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Bullum Solare

von

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Die Einzelkämpferin

Mithras starrte auf den mehr toten als lebendigen, nackten Körper der Furie. Er hatte sie an Füßen und Händen mit Nägeln am Boden befestigt. Mit vor Wut zitternden Händen umklammerte er einen Speer, welchen er der Furie jedes Mal in einen Körperteil stach, sobald sie eine falsche Antwort gab. Und sie hatte bisher nur falsch geantwortet. Er fragte sich, was ihn eigentlich davon abhielt, ihr den Todesstoß zu versetzen. Sie rang nach Luft, weinte und schrie jedes Mal, wenn er den Speer an ihr ansetze.

Erbärmlich – warum hatte sein Vater nur so viel von den drei Furienschwestern gehalten? Eine tot nach einem Schlag, die andere wimmerte nur. Zwar wusste er um Allegras, oder wie sie hieß, Fähigkeiten bescheid, doch dann hätte sein Vater, fair wie er war, nur sie in die Höhe gehoben und nicht das komplette Schwesterntrio.

Sie flehte um Gnade. So eine dumme Kreatur hatte dies nicht einmal verdient, wenn er so etwas wie Gnade gekannt hätte.

Ihre Schwester stand gelassen daneben und grinste.

„Nenn mir einen Grund“, sprach Mithras, „warum ich dich nicht töten soll.“

Wegen einer Verletzung am Hals hatte die Furie Schwierigkeiten zu antworten. „Ich... ich...“, röchelte sie. Mithras hob den Speer. „Ich hab einen Plan.“

„Aha. Nicht sehr überzeugend.“ Er tat so, als würde er zustechen, die Furie zuckte zusammen. „Wie lautet er?“ Er fragte hauptsächlich, um sich ein letztes Mal über ihre Dummheit amüsieren zu können.

Die Furie hustete: „Sie hat Freunde.“

„Und?“

„Ich habe eine gesehen.“ Mithras wurde tatsächlich hellhörig. Er senkte den Speer und die erbärmliche Gestalt sprach nun etwas gelassener, wohl beruhigte sie Mithras Geste. „Sie heißt Ami. Blaue Haare, klein, unscheinbar.“

Hätte er die besagte Dame gesehen, wäre die Beschreibung genauer gewesen. Mithras konnte nicht nachvollziehen, wie die Furie sie mit diesen wenigen gemerkten Details wieder finden konnte, doch er hatte mittlerweile eingesehen, dass Leute aus allen Sphären und Ecken des Weltalls andere Leute wieder erkannten, obwohl sie nur so wenig vom Aussehen wiedergeben konnten.

„Schöner Ansatz. Und weiter?“

„Geisel.“ Sie holte Luft. „Wenn die Geisel in Lebensgefahr ist, wird sie mich nicht angreifen.“

Mithras kaute auf den Lippen. Der Plan war nicht einfallsreich und ging nicht mehr über einen Grundriss hinaus, allerdings handelte es sich um eine Idee, die tatsächlich noch nicht ausprobiert worden war. Er schaute zu Elektro (oder so). Als Schwester konnte sie wohl eher beurteilen, ob die Furie fähig war, so einen Plan fruchtbar in die Tat umzusetzen.

Sie nickte.

Mithras warf den Speer auf den Boden, und die Nägel aus Füßen und Händen der Furie drehten sich langsam und qualvoll heraus. Nachdem sie frei war, setzte sie sich sofort auf, und bedeckte ihre Blöße, als ob sie nie verletzt worden wäre.

„Eine letzte Chance“, sagte Mithras. „Andernfalls kenne ich kein Mitleid mehr.“

Nebel umhüllte ihn. Er verschwand.

Allekto legte ihrer Schwester Tisiphone ihren Mantel um die Schultern. Es war die freundlichste Geste seit langem und stand im krassen Gegensatz zu ihren folgenden Worten: „Das schaffst du nicht.“

Tisiphones Weinen wurde zu einem Schnaufen. „Ich schaff das. Ich werde es diesem wahnsinnigen Bastard zeigen. Er wird endlich sehen, welche Fähigkeiten in mir stecken.“

„Und dann?“

„Er wird heulen, weil er mich derartig unterschätzt hat. Und mir das Lob zukommen lassen, das mir zusteht.“

Allekto gab es zynisches Kichern von sich.

Man konnte auf Kaiser Hyperions Nachfolger auf drei Arten reagieren – Hass, Gleichgültigkeit oder Unterwerfung. Alle drei führten ins Verderben, jedoch unterschied die Reaktion, wie angenehm der Sturz war. Megaira hatte bewiesen, dass Gleichgültigkeit ein schnelles Ende bedeutete, jedoch ein grausames Leben – durch den Druck, den Mithras ihr gemacht hatte, hatte sie sich zu leicht von Sailor Sun besiegen lassen. Allekto hatte sich für Unterwerfung entschieden; ihr Leben war zwar angenehm, doch ahnte sie, dass sie eines grausamen Todes sterben würde. Tisiphone zeigte, dass Hass zur einer qualvollen Existenz und einem grausamen Tod führt. Einerseits quälte sie sich selbst, indem sie Mithras ein peinliches Schauspiel übertriebener Demütigkeit darbot, andererseits quälte er sie mit Verachtung und Drohung.

Sie würde bald sterben. Selbst wenn ihr Plan aufgehen sollte.
 

Normalerweise war Akanes erste ungewusste Handlung, nachdem der Wecker geläutet hatte, der Griff zu einem Glas Wasser. Heute handelte es sich um das panische Suchen nach einem Taschentuch.

Sie schnäuzte sich, hustete und fasste an ihre Stirn, die sich zu heiß anfühlte.

Sie hatte schon gestern bei dem Treffen mit Mizuno gefühlt, dass eine Grippe sich anbahnte. Akane hatte das entsprechende Unwohlsein ignorieren können und nutzte es als Ausrede dafür, Sailor Merkur mehr erzählt zu haben, als ihr lieb war, und von Medusa arg bedrängt worden zu sein, sodass sie dem Genie ihren Sieg verdanken konnte – an letzterem mochte viel wahr sein, bei ersterem spielte wohl eine Sympathie eine maßgelbliche Rolle, die sie sich nur schwer eingestehen konnte.

