Zum Inhalt der Seite

Leben und Lieben

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ruf mich an!

*
 

Die Sonne sticht mir unangenehm in den Augen, doch als ich mich wegdrehen will stoße ich auf Widerstand.

Warmen, weichen Widerstand.

Was zum...?

Mit einem Mal bin ich hellwach, setze mich ruckartig auf, während mir meine Decke von den Schultern gleitet. Warum liege ich auf dem Boden?

Entsetzt sehe ich den Körper neben mir an.

Berichtigung, warum liegen WIR auf dem Boden? Mit der rechten Hand fasse ich mir an die Stirn, weiter zum Hinterkopf.

Langsam dämmern die Ereignisse der letzten Nacht durch mein noch schlafendes Hirn. Kira hatte bei mir übernachtet und sich vor dem Sofa eingerollt, aber warum liege ich auch auf dem Boden? Grübelnd sehe ich zum Sofa.

Ich muss in der Nacht irgendwie herunter gefallen sein.

Die Luft ist stickig und durchsetzt von den würzigen Gerüchen der Nahrungsmittel die immer noch in einer Ecke stehen.

Ächzend erhebe ich mich, versuche meine vom liegen steif gewordenen Muskeln zu ignorieren und öffne das Fenster um frische Luft hinein zu lassen.

Mit geschlossenen Augen genieße ich den kühlen Wind der morgendliche Frische mitbringt und mich leicht in der Nase kitzelt.

Ein dunkles Brummen, das Rascheln von Stoff hinter mir signalisiert das Kira gerade wach wird.

„Mach das Licht wieder aus.“, knurrt er verstimmt.

„Tja, ohne Sonnenfinsternis wird das wohl nix.“

Ich höre wie er sich aus der Decke wühlt.

„Ist es schon wieder Tag? Gott, mein Schädel...“

„Du solltest weniger trinken.“ Ich drehe mich um und erblicke einen kräftigen Rücken. Er hat eines meiner größeren Shirts an, trotzdem scheint es ihm immer noch viel zu klein zu sein und es spannt sich leicht über Kiras Muskeln.

Ob er wohl regelmäßig Sport treibt?

„Mmh.“, brummt er zur Antwort in ein Kissen das er sich ins Gesicht drückt.

Kurz huscht mein Blick auf das Chaos der letzten Nacht. Überall verstreute Verpackungsreste und eine leere Flasche Amaretto.

„Ich kann dir leider nichts zum Frühstück anbieten, sorry.“

Mit langen Schritten gehe ich zu meinem Kleiderschrank und suche mir ein paar frische Klamotten heraus.

Kiras Gesicht taucht am oberem Rand des Kissens auf und schnappt nach Luft.

„Wenn ich noch einen Bissen esse kotze ich. Diesmal wirklich.“

Unwillkürlich muss ich leise lachen und halte mir dabei schnell die Hand vor den Mund, doch blaue Augen mustern mich plötzlich mit einem seltsamen Ausdruck und ich verschluckte mich fast vor Schreck.

Ich sollte meine seltsamen Angewohnheiten einfach endlich mal ablegen. Und zwar ganz schnell, denn sicherlich wird so jemand wie Kira sich nicht mit einem kleinen Irren wie mir lange abgeben.

Die einzig logische Erklärung die ich für sein Erscheinen habe ist, dass er mich einfach falsch einschätzt. Wer will schon mit einem paranoiden Jungen abgeben, der den ganzen Tag allein in seiner Bude hockt und wie ein Mädchen Bilder malt?

Schnell ziehe ich noch ein dunkles, zerschlissenes Shirt aus dem Chaos in meinem Schrank heraus, schließe die Schranktür und verschwinde schnell im Bad.
 

Der Wasserstrahl fühlt sich heiß und prickelnd auf meiner Haut an, obwohl ich ihn nur leicht warm aufgedreht habe. Mein Lieblingsduschgel läuft in sanften Bahnen über meine Arme und hinterlässt ein angenehmes Kribbeln. Im blauen Gel glitzern kleine runde Perlen die sich im Wasser auflösen und sich wunderbar auf der Haut anfühlen.

