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Familienbande

von

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Begegnungen

IX. Begegnungen
 

Blake lächelte. Ted lag lang ausgestreckt bäuchlings in den Kissen, wo er nach ihrem Liebesspiel am gestrigen Abend eng an ihn geschmiegt eingeschlummert war.
 

Er war ganz unten gewesen. Ted auch. Der Tod, aus Verzweiflung und Gier geboren, hatte sie beide bereits in der Kralle gehalten. Aber sie hatten ihm getrotzt. Sie waren immer noch da.
 

Stück für Stück hatte er sich sein Leben, sich selbst zurück erkämpft.
 

Er kam aus einfachen Verhältnissen. Seine Eltern hatten eine kleine Farm in den Weiten Nebraskas gehabt. Es gab Länder von der Größe Nebraskas, die mehr Einwohner hatten als der gesamte Osten. Nebraska war überwältigend, keine Sekunde ließ die Natur sie vergessen, wie wenig der Mensch in ihr war. Seine Eltern hatten dem Boden viel abgetrotzt. Das war sein Weg gewesen. Das Land. Einmal in der Woche waren sie in die kleine Stadt in der Nähe gefahren. Eine Strecke kostete sie mindestens drei Stunden auf der öden Landstraße. Sie waren einkaufen gegangen. Es hatte ein kleines Kino gegeben. Manchmal hatten sie sich einen Film angeschaut. Sie hatten auch Fernsehen, nicht viele Kanäle, aber das Kino war… größer, wirklicher. In der Grundschule waren sie ein Mal in die Provinzhauptstadt, Lincoln, gefahren. Auch das war ein Provinznest gewesen, aber Blake war es wie eine schimmernde Metropole erschienen. Die Sehnsucht hatte ihn nie losgelassen. Nach der High School, in seinem Fall eine winzige Institution, die Schüler aus einem riesigen Areal bediente, war er nach Pittsburgh gezogen, um Agrarwissenschaften zu studieren. Seine Eltern wünschten es, und er hatte sich nichts anderes vorstellen können. Pittsburgh hatte ihn erobert, nicht er es. Er war gerade achtzehn geworden. Es brodelte in seinem Inneren. Er wusste, ohne es recht fassen zu können, dass Männer ihn faszinierten, viel mehr als es daheim in Worte fassbar gewesen war. Ein Studienkollege hatte ihn nach einer Party mitgenommen. Er war reichlich betrunken gewesen. Es hatte weh getan. Aber nicht nur. Und nun wusste er es. Er studierte weiter. Wagte sich vor in die Glitzerwelt der Clubs. Entdeckte sich selbst wie er die fremden Körper entdeckte, die ihm Lust schenkten.
 

Irgendwann tat er es. Er erzählte es seinen Eltern. Sie hörten ihm zu. Sie weinten. Dann verabschiedeten sie sich von ihm, von seiner Schande. Eine alte Schulfreundin erzählte ihm, dass sie die Farm verkauft hatten und nach Florida gezogen waren. Er kannte ihre Adresse nicht. Sein Studium war beendet. Er war Agrarwissenschaftler ohne Land, ohne Uni-Job, ohne Perspektive. Er stürzte sich ins Leben. Jobbte. Und nachts in den Rausch des Tanzes, der Farben, der Körper. Am Anfang waren es nur Alkohol und ab und an die Party-Drogen gewesen. Dann das Crystal. Er hatte es unter Kontrolle, dachte er. Er hatte Ted fast umgebracht. Und dann sich.
 

Ted… Waren es seine Augen gewesen? Er hatte es gesehen, dass da mehr war, viel mehr, unter dieser zynischen, sich selbst zerfleischenden Attitüde. Die Musik, die Oper. Nie zuvor hatte er so etwas Schönes gehört. Gesehen. Und Ted hatte ihm die Hand gereicht, als er bis zum Hals in der Scheiße steckte. Kurz davor war, in einem anonymen Wohnquartier an seiner eigenen Kotze zu ersticken. Er konnte nicht. Nicht so. Er war gegangen. Aber hatte es dennoch irgendwie geschafft. Sein Geist hatte sich wieder geklärt. Sein Leben bekam Sinn. Sein Studium mochte zwar für die Katz gewesen sein. Aber es gab Menschen, die ihn brauchten. Denen er helfen konnte.
 

