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Der Wolf in mir

von

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Flucht bei Nacht

Langsam öffnete Lindsey die schweren Augenlider. Ein leichtes Kitzeln im Nacken weckte sie. Es war gerade mitten in der Nacht und so wunderte sich die Assassine nicht, dass sie so gut wie gar nichts sah. Ihr war so warm, aber das war ja auch kein Wunder, denn sie hatte Fieber. Schrecklich hohes Fieber, wenn sie sich recht an Juliettes letzten Worte erinnerte. Wie viele Stunden oder Tage seit dem vergangen waren, wusste sie nicht – woher auch.

Das Kitzeln in ihrem Nacken ließ nicht nach und die Assassine dachte es wäre der Wind. Doch vielleicht bildete sie sich das auch nur ein und ihre Fantasie spielte ihr einen Streich.

Murrend drehte sich Lindsey auf die andere Seite, um auf der unverletzten Schulter zu liegen. Als sie sich drehte stießen ihre Füße an etwas kaltes. Als sie aufblickte, schaute sie in zwei gelb-braune Augen. Sie wollte etwas sagen, doch da kam ihr ihr Gegenüber schon zuvor.

„Du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin es nur.“ Seine Stimme klang sanft, aber auch müde und geschafft vom Tag.

„Ich hab keine Angst, Connor.“ gab das Mädchen zurück. „Wie lange habe ich geschlafen?“ fügte sie dann noch hinzu.

„Geschlafen? Du wärst beinah gestorben und wir hatten allerhand zu tun gehabt, um dich am Leben zu erhalten. Fast zwei Tage lang warst du bewusstlos. Du hast eine Menge Blut verloren. Der Arzt hatte schon befürchtet dich nicht mehr durchbringen zu können und das du höchstwahrscheinlich sterben wirst. Doch Juliette und Pietro haben sich strikt geweigert dich sterben zu lassen. Du kannst stolz auf deine Freunde sein.“

„Und du?“ fragte die Assassine. „Wolltest du auch nicht das ich sterbe?“

„Natürlich wollte ich nicht das du stirbst. Warum fragst du so etwas?“ er blickte sie ein wenig Verständnislos an, doch Lindsey lächelte nur in sich hinein.

„Nur so.“ murmelte sie und wollte die Decke ein wenig höher ziehen, – ihr fröstelte ein wenig – doch als sie aus versehen mit ihrer Hand Connors Brust streifte hielt sie inne. Sie berührte nackte Haut. Hat er etwa nichts an? Ein schneller flüchtiger Blick nach unten verriet ihr, dass Connor Oberkörperfrei bei ihr im Bett lag. Sie selbst nur eine Hose an hatte und fast ihr ganzer Oberkörper mit Bandagen eingewickelt war.

„Warum bin ich halbnackt?“ fragte sie zögerlich und man merkte das es ihr peinlich war das Thema anzusprechen.

„Du warst sehr kalt nachdem du das viele Blut verloren hattest und das beste Mittel einen Menschen zu wärmen ist mit Körperwärme.“ erklärte Connor und ihn schien das kein bisschen peinlich zu sein. Doch das lag wahrscheinlich auch daran, das er einfach sehr wenig mit Frauen zu tun gehabt hat. Für ihn stand an erster Linie die Templer aufzuhalten und sein Volk zu schützen.

„Also wurdest du vom Assassinen zum Ofen umfunktioniert.“ witzelte Lindsey und erntete nur ein Schmunzeln seitens Connor.

„Ist dir immer noch kalt?“ fragte er sie.

„Ein wenig.“ gestand die Assassine und Connor zog die Decke ein wenig Höher. Er legte einen Arm um ihre Schulter, sodass ihr Kopf auf seiner Schulter lag. Sie erinnerte sich an die Wunde die sie ihm beigebracht hatte.

„Wie geht es deiner Verletzung?“ fragte sie und starrte die Decke an.

„Besser.“ antwortete ihr der Ältere. „Sie ist nicht sehr schlimm, so wie ich vermutet hatte.“ Sie lachte ein wenig bei seiner Bemerkung. Das war so typisch Connor.

„Warum hat man dir das Haar abgeschnitten?“ fragte er sie nach einigen Minuten schweigen. Die Jüngere seufzte und fuhr sich selber einmal kurz durch ihr Haar.

