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Die Zauberin und der Fall der Arkana

Die Abenteuer der Zauberin Freya, vierte Staffel
von

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Freya in: (25) Menschenjagd (Karte: Sterne, umgekehrt)

Akt 5, Szene 1 – Ansage
 

Die Szene spielt in Freyas alter Kammer auf der Burg: Ein Bett, ein Schrank, ein Bücherregal, ein Tisch und ein Bild eines Pferdes an der Wand. Sancide liegt auf diesem Bett, die Maske tragend und weggetreten, während Freya sich ihr Konventsgewand anzieht. Als sie damit fertig ist, beobachtet sie neugierig Sancide und wartet.
 

Freya: Wie geht es weiter?
 

Sancide: Kannst du mir sagen, wo sich Mineda Morga aufhält?
 

Freya: Nein. Weiß Taja das nicht?
 

Sancide: Nein.
 

Freya: Und was heißt das für uns?
 

Sancide: Für dich heißt das nichts. Unsere Wege trennen sich nun.
 

Freya: Lass mich nicht allein!
 

Sancide: Das muss ich. Ich habe dafür Takea gefunden und ihren blonden Helden. Sie warten auf dich in der Hütte in Dela.
 

Freya: Du hast meine Elfe erreicht? Das ist wundervoll. (Sie umarmt sie.)
 

Sancide: Orimas Maske ist beeindruckend. Stört es dich, wenn ich dieses Zimmer nutze?
 

Freya: Was du willst.
 

Sancide: Zeigst du mir auch dein Hautbild?
 

Freya: Klar.
 

Freya knöpft ihre Robe auf und präsentiert Sancide ihren Bauch.
 

Sancide: Es ist schön.
 

Freya: Besuche mich doch in Perricum, wenn alles vorbei ist. Es gibt dort genug Sonne, Sand und Palmen für uns beide.
 

Sancide: Versprochen. Gute Reise.
 

Freya geht ab. Sancide bleibt einen Augenblick sitzen und spricht dann zum Pferdebild.
 

Sancide: Vergib mir.
 

Dann steht sie auf, nimmt ein Tuch und deckt es ab. Black.
 

Akt 5, Szene 2 – Teshkal, Burg der Pferdeherrin
 

Der Festsaal platzt aus allen Nähten, so gefüllt ist er mit Andergaster Vasallen, Rittern aus Greifenfurt und anderen Teilen des Reiches, thorwalschen Axtkämpfern, Teshkaler Reitern, Volk und anderen Repräsentanten des aventurischen Nordwestens – nur die beiden Thronsessel im Zentrum bleiben leer. Marja, Lorana, Turike und Iskara nehmen von Gunda geführt den langen Weg auf, der sie vielleicht durch die Reihen des Publikums führt. Dabei reden sie.
 

Gunda: Ich weiß nicht, ob ihr es schon vernahmt, doch der Bote des Lichts in Praios sprach König Efferdan und seiner Familie das Königsheil ab. Das sorgt hier für einigen Wirbel.
 

Iskara: Ganz Andergast ist ja vertreten, aber viele Wappen kenne ich nicht.
 

Gunda: Das ist die Thuranische Legion unserer Zeit – nur diesmal auf unserer Seite.
 

Iskara: Ich bin ja so aufgeregt! Gleich werde ich auf den König treffen.
 

Gunda: Freue dich auf Freiherrin Ossyra von Teshkal. Sie ist noch viel beeindruckender.
 

Sie stellen sich in die Menge. Nach einer Weile strömt ein Schwarm Entscheidungsträger-Statisten herein, dem sich Rufus und Rinn anschließen. Schließlich tritt Rufus ins Licht und beginnt zu sprechen.
 

Rufus: Hört mir zu. Bitte, seid leise.

Ihr alle habt die Nachricht vernommen: Die Praioskirche kniet vor Atim-Suraq. Ich frage euch aber: Wie echt kann ein Gott sein, den nicht einmal unsere Väter kannten?

