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Der Wolf in mir

von

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Wieder vereint

Für die späteren Jahre hatte Lindsey eindeutig was gelernt.

Erwähne Connor gegenüber niemals das Thema Tod, wenn es einen selber betrifft.

Der gutmütige Assassine hatte, als die Jüngere ihm von ihrem baldigen Ende erzählt hatte, daraufhin immer geachtet, das sie nicht mehr Davenport verlässt. Für Lindsey war das der reinste Alptraum. Jetzt fühlte sie sich wie eine Gefangene in einem Lager und das auch noch in ihrem eigenen Zuhause, wo sie sich eigentlich immer ganz wohlfühlt. Mehrmals hatte sie mit dem sturen Assassinen geredet und ihm versucht zu erklären, das es vermutlich auch nur eine Illusion gewesen sein könnte und somit keine Vorhersehung oder dergleichen und das sie nicht wirklich gesehen hat, wie sie getötet wurde. Doch sie konnte erzählen was sie wollte, der Ältere ließ sich nicht erweichen.

So vergingen ein paar Monate und Lindsey versuchte die Zeit tot zu schlagen, in dem sie trainierte, Pläne schmiedete und mit Lenmana ihre Pferde trainierte. Sie wusste auch nicht wie sie das machte, aber die fast erwachsene Indianderin, hatte anscheinend eine Gabe mit Tieren zu reden oder kann ihnen zumindest klar machen, was sie tun sollen, wenn man ihnen ein bestimmtes Wort oder eine Geste zeigt. Es war faszinierend zuzusehen, wie Lenmana Stück für Stück, den Tieren beibrachte zu verstehen und auf sie zu hören.

Doch auch wenn sie sich Tagsüber mit Training und Lenmana die Zeit vertrieb, war die Nacht immer noch das schlimmste für sie. In jedem Traum erschien ihr die Frau, die ihre Prophezeiung immer und immer wieder erneut aufsagte. Oft kamen auch noch kurze Sequenzen von ihrem Tod, den sie gesehen hatte und jedes mal wenn ihre Mutter kurz davor war, ihr das Messer ins Herz zu stoßen, schreckte Lin aus ihrem Traum schweißgebadet hoch. Danach war es ihr immer unmöglich gewesen wieder einzuschlafen, weshalb sie sich die Nacht irgendwie anders vertreiben musste. Doch oft kam es vor, das sie einfach nur wach im Bett lag und wartete bis die Nacht vorüber ging. Zwar konnte sie ihre Müdigkeit gut verstecken, dennoch kam es ab und zu mal vor, das sie mitten am Tag, bei irgendeiner Beschäftigung, wenn sie alleine war, sogar wenn sie mit jemanden redete, sie einfach für kurze Minuten oder Stunden weg nickte. Mittlerweile war es ihr zu anstrengend geworden und sie wusste, wenn das so weiter gehen würde, dass sie irgendwann eines Tages daran zerbrechen würde.

„Was soll ich nur tun alter Mann?“, fragte sie eines Tages, als sie wieder einmal vor dem Grab ihres ehemaligen Mentors saß. „So kann das doch nicht weiter gehen. Ich verstehe, das Connor versucht mich zu beschützen, aber so werde ich meinen Vater niemals aufhalten können. Und wenn ich wirklich dabei sterben muss, dann … dann …“ Lindsey brach ab und überlegte. Was wäre dann? Soll sie es einfach so hinnehmen, dass sie sterben wird? Oder sich dagegen wehren? Schließlich kann das Artefakt sie auch nur reingelegt haben.

Das viele Denken ließ ihren Kopf schwer werden und ohne es zu wollen glitt die Assassine in das Land der Träume – mal wieder.
 

„Lindsey.“ Eine Stimme. „Lindsey steh auf.“ Aber von wem? „Was hast du denn mein Kind?“

Langsam öffnete sie ihre Augen. Vor ihr stand ihre Mutter, streckte ihr eine Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen.

„Komm steh auf, Lindsey.“

„Was tust du hier?“

„Dasselbe was du hier tust. Ich suche eine Lösung.“ Eine Lösung? Für dasselbe, was ihr Kopfzerbrechen bereitet.