Dieses Duschgel ist wohl der einzige Luxus den ich mir selbst gelegentlich gönne, denn es gibt sicherlich billigere zu kaufen. Aber es riecht gut, etwas herb. Wenn ich schon nicht so aussehe, kann ich ja wenigstens Männlich riechen.

Genießerisch schließe ich die Augen und denke ich an den Jungen, der neben an liegt und sich sicherlich wieder in die Decke gekuschelt hat und....nichts. Erstaunt erforsche ich meinen Körper, doch ich spürte keinerlei Panik, kein Herzrasen, keine zitternden Hände.

Einfach gesegnete Ruhe und Gelassenheit und das Gefühl meine Sorgen für einen kurzen Augenblick vergessen zu können.

Ich lächel in den Wasserstrahl hinein der von oben auf mein Gesicht prasselt.
 

Wieder angezogen schlurfe ich ins Zimmer und rubbel mir dabei mit einem alten, durchlöcherten Handtuch die Haare trocken. Kira steht mitten im Raum und ein Blick auf den Boden sagt mir das er aufgeräumt hatte, sogar die Decke liegt ordentlich auf dem Sofa.

Er trägt nur mein Shirt und eine rote Boxershorts, seine Haare sehen zerwühlt aus und er streck sich genüsslich wie ein junger Gott im Sonnenlicht das durch das Fenster fällt.

Seine samtige, dunkle Stimme reißt mich von seinem Anblick los.

„Kann ich mal telefonieren?“

„Was?“ Frage ich abwesend.

„Kann ich mal telefonieren?“ Wiederholt er.

Diesmal versuche ich mich besser auf seine Worte zu konzentrieren.

„Nur wenn du dein eigenes Handy benutzt, ich hab kein Telefon.“

Schockiert sieht Kira mich an und scheint kurz über meine Worte nachzudenken.

„Du hast kein Telefon? Warum das denn?“

„Ich...“ Warum eigentlich kann ich in seiner Gegenwart nicht die Klappe halten und antworte auch noch ehrlich, ohne die üblichen Ausreden?

„Ich mag es nicht angerufen zu werden. Ich hab eine Art Telefonphobie.“

Eine kurze Stille dann lacht er schallend.

Wunderbar, das habe ich nun davon, jetzt verspottet er mich.

Warum im Himmel musste ich zu ihm nur so ehrlich sein? Das nächste Mal gibt’s die Standartlüge. Ganz bestimmt.

„Hast du nicht gesagt du arbeitest in ‘nem Callcenter?“

Das hatte er sich gemerkt?

Erstaunlich.

„Irgendwo muss ich schließlich arbeiten. Hör auf zu lachen! Diese Arbeit ist was anderes. Dort rufen nur Fremde an die ich nicht kenne.“

„Wenn du den Anrufer nicht kennst ist es also ok. Dann werde ich dich wohl nicht dazu bringen können mal mit mir zu telefonieren, hmm?“

Ich schaue ihn prüfend an. Warum will er denn mit mir telefonieren?

„Das hab ich nicht gesagt.“

„Dann rufst du mich also mal an?“

„Das hab ich auch nicht gesagt.“

Frustriert schnauft er. „Du bist ein ganz schön undurchsichtiger Brocken, weißt du das?“

Ja und Paranoid dazu.

Es kommt vollkommen unvorbereitet. Er hebt seine linke Hand und streicht beinahe zärtlich durch mein feuchtes Haar, was mir in die Stirn fällt. Wütend schlage ich seine Hand weg

„Ich hab dich nicht dazu gezwungen her zu kommen oder hier zu bleiben.“

Seine enttäuschter Blich trifft mich wie eine Strafe und er wendet sich ab.

Seine Augen sind plötzlich kühl, verschlossen. Kein weites Meer.

