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Bullum Solare

von

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Ein Tag im Leben der Rei Hino

Es hatte sich als leichter herausgestellt, mit Akane Tayo ein aufklärendes Treffen zu verabreden, als erwartet. Tatsächlich war sie an die Sailorkriegerinnen herangetreten, nachdem sie (überraschend schnell nach drei Tagen) von ihrer Grippe genesen war, und nicht wie erwartet umgekehrt.

Luna bestand darauf, das Treffen im Hikawa-Tempel stattfinden zu lassen, da dieser stets ein Ort der Zuflucht und des Schutzes für die Mädchen dargestellt hatte. Rei hatte zunächst abgeblockt. Sakura und Midori erschienen täglich und hatten die ganze Zeit nichts Besseres zu tun, als ihr auf die Nerven zu gehen, unabhängig davon, ob sie selbst beschäftigt war. Als sie sich vor einigen Tagen mit einem Studienkollegen zum Lernen verabredet hatte, kamen die beiden Gören alle 15 Minuten hereingeplatzt, meist zankend, weil eine der beiden einen Fehler gemacht hatte, der bloß im Bereich Haushaltsführung lag, hin und wieder, weil sie Rei bewundernd über die Schultern zu schauen wollten, weil ja grundsätzlich interessant war, was diese erwachsene, hübsche Frau alles trieb. Lernen war da ein Ding der Unmöglichkeit und erst recht Flirten mit dem hübschen Studienkollegen.

Und nun sollte eine streng geheime Sache besprochen werden, obwohl die Mikos jederzeit mit neugierigen Ohren dazukommen konnten! Jedoch war Lunas Argument nur schwer etwas entgegenzusetzen, beachtete man die unheimliche Aura der Frau, die vor wenigen Tagen im Fieberwahn sich wie ein Berserker aufgeführt hatte. Rei kontaktierte die Eltern der Mikus und bat, die beiden erst zwei Stunden später als gewohnt bei ihr abzusetzen. Mürrisch hatte man zugestimmt.

Und nun hockten die fünf Mädchen und die beiden Katzen auf den Treppen gegenüber Akane Tayo, die stolz ein äußerst hässliches Reptil in die Höhe hielt. Die acht starrten auf das nicht gerade glücklich wirkende Tier.

„Er ist ein Grüner Leguan“, erklärte sie. „Nicht besonderes, aber er hat sich aber als sehr pflegeleicht entpuppt und auch als ziemlich robust.“ Mit diesen Worten ließ Akane den Leguan fallen. Er landete zwar sicher auf den Füßen, guckte jedoch noch unglücklicher als zuvor. „Mag vielleicht daran liegen, dass er großteils nicht von dieser Welt stammt.“ Sie deutete auf den Anhänger. „Von ihm habe ich das Amulett bekommen.“

Die sieben wandten ihren Blick weg von dem Reptil zu dem Artefakt – Rei ekelte sich sowieso vor dem Tier. Nur Luna wahrte noch Interesse an dem Leguan – vorsichtig tastete sie sich an ihn heran und wollte mit der Pfote seine Schnauze berühren. Der Leguan züngelte. Lunas Haare stellten sich auf und die Katze versteckte sich hinter Usagis Beinen.

„Hat er auch einen Namen?“, fragte Minako.

Akane zuckte mit den Achseln. „Weiß nicht, er kann nicht sprechen. Ich nenn ihn Fetti. Er isst nämlich ziemlich gern.“

„Und wie kommuniziert ihr dann?“ , warf Makoto ein.

„Er weiß, wie man einen Computer bedient.“ Akane kniete sich zu dem Leguan herunter und klopfte ihm auf die Schädeldecke. „Er hat genau so viel im Hirn wie im Bauch.“ Sie nahm seine Vorderpfoten hoch und wackelte damit. „Das tippen fällt ihm mit diesen Dingern nur leider etwas schwer.“ Sie grinste breit. Die Gruppe starrte verdutzt auf das Tier. Akane schnaufte: „Jetzt tut nicht so, als wär Fetti ungewöhnlicher als zwei sprechende Katzen.“

„Komm zum Wesentlichen!“, fauchte Artemis, dessen Erröten man unter dem Fell nicht sah. „Wer sind die Feinde? Und wie bist du ins Spiel gekommen?“

Akanes freundliche Miene verschwand. „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich euch allzu viel erklären kann. Ich kenne auch nur Bruchstücke, ich meine Quelle ist ein stummer Leguan.“ Sie stand auf. „Die Feinde werden angeführt von einem Greis namens Hyperion, dem ehemaligen Kaiser über das Sonnenkönigreich, der sein Reich nach einem Krieg verlor. Darauf zog er Jahrhunderte durchs Weltall auf der Suche nach Verbündeten und neuen Kraftquellen, um seine alte Macht wiederzuerlangen. Als ich vierzehn war, ist Fetti in meinem Zimmer aufgetaucht und hat mir das Amulett gegeben mit der Nachricht, er sei Opfer Hyperions gewesen, habe aber den Starseed von Hyperions verstorbener Frau gestohlen. Nun nähere er sich der Erde. Ich sei ein geeigneter Wirt für den Starseed und solle Hyperion aufhalten, damit er die Erde nicht zerstört.“

Rei stockte in diesem Moment der Atem – hieß dass, dass diese Kriegerin ihre Kraft aus derselben Quelle bezog wie die Feinde? Kam daher Sailor Suns unheimliche Aura, die der der Person aus ihrer Vision so glich? Sie musterte die Gesichter der anderen, die aufgrund dieser Bemerkung offensichtlich keinen Verdacht schöpften... konnten alle so schlecht Schlussfolgerungen ziehen, oder war sie die einzige die zuhörte?

