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The Darkside

von

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Wahrheit

~
 

Die Holzdielen knirschten bei jedem Schritt. Es war dunkel im Flur. Sasuke setzte seine Füße möglichst nah am Geländer um unnötigen Lärm zu vermeiden.
 

Im ersten Stock war die Tür zu Lees und Gaaras Wohnung nur angelehnt. Ein schmaler Streifen Licht klebte am Boden und zog sich bis zur gegenüberliegenden Seite des Treppenhauses. Sasuke blieb davor stehen, er streckte die Hand aus, tippte mit den Fingern gegen die Eingangstür und ließ sie lautlos nach innen aufschwingen. Wäre er gekommen um einzubrechen oder jemanden umzubringen, hätte man es ihm kaum leichter machen können. Ein spöttisches Schnauben starb irgendwo auf dem Weg zwischen Lungen und Nase.
 

Er sah sich um. Der Schrein mit Actionfiguren war uninteressant, also machte er sich auf den Weg, ein paar Zimmer zu durchsuchen um einen Bewohner zu finden. Hoffentlich nicht Lee...

Sein ästhetischer Anspruch litt sehr in dessen Gegenwart, und nicht auf die gute Art. Wie Gaara ihn ertragen konnte entzog sich für ihn jeder Logik. Aber vielleicht war man als Ex- Heroin- Junkie einfach vollkommen anspruchslos...
 

Nicht überall brannte Licht. Irgendwoher kam Musik und gedämpfte, lebhafte Stimmen. Er war im Flur aus den Schuhen geschlüpft- völlig unverschämt war er schließlich auch nicht- und strebte jetzt auf leisen Sohlen dem Geräusch zu. Was er fand war ein Wohnzimmer.
 

Ein gemütlicher Raum mit Flachbildfernseher auf dem irgendein Anime lief, mit einem recht benutzt wirkenden roten Ledersofa, dessen Rückenlehne zur Tür gerichtet stand und mit überladenen Regalen an den Wänden. Neben Comics standen links und rechts Bücher über Astrophysik und den Weg des Kriegers im alten Japan. Auf einer schwarzen Kommode in der Ecke leuchtete eine Lavalampe, in der unendlich zähe Tropfen entgegen der Schwerkraft flossen. Ein Stück davon löste sich, verdichtete sich in der heißen Farbflüssigkeit zur perfekten Kugel... und das war der Moment, in dem Sasuke Metall an der Kehle spürte.
 

Dass es Gaara war, wusste er sofort und die Erkenntnis ließ ihn ganz still halten.

Er hatte seine Anwesenheit nicht bemerkt, es war völlig lautlos passiert und das vertiefte den Eindruck davon, dass irgendwo hinter der sonderbaren Erscheinung eine unheimliche, dämonische Kraft lauern musste, die selbst einen wie ihn als willkommenes Opfer ansah. Das Metall an seinem Hals war nur ein Löffel-... aber die Haltung der Hand und der Druck links vom Kehlkopf verrieten deutlich, dass dem Körper des Anderen die Bewegung vertraut war.
 

Aus den Augenwinkeln zur Seite blinzelnd sah er tiefrote Zaushaare, schwarz bemalte Augen und eine unheimliche Art von Hunger in dem blassen, dünnlippigen Grinsen. Gaara schob den Kopf etwas näher zu seiner Schulter.
 

„Fakt ist“, raunte er mit seiner gleichmäßigen, leicht belustigten Stimme und sein heißer Atem schickte kleine Spritzer Adrenalin in Sasukes Blutbahn,
 

„Für ein hohes Tier im Untergrund bist du erstaunlich leicht auszuschalten“
 

Gegen den Druck des Löffels gab Sasuke ein hohles Lachen von sich, das etwas gepresst klang,

„Weil ich mich gegen einen Hundefrisör und seinen Müslilöffel nicht ernsthaft wehre?“
 

Gaara ließ seinen Griff langsam locker und gab ihn frei.

Er warf ihm einen Blick aus dunkel umrandeten Augen zu und stocherte voller Zufriedenheit mit dem Löffel in der Schüssel mit Cornflakes, die er im anderen Arm gehalten hatte, während er das Sofa ansteuerte.
 

„Willst du auch Frosties?“, bot er an.
 