„Um mich zu demütigen schätze ich mal. Doch sie haben keine Ahnung, wie sehr mir meine langen Haare wirklich bedeutet haben. Sie waren ein Versprechen gewesen.“

„An wen?“

„An meinen Großvater. Er wollte immer das ich heirate, doch hielt ich nicht viel davon. Also habe ich ihm versprochen, dass wenn ich jemanden finde, den ich heiraten möchte, mir bis dahin nicht die Haare schneide. Frauen, und vor allem junge Mädchen, mit langem Haar, sind bei Männern mehr angesehen, als die mit kurzem.“

„Hast du jetzt Angst das du keinen Mann findest?“ Doch Lindsey schüttelte den Kopf.

„Nein das ist es nicht. Ich hasse es einfach ein Versprechen nicht halten zu können.“

„Ich bin mir sicher das es jemanden geben wird, der dich so mag wie du bist. Egal ob langes oder kurzes Haar.“ versuchte Connor sie zu ermutigen.

„Vielleicht.“ murmelte sie. „Wann gehen wir wieder zurück nach Davenport?“

„Sobald du dich besser fühlst.“ antwortete er.

„Achilles macht sich bestimmt Sorge. Wie lange bin ich überhaupt weg gewesen?“ In Gefangenschaft hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Oft hatte sie versucht zu schätzen, wie lange sie nun schon in dem dunklen Loch saß, doch ihr gesundheitlicher Zustand ließ dieses Denken nicht zu und Lindsey war nicht gerade gut im Schätzen.

„Fast zwei Wochen.“ antwortete er ihr.

„Zwei Wochen.“ Sie flüsterte die Worte nach, als ob sie es gar nicht fassen konnte, dass sie so lange weg gewesen war. Gedankenverloren legte sie ihren Kopf zur Seite, sodass ihr eines Ohr auf Connors Brust lag. Sie konnte seinen Herzschlag hören. Es klang langsam und ruhig. Und aus irgendeinem Grund beruhigte es sie. Die Augen geschlossen, lauschte sie dem stetigen Pochen und wurde langsam schläfrig.

Sie dachte noch über das nach, was sie nach diesem Erlebnis tun sollte. Es hatte sie verändert, daran bestand kein Zweifel. Sie konnte nicht so einfach weiterkämpfen, wie Connor es immer tat. Sie kämpfte einen anderen Kampf als er. Jeder kämpft aus einem anderen Beweggrund und man konnte den einen Grund nicht mit dem eines Anderen vergleichen. Doch vielleicht kämpft auch einfach jeder Mensch nur für sich selber.

Plötzlich hörte sie leises Hufgetrappel. Ein Pferd wieherte und dann wurde an die Haustür geklopft. Ein paar Minuten lang hörte man Stimmen im unteren Flur, jemand eilte die Treppe hoch und die Tür wurde aufgerissen. Juliette kam in den Raum gestolpert und war über irgendetwas total aufgebracht. „Connor, du und Lindsey ihr müsst-“ abrupt brach sie ihren Satz ab, als sie sah das Lindsey sich im Bett aufsetzte und Connor neben ihr lag. Beide halbnackt. „Sag mal, habt ihr beiden etwa....“

„Um Himmels willen, wo denkst du hin.“ unterbrach sie Lindsey und wurde augenblicklich knallrot, was man zum Glück nicht sofort in der Dunkelheit sah. Der Assassine neben ihr blickte sie nur fragend an. Anscheinend verstand er nicht was Juliette meinte und darüber war Lindsey auch froh gewesen.

„Was ist denn los?“ fragte er stattdessen und stand auf.

„Man hat uns verraten. Irgendjemand wusste das du dich hier aufhältst Lindsey. Es ist schon ein Trupp hierher unterwegs. Ihr müsst euch schnell beeilen und von hier weg.“ sie drängte das Mädchen sich schnell anzuziehen und half ihr größtenteils dabei.

„Aber was ist mit dir und Pietro?“

„Wir kommen schon klar. Sie wissen nicht das wir dahinter stecken. Wir lassen uns schon eine gute Ausrede einfallen lassen.“ Sie nahm das große Tuch von Lindsey und hüllte sie damit ein und machte ihr provisorisch eine Kapuze. „Hinter dem Haus wartet schon ein Pferd auf euch.“ Draußen, hinterm Haus, trafen sie auf Pietro, der ein Pferd an den Zügeln hielt.

„Denkst du, du kannst reiten?“ fragte der Assassine das Mädchen, dass man unter der roten Kapuze kaum sehen konnte.

„Muss wohl gehen.“ sagte sie und blickte das Pferd an. Sie müssten beide zusammen reiten, denn alleine würde sie nicht mal ein paar hundert Meter weit kommen. Hinter den Eingeborenen wurde ihr aufs Pferd geholfen. Bevor sie los ritten, zog Pietro etwas aus seiner Tasche und hielt es Lindsey hin. Es war das Tagebuch ihres Großvater. Dankbar nahm sie es ihm ab und drückt es an sich. Sie dachte schon sie hätte es verloren.
 