Heute konnte sie die Krankheit allerdings nicht mehr ignorieren – ihre Glieder schmerzten, sie schwitzte und jedes Geräusch, das von der Straße kam, schien wie ein Schlag auf den Schädel. Der fette Leguan brachte ihr im Maul einen Fiebermesser. Das Quecksilber zeigte 38 Grad.

„Dreck“, murmelte sie.

Das Amulett in Form einer orientalischen Sonne hing um ihren Hals, wo es sich ständig befand. Selbst beim Duschen nahm sie es nicht ab, doch nun entschied sie sich, es ablegen. Sie plazierte es auf den Nachtkasten – trug sie es nicht am Körper, würde es zwar Alarm schlagen, aber sie nicht zum Tatort teleportieren.

Akane fühlte sich nackt.
 

Dr. Yamamoto hatte Ami um sechs Uhr in der Früh angerufen und erklärt, sie müsse nicht zur Arbeit kommen, weil das Labor verwüstet war und Dr. Sakuroka im Krankenhaus lag. Sie hatte zwar keine physischen Schäden, doch halluzinierte von Monstern mit Schlangenhaaren. Und es würde dauern, alles wieder herzurichten und neue Geräte und Proben zu beschaffen.

Ami stellte sich dumm, sie habe den Überfall zwar mitbekommen, aber keine Gesichter gesehen – bei dieser Lüge bekam sie Magenschmerzen vor Schuldgefühl. Zum Glück gab es keine Überwachungskameras.

Sie nutzte den freien Tag, um sich mit den Mädchen zu treffen und um ihnen von dem Gespräch mit Akane zu erzählen. Sie saßen wieder in Usagis Zuhause. Mamoru war nicht anwesend, er hatte ein Treffen mit seinem Diplomarbeitsbetreuer.

„Ich weiß nicht, was ich davon halten soll“, sagte Rei, die sich sicher war, dass es sich bei Sailor Sun um die Gestalt aus ihrer Vision handelte.

„Nicht viel“, schloss Artemis an. „Ihre Informationen waren sehr vage. Das einzige, das wir sicher wissen, ist, seit wann sie aktiv ist und in Osaka erweckt wurde. Wer sie erweckt hat und wer diese Feinde eigentlich sind, ist noch immer offen. Sailor Sun weiß hingegen, wer wir sind, doch gibt viel daran, dass wir im Dunklen tappen. Als ob sie etwas zu verheimlichen hätte. Ich traue ihr nicht.“

Luna nickte zustimmend. „Zumal Artemis und ich der Meinung sind, dass es eine Kriegerin der Sonne nicht geben dürfte.“ Sie wandte sich an Ami. „Ist dir nichts Besonderes aufgefallen?“

Ami überlegte kurz: „Sie verwandelt sich mit einem Amulett und ich vermute, dass bei ihrer Erweckung der Leguan, den sie immer mit sich trägt, eine Rolle gespielt hat.“

Die Katzen sahen sich an. Dies waren keine wertvollen Informationen.

„Diese Akane wirkt jedenfalls ziemlich ungehobelt“, erinnerte Makoto.

Ami lächelte. „Das habe ich anfangs auch gedacht, wurde aber eines Besseren belehrt. Sie hat zwar einen gewöhnungsbedürftigen Charakter, ist aber, wenn man sie näher kennen lernt, sehr nett.“

„Und vielleicht hat ihr Verhalten damit zu tun, dass sie so lange alleine kämpfen musste.“ Alle richteten ihre Augen auf Minako. „Ich finde es unfair, sie zu verurteilen, ehe wir wissen, was sie schon alles durchgemacht hat. Ich will nicht wissen, wie ich mich verändert hätte, wenn ich als Sailor V noch immer alleine gegen das Böse kämpfen müsste. Das eine Jahr hat mir eigentlich schon gereicht.“

Es herrschte Stille – tatsächlich hatte sich noch keines der Mädchen Gedanken darüber gemacht, wie es für sie wäre, alleine eine solche Bürde zu tragen. Bloß Minako konnte ähnliches nachvollziehen. Und Usagi.

Die vier Mädchen und die beiden Katzen schauten auf die Blondine, die überraschend still gewesen war. Erst jetzt fiel ihnen auf, dass sie die Anführerin eigentlich gar nicht zu Wort hatten kommen lassen, nachdem sie sich aufgrund einer SMS von Mamoru kurzfristig nur auf ihr Mobiltelefon konzentriert hatte. Ihr Gesicht war rot und sie knirschte mit den Zähnen.

„Ich fasse es nicht, wie ihr redet!“, rief sie. „Minako hat vollkommen Recht! Jeder würde zur Kratzbürste werden, wenn man die ganze Zeit auf sich gestellt gegen das Böse kämpfen muss!“

„Es geht nur bedingt um ihren Charakter“, fiel Luna ins Wort. „Es geht darum, dass wir nicht wissen, woher sie kommt.“

„Das ist doch egal! Solange sie gegen das Böse kämpft, ist sie eine von uns.“

„Und es geht darum, dass sie auch nicht will, dass wir mit ihr oder den Feinden etwas zu tun haben“, warf Artemis ein.

„Weil sie so lange alleine war. Sie weiß nicht, wie es ist, sich mit jemandem diese Sorgen zu teilen.“ Minako nickte. „Außerdem kann sie das nicht verlangen. Ich bin die zukünftige Königin des Silberreichs und wenn das Böse es bedroht, dann sehe ich es als meine Pflicht, es zu verteidigen, egal, was eine einsame Kriegerin sagt. Sie WIRD nicht mehr alleine kämpfen und wir werden ihr zeigen, dass das eine Erleichterung ist. Punkt. Wer will ein Eis?!“

Usagi stolzierte zur Tür hinaus – die Diskussion war beendet. Alle verwunderte es, mit welcher Inbrunst Usagi ihren Standpunkt verteidigte, mit der sie die Mädchen schon einmal hatte überzeugen können. So ernst war sie noch nie mit ihren Pflichten umgegangen; es war auch das erste Mal, dass Usagi mit ihrer Zukunft argumentierte.

Ihr Auftreten schien auch diesmal zu funktionieren; die Mädchen folgten Usagi in die Küche, wo Makoto mit Eiskugeln Figuren zauberte. Luna und Artemis blieben skeptisch im Zimmer zurück.