Akane redete weiter: „Die Gattin hieß Sunna. Natürlich ist Kaiser Hyperion hinter ihrem Starseed her. Doch wohl hat er es auch auf den Silberkristall als Kraftschub abgesehen und daher will er auch euch in die Finger kriegen.“ Bei diesen Worten schaute sie Usagi an, deren Miene von Besorgnis überschattet wurde. „Mehr weiß ich nicht.“ Sie überlegte kurz. „Ach, doch, die beiden Weiber mit den Schlangenhaaren sind Teil eines Schwesterntrios namens Furien. Eine fehlt noch. Laut Fetti nimmt sie andere in Besitz.“ Pause. „Mann, fühlt ihr euch auch so bescheuert, wenn ihr so daherredet?“

Keine Antwort, man grübelte über Akanes Erzählung. Tatsächlich hatte sie trotz ihrer Ankündigung mehr verraten, als die Kriegerinnen erhofft hatten. Auch Makoto blickte nicht mehr allzu kritisch auf die neue Kriegerin. Bloß Rei beruhigten ihre Worte nicht.

„Und warum weißt du von uns?“, fragte sie.

„Das hab ich Mizuno schon erklärt. Fetti wusste es von irgendwoher und ihr seid nicht gerade vorsichtig mit euren zweiten Identitäten umgegangen.“ Akane kratze sich am Kopf. „Wo sind eigentlich die Lesben, die Alte und das Kind?“

Usagi, Minako, Ami, Rei und Makoto sahen sich an. Erst jetzt wurden sie daran erinnert, dass sie seit drei Jahren keinen Kontakt mehr zu Haruka, Michiru, Setsuna und Hotaru hatten. Sollten sie nun welchen, da eine neue Gefahr drohte, wiederaufnehmen?

Akane sah auf ihre Armbanduhr. „Noch Fragen? Ich hab heut noch was zu erledigen.“

„Warum hast du uns solange gemieden?“ Die Frage kam von Usagi. Sie sprach mit leicht bekümmertem Gesichtsausdruck und ruhiger Stimme, in welcher eine Mischung aus Mitleid und Sorge lag. Was Akane sichtlich störte.

„Es war mir lieber, die Sache alleine zu regeln“, antwortete sie. „Doch der Hauptgrund war, dass ihr nicht in Gefahr kommen solltet. Ihr habt inzwischen selbst gemerkt, dass der Gegner eine Nummer zu groß für euch ist.“ Sie trat den Leguan. „Das war übrigens schon in Osaka Fettis Theorie. Und er hatte Recht. Zwar habt ihr euch als große Hilfe erwiesen und ich bin dankbar dafür, aber das tue ich als einmalige Sache ab. Nur weil ich mich euch anvertraut habe, heißt das noch lange nicht, dass sich meine Meinung geändert hat. Es ist mein Krieg.“

Es herrschte Stille. Akane blickte noch einmal auf die Armbanduhr und hob den Leguan auf. „Das Gespräch sollte nur dazu dienen diverse Unsicherheiten eurerseits zu eliminieren. Ich will mich euch nicht anschließen, ich will eigentlich nichts mit euch zu tun haben und ich will nicht, dass ihr euch in Gefahr begebt. Und ich muss jetzt los. Falls ihr noch ein Anliegen habt, sagt es Mizuno, die soll es bei der nächsten Projektarbeit weiterleiten!“

Diese Worte waren für Usagi eine herbe Enttäuschung. Sie hatte gehofft, dass das letzte Ereignis Akane zur Besinnung gebracht habe – hatte sie sich nicht während des hysterischen Anfalls erst aufgrund Usagis Zuspruchs beruhigt? Wie konnte sie nach der letzten großen Gefahr nicht einsehen, dass Teamarbeit in diesem Geschäft mehr wert war als alles andere? Sie hätte niemals so eine Sturheit erwartet.

Doch ehe sie Akane darauf ansprechen konnte, war sie schon nicht mehr in Sichtweite.
 

Die Gruppe blieb noch im Hikawa-Tempel. Rei servierte Tee und Kuchen und starrte nervös auf die Uhr, denn jeder Zeit konnte die Ankunft der Mikos erfolgen. Und ihre Freundinnen hatten keine bessere Idee als über Sailor Sun und die neuen Feinde zu sprechen, obwohl Rei immer wieder vor den Eindringlingen warnte.

Nachdem der Name der Angreiferinnen mit den Schlangenhaaren enthüllt worden war, erinnerte sich Luna, dass diese einst als Gefolge der Prinzessin vom Pluto protokolliert waren und aufgrund heroischer Leistungen mit einem Portrait im Mondpalast geehrt wurden, jedoch aus unbekannten Gründen verschwanden, lange bevor Serenity I. an die Macht kam. Ein wütender Mann, der von überall her Rekruten suchte, mochte eine plausible Erklärung für deren Verschwinden sein und spendete auch Akane Tayos Erzählung Glaubwürdigkeit. Wer dieser Kaiser Hyperion jedoch war und wo dieser Name gefallen war, konnte die Katze jedoch noch immer nicht ins Gedächtnis rufen. Auch eine Sunna kannte sie nicht.

Makoto wechselte das Thema auf Akane und stimmte nun Ami zu, dass sie wohl einen guten Kern hatte, den man aber sehr geduldig suchen musste. Ami korrigierte sie, dass sie nicht „Akane“ sondern mit Nachnamen angesprochen werden wollte. Minako machte sich darüber lustig, sie verhalte sich wie eine Diva. Und Usagi begann mit dem Mund voll Kuchen über ihre Sturheit zu klagen.

