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Sugar Sugar Rune - Sechs Jahre später (wird aktuell überarbeitet)

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Männertipps per Anhalter

Die Sirene eines Krankenwagens zerriss die angenehme Stille und ich schreckte auf. Lalü, lalü. Ich lungerte immer noch auf der Bank am Fluss, aber es dämmerte schon stark. Die Sonne stand nicht mehr am Himmel. War ich etwa eingeschlafen? Ich hatte doch nur einen Moment gedöst. Aber offenbar war dieser Moment erheblich länger gewesen.

Etwas irritiert erhob ich mich, griff meine Tasche und stakste die Böschung zur Straße hinauf, wo sich schon die ersten Straßenlaternen einschalteten. Ich war tatsächlich eingenickt. Doch ich konnte mich nicht weiter darüber wundern, denn das Handy in meiner Rocktasche vibrierte energisch und ich holte es hervor, um auf das Display zu sehen: Zehn entgangene Anrufe von Vanilla, zwölf von Lovin und sechs ungelesene Nachrichten. Ich öffnete sie und mir schwante Übles. Alle, bis auf eine, waren von Vanilla. Lovin schrieb: 'Chocola Meilleur, wo bleibst du? Melde dich sofort!!!' Vanillas Nachrichten waren sehr viel netter formuliert. Es waren etwa fünf Versionen von 'Choco, wo bist du denn, wir machen uns Sorgen, bitte komm heim :'(' Vermutlich saß sie in dieser Sekunde heulend auf ihrem Bett und kriegte sich gar nicht mehr ein. Vanilla war schon immer nahe am Wasser gebaut. Eilig antwortete ich auf ihre letzte SMS, versicherte, dass ich nur die Zeit vergessen hatte und auf dem Rückweg war. Lovin schrieb ich nichts. Erstens, weil Vani ihm sowieso sofort Bescheid geben würde und Zweitens, weil er garantiert fuchsteufelswild war; darauf konnte ich gut verzichten.

Ich musste jetzt schnell zurück; quasi sofort! Kurz entschlossen hielt ich meinen Daumen raus und schlenderte in die Richtung meines Zuhauses. Vielleicht würde ja irgendjemand Freundliches anhalten und mich ein Stück mitnehmen. Ansonsten wäre ich bestimmt noch 'ne gute Stunde unterwegs. Klar, ich könnte Lovin anrufen, damit er mich abholte, aber da würde ich lieber sterben.

Und das Schicksal meinte es doch tatsächlich gut mit mir und ich hatte mal Glück. Nur wenige Minuten vergingen, bis eine alte Dame neben mir bremste, anhielt und mich zu sich ins Auto einlud. Es war ein edler, schwarzer Wagen und er war von außen und innen wie geleckt. Auf der Mittelkonsole saß ein kleiner, gescheckter Hund, der mich neugierig begutachtete, als ich auf den Beifahrersitz kletterte und meine Tasche in den Fußraum stopfte. Es roch seltsam, nach einer Mischung aus sterilem Leder und fragwürdigen Parfüms. Hatte der Hund auch welches aufgelegt? Ich musterte die hechelnde Kreatur unauffällig.

„Wo soll es denn hingehen, meine Kleine?“, krächzte die alte Dame zuvorkommend und fuhr langsam wieder an. „Ehm, ich müsste ein gutes Stück die Straße runter, zum Stadtrand.“, antwortete ich ungewohnt höflich. Mir war gar nicht klar, dass ich zu sowas in der Lage war. „Ah, wunderbar.“, erwiderte die Dame und fuhr fort: „Ich muss auch aus der Stadt raus. Ich wohne hier nämlich gar nicht. War nur ein paar Besorgungen machen. Diana brauchte dringend neues Futter, das Alte mochte sie nicht mehr.“ Sie warf einen raschen Seitenblick auf ihr kleines Hündchen und bedachte es liebevoll. „Tja, nichts ist mir lieber, als mein kleiner Engel. Deshalb sind wir extra nach außerhalb gezogen. Diana liieebt das Land. Dort kann sie viel besser rumtollen, als hier und für meine Gesundheit ist es ja auch viel besser - weniger Smog und mehr Ruhe. Hach.“

So plapperte sie weiter. Zum Glück erwartete sie keine Antworten oder Kommentare meinerseits. Manchmal nickte ich oder machte ein zustimmendes Geräusch und das schien ihr voll und ganz zu genügen.