Rei und Ami verließen zusammen die Gruppe als erste. Auf der kurzen gemeinsamen Strecke sprachen sie kaum miteinander. Keine von beiden wusste, ob es an mangelnden Gesprächthemen lag, oder an der Stimmung, mit welcher sie Usagis Heim verlassen hatten.

Nachdem sie sich getrennt hatten, ärgerte es Ami, unterdrückt zu haben, dass Akane als Grund für ihr Einzelkämpfertum auch etwas genannt hatte, was alle schon gemerkt hatten, aber ignorierten – sie waren den neuen Gegnern unterlegen.
 

Akane konnte nicht schlafen und ließ sich vom schlechten Fernsehprogramm des Nachmittags berieseln. Sie hatte Appetit auf einen Eistee, wollte allerdings nicht aufstehen. Der dicke Leguan brachte ihr die ganze Zeit nur Wasser, da er nicht wusste, ob Rika anwesend war und sein Erscheinen in der Küche nicht zu einem hysterischen Geschrei führen würde. Akane fand die Argumentation lächerlich, akzeptierte sie aber. Wenn der Appetit zu quälend wurde, würde sie selbst sich das gute Getränk besorgen.

Ihr Blick fiel immer wieder vom Fernseher auf das Amulett auf dem Nachkasten. Sie musste einfach Kontrollblicke darauf werfen, ob es noch da war – aber wer sollte es schon klauen?

Medusa, die gerade die Fensterscheibe zerbrach.

Akane zog sich schützend die Decke über den Kopf, Glassplitter flogen durch den ganzen Raum. Die Frau mit den Schlangenhaaren lachte. Akane rief die Beschwörungsformel, doch dann fiel ihr ein, dass sie das Amulett gar nicht am Körper trug und sich deswegen nicht verwandeln konnte. Sie griff hektisch danach, doch fasste ins Leere. Medusa hatte sich das Amulett geschnappt.

Ihr stockte der Atem. Medusa steckte die Klaue aus und als sie Akane am Hals packte, riss sie die Augen auf.

Akane schwitze, nicht nur aufgrund der Grippe. Ihr Herz raste und sie bekam vor Angst kaum Luft. Sie sah sich panisch in ihrem Zimmer um, doch keine Spur war von dem Ungeheuer zu entdecken – das Amulett war jedoch noch da.

Scheiß Albtraum, dachte sie.

Der Leguan glotzte sie an, Akane schaute auf das Amulett, das sie sich wieder um den Hals hängen wollte.

„Verdammt...“

Sie unterdrückte den Wunsch und verkroch sich wieder unter der Bettdecke.
 

Während Amis Chefin nur mit physischen Schäden im Krankenhaus lag, befand sich Kimiko Sakadami wenige Stockwerke unterhalb in einem viel schlechteren Zustand. Trotz gutem Zustand bei der Einlieferung, befand sie sich kurz nach dem Angriff der Frau mit den Schlangenhaaren im Koma.

Makoto versuchte so oft wie möglich, sie zu besuchen. Kimiko hatte keine große Familie – unverheiratet, kinderlos, mit den Geschwistern zerstritten, ihr Vater war verstorben, ihre Mutter demenzkrank. Bloß einige Freunde und Arbeitskollegen sahen bei ihr vorbei, doch nach nur drei Tagen hatten sich deren Besuche reduziert, was Makoto schrecklich fand. Hieß es nicht, dass Komapatienten eher erwachen, wenn man viel mit ihnen spricht?

„Kenji hat deinen Posten übernommen und er macht das gut“, erzählte Makoto von den Neuigkeiten im Restaurant. „Die Besucherzahlen sind dieselben geblieben. Wir versuchen zwar den Gästen zu verheimlichen, dass du im Krankenhaus liegst, aber viele wissen es aus der Zeitung. Sie kommen zwar weiterhin, freuen sich aber schon auf deine Rückkehr.“ Pause. „Mein Gericht steht diese Woche auf der Karte. Es wird schon ziemlich oft verlangt und ich hab eine Menge zu tun. Es war echt schwierig heute meinen freien Tag einzuhalten.“

Makoto empfand das Reden zu einer Person, die nicht reagierte, furchtbar. Sie starrte auf die bewegungslose Frau, die am Tropf hing und aus deren Mund und Nase Schläuche führten. Ihre Augen waren nicht ganz geschlossen, ihre Haut war blass. Außerdem schien sie schon lange Zeit nicht mehr ordentlich gewaschen worden zu sein.

Makoto ballte die Fäuste und rief sich das Bild der Frau mit den Schlangenhaaren in den Kopf.

„Wer auch immer dieser Angreifer war, es wird büßen.“
 

Akane konnte nicht schlafen. Die Sorge um das Amulett verbat es ihr. Der Albtraum um Medusa hatte ihre Sicherheit nicht gerade gestärkt. Zudem kam die Erwartung, dass der Feind sofort zuschlagen konnte.

Das Fieber war konstant geblieben – was sollte sie in so einem Zustand allerdings ausrichten? Doch konnte sie einfach untätig bleiben und irgendeinen Menschen, den sie nicht kannte und der ihr nie danken würde, dem Tod ausliefern? Es war wohl das Beste, wenn sie bedachte, dass ein Kampf bei Krankheit zu ihrem eigenen Ende führen konnte.

Wenn da nicht so etwas wie Gewissen im Weg stehen würde.

Sie brauchte irgendetwas Fiebersenkendes. Die Apotheke befand ich in Rikas Badezimmer im Erdgeschoß. Sie hoffe, dass ihre Schwester nicht da war, damit sie ihren Zustand nicht bemerkte, sich anfing um sie zu kümmern und sich darüber zu beklagen. Doch das Risiko musste sie eingehen.

Akane torkelte nach unten. Rika war zwar nicht zu Hause, doch herrschte in ihrem Badezimmer so ein Chaos, dass sie scheinbar ewig brauchte, ein geeignetes Medikament zu finden.
 

Es war siebzehn Uhr und Usagi saß vor dem Fernseher und verputzte das restliche Eis. Es lief die Seifenoper, in welcher Minako eine Rolle übernommen hatte. Ihre Serienschwester hatte den Schuss, den Minakos Rolle abgefeuert hatte, überlebt und war nun auf Rache aus.