In dieser dunklen Stunde komme ich zu euch, um mich zu offenbaren. Ich bin der Wahre Kaiser, der Hirte des Menschengeschlechts seit dem Auszug aus Thalami Sora. Ich war der Horas, der die Siedler aus dem Güldenland führte, ich war der Raul, der das falsche Dämonenkaiserreich zerschnitt und ich führte vor Jahrtausenden Siedler in den Wald, um meine Stadt Andragard zu errichten. Man nannte mich Frühlingsheld, weil ich mich selbst verjünge und immer wieder vergesse, um bleiben zu können, wer ich bin. Eines kann ich jedoch versichern: Ich bin die Macht der gesamten Menschheit und mehr als willig, sie in ihr eigenes Zeitalter zu führen.

Lernt auch mein Weib kennen, die Zauberkönigin Rinn. Ihr ist es bestimmt, Atim-Suraq zu töten. Nun wünsche ich, dass ihr alle vor ihr niederkniet.
 

Wirklich alle Anwesenden erfüllen ihm diesen Wunsch.
 

Rufus: Ich werde euer Heerführer sein und euch den Sieg bringen. Doch frage ich: Was ist ein Kaiser ohne sein Gefolge? Danken wir dem König von Andergast und seinem Rat der Recken, die entschieden, dass nur ein mystischer Held eine geeinte Armee gegen diesen verführerischen Feind führen kann.

Danken wir auch den Damen vom Heerbann des Wahren Kaisers, die in den letzten Jahren meinen Namen mit einem solchen Ruhm verbanden. Ich hätte mir keine besseren Herolde vorstellen können.

Bitte, ihr Damen, tretet vor.
 

Marja, Turike, Lorana und Iskara treten ins Licht.
 

Rufus: Wo ist denn eure Kommandantin, die machtvolle Sancide de Ruthor?
 

Marja: Sie wird bald erscheinen. Vorher muss sie noch eine Prinzessin retten.
 

Rufus: Dann sei ihr verziehen. Mädchen, wer bist du denn? Tritt doch einmal vor.
 

Iskara: Ich bin Iskara vom Weißrittershof. Ich bin neu bei dem Heerbann.
 

Rufus: Hast du denn schon Heldentaten vollbracht, Iskara?
 

Iskara: Ich habe mein Bestes gegeben.
 

Rufus streicht Iskara durch das Haar.
 

Rufus: Ich sehe es in deinen Gedanken. Du warst sehr tapfer… du bist noch Jungfrau?
 

Iskara: Ist das schlimm?
 

Rufus: Nein, es ist sehr gut.
 

Mit einer schnellen Bewegung zieht Rufus eine Klinge und schlitzt Iskara die Kehle auf.
 

Rufus: Atim-Suraq!

Da steht ihr nun und gafft, hättet alles verhindern können und seid doch verloren. Das Volk der Menschen wählte sich seinen Gott, um in seinem Zeitalter zu bestehen, und dieser Gott ist Atim-Suraq. Seine Heere werden ihm ganz Dere zu Füßen legen, wie auch schon ganz Alveran um seine Gunst buhlt, und sie werden unbesiegbar sein durch mich an ihrer Spitze.

Tötet die Damen des Heerbanns. Bereitet den Zug nach Andergast vor, es gilt, in meine Hauptstadt einzuziehen… und Rinn: Klinge waschen und Boden putzen. Wir wollen ja gute Gäste sein.
 

Rinn nimmt die Klinge an sich, doch bedroht sie im nächsten Augenblick schon Rufus damit.
 

Rinn: Wage es nicht, so mit mir zu sprechen, und lasse die Finger von diesen feinen Soldaten. Ich brauche ein Gefolge und der Heerbann soll meine Garde sein.
 

Rufus: Ich habe dich nicht vergessen, ich wollte nur sehen, ob du so weit gehen würdest. Kriegerinnen, ihr dürft euch entfernen.
 

Marja, Lorana und Turike gehen ab. Im nächsten Augenblick wirkt es, als sei ein Zauber von Rinn abgefallen. Sie löst sich.
 

Rufus: Eine gute Wahl. Ich schätze nämlich Mut nicht. Keikin! Das waren deine Freundinnen. Jage und töte sie!

Nun zu dir, Rinn: Lass dir von Lontha dein Schwert geben und dann jage und töte deine Heroldin! Hast du das verstanden?
 