Rei hörte den Ausführungen nur halbherzig zu, während sie zunehmend in Gedanken hineindriftete:

Sie reden und reden. Doch zugehört scheinen sie Frau Tayo nicht zu haben... soll ich ihnen von meinen Zweifeln erzählen? Es wäre wohl angebracht, zu viel Sympathie zu dieser Frau scheint gefährlich. Vor allem Usagi ist mir zu unvorsichtig. Irgendwie untypisch für sie... sollte ein Feigling wie sie von übermächtigen Gegnern und einer unheimlichen Kriegerin nicht eher abgeschreckt als angezogen werden? Ich glaube kaum, dass die Pflichten, von denen sie ständig redet, ihre charakteristische Angst überholt haben. Es muss etwas Größeres dahinter stecken, als dieser zu erwachsene Gedanke.

Ob sie es leugnen wird, wenn ich sie darauf anspreche? Soll ich? Und danach Ablenken zu der Tatsache, dass Sailor Sun ihre Macht aus derselben Quelle bezieht, wie unsere neuen Gegner? Allen sagen, dass man sich vor dieser Frau hüten soll? Ich kenne Usagis Sturheit aber mittlerweile ganz gut... ziemlich frech, dass sie ausgerechnet diese Eigenschaft einer anderen Person vorwirft.

Mit ihrer genau so dummen wie einfachen Argumentation wird sie meinen Vorwurf erst abstreiten, immer wieder mit der Pflicht argumentieren und schließlich wird sie sagen, dass es egal ist, woher die Neue ihre Kraft bezieht, solange sie gegen das Böse kämpft, ist sie auch nicht böse. Aber wer weiß schon, was dieses Amulett in Zukunft mit Sailor Sun anstellen wird, beziehungsweise, was sich eigentlich jetzt schon in ihrem Kopf abspielt?

Aber zu diesem Gegenargument werde ich wahrscheinlich gar nicht kommen. Auch wenn ich ihre Worte genau erahnen kann, haben Usagis Aussagen aus ihrem Mund eine andere Wirkung, als wenn ich sie nur in Gedanken durchgehe. Ihre naive Argumentation wirkt auf die Mädchen erstaunlich überzeugend, einschließlich auf mich. Ich bin in den letzten Tagen schon ein paar Mal Opfer ihrer simplen Argumente geworden.

Es hat mich immer gewundert, dass Usagi dazu auserkoren ist, einer der besten Königinnen zu werden, die das Universum je gesehen hat. Ungeschickt, faul, nicht allzu intelligent. Nur ihre Menschenkenntnis hat sie aus der Masse hervorgehoben, was aber noch lange nicht zu einer guten Herrscherin macht. Doch wenn ich beobachte, welch eine Kraft in ihren noch so einfachen Worten liegt, so verschwinden meine Zweifel. Wer weiß, zu was sie fähig sein wird, wenn ihr erst einmal der Knoten aufgegangen sein wird. Auf naiven Weg wird sie Welt ins Elysium führen.

Aber ist diese Naivität in dieser Situation nicht zu gefährlich, wo Usagi noch nicht „reif“ ist?

Ich könnte mir die Mädchen einzeln zur Brust nehmen. Aber Usagi hintergehen, erst alle auf meine Seite ziehen, ehe sie zu Wort kommen kann? Ich krieg bei dem Gedanken schon Kopfschmerzen. Auch scheinen meine Freundinnen nicht gerade offen... keine hat bisher etwas Konstruktives beigetragen. Minako ist nur auf sich selbst fixiert, Makoto auf das Restaurant und Ami auf die 1000 Sachen, die sie gerade macht. Sie sind desinteressiert...Vielleicht sehen sie die Gefahr, die von Sailor Sun ausgeht, deswegen nicht...

Usagi ist die einzige, die sich ernsthafte Gedanken macht und auch ausspricht. Während ich nur schweige...

Was ist der Grund für ihre Courage? Was ist der Grund, dass sie regelrecht euphorisch für die neuen Probleme ist?

Die neuen Probleme!

Verdammt, habe ich nicht selbst oft geahnt, dass Usagi unzufrieden mit ihrem Leben ohne Sailor Moon war? Und verdammt, habe ich selbst Sailor Mars nicht allzu oft vermisst? Und verdammt, macht es mir nicht gerade Spaß herumzugrübeln?

Soll ich Usagi Sailor Moon wirklich verderben, indem ich Zweifel säe? Das Desinteresse der anderen Mädchen entlarve?

Der Zeitpunkt scheint nicht gut... Das Risiko muss eingegangen werden...

„Rei, hörst du das Hupkonzert nicht?“

Mit diesem Worten Makotos wurde Rei aus ihren Gedanken gerissen. Sie schaute auf die Uhr – die nervigen Mikos wurden gerade von Chauffeuren abgesetzt, die meistens zu fein waren, aus dem Auto zu steigen.

„Leute, ihr müsst jetzt leider gehen. Ich muss babysitten.“

„Kein Problem.“ Zeitgleich mit Makotos Worten standen die Mädchen auf und Usagi stellte bei einem Blick auf die Uhr erschrocken fest, dass sie in die Arbeit musste.

Man konnte Sakura und Midori schon vom weiten hören. Rei verabschiedete sich hastig von den Mädchen, nur Minako wagte sie noch aufzuhalten. „Du kommst doch nächste Woche?“ Rei guckte verdutzt. „Zur Party“, half Minako nach, was Rei aber auch nicht weiter auf die Sprünge half. „Wo warst du vorhin mit deinem Kopf? Ich hab dir ne Eintrittskarte zu einer Party von Lieben und Leiden lassen gegeben! Sehen wir uns dort?“

Minako guckte Rei böse an, die entsetzt war, wie sehr sie ihre vorherigen Überlegungen eingenommen hatten. Unabhängig von ihrem Zeitplan sagte Rei zu. Minako umarmte sie daraufhin zum Abschied.
 