Luna sprang auf ihren Bauch und Usagi ließ vor Schreck das Eis fallen. „Hey!“, klagte sie.

„Was ist los mit dir?“, fragte Luna. „Ich verstehe dein Drängen, Sailor Sun zu vertrauen, doch dein neues Interesse an den Feinden ist neu.“

„Ich bin eben erwachsen geworden“, sagte Usagi dem Eis nachschluchzend, was ihre Aussage nicht gerade glaubwürdig machte.

Luna bohrte weiter: „Liegt es an Mamoru?“

„Wieso Mamoru? Zwischen mir und Mamoru ist alles gut. Er ist grad wegen des Unistress ein bisschen übellaunig, aber ich fühle mich bei ihm geborgen wie eh und je!“ Sie lachte so, dass Luna leicht erahnte, dass sie sich gerade die Situation schönredete. Die Katze beschloss nicht weiter nachzuhaken.

„Ich mache mir nur Sorgen um dich. Wir wissen nichts über Sailor Sun und der neue Feind scheint mit anderen Wassern gewaschen zu sein, als wir es gewohnt sind. Ich habe Angst, dass du etwas Dummes oder Gefährliches tust.“

„Ach Luna, du bist so lieb.“ Usagi kraulte der Katze liebevoll den Kopf. „Danke für deine Sorge. Aber hab ich mich je getäuscht, wenn es um das Gute im Menschen geht? Wir können ihr vertrauen.“ Sie grinste und Luna musste ihr Recht geben – so naiv sie war, Usagi verfügte über ein gutes Gespür für Menschen. „Und ich weiß, dass der Gegner stark ist. Aber es bleibt trotzdem unsere Pflicht ihn aufzuhalten.“ Pause. „Und ich habe auch Angst. Aber gerade du hast mich gelehrt, die Ängste zu überwinden und so über mich hinauszuwachsen.“

Luna nickte und kuschelte sich auf Usagis Brust. Wahrscheinlich war doch viel Wahres an der Aussage dran, wenn Usagi meinte, sie sei erwachsen geworden.

Allerdings konnte Luna nicht Gedanken lesen.

Usagi konnte es vor Freude immer noch nicht fassen, dass sie nach drei Jahren Wartezeit als Sailor Moon wieder aktiv sein konnte. Diese Freude hatten auch die Niederlagen nicht hemmen können – jedoch war neben die Freude eine regelrechte Todesangst getreten. Sie waren den neuen Gegnern unterlegen, das hatte Usagi schmerzhaft einsehen müssen. Die Lebensgefahr war echt. Sie fürchtete sich vor ihnen und diese Angst riet immer wieder, Sailor Suns Rat zu befolgen und sich aus der Sache herauszuhalten. Doch eine innere Stimme widersprach – diese klang jedoch nicht wie ihr Pflichtgefühl, sondern wie die Freude, wieder etwas Nützliches tun zu können. Sie wollte das Glücksgefühl um keinen Preis aufgeben.

Doch um weiterzumachen und zu überleben zu können, musste sie sich an die Kriegerin klammern, die den Feinden gewachsen war: Sailor Sun. Da konnte die Kriegerin noch so sehr protestieren, sie würde sich ihr anschließen. Auch wenn Sailor Sun Usagi Angst einflößte.

Makoto hatte geklagt, dass Akane Tayo so frech auftrat, was Usagi aber weniger störte – was sie aufregte, war der Osakaslang, dessentwegen man sie schwer verstand. Doch ihr rabiates Auftreten fand Usagi sogar sympathisch – da musste mehr Selbstbewusstsein dahinter stecken, als sie wohl je haben würde. Doch von Sailor Sun ging eine zerstörerische Aura aus – kein Wunder, dass Rei sie mit der unheimlichen Gestalt aus der Vision identifizierte. Es versteckte sich ein düsteres Geheimnis hinter der Kriegerin, dass ihr, ohne es zu kennen, große Angst einjagte. Sailor Sun war gefährlich.

Doch damit sie nicht die Waffen nicht niederlegen musste, musste Usagi das Risiko eingehen und sich mit einer gefährlichen Person verbünden.
 

„Wo zum Teufel bleibst du!?“ Rika hatte sie zwar nicht geweckt, doch tat jedes Wort in Akanes Kopf weh. Ihr Fieber hatte sich zwar gesenkt, die Beschwerden waren jedoch geblieben. „Ayano Yuki wartet auf dich.“ Oh Gott, war das Essen mit dieser schlechten Künstlerin, die Akane unbedingt kennenlernen wollte, etwa heute? Es lag nicht nur an der Grippe, dass sie vollkommen darauf vergessen hatte, wohl eher hatte Desinteresse Schuld.

„Wieso bist du noch nicht angezogen?“

„Ich bin krank.“

Daraufhin war Rika still. Sie näherte sich Akane und fühlte ihre Stirn, was Beweis genug war. Sie seufzte: „Musste das ausgerechnet heute passieren?“ Wieso hatte sich Akane gerade tröstende Worte erhofft? „Ich werde sagen, du hast ’ne Klausur. Komm ja nicht runter.“

Als Antwort streckte Akane ihr den Mittelfinger entgegen. Als ob sie in diesem Zustand etwas mit diesen Möchtegernintellektuellen zu haben wollte.

Rika schlug beim Gehen die Tür hinter sich fest zu, was Akanes Kopf nicht gut tat. Wohl eine Art Rache.

Akane blickte wieder auf das Amulett. Die Pflicht gegenüber Rika hatte sie ohne schlechtes Gewissen vernachlässigen können, woran auch die kindische Wut ihrer Schwester nichts ändern konnte. Das Amulett hier liegen zu sehen, bereitete ihr jedoch Sorgen.

Eigentlich war ihr die Tätigkeit als Sailor Sun genau so lästig, wie eine Plauderei mit Rikas dämlichen Freunden. Zweitem hatte sie ihrem Zustand sei Dank schon entkommen können, ersterem konnte sie noch entkommen. Rika war zwar wütend, aber keiner würde ihr Vorwürfe machen, wenn heute eine Person verletzt werden würde, wenn sie sich schonte. Der fette Leguan hatte die Erlaubnis schon erteilt.

