Freundschaft

Wo steckt Ruki !

Kapitel 4: Wo steckt Ruki!
 

~ Kai ~
 

So langsam aber sicher, mache ich mir richtige Sorgen um unseren Kleinen. Seit einer Woche, hat er sich nicht mehr blicken lassen und das gab es noch nie. Klar, er ist schon öfters zu spät gekommen, aber ausfallen lassen, hat er noch nie eine Probe, jedenfalls nicht, ohne mir vorher bescheid zu geben.

Vielleicht ist er ja krank? Immerhin war es letzte Woche ziemlich kalt, auch an dem Tag als Ruki mich besuchen kommen wollte und Reita ihn wieder weg geschickt hatte.

„Vielleicht sollte einer von uns zu ihm fahren und schauen, ob er überhaupt noch am Leben ist“, holt mich Aois belustigte Stimme aus meinen Gedanken heraus.

„Aoi“, meckere ich ihn an.

Also wirklich. An sowas darf man nicht mal denken.

„Also ich fahre nicht hin.“ Das war ja klar.

Ich gehe zu Reita, der diesen Kommentar gerade losgelassen hat und boxe ihn in die Seite.

„Und ob du gehen wirst. Immerhin ist es gut möglich, dass Ruki krank ist und das könnte sehr gut deine Schuld sein, also beweg deinen Arsch zu unserem Sänger.“

„Was“, will Reita protestieren, doch ich ignoriere ihn und schiebe ihn einfach aus dem Proberaum raus und knalle die Tür, hinter ihm wieder zu.
 

~~~ * ~~~ ** ~~~ * ~~~
 

~ Reita ~
 

„Ja spinnt denn der?“

Wieso muss ich diesen Giftzwerg zuhause abholen? Ich bin doch nicht Rukis Chauffeur.

„So ein Mist.“

„Ärger mit eurem Leader?“ Erschrocken drehe ich mich um und sehe in das breit grinsende Gesicht von Saga, der zusammen mit Hiroto nun auf mich zu kommt.

„Quatsch“, antworte ich ihm und begrüße die beiden erst einmal.

„Was denn los?“ will Hiroto wissen.

„Ach Ruki ist nicht gekommen und jetzt will Kai, dass ich bei unserem Gnom zu Hause nachsehe.“ Als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte.

„Schon wieder“, murmelt der kleine Gitarrist.

„Ja. Der lässt uns jetzt schon seit einer Woche im Stich. Kai schwankt seitdem, zwischen Wutanfällen und Schuldgefühlen hin und her und ich bin der, der darunter leiden muss. Eben meinte er, ich sei wahrscheinlich daran Schuld.“

„Hä, Schuld woran?“ Saga zieht eine Augenbraue nach oben und schaut mich irritiert an.

„Naja. Vor einer Woche, wollte Ruki Kai besuchen kommen, aber Kai war ja krank gewesen, also habe ich Ruki wieder nach Hause geschickt. Und nun denkt Kai, weil an dem Tag ja so ein Scheißwetter war, dass Ruki mit Sicherheit krank ist und…“

„… gibt dir die Schuld daran?“ fragt Hiroto zaghaft nach.

„So ein Unsinn.“

„Ganz deiner Meinung, Saga. Aber mal was anderes… wieso seit ihr nicht bei eurer Probe. Soweit ich weiss, lässt euch doch Shou rund um die Uhr schuften.“ Der Junge wird auch immer gruseliger.

„Ja. In letzter Zeit, ist er noch Arbeitswütiger als Nao und…“

„… dass soll schon was heißen. Ich glaube es war ein Fehler, dass Shou zu Nao in die WG gezogen ist.“

„Wieso? Denkt ihr euer Leader hat einen schlechten Einfluss auf Shou?“ Möglich wäre auf alle Fälle.

„Jup“ kommt es belustigt von Hiroto, der nach Sagas Hand greift und dran zieht. „Los Saga, wir sollten wieder zurück. Ich habe keine Lust Überstunden zu machen.“

„Ja gleich Pon, einen Moment noch“, Saga schüttelt Hirotos Arm ab und wendet sich erneut mir zu. „Du solltest aufpassen“, grinst er mich an.

„Wieso?“ will ich wissen.

„Naja, du wohnst doch auch schon praktisch bei Kai und…“

„…er und Nao unterscheiden sich ja nicht wirklich.“

„…“ Was wollen die mir damit sagen?

Wieso arbeiten in diesem Laden eigentlich nur Verrückte. Das gibt es doch nicht. Bin ich denn wirklich der einzig vernünftige hier?

„Überlege doch mal Reita“, fährt Saga fort. „Wenn Nao auf Shou so einen Einfluss hat, dann kann es gut sein…“

„…, dass dir das, mit Kai auch passiert.“

Das ist jetzt schon der dritte Satz, den Saga beginnt und Hiroto für ihn beendet. Da läuft doch was zwischen den beiden.

„Stell dir das mal vor Hiroto“, flüstert Saga dem kleinen ins Ohr. „Ein ununterbrochen grinsender Reita. Ich schmeiß mich gleich weg.“

„Also wenn wir Reita demnächst, kochend in der Küche wiederfinden…“

„…mit einer blumenbestickten Schürze…“

„…, dann ist alles zu spät.“

„Ich kann euch hören“, knurre ich die beiden an, doch die interessiert es nicht.

„Ja, demnächst mutiert Reita noch zum Hausmütterchen.“ Beide krümeln sich vor Lachen, halb auf dem Boden, was mir ein erneutes Knurren entlockt.

Die machen sich grad wirklich über mich lustig. Na wartet.

„Ihr spinnt doch“, will ich die beiden zur Schnecke machen und sie tausend Tode sterben lassen, als ich, den Schock meines Lebens erhalte.
 

Kai steht plötzlich neben mir und schreit mir ins Ohr.

„Akira Suzuki. Du sollst zu Ruki fahren und nicht auf dem Gang stehen und Quatschen.“

Vor Schreck, mache ich einen Hüpfer zur Seite, was leider zur Folge hat, dass ich Hiroto zu Boden werfe. Sofort hilft Saga ihm hoch und schaut nach, ob der kleine sich was getan hat. Zum Glück, ist ihm nichts passiert.

Sorry“, entschuldige ich mich bei Hiroto.

Der aber winkt nur ab, schenkt mir ein ehrliches Lächeln und macht sich dann mit Saga zusammen auf den Weg. Am liebsten wäre ich den beiden ja gefolgt, denn dann müsste ich mich nicht mit einem wütenden Leader auseinandersetzen, der im Moment mehr einem Feuerspeienden Drachen ähnelt, als meinem Freund.
 

