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Leben und Lieben

von

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Ich bin nicht allein

Achtung, das Kapitel ist noch NICHT korrigiert und strotzt deshalb voller Fehler und einer falschen Zeitform! Wird in den kommenden Tagen korrigiert.
 

*
 


 

Er hatte gesagt ich solle ihn anrufen. Dieser Gedanke hing den ganzen Tag schon unaufhörlich in meinem Kopf. Für einen Moment hatte ich sogar darüber nachgedacht wieder ein Telefon in die Hand zu nehmen und jemanden anzurufen.

Wie seltsam mir diese eigentlich vollkommen normale Tätigkeit vorkam. Millionen Menschen telefonierten jeden Tag. Stundenlang.

Und ich wagte es schon seit langer Zeit nicht mehr. Wo vor ich eigentlich Angst hatte wusste ich selbst nicht so genau, es war wie eine Art Zwang.

Zu viel Zeit um darüber nachzudenken ob ich es tun sollte. Zu wenig Zeit um es wirklich zu tun.

Ein weiteres Problem eröffnete sich mir zudem, nachdem ich tatsächlich in Betracht gezogen hatte ihn anzurufen.

Ich hatte seine Telefonnummer überhaupt nicht. Musste er wohl vergessen haben, so schnell wie wir uns verabschieden mussten blieb für so etwas keine Zeit. Ach was machte ich mir nur wieder vor!

Ich hätte es eh nicht gekonnt. Davon abgesehen das mir ein Telefon fehlte.

Die Tage verstrichen wieder, als hätte es sie gar nicht gegeben. Schon war wieder eine Woche herum ohne das es mir bewusst auffiel und wieder verfiel ich in meinen alten Trott. Zur Schule, dann zu Arbeit, wieder nach Hause.

In diese winzige, kleine Wohnung. Vorher vor meinem Briefkasten stehen. Minutenlang, um ihn dann doch nicht öffnen zu können.

Es zerfraß mich, aber ich konnte nicht aus meiner Haut. Immer lächeln, immer weiter gehen, immer allen sagen die es hören wollten es wäre alles in Ordnung.

Nur das es inzwischen Niemanden mehr gab der hören wollte das alles in Ordnung war.

Aber es war besser so, alles war in Ordnung.
 

Kira hatte ich seitdem nicht wieder gesehen, wahrscheinlich hatte er zu tun. Allein die Erinnerung, wie der Fremde in dem Auto Kira mitnahm verwirrte mich und ich hörte wieder das Kichern der Mädchen in meinem Kopf.

Ob er wirklich mit mir befreundet sein wollte?

Vielleicht hatte ich mir auch nur wieder falsche Hoffnungen gemacht. Eingebildete, falsch interpretierte Hoffnungen. Ich hatte jeden in meinem Leben schon vertrieben, warum sollte ausgerechnet so ein Sonnyboy meine Freundschaft wollen? Er hatte sich nicht gemeldet und ich hatte keine Telefonnummer.
 

Den ganzen Tag schon hatte es wie aus Eimern geschüttet und dicke Regentropfen prallten geräuschvoll von den dünnen Fenstern ab, während ich dem Wetter lauschte und im dämmrigem Licht wieder malte. Die Zeichnungen waren fahrig und ich fühlte mich unkonzentriert, trotzdem konnte ich nicht aufhören billiges Zeug zu kritzeln.

Der Amaretto schillerte in bronzenen Farben in einem Glas, das eine Handbreit von meinem Gesicht entfernt auf dem Boden stand.

Eigentlich hatte ich keine Lust etwas zu trinken, ich tat es immerhin schon viel zu häufig, doch es betäubte etwas meinen knurrenden Magen, der sich schon vor Stunden gemeldet hatte und meine umher schwirrenden Gedanken.

Es war das der letzte Schluck den ich noch der Flasche Amaretto entringen konnte und auch sonst war mein Kühlschrank sehr...wie hatte Kira es bezeichnet? Übersichtlich.