Was Rika enttäuschte, bereitete ihr keine Gewissensbisse, was ihr erlaubt war, jedoch schon. Der relevante Unterschied zwischen der Wut ihrer Schwester und dem möglichen Tod einer Person war nämlich... nun ja, der mögliche Tod einer Person.

Konnte sie das wirklich verantworten? War eine Krankheit wirklich eine so gute Ausrede?

Medusa war ihrer Erfahrung nach schwach und dumm... wahrscheinlich würde sie sie auch geschwächt in die Flucht schlagen können, wenn sie eine unangenehme Situation in Kauf nahm. Man würde sich schon nicht die Quelle ihrer Macht schnappen, auf die ihre Gegner so heiß waren. Wahrscheinlicher war, dass Sailor Moon und Co. auftauchen würden und der angepisste Sonnenkaiser sich die Mondprinzessin holt.

Sie bekam zusätzliche Magenschmerzen. Eine Grippe war keine Ausrede, die den Tod eines Menschen rechtfertigen würde. Oder die Gefangennahme der Mondprinzessin.

Akane atmete tief durch und hängte das Amulett um.
 

Ami packte hektisch ihre Unterlagen zusammen und eilte mit gut zweihundert weiteren Medizinstudenten aus dem Hörsaal. Während der Vorlesung hatte ihr Handy vibriert, doch da sie ihre Konzentration auf den Inhalt der Vorlesung gerichtet hatte, hatte sie nicht reagiert. Erst jetzt sah sie den verpassten Anruf von Minako und die darauf folgende SMS – typisch für Usagi mit zahlreichen Tippfehlern unterlegt: Habe gaaaanz tole Neuigkeitn! Träffen heute um 20:00 im Cefé Kaffee? Die andern Mädeles haben schn zugesahgt.

Ami überlegte kurz und bejahte.

Als sie ihr Handy zurück in die Tasche legte, bemerkte sie, dass ihre Geldbörse verschwunden war. Ami stieß einen entsetzten Schrei aus und rannte in den Hörsaal zurück, wo schon Studenten Platz genommen hatten, die auf die nächste Vorlesung warteten. An ihrem Platz war jedoch nichts zu finden, auch auf den umliegenden Sitzplätzen nicht.

„Verdammt!“, fluchte sie. Während sie irritiert in der Eingangshalle auf und ab ging, tippte ihr jemand auf die Schultern.

Der junge Mann in ihrem Alter hatte blonde, längere Haare und war von stattlicher Größe. Seine Augen waren dunkelblau und schienen unter seiner Brille zu leuchten. Er war gut gekleidet: ein sandfarbenes Sakko, blaue Jeans und ein hellblaues Hemd. Ami fand ihn ziemlich gut aussehend. Auf eine eigenartige Weise erinnerte er sie an Dr. Yamamoto.

„Bist du Ami Mizuno?“, fragte er. Sie nickte. Daraufhin reichte er ihr ihre Geldbörse. „Dein Ausweis hat Auskunft über den Besitzer gegeben.“

Mit roten Wangen nahm Ami die Geldbörse entgegen. „Vielen Dank.“

„Kein Problem.“ Und damit war der hübsche Herr verschwunden.

Dankbar für ihr Glück machte sie sich auf den Weg nach Hause. Jedoch war es schon dunkel – Ami hasste es um diese Uhrzeit nach Hause zu gehen. Sie hatte einige düstere, einsame Gassen zu durchqueren und wurde jedes Mal von einem mulmigen Gefühl übermannt, wenn sie diese entlang ging. Heute war es besonders heftig, doch sie schob es nicht auf die neuen, obszönen Graffitis, sondern auf das Gespräch mit Usagi.

Sie verstand ihre Sturheit – Usagi wurde getragen von der Sorge um ihr zukünftiges Königreich und dem Wunsch, dieses heute schon zu beschützen. Erkenntlich daran, dass sie zum ersten Mal mit ihrer Zukunft argumentiert hatte, schien sie sich ihrer kommenden Verantwortung bewusst zu werden. Doch hatte sie sich schon einmal Gedanken gemacht, welcher Gefahr sie sich und ihre Freundinnen aussetzte? Dachte Usagi bei nur an die Zukunft oder auch an das Hier und Jetzt?

Wohl nicht, sonst hätte sie die Unterlegenheit eingesehen.

Ami fröstelte, als sie hinter einer im Schatten stehenden Mülltonne etwas rascheln hörte. Sie blieb stehen. „Hallo?“, rief sie. Es folgte keine Reaktion.

Wie gebannt starrte sie auf den Fleck. Nichts schien da zu sein, doch sie spürte eine unangenehme Präsenz. Ami griff in ihre Tasche und umklammerte ihren Verwandlungsstab.

Unmittelbar darauf sprang das Monster mit den Schlangenhaaren hervor.
 

Das Amulett schlug Alarm.

Akane war inzwischen eingeschlafen – wohl hatte die gewohnte Nähe zu ihrem Verwandlungsartefakt sie in den Schlaf gewogen. Und jetzt war sie ironischerweise davon geweckt worden.

„Dreck...“, murmelte sie, als sie sich an die Stirn fasste. Das Fieber war wieder gestiegen. Sie wollte lieber im Bett bleiben. Doch als sie das Amulett wieder umgehängt und damit das getan hatte, womit sie ihr Gewissen befriedigte, hatte sie sich zum Einsatz bereit erklärt, unabhängig von einer Verschlechterung ihres Zustand. Es gab keine Ausreden mehr. Ein Menschenleben war in Gefahr. Sie musste es mit den Gegnern aufnehmen.

Sie musste.

„Macht der Sonnennebel, mach auf“, murmelte sie.

Der fette Leguan starrte sie besorgt an, während sie langsam verschwand.
 

Langsam öffnete Ami die Augen. Ihr Kopf schmerzte und Ami wollte sich an die Schläfen fassen, doch sie konnte keine ihrer Hände bewegen. Erst jetzt realisierte sie, dass ihre Arme und Beine gefesselt waren. Das Material waren die Haare des Monsters – zwei der Schlangen starrten sie an und züngelten. Sie wollte den Mund aufmachen, wollte etwas sagen, ohne zu wissen, was, doch auch hatte sich eine der Haare um ihre Lippen gewickelt.

Medusa kicherte. „Angst?“ Jetzt wo das Monster es sagte, wollte sie nicken, konnte aber nicht. „Brauchst du nicht haben. Wenn du Glück hast, wirst du überleben“, kicherte sie.