Die Schwestern Sakura und Midori Akemi lagen nur ein Jahr auseinander, wobei Sakura, die ältere, optisch ihrem Vater folgte, Midori ihrer Mutter, weswegen Rei für sich nur schwer akzeptieren konnte, dass die beiden Geschwister waren. Obwohl sie sich charakterlich sehr ähnlich waren. Wahrscheinlich stritten sie sich deswegen ständig.

Die Eltern der beiden waren Jugendfreunde von Reis Vater und in der lokalen Politik tätig, weswegen die Familie auf ein beachtliches Vermögen blicken konnte. Den Mädchen waren die besten Schulen vergönnt, bekamen nur das Beste zu essen, trugen die schönste Kleidung, erhielten die freundlichsten Kindermädchen und die ordentlichsten Putzfrauen. Vor zwei Jahren waren Herr und Frau Akemi jedoch an Reis Großvater herangetreten, dass man die beiden doch bitte zu Mikos ausbilden würde, damit sie so etwas wie Disziplin lernten. Nicht, dass sie sich respektloser oder unkontrollierter verhielten als jede andere Pubertierende, aber leider haben die beiden ihre Kinder zu sehr verwöhnt, und sie weisen daher schon eine gewisse Tendenz zum Versagertum auf. Trotz intensiver Nachhilfe waren die beiden schlecht in der Schule, was die Mädchen aber nicht kümmerte. Im Haushalt zu helfen kam für sie nicht in Frage. Und mit den Eltern wollten sie keine Zeit verbringen. Herr und Frau Akemi hatten jedoch zu schwache Nerven, um den Mädchen Disziplin beizubringen, da sie sofort nachgaben, sobald sie zu weinen anfingen. Deswegen sollte das nun der Hikawa-Tempel übernehmen.

Erst hatte Rei mit dem Mädchen nichts zu tun gehabt, ihr Großvater hatte sich um Sakura und Midori gekümmert, doch nachdem sein gesundheitlicher Zustand schlechter geworden war, blieb diese Aufgabe an Rei hängen. Und es nervte sie. Dabei waren die Mädchen gar nicht so verwöhnt und faul, wie die Eltern sie dargestellt hatten – sie machten, was man ihnen sagte, redeten nicht zurück, und wenn man sich von ihren Krokodilstränen nicht manipulieren ließ, waren sie auch nicht nachtragend, wenn man mit ihnen schimpfte. Das Problem war nur, dass sie vollkommen ahnungslos waren und daher jeden noch so dummen Fehler begingen, den man machen kann. Noch dazu stritten die Schwestern ja ständig.

Und mit diesen beiden Zankhähnen saß Rei nun vor dem Feuer und versuchte sich die Vision wieder vor Augen zu führen. Das Gespräch mit Tayo führte vielleicht zu mehr Inspiration und mehr Klarheit bei dem Gesehenen.

Doch wie sollte sie sich konzentrieren, wenn hinter ihr die beiden Mikos meditieren üben mussten und ständig abgelenkt waren? Erst fragte Sakura Midori, ob sie sie am Rücken kratzen konnte. Dann nieste Midori und Sakura antwortete: „Gesundheit.“ Als Sakura eine Mücke erschlagen wollte, hielt Rei es nicht mehr aus und wandte sich zu den beiden um: „WENN IHR NICHT SOFORT DIE KLAPPE HÄLT, SETZT’S WAS!“

Darauf folgten einige Minuten Ruhe, in denen Rei tatsächlich Konzentration sammeln konnte, bis Midori flüsterte: „Das ist deine Schuld.“

Und Sakura parierte: „Ist es nicht...“

„HALTET DIE FRESSE!“ Rei sprang auf. Ihr Gesichtsausdruck war so wütend, dass die Mädchen zu zittern begannen. Unisono stotterten sie eine Entschuldigung.

Rei fasste sich an die Stirn. „Schon okay.“ Die beiden Mädchen waren unverbesserlich – sie anschreien brachte nichts. „Lassen wir das für heute.“

Draußen drückte Rei den Mädchen einen Eimer voll Wasser, Putzmittel und Lappen in die Hand. „Schafft ihr es, den Vogeldreck wegzumachen?“

Mit einem breiten Grinsen nickten Sakura und Midori.
 

„Wie geht es dir heute?“, fragte Rei und stellte ihrem Großvater ein Glas Wasser auf den Tisch, daneben legte sie die Tabletten, welche er um diese Uhrzeit einnehmen musst. Er hasste die Tabletten – nur Rei konnte ihn dazu bewegen, sie einzunehmen, sofern sie persönlich ihm die richtige Dosis zur richtigen Uhrzeit gab. Er hatte seiner Enkelin schließlich noch nie etwas abschlagen können.

„Gut, gut!“, sagte der kleine Mann grinsend. Seine Standardantwort. Er stand auf und schluckte die Tabletten, während Rei beobachtete, dass er sie nicht heimlich in den Ausschnitt seines Nachthemds fallen ließ. Das hatte er schon ein paar Mal versucht, Rei war ihm glücklicherweise immer auf die Schliche gekommen. Der Alte hatte noch immer nicht eingesehen, dass die Krankheit ihn töten würde, wenn er die Medikamente auch nur einmal vergaß.