Ich wusste ich würde heute noch rausgehen müssen wenn ich was essen wollte. Der Supermarkt hatte noch bis 24 Uhr auf und da ich nichts in meiner Wohnung hatte außer dieses letzte Glas Amaretto musste ich zwangsläufig einkaufen gehen.

Frustriert strich ich mit meiner Hand durch mein ohnehin strubbeliges schwarzes Haar und schloss für einen Augenblick die Lider nur um wenig später wieder auf das Papier zu starren. Augen, überall dieselben Augen.

Egal wen ich versuchte zu zeichnen, alle hatten dieselben durchdringenden Augen, alle hatten das blonde Haar. Und alle hatten seine Lippen.

Ich sollte weniger trinken wenn ich zeichne, nahm ich mir fest vor und zerknüllte das Blatt. Vielleicht bildete ich mir die Ähnlichkeit auch nur ein. Wahrscheinlich glaubte ich nur das die Personen auf meinem Papier ihm ähnlich sahen. Vorsichtig schielte ich zu meinem Block, der seit dem Wochenende als Kira bei mir war noch immer an derselben Stelle lag. Unberührt.

Bedächtig nahm ich ihn nun in die Hände und blätterte nach kurzem Zögern das Deckblatt um.

Durchdringende, wilde Augen starrten mir entgegen. Blondes Haar lag mit feinen, sanften Strichen gezeichnet auf den Schultern. Ab da endete das Bild. Nur Kopf und Schultern.

Warum hatte ich ihn nicht komplett gezeichnet? Nun war es zu spät, wer weiß ob er sich je wieder zu mir verirrt.

Seufzend wollte ich schon wieder den Block zuklappen und beiseite legen, als mir etwas auffiel. Mit gerunzelter Stirn strich ich über die untere, linke Ecke des Bildes.

Dort waren Zahlen. Und ich konnte mich beim besten willen nicht erinnern sie dort hin geschrieben zu haben. Meine Augenbrauen zogen sich noch weiter zusammen. Das war doch nicht....

Doch. Eine Telefonnummer. Mein Herz schlug plötzlich bedröhnend laut in meiner Brust. Das war Kira. Es musste Kira gewesen sein, es war sonst niemand in meiner Wohnung. Und das würde bedeuten das hier war vielleicht seine Telefonnummer...?

Erschrocken klappte ich den Block zu und legte ihn neben mich, vergrub mein Gesicht in meinen Händen und atmete tief durch. Warum zum Teufel musste er mir seine Telefonnummer geben? Jetzt konnte ich mich nicht mehr damit herausreden keine zu haben. Verdammt.

Und warum machte ich mir nur so viele Gedanken darum? Es war nur eine Telefonnummer und ich war durch nichts und niemandem dazu verpflichtet dort anzurufen. Wenn er was von mir wollte würde er schon zu mir kommen.

Ich setzte mich auf und die Luft kam mir plötzlich so stickig vor, als hätte jemand geraucht.

Ich riss eine kleine Ecke von einem anderen Blatt ab, notierte die Nummer von Kira darauf und steckte den kleinen Zettel gedankenverloren ins Portmonee hinter einen gefalteten Flyer für irgendein gratis Getränk in irgendeiner Bar den mir vor ein paar Tagen eine Dame auf der Straße aufgedrängt hatte.

Ich würde nicht anrufen, aber es tat trotzdem gut zu wissen, ich könnte es.

Seufzend stützte ich meinen Kopf resignierend auf meine Hände ab. Dieser Kira brachte mich vollkommen durcheinander und ich wusste beim besten Willen nicht warum. Vielleicht war es einfach nur die selbst auferlegte Einsamkeit die ich mir bewahrt hatte und nun gestört wurde durch diesen Jungen. Vielleicht wurde ich auch einfach nur verrückt.
 

Mein Magen holte mich irgendwann wieder aus meiner Gedankenverlorenen Starre und ich biss mir auf die Unterlippe, während ich mich aufraffte und langsam meine Schuhe und Jacke überstreifte.