„Woher weißt du davon?“

„Ich habe es gesehen. Genau wie du.“ Mit beiden Händen griff sie nach Lindseys Hand und drückte sie fest. „Du darfst nicht hierher kommen! Du wirst sterben und das durch meine Hand!“

„Aber wenn du es weißt, warum verhinderst du es dann nicht?“

„Das versuch ich ja. Jetzt, gerade eben. Ich werde auch von dem Artefakt deines Vaters beherrscht. Ich kann mich nicht dagegen wehren. Deshalb bitte ich dich, komm nicht hierher! Versuche nicht deinen Vater aufzuhalten! Es wird dich nur umbringen!“ Tränen sammelten sich in ihren Augen. Und die weiteren Worte die ihr auf der Zunge lagen, wurden durch einem Schluchzen zunichte gemacht. „Ich will dich nicht noch einmal verlieren.“

Zu gern wäre die Assassine dem Wunsch ihrer Mutter folge geleistet, doch sie konnte es nicht. Aus einem ganz einfachen Grund. Sie wollte ihren Vater für das Büßen lassen, was er ihr und ihrer Mutter angetan hat, all die Jahre lang. Das er ihr Leben kaputt gemacht hat. Und das für immer.

„Tut mir leid Mama. Aber ich kann nicht.“ Die verweinten Augen der Mutter trafen die ihren, welche voller Entschlossenheit waren. „Ich kann es nicht einfach dabei belassen, was Vater uns angetan hat. Ich muss ihn aufhalten, bevor er alle Artefakte in die Hände bekommt und somit unbesiegbar sein wird.“ Sie hatte sich bereits entschieden. Schon lange. Und nun hat sie diesen Entschluss fest gemacht und würde sich nicht mehr umentscheiden. „Selbst wenn ich dabei mein Leben lassen werde.“, fügte sie noch leise hinzu.

Sofia erwiderte nichts. Und erst nach einer Weile merkte Lindsey, dass sie ganz alleine war. Sie war müde und kalt war ihr auch.

„Lindsey...“ Schon wieder eine Stimme?

„Hey Lin....“ Mutter? Nein, das kann nicht Mutter sein, es klingt mehr nach einem Mann.

„Lindsey wach auf!“ Mühsam öffnete die Assassine ihre Augen. Sie war immer noch müde und hätte vermutlich auch weiter geschlafen, wenn sie nicht jemand geweckt hätte. Ihr war immer noch kalt und erst jetzt merkte sie, woher das kam. Sie war draußen bei Achilles Grab eingeschlafen. In der Zeit sind Regenwolken aufgezogen und es begann wie aus Eimern zu gießen. Ihre Haare und Sachen klebten schon an ihrem ganzen Körper. Nichts an ihr war trocken geblieben.

Vor ihr stand Connor und streckte ihr die Hand hin. „Alles okay? Was machst du hier draußen?“

Dankend ließ sie sich von ihm hochziehen. „Ich … bin wohl eingeschlafen.“
 

Nach einem ausgiebigen Bad und mit trockenen Sachen kam die Assassine wieder aus ihrem Zimmer und traf in der Küche Connor an, der Tee kochte.

„Hier.“ er stellte ihr eine Tasse auf den Tisch.

„Danke.“

Stumm saß sie eine Weile da und trank vorsichtig den heißen Tee, bis sie dann das Wort ergriff.

„Wir müssen reden.“ Connor setzte sich und wartete, bis sie anfing. „Ich muss nach Philadelphia. Es ist meine Pflicht dafür zu sorgen, dass mein Vater nicht alle Artefakte in die Hände bekommt. Mir wurde die Aufgabe gegeben und es ist meine Bestimmung, die Menschen vor so einem großen Unheil zu bewahren, wie es bevorsteht. Wenn ich nun aufgeben und mich nur um mich selbst sorgen würde, wäre alles verloren und mein Leben würde dennoch zu Ende gehen, so oder so.“

Schweigen. Lindsey hatte das gesagt, was sie zu sagen gehabt hatte. Einige Minuten lang sagte niemand etwas, sondern verdauten erst mal die eben gesprochenen Worte in aller Stille. Es war für beide nicht einfach, die Tatsache zu akzeptieren, dass einer von ihnen sterben wird. Auch wenn Lindsey es so rüber brachte, dass es ihr gleichgültig wäre, so hatte sie tief im Innersten Angst. Sie hatte richtig Angst und es war schwer sich nicht von ihr Kontrollieren zu lassen.