Rinn: Ja, mein Kaiser.
 

Rufus: Ihr anderen: Bereitet den Krieg vor. Wir haben eine Welt zu unterwerfen.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 3 – Teshkal, Burghof
 

Im Burghof herrscht die Betriebsamkeit einer Armee im Aufbruch, auch Rinn ist bei oder auf dem Weg zu ihrem Pferd. Gunda tritt ihr entgegen.
 

Gunda: Was war das da drinnen? Warst du echt oder hatte Marja dich verhext?
 

Rinn: Ist das die entscheidende Frage?
 

Gunda: Wirst du deinen Befehl befolgen?
 

Rinn: Ich muss.
 

Gunda: Dann fordere ich dich zum Duell!
 

Rinn hält in ihren Vorbereitungen inne und lacht.
 

Rinn: Du möchtest wirklich dein Leben dafür riskieren, eine Frau zu töten, die in ihren Tod geschickt wurde? Dann dienst du deiner Herrin schlecht.
 

Gunda: Was meinst du?
 

Rinn: Denkst du, es ist Zufall, dass du hier bist und nicht gejagt wirst? Deine Kommandantin muss sehr viel von dir halten, wenn sie beschloss, dir ihr Werk in die Hände zu legen.
 

Gunda: Woher weißt du das? Du kennst weder sie noch uns.
 

Rinn: Das muss ich auch nicht. Ich sehe doch, dass sie nicht hier ist – und ich würde das Schwert mit meinem Namen darauf wetten, dass sich das nicht mehr ändert. Sie erkauft Zeit.
 

Gunda: Du hättest ihr mehr geholfen, wenn du den Kerl gleich abgestochen hättest.
 

Rinn: Das mag sein, doch warum hätte ich es tun sollen? Das ist nicht mein Kampf, nicht einmal mein Heimatland. Soll er doch alles zugrunde richten, ich kann sehr gut damit leben.
 

Gunda: Gehe sterben!
 

Rinn: Warum hast du nicht den Bogen erhoben, als er das Mädchen ermordete? Warum willst du gerade mich aufhalten statt Keikin oder den Kaiser selbst? Urteile erst einmal über dich selbst.
 

Gunda: Was kann ich tun?
 

Rinn: Vergiss deine Freundinnen, sie sind nicht mehr zu retten. Lasse deine Lehnsherrin hinter dir. Was du dann tun musst, kann ich dir nicht sagen. Es ist nicht meine Geschichte. Es ist deine.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 4 – Wegkreuz / Freyas Zimmer
 

In einer Doppelszene richtet sich Sancide in Freyas Zimmer ein: Sie brennt ein wenig Räucherwerk ab, überprüft ihr Aussehen in Freyas Schminkspiegel, bedient sich am Bücherregal und sieht sich die Werke an bzw. liest sie an.

Währenddessen versammeln sich Marja, Lorana und Turike um ein Lagerfeuer. Gunda geht auf.
 

Gunda: Iskara!
 

Lorana: Iskara. In Ordnung.
 

Marja: Was machst du hier?
 

Gunda: Ich brauche eure Hilfe. Die Kommandantin braucht sie auch, nehme ich an.
 

Marja: Die Kommandantin ist schuld daran, dass wir in dieser Lage sind.
 

Gunda: Wir sind Heerbann. Wir erfüllen unsere Kriegerpflicht – nicht wahr?
 

Lorana und Turike stimmen zu.
 

Gunda: Sancide schickte uns hierher, um Zeit zu gewinnen, und diese Aufgabe sollten wir so gut erfüllen, wie wir können. Die Nivesin ist uns auf den Fersen. Ich schlage vor, wir teilen uns auf.
 

Turike: Nein!
 

Lorana: Sie hat recht. Einzeln können wir nicht bestehen.
 

Gunda: Ich fürchte, das können wir auch in der Gruppe nicht. Ihr kennt Keikin.
 

Marja: Wohl wahr. Ich bin dafür.
 

Gunda: Ich werde nach Greifenfurt reiten, um unsere Amazonen zu rufen. Marinna wird den Unterschied ausmachen.
 