Es nützte nichts. Ich musste einkaufen gehen oder den Hunger mit Schlaf bekämpfen. Es wäre nicht das erste Mal, allerdings wusste ich das ich mich am nächsten Tag nur um so schlimmer fühlen würde. Der Schlaf besänftigte den Hunger, sogar noch am nächsten Morgen. Doch dann kam er immer mit aller Beharrlichkeit zurück. Nahrung war nun mal unentbehrlich und es kotzte mich an.

Die Nacht war frisch und feucht, denn es hatte den ganzen Tag schon leicht geregnet, weshalb ich die Kapuze meiner dünnen Jacke tief ins Gesicht zog und die Hände in die Taschen vergrub, während ich mich beeilte und meine Schritte auf dem nassen Bürgersteig klatschten.

Ich wollte so bald wie möglich wieder zu Hause sein solang der Regen eine Pause einlegte, denn entfernt konnte ich schon ein tiefes Grollen am Himmel hören das die nächste Regenwelle ankündigte.

Zwangsläufig musste ich wie immer an dem beliebten Club „Strandbar“ vorbei, doch aus der früheren Erfahrung heraus wechselte ich schon wie von selbst die Straßenseite. Pochende Musik drang aus dem Club und draußen standen ein paar Jugendliche um zu rauchen.

Ich versuchte nicht hin zu sehen und wurde von selbst einen Schritt schneller, als ich aus dem Augenwinkel sah, wie sich eine der rauchenden Gestalten zu mir umdrehte. Flüsternde Stimmen, Wortfetzen die ich von der anderen Straßenseite nicht verstehen konnte wurden ausgetauscht und plötzlich wehte eine mir sehr bekannte Stimme entgegen. „Hey, Pissnelke!“, rief Alex höhnisch. Etwas in meiner Brust zog sich unvermittelt zusammen und Panik kroch meine Wirbelsäule hinauf. Sie standen dort zu dritt, Alex und Chris aus der Schule erkannte ich sofort, aber der Dritte war mir unbekannt. Er sah älter aus und beobachtete die Szene recht schweigsam, während die anderen beiden mir hinterher pfiffen und mit Beleidigungen um sich warfen, als würden sie Flyer verteilen.

„Satan! Grüß die Untoten schön und geh dich mal waschen.“

„Wir sollten ihm die Haare abschneiden, haha!“

Ich hörte noch weitere Gesprächsfetzen und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Da vorne könnte ich endlich um die Ecke verschwinden und weitere zwei Straßen weiter wäre der Supermarkt.

Erst als ich im grellen Licht der Lampen des Marktes stand konnte ich wieder vernünftig durchatmen und ich merkte das meine Hände ganz klamm waren. Warum mussten sich diese Typen nur ausgerechnet diesen Club aussuchen.

So nah an meiner Wohnung. Ich sollte umziehen.

Ja, das sollte ich wirklich.

Ich ließ mir so viel Zeit wie ich nur konnte ohne lächerlich zu wirken und stand wenig später wieder vor dem Laden, vor mir die Nacht und hinter mir das künstliche,grelle Licht des Supermarktes.

In meiner Hand hielt ich ein paar Centstücke, das letzte Bargeld das ich noch besaß, und steckte es in die Hosentasche.

Diese letzte Woche würde knapp werden, aber ich hatte schon schlimmeres durchgestanden. In meiner Tasche hatte  ich ein frisch gekauftes Weißbrot und etwas Belag das mich die nächsten Tage über die Runden bringen würde.

Die Nacht war nun fast unmerklich etwas kälter geworden als vorhin und ich vergrub meine Hände tief in die Taschen.

Dieses mal stand zu meinem unverschämtem Glück niemand vor dem Eingang des Clubs und rauchte, so das ich schnell vorbei huschte und dabei den Atem anhielt. Meine Schritte kamen mir unheimlich laut vor in der leeren Seitenstraße durch die ich jetzt ging.

Ein paar Häuser noch und ich wäre wieder in meiner Wohnung nur eine dunkle Vorahnung oder zumindest ein seltsames Gefühl saß in meinem Nacken und arbeitete sich ungewollt durch meinen Körper.

Wurde ich verfolgt?

Ich schloss im Gehen einen Moment die Augen um mich wieder zu beruhigen.

