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Wege des Lebens

von

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Herzklopfen

Aoko Nakamori lief lachend mit ihren Freundinnen in Richtung Stadt, als sie an einem Cafe vorbeikamen, das seit einem Jahr geschlossen hatte. Eigentlich war das nichts besonderes, wenn ihr nicht das ‚Offen’ Schild in der Türe aufgefallen wäre. Nun blieb sie überrascht stehen und blickte durch die Glasscheiben hinein. Tatsächlich saßen auch Leute verschiedenen Alters in dem Cafe.

„Hey, Aoko, was ist los?“, fragte Keiko ihre beste Freundin.

„Ist dir die kühle Meeresluft nicht gut bekommen?“, hakte auch Yoko ein, wobei sie ihre Freundin und gleichzeitig auch Mitschülerin nur aufziehen wollte.

Aoko schüttelte den Kopf und blickte ihre Freundinnen an. „Seit wann hat das Cafe wieder geöffnet?“

„Vor kurzem erst. Die Inhaber sind seit einem Monat wieder aus Europa zurück“, erklärte Keiko und Yoko nickte. „Wollen wir hier einen Kaffee trinken gehen? Dann müssen wir nicht bis in die Stadt laufen.“

„Das ist eine gute Idee“, stimmte Keiko zu und gemeinsam betraten sie das Cafe mit Aoko. Es war ein großer, heller Raum, denn durch die gesamte Glasfront fiel viel Tageslicht herein. An den Fenstern standen die Tische mit Bänken und Stühlen. Gegenüber der Fensterfront war eine lange Theke, hinter der eine wunderschöne Frau stand. Sie trug eine Schürze mit dem Logo des Kaffees und kümmerte sich um die Bestellungen der Kunden. Sie lächelte freundlich, als die Mädchen eintraten und sich an einen Tisch setzten. Im nächsten Moment trat eine andere sehr schöne Frau auf sie zu und begrüßte sie freundlich. „Willkommen im Cafe ‚Katzenauge’.“ Sie reichte den Mädchen die Karte und ging zum nächsten Tisch.

Aoko betrachtete die beiden Frauen und staunte. „Sie sind so hübsch“, stellte sie fest.

„Hattest du nicht gesagt, dass sie in Europa waren?“ Yoko blickte zu Keiko, die neben ihr saß.

„Ja, da waren sie auch. Man sagt, dass sie Verwandte in Europa haben, sie sind aber selbst Japanerinnen. Das Cafe befindet sich schon seit Jahrzehnten im Familienbesitz“, informierte Keiko, die selbst die Informationen von ihren Eltern hatte. Sie kannten Bekannte von Freunden der ursprünglichen Besitzer des Cafes.

Die freundliche Frau kam wieder und lächelte. „Habt ihr euch schon entschieden?“

Die Mädchen gaben ihre Bestellung auf und reichten der Bedienung die Karte wieder. Schon verschwand die Frau.

„Und nun erzähl, Aoko. Wie war es bei deiner Oma?“, bohrte Keiko neugierig nach.

„Schön und ruhig. Es waren erholsame Ferien am Strand“, antwortete sie.

„Hast du jemanden kennen gelernt?“, bohrte Yoko neugierig nach.

Eine unerklärliche Röte stieg ihr auf die Wangen.

„Wie kommst du denn da drauf?“, mischte sich eine männliche Stimme ein. „Wer sollte Aoko schon kennen lernen wollen?“, spottete der junge Mann weiter, der plötzlich bei ihnen am Tisch aufgetaucht war.

Aoko ballte wütend ihre Hände zu Fäusten. Sie drehte sich ruckartig um und fauchte ihn an. „Kaito Kuroba! Willst du damit sagen, ich bin nicht attraktiv?“

Der junge Mann mit seinem braunhaarigen Wuschelkopf stützte sich mit beiden Händen auf die Tischplatte und beugte sich zu ihr vor. Nach einem kurzen Blick in ihre blauen Augen wurde sein Grinsen breiter. „Ein bisschen zugelegt hast du in den letzten Wochen schon.“ Schon löste er eine Hand und piekste sie mit dem Zeigefinger in den Bauch um seine folgenden Worte zu verdeutlichen. „Hier zeigt sich schon eine Rolle.“

Aoko wurde wütend, richtig wütend.

