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Wenn du was zerstört hast...

...bau es wieder auf!
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Es ist wieder ein bisschen kurz geworden. Ich hab aber versucht, es trotzdem so gefühlvoll wie möglich zu machen und freu mich gespannt darauf, zu hören, wie es euch beim Lesen gegangen ist. Komplett anzeigen

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Ein Brief nach weit weg

Am nächsten Morgen ist alles wie immer. Jedenfalls zuerst.

In der Annahme, dass Itachi wie üblich vor mir aufgewacht ist und schon in der Küche steht, um uns wie jeden Tag in den letzten Wochen das Frühstück zu machen, stehe ich auf und wundere mich erst auf dem Flur darüber, dass es völlig still in unserer Wohnung ist. Keine zischende Pfanne mit Spiegelei und kein klapperndes Geschirr. In der Küche ist niemand.

Schlagartig fällt mir wieder ein, dass wir jetzt eine Frau im Haus haben. Aber auch von ihr ist nichts zu sehen. Schlafen die zwei etwa noch?

Von der Küche aus sind es drei Schritte bis zu Itachis Zimmertür. Nachdem er einige Rückfälle hatte, schließt er nicht mehr ab, damit ich, wenn es dazu kommt, schnell bei ihm sein kann.

Die Tür quietscht leise, als ich sie einen kleinen Spalt breit aufschiebe und ins noch dunkle Zimmer spähe. Die Rollläden sind zu. Offensichtlich schlafen Itachi und Konan beide noch. Das Licht, das vom Küchenfenster aus den Flur beleuchtet, fällt als schmaler Streifen in die Dunkelheit, quer über Itachis Bett.

Warum ich jetzt nicht einfach die Tür zuschiebe und mich um meinen eigenen Kram kümmere? Neugier, wahrscheinlich. Und der Gedanke, dass ich genau wie die beiden hier wohne und wir sowas wie eine Familie sind. Mein Bruder, seine zukünftige Frau und ich. Die Keimzelle, aus der ein neuer, stärkerer, nach all dem wirklich unbesiegbarer Uchiha-Clan wachsen wird. Wenn Mama und Papa erst wieder da sind. Und alle anderen…

Der Gedanke daran, meine Eltern bald wieder zu sehen, erfüllt mich mit Euphorie. Mir schießt irgendein Glücksstoff ins Blut und meine Lippen bilden von ganz allein ein Lächeln. Wenn Itachi jetzt wach wäre, würde ich ihm um den Hals fallen, mich wieder und wieder entschuldigen und ihm dafür Danke sagen, dass er die ganzen Jahre für mich durchgehalten hat.

Meine Hand schiebt die Tür fast von allein etwas weiter auf, der Lichtstreifen wird breiter und beleuchtet das Kopfteil des Bettes. Itachi lächelt im Schlaf, hat seinen Kopf an Konans weiße Schulter gelehnt und sein rechter Arm liegt auf ihr und der Bettdecke. Sonst ist nicht viel zu sehen, nur, dass beide wahrscheinlich nichts anhaben. Natürlich. Wenn ich da so an gestern Abend denke...

Es fühlt sich immer noch ein bisschen seltsam an, Itachi so mit seiner festen Freundin zu sehen, die er wahrscheinlich sogar heiraten wird. Aber ich werde mich dran gewöhnen. Und es fühlt sich gut an, nicht mehr so ganz allein für Itachis Glück und Gesundheit verantwortlich zu sein. So sehr ich auch bestrebt bin, so viel wie möglich bei ihm wieder gut zu machen: ich habe mich dabei hilflos und überfordert gefühlt. Eine ganze Nacht lang lag die Verantwortung mit ihrem ganzen Gewicht auf meinen Schultern. Jetzt ist Konan da und trägt sie mit. Und Itachi sieht glücklich aus. Da ist noch immer ein gewisser trauriger Zug auf seinem Gesicht, aber er sieht schon sehr viel entspannter aus als an seinem ersten Tag in dieser Wohnung.

Ich gehe in die Küche und schalte den Herd an. Heute werde ich mal versuchen, Frühstück zu machen. Kann ja wohl nicht so schwer sein, ein bisschen Rührei und Reis zu kochen.

Dachte ich.

Aber als sich das Ei gefährlich dunkel verfärbt und eine bedenkliche Rauchwolke über der Pfanne aufsteigt, während ich den Reis in den Dämpfer fülle und es schon anfängt, etwas verbrannt zu riechen, muss ich leider zugeben, dass Kochen längst nicht so einfach ist, wie es aussieht. Ich reiße das Fenster auf, versuche, das Ei zu retten und lasse den Reis stehen. Gerade, als das Ei zumindest noch zur Hälfte erhalten ist, macht der Reisdämpfer ein ziemlich alarmierendes Geräusch.

Ruhig bleiben, Sasuke! Du willst Itachi und seiner Freundin doch einfach nur ein Frühstück machen. Das wirst du ja wohl noch schaffen, oder?