Was machte sie hier? Es dauerte lange, bis Ami einen klaren Gedanken fassen konnte. Es musste etwas damit zu tun haben, dass Medusa beim letzten Mal ihr Gesicht gesehen hatte. Hatte sie auch mitbekommen, dass sie eine Sailorkriegerin war? Ami versuchte logisch zu denken; sie kam zu dem Schluss, dass es nicht so war. Die Angreiferin labte sich jedes Mal an der Energie der Sailorkriegerinnen. Bei aller Angst und der Schmerzen, welche die Schlangenfesseln auf sie ausübten, spürte sie jedoch nicht die Schwäche, die für die Energieabsaugung typisch war. Offensichtlich hatte die Kreatur nicht einmal versucht, ihr die Kraft zu nehmen.

Kein Interesse an Sailor Merkur also; und sie war nicht das Ziel. Warum war sie dann hier in dem dunklen Raum gefangen, geknebelt, bewegungsunfähig?

Ami konnte sich die Frage selbst nicht beantworten, weil ihr ganzer Körper plötzlich von einem nicht definierbaren Schmerz erfüllt wurde, der ihr kurzfristig alle Sinneswahrnehmungen raubte.
 

Sailor Sun kam offensichtlich in einem alten, verlassenen Fabrikraum ohne Beleuchtung an, der nur vom schwachen Abendlicht erfüllt wurde. Als ihre Füße den Boden berührten, unterdrückte sie den Wunsch sich zu übergeben – eine Folge der Grippe.

Sie erblickte Medusa. Die Kreatur hatte ihr den Rücken zugekehrt und schien ihre Ankunft nicht bemerkt zu haben, obwohl Sailor Sun nicht gerade leise gewesen war. Egal, das Weib war dämlich.

„Lichtpeitsche!“ Mit einem lauten Geräusch schlug die Geißel gegen Medusas Rücken – das Monster schrie. Doch Sailor Sun spürte den Angriff ebenso an ihrem Körper. Sie verspürte immer eine Art Rückstoß beim Angriff, der durch das Fieber so unerträglich war, wie in Anfangstagen. Es folgte ein Schweißausbruch. Doch sie musste wieder die Attacke einsetzen, ehe Medusa sich wehren konnte.

„Lichtpeitsche!“ Medusa schrie wieder und ging in die Knie. Suns Extremitäten schmerzen, doch sie musste wieder angreifen. „Lichtpeitsche!“

Medusa lag auf dem Boden. Ein vierter Hieb noch und sie war wohl erledigt. Doch der dritte Angriff war zu viel des Guten für Suns kranken Körper, sie brauchte eine Pause. Sie musste nach Luft schnappen und einen Schwindel abwenden.

Sie ließ Medusa viel Zeit sich zu erholen – die Schlangenhaarefrau nutzte diese Zeit aber nicht für einen Gegenangriff. Da stimmt was nicht, dachte Sailor Sun. Sie bekam Hemmungen, dem Weib einen weiteren Schlag zu versetzen. „Hey, Medusa!“, rief sie. „Wehr dich.“

„Ich heiße Tisiphone.“

„Scheiß auf Namen!“ Sie ließ die Peitsche schnalzen. „Wehr dich.“

„Gerne. Aber bist du dir sicher, dass du einen Kampf riskieren möchtest?“, kicherte das Weib. Sun fragte sich, worüber sie sich amüsieren konnte, wo ihr die drei Attacken schon sichtlich zugesetzt hatten. Dann wurde ihr klar, was nicht stimmte. Ihre Augen folgten dem Schlangenhaar – kaum auf den ersten Blick zu sehen, weil im Schatten versteckt, aber bei genauerem Hinsehen zu erkennen, hielt Medusa Ami Mizuno mit ihren Haaren gefangen.

Sailor Sun wurde schlecht.

„Die drei Hiebe haben nicht nur mich verletzt. Leiten sich zu der Hübschen weiter. Ich überleb wahrscheinlich noch eine Attacke, aber ich glaube nicht, dass das Mädchen noch mehr aushält.“

Sun zitterte am ganzen Körper. Im Prinzip war Mizuno leicht zu befreien – sie musste Medusa nur die Haare abtrennen. Doch dafür musste sie all ihre Kraft in den Angriff verlegen. Sie konnte nicht einschätzen, ob sie das nicht selbst zu sehr schädigen würde.

Aber blieb ihr etwas anderes übrig?

Wohl nicht – sie hatte sich geschworen, das bedrohte Menschenleben zu retten, egal wie beschaffen ihr Zustand war. Erst recht, wenn es sich um das Leben einer Sailorkriegerin handelte.

Sailor Sun sprang in die Höhe. „Lichtpeitsche!“

Medusa riss die Augen auf, konnte wohl nicht fassen, dass Sun trotz ihrer Warnung angriff. Doch es überraschte sie noch mehr, als sie spürte, auf welchen Körperteil die Attacke gerichtet war.

Ein Hieb und die Haare waren ab. Die Schlangen starben augenblicklich und die Fesseln lösten sich von Mizunos Armen, Beinen, Hüfte und Mund. Bewusstlos fiel sie zu Boden. Sailor Sun hätte gerne ihren Puls gefühlt. Stattdessen übergab sie sich auf die Schlangenleichen.

„Du...“ Der Angriff hatte Tisiphone nicht sehr geschadet. Dafür war ihr komplettes Haar tot. Und ihr Plan war zunichte gemacht. Keine Geisel mehr, kein Druckmittel mehr, sie war in derselben Situation wie sonst. Sie war in Gefahr. Doch wenn sie nicht floh, würde Mithras ihrem Leben in Ende bereiten. „Du...!“

Was nun passierte, verstand sie nicht so ganz. Obwohl sie sich des Untergangs sicher war, bündelte sie alle Kraft und ließ einen gewaltigen Blitz auf Sailor Sun einschlagen. Die Kriegerin schrie und fiel auf die Knie. Ein erneuter Blitz schlug auf sie ein und sie fiel flach auf den Boden. Zwar war sie nicht bewusstlos, doch bewegungsunfähig.