„Und dir?“

„Ich kann nicht klagen.“

Die Miene ihres Großvaters wurde gespielt wütend. „Lüg mich nicht an, junge Dame, ich kann es dir an der Nasenspitze ansehen!“ Er hob den Zeigefinger. „Du bist sauer. Und ich weiß, warum“ Rei schmollte und schwieg. Ihr Großvater klopfte ihr schließlich lachend auf die Schultern. „Wenn du Saku-chan und Mido-chan anbrüllst, hört man es bis hierher, egal wo du bist.“

Rei errötete. Hatte sie wirklich so eine laute Stimme? Egal, wenn sie schon einmal die Chance hatte sich laut auszuheulen, würde sie die Gelegenheit auch nutzen: „Ich halte die beiden nicht mehr aus! Die sind zu dumm zum atmen! Sie hier zu haben ist die reinste Zeitverschwendung! Die lernen’s nie! Wann sehen das ihre Eltern endlich ein!“

Der Alte lachte. „Es kann nun mal nicht jeder eine Musterschülerin wie du sein.“

„Das verstehe ich ja, aber wenn man ihnen sagt, sie sollen still sein, sind sie’s nicht. Und nicht einmal einen Besen können sie bedienen!“

Er kicherte noch immer: „Warum geniest du dann zumindest nicht, dass die beiden dich bewundern?“

„Sie stalken mich ja schon! Ich hab keine zehn Minuten meine Ruhe!“

Und als ob diese Worte ein Signal gewesen wären, ging die Tür auf. Die schwarzhaarige Sakura und die brünette Midori stürmten herein.

„Frau Hino! Frau Hino!“, ging es abwechselnd und Rei unterdrückte den Drang sich die Ohren zuzuhalten. „Wir haben eine Schlange entdeckt! Was sollen wir tun.“

Rei unterdrückte einen Wutanfall. Sie biss sich auf die Lippen, ballte die Fäuste, und wippte mit einem Fuß auf und ab. Doch sie kam nicht dazu, die Stimme zu erheben. Ihr Großvater kam ihr zuvor – er lachte.

„Ignorieren. Sie sind ungefährlich, sofern man sie in Ruhe lässt.“ Die Mädchen glotzen ihn an – Reis Großvater war immer ein Mysterium für sie gewesen. „Aber wenn ihr Angst habt, soll Rei sie kalt machen.“ Sie starrte ihren Großvater an – ernsthaft!? Er kannte ihre Angst vor Schlangen, „Und ihr zwei bleibt bei mir. Ich hab schlechte Augen – wollt ihr mir nicht die Zeitung vorlesen?“

Sakura und Midori nickten. Der Alte blinzelte Rei zu. Sie verstand den Wink und lächelte breit – er wollte nur, dass sie etwas Ruhe bekam.

„Was machst du noch da!“, fauchte er Rei schließlich an. „Geh!“

Gerührt verließ Rei sein Zimmer.
 

Sie meditierte wieder vor dem Feuer. Obwohl der verbleibende Groll zunächst ihrer Konzentration störte, gelang es ihr langsam ihren Kopf zu befreien und zu hören, was das Feuer sprach. Zunächst nur Knistern, doch dann erschienen die abstrakten Bilder vor ihren Augen. Ein Tanz der Farben Weiß, Blau, Rot, Grün und Gelb vor einem schwarzen Hintergrund, ohne beständiger Form – doch halt, diesmal nahmen die Farben eine entfernt humanoide Gestalt an.

Rei hatte sich noch nie Gedanken über die Bedeutung der Farben gemacht – ein Fehler. Hätte sie es früher getan, hätte sie schon längst erkannt, dass sie und ihre Freundinnen vertreten waren. Der Tanz war ein Kampf – doch gegen wen traten sie an?

Rei fing an zu zittern.

Die humanoiden Formen verschwanden, drifteten ineinander und wurden selbst zum Hintergrund, während das schwarz in den Vordergrund trat. Und da war die Gestalt mit der Peitsche.

Ein Gesicht. Ich will einen Beweis!, betete Rei mit angestrengt verzerrtem Gesicht.

Ihr Wunsch wurde nicht erfüllt – doch das Feuer erlaubte ihr zu sehen, wie die Person mit der Geißel schlug. Die Peitsche kam auf sie zu und der asexuelle Schrei ertönte, der jedoch in Reis eigenem Aufschreien unterging.

Sie riss die Augen auf. Wie jedes Mal war ihrer Kleidung von Schweiß durchnässt. Rei keuchte.

Wieder keine Anhaltspunkte über die Identität der bedrohlichen Gestalt – es sollte weiter eine Vermutung bleiben, dass es sich um Sailor Sun handelte. Doch was hatte es mit den kämpfenden Farben auf sich, welche die Sailorkriegerinnen repräsentierten? Gegen wen kämpften sie? Gegen die Dunkelheit? Rei erahnte diese Antwort als zu einfach und musste zu der Vermutung kommen, dass die stellvertretenden Farben gegeneinander gekämpft hatten...

Wofür stand diese Symbolik? Auf das nicht mehr ganz so gutes Verhältnis zwischen den Freundinnen? Oder deutete das Schauspiel auf ein reales, in der Zukunft liegendes Ereignis hin? Rei beschloss nicht mehr darüber nachzudenken, es was zu frustrierend. Außerdem wollte sie unbedingt die Kleidung wechseln.

Als sie aus dem Gebetssaal trat, stand Sakura direkt vor ihr. Rei erschrak. „Was soll das?“

Sakura antwortete nicht. Das schwarzhaarige Mädchen mit den Rossschwänzen blickte sie mit ihren naiven Glubschaugen an. „Warum haben Sie geschrieen?“, fragte sie.

