die Hände zu Fäusten und verfluchte stumm Johan Andersen für seine Einmischung in ihre Beziehung. Dabei war er im Grunde genommen selbst an der Situation schuld; er hatte sie von sich gestoßen, in die Arme eines anderen getrieben … auch wenn Ryuohtah es so nicht sehen wollte. Nadeshiko allerdings hielt Wort – obwohl er tatsächlich versuchte, sich wieder mit ihr zu versöhnen, ließ sich das Bild von ihm, welches sich in ihr Herz gebrannt hatte, nicht mehr auslöschen – und wann immer sie sich nach Halt und Zuneigung sehnte, dachte sie einzig an den blauhaarigen Kanzler im hohen Norden.
 

Selbst wenn man vom Schicksal füreinander bestimmt scheint, ist das noch lange keine Garantie, miteinander glücklich zu werden … Denn niemand ist Sklave des Sterns, unter dem er geboren wurde – das Leben wird durch eigene Entscheidungen bestimmt und jede von ihnen zieht Konsequenzen nach sich. In jeder Realität ist es ein harter, steiniger Weg, um die Gunst des geliebten Menschen zu erringen – nicht einmal Ohtah und Shiko schaffen es immer zueinander zu finden.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zum ersten Mal habe ich für Shiko ein alternatives Ende geschrieben, bei dem sie kein Happy End mit Ohtah erfährt ... Ich habe es (noch) nicht geschafft, dies in einer Hauptstory zu tun, allerdings halte ich ihre Geschichte so für ... realistischer(?). Es gibt unter uns bestimmt viele, die zwar lieben, aber wo Liebe allein einfach nicht genug ist ... Komplett anzeigen

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