Wie Connor dagegen empfand, wusste sie nicht. Seine Gedanken waren für sie schon immer ein Rätsel gewesen und das würde sich nun auch nicht mehr ändern. Sie war sich sicher, dass er sie nicht gehen lassen würde. Und wenn, dann nur unter der Bedingung, das er mitkommen und auf sie aufpassen dürfe. Aber was würde das schon an der Zukunft ändern?

„Gut.“ sagte er dann. „Aber ich komme mit dir. Du gehst nicht allein.“ Wusst' ich es doch.

„Also schön, dann wäre das geklärt. Morgen brechen wir auf.“
 

Sie wusste das er es nicht wollte. Das er es lieber vermieden hätte. Aber gab es denn überhaupt einen anderen Weg?

Lenmana passte auf das Haus auf, solange beide Assassinen außer Haus waren. Sie konnten sich sicher sein, das sie das hinbekommen und die Bewohner der Siedlung ihr sicher auch unter die Arme greifen würden.

Shadow war nun groß genug, um nun allein klar zu kommen, weshalb Lindsey nun endlich wieder auf ihrer geliebten Stute reiten konnte.

Gegen Mittag machten sich beide auf dem Weg und hatten gegen Abend New York erreicht. Dort blieben sie einen Tag lang und ritten am nächsten Tag weiter, Richtung Philadelphia. Nach zwei Nächten hatten sie es endlich geschafft und den Rand der Stadt Philadelphia erreicht. Lindsey konnte es kaum erwarten. Jede Nacht plagten sie Träume, in dem ihre Mutter vor ihr stand, sie immer wieder unter Tränen darum bat umzukehren. Doch die Tochter ignorierte den Rat der Erwachsenen und setzte ihren Weg weiter fort. So nahm auch der Entschluss in ihr immer mehr an Stärke zu.
 

„Wie willst du reinkommen?“, fragte Connor die Jüngere, als sie schon die riesige Festung von weitem sehen konnten.

„Ich habe keine Ahnung. Das letzte Mal war ich eine Gefangene.“ Sie schaute ihn ratlos an und bemerkte einen wissenden Blick in seinen Augen. „Moment mal. Du bist schon einmal dort eingebrochen. Wie habt ihr das angestellt?“ Connor wusste in der Tat, wie man in die Festung ungesehen kommt.

„Damals hat Pietro mir geholfen. Er kannte einen Tunnel, der durch die Mauer und in die Festung hineinführte.“, berichtete er.

„Und weißt du wo der Eingang zu diesem Tunnel ist?“

Wenige Minuten später standen sie in einem Hinterhof vor einer Luke, die in die Untergründe von Philadelphia führten. Es roch modrig und war kalt und feucht da unten. Das einzige Licht spendete ihnen eine Laterne, die sie am Eingang gefunden hatten. Mit dem Feuer entzündeten sie weitere Fackeln, die an den Wänden der Gänge hingen. An sich war alles den Untergründen von Boston und New York ähnlich. Hier und da huschte mal wieder eine Ratte vorbei oder die Balken knarzten bedrohlich. Es war das reinste Labyrinth da unten und Lindsey glaubte mehr als einmal, das sich verirrt hatten, wenn Connor an einer Gabelung länger als sonst brauchte. Doch nach einer guten halben Stunde, standen sie endlich vor einer Holztür, dessen andere Seite nur für den Älteren bekannt war. Die Jüngere hatte keine Ahnung was sie hinter dem massiven Holz erwartete oder wo sie landen würden. Hoffentlich irgendwo im Inneren des Schlosses.

In kurzer Zeit war das Schloss geknackt und leise knarrend wurde die Tür aufgemacht. Doch die Assassine musste feststellen, das es dahinter stock duster war.