Warum schaffe ich es nur immer wieder meine Mitmenschen zu verletzen? Ach verdammt, so war das gar nicht gemeint. Und warum mache ich mir immer noch so viele Gedanken um ihn? Es sollte mich einen feuchten Kehricht scheren was er über mich denkt. Er sollte eigentlich gar nicht hier sein und seine Stimme dürfte auch eigentlich nicht so wahnsinnig anziehend wirken...
 

Wenig später kam auch Kira geduscht und angezogen aus dem Bad und sitzt nun mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa. Seine blonden Haare fließen in weichen Wellen über seine Schultern und glänzen im hellen Sonnenlicht. Wie Getreide. Nasses Getreide nach einem Sommerregen.

„An was denkst du?“

Wache, neugierige Augen.

Blaue Augen.

Ich rücke ein Stück von ihm ab.

„Warum fragst du mich so was? Du hörst dich an wie ein Mädchen. Nur Mädchen fragen solch sentimentalen Kram.“ Mit den Armen umschlinge ich meinen Oberkörper, als müsste ich mich vor seinen Blicken schützen.

„Dann hast du eine Freundin?“

Kommt es mir nur so vor oder knabbert er nervös auf seiner Lippe, als wenn ihm meine Antwort Angst macht?

„Das hab ich nicht gesagt.“

Er stöhnt genervt. „Schon wieder dieses Spiel. Gut, dann hast du also ein Mädchen? Wie ist sie? Sie muss ein Glückspilz sein.“ Seine Stimme hat bei diesen Worten einen bitteren Klang. Oder ist das Spott?

Mein Blick verdüstert sich und ich kniff wütend die Lippen fest zusammen.

„Verarschen brauchst du mich auch nicht, klar? Ich weiß selbst wie hässlich ich bin, du brauchst es mir nicht unter die Nase zu reiben.“

Ich stehe ruckartig auf und will mich abwenden, doch plötzlich spüre ich eine Hand um mein rechtes Handgelenk die mich zurückhält.

„Das hab ich nicht gesagt.“ Seine Stimme bringt mich durcheinander. Samtig hallt sie in meinem Kopf nach.

Ruckartig drehe ich mich um und starre ihm erstaunt ins Gesicht, will ihm schon etwas neues an den Kopf werfen, doch er sieht so ernst aus. Nicht die geringste Regung von Spott oder Belustigung zeichnet sich auf seinen Gesichtszügen ab. Und die Haut seiner Hand ist weicher als ich dachte.

Die Luft um uns scheint für einen Moment eingefroren zu sein, dann löse ich seine Hand von meiner und gehe in die Küche um mir ein Glas Wasser zu holen.

„Ich danke dir für das Essen Gestern, auch für die Erdbeeren, aber vielleicht solltest du wirklich langsam nach Hause. Ich hab auch noch furchtbar viel zu tun und du sicher auch.“

Ich sehe auf den kahlen Küchenboden und stehe mit verschränkten Armen mit dem Rücken angelehnt an der Spüle. Wann hatte ich das letzte Mal so lange Besuch gehabt? Es fühlt sich seltsam kribbelig an und ich denke mir, wenn er nur wieder weg wär, würde sich das schon wieder legen. Diese Nervosität die sich in mir aufbaut macht mich beinahe wahnsinnig.

„Komm, lass uns rausgehen. Vielleicht fühlst du dich dann besser und Draußen ist so herrlich schönes Wetter!“

Hatte er mir überhaupt zugehört…?
 

Warum nur hatte er es schon wieder geschafft? Ein Blick mit seinen blauen Augen und ich bin gehörig wie ein Hund.

Verdammt, verdammt, verdammt!

Meine Haare stehen schon wieder zu Berge vor Wut auf mich selbst. Ich bin doch sonst nicht so, weder wütend, noch redselig oder sonst was.

Kira hatte es geschafft mich dazu zu bringen die Wohnung zu verlassen und nun wandern wir durch einen nahe gelegenen Park, während mir die Sonne unangenehm in die Augen sticht.