***
 

Die Sonne war gerade am aufgehen und weißer Nebel zog sich durch die Wälder. Es wirkte fast so als ob Geister oder andere gespenstische Dinge dort ihr Unwesen treiben würden. Fröstelnd versuchte sich Lindsey mehr mit ihrem Mantel zuzudecken, doch das war gar nicht so einfach wenn man sich mit einem Arm festhalten und mit dem verletzten versucht den fliegenden Stoff zu fassen bekommen, ohne dabei großartig Schmerzen in der Schulter zu verursachen. Der Wind schneidete ihre über die Haut und durchs Gesicht. Doch die Kälte war nicht so schlimm, wie die Angst davor geschnappt zu werden.

Immer nach ein paar Stunden machten sie eine Pause, weil Lindseys Verletzung in der Schulter und die auf dem Rücken, ihr noch ein wenig zu schaffen machten. Auch wenn sie beteuerte das es schon ginge, beharrte Connor auf die Pausen. Manchmal bekam sie auch eine halbe Stunde Schlaf, doch meist war sie wach, aus Angst das die Männer sie einholen könnten. Doch alles lief glatt und sie bekamen keine unangenehmen Zwischenfälle.

Nach fast zwei Tagen hatten sie endlich New York erreicht und erkundigten sich dort nach einem Schiff das nach Boston segelte. Auf dem Wasser würden sie sicherer sein, als wenn sie den Landweg nehmen würden.

In einer Ecke des Frachtraums, zwischen Kisten und anderen Sachen, setzten sich beide hin. Lindsey hatte zwar Schwierigkeiten sich so hinzulegen, das ihre Verletzungen nicht beansprucht wurden, doch nach ein paar Versuchen hatte sie endlich eine Position gefunden, in der sie gut schlafen konnte. Nur leider konnte sie meist nicht schlafen. Immer wieder plagten sie Fieberträume oder Husten und ließen sie wach werden.

„Wieder schlecht geträumt?“ fragte Connor sie, der neben ihr saß – den Rücken an die Wand gelehnt. Lindsey murrte nur etwas als Antwort und setzte sich auf. Sie könnte es immer wieder versuchen, aber ruhig schlafen würde sie definitiv nicht. „Versuch nochmal zu schlafen.“ schlug der Ältere vor, doch sie schüttelte nur den Kopf.

„Das würde nichts bringen.“ sagte sie mit leichter heiserer Stimme. Vorsichtig lehnte sie sich mit dem Rücken an die Schiffswand und schaffte es eine Position zu finden, in der sie ohne Schmerzen sitzen konnte. „Erzähl mal. Wie habt ihr mich eigentlich da rausgeholt? Ich mein, woher wusstet ihr das da gerade zurzeit alle beschäftigt waren?“

„Wussten wir nicht.“ erwiderte der Assassine und fing an – aufgrund des fragenden Blickes von Lindsey – zu erklären. „Mein Vater hat uns geholfen.“

„Haytham?“ fragte das Mädchen ungläubig und ihr Gegenüber nickte bestätigend.

„Er hat so etwas wie eine Versammlung einberufen. Anscheinend arbeitet der Prinz von Spanien für die Templer oder andersherum, es fragt sich nur wer wen benutzt. Pietro hat mich dann durch einen Geheimgang hinein geholt. Den Rest kennst du ja.“

„Also hat dir Pietro meine Botschaft mit Alpa überbracht.“ sie froh darüber das er sein Wort gehalten hat. Und sie wusste auch warum. „Und wie ist das mit Sugar und Cream passiert?“ wollte sie wissen. Denn sie konnte sich immer nicht erklären wie die beiden Hunde in die Hände ihres Vaters gekommen sind.

„Das tut mir sehr leid. Ich hab gehört was passiert ist. Als ich mitbekam das du weg warst, habe ich deine beiden Wolfshunde geholt, damit sie nach dir suchen. Meine Chancen waren sehr gering und ich dachte schon ich würde dich nicht mehr finden. Als dann Pietro mir berichtete, dass sie dich nach Philadelphia gebracht haben, bin ich mit ihm und den Hunden dort hin. Irgendjemand hat sie anscheinend erkannt und von der Straße weggefangen.“

„Aber das ergibt keinen Sinn, woher hätten sie wissen sollen, dass Sugar und Cream meine Hunde sind?“

„Ich habe keine Ahnung.“

„Wieso hast du Pietro überhaupt vertraut? Du kanntest ihn nicht einmal.“ fragte sie neugierig, denn Connor wusste nichts davon, das er ihr Bruder war.