Und dann war Ted gekommen. Er war dort, wo er bereits gewesen war. Er musste ihm helfen, professionell. Aber da waren immer noch Teds Augen gewesen. Tief wie dunkle Seen voller Wissen und Erinnerung. Aber Ted musste gesunden. Wie er es getan hatte.
 

Aber irgendwann… war es soweit gewesen. Keine Angst mehr, den anderen zu zerstören. Nur sie. Und inzwischen wusste er, er liebte Ted. Und er wusste, dass Ted ihn liebte. Nur darauf kam es an. Die Vergangenheit konnte ruhen. Sie waren den Schritt gegangen, diesmal gemeinsam.
 

Diesmal war es richtig, er wusste es. Kein mieses Timing. Nein, ganz und gar nicht.
 

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Daphne trug einen weißen Laborkittel. Ihr war etwas flau im Magen.
 

Schei….
 

Oder nicht?
 

Etwa toll?
 

Oder?
 

War sie völlig bescheuert geworden?
 

Aber es könnte klappen.
 

Oder auch nicht.
 

Und wenn nicht?
 

Und wenn doch?
 

Hallo, du.
 

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„Taylor-Kinney“
 

„Justin?“
 

Schweigen.
 

„Papa?!“
 

Craig räusperte sich: „Hallo Justin…“
 

„Was willst du?“ Justins Stimme war hart wie Stahl und eisig.
 

„Äh… könnten wir reden?“ versuchte es Craig möglichst sachlich.
 

„Wir reden doch gerade“, knallte Justin ihm entgegen.
 

Craig schluckte. „Nein, ich meinte… wirklich. Von Angesicht zu Angesicht.“
 

Es blieb still in der Leitung. Craig war sich nicht ganz sicher, ob sein Sohn nicht längst aufgelegt hatte.
 

„Du willst reden?“ kam Justins kalte Stimme. „Worüber denn? Wie peinlich es ist, einen schwulen Sohn zu haben? Dass es kein Wunder war, dass ich beinahe zu Tode geknüppelt wurde? Dass man mich in meinen perversen Anwandlungen bloß nicht unterstützen durfte? Oder geht es um Brian? Dass dieser böse Kinderschänder mich abgeschleppt und mir das Hirn weg gefickt hat, bis ich willenlos hinter ihm her gekrochen bin? Dass ich nicht auf dich gehört habe und brav ne Hete geworden bin? Was? Was? Was? Der Zug ist abgefahren. Lass mich bloß in Ruhe!“
 

„Halt! Nein! Leg nicht auf!“
 

Craig spürte, dass Justin stockte.
 

„Ich bin dein Vater, Justin!“ sagte er fast verzweifelt.
 

Justin lachte bitter: „Ja, das habe ich bemerkt! Du kannst echt stolz auf dich sein!“
 

„Das bin ich nicht. Lach mich ruhig aus. Aber lass uns dennoch… reden. Bitte.“
 

Wieder wurde es still. Dann sagte Justin: „Okay, wie du willst. Reden wir. Von Angesicht zu Angesicht. Komm her. Dienstagabend, da sind Gus und Brian nicht da. Wenn wir reden, dann hier. Nicht zu deinen Bedingungen. Nicht an einem Ort deiner Wahl, der hübsch neutral ist. Sondern hier. In meinem schwulen Zuhause. Vorausgesetzt, du hast nicht vor, mich rückwirkend in der Regentonne zu ertränken. Da muss ich warnen. Ich bin schon lange keine leichte Beute mehr.“
 

„Ich werde da sein. Um sieben?“ entgegnete Craig nur.
 