Wir stehen auf einem runden Platz, umgeben von Parkbänken und in der Mitte war ein kleiner Brunnen in dessen Herz die Statue eines Reiters thront dessen Pferd sich elegant in den Himmel aufbäumt, als würde es gleich vom Boden abheben und sich in die Lüfte schwingen.

Kira steht lässig am Rand des Brunnens und fängt eine gelbe Blüte auf, die von einem Baum hinab segelte.

„Ich verliere mich in der Farbe der Unwirklichkeit. Lass mich fallen in die Farbe der Hoffnung. Wo bin ich nur, das solch prächtige Farben mich umhüllen?“

Er lächelt sanft und lässt die Blüte ins Wasser gleiten.

Ich trete näher an ihn heran und bedenke ihn mit einem nachdenklichen Blick.

„Du hast schon wieder meine Texte gelesen. Warum?“

Er seufzt und schaut mich von der Seite an.

„Sie sind wunderschön, und bevor du wieder wütend wirst, ich meine das ehrlich. Hast du eigentlich je in Erwägung gezogen mit deinem Talent etwas anzufangen?“

Ich schüttle verstört den Kopf.

„Warum? Was sollte ich damit schon machen? Als Künstler kommst du heutzutage nicht weit, Schriftsteller liegt mir nicht und Dichter? Die Leute würden mich für einen Witz halten. Selbst als Maler kommt man doch heute nicht weit. Wer mag schon einen armen Künstler? Soll ich auf der Straße hocken und für ein bisschen Brot die Gesichter anderer Leute kritzeln, damit sie sich darüber lustig machen können? Im Büro ist man wohl besser aufgehoben. Jeden Tag die gleiche stumpfsinnige Arbeit, aber wenigstens hat man ein Dach über dem Kopf. Selbst meine Eltern haben das immer ge...“ Ich stocke in meinem Redefluss und presse mir die Hände angestrengt auf den Mund. Meine Wangen glühen durch meine Euphorische Rede. Warum bin ich nur so aus der Haut gefahren? Beinahe hätte ich einem Wildfremden von meiner Familie erzählt.

Na Perfekt.

Kira rutscht näher an mich heran und sieht bedauernd zu mir herunter.

Warum bin ich nur so klein? Immer müssen alle zu mir herunter sehen.

„Du liebst es, oder? Und du hasst es gleichzeitig auch.“

Meerblaue Augen die buddelnd und grabend in meine grünen starren. Sie versuchen mich zu ergründen, zu erforschen. Etwas entdecken wollen sie, nur in mir werden sie nichts finden. Eine leere Höhle ohne Schatz.

„Du kannst mir nicht erzählen, dass du lieber im Büro arbeiten würdest oder in diesem Callcenter. Ist das denn wirklich dein Ziel? Dein Traum? Hat dir nie jemand gesagt das du etwas mit deinem Talent anfangen sollst?“

„Nein…“

„Warum?“

„Weil sie vielleicht der gleichen Meinung sind. Von Kritzeleien und schönen Worten lässt sich nun mal nicht leben.“

„Du meinst wirklich was du sagst, oder?“ Seine Stimme hört sich enttäuscht an.

„Tja, kann ja nicht jeder was besonderes sein.“

Mein Lächeln wirkt irgendwie schief und überzeugt nicht mal mich selbst.

„Nicht jeder.“ stimmt mir Kira zu und wirkt sehr nachdenklich. „Aber du schon.“

Stille.

Nur das Rauschen der Blätter die vom Wind aufgewirbelt werden.

Verlegen betrachte ich den Boden. Hübsche Blätter. So grün und...grün. Blätter eben. Was soll man auch schon groß über Blätter sagen? Sie sind Grün, im Herbst auch mal rot, orange, braun und...