Die Bedienung kam mit drei Tassen zurück an den Tisch und blickte den Jungen an, der dazu gestoßen war. „Darf ich dir auch etwas bringen?“

„Eine Cola, bitte. Ich sitze dort hinten“, nickte er zu und deutete mit seinem Finger in eine Richtung. Keiko und Yoko folgten seinem Fingerzeig und sie sahen an einem Tisch mehrere Jungs aus ihrer Klasse sitzen. Ihnen waren die Klassenkameraden gar nicht aufgefallen.

Wieder grinste der Junge. „Ihr seid blind an uns vorbei gelaufen“, antwortete er wissend auf ihre irritierten Gesichter. Er richtete sich wieder auf und zwinkerte. „Wir sehen uns.“ Schon drehte er sich amüsiert um und kehrte an den Tisch seiner Kumpels zurück.

„So ein Blödmann“, schimpfte Aoko leise vor sich hin.

Keiko und Yoko wandten ihre Aufmerksamkeit wieder der Freundin zu. „Ist etwas zwischen euch passiert?“

Die braunhaarige Aoko blickte überrascht auf. „Nein, wieso?“

Keikos Augen wanderten wieder zu dem Tisch der Jungs, an dem Kaito saß, der immer wieder mal zu ihnen auffällig unauffällig linste. Schon blickte sie ihre beste Freundin an. „Er war doch noch nie zuvor so fies zu dir gewesen.“

Das angesprochene Mädchen winkte ab und blickte zum Fenster hinaus auf die Straße. „Wahrscheinlich ist er nur sauer, weil ich ihn noch nicht angerufen habe.“

„Wieso hast du ihn noch nicht angerufen?“, hakte Yoko nach. Ihr entging nicht der abwesende Gesichtausdruck. „Du bist doch schon vor zwei Tagen zurückgekommen.“

Aoko seufzte, antwortete aber nicht. Wie sollte sie es auch erklären? Im Urlaub wurde sie sich erst richtig klar, wie sehr sie ihn vermisste und was er ihr bedeutete. Diese Gefühle waren so vollkommen neu und auch gefährlich. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben. Sie waren Freunde von klein auf. Er war ihr bester Freund. Und was tat sie? Sie brachte ihre Freundschaft in Gefahr, weil sie sich in ihren besten Freund verliebt hatte und sie nicht einmal mehr wusste, wann das überhaupt geschah. „Ist doch auch egal“, wich sie aus. „Was habt ihr gemacht?“

Erst begann Keiko zu erzählen, danach Yoko. Sie unterhielten sich noch lange, doch letztendlich mussten sie irgendwann nach Hause gehen. Sie bezahlten bei der hübschen Bedienung und verließen wenig später das Cafe. Langsam dämmerte es. Überrascht, dass sie doch den ganzen Nachmittag zusammen saßen, verabschiedeten sie sich voneinander und Keiko und Yoko gingen gemeinsam nach Hause. Aoko wohnte nicht auf der Strecke, sondern hatte einen anderen Heimweg. Sie ging ein paar Schritte bis ertönte. „Na, endlich. Das ihr Weiber aber auch immer so viel zu erzählen habt.“ Sie blieb stehen und drehte sich um. Hinter ihr stand Kaito und sofort beschleunigte sich ihr Herzschlag. „Was machst du denn noch hier?“

Kaito wurde doch tatsächlich leicht rot um die Nase und hielt sich eine Hand an den Hinterkopf. Verlegen antwortete er. „Ich habe auf dich gewartet.“

Auch Aoko trat die Röte ins Gesicht. Um ihre Reaktion auf ihn zu überspielen konterte sie schnippisch. „Das hättest du nicht tun müssen.“ Schon drehte sie sich wieder in die ursprünglich gewählte Richtung und ging davon.

Kaito hatte sie schnell eingeholt und ging neben ihr her. „Ich weiß, aber wann hätte ich denn sonst mal Gelegenheit mit dir zu reden?“, brummte er. Auf ihren irritierten Blick hin fügte er hinzu. „Seit wann bist du wieder hier?“

Aoko wandte schnell den Kopf ab. „Ist doch egal.“

Der Junge blickte sie an. „Sag schon“, drängte er.

„Zwei Tage“, nuschelte sie leise, dennoch hatte er sie verstanden. Wütend blitzten seine blauen Augen auf. „Seit zwei Tagen und du hast dich noch nicht bei mir gemeldet?“ Er war beleidigt. Sie war seine beste Freundin und sagte ihm nicht mal, dass sie wieder zu Hause war.