Hier war niemand, nur ich. Kein anderer. Ich war alleine. Ganz sicher. Oder?

Der Mond war zu schwach um die Straßen ausreichend zu beleuchten und die feuchte Luft machte das alles noch schlimmer. Ich fühlte mich gehetzt, mein Herz schlug dröhnend und so fuhr ein schock durch meinen Körper als kräftige Arme mich plötzlich von hinten packten und mir die Kapuze und die Tasche herunter rissen.

Eine fremde Hand erstickte mein erschrecktes Keuchen und alle Muskeln verkrampften sich schmerzhaft in meinem Körper. Wie eine Maus in den Krallen der Katze.

Warmer, nach Alkohol stinkender Atem streifte mein Ohr.

„Bleib schön ruhig mein kleines Vögelchen.“

Er lachte dunkel und ich spürte eine feuchte Zunge die über meinen Nacken leckte. Übelkeit kroch mir den Hals hinauf und mein Magen verkrampfte sich vor Angst.

Atmen. Ich musste Atmen.

Diese Stimme kannte ich nicht und gerade das verursachte eine unvorstellbare Panik in mir.

„Gut so, schön leise sein.“ Wieder spürte ich seine Zunge, die Lippen und dann fuhr eine gierige, große Hand unter meine Jacke.

„N-nein, bitte...“, wimmerte ich undeutlich in die Hand auf meinem Mund.

„Nein...“

Verzweifelt drückte ich ihn mit zitternden Händen fort, doch er lachte nur, griff meine Handgelenke und drückt mich gegen eine raue Hauswand. Der kalte Stein schrammte über meine Wange und die Hand verschwand von meinen Lippen. Ich wollte schreien, rufen. Irgendetwas. Doch ich fühlte mich wie gelähmt. Mein Mund formte stumm die Worte, aber mehr als ein Krächzen gegen die feuchte Mauer brachte ich nicht zustande.

„Hmm, du bist ja richtig süß. Als Alex von dir erzählte hatte ich dir mir anders vorgestellt. Welch angenehme Überraschung.“ Wieder wanderte eine seiner schwitzigen Hände unter die Jacke und ich zuckte zusammen als er mir über den Bauch strich, höher fuhr und in meine Brustwarze kniff. Diesmal war mein Keuschen kehlig und hoch.

„Mach das nochmal, ich will deine Stimme hören. Ja, genau so. Hmm...das gefällt mir mein kleines Vögelchen.“, er lachte wieder, seine Hüften pressten sich von hinten gegen meinen Hintern und sein widerlicher Atem trieb mir die Tränen in die Augen.

Oh Gott, bitte tu mir das nicht an!
 

Mein Kopf war leer. Vollkommen leer. Ich weiß nicht wie lange ich schon auf dem Boden lag, es kam mir vor wie Tage. Irgendwann kroch die Kälte so unaufhörlich in meine Glieder das ich das Zittern nicht unterdrücken konnte. Ungeschützt lag ich auf der Seite, eingerollt wie ein Embryo mitten auf dem verschmutzten Gehweg in einer dunklen Seitenstraße.

Schmutz. So viel Schmutz war auf mir und in mir. Ich fühlte mich dreckiger als dieser Weg auf dem ich lag. Einige dunkle Haarsträhnen klebten mir im Gesicht, feucht von Tränen die ich vor Stunden vergossen hatte und die  auf der wunden Haut schrecklich gebrannt hatten.

Atmen, einfach weiter Atmen.

An was anderes wollte und konnte ich nicht denken. Ich war alleine. Diesmal wirklich, und trotzdem roch ich in meiner Erinnerung wieder seinen stickigen, fauligen Atem, spürte diese haarigen Hände mit den kurzen, dicken Fingern und hörte seine Stimme als wäre er noch hier.

Fass ihn an! Los mein Vögelchen, fass MICH an oder ich werde dich wieder bestrafen müssen.

Mein Magen krampfte und mit einem leisen Stöhnen übergab ich mich schon zum zweiten mal an diesem Abend auf den Boden.