Tisiphone dachte nicht darüber nach, warum sie sich heute von dieser Attacke schlagen ließ. Sie rannte auf sie zu trat sie in den Bauch, sodass Sailor Sun auf den Rücken rollte. Sie hielt sich den Bauch und keuchte.

Tisiphone grinste. Sie hatte sie! Unglaublich, aber sie hatte sie. Ihr Plan war aufgegangen. Anders als erwartet, doch sie hatte sie!

Doch sie würde sie nicht gleich Mithras ausliefern. Das Miststück hatte noch dafür zu büßen, dass ihr guter Ruf einen Schaden erlitten hatte.

Sie nahm Sailor Sun die Geißel weg.
 

Trotz Ami die Schmerzen diverser Angriffe noch immer gewohnt. Daher erlangte sie schnell wieder das Bewusstsein. Sie fühlte sich schwach, doch öffnete die Augen, geweckt von Akanes Schrei.

Medusa hatte Ami vergessen. So hastig sie konnte, rannte sie aus der Sichtweite. Die Gewissensbisse befielen wieder ihren Magen; da rettete ihr Sailor Sun das Leben und sie ergriff die Flucht. Doch was sollte sie schon ausrichten?

Ami bemerkte an ihrem Körper ihre Tasche, welche ihr das Monster nicht abgenommen hatte. Nur ihre Kleidung hatte Schaden erlitten. Der Verwandlungsstab war noch da. Doch was sollte sie alleine schon ausrichten? Sie brauchte Hilfe.

Ami kramte das Handy hervor und wählte die erstbeste Nummer – Makoto, die es unpassend lange läuten ließ.

„Kommt schnell her!“, weinte Ami.
 

Scheißgrippe, Scheißgrippe, Scheißgrippe, echote Sailor Suns innere Stimme. Dreck, Dreck, Dreck!

Weniger Medusas Blitze hatten sie zu Boden gestreckt, sondern ihr Kopf, ihr Magen und ihr kompletter restlicher Körper. Ihr eigener Angriff hatte die Schwächung verstärkt und nun konnte sie kaum den Kopf heben, ohne dass ihr schwarz vor Augen wurde.

Mizuno sah sie aus den Augenwinkeln heraus fliehen. Feige Sau, dachte sie.

Keuchend umklammerte Sailor Sun ihre Waffe, doch es war dem Monster ein Kinderspiel, ihr diese wegzunehmen. Immerhin konnte sie dem hässlichen Weib ins Gesicht spuken... weit spuken hatte sie schon immer gut können und immerhin nahm ihr die Krankheit nicht auch noch dieses Talent. Als Rache stieg ihr Medusa auf die Schulter und bohrte ihr die spitzen Schuhabsätze in ihre Haut.

Nimm mir nicht das Amulett ab, dachte sie. Nimm mir nicht das Amulett ab. Offensichtlich wurden ihre Gebete erhört – Medusa zeigte kein Interesse an dem Objekt, welches ihre Chefs so begehrten. Stattdessen bewegte sie die Peitsche und ein gleißendes Licht erhellte den Raum.

„Vergessen? Du beziehst deine Kräfte aus derselben Quelle der Macht wie wir.“ Pause. „Wir alle wurden von Kaiser Hyperion geschult, mit Sunnas Waffen umzugehen, lange bevor du dir ihren Starseed unrechtmäßig angeeignet hast.“

Sailor Sun quälte sich ein Grinsen aufs Gesicht.

„Was?“ Und die Peitsche schlug gegen ihren Brustkorb. Ohne Macht des Lichts. „Antworte!“

„Du nennst einen entmachteten Herrscher noch immer ‚Kaiser’. Dabei ist er nicht mehr als ein alter Tattergreis.“

„LÄSTERE NICHT KAISER HYPERION!“ Und wieder peitsche Medusa auf Suns Körper, vergaß aber wieder die Macht des Lichts anzuwenden. Anschließend rollte sie die Kriegerin auf den Bauch und bohrte den Stöckelschuhabsatz in ihre Wirbelsäule. „Aus dem Mund einer niederen Existenz wie deiner, sind solche Worte reine Blasphemie.“ Wieder ein Peitschenhieb. Immerhin lenkten die punktuellen Schmerzen von Fieberleid ab. Sun fragte sich nur, wann die dumme Kuh endlich die Macht des Lichts einsetzt... oder sich das Amulett krallt.

„Blasphemisch ist eher, wie und warum ihr Sunnas Starseed einsetzen möchtet.“

„SCHWEIG!“

Und jetzt vergaß sie nicht die Macht den Lichts.

Der Angriff war nur kurz, doch zeigte eine längere Nachwirkung. Ihre Haut fühlte sich verbrannt an und auch ihre Organe schienen in Flammen zu stehen. Kurzfristig bekam sie keine Luft.

„Jetzt weißt du, wie sich das anfühlt! Mach dich bereit für dein Ende!“

Sailor Sun kniff die Augen zusammen. Dreck. Erst jetzt realisierte sie, wie greifend nahe der Tod war. Bis vor zehn Sekunden hatte sie noch an einen Deus Ex Machina geglaubt. Mit Medusas Worten war die Hoffnung jedoch verflogen. Dreck. Sie hatte schon schlimmere Gegner gehabt. Sie hatte sich sogar mit dem übermächtigen Bastard, das sich Hyperions Sohn schimpfte, persönlich anglegt. Und jetzt war sie aufgrund einer verdammten GRIPPE dieser dämlichen Kuh vollkommen ausgeliefert. Dreck. So sollte es wohl enden. Ein verdammt unwürdiges Ende. Bloß wegen ein paar unnötiger Gewissensbisse, die sie vor ein paar Jahren noch hätte unterdrücken können. Dreck. Wegen einer dummen menschlichen Schwäche war nun alles verloren. Der angepisste Kaiser erhielt Sunnas Starseed wieder, würde bald darauf die Mondprinzessin schnappen, dann war die Welt dem Untergang geweiht. Dreck. Sie hatte versagt. Und sie konnte sich nicht einmal entschuldigen. „DRECK!“, schrie sie.

Interessant, wie viele Gedanken einem durch den Kopf gehen, ehe der Tod einen holt. Oder bis der Deus Ex Machina kommt.

Ehe sie zuschlagen konnte, wurde Medusa von einem lauten „Halt“ abgelenkt.