Marja: Ausgezeichnet. Dann begebe ich mich nach Nostria. Die Lanzenreiterinnen: Wer von euch geht nach Ferdok?
 

Turike: Lorana. Ich wähle Lowangen.
 

Gunda: Ausgezeichnet. Meine Damen... (sie reichen einander die Hände) Sancide verlässt sich auf uns. Stehen wir ihr bei. Machen wir sie stolz.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 5 – Freyas Zimmer / Freyas anderes Zimmer
 

Sancide setzt sich mit einem Buch, schlägt es auf, schlägt es zu und erzählt dann selbst. Währenddessen wühlen sich Rinn und Drajin durch Freyas Herbergszimmer.
 

Sancide: Keikin, weißt du eines? Ich hatte einmal einen verrückten Traum. Ich saß darin ganz allein im Dunklen, gefangen in einem Käfig aus lebendem Stahl und über einem Abgrund baumelnd. Ich fürchtete mich sehr, denn es schwankte und wand sich und zerrte und zog, und ich wusste nicht, ob ich mit ihm in die Tiefe stürzen würde oder mich seine Stäbe zerquetschten, ich wusste nur eines: Ich wollte nicht sterben.

Ich wusste: Ich hatte es verdient, hier zu verweilen.

Ich wusste: Ich hatte die Rettung nicht verdient, die ich bedurfte.

Dann spürte ich dich. Du hattest kein Gesicht und mehr als eine Stimme, doch ich wusste es felsenfest, weil ich dich kannte. Du warst jedoch nicht mein Retter. Du warst mein Wächter.
 

Freya geht auf, was von Rinn und Drajin gehört wird – diese erstarren und gehen in Position, um über einen Eintretenden herzufallen. Allerdings wittert auch Freya den Braten: Sie wägt ab, entscheidet sich dann und schleicht zurück ins Off.
 

Akt 5, Szene 6 – Freyas Zimmer / Wehrgasthof
 

Sancide sitzt immer noch im Zimmer, immer noch mit dem Buch auf dem Schoß, und erzählt weiter. Derweil erreicht Gunda einen Wehrgasthof irgendwo im Nichts, bindet ihr Pferd an und wird dann von Cedime, einer jungen Magd, abgefangen.
 

Sancide: Keikin, ich weiß noch, dass wir miteinander sprachen. Es gab etwas, das du wolltest, und etwas, das du nicht wolltest, doch mich interessierte es nicht, was du zu sagen hattest. Ich war einfach nur froh, dass du da warst.

Irgendwo in der Tiefe erschienen Menschen, mich zu retten. Sie wurden niedergemacht.
 

Keikin antwortet aus dem Off.
 

Keikin: "Das ist traurig."
 

Cedime: Frau Herrin! Frau Herrin! Ich tränke Euer Pferd, ich bürste es, ich pflege es, wie Ihr wollt. Es ist ein gutes Pferd, sehr erschöpft. Es braucht Pflege.
 

Gunda: Verschwinde, Mädchen.
 

Cedime: Ich habe Hafer. Ich habe Erbsen. Ich mache es wieder stark!
 

Gunda: Geh!
 

Cedime: Ich brauche das Geld!
 

Gunda: Hier, nimm das – und jetzt bringe dich in Sicherheit.
 

Ein Schuss fällt und Cedime geht zu Boden. Keikin geht mit einer Balestrina in der Hand auf – oder mit einer rauchenden Vorderladerpistole, wie man mag. Keikin sieht sichtbar geschockt aus.
 

Keikin: Das wollte ich nicht. Wie konnte das passieren? Jetzt ist sie kaputt. Warum hast du mich das tun lassen?
 

Gunda: Du Monster!
 

Keikin: Bilde dir nicht ein, dass ich dir nichts tun werde, weil du nett zu mir warst. Immer, wenn die anderen über mich gelacht haben, wenn sie mich vertreiben wollten, hast du dich besser gefühlt. Die liebe Gunda, der ich beibrachte, Spuren zu lesen und zu verwischen, wollte die erste Jägerin des Heerbanns werden. Dein Neid war schlimmer als all der Spott.
 

Gunda: Das ist nicht wahr und das weißt du.
 