Sasuke rümpfte die Nase. „Nein danke“
 

„Hmm...“, Gaara ließ sich auf dem Polster nieder und zog die Beine in den Schneidersitz, um sich in den weichen Untergrund zu schmiegen und langsam blinzelnd seinen Blick wieder zu dem Besucher zu wenden, „Was bringt dich hierher? Suchst du Geld?“
 

„Tze“

Sasuke schnippte ihm mit verächtlicher Miene die Scheine ins Gesicht, die er in seiner Hand hatte.

„Vergleich mich nicht mit Abschaum wie dir. Ich bezahle euch“
 

Gaara schob sich einen großen Löffel Cornflakes in den Mund und beäugte das wie welke Blätter herabwirbelnde Papiergeld mit vagem Interesse.
 

„Damit wäre das wohl geklärt... Ich hab euch nicht darum gebeten, euch einzumischen“, mit einer ungeduldigen Kopfbewegungen warf Sasuke Strähnen seines langen Ponys aus den Augen,

„Ab sofort gehen wir wieder getrennte Wege. Wir kennen uns nicht und haben nichts miteinander zu tun, klar?“
 

Leises Mahlen von Maisflocken zwischen Backenzähnen mischte sich unter die gedämpften Stimmen aus den Lautsprechern des Fernsehers. Gaara hob die Augen, sah Sasuke unverwandt an. Er hielt den Blick, schob mit dem Löffel langsam aufweichende Cornflakes durch grellweiße Milch und legte dann etwas den Kopf schief.
 

„Schon komisch“, sagte er vor dem nächsten Bissen und leckte sich einen Milchtropfen vom Mundwinkel, „Dass du gestern das erste Mal im Darkside warst, meine ich. Irgendwie ist das... komisch, wenn man so drüber nachdenkt“
 

Sasuke hob herablassend eine Augenbraue.

„Ich kann gehen, wohin ich will“
 

„Schon“, Gaara widmete seine volle Aufmerksamkeit wieder dem Ertränken hilfloser Cerealien,

„Ich meine bloß... das Darkside war ja nicht immer nur ein SM- Club“
 

In der Ecke blubberte lautlos die Lavalampe.

Gaaras Backenzähne zermalmten mit Milch vollgesogenen Maisbrei. Und Sasuke streckte die Hand aus, um mit einem Arm an der Sofalehne Halt zu finden. Das „nur“ war reichlich unnötig, fand er. Als ob ein Swingerclub für brutale Sexspielchen nicht schon krass genug wäre... woher wusste der Kerl überhaupt etwas darüber?
 

„Was soll es denn sonst gewesen sein?“
 

Diese ständige Andeuterei ging ihm auf die Nerven.

Der Kerl im Fitnessstudio... hatte der nicht auch schon kryptische Bemerkungen gemacht?
 

„Das Zentrum“, Gaara leckte den Löffel ab.
 

Sasuke spürte seinen Geduldsfaden gefährlich dünn werden.

„Wovon verflucht nochmal redest du?“, zischte er.
 

„Mmh...“, jetzt sah Gaara ihn wieder an. Dieser tiefe Blick aus Augen die aussahen, als ob man darin das Innere seiner Schädeldecke sehen konnte.
 

„Hast du den Begriff „Akatsuki“ schon einmal gehört?“
 

Eine fräsende Motorsäge... Dunkelheit. Kreischen in Todesangst. Blut. Blut, eine Menge Blut.

Sasuke blinzelte irritiert und versuchte mit leichtem Kopfschütteln die Bilder loszuwerden die auf ihn einstürzten.

Ein Video von einem an Haken aufgehängten Körper. Das zur Totenkopffratze geschminkte Gesicht eines irren Mörders. Ein Symbol- die rote Wolke auf schwarzem Grund. In Orochimarus Versteck hatte er eine ganze Festplatte voll übler Hinrichtungsfilme gefunden. Wackelig, mit Handykamera aufgenommen.

Und irgendwie damit verknüpft war die undeutliche Erinnerung an das Wort: Akatsuki. Ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, dachte er. Erpressungsmaterial.
 