„Mach nicht so ein Gesicht, du bist mehr Wert als du von dir selber denkst.“

„Hmm.“ Mich überfällt das dringende und sehr ausgeprägte Bedürfnis das Thema zu wechseln. Hatte ich schon erwähnt wie grün die Blätter heute sind?

„Was ist mit dir?“, lenke ich ab. Ich mag es nicht im Mittelpunkt von Gesprächen zu stehen.

Er hebt erstaunt die Augenbrauen.

„Mit mir?“

„Ja, schließlich schwingst du doch die großen Reden man muss was Besonderes werden, bla bla...“

„Mir wurde mein Leben lang immer gesagt ich soll etwas 'besonderes' werden, ich muss die Familie ehren und so ein Zeugs.“ Er bricht ab.

Kira tut locker und lässig, aber ich sehe ihm an wie sehr ihm das scheinbar belastet.

„Und weiter?“,frage ich betont neutral.

„Hmm. Meine Eltern wollten nie das ich ein einfacher Angestellter werde. Hätte wohl dann genauso gut Putze werden können. Glaub mir dieser Druck, etwas besonderes sein zu müssen ist auch nicht gerade ein Zuckerschlecken.“

Er lacht freudlos und streicht sich durch Haar. Ich mag es wenn er das tut. Wenn er sich durch die Haare streicht meine ich.

„Ich fürchte ich habe ihre Erwartungen nicht ganz erfüllt, oder zumindest in die falsche Richtung.“

Ich weiß nicht was er meint, aber mir war auch nicht zumute danach zu fragen.
 

Wir gehen schließlich weiter nachdem wir noch eine Weile Gedanken verloren nebeneinander gestanden hatten und redeten eher über belangloses Zeug. Er wollte wissen auf welche Schule ich gehe und wie es ist in einem Callcenter zu arbeiten. Als er das Thema Freunde ansprach wollte ich erst ausweichen, doch was auch immer ich tat, irgendwie konnte ich seinem Charm nicht entweichen, und so erzählte ich ihm, dass ich keine engen Bekanntschaften hatte. Es schien ihn zu überraschen, aber er fragte nicht weiter nach, doch etwas schien ihn wirklich zu wurmen, denn er sprach mich noch einmal auf meine 'Freundin' an, die ja eigentlich gar nicht existierte.

„Ich habe dir schon gesagt, das ich keine habe. Ich bin nicht der Typ dem Frauen hinterher laufen, wie du siehst.“

Wir stehen in der Nähe einer Kreuzung, nicht weit entfernt beginnt der eher belebtere Teil des Viertels.

„Sei mir nicht böse, aber ich denke ich bin froh darüber. So hab ich dich noch eine Weile für mich allein“, sagt er verschmitzt und zwinkert verschwörerisch.

Angestrengt versuche ich mir meine Verblüffung nicht anmerken zu lassen und beginne wieder das Thema zu wechseln.

„Wollen wir in die Richtung gehen? Da ist ein wenig mehr los als hier.“

Plötzlich wirkt Mister Sonnyboy schrecklich nervös und scheint sich äußerst unwohl bei dem Gedanken zu fühlen, unter Menschen zu kommen.

„Lass uns lieber woanders hingehen.“ Er dreht sich um und lässt seine Worte unerklärt in der Luft hängen. Wir kommen an einem kleinen Café vorbei, das so gut wie unbesucht ist. Die großen Türen stehen weit offen, was dem Café den Eindruck eines zur Straße hin offenen Raumes verleiht. Draußen stehen gewöhnliche Tische und Stühle, drinnen kann ich weiche, bequeme Sessel erkennen. An der Theke lehnt ein junges Mädchen das mit der Musik aus dem Radio mit summt. Der Laden sieht gemütlich aus, klein aber nicht zu beengt

„Kannst du mir einen gefallen tun?“, spricht Kira mich leise an und seine samtige Stimme schickt stumme Schauer über meinen Rücken. Er kramt in seinen Hosentaschen, holt mehrere Münzen hervor und drückt sie mir in die Hand. Die Münzen sind aufgewärmt durch seinen Körper.