Keikin wirft Gunda die Balestrina zu Füßen und greift nach einer zweiten.
 

Keikin: Die Götter sollen entscheiden.
 

Keikin und Gunda stellen sich zum Showdown gegenüber, starren einander eine Zeitlang an und ziehen dann ihre Waffen. Gunda ist schneller: Sie schießt und Keikin geht zu Boden.

Einen Moment lang herrscht Stille, doch gerade als sie sich abwenden möchte, steht Keikin wieder auf – getroffen, aber völlig unverletzt.
 

Gunda: Das glaube ich nicht.
 

Keikin zieht ihre Waffe und erschießt Gunda. Dann tritt sie auf die Leiche zu, zieht währenddessen ihren Dolch und die Bühne wird dunkel.
 

Akt 5, Szene 7 – Freyas Zimmer / Zigeunerlager
 

Sancide kehrt mit einem Tablett mit einem Teeservice bestehend aus Teekanne, zwei Tassen und einem Kännchen Sahne zu ihrem aufgeschlagenen Buch zurück.

Turike erscheint im Vordergrund im Gewand einer Bardin, während eine reisende Gauklergruppe im Hintergrund rastet. Gorn, ein Zwerg, folgt ihr.
 

Gorn: Meine Blume, wohin verweht es dich? Komm doch zum Lager zurück und spiele weiter Fünfass mit uns.
 

Turike: Mir war, als hätte ich jemanden durch das Gesträuch schleichen sehen.
 

Keikin geht am Bühnenrand auf.
 

Sancide: Keikin, da verstand ich eines: Nicht du hieltest mich in dem Käfig, ich selbst war es. Wenn ich die Türe öffnen wollte, dann brauchte ich keine Rettung, sondern Mut. Ich musste sie nur berühren und überwinden, was uns trennt. Da wusste ich auch, dass ich von diesem Ort nicht mehr fortwollte, im Gegenteil: Ich wollte tiefer hinein.
 

Keikin wendet sich ab und blickt zu Sancide hinüber. Turike kehrt derweil mit Gorn ins Lager zurück.
 

Keikin: Träumtest du das tatsächlich?
 

Sancide: Nein. Komme doch trotzdem vorbei. Es gibt Tee.
 

Sancide steht auf, um das Buch zurück ins Regal zu schieben, während Keikin langsam zu ihr herübertritt – sichtbar blutverschmiert und eben solche Abdrücke hinterlassend. Während Sancide sich setzt und Tee einschenkt, wandert Keikin im Zimmer umher. Sie entdeckt das abgedeckte Bild, blickt hinter das Tuch, schaudert und deckt es dann wieder ab.
 

Keikin: Es tut mir leid. Ich wollte es nicht.
 

Sancide: Ich weiß. Es ist dir verziehen. (Pause) Wen hast du dir ausgewählt? Gunda?
 

Keikin: Ja.
 

Sancide: Armes Mädchen. Ich mochte sie. Du doch auch, nicht?
 

Keikin: Ja.
 

Sancide: Trinken wir auf sie. Auf Gunda.
 

Beide stoßen an und nippen an ihrem Tee. Black.
 

Akt 5, Szene 8 – Steineichenwald, Stadt Neu-Freiheit
 

Die Siedlung besteht aus Baumhäusern, Strickleitern und einer zentralen Lichtung, auf der das Alltagsleben eines Räubers stattfindet. Ein Trupp geht gerade auf: Buchner an der Spitze, eine gefesselte und dank eines Tuchs blinde Freya hinter sich herziehend, und einige Räuber hintendran. Sie treffen dort Cassius, eine Halbelfe im (mitgenommenen) Ornat einer Peraine-Priesterin und Anführerin der Schar.
 

Buchner: Schau, was wir im Wald gefangen haben. Hübsches Weib. Sagte, sie wollte reden.
 

Freya: Ich bitte um eine Audienz.
 

Buchner: Ich würde sagen, die ist ein hübsches Lösegeld wert.
 

Cassius: Trottel! Erkennst du sie nicht? Mach sie los!

Zauberin Freya, unsere Freundin. Verzeih die Umstände, doch wir sind kein Königshof mehr.
 