Mit unverholenem Interesse starrte Gaara ihn an, als könnte er durch die Pupillen seiner Augen in ihn hinein blicken. Sasuke schüttelte den Schauder ab und runzelte leicht die Stirn:
 

„Das... ist ein Name für ein früheres Bündnis... ein riesiges, altes Kartell, bevor Orochimaru sein Gebiet erweitert und andere Bosse ausgeschaltet hat“
 

Gaaras belustigte Miene verzog sich zu einer grinsenden Fratze. Sein Lachen klang glucksend und hell.

„Ist das seine Version, ja?“
 

Sasuke biss die Zähne zusammen. Da war wieder diese Ahnung von dem Gefühl, dass der Boden schwankte. Irgendetwas geriet aus den Fugen. Das gefiel ihm nicht.
 

„Er hat sein Gebiet nicht erweitert", sagte Gaara zu ihm, "Er wurde ausgeschlossen. Weil er das Darkside verloren hat. Es war immer schon ein SM- Club, aber ab und zu war es auch ein Hauptquartier... ein Sammelpunkt für die Mitglieder. Die Pforte zur dunklen Seite der Stadt."
 

Einen Moment brauchte Sasuke, um langsam zu blinzeln, bis die Bedeutung der Worte über das Trommelfell wirklich ins Hirn gesunken war. Was zur Hölle-...?
 

"Der SM- Club war dazu da um ihr Geld zu waschen", fuhr Gaara unbeeindruckt fort, "Bis heute gibt es hier keinen anderen, eine Menge mehr oder weniger normaler Leute waren dort... aber der wirkliche Spaß ging los, wenn die Gesellschaft geschlossen war... du hast die Bühne gesehen? Dort, wo heute die Bühne ist, konnte man früher die Bretter wegschieben... dann war dort eine Grube."
 

Gaaras Augen glitzerten,

"Das war die Arena... und Orochimarus Lieblingsspiel. Gewinnst du, gewährt man dir einen Wunsch. Verlierst du, wird dir etwas weggenommen... ein Körperteil... deine Würde... dein Leben... meist hat das Publikum mitentschieden, was mit dem Verlierer passiert... Möglichkeiten um kreativ zu werden, gab es ja wirklich genug“
 

Sasuke spürte das zittrige, getriebene Gefühl wieder kommen. Das Gefühl, dass er Macht brauchte. Mehr Macht. Viel mehr. Seine Finger gruben sich in das Polster. Es fühlte sich nass an vor Schweiß.
 

„Ein Sieg in der Grube war immer der nächste Schuss für mich", flüsterte Gaara tief in Gedanken, "Das war wahnsinnig guter Stoff... direkt von der Quelle. Ich hab nie wirklich etwas gespürt und immer gewonnen... Aber sie hatten nicht nur solche Leute. Jeder, der bei ihren Geschäften mitmachen wollte, musste sich in der Grube beweisen... manche wurden nicht freiwillig rekrutiert. Und das letzte Zwangsmitglied war ihr Fehler. Er wusste, dass sie ihn holen würden und er hat vorgesorgt, sein Verbündeter war der Einzige, der Orochimaru gefährlich werden konnte. Es kam zum Kampf, Orochimaru wurde zurückgeschlagen. Das „Paradise“, das Darkside und ein Großteil der Straße gehören heute nicht mehr zu seinem Gebiet. Damit hatte er nicht gerechnet. Und es hat ihm den Respekt bei den Verbündeten gründlich versaut. Er war besessen von der Idee, sich eines Tages alles zurück zu erobern... Es hieß, wer das Darkside kontrolliert, kontrolliert den Untergrund... Aber der neue Chef hat ein anderes Hauptquartier und die Räume dort unten sind düster. Es stinkt jetzt noch nach Blut in manchen von den Hinterzimmern. Leute wie du und ich, uns macht das nervös, da kann der Master noch so gut sein. Obwohl sie das meiste wirklich gut renoviert haben... Der ganze Eingangsbereich ist komplett umgebaut. Und der neue Slingraum ist schon toll... “
 

Gaara hob die Müslischüssel an dünne Lippen und trank süße Milch.

Sasuke stand da wie vom Donner gerührt und versuchte, das eben gehörte noch einzuordnen.
 