Das Ergebnis ist mehr als armselig: weißer Matsch, der mal Reis war, und dunkelbraunes Rührei, das eigentlich gelb sein sollte.

Merkzettel an mich: ich kann nicht kochen.

„Sasuke?“, Itachi steht plötzlich hinter mir. Fertig angezogen, aber mit noch offenem Haar. So lautlos aufzutauchen, das kann wohl nur er.

„Tut mir leid…“, mehr fällt mir angesichts einer leicht verqualmten Küche und meiner miesen Kochkünste nicht ein.

„Wasnlos, Ita?“, fragt Konan aus dem Schlafzimmer.

Itachi lacht leise. „Sasuke wollte uns Frühstück machen.“

„Das ist ja süß! Aber warum riecht es hier dann so verbrannt?“

„Weil es ein Versuch war.“, antworte ich, zugegebenermaßen zerknirscht. Ich hatte mir schon vorgestellt, wie die beiden sich über mein selbstgekochtes Essen freuen würden.

Konan kommt, nur mit einem lila Seidenkimono bekleidet, in die Küche.

„Jungs, lasst mich da mal ran.“, sagt sie und macht den Kühlschrank auf, „Tofu, Yuba, noch mehr Ei und ‘ne Flasche Soyasoße…“

„Koco, ich…“

„Ja, Ita, ich weiß auch, dass du kochen kannst.“, erwidert sie und bindet sich die kinnlangen Haare mit einem schmalen Haargummi zusammen, „aber ich will jetzt das Essen machen.“

Zwanzig Minuten später, die Itachi und ich damit verbracht haben, am Küchentisch zu sitzen und zuzusehen, beziehungsweise zuzuhören, hat Konan aus meinem Rührei-Unfall, einem großen Stück Tofu und der Soyasoße ein vernünftiges Frühstück geschaffen, Tee gekocht und den Reismatsch zu Suppeneinlage für heute Mittag verarbeitet.

„Na, was sagt ihr dazu?“, fragt sie, als sie uns das Ergebnis vorsetzt.

„Riecht gut.“, antwortet Itachi, steht auf und gibt Konan mit einer schlafwandlerischen Sicherheit, bei der ich mich schon frage, wie blind er wirklich ist, einen Kuss auf die Wange.

„Kannst du wieder was sehen?“, frage ich, ein wenig hoffnungsvoll.

„Nein. Aber ich kenne sie.“

Schade. Es wäre so schön, wenn er wieder sehen könnte. Ich erinnere mich an eine Szene, die es früher jeden Tag bei uns zuhause gab: Itachi, der schon morgens, wenn ich in sein Zimmer kam und er noch im Bett lag, ein Buch vor der Nase hatte. Manchmal verschwand er tagelang hinter Büchern und die anderen Jungs in seinem Alter haben ihn dafür ausgelacht. Zumindest so lange, bis sie dumm genug waren, ihn herauszufordern.

„Gibt es irgendwas, das dafür sorgen könnte, dass du wieder sehen kannst?“

Itachi antwortet zuerst nicht, dann sagt er leise: „Mama könnte das.“

„Essen, Jungs!“, unterbricht Konan unserer sehnsüchtigen Gedanken an Mama.

Itachis Freundin gefällt mir immer besser. Sie macht meinen Bruder glücklich, übernimmt einen Teil meiner Verantwortung und rettet unser Frühstück. Außerdem ist sie hübsch und trotz ihrer offensichtlichen Verrücktheit ein guter Mensch. Sie passt in diese Wohnung, zu Itachi und mir.

Nach dem Frühstück kommt er in mein Zimmer und nachdem er eine Weile schweigend neben mir auf meiner Bettkante gesessen hat, nochmal auf das Thema „Mama und Papa“ zu sprechen:

„Sasuke, wenn du dich bereit fühlst… du kannst ihnen jederzeit schreiben, das weißt du, oder?“

Ob ich mich schon danach fühle? Ob ich Mama und Papa gegenübertreten kann? Nach zehn Jahren, in denen ich fest glaubte, sie seien tot?

„Ich weiß es nicht.“, antworte ich, „… und du?“

Itachi schüttelt den Kopf. Für ihn ist es mindestens genauso schwer wie für mich. Irgendwann müssen wir da durch, aber die Angst vor dem, was bei einem Wiedersehen mit unseren Eltern an Gefühlen hochkommen wird, sorgt dafür, dass wir uns beide nicht sicher sind, wann es so weit sein soll.

„Sie wissen noch gar nichts. Vielleicht spürt Mama, dass es uns beiden wieder gut geht, aber ich habe ihr noch nicht geschrieben.“, sagt er und erinnert mich damit daran, dass Mama fast genau so sensibel ist wie er. Ich hatte es tatsächlich fast vergessen.