Ein feiner Nieselregen setzte ein, legte sich wie eine Decke auf meinen Körper und die Feuchtigkeit verstärkte die Kälte in meinen Gliedern nur noch mehr. Am Himmel zog ein Blitz durch die Wolken.

Mit einem Mal war die Straße kurz hell erleuchtet, als der Donner folgte schloss ich die Lider.

Bald würde es zu regnen anfangen, und zwar richtig. Und dann sollte ich lieber nicht mehr hier liegen, auch wenn die Vorstellung einfach nichts zu tun herrlich klang. Mit trüben Augen versuchte ich mich umzusehen, zuckte wider zusammen als ein brennender Schmerz durch meine Hüfte zog.

Dort vorne in der Dunkelheit war etwas...etwas an der Wand. Etwas glänzendes....ein öffentliches Telefon! Mit stockte der Atem. Ein Telefon.

Ich keuchte vor Schmerzen, als ich mich aufsetzte, die Hose hochzog und an der Wand hoch stemmte.

Meine Hände gruben sich ins kalte Gestein und meine Finger schmerzten. Vorwärts gehen. Ich musste einfach gehen. Nur ein paar Schritte.

Es waren die längsten meines Lebens.

Nun stand ich vor dem Telefon, der Regen wurde allmählich stärker und lief mir übers Gesicht. Blinzelnd versuchte ich das Gerät mit den Augen zu fixieren, doch es verschwamm dauernd. Minuten vergingen und ich wartete, ohne zu wissen auf was.

Wen sollte ich anrufen? Die Polizei? Nein. Feuerwehr kam auch nicht in Frage denn das Geld für einen Krankentransport hatte ich nicht.

Der Regen rauschte so laut in meinen Ohren wie ein Wasserfall und langsam glitt meine rechte Hand in meine Hosentasche, holte das Portmonee heraus und dann starrte ich wieder Minutenlang auf einen kleinen Zettel in meiner Hand.

Kiras Telefonnummer.

Ich kniff die Augen fest zusammen um etwas zu erkennen, kramte nach meinem letzten Kleingeld und wählte.

Ich brauchte drei Ansätze ehe ich es schaffte die Nummer korrekt einzutippen, denn der Zettel verschwamm andauernd vor meinen Augen und der Regen durchweichte das Papier.

Sekunden verstrichen wie Minuten während ich dem Freizeichen lauschte,  wollte schon auflegen als plötzlich jemand dran ging.

„Hallo?“

Seine Stimme zu hören versetzte mir einen solchen Schock, dass ich nur mit aufgerissenen Augen dastehen konnte und kein Ton kam von meinen aufgeplatzten Lippen.

„Hallo? Jemand da?“ Ich blinzelte und zwang mich etwas zu erwidern.

„Kira...“, flüsterte ich schwach. Am anderen Ende wurde es kurz still, dann hörte ich wieder seine samtige Stimme.

„Darius, bist du das? Sag doch was.“, fragte er irritiert.

„Kira....ich...“ Ein Donnern am Himmel ließ mich zusammen zucken und ich keuchte auf vor Schmerz.

„Darius! Was ist los? Wo bist du?“ Der Hörer zitterte in meinen Händen wie bei einem Stromschlag.Offenbar war der Blondschopf nicht alleine, denn im Hintergrund hörte ich noch andere Stimmen und jemand fragte Kira wer da ist. Er hatte Besuch, war nicht allein. Natürlich.

Warum nur habe ich ausgerechnet ihn angerufen? Doch jetzt war es zu spät meine Entscheidung zu bereuen, denn ich hatte nicht genug Geld um jemand anderen anzurufen.

„Bitte....hol mich ab....bitte...“, meine Stimme war brüchig und Schluchzer schüttelten mich. Ich hörte wie Kira zischend einatmete.

„Oh Gott, Darius! Was ist passiert? Wo bist du?“

„K...kleinbeerenstraße...eine Seitenstraße nicht weit vom...Club...“

Mehr brachte ich nicht heraus, denn meine Stimme erstarb. Doch ich brauchte nicht mehr zu sagen.

