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Nach der Stille

kommt der Sturm?
von

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Aufbruch

Noch mit dem Handy am Ohr stürmte ich aus meinem Bett zum Fenster und riss die Gardinen zur Seite. Und meine größte Befürchtung bewahrheitete sich, mein kleiner Schimmer von Hoffnung löste sich in Luft auf. Was ich sah, wird mir mein Leben lang im Gedächtnis bleiben. Leere Straßen durch die der Wind fegte, mitten auf der Straße stehende Autos, die menschenleer waren, tote Ampeln und Lichter, denen der Strom entzogen worden war. „Was...?“ Meine Augen weiteten sich, als ich die Kleidungsstücke sah, die überall auf dem Boden verteilt waren. Als wären alle Menschen auf einmal verschwunden waren und alles was sie zurück ließen, wäre ihre Kleidung. Ihre Kleidung, die auf der Stelle in sich zusammengesackt war, ohne den sie stützenden, menschlichen Körper.

„Jay...was... was ist hier passiert?“ Meine schwitzigen Hände konnten das Handy kaum hoch halten. „Ich weiß es nicht. Als ich aufgewacht bin, war es schon so. Ich dachte schon, du wärst auch...wie alle anderen...“ Alle anderen waren fort, verschwunden, hatten sich an Ort und Stelle aufgelöst. Nur wir nicht. Warum nicht? „Mir geht es gut. Aber warum...?“ Weiter kam ich nicht, denn Jay sprach mir aufgeregt dazwischen „Das Netz bricht zusammen! Ich versteh dich nicht kaum noch. Bleib wo du bist, ich komme so schnell wie möglich zu dir!“ „Warte! Wir sehen uns schneller, wenn wir uns auf der Hälfte der Stelle treffen! Ich gehe zum `Blue Pegasus´! Warte dort auf mich!“ schrie ich in den Hörer, aber die einzige Antwort, die ich bekam, war ein lautes Piepen.

Das war`s. Jetzt, wo das Netz nicht mehr da war, konnte ich keinen Kontakt mehr zu ihm aufbauen. Und kein Kontakt zu ihm ist in so einer Situation fatal. Hatte er meinen letzten Satz überhaupt gehört? Wenn ja, würde er am `Blue Pegasus´ auf mich warten und wenn nicht, käme er hierher zu mir nach Hause. Ich lebte in einem kleinen Apartment mitten in der Stadt, 2 Ecken weit entfernt von meiner Universität. Ja sicher, in der einsamen Hütte meines Vaters hatte ich nie eine Schule besucht. Aber da ich die Intelligenz meines Vaters geerbt hatte, hatte er mir alles zu Hause beibringen können. Und hier in der Stadt hatte ich dann mein Abitur nachgeholt und

mich in der Uni für Naturwissenschaften eingeschrieben. Denn ich sollte laut meinem Vater sein Projekt weiterführen. Aber er hatte mir weder erzählt um was für ein Projekt es sich handelte noch hatte ich Nerv darauf, für den Rest meines Lebens in einer einsamen Hütte zu forschen. Ohne jeglichen sozialen Kontakt. Vielleicht würde meinem Vater das nichts ausmachen aber mir schon. Und deshalb war ich auch nicht wirklich oft zu den Vorlesungen gegangen.

Ich versuchte mich zu beruhigen und mir einzureden, dass es für all dies eine vollkommen natürliche Erklärung gab. Ich suchte eine, kam aber zu meinem Bedauern zu keinem Ergebnis. Es musste einfach eine Erklärung geben! Vielleicht war sie ja so einfach, dass sie mir nicht einfiel? Aber die Stille, die seltsam drapierte Kleidung und das zusammengebrochene Netz ergab für mich keinen Sinn. Was war nur passiert?

Ich schaute auf den Display meines Klapphandys, aber es gab noch immer kein Netz. Mit einem tauben Gefühl in den Beinen schritt ich zu meinem Kleiderschrank, klappte die Türen auf und suchte mir sichere, bewegungsfreie aber dennoch warme Kleidung heraus. Welch ein Glück, dass ich in meinem früheren Heim immer gejagt und so für unser Überleben gesorgt hatte. So hatte ich noch heute genug geschmeidige Hosen, Jacken und Oberteile im Schrank. Das Gefühl in meinem Bauch sagte mir, dass es Zeit war, mal wieder in solche Kleidung zu schlüpfen. Und nach reiflicher Überlegung wählte ich eine lange Hose aus dickem grünen Stoff und ein Oberteil, das mit 3 Taschen ausgestattet war und violett gefärbt war. Darüber zog ich eine braune Jacke mit wollenem Futter. Aus der hintersten Ecke meines Schrankes zog ich einen länglichen, früher beigefarbenen Karton. Heute war er eingestaubt und nahm dadurch ein seltsames Matschgrau an. Ich pustete den Staub vom Deckel, aber weil die Schicht zu dick war, musste ich sie mit meinen Fingern wegwischen. Ich hatte diese Kiste seit meinem Umzug nicht mehr geöffnet. Als ich den Deckel abhob erblickte ich zwei perfekte Lederschuhe. Das Braun war mit der Zeit dunkler geworden, aber das tat ihren Aussehen überhaupt nichts. Und auch wenn das Futter durch das viele Tragen schon abgenutzt war, liebte ich diese Schuhe doch über alles. Bequemere hatte ich meine Lebtag nicht getragen. Mir bedeuten diese zwei Schmuckstücke unendlich viel. Wie viel Zeit ich damit verbracht hatte sie anzufertigen! Stunden voller Tränen, Schweiß und Blut.