„Ich hätte es schon noch gemacht“, erwiderte sie borstig.

Der Junge hingegen stopfte seine Hände in die Hosentasche und blickte starr auf den Boden. Er nahm ihr immer noch übel, dass sie sich nicht gemeldet hatte. „Wann? Wenn die Schule wieder beginnt?“ Er betrachtete sie kurz von der Seite. Ihre braunen Haare fielen ihr offen über die Schultern. Sie war einen Kopf kleiner als er, starrte auf den Boden und hatte ihre Hände zu den Seiten als Fäuste geballt. Sie wirkte irgendwie ertappt. Sollte das heißen, dass sie wirklich nicht vor gehabt hatte sich zu melden? Grübelnd blickte er wieder geradeaus. Ein wenig friedlicher fügte er hinzu. „Ich dachte, du bist noch bei deiner Oma, stattdessen tauchst du plötzlich mit deinen Freundinnen im Cafe auf.“ Er überlegte. „Sind wir keine Freunde mehr?“

Eine ernst gemeinte Frage und Aoko gestand sich selbst ein, dass sie es nicht wusste. Natürlich war er nach wie vor ihr Freund, aber sie wünschte sich mehr als das. Wenn sie es ihm sagen würde und er ihre Gefühle nicht erwiderte, könnte sie ihm nie wieder unter die Augen treten. Dann war es das mit der Freundschaft. Sie riss sich zusammen und blickte zu ihm auf. Mit festem Blick und einer noch festeren Stimme antwortete sie: „Red doch keinen Quatsch, Kaito. Natürlich sind wir Freunde.“ Im nächsten Moment erwiderte er ihren Blick und sie drohte in seinen blauen Augen zu versinken. Sie schüttelte innerlich den Gedanken ab. „Es tut mir leid, dass ich mich nicht eher gemeldet hab.“ Sie richtete ihre Augen wieder auf den Weg. Auch Kaito wandte sich ab. „Als ich ankam, wollte ich erstmal Zeit mit meinem Vater verbringen, gestern hab ich dann erstmal ausgepackt und Wäsche gemacht. Die Wohnung musste ich wieder auf Vordermann bringen. Du weißt gar nicht wie es aussah.“ Ihr Blick verfinsterte sich. „Mein Vater sagte, dass Kaitou Kid in letzter Zeit häufig und oft hintereinander zuschlug. Papa hat schon fast auf dem Revier gewohnt und zu Hause war er nur zum Schlafen.“

Kaito lauschte ihren Worten und verkniff sich ein Grinsen. Ja, er war der berühmte Kaitou Kid, der Kommissar Nakamori so auf Trab hielt. Er war der berühmtberüchtigte Meisterdieb 1412 und er war in den letzten Wochen wirklich oft auf Streifzug. Immerhin musste er die Zeit nutzen, solange Aoko nicht in der Stadt war. Nun würde er sich wieder ein wenig zurückhalten und nicht mehr allzu oft auf der Jagd nach Juwelen sein, denn er wollte wieder mehr Zeit mit ihr verbringen. „Und war er wenigstens erfolgreich?“ Natürlich nicht, denn sonst würde er nicht neben ihr gehen.

„Nein, wie immer konnte dieser Dieb jedes Mal entkommen. Aber nun bin ich ja da und werde meinen Vater tatkräftig unterstützen.“

Ihre blauen Augen funkelten regelrecht und ihr verbissener Gesichtsausdruck ließ sein Herz weich werden. Wieder mal ruhten seine Augen auf ihr und ein stetiges Kribbeln spürte er seit er sie im Cafe wieder sah. Er liebte ihre Hartnäckigkeit. Er liebte sie. Als ihm dieser Gedanke durch den Kopf schoss wurde er wieder rot. Um sich von seinen Gefühlen abzulenken, griff er nach ihrem Handgelenk, blieb stehen und hielt sie auch zum Stehen an.

Überrascht spürte sie seine Finger auf ihrer Haut und drehte sich ihm zu. Ihr Herz pochte aufgeregt in ihrer Brust.

„Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr begibst.“

Wenn es möglich war, schlug ihr Herz bei seinen Worten noch schneller. Ihre Augen versanken in seinen, sie war wie gefesselt.

„Aoko Nakamori“, rief ein Mann nach ihr und erst jetzt realisierte sie, dass sie vor ihrem Haus standen.