~~~ * ~~~ ** ~~~ * ~~~
 

~ Kai ~
 

Ich bekomme noch eine Krise. Anstatt das zu machen, was ich ihm gesagt habe, steht der draußen auf dem Gang und schlabbert mit Saga und Hiroto. Der soll zu Ruki gehen und sonst nichts. Super, alles muss man hier selber machen.

„Was soll denn das? Kai, jetzt zieh nicht so.“ Reitas gezicke ignoriere ich und ziehe ihn einfach weiter.

Wir kommen auf dem Parkplatz an und stehen vor Reitas Wagen, als ich ihn auch endlich wieder los lasse.

„Gibst du mir deine Schlüssel“, frage ich Reita und halte ihm meine rechte Hand hin.

Anstatt mir aber den gewünschten Gegenstand einfach auszuhändigen, den er aus seiner Jackentasche herausholt, schaut mich mein Freund nur komisch an.

„Wieso“, fragt er dann tatsächlich nach, was mich nur mit den Augen rollen lässt.

„Weil ich zu Ruki fahren will“, antworte ich ihm patzig.

Warum denn sonst. Manchmal ist Reita echt nicht der hellste. Und trotzdem liebe ich ihn und will ihn nicht mehr hergeben. Schon komisch, wenn ich daran denke, dass ich mich mit ihm in letzter Zeit fast nur noch streite.

„Wenn, dann fahre ich selber“, spricht Reita mich an und öffnet mir, Gentlemen like, die Beifahrertür.

Einen Moment bin ich noch perplex, weil ich das nicht von ihm erwartet hätte, doch als ich es dann realisiere, schenke ich ihm ein liebes Lächeln und steige ein. Reita schließt meine Tür, geht auf seine Seite und sitzt auch schon neben mir.

„Danke“, meine ich zu ihm.

Er startet den Wagen und fährt auch schon los.
 

Seit 1o Minuten sind wir jetzt schon ungefähr unterwegs und Reita und ich haben noch immer kein Wort miteinander gewechselt. Als wir an einer roten Ampel anhalten müssen, drehe ich meinen Kopf zu Reita um und bleibe an seinem, starr geradeaus schauendem, Gesicht hängen.

In letzter Zeit bin ich echt nicht all zu nett zu ihm gewesen und auch heute, war ich sehr unfreundlich. Irgendwo tut er mir echt leid. Reita hat es nicht leicht mit mir und doch ist er noch bei mir.

„Tut mir leid“, murmle ich und senke ein wenig meinen Kopf.

„Was meinst du?“

„Naja ich“, druckse ich ein wenig rum. „Ich bin heute und auch die letzte Woche über, ziemlich unausstehlich gewesen und dafür will ich mich bei dir entschuldigen. Du hast es nicht verdient so von mir behandelt zu werden. Du bist immer so liebevoll zu mir und ich…“

„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen Kai. Ich weiss doch, dass du dir Sorge um Ruki machst und deshalb so durcheinander bist. Auch wenn ich nicht verstehen kann wieso, also wieso du dich so um den Gnom sorgst.“

„Reita“, meine ich empört, muss aber trotzdem ein wenig schmunzeln.