„Hab ich am Anfang auch nicht. Doch er hat mir versichert, dass ihr euch gut kennen würdet. Ich habe ihm gedroht, dass wenn er versucht mich in eine Falle zu locken, ich ihn töten werde.“ Die Assassine lachte leise.

„Na zum Glück hat ihn das nicht abgeschreckt.“
 

***
 

„Connor? Was ist passiert?“ fragte Achilles als er die Tür vom Herrenhaus öffnete.

„Dafür ist keine Zeit.“ unterbrach er ihn und trat mit der verletzten Lindsey auf den Arm ins Haus. „Kannst du dich um sie kümmern? Ich hol schnell Dr. White.“ Er legte das Mädchen in das große Bett das unten stand und verschwand wieder durch die Haustür. Seufzend setzte sich Achilles auf einen Stuhl neben das Bett. Er strich dem Mädchen über den Kopf und sie wachte unter der Berührung auf. Sie lächelte den alten Mann an, doch es glich mehr einem gezwungenem Lächeln. Sie war total bleich im Gesicht und ihre Augen wirkten glasig.

Lindsey fühlte sich so elend. Sie dachte sie würde die Reise nach Davenport gut überstehen, doch sie hatte sie mehr angestrengt, als sie zugeben wollte. Und dann hatte sie das Fieber wieder eingeholt, ihre Wunden begannen zu schmerzen und der Husten, den sie von der Gefangenschaft bekommen hatte, schüttelte sie immer noch.

Nachdem Lyle sie untersucht und behandelt hatte, verschrieb er der Assassine strickte Bettruhe. Er sagte, dass es erstaunlich sei, das sie die Reise überhaupt überlebt hätte, bei den Verletzungen und dem hohen Blutverlust. Ihr gefiel die Bettruhe natürlich gar nicht, doch was konnte sie schon dagegen tun. Sie war nicht in der Verfassung zu protestieren oder sich dagegen aufzulehnen. Deshalb tat sie in den nächsten Tagen gar nichts, außer schlafen. Ab und zu kam sie jemand besuchen und man kümmerte sich gut um sie. Es war immer jemand da, wenn sie was brauchte.

Nach ein paar Wochen machte sich Connor auf den Weg nach New York. Er wollte seinen Vater dort treffen, trotz dem Aspekt das er ein Templer war. Seiner Meinung nach gab es eine Möglichkeit, die Templer und die Assassinen zu vereinen. Doch Achilles sah das alles sehr skeptisch. Die Assassinen und die Templer kämpften schon seit Jahrhunderten gegeneinander. Es wäre sehr unwahrscheinlich, wenn sich jetzt etwas daran ändern würde. Aber der Alte hielt Connor nicht auf und ließ ihn gehen.

„Du gehst schon wieder?“ Die Stimme der Assassine ließ den Eingeborenen herumfahren, als er gerade im Begriff war sein Pferd zu satteln.

„Ich muss zu meinem Vater nach New York.“ sagte er nur und widmete sich wieder dem satteln seines Pferdes.

„Ich verstehe.“ Eine Weile stand das Mädchen stumm da und schaute zu, wie Connor sein Pferd sattelte. Schon oft hatte sie ihn dabei zugesehen wie er seine Sachen packte, wenn er irgendwo hin musste. Und meist hatte sie dann versucht, ihn zu überreden sie mitzunehmen.

„Willst du diesmal nicht versuchen mitzukommen?“ fragte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Er war schon fast fertig. Doch das Mädchen schüttelte nur den Kopf.

„Nein, ich glaube das ist keine so gute Idee. Auf mich warten haufen Sachen, über die ich nachdenken muss und außerdem bin ich noch nicht wieder ganz fit. Du schaffst das auch ohne mich.“ neckte sie ihn und er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Naja jedenfalls,.....Danke für alles.“

„Wofür?“ fragte der Ältere sie verwundert.

„Wofür? Soll das ein Witz sein? Dafür das du mir den Arsch gerettet hast natürlich. Wärst du nicht gewesen wäre ich jetzt tot.“

„Das war nicht nur ich gewesen. Deine Freunde haben auch einen großen Teil dazu beigetragen und...“

„..dein Vater auch. Ich weiß schon und das habe ich nicht vergesse. Richtest du ihm meinen Dank aus?“ Der Assassine nickte nur und stieg auf das Pferd. „Wie lange wirst du weg sein?“ fragte sie schnell.

„Ich weiß nicht. Aber ich komme wieder.“ Er gab dem Pferd die Sporen und es galoppierte schon davon.

„Das will ich für dich auch hoffen.“ rief sie ihm mit einem Lächeln hinterher und sah ihm nach.



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