„Wo sind wir hier? Ich kann gar nichts sehen?“ Sie ging einige Schritte nach vorne, wurde aber gleich gebremst, als sie gegen eine weitere Holzwand lief. Fluchend rieb sich die Assassine den schmerzenden Kopf. „Das ist ja eine Sackgasse.“, stellte sie fest. Doch Connor belehrte sie eines besseren. Er taste die Holzwand ab, als ob er nach irgendwas suchen würde und drückte schließlich ein kleines Rechteck in die Wand, das gut versteckt war. Geräuschlos schwang die Wand ein Stück weit auf, sodass man gut hindurch passte.

„Wow.“ Hinter der Holzwand befand sich ein Lager, in dem sich allerlei Essen befand. Die Geheimtür war durch ein Regal getarnt, was ziemlich klug, Lindseys Meinung nach, war.

„Wir müssen hier lang.“ Connor ging voraus und öffnete eine weitere Tür. Von nun an mussten sie vorsichtig sein. Wenn sie entdeckt werden würden, wäre es sofort aus mit ihnen.

Die Luft war rein und gerade wollten beide Assassinen durch die Tür, als plötzlich jemand an Lindseys Montur zupfte. Diese erschrak sich fast zu Tode, wirbelte herum, packte die unbekannte Person und hatte auch schon wenige Sekunden später, ihre Klinge an deren Hals. Das schwache Licht, das die Tür in den Lagerraum ließ, war ausreichend genug, um zu erkennen, um welche Person es sich handelte.

„Lenmana?!“, flüsterte die Assassine und atmete zum Teil erleichtert auf. Denn um ein Haar, hätte sie fast ihrer kleine Freundin den Hals durchgeschnitten. „Was machst du denn hier? Wie bist du hier her gekommen?“

„Lenmana ist euch gefolgt, wegen schlimmen Traum. Wollen helfen.“

„Wusstest du davon?“ wand sich Lindsey an Connor, aber der schüttelte nur den Kopf. „Was sollen wir jetzt machen?“

„Es wäre unklug sie zurück zu schicken, sie könnte sich in den Gängen verlaufen.“

„Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig.“ seufzte Lin. „Na schön Lenmana, du kannst mit. Aber bleib immer an meiner Seite egal was passiert.“

„Lenmana versprechen es Honiahaka.“ Brav stellte sie sich neben die Assassine und nahm ihre Hand.

„Gut, dann komm. Und sei leise.“

Es war nicht einfach den ganzen Wachen und Soldaten aus dem Weg zu gehen. Aber Connor hatte anscheinend den Grundriss dieses Gebäudes noch sehr gut im Kopf. Und Lenmana verhielt sich wirklich still. Manchmal sogar so still, dass die Assassine zur Sicherheit immer hinter sich schaute, um sich zu vergewissern, dass das kleine Mädchen noch da war – schließlich konnte sie sie nicht immer die ganze Zeit, an der Hand halten. Sie war lautlos, wie ein Raubtier. Und Lin wurde klar, warum sie und Connor nicht mitbekommen haben, das ihnen jemand folgte.

Unbemerkt gelangte die kleine Truppe in den Bereich, der für die Dienerschaft gedacht war. Die Decke war viel niedriger als in den überliegenden Etagen, sodass man sich vor tiefhängenden Lampen in acht nehmen musste. Die Zimmer in denen die Bediensteten wohnten waren klein und erinnerten die Assassine an eine kleine Abstellkammer mit niedriger Decke, sodass man kaum aufrecht stehen konnte. Es war viel zu wenig Platz hier drinnen.

Aufmerksam suchte die Assassine nach der einen Bediensteten, die sie in ihrer Gefangenschaft gepflegt hatte. Doch erwies sich das, als nicht gerade einfach. Sie konnte keinen fragen, weil sie nur wusste wie die Dienerin und Mutter von Lenmana aussah, jedoch nicht hieß. Und sie war sich genauso unsicher, ob die anderen Diener ihr überhaupt helfen würden. Aus großen Augen wurden sie von den verschiedenen Menschen angestarrt – wobei hier überwiegend Schwarze arbeiteten. Angst war in ihren Blicken zu sehen, aber auch Neugier. Sie waren immerhin Fremde, die sie noch nie zuvor hier gesehen hatten.