„Um Sieben. Und wage es bloß nicht, mir mit irgendwelchem Überleg-dir-doch-noch-Mal-ob-du-wirklich-schwul-bist-Scheiß zu kommen.“
 

Justin schlug den Hörer in die Gabel. Etwas in ihm stach. Was wollte sein Vater von ihm?
 

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Brian hielt Gus an der Hand vor dem Liberty Diner.
 

„Okay, Gus… erst nach rechts… dann nach links…. Kommt da ein Auto?“
 

„Rechts kommt eins!“
 

„Sehr gut. Und was machen wir jetzt?“
 

„Wir warten. Papa, ich bin nicht doof!“
 

„Sicher nicht, Sonnyboy. Aber schon viel Klügere als wir beide sind vom Auto platt gefahren worden!“
 

„Vielleicht waren sie blind?“
 

In Brian blinkte eine Lampe, die sagte: „Augenarzt. Du musst zum Augenarzt. Du bekommst Kopfschmerzen beim Lesen. Du brauchst ne Lesebrille.“ Er knüppelte der Stimme eins über. Sein inneres Auge sah ja Gott sei Dank noch verflixt gut.
 

Gus schaute sich weiterhin brav um, den Kopf zu beiden Seiten reckend.
 

Plötzlich sagte er: „Oh, da ist Oma!“
 

Nathalie? Was wollte die denn hier? Spionierte die ihm etwa wieder hinterher? Oder Jennifer? Nein, die musste heute arbeiten. Debbie? Nein, die nannte Gus „Tante“.
 

Er schaute sich suchend um. Dann sah er sie auch. Immerhin war er anscheinend weitsichtig und konnte auf Entfernung prima sehend. Seine Zähne klappten aufeinander. Durch seine Adern schoss eiskalte Wut. Joan. Sie würde immer Joan bleiben. Wie hätte er sie Mama nennen können?
 

Er starrte sie an, grau, graue Augen, graues Haar, ein graues Leben, das sie auch ihm zugedacht hatte. Ihre Pupillen waren auf Gus gerichtet, der sie freudig anlächelte. Sie schien ihn nicht zu bemerken. Er beugte sich hinab und hob den widerstrebenden Jungen auf. Gus schmiegte sich an ihn, sein Kinderduft zog in seine Nase. Er trug ihn fort in Richtung Auto.
 

Sein Blick suchte ein letztes Mal seine Mutter. Sie stand immer noch da, den Blick auf Gus gerichtet.
 

Sie lächelte.
 

Brian hasste sie.
 

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„Ich habe ihn angerufen“, sagte Craig zu Jennifer, wieder einmal auf den Stufen der Veranda stehend, während seine Tochter nach einem letzten Abschiedsgruß in ihrem Zuhause verschwunden war.
 

Jennifer stand in der Tür und kreuzte die Arme vor der Brust. Sie sah ihn an und schwieg.
 

„Wir treffen und am Dienstag. Er hat mich zu sich eingeladen“, fuhr Craig fort.
 

Jennifer hob eine Augenbraue.
 

„Ich wollte es dir nur sagen“, schloss Craig.
 

„Das hast du“, antwortete Jennifer nur.
 

Er biss sich auf die Unterlippe. Licht schien aus dem Wohnzimmer und ließ Jennifers Haar fast golden erscheinen. Die Blumen, die er ihr geschenkt hatte, standen auf der Fensterbank.
 

„Gute Nacht, Jennifer.“
 

„Gute Nacht, Craig.“ Sie warf einen letzten musternden Blick auf ihn, dann schloss sie die Tür.
 