Sie sah ihren Vater in der Tür stehen, der eine große Einkaufstüte in der Hand hielt und winkte ihm zu. „Gleich, Papa.“ Er nickte und verschwand im Haus. Die Tür lehnte er an. Wieder richtete sie ihre Augen auf Kaitos Gesicht, immer noch nicht ganz glaubend, was er gesagt hatte.

Kaito schluckte. „Ich hab dich vermisst“, gestand er leise. „Sehen wir uns morgen?“

Aoko zu überwältigt von seinem Geständnis, fühlte sich nur fähig zu nicken.

„Gut, ich bin morgen Mittag bei dir“, fügte er hinzu und ließ ihre Hand los. Schon ging er weiter um selbst nach Hause zu gehen.

Bis morgen, wollte sie ihm noch nachrufen, aber ihre Stimme verweigerte den Dienst. Ihr Herz sprang regelrecht auf und ab in ihrer Brust, ihr Magen kribbelte und ihre Gefühlwelt stand Kopf. Langsam ging sie ins Haus, wo ihr Vater bereits wartete. „Also du und Kaito…“, begann er, kaum dass die Tür ins Schloss fiel.

„…sind Freunde, Papa. Das weißt du doch“, beendete sie sofort.

Herr Nakamori nickte geistesabwesend. „Das ist gut, denn du bist doch noch so jung. Lass dir mit deinem ersten Freund ruhig noch ein bisschen Zeit.“

„Papa, ich bin siebzehn! Ich bin kein kleines Mädchen mehr“, brüllte sie wütend.

Er kam auf sie zu und schloss sie in seine Arme. „Für mich wirst du das aber immer bleiben.“

Sie erwiderte kurz die Umarmung und ging in die Küche. „Ich koche uns was Feines.“ Schon verschwand sie in die Küche und begann die Einkäufe zu verräumen und anschließend an ein Abendessen für sich und ihren Vater zu kochen.
 

Kaitos Handy piepste. Er wusste, wer ihm da eine Nachricht geschrieben hatte und er ahnte bereits auch was drin stand. Als er sich von Aoko verabschiedet hatte, war er wieder so in Gedanken vertieft, dass er erst an seinem Haus vorbei gelaufen war. Nun lag er auf seinem Bett, seine Hände hinter dem Kopf verschränkt und starrte trübsinnig die Decke an. Worauf hatte er sich da bloß eingelassen? Er könnte sich selbst verfluchen und wusste immer noch nicht was ihn da mal wieder geritten hatte. Genervt griff er nach seinem Handy, das neben ihm auf dem Bett lag und öffnete die eingegangene Nachricht. „Die Zeit läuft“, las er. Verärgert ließ er sein Handy neben sich fallen und drehte sich auf die Seite. Sein Blick fiel nun auf ein Foto auf seinem Nachttisch. Es zeigte ihn und Aoko, als sie beide noch kleine Kinder und auf einer Zaubershow seines Vaters waren. Sie strahlten in die Kamera, wobei Kaito Aoko Eselsohren zeigte. Damals war alles einfach und klar. Sie waren Freunde. Doch nun war sie mehr für ihn. Er liebte dieses aufbrausende, starrköpfige Mädchen, das von Tag zu Tag schöner wurde. Ihm entging nichts in Bezug auf ihr. Nur über ihre Gefühle brachte er nichts in Erfahrung. In diesem Punkt konnte er nichts erkennen. Sonst war es ihm ein leichtes in ihr zu lesen, wie in einem Buch. Wie sollte er es nur herausfinden, ob sie das gleiche für ihn fühlte, ohne ihre Freundschaft zu zerstören? Fakt war, dass er ihr nicht mehr unter die Augen treten könnte, wenn sie seine Gefühle für ihn nicht erwiderte.

Die Zeit läuft.

Verdammter Mist. Wie konnte er auch nur so blöd sein und sich darauf einlassen. Es war doch von Anfang an Schwachsinn. Eine ganz blöde Idee, aber nein, er fühlte sich in seinem Stolz verletzt, in seiner Ehre gekränkt und dann machte man eben Dummheiten. Dummheiten wie diese, die Freundschaften zerstören konnte. Er hielt inne. Plötzlich richtete sich Kaito in seinem Bett auf und ballte wütend die Hand zur Faust. Natürlich, das war es. Er hatte sich die Folgen schon in seinem Kopf ausgemalt, dieser verdammte Idiot von Detektiv. Wütend griff er nach dem Handy und wählte eine Nummer. Freizeichen.