„Du bist sicher die Tochter von Fala.“ sprach sie plötzlich ein alter Mann in der Ecke an, der auf einer Kiste saß. Sein Gesicht war faltenreich, sein Haar schon grau und weiß und sein Körper schien reichlich abgemagert. „Ja, du hast die selben dunklen Augen, den wachen Blick und die schwarzen Haare, die einer Krähe ähneln.“

„Du kennst ihre Mutter?“, platzte es sogleich aus Lindsey heraus.

„Weißt du wo wir sie finden können?“, schaltete sich Connor in die Unterhaltung mit ein.

„Natürlich. Unter der Dienerschaft weiß jeder, wer für was verantwortlich ist. Fala ist die persönliche Bedienstete der Frau des Hausherren, Miss Sofia.“

„Meiner Mutter?“
 

Der Alte beschrieb ihnen ganz genau den Weg zu den Gemächern der Hausherrin. Es war zwar nicht einfach ungesehen in die Etage zu kommen – überall waren Wachen postiert, die nur schwer zu umgehen waren – aber endlich öffneten sie leise eine Tür und betraten den Flur, auf denen sich die Zimmer von Miss Sofia befanden. Ob Felipe bei ihr war, wusste keiner von ihnen und genau das war das Risiko an der ganzen Sache. Er würde das Artefakt gewiss die ganze Zeit bei sich tragen und was Lindsey so weit schon gesehen hat, konnte man sich nicht gegen seine Macht wehren. Sogar die Dienerschaft hatte keine Ahnung, was der Herr für Gewohnheiten hatte. Er besuchte seine Frau meist dann, wenn er Lust dazu hatte. Feste Zeiten gab es für ihn anscheinend nicht, weil andere Dinge mehr seiner Aufmerksamkeit erforderten.

Vorsichtig öffnete Lindsey die erste große, verzierte Flügeltür und lugte in den Raum hinein. Als sie sich vergewissert hatte, das niemand drinnen war, schlüpfte sie schnell hinein und die anderen beiden folgten ihr. Ebenso leise wie sie sie geöffnet hatten, schloss die Assassine die Tür wieder und sah sich nun den Raum genauer an. Es war ein Badezimmer. Und was für eins!

Ein einzig großer Raum, in dessen Mitte sich ein großes rundes Becken befand. Darin war warm dampfendes Wasser, das mit irgendwelchen Kräutern und wohlriechenden Stoffen versetzt war, die es herrlich duften ließen und den ganzen Raum erfüllten. Der Dampf hüllte das ganze Zimmer ein, sodass es ein wenig nebelig wirkte. Die Fenster waren allesamt beschlagen und verhinderten allein so schon fremde Einblicke von draußen. Und selbst wenn, dann konnte man doch nicht durch die jeweiligen Paravent blicken. An einer Wand befand sich ein Frisiertisch und hier und da standen kleine Schränke mit allerlei Phiolen, Gläsern und Schachteln. Die Assassine konnte sich gar nicht vorstellen, das es so viele Sachen gab, allein schon fürs Baden. Eine Weile standen alle staunend im Raum, als plötzlich die Tür auf ging und jemand in das Zimmer trat. Alle waren wie erstarrt und keiner wagte es sich zu bewegen. Doch zu ihrem Glück wurden sie nicht sofort entdeckt.

Ein Paravent versperrte der eben hereingekommenen Person die Sicht auf den ganzen Raum und nur ihr spärlicher Umriss war für die Assassinen sichtbar. Leise schlich sich Connor zu dem Raumtrenner und wartete bis die unbekannte Person um die Ecke kam. Kaum war diese hinter dem Paravent hervorgetreten und hatte Lindsey und Lenmana erblickt, presste Connor ihr blitzschnell seine Hand auf ihren Mund – um einen Schrei zu vermeiden – und legte seine Klinge an ihren Hals. Kurz bevor er ihr drohen konnte oder ihren Hals aufschlitzen, ging Lindsey auch schon dazwischen.

„Warte Connor!“ Der Assassine hielt inne. „Das ist sie.“ Die verschreckten Augen der Dienerin huschten zwischen den anwesenden Personen hin und her. Langsam ließ Connor von ihr ab und nahm ein paar Schritte Abstand von ihr.