Aufgrund ihres körperlichen Zustands konnte Sailor Sun nicht verstehen, was gesagt wurde, doch sie erkannte die Stimme. Wohl war Mizuno nur weggelaufen, um ihre Freundinnen zu Hilfe zu holen. Sailor Sun grinste. Da waren diese Weiber, die sich aus der Sache eigentlich raushalten sollten, doch zu etwas gut.

Und der Kampf begann, den Sailor Sun nur akustisch wahrnahm, selbst als sie sich auf den Rücken drehte und leicht aufsetzte. Den Kriegerinnen schien der Kampf diesmal tatsächlich etwas leichter zu fallen, wohl weil Medusa keine Haare zum Angreifen mehr hatte.

„Alles in Ordnung?“, fragte Sailor Merkur, worauf Sailor Sun ein wenig erschrak. „Du glühst ja.“ Wie viele sarkastische Antworten hatte sie auf der Zunge gehabt, sie aber nicht herausbrachte?

Der Schock verschwand langsam. Geschwächt war sie noch, doch von Medusas Angriffen regenerierte sie sich. Wie gewohnt. Warum zum Teufel konnte das Kostüm sie vor allen noch so schwerer Angriffe schützen, aber sie von keiner Grippe heilen? Sie musste das Fieber wohl aus eigener Kraft ignorieren. Sailor Sun hievte sich langsam auf die Beine. „Nicht“, sagte Sailor Merkur, doch anstelle sie abzuhalten, stützte sie sie.

Sailor Moon und Co. hielten sich gut. Zwar hatte Medusa mit der Peitsche noch ein Mittel mit dem sie sich verteidigen konnte, aber dass sie wusste, wie das Ding funktionierte, hieß noch lange nicht, dass sie damit umgehen konnte. Sie traf sich einige Male selbst.

Und irgendwann war sie umzingelt.

Der Druck des Dimesionentors entstand. Greift an, dachte Sailor Sun. Ihr dürft sie nicht entkommen lassen. Sie hat noch meine Waffe. Doch diese Gören ließen sich von dem Druck irritieren. Das Monster, das IHRE Waffe hatte, war dabei abzuhauen. Das Monster, das sie gefoltert hatte. Das Monster, das sie fast getötet hätte.

Und Sailor Moon und Co. blieben untätig.

Es lag wieder an ihr.

„DU VERZIEHST DICH NICHT SCHON WIEDER!“, schrie Sailor Sun. Sie riss sich von Merkur los, stieß Sailor Venus bei Seite und ehe Medusa durch den Riss fliehen konnte, erwischte Sun die Geißel und zog so heftig daran, dass Medusa das Gleichgewicht verlor und hinfiel.

Sailor Sun schlang die Geißel um ihren Hals und schnitt Medusa die Luft ab.

„DU GLAUBST DOCH NICHT, DASS ICH DICH ENTKOMMEN LASSE, DU ERBÄRMLICHE KREATUR!“, schrie sie. „LICHTPEITSCHE!“

Medusa schrie noch einmal. Und was von ihr übrig blieb, war nicht mehr als ein Haufen Asche.
 

Sailor Moon hatte sich beim Kampf mehrmals gefragt, wo Tuxedo Mask geblieben war. Doch die Überlegung verschwand, als sie die Kriegerin der Sonne schwitzend und keuchend auf dem Boden kniend sah, die mit hasserfüllten Augen auf die Asche starrte.

So hatte sie einen Feind noch nie enden gesehen. Und so hatte sie noch nie eine Kriegerin gesehen, die auf die Asche spukte und mit hastigen Bewegungen den Dreck auf dem Boden verbreitete. Sie stand auf, trampelte darauf herum und gab wütende Geräusche von sich. Irgendwann ging sie wieder in die Knie.

„Starr nicht so deppert“, fauchte sie Sailor Moon an. „Die Schlampe hat das verdient! Sie hat mich fast umgebracht.“ Sailor Sun fasste sich an die Schläfen und fing plötzlich an zu weinen. „Wegen einer Scheißgrippe hab ich mich fast umbringen lassen.“ Pause. „Ich hätte bleiben können, wo ich war. Doch dieses verdammte Gewissen hat mich hierher getrieben. Nur wegen meines verdammten Gewissens habe ich mich fast umbringen lassen. Das war ein verdammter Selbstmordversuch!“

Merkur warf einen Blick auf Sailor Moon und Venus, Mars und Jupiter taten es ihr nach. Irgendwie schien es unpassend, die Kriegerin der Sonne nun zu beobachten, die immer hysterischer wurde.

„Es wär fast alles verloren gewesen. Wegen einer verdammten Grippe. Wegen verdammter Gewissensbisse.“ Sie schlug mit der Faust auf den Boden.

„Deswegen sind wir ja da.“ Sailor Moon wagte es nun sich Sailor Sun zu nähern. Sie kniete sich zu ihr herunter, und berührte freundschaftlich ihre Schulter. „Deswegen trägt man diese Bürde auch nicht alleine.“ Pause. „Wir wollen dir helfen.“

Sailor Sun sah sie mit einer Mischung aus Zustimmung und Hass an.
 

Mithras blickte auf das wie immer perfekte, von ihm gezeichnete Phantombild des Opfers, mit welchem Tisiphone ihre Chance verwirkt hatte und sich von Sailor Sun hatte töten lassen. Schade, gerne hätte er der Furie das Licht ausgeblasen. Selbst wenn der Plan geglückt wäre. Doch das Scheitern war zu erahnen gewesen. Deswegen hatte er das Opfer, auf welches sich die Furie sehr auffällig konzentriert hatte, abpassen und identifizieren können.

Er schrieb ihren Namen auf das Bild – Ami Mizuno. Und die Adresse, die er bei einem Blick in ihren Ausweis erhascht hatte. In nächster Zeit würde man sie in Ruhe lassen – der letzten Furienschwester hatte er schon untersagt, sie erneut zu attackieren, um die Sailorschlampe anzulocken. Genau so wie er Leute im Umfeld von ihr ausmachen konnte, konnte sie erahnen, dass er Verdacht über ihren Bekanntenkreis schöpfte und alles daran setzen ihn auf die falsche Fährte zu locken. Das war schon passiert.

Deswegen musste er warten. Er durfte keinen Verdacht erwecken.

Er notierte unter dem Bild Sichere Verbindung.



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