„Ist doch wahr“, flüstert er.

Ich schaue wieder nach vorne und sehe, wie sich die Ampel gerade auf Blau schaltet. Auch Reita ist das Umschalten der Ampel aufgefallen, weswegen er wieder weiterfährt.

„Trotzdem ist das kein Grund, so unfreundlich dir gegenüber zu sein. Ich habe echt ein schlechtes Gewissen“, führe ich unsere Unterhaltung fort.

„Brauchst du nicht. Wenn dann müsste Ruki ein solches haben, weil er uns seit einer Woche im Stich lässt. Und fange jetzt bitte nicht an mir Vorwürfe zu machen.“

„Hatte ich nicht vor gehabt“, verteidige ich mich.

„Kai!!“

„Gut ok, aber du musst zugeben, dass es…“

„Nein“, fällt er mir ins Wort. „Schließlich gibt es kein schlechtes Wetter, sondern nur…“

„…schlechte Kleidung. Ja ich weiss.“ Wie oft hat er mir den Spruch schon um die Ohren gehauen.

„Hey das ist ja klasse“, schreit er euphorisch.

„Was ist klasse.“ Ich runzle meine Stirn, weil ich absolut keine Ahnung habe, was er damit meint.

Hat der jetzt vollkommen den Verstand verloren? Vielleicht hat mein Verhalten ihn wahnsinnig werden lassen. Gott der Ärmste. Innerlich muss ich lachen. Das wäre ja zu komisch.

„Naja“, grient er. „Ich habe mich ja vorhin mit Saga und Hiroto unterhalten und… Hiroto hat andauernd Sagas Sätze beendet. Ich glaube, dass da was zwischen den beiden läuft.“

„Gut… und was ähm…“, stottere ich umher.

„Mensch Kai. Eben hast auch du meinen Satz beendet.“

„Was?“ Ich Blick nicht dur… „…ah jetzt hat es Klick gemacht. Ach ReiRei…“

„Nenn mich nicht so“, brummt es neben mir.

„Du bist mir vielleicht ne Marke. Sowas hat doch nichts zu sagen. Die beiden sind sehr gut befreundet und Sätze zu beenden… Reita, du und Tora, ihr habt das auch schon hinbekommen und mit ihm bist du nur befreundet, oder sollte ich da was wissen?“ Ein wenig necken wird ja wohl erlaubt sein.

„Jetzt spinn nicht rum. Ich und Tora? Wir sind nur Freunde, wirklich Kai… wir sind nur Freunde. Du… du denkst doch nicht das er und ich? Also das wir…“

Ich versuche echt, mich zusammen zu reißen, aber es gelingt mir irgendwie nicht. Ich kann es einfach nicht aufhalten. Lauthals lache ich los, sodass sich Tränen in meinen Augen sammeln und kann einfach nicht mehr aufhören.
 

Nachdem ich mich doch wieder beruhigt habe, natürlich nur nachdem mich Reita mit seinen Blicken erdolcht hat, stehen wir auch schon bei Ruki vor der Wohnung.

Ich steige aus und will schon bei ihm klingeln, als ich von Reita zurückgehalten werde.

„Was denn los?“ will ich wissen.

„Was denkst du… erwartet dich jetzt bei ihm?“

„Keine Ahnung. Darum will ich ja nachsehen.“

„Ok… dann anders. Was wirst du machen, wenn… ja, sagen wir… wenn Ruki einfach keine Lust auf Probe hatte?“

„Wieso sollte er nicht zur Probe wollen?“ antworte ich irritiert.

„Keine Ahnung, das war ja nur eine provisorische Frage. Im Grunde will ich einfach nur wissen, warum du nicht sauer und total wütend auf unseren Sänger, sondern so… naja… so überfürsorglich bist.“

„Das stimmt doch gar nicht“, protestiere ich.

„Und ob das stimmt Kai. Und wenn du genau darüber nachdenkst, dann wirst auch du zu dem Schluss kommen, dass ich Recht habe.“

„Aber…“

„Nichts aber“, unterbricht er mich. „Du bist nun mal so Kai, dass weiss ich… und das ist ja auch nichts schlimmes, ganz im Gegenteil. Ich mag das sehr an dir. Trotzdem… Ruki meldet sich seit einer Woche nicht mehr, ignoriert sämtliche Anrufe und du… du schreist mich an, machst mich zur Sau, doch Ruki… den kleinen nimmst du in Schutz. Ich weiss, dass du dir immer so viele Gedanken um mich und die anderen machst, aber ab und zu solltest du dich um dich kümmern. Irgendwann gehst du zu Grunde und das wäre echt schade. Ich meine, ich liebe dich und will dich nicht verlieren, also bitte… tue mir den Gefallen und sei nicht immer zu allen freundlich, schon gar nicht, wenn sie es nicht verdient haben.“

„Ok“, meine ich und betätige endlich die Klingel.