„Jedenfalls“, fuhr Gaara nachdenklich fort, „Die meisten anderen sind verschwunden und haben sich aus der Gegend zurückgezogen... wie eine Krake, der man einen Tentakel abhackt und die in ihrem Loch auf den besten Moment wartet, um wieder zuzuschlagen... aber es gab ja dann das kleine Kartell hier so wie es die letzten Jahre war, nur noch auf die Stadt und die Randbezirke begrenzt. Das hat die Grenzen verteidigt. Mit Kisame, Itachi und Orochimaru an der Spitze... aber... naja... wie man hört... ist das inzwischen auch Vergangenheit...“
 

Sasuke fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.

Er war sich sicher gewesen, einen so guten Überblick über den hiesigen Untergrund zu haben wie niemand sonst. Alles war perfekt gewesen. Er war niemand, der sich ohne Vorbereitung in Vorhaben stürzte. Seine lückenlose Information war ein wichtiger Teil seiner Überlegenheit-... und jetzt erfuhr er, dass es wesentliche Dinge gab, von denen anscheinend jeder dahergelaufene Freak besser informiert war als er! Alte Kartellbosse in der Nachbarschaft, von deren Kräften er keine Ahnung hatte-... Gladiatorenkämpfe als Aufnahmeritual-...
 

„Nein...“, verbissen schüttelte er den Kopf, „Das-... das kann nicht sein! Vor gestern Abend hat den Ort kein Mensch jemals erwähnt! Wenn er so wichtig war, wieso wusste ich nichts davon? Ich wusste sonst alles!“
 

„Tja... Hab gehört, er hat jedem persönlich die Zunge rausgeschnitten, der noch etwas davon erwähnt hat. Das Thema war sein Tabu. Und... wann bist du nochmal abgehauen...? Kurz danach? Als er so versessen darauf war, einen zu finden, der ihm eines Tages hilft, seine Herrschaft wieder voll herzustellen?“
 

Gaaras Grinsen bekam eine ganz andere Qualität. Er forschte in Sasukes Augen und eine fast kriminelle Belustigung über die Ratlosigkeit die er fand, übernahm seine Miene.
 

„Du hast nicht gewusst, dass Naruto das Darkside gut kannte, oder? Dass er bestimmt schon ein halbes Jahr lang immer wieder mit Kiba dort war, bevor der Kampf dort gewonnen wurde und er kurz darauf dich verloren hat? Ausgerechnet an Orochimaru? Wie alt wart ihr da, siebzehn vielleicht? Und gestern kommst du mit Kiba dorthin, das erste Mal, ohne den Hauch einer Ahnung auf was für schicksalsträchtigem Boden du dich befindest? Das ist doch...“, Gaara gluckste, ein hohes, merkwürdiges Lachen, „Einfach zu komisch, findest du nicht? Herrlich, geradezu... stell dir vor, Orochimaru hätte dir von seinem heimlichen Racheplan früher erzählt... hättest du Naruto dort unten dann umgebracht?“
 

Sein Grinsen zeigte zwei Reihen unheimlich schimmernder Zähne.

Sasuke wich zurück.
 

„Fakt ist“, flüsterte Gaara, „Du warst so ein Favorit von beiden, und keiner hat dir sein größtes Geheimnis verraten. Wie fühlt sich das an? Aber weißt du, vielleicht hat es ja auch nichts mit dir zu tun“
 

Als Sasuke bei seinem Weg durch den Flur zurück noch einmal über die Schulter blickte, sah er Gaaras Grinsen über der Sofalehne und die unheimlichen, reglosen Augen, die ihn verfolgten und ihn im Nacken kribbelten, schon als er ihn längst nicht mehr sah und nur noch die Stimme hörte, die ihm bis ins dunkle Treppenhaus hinaus nachklang:
 

„Vielleicht nennen sie es einfach nur deshalb... die dunkle Seite“
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  jyorie
2014-02-06T15:41:20+00:00 06.02.2014 16:41
Hey ^ ͜• ^

Awwwa ... XD ich fand es sooo cool, wie sich Gaara an Sasuke
herangeschlichen hat ... *lacht* und dann war die „erstzunehmende
Bedrohung“ nur ein Frosties futternder Gaara mir Löffel *kichert*

Man – oh – man, das sind ja Hintergründe die da in den Katakomben
des Darkside liegen und das Sasuke es nicht mitbekommen hat, was
Orochimaru da alles angezettelt hat – Hammer, das ihm so etwas ver-
borgen geblieben ist. Das es eine Arena mit „Gladiatoren“ war und
das Zentrum des Kartells.

CuCu Jyorie



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