„Ich komme.“, sagte er mit solcher Bestimmtheit was mich hoffen ließ.

Das Gespräch brach ab und eine Stimme im Hörer sagte mir das ich weitere Münzen einwerfen müsste, doch ich hatte keine. Nichts.

Ich konnte nur hoffen das er mich fand.

Mit leerem Blick glitt ich auf den Boden, denn ich konnte mich nicht mehr länger aufrecht halten, selbst wenn ich wollte. Aus einem Instinkt heraus rollte ich mich zusammen und wartete, während der Regen weiter auf mein Gesicht fiel und sich mit den Tränen vermischte.
 

Scheinwerfer blitzten durch die Dunkelheit, das Geräusch von einem fahrendem Auto holte mich aus meinem dämmrigen Schlaf und ich blinzelte angestrengt um etwas zu erkennen. Das Auto fuhr ein Stück an mir vorbei und bremste dann quietschend ab. Eine Autotür wurde geöffnet, dann kamen schnelle Schritte auf mich zu.

„Darius!“, rief jemand und diese Stimme fühlte sich wunderbar in meinen Kopf an. Er war wirklich gekommen, wegen mir! Einen kurzen Moment hatte ich nicht mehr daran geglaubt.

„Scheiße...psst, bleib ruhig und bewege dich nicht. Ich heb dich jetzt hoch.“, warnte er mich vor und weiche Hände griffen nach mir.

Arme hatten mich gepackt, hielten mich fest und raue Hände strichen über meine Haut wie Sandpapier.

„Nein“ Ich riss die Augen auf und keuchte, als die Erinnerung in meinem Kopf Gestalt annahm und mein Körper bäumte sich auf. Meine Arme schlugen heftig um sich, doch Kira redete mir zu, versuchte mich zu Beruhigen. „Ich bin es. Beruhig dich Darius. Ich tu dir nicht weh, ganz sicher.“ Er lächelte sanft auf mich herab und ich ließ mich in seine Arme fallen wie ein kleines Kind.

Sonderlich schwer war ich noch nie und trotzdem spürte ich den angestrengten Atem Kiras, während ich sanft hochgehoben wurde.

Plötzlich fiel mir noch etwas ein. „Meine Tasche“, flüsterte ich.

„Wo ist sie?“

Da ich keine Kraft für weitere Worte hatte deutete ich auf die Stelle wo meine Tasche noch immer im Dreck lag.

„Ich hol sie gleich.“

Die Polsterung vom Rücksitz fühlte sich weich und warm an, roch auch nicht unangenehm wie das Auto damals von meinem Vater, das immer nach Rauch stank. Die Wärme nahm zu, als etwas über mich gelegte wurde und ich fühlte das Leder von seiner Jacke, als ich mit den Fingern darüber strich. Die Autotür wurde geschlossen und es war kurz Still, ehe Kira wieder kam, meine Tasche auf den Beifahrersitz legte und wenig später fuhr der Wagen los.
 

Es war warm. So wunderbar warm das ein wohliger Seufzer über meine Lippen kam. Geräusche drangen an meine Ohren und ließen meine Kopfschmerzen schlimmer werden. Jemand war in meiner Küche, dachte ich benommen. Mit der Hand fuhr ich über den roten Stoff meines Sofas, hielt inne als ein Schatten über mir aufragte.

„Du bist wach.“ Er bückte sich und blaue Augen schauten mich besorgt an. Meine Hände krallten sich in den roten Stoff und ich spannte die Arme an. „Nein. Bleib liegen.“ Seine Hand legte sich auf meine Schulter, wurde aber sofort wieder weggezogen, als ich bei der Berührung zusammenzuckte.

„Entschuldigung. Ich...ich mach dir was zu essen.“ Kira senkte den Blick und stand auf.

„I...“ Ich fuhr mit der Zunge über die trockenen Lippen und versuchte es nochmal.

„Ich möchte gerne ins....Bad.“ Dann ein erneuter Versuch aufzustehen und diesmal wurde ich nicht aufgehalten.