Freya wird währenddessen befreit.
 

Cassius: Ich darf euch vorstellen: Freya, Hofmagierin unseres ehrenwerten Kasparbalds und Heldin im Sappenstielkrieg. Sei uns willkommen in der Stadt Neu-Freiheit und unter denjenigen von uns, die sich nicht dem Despoten unterwarfen. Ich bin Isdira Cassius und leite führe unsere Gruppe durch diese dunkle Zeit.
 

Freya: Danke. Ich muss euch jedoch warnen: Mir sind zwei gefährliche Söldner auf den Fersen.
 

Cassius: Wir geben auf dich acht. Möchtest du bei uns bleiben?
 

Freya: Ich bin auf der Suche nach Mineda. Wisst ihr, wo sie sich befindet?
 

Cassius: Du verpasst sie um einen Mond. Sie sucht im Norden Andergasts nach einem Ort, den sie ‚Mugolsfall auf alten Mauern’ nannte. Ich kann dir leider nicht sagen, warum.
 

Freya: Das liegt nicht auf meinem Weg. Wenn sie zurückkehrt, schicke sie bitte ins albernische Dela zur Hütte einer Freundin. Sie wird sich erinnern.
 

Cassius: Gerne. Nun speise doch mit mir. Buchner wird derweil nach passender Kleidung für dich suchen, denn ich denke, die brauchst du dringend.
 

Freya und Cassius gehen gemeinsam ab.
 

Akt 5, Szene 9 – Zigeunerlager / Freyas Zimmer
 

Die Szene ist wieder parallel aufgebaut: Auf der einen Seite sitzt Sancide noch beim Tee (allein, doch in gleicher Aufstellung), auf der anderen sitzt Turike auf dem Boden – ein Schnitt durch die Kehle führte ihren Tod herbei. Dann geht Gorn in ihrem Rücken auf.
 

Gorn: Mein reizendes Fräulein, jetzt ziere dich nicht so. Ich weiß es ja auch. Ich habe meine Lektion gelernt. Ich hätte nicht gleichzeitig trinken und spielen sollen. Das ‚Voll dabei’ war dann wirklich die dümmste Idee… hätte ich denn ahnen können, dass du fünf Asse auf der Hand hast? Nun lass es damit gut sein und gib mir meine Hose wieder. Wir können sonst nicht aufbrechen.

Ja, ignoriere mich nur, du dumme Schnalle. Die Götter werden dich noch für deinen Hochmut strafen!
 

Dieser Teil wird dunkel.
 

Sancide: Keikin! Keikin! Keikin!
 

Keikin tritt auf und setzt sich wieder an ihren Platz.
 

Sancide: Du stinkst nach Blut! Wer war es diesmal?
 

Keikin: Turike.
 

Sancide: Armes Mädchen.
 

Keikin: In der Tat.
 

Sancide: Erinnerst du dich daran, wie unsere Reise begann? Da standen wir beide gegen den gesamten Orden der Grauen Stäbe. Sie sperrten uns den Weg nach Greifenfurt, also täuschten wir einen Marsch auf Enqui an, tauchten in Andergast auf und stießen Nerva von seinem Thron.
 

Keikin: Das war schön. Sie waren wie Kinder in den Netzen einer Riesenspinne.
 

Sancide: Als du meinen Formlosen Bund in den Heerbann des Wahren Kaisers verwandeln wolltest, kam ich dir entgegen, und ich führte mit dir gegen Atim-Suraq Krieg. Ich stand dir bei, als die Stimmen gegen dich laut wurden, und nun bitte ich dich: Höre auf damit. Vernichte nicht unser Werk.
 

Keikin: Es tut mir leid. Ich wünschte, ich müsste es nicht tun, und ich sterbe bei jedem Mord ein wenig selbst mir.

Atim-Suraq wünscht, dass du in seine Dienste trittst. Solange dies nicht geschieht, kann ich nicht aufhören.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 10 – Honingen, Rahja-Tempel
 

Freya und Telisa, eine alte Freundin von ihr, sitzen in den klassisch roten, dünnen Seidenroben auf einer Liege des frisch eingeweihten Honinger Rahjatempels und trinken Wein, während im Hintergrund ein Spielmann der Göttin seine Kunst präsentiert.
 