„Na, wie läufts?“, spottete eine Stimme durch den Hörer.

„Du, Idiot“, fauchte Kaito wütend. „Du hast gewusst wie das ausgehen könnte.“

Ein Lachen, dann kehrte für einen kurzen Moment Stille ein. „Ja, Kaito, das habe ich. Ich habe mir sämtliche Szenarien ausgemalt und wenn ich richtig liege, dann hab ich am Ende freie Bahn.“

Knurrend ballte Kaito seine Hand nun fester zusammen. Die Fingerknöchel traten weiß hervor.

„Also, Deal ist Deal“, drang es ernst durchs Telefon. „Du hast sie heute Mittag gesehen. Bis morgen Abend hast du Zeit, wenn nicht hältst du dich in Zukunft fern von ihr.“

„Hakuba“, knurrte Kaito ins Telefon, aber schon wurde aufgelegt. Er hob seine Hand und holte zum Wurf aus, doch entschied sich dann dagegen. Sein Handy konnte für seine eigene Dummheit überhaupt nichts. Wie konnte er auch nur so blöd sein und sich auf diese hirnrissige Wette einlassen?

Wieder ließ er sich aufs Bett fallen und starrte die Decke an. Er war Kaitou Kid, er war Zauberer, ein Meister der Magie. Es würde doch ein Klacks für ihn werden Aoko seine Gefühle zu gestehen. Laut seufzte er auf und mit Aoko als letzten Gedanken schlief er ein.
 

***
 

Als er am nächsten Vormittag aufwachte, war er immer noch nicht schlauer. Er wusste nicht, wie er Aoko gegenüber treten sollte. Das einzige was sonnenklar war, er würde sie nicht aufgeben und schon gar nicht wegen diesem blöden Möchtegern-Detektiv. Langsam stand er auf und ging zuerst unter die Dusche. Danach zog er sich eine Jeans an und ein weißes Shirt über. Sein Blick streifte die Uhr. Kurz fuhr er sich noch mit der Haarbürste durch die Haare, aber das änderte auch nichts an seiner Frisur. Wie immer fielen seine braunen Haare wie sie es wollten, da konnte er sie noch so sehr stylen. Darum beließ er es einfach nur beim Kämmen und verließ das Haus. Im Moment wohnte er alleine in dem Haus seiner Eltern. Seine Mutter war seit einigen Wochen bei einer Freundin im Ausland, sein Haushälter hatte ebenfalls ein paar Tage frei und sein Vater war vor acht Jahren ermordet worden. Aus diesem Grund verkleidete er sich als Kaitou Kid um die Mörder seines Vaters aus ihrem Versteck zu locken. Er würde sich an ihnen rächen. Langsam ging er durch die Straßen zum Haus der Nakamoris.

Als er endlich vor der Haustüre stand und klingelte, öffnete Aokos Vater, sein persönlicher Lieblingsgegner Kommissar Ginzo Nakamori, die Türe. Er trat beiseite und ließ den jungen Oberschüler eintreten. „Hallo, Kaito“, begrüßte er den Freund seiner Tochter. „Aoko ist noch nicht fertig, aber sie kommt gleich.“ Er musterte den jungen Mann. Ihm behagte nicht, dass seine Tochter immer noch mit diesem Jungen befreundet war. Damals waren sie noch Kinder, aber inzwischen sind sie Teenager. Hormongesteuerte Teenager, fast erwachsen. „Ich möchte dir noch etwas sagen“, startete Nakamori ein ernstes Thema.

Kaito zuckte überrascht zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Aokos Vater noch mit ihm reden wollte. Als er in sein Gesicht blickte, wurde ihm reichlich unwohl. Ein Gefühl sagte ihm, dass es unangenehm werden würde.

„Wenn du dich mit meiner Tochter triffst ist das in Ordnung. Aber solltest du meine Tochter schwängern, dann kannst du was erleben.“ Bedrohlich kam der Kommissar näher und hatte seine zur Faust geballte Hand erhoben.

Kaito schluckte und wich vor ihm zurück. Er wurde rot wie eine Tomate, als er das Wort schwängern hörte. Nicht das er so etwas mit ihr vorhatte. Also noch nicht … Wenn überhaupt würde er sie erst heiraten, da er sich sicher war, dass Aoko dies so wollte. Sie würde sich nie einfach so jemanden hingeben, dafür war sie einfach nicht der Typ. Er wusste nicht was er darauf sagen sollte.