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Die Lichter im Popperz kreisten. Emmet lehnte an der Bar und nippte an seinem Bier. Der Laden war mäßig voll. Viele bekannte Gesichter. Ein wenig Frischfleisch direkt aus der Provinz. Wie er es einmal gewesen war. Er nickte die Tanzeinladungen weg, die ihm mit unmissverständlichem Unterton zugeflüstert wurden. Man kannte ihn in der Szene. Brian mochte als König der Tops daher gekommen sein. Aber er war der ungekrönte König der Bottoms, eine Kunst, in der es wenig ernst zu nehmende Konkurrenz für ihn gab. Wenn man es genau nahm, war sein Männer-Verschleiß nicht geringer als Brians. Aber er hatte das nie an die große Glocke gehängt. Wozu auch? Er tat das schließlich nicht für sein Ego sondern aus Spaß. Und es war auch nie seine Lebensphilosophie gewesen. Er hat sich verliebt, mehrfach, auch wenn die daraus erwachsenen Beziehungen nie von Dauer hatten sein sollen. Und es war ihm nie in den Sinn gekommen, nebenher sein Single-Leben weiter zu führen. Einmal war er in der Zwickmühle gewesen – Dijon, das Heißeste, was je Cracker im Flugzeug serviert hatte – aber einmal und nie wieder. Die Bässe wummerten, die Horde tobte. Vielleicht würde er noch einsteigen, aber im Moment genoss er lediglich seinen wohl verdienten Feierabend.
 

Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Er wollte sie schon abschütteln, als ihm plötzlich ein wohlvertrauter Duft in die Nase stieg. Er wandte sich um. „Drew?“ entfuhr ihm überrascht.
 

Der kräftige Sportstar lächelte ihn an. „Hallo Emmet.“
 

„Na, das ist ja Mal eine Überraschung! Wie geht es dir?!“
 

„Danke, ganz gut. Und dir?“
 

Emmet lächelte und verdrehte die Augen: „Was muss das muss! Ich kann mich nicht beklagen! Hab gehört, dass sie deinen Vertrag verlängert haben, Glückwunsch!“
 

„Ich bin ihr bester Spieler. Was hätten sie tun sollen?“
 

„Pah, das hat Jahrhunderte lang auch nicht interessiert. Dass sie dich behalten wollen, gibt Hoffnung. Nicht nur mir. Ich bin echt stolz auf dich!“
 

Drews Augen leuchteten. Er drückte Emmet kurz an sich: „Danke, Emm.“
 

Emmet wusste, dass er nicht nur seine Worte meinte.
 

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Brandon saß im Liberty Diner und schlürfte vorsichtig an seinem heißen Kaffee. Er kam nicht häufig her, aber gestern war er bei seinem abendlichen Trick einfach eingepennt. Es war verflucht spät gewesen, und sie hatten die Sprungfedern ordentlich quietschen lassen. Der Kerl hatte gar nicht genug von Brandon bekommen können, hatte seinem Schwanz auf jede nur erdenkliche Art gehuldigt. Er hatte ganz gut blasen gekonnt, war aber ein erbärmlicher Fick gewesen. Aber egal, Brandon war gekommen. Eine Wiederholung würde es sowieso nicht geben. Und nach einem Frühstück mit dem Arsch vom letzten Tag war ihm nun wirklich nicht gewesen, da lieber ins Diner.
 

Er fühlte die bewundernden, sehnsüchtigen Blicke auf sich. Wie sehr sie darum winselten, von ihm genommen zu werden. Er war der König, sie alle wussten es. Versonnen leckte er sich über die Lippen, sich der Aufmerksamkeit voll bewusst.
 

Die Tür ging auf und ein kalter Luftzug drang in den Raum. Die rothaarige Kellnerin, ein ziemliches Original, kreischte auf: „Sonnenschein!“
 

Brandon zuckte zusammen. Was für ein Organ! Die dickliche Kellnerin flitzte um den Tresen und schlang die kräftigen Arme, die in buntbekrallten Händen endeten, um eine schlanke Gestalt, die beinahe versank. Er hörte ein leises Lachen, fröhlich und ein wenig heiser. Vorsichtig ließ er den Blick über den Mann gleiten, der diese Laute von sich gab. Er konnte nur seine Rückseite sehen. Weich fallendes, etwas überlanges blondes Haar, das fast golden schimmerte, ähnlich wie sein eigenes. Nicht allzu groß aber mit stimmigen Proportionen. Zierlich, aber nicht dünn, sondern eher athletisch. Wie ein Turner oder Tänzer. Ein perfekt gerundeter Hintern. Brandons Pupillen weiteten sich. Er hatte nun wirklich eine breite Vergleichsbasis. Dieser Arsch sah aus, wie von Gott höchstpersönlich modelliert. Er biss sich in die Lippe. Lecker.
 