Freya: Nun gib mir schon endlich die Absage.
 

Telisa: Die Gräfin wies mich an, etwas von einer Seuche zu erzählen, doch du kennst die Wahrheit: Wir möchten keinen Krieg mit Atim-Suraq. Allerdings bekommst du ein Pferd und frische Vorräte, während wir deine Verfolger bei jedem Tor und Zollposten sehr genau kontrollieren.
 

Freya: Danke dir dafür. Das ist mehr, als ich zu hoffen wagte.
 

Telisa: Ich fühle mich trotzdem schlecht. Wenn ich daran denke… vierzehn Jahre ist es her?
 

Freya: Ja. Verrückt, nicht wahr?
 

Telisa: Wenn ich nur daran denke. Hätte dein Vater nicht verboten, dass mein Meister dich bei sich aufnimmt… Ich war ganz schön einsam ohne dich, weißt du?
 

Freya: Ich wäre gerne bei dir geblieben. Ich mag es hier.

Was hast du eigentlich getan?
 

Telisa: Ich habe mir in Nostria mein Siegel geholt, war vier Jahre lang bei den Mephaliten und bin jetzt seit vier Jahren am Hofe der Gräfin Franka. Außerdem bin ich verheiratet… leider.
 

Freya: Ich bin eine reisende Heldin und mein Verlobter ist tot. Nostriotin...
 

Telisa: Andergarstige. (beide lachen) Denkst du auch manchmal zurück?
 

Freya: Mein Leben ist gerade ein Alptraum. Ich möchte nur noch erwachen.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 11 – Freyas Kammer / Praiosplatz, Ferdok
 

Die Szene ist wieder doppelt: Sancide sitzt weiterhin beim Tee, während Lorana wartet. Keikin tritt ihr entgegen.
 

Lorana: Du wagst es wirklich! Das hätte ich nicht gedacht.
 

Keikin zieht eine Haarsträhne Turikes aus dem Gewand und lässt sie im Wind verstreuen.
 

Lorana: Das wirst du büßen. Frauen! Männer!

Ferdoks Lanzenreiter! Panthergarde! Gischtreiter-Ottajasko! Zwergenkrieger der Ingrakuppen! Der Feind ist da!
 

Ein gigantisches Aufgebot aus Ritterinnen, Gardekriegern, Thorwaler Axtkriegern und Zwergen marschiert auf und greift geschlossen Keikin an. Dann wird diese Seite dunkel.
 

Sancide: Keikin! Keikin! Keikin!
 

Keikin tritt zu Sancide hinüber.
 

Keikin: Lorana schlug ihre letzte Schlacht. Sie war ebenso tapfer wie dumm.
 

Sancide gießt sich Tee ein und leidet spürbar darunter, sagt aber nichts.
 

Keikin: Ich weiß nicht, ob ich sie mochte. Ich fühle nichts mehr.
 

Sancide: Lasse es nicht so enden.
 

Keikin: Du hast die Wahl… nein, verzeih, du hast sie nicht. Nur Atim-Suraq wünscht sich dein Weiterleben – und wen kümmert noch Atim-Suraq?
 

Sancide: Wer ist die nächste?
 

Keikin: Als wüsstest du es nicht.
 

Sancide lässt die Tasse fallen und rennt aus dem Zimmer.
 

Akt 5, Szene 12 – Andergast, Königsburg, Latrine
 

Sancide zieht sich zurück: Es kann sich dabei entweder um ein (Männer-)WC oder ganz direkt um ein einziges, enges Latrinenhäuschen handeln. Keikin geht auf. Sancides Auftreten veränderte sich vollkommen, sie ist deutlich selbstbewusster.
 

Sancide: Ach, Keikin, Keikin, Keikin. Lass uns nicht Linas Kammer entweihen, wenn wir ein anderes Ende finden.
 

Keikin: Ich bin unbesiegbar.
 

Sancide: Ich möchte dich gar nicht besiegen. Verstehst du, worauf ich hinaus möchte?
 

Keikin: Nein.
 