„Soll ich dir helfen? Wie geht es dir?“ Noch nie hatte ich ihn so hilflos gesehen wie in diesem Moment und ich hatte beinahe das Bedürfnis ihn zu beruhigen.

„Es ist alles in Ordnung. Ich gehe nur duschen.“ Es war alles in Ordnung. Immer war alles in Ordnung. Wie sollte es auch sonst sein? Ich sagte es schon mechanisch, denn das waren doch die Worte die jeder hören wollte, wenn man gefragt wurde wie es einem geht. Es war immer alles in Ordnung. Während ich an der Haustür vorbei ins Bad schlurfte, meine Haltung behielt, kam mir der lächerliche Gedanke das ich diesmal nicht durch den Spion geschaut hatte, als Kira mich in meine Wohnung schleppte.

Das Wasser war heiß und brannte auf meiner geschundenen Haut, trotzdem genoss ich es in vollen Zügen. Spülte den Schmutz weg, spülte alles weg. Weg, weg weg. Am liebsten hätte ich mir die Haut vom Leib geschrubbt.

Meine Fingernägel waren eingerissen und blutig, weil ich mich verzweifelt an der Hauswand festgekrallt hatte während....

„Darius, ist alles ok? Du bist schon seit einer halben Stunde unter der Dusche.“

Kira holte mich aus meinen wirren Gedanken und hektisch drehte ich das Wasser ab, zog mir einen Schlafanzug über und kam mit nassen Haaren wieder aus dem Bad. Kira stand dort, sah mich besorgt an, machte den Mund auf um etwas zu sagen und schloss ihn wieder weil ihm wohl nichts einfiel. Stumm und leer fühlte ich mich, ging an ihm vorbei und ließ mich aufs Sofa sinken. Vor mir stand ein Stuhl aus der Küche und auf dem stand eine dampfende Suppenschüssel, doch ich ignorierte sie. Mein Magen rebellierte alleine bei dem Gedanken.

Das Polster sank etwas herab, als sich Kira neben mich setzte und nervös mit den Händen rang.

Diese Hände hatten mich getragen. Weiche Hände. Nicht so plump und behaart wie... schnell schob ich diesen Gedanken weit von mir.

Seine weichen Gesichtszüge drückten Sorge aus  aber auch viele Fragen. Gleich würde er danach fragen und mir zog sich alles zusammen. Oh Gott, wie könnte ich ihm jemals davon erzählen? Er würde es abartig finden. Er würde mich angucken wie einen geprügelten Hund. Wie ich diese Blicke doch hasste und ich wollte sie nicht sehen. Nicht von ihm.

„Bist du verletzt? Soll ich Verbände holen?“, er war schon halb aufgesprungen, als ich ihm beruhigend meine Hand entgegenstreckte. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ehrlich! Beim letzten Mal war es viel schlimmer, als sie mich schlugen.“ Ich lächelte aufgesetzt und gab mir die größte Mühe damit es echt wirkte. Nie könnte ich ihm erzählen was passiert ist, denn dann könnte ich ihm nicht mehr in die Augen sehen. Soll er ruhig denken Alex hätte mich wieder geprügelt. Es war besser so. Besser als die Wahrheit.

„Deine Hände!“, keuchte er erschreckt und griff nach meinem Handgelenk, während ich ihm weiter beruhigend entgegen lächelte.

„Warte hier, lass mich wenigstens Pflaster holen und etwas Wundcreme.“

Ich ließ ihn und starrte in den Raum hinein, während er meine Finger mit Pflastern übersäte und die Creme meine Haut angenehm kühlte.

Es war schon wirklich spät, doch egal wie oft ich es erwähnte, Kira wollte nicht gehen. Seine Nähe engte mich ein und ich bekam langsam das Gefühl zu ersticken. So wie ich mich immer fühlte wenn Leute in meiner Wohnung waren, nur warum kam das Gefühl jetzt zurück, wo es doch sonst nicht kam wenn Kira bei mir war. Warum?

„Du solltest gehen, sicher warten deine Freunde. Ich hab sie gehört als ich dich anrief.“

„Und du solltest dich hinlegen. Oh wenn ich diesen Kerl in die Finger kriege reiße ich ihm jedes Glied einzeln heraus!