„Papa“, ertönte wütend hinter Nakamori und Kaito schielte an dem Polizisten vorbei. Dort stand sie in einem hübschen Sommerkleid gekleidet, das sich bis zur Hüfte hinab um ihre schlanke Figur hüllte und dann weit ausfiel und kurz vor dem Knie endete. Ihre Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und ihre blauen Augen blitzten wütend. Da sie ein ebenso rotes Gesicht hatte, wurde sie wohl Zeuge ihres Gespräches.

„Mäuschen“, zog Ginzo Nakamori den Kopf ein und drehte sich seiner Tochter zu.

Diese trat auf ihn zu. „Erstens geht dich das alles gar nichts an und zweitens hatte ich nicht vor in den nächsten Jahren ein Kind zu bekommen.“ Schon stapfte sie an ihrem Vater vorbei, schnappte sich ihren Sandkastenfreund und zog ihn mit sich. Kurz darauf verließen sie das Haus und traten auf die Straße. Gemeinsam gingen sie in die Stadt. „Es tut mir leid“, entschuldigte sich Aoko für das Benehmen ihres Vaters.

Kaito betrachtete sie von der Seite und zwinkerte. „Ist doch nichts passiert.“

„Doch, das war so peinlich.“

Übermütig legte er seinen Arm um die Schultern seiner besten Freundin und beugte sich leicht zu ihr. „Hör auf dir darüber einen Kopf zu machen. Wir machen uns heute einen schönen Tag.“

Errötet und mit stark klopfendem Herz spürte sie seine Hand auf ihrer Schulter. Sie war so verwirrt über seine plötzliche Nähe, dass sie gar nicht richtig mitbekam, was sie unternehmen wollten. „Wo gehen wir denn jetzt hin?“, fragte sie deshalb nach.

„Zuerst gehen wir in den Park und holen uns ein Eis. Dann könnten wir ins Kino gehen. In der Nachmittagsvorstellung läuft ein neuer Actionfilm.“ Immer noch hatte er seinen Arm um das Mädchen gelegt und machte auch keine Anstalten ihn wieder von ihr zu nehmen. Wenn er ihr seine Liebe gestehen wollte, war es an der Zeit ihr auch näher zu kommen. Zudem er auch nicht den Eindruck gewann, dass es ihr unangenehm war.

Aoko nickte zustimmend. Das war ein guter Plan. Da sie ihren besten Freund schon seit Wochen nicht mehr gesehen hatte, informierte sie sich bei ihm über seine Ferien. „Was hast du alles gemacht, während ich nicht hier war?“

Ich war als Kaitou Kid unterwegs und habe deinen Vater an der Nase herumgeführt, dachte er bei sich, sagte aber: „Nicht viel. Ich war mit den Jungs unterwegs. Wir waren Fußballspielen, schwimmen, solche Sachen eben.“ Er blickte zu ihr hinab. „Und wie war es bei deiner Oma?“

„Super“, antwortete Aoko. „Ich war viel am Meer und mit ihr unterwegs. Es war entspannend.“

„Du siehst auch sehr erholt aus“, stimmte Kaito zu und führte sie in den Park. Vielleicht sollte er auch mal Urlaub bei ihrer Oma machen. Ein bisschen Entspannung nach den vielen Diebstählen in den letzten Wochen würde ihm auch gut tun.

Sie kamen in den Park und spazierten ein wenig darin herum, bis sie zur Eisdiele kamen. Kaito zog seinen Arm zurück und blickte Aoko aufmerksam an. „Schoko und Erdbeere?“

Aoko nickte. Natürlich kannte sie die Lieblingseissorten ihres Kindheitsfreundes auswendig, aber dass er sich ihre gemerkt hatte, überraschte sie leicht. Normalerweise vergaß er alles. Tja, selbst Verabredungen mit ihr hatte er schon mal vergessen. Umso mehr ein Grund sich zu wundern. Sie sah ihm nach, wie er sich in die Schlange anstellte. Die Braunhaarige blickte sich um und entdeckte eine unbesetzte Bank. Mit wenigen Schritten näherte sie sich dem Objekt und setzte sich. Ihre Augen betrachteten die vielen Menschen, die durch den Park spazierten. Es waren überwiegend Pärchen, die Arm in Arm herumschlenderten. Sie stellte sich vor wie es wäre so mit Kaito zu gehen. Der Oberschüler hatte sie heute im Arm gehalten, dennoch glaubte sie nicht, dass er diese Geste wiederholen würde, auch wenn sie sich nichts sehnlicher als das wünschte.