„Kannst du mir einen Eiskaffee holen? Und du kannst dir auch aussuchen was du willst. Ich setze mich dahinten hin und warte.“

Ehe ich widersprechen kann geht er auf einen Platz zu, der hinten versteckt im Schatten eines Sonnenschirmes liegt und lässt sich lässig in den weißen Stuhl fallen. Sein befehlender Ton treibt mir schon wieder die Zornes röte ins Gesicht und ich beschließe ihm das irgendwann heimzuzahlen.

Warum nur lasse ich es zu, das er so mit mir umspringt! Ich bin doch nicht seine Bedienung. Verdammter Mist.

Verstimmt stapfe ich zur Theke, hole seinen Eiskaffee und bestelle mir selbst eine heiße Schokolade mit Sahne. Zum mitnehmen, denn man weiß ja nie.

Während die Bedienung sich um meine Bestellung kümmert, huscht mein Blick automatisch zur Ecke hin wo Kira entspannt sitzt und lustlos in einer Menükarte blättert.

„Dein Kumpel sieht süß aus.“

Ich erschrecke mich tierisch, als die Stimme der Bedienung mich aus den Gedanken reißt. Was fällt der ein mich so zu erschrecken?!

Sie stellt unsere Getränke vor mir auf die Theke und starrt weiter unverhohlen Kira an. Gierige Blicke, klimpernde Wimpern. Aus mir unbekannten Gründen hätte ich ihr am liebsten die Sicht versperrt. Dumme Pute.

Kommentarlos nehme ich die Getränke und will gehen, als sii mich aufhält.

„Warte kurz. Kannst du mir deinem Kumpel nicht vorstellen?“ Sie wackelt lasziv mit den Hüften, als wollte sie Kira am liebsten gleich auf der Theke flachlegen.

Mir stehen die Haare vor Wut zu Berge und ich würde ihr am liebsten die Augen auskratzen wie ein wütendes Waschweib.

„Er ist vergeben.“ Knurre ich sie unhöflich an. Ich weiß das ich nicht wirklich eine Ahnung habe ob Kira vergeben ist oder nicht, aber irgendwie scheint in dem Moment mein Hirn nicht richtig zu funktionieren. Irgendeine Fehlzündung oder so.

„Ah das ist ein Grund, aber kein Hindernis, Kleiner.“ Sie leckt sich über die Lippen, als sei er eine Süßigkeit die sie unbedingt haben muss.

„Lass die Finger von ihm!“

Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich weg, gehe auf Kira zu und setzte mich so vor ihm an den Tisch, dass ich diesem Weib die Sicht versperre. Wütend setze ich die Getränke auf dem Tisch ab und blaue Augen mustern mich überrascht, wandern über meine Augen, zu meinen Lippen und wieder zurück.

„War irgendwas?“

„Nein!“, antworte ich verstimmt und trinke einen Schluck von meiner Schokolade.

Ah! Heute versteh ich mich selber nicht einmal! Warum ist es mir nur so wichtig das dieses Weib nicht diesen Sonnyboy an baggert? Sie kann schließlich tun was sie will und Kira auch. Was gibt mir das Recht mich einzumischen? Ich kenne ihn doch gerade mal ein paar Tage. Wahrscheinlich hatte ich ihm gerade ein super Date versaut und das verstimmt mich noch mehr.

Doch wenn ich geglaubt habe, das Thema wäre erledigt, dann habe ich mich geschnitten. Denn wenig später wackelt sie auf ihren hohen Schuhen und den kurzen Hosen zu uns herüber. Ihre Absätze klackern Geräuschvoll auf dem glatten Boden.

„Na Süßer? Noch einen Nachtisch gefällig?“ Sie beugt sich über den Tisch und schiebt auffällig unauffällig einen Zettel zu ihm hinüber auf dem eine Nummer prangt. Ihre private Telefonnummer nehme ich an und mein Blut rauscht mir in den Ohren.