Ich lass dich jetzt sicher nicht allein hier sitzen. Was wär ich denn dann für ein Freund, Hmm? Du hast selbst gesagt das wir Freunde sind.“

Trotz meiner Bemühungen wusste ich er würde nicht gehen. Er würde hier bleiben, bei mir. Der blonde Junge mit den blauen Augen, der mich schon zum zweiten mal gerettet hatte.

Und plötzlich konnte ich wieder atmen.
 

Kommentarlos bereitete er sich ein Lager auf dem Boden neben dem Sofa und rückte ein Stück ab um mich nicht zu bedrängen, nahm ich an.

Die bedrückende Dunkelheit die sich dann über mich legte trieb mir wieder den Schweiß auf die Stirn. Meine Gedanken rasten, versuchten mich zu überwältigen und ich konnte kaum etwas tun. Ich wollte schlafen, müde genug fühlte ich mich, doch mein Geist arbeitete auf hochtouren und mein Herz hämmerte qualvoll in meiner Brust. Auf dem Boden in der Finsternis konnte ich die Konturen von Kiras Körper ausmachen.

Beruhige dich wieder. Du bist doch kein Kind! Und du bist nicht allein, denn dein einziger Freund liegt auf dem Boden und schläft. Du bist nicht allein.

Immer wieder sagte ich mir diese Worte und sie beruhigten mich tatsächlich auf irgendeine Weise.

Noch immer fühlte ich mich dreckig, beschmutzt. Beschrieben wie ein Brief mit wasserfester Tinte. Wenn man diesen Brief doch nur überschreiben könnte....

Unwillkürlich glitt ich vom Sofa und rutschte vorsichtig an Kira heran. Sicher schlief er und würde es eh nicht bemerken.

Wache, blaue Augen funkelten mich irritiert an und mir stockte der Atem. Scheiße! Was würde er nur von mir denken? Er würde mich für eine verdammte Schwuchtel halten. Er würde sich ekeln. Er würde....

Ein Arm legte sich vorsichtig, beinahe fragend um mich, ertastete sanft meine Schultern, und als ich ihn nicht abwehrte, auch meinen Rücken. Keuchend stieß ich die Luft aus meinen Lungen. Ich hatte gar  nicht gemerkt, wie ich den Atem angehalten hatte.

Unendlich sanft schob er sich an mich, strich über meinen Rücken und plötzlich spürte ich seine nackte Brust unter meinen zitternden Händen. Mir wurde heiß und wieder klopfte mein Herz laut, doch diesmal nicht vor Angst. Seine Hand fand den Weg in meinen Nacken und dann in mein Haar. Er schob meinen Kopf näher an sich heran, so dass mein Atem über sein Schlüsselbein strich. Seine Lippen berührten mein Haar und blonde, weiche Strähnen kitzelten auf meiner Wange..

Sein Körper umfing mich, hüllte mich ein, gab mir wohlige Wärme und endlich fielen meine müden Augen zu und ich dämmerte weg.
 

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uff...dieses Kapitel sollte es eigentlich gar nicht geben xD

ich hatte bereits 4-5 Seiten geschrieben, als cih mich aus einem Impulz heraus umentschied und die Geschichte anders verlaufen ließ :)

ich hoffe es findet anklang! ich würde mich sehr über Reviews freuen. Ich sehe zwar wie oft diese FF angeklickt wird, doch weiß ich nicht ob sie euch überhaupt gefällt? würde mich gern über Kritik, Lob oder sonst was freuen^^
 

Wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten und essen!

Liebe Grüße



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-04-03T12:11:11+00:00 03.04.2015 14:11
TT^TT Darius!! TT^TT
Dieser blöde Typ,wenn ich den erwische dann...GWTEVZUWT
Wie kann er es wagen Darius das anzutun *schnief*
Aber am Schluss war das Kapitel dann doch schöner,
weil endlich Kira aufgetaucht ist.Die Szene war ja nun wirklich zum sterben süßß 0//o//0
Okay,Go to the next chapter,yay >o<


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