Unbemerkt war der Zauberer wieder an sie herangetreten und hielt ihr das Eis vor die Nase.

Dankbar nahm sie es und sie sah, wie er sich neben sie setzte. Schweigend saßen sie nebeneinander, aßen ihr Eis und beobachteten die vorbeigehenden Leute.

Kaitos Blick streifte die Uhr an seinem Handgelenk. Es war schon früher Nachmittag. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit. Verlegen linste er zu seiner Begleitung. Wie um alles in der Welt sagte man einem Mädchen, das man es liebte? Ich liebe dich, fiel ihm zuerst ein, nur er konnte doch nicht einfach so mit der Tür ins Haus fallen. Außerdem zweifelte er, dass er die drei kleinen, dennoch sehr bedeuteten Worte über seine Lippen brachte. Auch wenn es das war, was er empfand. Sich darüber klar zu werden war das eine, es aber auszusprechen ganz was anderes. Er beobachtete sie, während sie an ihrem Eis schleckte. Als ihm klar wurde wie sie ihr Eis aß, wurde ihm mit einem Mal unendlich heiß. Er verdrängte sofort die Gedanken an diese Zweideutigkeit und konzentrierte sich auf sein eigenes Eis.

Er war so still. Aoko fragte sich, ob etwas nicht stimmte. Sie hatten beide ihr Eis gegessen und saßen nach wie vor schweigend nebeneinander. Gerade fasste sie ihren Mut um ihn anzusprechen, da unterbrach der junge Mann die Stille.

„Ich muss dir etwas sagen, Aoko.“ Er drehte sich ihr zu. „Du bist meine beste Freundin. Wir kennen uns schon so lange“, er hielt inne. Definitiv war das der falsche Ansatz. Er wollte ihr seine Liebe gestehen und nicht gleich einen Heiratsantrag machen.

Aoko zog überrascht ihre Augenbrauen hoch und ließ ihn keine Sekunde aus den Augen. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihr aus. Was wollte er ihr damit sagen? Sie war seine beste Freundin und was? Würde auch nie mehr als das werden, oder sollte dies ein Geständnis werden, dass er eine Freundin hatte und sie ihr nun vorstellen wollte? Egal welche der beiden Optionen er ansprach, sie würde bei beiden nicht die Kraft haben stark zu bleiben.

„Nur hat sich da etwas verändert“, fügte er leiser hinzu.

Das Gefühl verstärkte sich. Sie nervte ihn doch nicht, oder doch? Wollte er ihre Freundschaft beenden? Aoko schluckte um den dicken Kloß, der sich mit einem Mal gebildet hatte, hinunter zu schlucken.

Er suchte ihre Augen und versank in diesem wunderschönen Blau. Man, das war schwieriger als gedacht. Wieso schafften andere es und er stellte sich an wie der letzte Trottel? Wieder schluckte er. „Ich hab mich verliebt, Aoko“, gestand er ihr.

Was?! Ihr Herz krampfte. Unbewusst ballte sie ihre Hände zu Fäusten und versuchte seinen Blick zu erwidern. Sie konnte ihm nicht lange in die Augen sehen. Schmerzerfüllt wandte sie ihren Blick ab und starrte auf den Boden. Sie musste etwas sagen. Irgendwas musste sie sagen. „Wie lange schon?“ Ihre Stimme klang fester, als sie annahm.

„Schon eine ganze Weile“, antwortete er. Verwirrt verfolgte er ihre Reaktionen und wusste nicht so recht zuzuordnen, was dies bedeutete. Ließ sie ihn gerade abblitzen, oder wieso verhielt sie sich so komisch. Eigentlich ging er davon aus, dass ihr Verhalten sich anders zeigen würde.

„Wir hatten eine Abmachung, Kaito“, hielt sie ihm plötzlich wütend vor. Sie blickte wieder zu ihm auf. „Weißt du noch, wie wir abgemacht hatten, dass wir einander erzählen, wenn jemand in unser Leben tritt?“ Ihre Augen blitzten wütend und verletzt auf.