Sancide: Keikin! Ich weiß schon lange, wer und was du bist. Ich weiß von Asfaloth, deiner Herrin. Ich weiß auch, was mir versprochen wurde: Der erste Pfeil würde mich warnen, der zweite in den Rücken treffen und so weiter. Da dachte ich mir: Löse ich es doch auf, indem ich nicht verraten werde. Biete ich dir an, was du willst, und reiche ich dir meine Hand statt meiner Faust.
 

Keikin: Ich habe meine Befehle.
 

Sancide: Keikin! Hast du nicht die reinen Seelen derer gespürt, die du umbrachtest – und die dir entgingen, weil sie als Heldinnen starben? Wir haben ein ganzes Feld davon gepflanzt – eine ganze Ernte, über deren Seelen ich verfüge. Möchtest du sie nicht haben? Würde das deine Herrin nicht zufrieden stellen?
 

Keikin: Die Möwe fliegt.
 

Sancide: Keikin! Ich verlange nicht viel: Bringe mich zu deiner Herrin, löst euer Bündnis mit Atim-Suraq und zuletzt: Ziehe mit mir in den Kampf. Lass uns unsere Reise zu Ende bringen und den falschen Gott zerquetschen!
 

Keikin ergreift Sancides Hand. Gemeinsam treten sie den Niederhöllen entgegen.
 

Keikin: Ich war stolz auf mich.
 

Sancide: Das darfst du auch sein. Du warst eine fantastische Verführerin. Allerdings bin ich kein braves Mädchen – das war ich nie.
 

Black.
 

Akt 5, Szene 13 – Dela, Takeas verfallenes Hexenhäuschen
 

Freya geht auf, während Drajin mit aufgeschlitzter Kehle, doch der Armbrust noch in der Hand, auf dem Boden liegt. Sie sieht sich um.
 

Freya: Corsaia! Takea! Wunderschöne Elfe und strahlender Held?
 

Nach einer Weile tritt Rinn aus dem Schatten.
 

Rinn: Ich bin es bloß.
 

Freya: Wo sind sie? Sie sind doch längst hier.
 

Rinn: Sieh dich doch um. Wen erwartest du, hier zu finden? (sie sieht Freyas Blick zur Leiche) Mache dir keine Hoffnungen. Ich habe ihn getötet. Ich kannte seine Befehle nicht.
 

Freya: Warum tust du mir das an?
 

Rinn: Was habe ich dir denn angetan? Ich war nicht die Zauberkönigin, die du dir erträumtest, das stimmt. Ich konnte es nicht sein. Zu gerne hätte ich mich von dir weiter massieren lassen, doch die Zeit gibt es nicht her.
 

Freya: Sei still!
 

Rinn: Ich möchte mit dir reden. Der Geist in deinem Stab sagt mir, dass ich deine Hilfe brauche, und tatsächlich, die brauche ich. Ich muss in meine Heimat zurück, damit ich mit einer Armee zurückkehren kann. Du musst hier nach den Resten meiner Armee suchen – und du musst dich zu mir bekennen. Aus irgendeinem Grund ist das sehr wichtig.
 

Freya: Ich will nur noch, dass es vorbei ist.
 

Rinn: Ich mache alles wieder gut, das verspreche ich. Ich gebe dir deinen Panzer und deinen Stab zurück. Du wirst wieder die Heldin Freya sein, vor der deine Feinde zittern, strahlend und unbesiegbar. Klingt das nicht gut? Dann halte ich mein Wort.
 

Rinn dreht sich um, um den Panzer auszuziehen. In dem Moment fällt ihr Blick auf Drajins Armbrust: Sie greift sie sich, schießt sie ab und reißt Rinn damit zu Boden.
 

Rinn: Was tust du da? Du machst alles zunichte.
 

Freya: Friss Sand! (sie wirft die Armbrust davon und zeigt immer wieder auf Rinn) Ignifaxius! Ignifaxius! Ignifaxius! Ignifaxius!
 

Nichts geschieht. Freya greift Rinn an den Gürtel und zieht Tarris Klinge. Dann sticht sie auf sie ein, bis sie sich nicht mehr rührt. Black.



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