Ich schlüpfte in meine Lieblingsschuhe und testete ihren Sitz. Immer noch perfekt, bis auf den Aspekt, das sie mir langsam ein wenig zu schmal wurde. Aber Leder dehnt sich ja für gewöhnlich.
 

Bei einem erneutem Blick aus den Fenstern von der 4.Etage auf die Straße fuhr mir ein Schauer über den Rücken. Diese toten Straßen ohne jegliches Geräusch waren fremd und beängstigend zu gleich. Der Wind pfiff durch die Gassen und Kreuzungen, an meinem Fenster vorbei. Einzelne Papierblätter flogen an mir vorbei, unten an der toten Straßenlaterne flatterte ein verlorener Seidenschal, bis eine andere Brise ihn losriss.

Betrübt starrte ich durch das Glas, dem Sonnenaufgang entgegen. Ich musste mich zusammen reißen! Mein Leben sichern! Sonst würde ich es, sollte dies kein harmloser Alptraum sein, nicht lange schaffen. Ohne Strom, Gas und auch fließend Wasser würde jeder auf kurz oder lang sterben. Aber ich hoffte, dass es für mich keine große Schwierigkeit werden würde, schließlich war ich mit Überlebensmethoden groß geworden. Aber in einem Wald, nicht in der Großstadt. Wie sollte ich hier Tiere, geschweige denn Anbaufläche finden?

Ich versuchte mich zu beruhigen und befahl mir, Vorräte für die nächste Woche zu besorgen. Vielleicht machte ich mir schon viel zu viele Gedanken. Sicherlich gab hierfür eine harmlose Erklärung und in einer Stunde würde ich schon wieder über mich selbst lachen. Aber mein Herz schlug trotzdem hier und jetzt wie verrückt, mein Fluchtinstinkt meldete sich.

Nachdem ich meinen Rucksack mit lauter notwendigem Zeug so vollgestopft hatte, dass ich ihn kaum tragen konnte, stand ich vor einer Entscheidung: Voller Rucksack würde mir Rennen nicht erlauben, aber sollte ich auf notwendige Dinge verzichten, würde ich vielleicht bald in der Klemme stecken. Nach langem Hin und Her entschied ich mich gegen Rennen und für die schweren Sachen. Schließlich würde ich ja kaum vor irgendetwas fliehen müssen, nicht wahr?

Das Letzte, das ich vor meinem Verlassen meiner Wohnung noch tat, war mir einen Pferdeschwanz in mein feuerrotes Haar zu machen und meine Kette umzulegen, das einzige was ich von meiner Mutter noch hatte. Der Anhänger des Lederbandes bestand aus einer kleinen Kugel aus gebogenen Birkenzweigen. Und hinter diesen Flechtwerk konnte man einen Stein erkennen, mit seltsamen Zeichen bemalt. Ich hatte nie eine Antwort auf die Frage, was das für Zeichen wären, bekommen. Und meine Mutter hatte ich auch noch nie gesehen. Mein Vater hatte mir auch nie irgendetwas über sie erzählt. Manchmal hatte ich sogar geglaubt, dass ich keine Mutter hätte und von Außerirdischen abstämme. Was natürlich vollkommener Quatsch war.

Ich zog die Tür hinter mir zu und schloss sie aus Gewohnheit ab. Schnellen Schrittes stieg ich die Treppen hinunter, das `Blue Pegasus´ als Ziel in Gedanken, in der Hoffnung, dass ich dort auf Jay treffen würde.
 

Der einzige Mensch, der außer mir noch schien hier zu sein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das ist meine erste Fanfiction die ich hochlade. Vielen Dank an alle, die bis hierher gelesen haben :) Ich hoffe die Story gefällt euch, auf jede Rückmeldung freue ich mich. Auch über (konstruktive) Kritik. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2013-02-21T20:01:50+00:00 21.02.2013 21:01
Wouw. Guter Anfang, ich bin gespannt auf mehr.
Die Atmosphäre ist sehr mitreißend, ich konnte mir super vorstellen, wie die zwei sch fühlen und fand die Story bisher regelrecht realistisch, als ob das tatsächlich so passieren könnte.
Antwort von:  Staubmotte
22.02.2013 11:18
Eine Leserin *__* *freu* Schön das die Geschichte dir gefällt!! Wenn man Reviews bekommt, ist man gleich motivierter weiter zu schreiben. Vielen Dank!!
Ich habe versucht, die Geschichte möglichst logisch auf zu bauen. Der Grund für das Verschwinden ist auch schon ungefähr in meinem Kopf. Ich hoffe man kann dem dann folgen...
Ich werde versuchen den Rest der Geschicht kontinuierlich abzuarbeiten ^^


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