Kaito saß ihr gegenüber und wusste nicht zu reagieren. Irgendwas lief gerade gewaltig schief. Er nickte. Natürlich erinnerte er sich an ihre Abmachung, aber bisher gestand er sich seine Gefühle für sie nicht ein. Grübelnd was hier vor sich ging betrachtete er das Mädchen, dem sein Herz gehörte. „In wen?“, kam die nächste Frage und nun stand Kaito komplett auf dem Schlauch. Er hatte definitiv etwas nicht mitbekommen.

Aoko blickte ihn an, auch wenn es ihr mit jeder Sekunde schwerer fiel. Sie musste es aber wissen und nur deswegen hielt sie den Blickkontakt aufrecht. „Wer ist sie?“ Sie wiederholte ihre Frage, da er ihr keine Antwort gab.

„Du!“, erklang es plötzlich wie aus der Pistole geschossen. Hatte er sich vorhin so unverständlich ausgedrückt? „Du bist es“, fügte er hinzu und legte sanft eine seiner Hände auf ihre.

Im nächsten Moment schlug sie seine Hand weg und sprang wütend auf. „Darüber macht man keine Scherze, du Idiot“, fauchte sie. Wie konnte er nur so mit ihren Gefühlen spielen.

Kaito sprang auch auf. „Ich mache keine Scherze“, widersprach er. Langsam wurde er wirklich sauer. Er gestand ihr seine tiefsten Gefühle und sie glaubte ihm nicht. Er ballte seine Hand zur Faust, fuhr mit seiner anderen Hand um die Faust herum und im nächsten Moment öffnete er seine Hand und hielt ihr eine rote Rose unter die Nase. „Ich hab mich in dich verliebt, Aoko Nakamori.“

Aokos Herz schlug Purzelbäume. Ihre Gefühle fuhren Achterbahn. Sie blickte von der Rose in seiner Hand in sein Gesicht. Seine blauen Augen blickten tief in ihre, als wolle er ihre Seele ergründen. „Ich… ich hab mich auch in dich verliebt“, stammelte sie und nahm die Rose entgegen. Schüchtern blickte sie zu ihm auf, während sie den Duft der Rose einatmete.

Ein Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus und im nächsten Moment schloss er sie fest in seine Arme. Die Wette hatte er gewonnen und er war in diesem Moment der glücklichste Oberschüler der Welt. Er verschwendete noch einen kurzen, letzten Gedanken an Hakuba, da hatte er ihn auch schon wieder verdrängt. Er hatte es getan und Aoko liebte ihn auch. Oh, was für ein wundervoller Tag.

Aoko genoss seine Umarmung und kuschelte sich an seine Brust. Es würde noch eine Weile dauern, bis ihr wirklich bewusst wurde, dass er sie liebte. Sie… wirklich… liebte.

Wieder ging sein Blick zur Uhr und er löste sich von seiner Freundin. „Wir sollten langsam los, wenn wir noch ins Kino wollen.“

Aoko nickte lächelnd und gemeinsam Arm in Arm, wie alle Pärchen, gingen sie weiter. Wenig später verließen sie den Park und nach einem langen Fußmarsch erreichten sie die Innenstadt und das Kino. Kaito zahlte auch den Eintritt und die beiden ergatterten sich einen Platz in der letzten Reihe. Bevor der Film losging, zog Kaito sein Handy hervor, tippte kurz etwas ein und schaltete dann das Mobiltelefon aus. Er wusste, dass Saguru Hakuba sich in diesem Moment grün und blau ärgern würde. Und das sorgte bei ihm für ein breites Grinsen.

Das Licht ging aus und der Film begann. Kaito legte seinen Arm um seine beste Freundin und zog sie näher an sich. So gut es ging kuschelte sie sich an ihren Freund und eine Weile verfolgten sie den Film. Doch die Tatsache was sich zwischen ihnen ereignet hatte, lenkte sie ab und so kam es, wie es sollte. Kaito blickte sie stumm an, auch Aoko sah zu ihm auf und langsam kamen sich ihre Gesichter näher. Aoko schloss ihre Augen und im nächsten Moment spürte sie die warmen, weichen Lippen des Sandkastenfreundes. Auch er schloss seine Augen sie gaben sich einfach dem fremden, neuen Gefühl hin, das ihre beiden Herzen höher schlagen ließ. Vom Film bekamen sie nichts mehr mit, aber das war ihnen egal. Sie wussten was sie für einander empfanden und nur das zählte.



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