„Ich hab nicht geschrieen.“

„So dumm bin ich auch nicht.“

Rei seufzte: „Gut. Ich hab nach der Meditation eine Spinne im Haar gefunden. Ich habe Angst vor Spinnen.“ Eine schwache Ausrede, aber das Mädchen glaubte ihr. „Wie lange stehst du eigentlich schon da?“

Sakura zuckte mit den Schultern. „Fünf bis zehn Minuten. Hino-sama hat mich zu Ihnen geschickt. Er wollte, dass wir Ihnen einen Tee aufsetzen, weil Sie in letzter Zeit so gestresst sind. Er ist angerichtet.“

Rei seufzte wieder. Da befreite der Großvater sie von den Mädchen und dann hetzte er sie ihr wieder auf den Hals. Typisch.

„Warum hassen Sie uns?“

Rei zuckte zusammen. „Was soll ich?“

„Uns hassen. Midori und mich. Warum hassen Sie uns?“

„I... ich...“ Rei wusste nicht, was sie sagen sollte und Sakuras Gesicht wurde sichtlich bekümmert. Auf einmal wurde sie von einem schlechten Gewissen übermannt. Wahrscheinlich war sie vor allem in letzter Zeit zu harsch mit den Mädchen umgegangen – dabei wussten die beiden verwöhnten Damen es doch nicht besser. Sie gaben ihr bestes und Rei hatte ihre Geduld einfach vergessen.

Rei legte ihre Hand auf Sakuras Schulter: „Ich hasse euch doch nicht. Es nur so... na ja, ihr könnt ganz schön nerven.“

Sakura verzog das Gesicht: „Das sagen alle.“

Rei lächelte beschämt. „Außerdem... ich habe momentan sehr viel um die Ohren und ich wünschte oft, dass ihr mich manchmal wegen Kleinigkeiten in Ruhe lässt.“ Wieso konnte sie sich nicht netter ausdrücken? Doch Sakura schien ihr die Ehrlichkeit nicht übel zu nehmen.

„Wegen solcher Aussagen haben Papa und Mama uns in den Hikawa-Tempel gesteckt. Aber irgendwie scheinen wir uns nicht bessern zu können. Wir sind hoffnungslose Fälle.“

Sakura schien ihre eigene Aussage nicht zu bekümmern, während sie Rei wie ein Schlag traf. Wie konnte man einem Kind nur so eine Einstellung vermitteln? Liebevoll streichelte sie dem Mädchen über den Rücken und sagte: „Ab morgen macht ihr es einfach besser. Und jetzt gönnen wir uns eine gute Tasse Tee.“

Wenn sich Probleme doch nur mit Tee lösen ließen.

„SCHLANGE!“, kreischte Midori in der Küche, was schon von weitem zu hören war.

Reis Miene verfinsterte sich: „Nicht gut, wenn die Tiere in die Küche kommen.“

Sakura zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hat sie sich die Schlange nur eingebildet. Midori hat Angst vor denen.“

Dann kam wieder der Schrei: „SCHLANGE! GEH WEG! GEH WEG! GEH WEG!“

Sakura grinste: „Wohl nicht. Soll ich sie verjagen? Ich hab keine Angst.“

„Ja, ehrlich gesagt, mag ich Schlangen auch nicht“, gestand Rei leicht errötet.

Sakura nickte stolz und euphorisch. Und schließlich ertönte ein Schrei Midoris, der über bloßen Schreck und Ekel vor einem ungeliebten Tier hinausging. Rei blieb der Atem stehen – sie hatte diese Art von Schrei schon oft wahrgenommen. Menschen schrieen immer so, wenn sie von etwas unbekannten bedroht wurden. Und eventuell in Lebensgefahr waren.

Sakura konnte jedoch den Schrei nicht als solchen entlarven. „Mann, Midori übertreibt... aua!“ Rei hatte das Mädchen fest an der Schulter gepackt.

„Verschwinde.“

„Wieso?“

„Frag nicht. Geh rauf zu Großvater.“ Sakura wollte den Mund aufmachen. „Stell keine Fragen!“

Eingeschüchtert nickte das Mädchen und spazierte weg. Und Rei rannte los. Ihren Verwandlungsstab hielt sie schon in der Hand – doch bevor sie den letzten Schritt wagte, wollte sie noch prüfen, ob ihr Verdacht richtig war. Sie trat die Tür auf.

„Midori?“

Sie erwartete, das Mädchen von einem Monster gefangen zu sehen. Eines mit Schlangenhaaren. Weswegen sollte Midori sonst „Schlange“ gerufen haben. Ihr grauste bei dem Gedanken, alleine einem Monster mit Schlangenkörperteilen gegenüber zu stehen. Die Kämpfe waren immer eine große Überwindung für sie gewesen.

Doch sie irrte sich. Das blonde Mädchen stand in der Mitte der Küche, unbeschadet, aber verwirrt. Wohl die Angst. Rei seufzte erleichtert. „Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert.“

Keine Antwort.

„Alles okay? Wo ist die fiese Schlange?“

Keine Antwort.

Midori starrte mit leeren Augen auf Rei, sodass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief.

„Midori?“

Als Antwort kam ein Schrei. Keine Art, die Rei bekannt war. Laut und so schrill, dass die Gläser zerbarsten. Rei hielt sich die Hände auf die Ohren, doch nahm nicht die Augen von dem Mädchen. Aus ihrem Mund züngelte eine gespaltene Zunge.

Sie verstummte. Midori sprang in die Höhe und blieb an der Decke hängen.

Rei fühlte sich wie in einen Horrorfilm. Zugleich fiel ihr Tayos Bemerkung ein – die dritte Furie nahm ihre Opfer in Besitz.