Die Tränen springen mir von selbst in die Augen, ich stehe auf, wortlos, weil jedes Wort die Tränen fließen lassen würde, und gehe zu meinem Schreibtisch. In der rechten Schublade ist Papier, das man auch zum Briefeschreiben verwenden kann.

Itachi steht auf und geht hinaus. Als er die Tür hinter sich zu schiebt, fallen zwei Tropfen auf die Dielen und ziehen als runde, dunkle Flecken ins Holz ein. Warum ist es so schwer, Tränen offen zu zeigen?

Der Rest des Vormittags ist ein einziges Gefühlsdurcheinander. Ich sitze am Schreibtisch, vor mir ein Blatt Papier und in meiner Hand ein Stift mit deutlichen Knabberspuren an der Spitze. Blöde Angewohnheit.

Wie fängt man so einen Brief an? Wie schreibt man seiner Mutter, die man überzeugt für tot gehalten hat, dass sie zurückkommen kann, weil die Gefahr vorbei ist? Wie finde ich Worte, in denen sie den acht Jahre alten Sasuke wiedererkennt, den sie damals zurücklassen musste? Wie war ich überhaupt?

Fragen, auf die ich allein keine Antwort finde. Und das leise Gespräch nebenan scheint sich um dasselbe Thema zu drehen. Itachi versucht auch, einen Brief zu schreiben und weiß genauso wenig, wie er es anfangen soll. Aber er hat Konan. Ich bin allein mit meinen Gedanken.

"Liebe Mama…"

Nein, irgendwie geht das so nicht. Aber wie dann? Ganz ohne Anfang? Dann vielleicht so:

"Mama, ich bin’s, Sasuke, dein Sohn, den du vor zehn Jahren allein zurücklassen musstest. Ich wollte nur sagen, ich liebe dich, Mama und du kannst wieder nach Konoha zurückkehren."

Auch nicht gut.

Einfach das schreiben, was mir durch den Kopf geht?

Aber was geht mir durch den Kopf? Es sind Gedanken, kaum Worte, höchstens Wortfetzen, die nicht für Sätze taugen. Nicht greifbar und deshalb auch nicht aufzuschreiben.

Versuch es wenigstens, Sasuke!

Also gut. Ich schreibe alles auf, was mir einfällt. Versuche, meine Gedanken in Worte zu fassen.

"Mama, ich weiß, dass du lebst. Akatsuki gibt es nicht mehr und Itachi war eine Zeit lang im Gefängnis. Ich habe mit ihm gesprochen, zwischen uns ist alles wieder gut. Er ist sehr krank gewesen, aber Konan, seine Freundin, ist jetzt hier bei uns und kümmert sich um ihn. Wir wohnen zu dritt in einer kleinen Wohnung in Konoha und werden wohl alle rehabilitiert. Ich habe Freunde, ein tolles Team und will wieder zu diesem Dorf gehören. Mama, ich liebe dich, du hast mir so sehr gefehlt! Und Papa auch..."

Das Papier bekommt dunkle Flecken, die gleichen wie vorhin der Holzboden. Meine Tränen. Ich wische mit dem Hemdärmel über meine Augen. Mama…

Ich lasse das Papier liegen, lege mich ins Bett und bleibe dort unter der Decke, bis mittags Sakura mit Beilagen für unser Mittagessen vorbeikommt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Onlyknow3
2013-04-27T19:57:12+00:00 27.04.2013 21:57
Gefühle in Worte zu fassen ist manch mal leichter als sie aus zu sprechen,so ist es Nachvollziehbar das sich Sasuke schwer tut mit dem Brief.Jetzt kann es nur noch gut werden,Sasuke hat sich überwunden zu schreiben und seine Eltern werden sich freuen von Ihm und Itachi zu hören.
Weiter so,das ist ein sehr Emotionales Kapitel.

LG
Onlyknow3
Antwort von: Harulein
28.04.2013 11:13
Danke^^ ja, ich schreib am liebsten so gefühlvolle Sachen.
Von:  Sandra-Lavi-Bookman
2013-04-14T11:51:36+00:00 14.04.2013 13:51
hehe einfach genial :D
Sasuke und kochen, dass kann ich mir echt richtig gut vorstellen, so wie du es beschrieben hast.

Aww... Und wo er seiner Mamma einen Brief schreiben will :3
Das hast du einfach wieder einmal klasse gemacht ;)
Antwort von: Harulein
14.04.2013 14:06
Dankeschön!
Wenn ich fragen darf: wie fandest du denn die Kapitel davor?
Antwort von:  Sandra-Lavi-Bookman
14.04.2013 14:10
die waren auch wirklich sehr schön :)
Wie Sasuke sich für Itachi einsetzt und nach Konan sucht und sie nach Konoha bringt
das finde ich wirklich ganz toll ;)
Und ich hab sofort beim Lesen gemerkt, dass du da Pokemon mit drin hast, weil ich die auch alle kenne ^^


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