Der junge Mann wand sich aus der Umklammerung. „Es ist auch schön, dich zu sehen, Debbie!“ lachte er. Brandon konnte jetzt sein Gesicht erkennen. Oh Gott, der sah ja auch wie dieser Porno-Gott. Kevin Williams? Erst blonde Unschuld, dann ausgesprochen einsteckfreudiger Bottom. Blaue schräg stehende funkelnde Augen, eine Stupsnase, ein fein modelliertes Gesicht mit hohen Wangenknochen, sinnliche Lippen und eine Haut wie Alabaster. War er neu? Er hatte ihn noch nie gesehen. Aber die Kellnerin kannte ihn. Zurückgekehrtes Urgestein? Wie alt mochte er sein? Anfang zwanzig?
 

„Was fällt dir ein“, sagte die Kellnerin zu ihm in gespielter Entrüstung, „dich hier so selten blicken zu lassen?“
 

„Ach Deb, ich würde ja, wenn es sich einrichten ließe, viel häufiger kommen! Aber uns steht das Chaos teilweise bis über die Ohren!“
 

„Immerhin sieht man dich überhaupt wieder! Was wolltest du auch in New York? Dein zu Hause ist hier!“
 

Der Blonde lächelte umwerfend. „Ja, das ist es wohl“, antwortete er. „Aber leider bin ich schon wieder so gut wie unterwegs. Gus muss abgeholt werden. Ich wollte uns fix was zum Mitnehmen holen und dir hallo sagen.“
 

Die Rothaarige nickte verständnisvoll: „Das ist lieb von dir, Justin. Du bist und bleibst ein Schatz. Was möchtest du denn?“
 

Die blonde Sex-Bombe gab seine Bestellung auf. Dann unterhielten sich die beiden über irgendwelche Bekannten, die Brandon nichts sagten. Ted und Blake? Schien eine längere Geschichte zu sein. Als die Klingel für das Essen aus der Küche läutete, stand Brandon auf, hinterließ ein Trinkgeld, und stellte sich, eine Zigarette rauchend, vor die Tür.
 

Er wartete nicht lange, da trat diese blonde Versuchung mit einem eingepackten Bündel Fast Food-Kost vor die Tür. Er kramte in der Hosentasche, wahrscheinlich nach dem Autoschlüssel.
 

Brandon sah ihn durchdringend an. Der andere bemerkte es und erwiderte den Blick mit hochgezogener Augenbraue. Brandon lächelte und stieß seinen Ruch aus. „Hi“, sagte er, „ich bin Brandon. Hab dich hier noch nie gesehen?“
 

„Du bist neu?“ erwiderte der junge Mann.
 

„Daraus entnehme ich, dass du hier kein unbeschriebenes Blatt bist. Bin seit einem knappen Jahr in Pitts, beruflich. Und du bist…?“
 

„Justin“, sagte der Knackarsch.
 

„Angenehm“, sagte Brandon und gab ihm die Hand. „Und, viel zu tun?“
 

„Ziemlich“, sagte Justin leicht die Schultern zuckend.
 

„Lust auf ein wenig… Entspannung?“ flüsterte Brandon, ihm rasch näher rückend, ins Ohr.
 

„Allerdings“, antwortete Justin. Er grinste. „Aber ich muss dich enttäuschen. Meine Entspannung erwartet mich zu Hause.“
 

Brandon zog die Augenbrauen zusammen: „In festen Händen? Macht doch nichts. Er muss ja nichts davon erfahren. Geht ihn schließlich nichts an…“
 

Justin lachte. „Oh doch! Ich danke für das Angebot – aber nein.“
 

Brandon starrte ihn an. Er gab ihm… einen Korb?
 