„Macht der Marsnebel, mach auf!“, rief Rei, als wäre es ein Reflex. Und sie betete, dass Midori sich nicht an das Gesehene erinnern würde. Nun blieb sie unbeeindruckt – sie schoss von oben an Sailor Mars vorbei durch die Tür, landete auf den Füßen und rannte.

„Stehenbleiben!“, rief Mars und lief hinterher. Wo wollte sie hin? Kaum konnte sie die besessene Midori einholen. Sie musste sie aufhalten.

„Macht des Mars, sieg!“, rief sie und ließ den Feuerpfeil los. Eigentlich hatte sie auf Midoris Kopf gezielt. In letzter Sekunde änderte sie jedoch das Ziel – sie konnte dem Mädchen doch nicht wehtun! Besessenheit hin oder her. Der Pfeil streifte Midoris Schulter.

Sie blieb stehen und wandte sich zu Sailor Mars. Ihr Gesicht war noch unheimlicher geworden. Ihre Augen glühten im Blau ihrer Iris und ihre Lippen zierte ein Grinsen, das jedoch gequält wirkte.

Die besessene Midori stürmte auf Mars zu. Der Feuerpfeil war zu gefährlich – und gegen eine Besessene würde ein Bannzettel sowieso besser wirken.

„Ichi – ni – san – shi...“ Doch weiter kam sie nicht. Eine klebrige, aber feste Masse wickelte sich um ihren Mund, schließlich um ihre Füße, Beine, Arme, Hüften. Mars verlor das Gleichgewicht und fiel auf den Rücken. Und da lag sie plötzlich, gefesselt auf den Rücken und konnte nur aus den Augenwinkeln sehen, wie Midori auf sie zuschritt.

Das besessene Mädchen beugte sich über sie. Das unheimliche Grinsen war verschwunden, stattdessen trat eine absolute Ausdruckslosigkeit in ihr Gesicht. Bloß die Augen waren aufgerissen. Mars hörte sie heiser atmen und wollte schreien, doch die Masse auf ihren Mund verbat es. Sie versuchte sich aus den Fesseln zu befreien, doch war zum Scheitern verurteilt.

Das Röcheln Midoris waren Worte, die Mars erst mit der Zeit verstand: „Marsverbrecherin...“

Midori packte Mars am Kragen und zerrte sie hoch. Es musste es Effekt der Besessenheit sein, dass die dünnen Arme dies vermochten. Mars versuchte weiter sich aus den Fesseln zu winden, weiterhin erfolglos. Schließlich konnte sie sich nicht mehr bewegen, als der bekannte Druck des geöffneten Dimensionentors erschien. Ehe Mars jedoch verstand, dass das besessene Mädchen sie durch das Tor schleppen wollte, erfüllte ein gleißendes Licht den Raum und Midori schrie. Sie ließ Mars los. Die Fesseln lösten sich.

Sailor Sun packte die besessene Midori an den Haaren und schmiss sie gegen die Wand. Das Mädchen gab seltsame, tierische Laute von sich, stand jedoch sofort wieder auf.

„Lichtpeitsche!“, rief Sun und traf Midori am Bauch, woraufhin sie wieder in die Knie ging. Diesmal blieb ihr keine Kraft mehr aufzustehen. Sie keuchte unmenschlich, auf ihrem jungen Gesicht hatten sich Falten gebildet und ihre Haut war ergraut.

Sailor Sun grinste und spannte den Lederriemen ihrer Peitsche.

„HALT!“, rief Mars. Von ihrem Schock inzwischen genesen, starrte sie mit teils entsetzen, teil wütenden Augen auf Sailor Sun, die sich zu ihr wandte und desinteressiert wirkte. „DAS IST EIN VIERZEHNJÄHRIGES MÄDCHEN!“

Sailor Sun knurrte und würdigte Mars zunächst keiner Antwort, da sie Midori mit einem Bein auf den Rücken stieg und zu Boden drückte.

„Eine besessene vierzehnjährige, die dich nicht gerade nett behandelt hat.“ Als der Körper zuckte, schlug sie mit der Geißel leicht gegen ihren Rücken.

Mars konnte ihre eigene Wut nicht fassen. „Sie kann nichts dafür. Midori ist unschuldig! Sie darf nicht derartig behandelt werden.“

„Die spürt nix.“ Pause. „Bei dem Job muss man in Kauf nehmen, dass unschuldige verletzt werden. Wenn du mich nun entschuldigen würdest, ich würde die Sache gerne zu Ende bringen.“

Ehe Sailor Sun jedoch die besessene Midori wieder attackieren konnte, wurde sie von Sailor Mars hart zu Boden gestoßen. Wegen der Plötzlichkeit des Angriffs verlor sie kurzfristig die Orientierung. Mars nutzte die Gelegenheit und hielt einen ihrer Bannzettel vor Augen: „Ichi, ni, san, shi, go, roku, shichi, hachi, kyu, ju, weiche böser Geist!"

Der Bannzettel blieb an Midoris Stirn haften... und es half.

Ihre Haut nahm wieder eine gesunde Farbe an und die Falten verschwanden. Das Glühen der Augen verschwand. Midori quälte sich auf alle Viere. Sie keuchte noch immer. Ihre Stimme klang zwar inzwischen menschlich, dennoch beunruhigend. Schließlich übergab sie sich. Aus ihrem Mund drückte Midori eine Schlange heraus, die es eilig hatte, aus dem menschlichen Körper zu gelangen. Am Boden wand sie sich sterbend.