Nach einer Weile - ich hatte wirklich keine Ahnung wie viel Zeit vergangen war - unterbrach ich sie und deutete auf eine imposante Auffahrt. „Dort können Sie mich rauslassen.“ „In Ordnung, mein Kind“, krächzte die Alte daraufhin und lenkte ihren Wagen vor das verschlossene Tor. „Wow, ganz schön dekadent.“, sie pfiff beeindruckt durch die Zähne. „Mir ist ja das einfach Leben lieber. Diana und ich brauchen nicht viel. Kleine Zwei-Zimmer-Holzhütte. Natürlich in bester Lage und mit großem Grundstück.“

„Aha.“, erwiderte ich nur und stieß die Tür auf. „Danke für's Mitnehmen.“, fügte ich relativ emotionslos hinzu, da sagte sie noch etwas, was mich aufhorchen ließ. „Ach Kindchen, gerne doch, aber lächle mal wieder. Der Kerl ist es bestimmt nicht wert und in deinem Alter kommt bald der Nächste. Und ob der es dann wert ist, bleibt auch noch abzuwarten.“ Ich warf ihr einen sichtlich verwirrten Blick zu, aber sie grinste nur schief, zog die Beifahrertür von innen zu und brauste davon. Einen kurzen Moment blieb ich noch stehen, dann zwängte ich mich durch das schmiedeeiserne Tor, das die Auffahrt zu Lovins Villa versperrte. Die Eisenstäbe waren weit genug auseinander, sodass ich einfach hindurch steigen konnte. Ich sah noch Licht in den Fenstern, nicht eines war dunkel. Das kam mir bescheuert vor. Warum sollte jeder Raum beleuchtet sein? Es gab mehr als ein Zimmer, in dem sich im Grunde nur ein Sofa befand. Als ich einige Schritte getan hatte, aktivierten sich auch die Laternen und tauchten die riesige Auffahrt in helles Licht. Ich seufzte und wappnete mich schon mal gegen einen Schwall von Beschimpfungen von Lovin und eine erleichterte Heulattacke von Vanilla. Und es kam, wie ich es prophezeite; zumindest fast.

Die Haustür wurde aufgestoßen und Vanilla rannte mit hochrotem Gesicht auf mich zu, gefolgt von Lovin, der mich finster musterte. Allerdings konnte ich auch bei ihm einen kleinen Hauch Erleichterung erkennen. „Oh, Choco.“, jammerte Vanilla und fiel mir um den Hals. „Wo warst du denn, ich war soo in Sorge. Ich dachte, man hätte dich entführt, dir was angetan!“ Ich drückte sie auch leicht und zog sie dann mit mir Richtung Haustür. „Ich hatte einfach nur die Zeit vergessen.“, wiederholte ich die halbherzige Entschuldigung aus meiner SMS. Der aufgebrachte Lovin scheuchte uns ins Haus und schloss die Tür hinter uns. Vanilla hatte sich mittlerweile von mir gelöst und mir dann ganz fürsorglich meine Tasche abgenommen. Anschließend eilte sie in die Küche und kam mit einer dampfenden Tasse Tee wieder heraus – Schoko-Himbeer, lecker – die sie mir sofort in die Hand drückte. Dankbar nahm ich das Getränk entgegen. Es war zwar nicht richtig kalt draußen, aber schon noch ein wenig frisch, wenn man nur in Schuluniform auf einer Bank im Freien einnickte.

Wider Erwarten ließ Lovin keine Schimpftirade auf mich los. Anscheinend sah ich wirklich zerknirscht aus. Die alte Frau eben hatte das ja auch schon bemerkt. Nun gut, wer konnte mir meine Abgeschlagenheit schon verübeln, schließlich hatte ich erst kürzlich sechs Jahre geschlafen und jetzt prasselten so viele neue Dinge auf mich ein; neue und alte. Ich war wirklich dankbar, dass Lovin nicht auch noch über mich herfiel. Dabei hätte ich alle meine neuen Kleider darauf verwettet, dass er mir die Hölle heiß machen würde. Ich war fest darauf eingestellt gewesen. Aber heute noch ein Streit? Darauf hatte ich gar auch so gar keine Lust.

Zu dritt setzten wir uns auf die Couch im Salon. Lovin wollte etwas besprechen und bei mir kehrte wieder ein flaues Gefühl in der Magengegend ein. Er wirkte wirklich ernst. Wie so oft schlug er die Beine übereinander und legte seine Fingerkuppen aneinander. Sein Blick glitt zwischen Vani und mir hin und her. Er wirkte fast ein wenig lauernd. Vielleicht war ich ja doch noch nicht aus dem Schneider. Sein Schweigen zog sich in die Länge und ich hatte das dringende Bedürfnis, ihn zu schütteln. Doch bevor ich noch verrückt werden konnte, begann er mit ruhiger, aber sehr ernster Stimme: „Es gibt nämlich Neuigkeiten für euch, überaus wichtige Neuigkeiten.“



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