Er lacht nur vergnügt und betrachtet den Zettel, während ich stumm meine Schokolade trinke ohne wirklich etwas zu schmecken und giftige Blicke zu ihr sende.

„Tut mir leid, Süße, aber ich glaube da gibt es Jemanden dem das nicht gefallen würde.“ Kira lächelt sie zuckersüß an und ich würde mich am liebsten übergeben.

„Schade, aber wenn du es dir doch noch mal anders überlegst kannst gern wieder vorbei kommen.“, seufzt sie ergeben und endlich zuckelt sie von dannen.

„Warum sind nur alle hübschen Männer vergeben oder schwul...“, murmelt sie noch vor sich hin, bevor sie hinter der Theke verschwindet und sich wieder ihrer Arbeit widmet.

Also hat er doch eine Freundin.

Betrübt rühre ich lustlos in meinem Getränk und sehe zu wie die restliche Sahne sich mit dem braunen Getränk vermischt.

„Keine Angst, ich wär nicht mir ihr ausgegangen.“ Langsam hebe ich den Blick und mühe mich ab ihn anzusehen.

„Warum sagst du mir das?“

„Weil....“, er schaut verlegen zur Seite, weicht meinen fragenden Augen aus.

„Ich wollte einfach das du das weißt."

Ein Kichern lenkt mich ab und als ich die Richtung des Verursachers schaue, sehe ich einige Mädchen etwas abseits stehen die uns verstohlen beobachten.

„Ach scheiße.“, murmelt Kira und steht unvermittelt mit gesenktem Kopf auf.

„Schnell, lass uns verschwinden.“

Ich schaue abwechselnd von Kira zu den Mädchen und überlege ob das wohl Freunde oder vielleicht ungebetene Bekannte von ihm waren.

„Was ist los?“

„Erzähl ich dir ein andern mal.“

Er sieht sich hektisch um, als sucht er nach einer Fluchtmöglichkeit, doch kaum das wir aufgestanden sind und Anstalten machen uns weg zu bewegen, kommen die Mädchen hinterher gestürzt.

„Kira? Kira warte doch!“, rufen sie begeistert.

Was ist da los?

Scheinbar kennen die ihn wirklich und Kira scheint alles andere als begeistert zu sein. Ob das vielleicht eine seiner Exfreundinnen ist?

Wir eilen weiter voran. Kira zieht mich mit sich, meine Hand liegt in seiner.

Hinter uns Schritte und weitere Rufe. Leute starren uns schon interessiert hinterher und ich bekomme langsam Panik. Ich verstehe die Situation nicht und Dinge die ich nicht verstehe machen mir immer Angst. Wir kommen wieder an der Kreuzung vorbei, immer noch verfolgen uns die Mädchen, den scheinbar waren sie nicht abzubringen von ihrem Vorhaben.

Mit quietschenden Reifen hält plötzlich ein Auto vor uns an und ein älterer Junge mit dunklem Haar und Sonnenbrille, der aussieht als wär er in etwa in Kiras Alter steigt aus und kommt uns entgegen. Urplötzlich fühle ich mich in irgendeinen Aktionfilm hineinversetzt.

„Scheiße Kira! Wo warst du? Ich such dich schon den ganzen Tag.“ Er wirft einen kurzen Blick auf die Mädchen hinter uns und packt Kira am Arm. Ein kurzer skeptischer Blick in meine Richtung, dann greift er Kira grob am Arm.

„Steig schnell ein ich fahr dich nach Hause.“

„Warte kurz!“, meint er und schiebt den dunkelhaarigen grob beiseite, während er sich hektisch zu mir umdreht.

„Wir sind Freunde, oder?“

Völlig überrumpelt stottere ich eine Antwort zusammen.

„I...ich denke scho...“

„Alles klar, rufst du mich an?“

Jetzt wird der andere langsam ungeduldig und zieht Kira ins Auto, kurz bevor die Autotüren zuschlugen rufe ich ihm noch ein „Ja“ entgegen, ohne richtig nachzudenken.