„Wie spießig bist du denn?“ zischte er.
 

„Total. Ich sammle Briefmarken, streiche den Gartenzaun weiß und bleiche die Gardinen. Und Sex nur am ersten Samstag des Monats im Dunklen mit nem Sack überm Kopf… Nimm’s mir nicht übel. Aber ich bin in vergeben.“ Er streckte die Hand aus, an der ein ziemlich eleganter – und teurer – Ehering glänzte.
 

„Du bist verheiratet?!“ entfuhr Brandon entgeistert. Er hatte immer gedacht, dass das nur die taten, die Panik hatten, dass der einzige, den sie je abbekommen hatte, abhauen könnte. Und die Verrückten. Und beides schien auf Justin irgendwie nicht zu passen. Aber man sah es den Leuten nicht immer sofort an. Vielleicht war die scharfe Schnecke ja total irre. Und das nicht im positiven Sinne. Wäre ihm genau genommen auch egal, wenn sie sich von ihm ficken ließe. Aber danach sah es nicht aus.
 

„Sowas von“, sagte Justin, immer noch breit grinsend, „tut mir leid, aber du kommst leider zu spät.“ Er nickte Brandon lächelnd zu. „Viel Vergnügen dir noch, aber bei mir rufen die Familienpflichten, mach‘s gut.“
 

„Ciao“, sagte Brandon mehr verdattert denn cool.
 

Justin nickte ihm noch einmal zu, dann wandte er sich zum gehen.
 

Brandon sah ihm nach. Himmel, war der scharf. Und der Umstand, dass er ihm nicht an den Hals gesprungen war, wie jeder andere hier binnen drei Sekunden, machte ihn nur noch interessanter. Justin würde sich unter ihm winden und nach mehr betteln, schwor er sich.
 

Wer um Himmels willen war der Typ, der diese Granate vor den Traualtar geschleift hatte?
 

Nicht dass er für solchen Pseudo-Hetero-Mummenschanz Verständnis gehabt hätte. Aber ein wenig zu beneiden war der schon.
 

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Im Licht des späten Nachmittags tanzte der Staub. Die hohen Fenster gingen gen Südwesten.
 

Brian stand in der Tür zum ausgebauten Dachgeschoss. Die Handwerker waren endlich fertig geworden und Justin hatte nicht lange gefackelt. Es ging auf Oktober zu, zum Malen wurde es draußen zu kalt.
 

Justin hatte ihn nicht bemerkt. Er war völlig in dem versunken, was er tat. Er starrte auf die Malfläche, auf der sich Formen begonnen hatten auszubilden. Dann flitzte er zwischen den Tischen hin und her, griff nach Tuben, Flaschen, Pinseln, rührte, äugte kritisch und stürzte sich, einem wilden Tier gleich, auf die Leinwand. Es war, als würde er gegen etwas kämpfen, etwas aus ihm heraus explodieren, sein ganzes Wesen fokussiert. Das Gemälde beherrschte ihn, und er beherrschte es. Ein Kampf um Dominanz, um Gleichgewicht, zärtlich, brutal. Und bis an die Grenzen der Verzweiflung und Wut sinnlich.
 

Brian atmete scharf ein. Was hatte er sich da eingefangen? Er kannte Justin. Aber Justin war ab einem bestimmten Punkt völlig unberechenbar.
 

Er schluckte.
 

Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  brandzess
2011-08-23T17:59:16+00:00 23.08.2011 19:59
salo ich finde das mit Brandon sehr interessant! wenn der Brian sieht! und was nennt der sich einfach King der Top? wer hat ihm denn das recht gegeben o.Ô? oh ich freu mich fast schon auf ne nächste begegnung xD
Von:  chaos-kao
2011-08-22T19:40:23+00:00 22.08.2011 21:40
Ich mag Brandon nicht ... der Typ bedeutet Ärger -.-
Ich bin ja mal gespannt, wie du ihn noch einsetzen und verwursten wirst. Bist ja immer wieder für Überraschungen gut! ^^

Lg
Kao


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