„Siehst du! Es geht auch anders“, schrie Mars Sailor Sun an, die gelangweilt das Szenario beobachtete. „Du brauchst nicht zu tun, als ob wir vollkommen hilflos wären. In diesen Fällen, sind unsere Methoden besser als deine! Was bildest du dir eigentlich ein, derartig brutal...“ Ihre Worte verliefen in einem Schrei. Sailor Mars wurde hart gegen den Rücken geschlagen und zu Boden geschleudert. Entsetzt erhaschte sie einen Blick auf den Angreifer... die Schlange aus Midoris Körper war auf die zwanzigfache Größe gewachsen. Sie zitterte vor Ekel.

„Macht des Feuers!“ Rei ließ den Pfeil los. Die Spitze prallte an der Haut des Monsters ab und zog zurück zu Mars. Nur knapp verfehlte ihre eigene Attacke ihre Brust.

„Marsverbrecherin...“ zischte das Monster und packte sie mit den Schwanz an den Füßen. Mars schrie, als es sie durch den Raum warf. Unsanft schlug sie gegen eine Wand.

„MARSVERBRECHERIN!“ In seinem Mund sammelte sich ein Ball an Energie. Seine letzte Attacke konnte das Monster jedoch nicht vollenden. Sailor Sun traf es mit der Peitsche am Kopf, spaltete den Schädel. Es verpuffte in Rauch, war verschwunden und Mars gerettet.

Sailor Sun wartete bis Mars wieder Herrin ihrer Sinne war und kicherte spöttisch. „Nicht vollkommen hilflos, gell?“

Mars blickte verächtlich auf Sun, doch dann fiel ihr Midori ein. Sie eilte zu dem Mädchen. Midori war zwar bewusstlos, doch sie atmete ruhig. Ihr Kimono war jedoch am Rücken zerrissen und es zeigten sich Spuren der Peitschenhiebe. Mars warf Sun wütende Blicke zu: „Du...!“

„Ja.“

„Du wolltest sie umbringen!“

Sun schüttelte den Kopf. „Nö. Ich wollt auf sie einschlagen, bis das Monster rauskommt.“

Mars bebte vor Wut. Hätte sie Midori nicht in den Arm genommen, hätte sie Sailor Sun eine Ohrfeige verpasst. „Du bist hier um sie zu retten, nicht um die Opfer zu verletzten.“

„Wenn es nötig ist, sie zu gefährden, um sie zu retten, bleibt keine andere Wahl.“ Sailor Sun hatte alle Freundlichkeit und allen Spott aus ihrem Gesicht vertrieben. Es erschreckte Mars, wie schnell diese Frau ihre Miene glaubwürdig ändern konnte. „Besser sie werden durch mich verletzt, als von Hyperions Schergen ermordet.“

„DAS IST FALSCH!“, schrie Mars, woraufhin sich Midori in Armen rührte, aber nicht erwachte. „Menschen können an diesen Verletzungen auch sterben!“

Sun reagierte nicht darauf, sondern redete weiter, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. „Und manchmal geht es eben schlecht aus.“

Das waren Sailor Suns Abschiedsworte. Mars schrie ihr hinterher, sie solle stehen bleiben, wollte ihr gar nachlaufen, doch sie brachte es nicht übers Herz, Midori aus den Armen zu legen. Sailor Sun entkam ihr.
 

„Guten Abend, junge Frau. Ich muss Sie leider enttäuschen, wir haben schon geschlossen“, sagte Usagis Cousine Yuzuki mit freundlichem Gesicht und hielt die Tür auf.

„Ich will nichts kaufen“, sagte Mars. „Ich bin eine Freundin von Usagi. Ich muss dringend mit ihr sprechen.“

„Ja, sie macht gerade die Abrechnung.“ Yuzuki zeigte auf die Blondine, die vollkommen überfordert mit Zetteln, Kugelschreibern, einem Taschenrechner und Geld hantierte. Rei konnte sie erst nach dem dritten Ansprechen aus ihrer Beschäftigung reißen.

„Oh, hallo Rei! Wir haben schon geschlossen.“

„Ich weiß. Ich muss dir aber dringend was sagen.“

„Du hättest mich auch anrufen können.“

„Wenn du von deinem Handy abheben würdest.“

Usagi knurrte: „Was gibt es denn so Wichtiges?“

„Vertrau Tayo nicht.“ Usagi glotzte verdutzt. „Es geht keine positive Aura von ihr aus und ich bin mir inzwischen sicher, dass sie die Person aus meiner Vision ist. Und vor knapp einer Stunde wäre sie bereit gewesen, meine Miko zu töten, die von einem Dämon besessen war.“

Usagi schaute besorgt: „Geht es ihr gut?“

„Ja, nur verängstigt. Ihre Schwester kümmert sich um sie. Usagi, hast du mir gerade zugehört? Die Frau ist gefährlich.“ Und dann sagte sie etwas, was sie eigentlich zurückhalten wollte: „Sie bezieht ihre Macht aus derselben Quelle, wie die Feinde.“ Daraufhin verfinsterte sich Usagis Miene. Rei freute sich über den Erfolg, in Usagi Zweifel gesät zu haben, doch konnte nicht mehr weiterreden. Hinter ihr war Usagis Tante aufgetaucht. Sie hatte die Frau noch nie gesehen – Usagi log nicht, wenn sie Izumi als beängstigende Autorität beschrieb.

„Würden Sie bitte meine Nichte nicht mehr stören. Was auch immer ihr zu besprechen habt, macht das in eurer Freizeit.“ Hinter ihr stand Yuzuki mit stolzem Grinsen, weil sie gepetzt hatte.

Rei ging mit demütiger Haltung aus dem Markt.

Von Usagi hörte sie den Rest des Tages nichts mehr.



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