Völlig parallisiert und verwirrt sehe ich zu wie der Wagen, samt Inhalt brausend davon fährt und ich stehe immer noch einige Minuten später verdattert auf dem Gehweg.

Was im Himmel ist das denn gerade für eine Aktion? War ich gerade zeuge einer Entführung? Aber nein, er schien den anderen ja zu kennen und ging halbwegs freiwillig mit. Verstohlen schaue ich mich um, doch die Mädchen sind schon längst kichernd verschwunden.

Wer die wohl waren?

Ach das ist doch alles totaler Mist! Endlich nach Jahren habe ich endlich mal wieder ernsthaften Kontakt zu menschlichen Wesen und schieße natürlich den seltsamsten Vogel ab. Mein Herz rast immer noch wie wild und plötzlich fällt mir etwas ein. Ich hatte ihm versprochen ihn anzurufen. Klar, wenn ich das schaffe ohne Telefon und vor allem Telefonnummer hinzukriegen, fresse ich meine Küche. Und selbst wenn, graut es mich davor mit jemanden zu telefonieren, es ist einfach was anderes mit einem Kunden auf Arbeit zu telefonieren und dabei so gut wie anonym zu sein. Ob ich das schaffe, ohne vorher sagen zu müssen: „Guten Tag bei der Optigas AG, was darf ich für sie tun?“
 

Wieder in meiner Wohnung atme ich erleichtert durch, und vergesse sogar durch den Spion zu schauen, denn mein Kopf ist noch immer überfüllt von den Ereignissen seit gestern Abend.

Unheimliche Stille herrscht in meiner Wohnung vor und obwohl ich das Radio anmache, habe ich das erste mal seit langer Zeit das Gefühl, das mir mein Zimmer irgendwie leer vorkommt. Ich setze mit angezogenen Beinen auf mein Sofa, alleine und starre in die Leere des Zimmers. Was ein seltsamer Tag das doch war. Hier unten hat noch vor wenigen Stunden Kira gelegen, und ich daneben, fast die ganze Nacht.

Die Bedienung kommt mir wieder in den Sinn und ich lasse mich betrübt zur Seite fallen, stelle mir vor wie sie Kira umarmt und ihre Lippen die seinen berührt. Und er erwidert den Kuss un meiner Vorstellung, umschlingt sie mit seinen starken Armen und sie streicht sanft durch sein weiches, blondes Haar. Unwillkürlich knurre ich in die Stille hinein. Ich will nicht das sie seine Haare anfasst und seine Lippen erst recht nicht. Seltsames Gefühl, dabei ist er doch nur ein Freund.

Er hatte gesagt wir sind Freunde...

Und normalerweise hat man bei Freunden nicht solche Gedanken.

Auf der Lehne vom Sofa hängt noch das Shirt das er in der Nacht getragen hatte und aus einem Impuls heraus greife ich danach, schiebe es unter meinen Kopf, als wäre es ein Kissen und atme tief den Duft ein der noch daran hängt.

Es riecht nach ihm, nach Kira.
 


 

-----------
 

dieses Mal etwas kürzer, was aber daran liegt das ich das gerne in Abschnitte teile und ob ein Abschnitt lang oder kurz ist, hängt halt vom Inhalt ab xD

ich versuche aber, möglichst nicht kürzer zu werden^^

versprochen :)
 

Ich hoffe es hat euch gefallen^~^

Wer Rechtschreibfehler findet darf sie wie immer behalten und essen.

Liebe Grüße



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-04-03T11:45:12+00:00 03.04.2015 13:45
Ui,mal wieder ein tolles Kapitel^^
Und ich habe schon so eine Vorahnung
was Kira verheimlicht,hehe~
Antwort von:  ellenorberlin
03.04.2015 13:56
uhh ich hätte gerne gewusst, was deine Ahnung ist und ob sie sich bestätigt hat :3


Zurück