„Fala?“ fragte Lindsey und ging ein paar Schritte auf sie zu. Doch sie wich ein paar zurück. „Ich bin es. Erinnerst ihr euch nicht mehr.“ Sie nahm ihre rote Kapuze vom Kopf und gab ihr Gesicht preis.

„Ihr seid die Tochter von Lady Sofia.“, stellte sie erstaunt fest. „Warum seid ihr hier?“

„Um euch von hier weg zu holen?“, versuchte sie ihr zu erklären.

„Das ist unmöglich. Niemand kommt von hier weg, das ist-“ plötzlich stockte sie in ihrem Satz. Ihr Blick fiel auf den dritten ungebetenen Besucher hinter der Assassine. „Aber das ist unmöglich.“, flüsterte sie völlig abwesend. Geradewegs ging Fala auf das Mädchen zu, schob die Kapuze nach hinten und und zog scharf die Luft ein. Stumm fingen an Tränen an ihren Wangen herunter zu laufen und auf den Fließenboden zu fallen, begleitet von leisen Schluchzen. Ein Klingeln und eine Stimme rissen die Wiedervereinigung von Mutter und Tochter auseinander.

„Fala, kommst du mal bitte?“ Diese hielt gespannt die Luft an, ehe sie antwortete.

„Sofort my Lady.“ Flüsternd wandte sie sich an die beiden Assassinen. „Bitte schafft mein Kind wieder hier raus. Ich möchte nicht das sie in Gefangenschaft gerät wie ich.“

„Das wird sie auch nicht.“, versicherte ihr Lindsey. „Doch sie wird nicht schon wieder ohne Mutter gehen.“

„Woher-“

„Dafür haben wir jetzt keine Zeit.“ Sie ging zu Connor. „Schaffst du es beide hier raus zu bringen? Ich komme dann ein bisschen später nach.“ Bevor sie gehen konnte, hielt er sie am Arm fest. „Ich muss das tun. Wenigstens sehen will ich sie. Verstehst du das?“ Doch es schien nicht so, als ob der Ältere irgendwelche Anstalten machen würde, um sie aufzuhalten.

„Pass auf dich auf.“ Das war alles was er zu sagen hatte und er wandte sich Mutter und Tochter zu, um sie schnell aus diesen Gemäuern raus zu bringen. Er warf einen letzten vielsagenden Blick auf sie zurück, bevor er durch die Tür verschwand.

„Fala, wo bleibst du denn?“, ertönte erneut die Stimme aus dem anliegendem Zimmer.

Sofort setzte sich die Assassine in Bewegung und hielt noch einmal kurz vor der großen Flügeltür inne. Was würde sie auf der anderen Seite erwarten? Ist sie so wie in ihren Traumbegegnungen? Und was würde sie tun, wenn sie sie sehen würde? So wie Fala ihr Kind begrüßt und umarmt hatte, zeugte es von wahrer Mutterliebe. Ob ihre Mutter genauso reagieren würde?

Es gibt anscheinen nur einen Weg, um das herauszufinden.

Leise, aber dennoch nicht geräuschlos, öffnete sie die Tür und trat herein. Die Bewohnerin des Zimmers bemerkte dies sofort.

„Da bist du ja endlich. Was brauchst du denn so lange? Hilf mir mal bitte ich komme aus meinem Gewand nicht heraus.“ Sie stand hinter einem Raumtrenner und wartete nur darauf, das ihre Dienerin ihr zu Hilfe kommen würde.

Das Zimmer war schön eingerichtet. Sehr prunkvoll und edel. Ein großes Himmelbett stand in der Mitte an der Wand. Die Fenster waren sehr groß, sodass sie viel Licht hinein ließen. Alles was sich hier drinnen befand musste mehr wert sein, als das, was ein normaler Mensch je in seinem Leben besitzen würde.

„Fala was ist denn, bist du festgeklebt oder was?“ Verärgert folgte der Stimme nun auch der ganze Mensch und kam zum Vorschein hinter dem Paravent. Ihr langes braunes Haar, glich einst Lindseys, als es damals noch so lang gewesen war. Auch ihre Gesichtszüge und ihre Augen, waren ihren sehr ähnlich. Erschrocken blickte sie ihren Besucher an, der sich so einfach Zutritt in ihre Gemächer geschaffen hat.

„Hallo, Mama.“



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