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Sugar Sugar Rune - Sechs Jahre später (wird aktuell überarbeitet)

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Jeder hat schon mal geweint

Als Lovin seinen Wagen parkte, sprang ich eilig heraus und verschwand in mein Zimmer. Die Tür fiel hinter mir krachend ins Schloss und ich lehnte mich daran. Duke war nirgends zu sehen. Das war vermutlich besser so. Dann konnte er mir immerhin nicht mehr mit der Herzenjagd auf die Nerven gehen. Noch immer wurden meine Beine ein bisschen wacklig, wenn ich daran dachte, wie Pierre eben noch vor mir stand. Wie er mich angesehen hat... Ich dachte, er würde mich küssen wollen. Mit einem Seufzer griff ich nach einer großen Tafel Schokolade von meinem Nachttisch und ließ mich auf's Bett fallen, erschöpft von meiner ersten Woche nach dem Koma. Sollte das jetzt den Rest meines Lebens so weitergehen? Dann, vielen Dank für Nichts. Ich fühlte mich so alleine und verlassen und hilflos, wie lange nicht mehr und während ich so an die Decke meines Zimmers starrte, fiel mir plötzlich etwas ein. Stumm glitt ich vom Bett und zu meinem Kleiderschrank, bückte mich und tastete den Boden ab. Und plötzlich machte mein Herz einen Satz. Ich sank auf die Knie und zog das schwere Tagebuch meiner Mutter heraus. Es lag noch genau dort, wo ich es vor Jahren versteckt hatte. Eine merkwürdige Schwere schien von mir Besitz zu ergreifen. Ich konnte es nicht genau beschreiben. Ich hatte Mamas Buch in den Händen und fühlte mich gleichzeitig todtraurig und getröstet. Wie sehr wünschte ich mir, dass sie noch bei mir wäre. Das war doch so unfair! Die Tränen wollten mich schon wieder übermannen, aber ich konzentrierte mich darauf, nicht zu weinen, während ich das Buch an mich drückte, als würde es mir gleich jemand stehlen wollen. Den Lärm und das Gepoltere, der im Flur zu Hören war, drang nur gedämpft an meine Ohren. Bitte, bitte, bitte, lasst jetzt niemanden hier herein kommen. Aber das konnte man in diesem Haus nur vergeblich hoffen.

Die Tür wurde aufgerissen und Saule grinste mich an, als seine dunkelblauen Augen mich vor dem Schrank kauern sah. "Choco!", dröhnte er. "Komm runter, Vanilla macht Smoothies." Ich sagte nichts. Ich sah nicht einmal zu ihm auf. Und das schien auch Saule zu bemerken. Er starrte mich an und fragte nun leiser: "Choco? Alles okay?" Ich antwortete immer noch nicht. Ich brauchte all meine Kraft, um nicht in Tränen auszubrechen. Verdammt, eigentlich war doch Vanilla diejenige, die wegen jeder Kleinigkeit gleich weinte und nicht ich. Saule klang mittlerweile wirklich besorgt. Er lehnte die Tür an und kam zu mir herüber; drehte mich an den Schultern, sodass ich ihn ansehen musste. Mamas Buch hatte ich immer noch fest umklammert. Saule musterte mich. "Choco...", flüsterte er und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Es war so unfair! Warum musste ich das alles alleine, ohne meine Mutter durchstehen? Kein Wunder, dass ich so verkorkst war, wie Lovin oder Großvater immer sagten. Alles um mich herum schien in sich zusammen zu brechen. Wie sollte ich es so schaffen, Königin zu werden? Ich war doch ganz alleine! Und dann rannen mir schon die Tränen das Gesicht herab und meine Hände bebten. Zuerst wirkte Saule erschrocken, dann schloss er mich fest in die Arme. Jetzt war es ja auch egal. Stumm weinte ich und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, während er versuchte, mich zu beruhigen. Immerhin meine beiden beste Freunde waren bei mir, auch wenn sie kein wirklicher Ersatz für meine Mutter waren. In diesem Moment merkte ich, wie wichtig sie waren. Klar, Vanilla war meine beste Freundin, aber seit wir in diesem Wettkampf sind, hat sich unser Verhältnis irgendwie ein bisschen verändert. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, ihr alles erzählen zu können. Eine Weile lang hockten wir einfach nur so da. Saule sagte nichts und von mir war nur ein ganz leises Wimmern zu vernehmen. Hoffentlich würde das niemand anderer hören. Schlimm genug, dass Saule mich so sah. Irgendwann löste ich mich. Meine Augen waren gerötet, aber ich wollte nicht mehr weinen. Ich schluckte einige Male schwer und löste mich dann von Saule. Wobei ich es vermied, ihm direkt in die Auge zu sehen. Ich schämte mich. "Was... Hast du denn?", fragte er mit immer noch besorgter Miene. Ich sah zu Boden, überlegte, was ich jetzt sagen sollte. Was ich sagen wollte. Saules Blick lag auf mir und ich fand einfach keine passenden Worte. Dann antwortete ich sehr, sehr leise. "Es ist... Keine Ahnung... Alles irgendwie. Und nichts. Ich weiß es nicht." Ich seufzte. Das war nicht einmal gelogen. Dann sprudelte ich los: "Als ich gestern mit Hiroto aus war, hat sich Pierre eingemischt, als Hiroto mich küsste und vorhin in der Schule hatte ich das Gefühl, dass Pierre mich küssen wollte und ich hab noch keine Herzen und ich vermiss' meine Mutter und schaff wahrscheinlich meine Qualifikation nicht!" Erschrocken sah ich ihn an und nicht minder erschrocken sah Saule zurück. Er hielt kurz inne und schien zu überlegen. Dann meinte er: "Du hast einen Kerl geküsst?" "Nein!", erwiderte ich schroff. "Er mich. Ich wollte das nicht. Aber ich brauch' ja sein Herz, deshalb kann ich ihn ja nicht total vergraulen." "Und Pierre...?" "Ach, vergiss Pierre. Er ist ein Idiot. Ich weiß nicht, was er vorhat, es ist mir eigentlich auch egal!" "Das klang eben aber nicht..." "So ist es aber!", fauchte ich und funkelte Saule an. Es fühlte sich an, als würde er sich gegen mich wenden. "Er will bestimmt nur den Wettbewerb manipulieren. So wie damals mit Vanilla." Ich stand auf und verstaute Mamas Buch wieder im Schrank, möglichst so, dass es Saules Blicken verborgen blieb.

"Also, Smoothies?", fragte ich grinsend und gab mich wieder so, wie eh und je, damit wir das Thema ja nicht vertieften. Schlimm genug, was ich ihm gerade alles erzählt habe. Das war gar nicht meine Absicht. Allerdings fühlte ich mich jetzt auch ein wenig erleichtert, dass es endlich mal raus konnte und mich nicht von innen zerfrass; zumindest nicht mehr so sehr. Unwirsch griff ich nach Saules Arm und zog ihn ruppig hinter mir her aus meinem Zimmer und hinunter zur Küche. Bis heute Abend würde ich mich mit dem Thema 'Pierre' nicht mehr befassen. Das nahm ich mir fest vor. Und später würde ich mir überlegen, wie es mit Hiroto weitergehen würde.



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